Eine Welt ohne Namen - Die 1. Reise

Es gibt 263 Antworten in diesem Thema, welches 75.986 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. November 2023 um 19:13) ist von Rainbow.

  • Maja Sonnfeld führt eigentlich ein ziemlich gewöhnliches Leben, als sie eines Tages ein uraltes Amulett vermacht bekommt. Sie ahnt nicht, dass sie mit dem Schmuckstück auch eine mysteriöse Bestimmung und mächtige Feinde geerbt hat. Die Ereignisse überschlagen sich und schon bald findet sie sich in einer anderen Welt wieder. Mit ihrer neuen Rolle will sie sich auf keinen Fall abfinden, doch immer deutlicher zeichnet sich ab, dass es keinen Ausweg gibt.


    Spoiler anzeigen

    Ich habe mich entschieden, vor die Geschichte nur noch eine kurze Inhaltsangabe zu setzen. Das alte Vorwort findet ihr im Folgenden.

    Vorwort:

    Diese Geschichte habe ich schon vor langer Zeit geschrieben, aber noch immer tauche ich gerne und regelmäßig in ihre Welt ein.
    Du bist gerne eingeladen, mit mir hineinzutauchen.

    Begonnen hat es als ehrgeiziges Projekt, allerdings ohne große Planung. Soll heißen, ich habe mich ohne jeden Plan einfach hingesetzt und drauflosgeschrieben.
    Als ich vier Jahre später fertig war, musste ich erkennen, dass die Geschichte doch einige Schwächen hatte. Mein ursprüngliches Vorhaben, einen Verlag dafür zu finden, konnte ich vergessen. Meinen Spaß, daran zu schreiben, hat das nicht gedämmt, ich schrieb weiter, an der Fortsetzung, nur für mich.
    Mittlerweile sind wieder sechs Jahre vergangen. Im Kopf und auf dem Papier habe ich die Geschichte weiter gesponnen, habe mir meine eigene, etwas verschrobene Welt gebastelt und wahrscheinlich könnte ich endlos daran weiterschreiben.
    Doch die ursprüngliche Geschichte geht mir nicht aus dem Kopf, sie ist mir ans Herz gewachsen. Ich lese sie immer noch gerne. Und ich würde sie gerne mit anderen teilen.

    Wenn du dich entschließt, sie zu lesen: Herzlich Willkommen. Aber sei gewarnt: Manchmal widerspricht sie allen Gesetzen der Logik, manchmal ist der Plot ziemlich vorhersehbar.
    Aber manchmal auch nicht. Manchmal ist sie faszinierend. Vielleicht sogar spannend. Und sie entführt einen in eine ziemlich einzigartige, wenn auch reichlich durchgeknallte Welt.

    Ich freue mich über jeden Leser und natürlich auch über Kommentare. Schreibt mir eure Meinung, verbessert mich, wenn ihr möchtet, ich werde versuchen, Vorschläge zu berücksichtigen.
    Ich muss die Geschichte übrigens selbst auch noch korrekturlesen, also werde ich sie häppchenweise hochladen.

    Vielleicht brauchst du jetzt noch eine kurze Inhaltsangabe. Da fällt mir das Beispiel aus dem Forum für Urban Fantasy ein: „Der Protagonist gelangt durch ein Portal auf der Erde in eine andere Welt“. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, meine Geschichte als Urban Fantasy zu beschreiben, aber diese Beschreibung trifft es ziemlich gut. Also halte ich mich daran. Eine weitere Inhaltsangabe würde, wie ich denke, zu viel vorwegnehmen. Also lasst euch überraschen.

    Und jetzt Vorhang auf für die Welt ohne Namen.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (11. November 2014 um 01:12)

  • EINE WELT OHNE NAMEN

    Die 1. Reise


    Dies ist der Beginn von Maja Sonnfelds weitem Weg.

    Prolog


    Das erste Mal sah Maja den Wohnwagen an einem regnerischen Sommermorgen auf ihrem Weg zur Schule. Die Sonne war schon lange aufgegangen, verbarg sich aber hinter dicken grauen Wolken und Nebel umhüllte die ganze Stadt. Eilig hetzte das Mädchen vorbei und verschwendete keinen Gedanken an das seltsame Gefährt.

