Guten Abend werte Forengemeinde
der nachfolgende Text ist leider nicht ganz neu, aber momentan das einzige was zu meiner vorläufigen Zufriedenheit beendet ist. Allles andere schwirrt noch im halbfertigen Zustand durch meinen Kopf oder übers Papier . Die Geschichte war mal Teil eines Schreibwettbewerbes in diesem Forum, ist aber in der Form noch nicht veröffentlicht worden. Ich wünsche gute Unterhaltung und bedanke mich schon mal bei allen Neuen und Alten Interessierten.
Conquisator
(aus einem mir unbekannten Grund funktioniert mein Blocksatz nicht. Hoffentlich lässt es sich so auch lesen )
Erik versuchte seinen
Atem ruhig zuhalten, konnte aber nicht verhindern, dass sich der
dicke Knoten in seinem Magen immer mehr zuzog. Stufe um Stufe stieg
er immer höher hinauf und versuchte nicht an ein Scheitern zu
denken. Beinahe wehmütig dachte er an den Fuß der Treppe
zurück.
„Ich hätte umdrehen sollen, als ich noch die
Gelegenheit dazu hatte.“ Aber es war zu spät. Er hatte die
erste Hürde ohne zu Zögern genommen. Ohne zu zweifeln und
alle Warnungen in den Wind schlagend. „Hier wartet der Tod“,
zitierte er die Inschrift über dem Bogen der Tür, die
hinter ihm ins Schloss gefallen war. Jetzt gab es kein Entkommen
mehr. Ein unangenehmer Schauer überfiel ihn.
Wie sicher er sich doch gewesen war und voller Stolz sich endlich beweisen zu
dürfen. Er hatte seine Ausbildung schneller als jeder andere durchlaufen. Die Lehrer lobten seine Fähigkeiten im Umgang mit
Schwert und Schild über die Maßen. Er hatte sich im Kampf
gegen die Menschenfresser mehrfach bewährt und einen der Hünen
sogar allein getötet. Doch all diese Dinge verloren mit jedem
Schritt an Bedeutung.
Hatte er anfangs die Stufen noch schnell und begierig erklommen, so fiel es ihm kurz vor
dem Ende immer schwerer einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Bescheiden hielt er nun den Kopf gesenkt und ließ seinen Blick
fragend über seinen Harnisch gleiten. Das Metall hatte schon
vieles standhaft erduldet, aber war es stark genug für diese
Prüfung?
Die Machart des Stahls zeichnete sich vor allem in seiner Zweckmäßigkeit aus. Er
hatte darauf verzichtet seine Rüstung mit Emblemen und Schwüren
zu verzieren, so wie viele andere Soldaten es taten. Denn damit hätte
er sein Ziel verleugnet. Sich mit seinem Platz zufrieden gegeben.
Aber er wollte mehr. Nämlich die Unsterblichkeit.
Der letzte Schritt vor dem Tor in die Arena erwies sich als der Schwerste. Kurz bevor er in
das Licht der Sonne trat, straffte er sich und hob den Kopf.
Ohrenbetäubender Applaus empfing ihn, während er die
Arkaden, die in den inneren Kreis führten, entlang schritt.
Ehrfurchtgebietend ragten die gusseisernen Figuren über ihm auf
und bogen sich über den schmalen Pfad hinweg. Irgendwie gaben
sie ihm das Gefühl ein Gefangener zu sein, der seinen letzten
Gang antrat.
„Hier wartet der Tod.“ Da war die Botschaft
wieder. Ein dunkler Stein war in den Boden eingelassen und offenbarte
Erik seine Zukunft. Er unterdrückte ein Frösteln und
schritt eilig aus. Niemand sollte ihm nachsagen, er hätte gezögert.
Kurz wagte er es zu den hohen Rängen aufzublicken, die den Kampfplatz umschlossen. Die
Bänke für das gemeine Volk waren beinahe vollständig
besetzt. Klatschend und jubelnd füllten ihre Stimmen die ganze
Arena aus. Ein unruhiges Hin und Her herrschte zwischen ihnen, weil
immer wieder Besucher aufstanden, sich neue Plätze suchten oder
einfach nur einen Freund erkannten. Vereinzelt huschten Händler
mit ihren Bauchläden durch die Menge, um ihre Erzeugnisse
lautstark anzupreisen. In den Logen dagegen war es still. Die
Edlen ließen sich kaum blicken und auch unter dem schmucklosen
Baldachin der Unsterblichen, stand nur ein Krieger als Ehrenwache.
Erik atmete noch einmal tief durch und lies die Arkaden hinter sich. Seine Prüfung
wartete auf ihn. Hinter ihm rasselten die Gitter herab, die ihm den
Rückweg versperrten. Er zuckte kaum merklich. „Es gibt kein
Entkommen“, schoss es ihm erneut durch den Kopf. Sein Atem
beschleunigte sich. „Ruhig“, flehte er sich an und packte seinen
Schild fester. Sein Gegner wartete schon auf ihn.