    Auf dem Heimweg kam sie wieder daran vorbei. Der Regen vom Vormittag hatte sich längst verzogen und die Sonne prallte gnadenlos auf die Straßen der kleinen Stadt. Maja trottete mühsam vorwärts und träumte von einem kühlen Fleckchen Schatten.
    Dieses Mal stach er ihr sofort ins Auge – neongelb zwischen den weißen Vorstadthäusern. Er stand auf einem kleinen, verwilderten Grundstück zwischen den Reihenhäusern. Das Grundstück allein hatte schon niemals in diese Gegend gepasst, mit dem vermoderten Zaun und den wilden Himbeeren und Disteln, die auszureißen die Nachbarn längst aufgegeben hatten. Mit Wohnwagen passte es erst recht nicht hierher.
    Maja blieb stehen und betrachtete den Wagen. Wer ihn wohl hier abgestellt hatte? Die abbröckelnde, grelle Farbe und der Rost ließen nicht darauf schließen, dass er noch benutzt wurde. Allerdings hatte jemand einen Pfad vom schiefen Gartenzaun bis zur rostigen Wohnwagentür durch die Disteln geschlagen.
    Plötzlich öffnete sich ebendiese Tür und eine alte Frau sah hinaus. Nein, die Frau wirkte nur auf den ersten Blick alt, aufgrund ihres schlohweißen, langen Haares, das ihr in leichten Wellen über die Schultern fiel. Ihr Gesicht war jung und auf eine merkwürdige Art schön. Oder doch nicht so jung? Maja hätte nicht sagen können, wie alt die Frau wirklich war, ihr Alter musste irgendwo zwischen 19 und 55 liegen, vielleicht war sie aber noch viel älter. Die Frau erblickte Maja und lächelte, dann winkte sie geheimnisvoll in ihre Richtung. Maja blickte über die Schulter, ob der Gruß vielleicht jemand anderem gegolten hatte, doch als sie niemanden sah, winkte sie zurück. Die Frau lachte, setzte sich hin, mitten in der Tür, die Beine ließ sie über dem Boden baumeln und betrachtete Maja eingehend. Auch Maja betrachtete die Frau interessiert. Was hatte ihr Haar so weiß gemacht? Und warum lebte sie in diesem schäbigen Wohnwagen? Die Frau trug einen weiten, roten Rock und eine lederne, eng geschnittene Jacke. Sie blickte Maja aus hellen, fast farblosen Augen unverwand an. Maja wurde die Sache langsam unangenehm, vor allem, da die Frau mit all ihren ungewöhnlichen Merkmalen sowohl zeitlos schön als auch unheimlich wirkte, aber sie wollte nicht als Erste den Blick senken.
    Schließlich stand die Frau auf und winkte Maja heran.
    „Wenn ich noch länger hier in der Sonne sitze schmelze ich noch“, sagte sie, als Maja näher kam. „Möchtest du kurz reinkommen?“ Sie deutete auf den Wohnwagen. „Wir könnten ein Tässchen Tee trinken.“
    Maja zögerte erst, ihre Eltern hatten ihr eingeschärft, niemals zu Fremden ins Haus zu gehen, aber dann entschied sie, dass Wohnwagen eine Ausnahme bildeten. Außerdem war die Frau ja gar nicht mehr fremd, sie hatten sich schon zwei Minuten lang angestarrt.
    Maja betrat hinter der Frau den Wohnwagen. Drinnen war es angenehm kühl und nichts ließ auf das schäbige Äußere des Wagens schließen. Die Einrichtung war ordentlich, die Wände himmelblau, Vorhänge aus Spitze hingen vor den Fenstern und an einer Seite war eine gemütliche Sitzecke mit einem Tisch eingerichtet. Die Frau mit den weißen Haaren stellte zwei große Tassen und eine Kanne Tee auf den Tisch. Maja setzte sich.
    „Ich bin Tabea“, stellte die Frau sich vor.
    Maja sagte nichts. Tabea begann in den Schränken murmelnd nach einer Zuckerdose zu kramen und stellte sie schließlich ebenfalls auf den Tisch.
    „Und du bist Maja, nehme ich an.“ Sie setzte sich Maja gegenüber und begann sich und ihr Tee einzuschütten. „Maja Sonnfeld.“
    „Woher kennen Sie meinen Namen?“ Maja war verwirrt.
    Tabea lächelte sanft und begann löffelweise Zucker in ihren Tee zu schütten.
    „Ich habe dich hier erwartet“, sagte sie. „Du bist genau die, die ich suche.“
    Sie griff in ihre Tasche und holte einen kleinen, goldenen Gegenstand hervor. „Das soll ich dir von deinem Onkel geben.“
    Maja nahm den Gegenstand in die Hand. Es war ein goldener Anhänger, etwas kleiner als ihre Handfläche. Er war kreisförmig – ein Ring der sich um einen Baum schloss. Der Baum hatte sechs Äste, jeder davon teilte sich am Ende, bevor er auf den Ring traf, und auf diesem waren die feinen Umrisse von zwölf kleinen Blättern zu erkennen. Sie waren durch dünne Ranken verbunden. Am oberen Ende bildeten die Ranken eine kleine Schlaufe, durch die eine goldene Kette gezogen worden war. Maja nahm an, dass sie nachträglich angefertigt worden war, da das Metall der Kette anders schimmerte als das des Anhängers. Irgendwie goldener.
    Maja betrachtete das Objekt eine Weile und fragte sich, was das Ganze hier sollte. Warum kannte eine wildfremde Frau sie und gab ihr dann aus heiterem Himmel einen so rätselhaften Gegenstand? Sie konnte nicht genau sagen warum, aber auf einmal bekam sie Angst vor dem Anhänger. Und das, obwohl sie fast nie vor etwas Angst hatte.
    Sie gab ihn Tabea zurück.
    „Sie müssen sich irren“, sagte sie. „Ich habe keinen Onkel.“
    Es war die Wahrheit. Majas Eltern waren beide Einzelkinder gewesen.
    Tabea seufzte. „Der Bruder deines Vaters ist verschwunden, als dein Vater gerade elf war. Die genauen Umstände seines Verschwindens kenne ich nicht, aber ich verstehe, warum dein Vater nicht gerne über ihn spricht. Er hat ihn seither nicht wieder gesehen und hält ihn vermutlich für tot.
    Nun, letzte Woche ist dein Onkel tatsächlich gestorben, er“, sie schluckte, „er wurde Opfer eines Mordanschlages. Das Amulett gehörte ihm, es ist ein uraltes Familienerbstück, das immer an das jüngste Familienmitglied übergeht, vorausgesetzt, es ist zwölf Jahre alt. Ich habe die ganze letzte Woche gebraucht, um herauszufinden, an wen es geht, eure Familie hatte ganze zwölf Generationen Zeit sich über die ganze Welt und noch weiter auszubreiten, aber schließlich habe ich festgestellt, dass du diejenige bist, die es bekommt.“
    Maja sah den Anhänger zweifelnd an. Eigentlich hatte sie gerade vorgehabt zu gehen, aber jetzt siegte ihre Neugier. Ihr Vater sollte einen Bruder gehabt haben? Und was war das mit dieser Erbfolge, es klang ungewöhnlich, aber sie glaubte, es zu verstehen.
    „Also gab es vor zwölf Generationen einen Mann und eine Frau…und immer das jüngste ihre Kinder … “