Der Mann war bis auf einen Lendenschurz nackt. Schlohweißes Haar fiel dem Krieger
über sein mit Altersflecken verunstaltetes Gesicht. Schlaffe
Muskeln zeichneten sich unter der gebräunten Haut ab und lange
Narben waren stumme Zeugen seines Lebens. Seine einzige Waffe war die
Animusklinge, das Zeichen seines Ranges.
Erik traute seinen Augen kaum. Noch nie war ein Unsterblicher ohne seine Rüstung in den
Ring gestiegen. Auch das hohe Alter schockierte ihn. Er konnte doch
nicht gegen einen Greis antreten. Das war nicht richtig. Das war
nicht fair. Das war ehrlos.
Dann keimte Erleichterung in ihm auf. Vielleicht konnte er den Kampf noch abwenden. „Bist du
nicht zu alt für so was“, sagte er und wagte es den Schild ein
wenig zu senken, „Wir müssen das nicht tun.“
„Was müssen wir nicht tun?“
Der Beifall der Zuschauer schwoll an, während die Kontrahenten sich langsam umkreisten.
„Kämpfen“, knirschte Erik. Er wollte nicht als Feigling dastehen. Schon gar
nicht vor einem Unsterblichen,„Ich will dir nur helfen.“ Und hier
wieder rauskommen.
„Hier wartet der Tod.“
Der Alte lies seine Klinge durch die Luft pfeifen. „Es gibt kein
Zurück.“ Seine Muskeln spannten sich an und bereiteten sich
auf den Kampf vor. Er hob seine Waffe taxierend auf Augenhöhe.
„Mein Name ist Ares“, sagte er noch. Dann griff er an.
Der Boden der Arena schien unter seinen Schritten zu erbeben. Mit ungeahnter
Geschwindigkeit stürmte der Unsterbliche auf Erik zu und schwang
seine Klinge.
Reflexartig wich er zurück und duckte sich hinter seinen Schild. Mit einem
aggressiven Zischen, hieb das Schwert über ihn hinweg. Hastig
wich er nach links aus und versuchte rasch wieder Abstand zwischen
sich und seinen Gegner zu bringen, der ihm aber gnadenlos nachsetzte.
Er brüllte vor Schmerz als er sich vor Schreck auf die Zunge
biss und mit seiner linken Schulter gegen die spitzen Nieten des
Gitters krachte.
„Scheiße!“ Er schaffte es nur mit Glück der scharfen Animusklinge
auszuweichen, welche nun die Stelle, an der sein Kopf gewesen war,
perforierte. Die Metallstäbe verbogen sich unter der Wucht des
Angriffs, während Erik versuchte sich in Sicherheit zu bringen.
Greller Schmerz explodierte hinter seinem rechten Ohr, als ihn ein
kräftiger Schlag zu Boden schickte. Blut und Dreck spuckend
erkannte er den schlanken Schatten, der sich ihm schnell näherte.
Sofort drehte er sich zur Seite und entging so abermals der langen
Klinge, die sich knapp neben ihm in den Sand bohrte. Eilig kam er auf
die Beine und ging auf Abstand zu seinem Gegner. Erleichtert bemerkte
er, dass dieser ihm nicht folgte.
„Wehr dich endlich“, knurrend befreite der Unsterbliche seine Waffe, „Ich kann dich
nicht länger schonen.“
„Als ob du mich bisher geschont
hättest.“ Langsam gewann Erik seine Fassung wieder. Da er
nicht weglaufen konnte, blieb ihm nur der Kampf. Und wenn er schon
sterben sollte, dann aufrecht und nicht mit dem Rücken zum
Feind. Er beschwor sich ruhig zu atmen. „Konzentration“, beschwor
er sich selbst. Sein Gegner war schweißgebadet und seine Brust
hob und senkte sich schnell. „Er wird müde“, erkannte er
überrascht. Nach dem wilden Angriff hätte er beinahe
vergessen, dass der Unsterbliche bereits ein hohes Alter erreicht
hatte. Und das musste sich langsam bemerkbar machen.
Auf den nächsten Angriff war er vorbereitet. Er fing die Klinge mit seinem Schild auf
und lenkte sie mit einer Drehung von sich ab. „Hab ich dich!“
Sein Schwert folgte dem Bogen und riss einen breiten Schnitt in den
Brustkorb seines Gegners.
Blut spritze auf den Boden und lief dem Mann, wie ein roter Vorhang, den nackten
Oberkörper hinab. Die Zuschauer brüllten vor Begeisterung
und übertönten damit das bedrohliche Grunzen des
Unsterblichen, der seinen Kontrahenten wieder zurück in die
Defensive drängte.
Erik gab sich alle Mühe, die in immer kürzeren Abständen folgenden Angriffe, zu
parieren. Aber er konnte die Klinge kaum mehr erkennen, so schnell
prasselten die Schläge auf ihn nieder. Mit einem Knacken
durchbrach die Animusklinge die eiserne Umfassung seines Schildes und
teilte ihn in zwei Hälften.