    „ ... und Enkel und Urenkel und so weiter bekommt das Amulett“, beendete Tabea ihren Satz. „In China lebt ein Junge, der nur zwei Tage älter ist als du, er wäre der nächste Erbe. Wenn du jetzt sterben würdest würde er das Amulett bekommen. Das heißt nicht, dass du jetzt sterben sollst“, fügte sie hinzu, als sie Majas erschrockenes Gesicht sah. „Es war nur ein Beispiel.“
    „Komische Erbfolge“, sagte Maja. „Warum muss man mindestens zwölf sein?“
    „Ich weiß nicht genau“, sagte Tabea. „Vielleicht hält man die unter zwölf jährigen nicht für reif genug, um vernünftig damit umzugehen.“
    „Und dieser Typ in China ... heißt das, ich habe Verwandte in China?“
    „Verwandt würde ich nicht unbedingt sagen. Ihr seid viel zu weit auseinander.“
    „Aber wir haben einen gemeinsamen Vorfahren. Vor zwölf Generationen.“
    Tabea schüttelte den Kopf. „Wir zählen die Generationen etwas anders als du. Die erste lebte vor fast 4000 Jahren.“
    „4000? Wie ist das möglich. Moment, wer ist wir?“
    Die weißhaarige Frau verdrehte die Augen. „Willst du das Amulett haben oder nicht?“ Sie ließ es vor Majas Augen hin und her baumeln.
    Maja war verwirrt. Sie wusste nicht, ob sie ja oder nein sagen sollte. Die Frau war seltsam und was sie erzählte war noch seltsamer. Aber eigentlich ging es ja nur darum, etwas zu erben, oder? Und zwar etwas fast Handtellergroßes, das so aussah, als sei es aus purem Gold.
    „Sind Amulette nicht eigentlich so ovale Dinger zum Öffnen?“, fragte sie um Zeit zu gewinnen.
    „Willst du dich mit mir streiten?“
    Maja schüttelte den Kopf.
    „Amulette sind Schutzgegenstände. Sie können verschiedene Formen haben. Das, wovon du sprichst, nennt man ein Medaillon.“
    Maja betrachtete Tabea nachdenklich. Sie wurde aus der Frau einfach nicht schlau. Aber der Anhänger war schön. Und sicher sehr wertvoll. Und er hatte ihrem Onkel gehört, von dem sie bisher nicht einmal gewusst hatte. Warum hatte ihr Vater nie von ihm erzählt? Oder log Tabea sie an? Aber was hatte es für einen Zweck, lange darüber nachzudenken?
    Maja streckte die Hand aus und nahm den Anhänger entgegen.
    „Ich behalte ihn“, sagte sie.
    Tabea nickte. „Du musst es immer bei dir haben, am besten trägst du es um den Hals. Du darfst es weder verkaufen, noch verschenken und auf keinen Fall darfst du es verlieren oder zerstören. Hast du das verstanden?“
    „Aber ich hab ihn geerbt.“
    „Hast du mich verstanden?“
    Maja nickte widerwillig. Was brachte ihr ein so wertvoller Gegenstand, wenn sie ihn nicht verkaufen konnte? Aber immerhin war er ganz hübsch. Tabea beugte sich noch mehr vor, sodass ihr Gesicht direkt vor Majas schwebte und eine Sorgenfalte zog sich quer über ihre Stirn. Maja lehnte sich zurück. Diese Frau war echt verrückt.
    „Pass auf das Ding auf. Und vor allem auf dich selbst. Ich kann nur hoffen, dass mein Gedächtnis mir einen Streich spielt, sonst ist alles verloren.“
    Sie stand auf und sah einen Moment lang betrübt aus dem Fenster. „Aber wenn ich ehrlich sein soll“, sagte sie schließlich, „ich glaube nicht daran.“
    Mit diesen Worten verließ sie den Wohnwagen.