„Verdammt!“, fluchte er und
warf die zerstörten Reste nach Ares, der sie mit seiner freien
Hand beiseite fegte. Schnell rückte der Unsterbliche auf und
trieb ihn erneut vor sich her. Hastig wich Erik zurück und
parierte Angriff um Angriff. Juckender Schweiß sammelte sich
auf seiner Stirn und tropfte ihm in die Augen. Seine Arme wurden mit
jeder Parade schwerer und der helle Klang der sich küssenden
Schwerter ließ ihn erzittern.
Sein kurzer Erfolg schien
schon eine Ewigkeit her zu sein. Die Brust seines Gegners glänzte
zwar rot, aber die Verletzung schwächte ihn nicht. Genauso wenig
wurde der Alte müde. Der Soldat schluckte wütend und spürte
wie die Angst ihren Weg in seinen Verstand fand.
Ohne weiter nachzudenken stürzte er sich wagemutig auf seinen Feind. Er
schrie schrill auf, als die Animusklinge ein tiefes Loch in seinen
Oberschenkel bohrte. Der Blick verschwamm und sein Kopf schien vor
Schmerz platzen zu wollen. Kreischend schlug er mit seinem Schwert
nach dem Unsterblichen und verfehlte ihn, ehe ein Tritt seine Waffe
außer Reichweite beförderte. Jetzt war es aus. Er zwang
sich den Kopf zu heben. Wenigstens hatte er es versucht und würde
in Ehre sterben.
„Töte mich.“
Erik blinzelte ungläubig.
Was... Er hatte nichts gesagt. Aber wenn er es nicht war, dann...
Nein, dass konnte nicht sein.
„Töte mich“, flüsterte Ares kaum hörbar.
Fassungslos schaute er dem Unsterblichen in die klaren Augen.
Sein Gegner hatte sich zu ihm hinunter gebeugt und ein flehender Ausdruck war auf seinem
faltigen Gesicht erschienen. „Bitte beende es“, hauchte er kaum
hörbar. Schmatzend zog er das Schwert aus dem Fleisch des
Unterlegenen und setzte es ihm an die Kehle.
Erik beschloss es noch einmal zu versuchen. Brüllend trat er mit seinem gesunden Bein
dem Unsterblichen in die Kniekehle. Gleichzeitig stieß er die
drohende Klinge von seinem Hals und entging so dem Stich.
Irgendwie fand sich seine Hand plötzlich am Griff des Animusschwertes wieder. Ares musste
es ihm regelrecht in die Hand gedrückt haben. Fast blind schlug
er zu.
Ein warmer Regen aus Blut spritzte ihm ins Gesicht und tropfte in seine Augen. „Was ist
passiert?“ Er blinzelte hektisch, während ein schwerer Körper
über ihm zusammen brach. Ächzend wuchtete er seinen Gegner
von sich herunter, sodass sie nebeneinander im Staub lagen. Das
Schwert lag ruhig in seiner Hand und glänzte rot im Licht der
Sonne.
„Was ist passiert?“, fragte er sich abermals. Der Kampf schien vorbei zu sein. Hatte er
gesiegt? Dann traf die Erkenntnis ihn mit der Wucht eines
heranstürmenden Ochsen. Ares hatte ihn gewinnen lassen. Der alte
Unsterbliche hätte ihn tausendmal töten können. Aber
warum? Jetzt wurde er sich erneut der Worte bewusst. Töte mich,
hatte der Alte geflüstert. Deshalb war er fast nackt in den Ring
gestiegen. Ungeschützt. „Du wolltest sterben.“
Der Unsterbliche hustete zustimmend. Sein Brustkorb hob und senkte sich noch immer und ein
rasselndes Gurgeln entwich seiner geöffneten Kehle. Sein Blick
suchte den seines Herausforderers. Töte mich, schienen sie auch
jetzt zu flehen.
Erik richtete sich schwankend auf. Seine Wunden pochten unangenehm und das Loch in
seinem Bein brannte wie Feuer. Der Geruch von Schweiß und Tod
stieg ihm in die Nase. Am liebsten wäre er weggelaufen, aber er
musste es beenden. Das war er ihm schuldig. Die Zähne
zusammenbeißend, stieß er mit beiden Händen die
Animusklinge in den Brustkorb des Sterbenden und durchbohrte sein
Herz.
Ares Blick brach und nach einem letzten Zucken lag der Körper still.
„Geboren im Blut meines Bruders“, die rituellen Worte entschlüpften Eriks Mund beinahe wie von selbst,
„vergieße ich das Blut meiner Feinde.“
Erst jetzt nahm er die frenetischen Rufe des Publikums wieder war, die sich in einen
gewaltigen Jubel steigerten. Er wusste, dass er sich eigentlich
freuen sollte, aber es wollte sich nicht einmal Erleichterung
einstellen. „Ares“, dachte er an den Namen seines Gegners, der
nun sein Bruder war. Ares würde er von nun an selbst genannt
werden. „Unsterblich bis in den Tod“, sinnierte er, „Aber
unsere Namen leben ewig.“