    Maja blieb zurück und starrte die zwei Tassen an, die vor ihr auf dem Tisch standen. Sie hatte nicht einen Schluck getrunken und auch jetzt hatte sie keine Lust dazu, wer trank bei diesem Wetter heißen Tee? Auch Tabea hatte zwar haufenweise Zucker in ihren Tee getan, ihn aber dann stehengelassen.
    Maja schüttelte stumm den Kopf. So eine verrückte Begegnung hatte sie noch nie gehabt. Sie betrachtete noch einmal den Anhänger. Sie erinnerte sich an das Gefühl der Angst, das sie gehabt hatte, als Tabea ihn ihr das erste Mal in die Hand gedrückt hatte. Es war nun verschwunden. Sie hängte sich das Schmuckstück um den Hals und betrachtete sich im Spiegel, der am Kleiderschrank des Wohnwagens hing. Besonders toll sah es nicht aus, es war viel zu groß. Sie schob es unter ihr T-Shirt. Dann verließ sie den Wohnwagen und machte sich auf den Heimweg.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dinteyra (27. Juni 2014 um 18:28)

  • Hey Dinteyra :)
    Nach so einem schönen Vorwort gebe ich dir doch gerne ein Kommi mit allen drum und dran ^^

    Erstmal die Formsachen:

    Eilig hetze das Mädchen vorbei und verschwendete keinen Gedanken an das seltsame Gefährt.


    hetzte

    Mit Wohnwagen passte es erst recht nicht hierher.
    Maja blieb stehen und betrachtete den Wohnwagen. Wer ihn wohl hier abgestellt hatte? Die abbröckelnde, grelle Farbe und der Rost ließen nicht darauf schließen, dass er noch benutzt wurde. Allerdings hatte jemand einen Pfad vom schiefen Gartenzaun bis zur rostigen Wohnwagentür durch die Disteln geschlagen.
    Plötzlich öffnete sich die Tür des Wohnwagens und eine alte Frau sah hinaus.


    Wortwiederholung am Anfang. Die anderen beiden sind okay, könntest du aber bestimmt eleganter lösen ;)

    „Also gab es vor zwölf Generationen einen Mann und eine Frau…und immer das jüngste ihre Kinder…“
    „...und Enkel und Urenkel und so weiter bekommt das Amulett“, beendete Tabea ihren Satz.


    Hier Leerzeichen vor und nach den Auslassungspunkten nicht vergessen.

    Was brachte ihr ein so wertvoller Gegenstand, wenn sie ihn nicht verkaufen konnte.


    Hier würde ich ein Fragezeichen ans Ende des Satzes setzen.

    Anhand der wenigen Fehler und deiner Wortgewandheit bemerkt man deine Erfahrung. Du schreibst und beschreibst abwechslungsreich und das Kopfkinoi schnurrt dadurch ununterbrochen mit :thumbsup: Alles in allem ist dein Schreibstil für mich sehr angenehm zu lesen 8) Ab und zu hast du für meinen Geschmack ein paar viele Adjektive hintereinander, aber das ist meine persönliche Meinung.
    Die Handlung beginnt ziemlich rätselhaft. Schließlich ist das nicht ganz alltäglich, dass man sich zu einer fremden und merkwürdigen Frau in den Wohnwagen setzt und ein Erbe von einem unbekannten Verwandten erhält. Da Tabea lediglich einen Job zu erfüllen scheint und nur die wichtigsten Erklärungen liefert (aber nicht, warum Maja das Amulett nicht verkaufen oder zerstören darf), wirfst du Fragen auf, die zum Weiterlesen animieren. Ich gebe zu, richtig gepackt hast du mich noch nicht ganz mit dem Anfang, aber ich bin sehr geduldig und man kann auch nicht immer in den ersten zwei Seiten in die vollen gehen, also lese ich mal brav weiter und lasse mich überraschen, was da noch so kommt. MSchließlich kann man über den Inhalt einer Story erst ansatzweise nach 50 gelesenen Seiten etwas sagen :)

    >^..^<

    LG Alopex

  • *mit dem Senfglas angerennt komm*

    Also, schön dass wir was von dir zu lesen kriegen :) die Fehler hat Alo ja schon rausgesucht *abhak*

    Sooo... Ein klein Bisschen Klischeehaft ist der Anfang ja schon- Seltsamer Ort, seltsame Frau, verschollene/ totgeglaubte Verwandte, ein Schutzamulett... Aber das muss ja nichts Schlechtes sein. Grade so, wie du das gelöst hast ^^ Die Geschichte geht sofort los, keine lange Einführung, ich mag das. Du traust dem Leser zu, sich die leeren Stellen selber zu füllen (das funktioniert nicht immer, aber du gibst die richtigen Anhaltspunkte dafür ;) )
    Dann die Begegnung der beiden Frauen und das Gespräch. Ich mochte es sehr, grade, wie Tabea klar macht, dass das hier ein Routinejob ist und sie rein beruflich hier ist- oder? Was verbindet sie mit Mayas Onkel, dass sie seinen Tod so berührte? Und wovor soll das Amulett schützen?
    Auch Mayas Neugier ist prima umgesetzt (und ich ärger mich auch bissl über die unzureichenden Informationen, die Tabea rausrückt :huh: ), ich finde ohnehin, dass das Gespräch auf ganz subtile Weise viel über den Charakter des Mädchens aussagt :thumbsup:

    Tja, und dein Schreibstil? Alo hat absolut recht, Kopfkinomässig. Du hast so eine Art zu schreiben, die einen auch über eintönige Strecken hinwegtröstet ^^
    Was noch? Die ersten Abschnitte sind jeweils schwieriger zu beurteilen, aber ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung :) Die Tatsache, dass diese Geschichte aus Spass an der Freude entstand, bedeutet für mich nur noch mehr Vorfreude auf das Kommende :D


    "You know what the big problem is in telling fantasy and reality apart? They're both ridiculous."

    - Twelve

  • Man kommt gut in den Text rein, die Beschreibungen lassen das Kopfkino anspringen und auch der Dialog ist gut geworden. :thumbsup:
    Ich bin gespannt, wie sich die Geschichte weiter entwickelt.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Hallo!

    Wow, schon nach einem Tag so viel konstruktive Kritik.
    Meinen Dank an Alopex für die Verbesserungen. Ich hab sie schon eingebaut, aber das mit dem Wohnwagen war schwer. Die Sache mit den Adjektiven könnte so ein Problem von mir sein, ich versuche in Zukunft mal, darauf zu achten.

    Hey Klimbim, ein bisschen klischeehaft könnte es schon manchmal werden. :D
    Was willst du hier eigentlich mit einem Senfglas?

    Also vielen Dank an euch drei für die Rückmeldung.

    LG Dinteyra

  • Teil 1


    Neugierde und Übermut


    Karim und Jinna gingen den schmalen Feldweg Richtung Jakarestadt entlang. Vor ihnen erhoben sich bei jedem Schritt die Sirenen mit lautem Geheul vom Boden, um sich, wenn die Geschwister vorbei waren, wieder auf dem Weg niederzulassen.
    Karim hatte den Arm tröstend um seine Schwester gelegt, der unentwegt Tränen übers Gesicht rannen. Sie war zwar schon dreizehn, aber wenn man von einem Kranzstecher gestochen wurde war es verzeihlich, dass man weinte. Er warf einen beunruhigten Blick auf ihren Arm. In der Umgebung des Stichs hatte er sich rot gefärbt und ein weißer Kreis bildete sich um die Stelle herum. Von diesem Kreis hatten die Kranzstecher ihren Namen. Karim hatte sein Taschentuch im Bach getränkt und Jinnas Arm damit verbunden. Er machte sich Sorgen. Die Stiche des Kranzstechers waren zwar für gewöhnlich nicht lebensbedrohlich, aber bis nach Hause war es ein weiter Weg und man konnte ja nie wissen.
    Plötzlich kreischte Jinna auf und versteckte sich hinter ihrem Bruder. Karim erkannte sofort, warum: ein großes, grüngelbes Insekt mit libellenartigen, schwarzen Flügeln flog auf ihn zu - ein Kranzstecher. Karim schlug nach ihm und schleuderte ihn zu Boden, wo er benommen liegen blieb.
    „Jetzt reg dich doch nicht so auf“, sagte er zu Jinna. „Sie tun nichts wenn man sie nicht ärgert. Es war deine eigene Schuld dass dich eben einer gestochen hat, musstest du ihn auch - “
    „Oh, sei doch mal ruhig“, fauchte Jinna, „immer musst du mir Vorwürfe machen.“
    Sie riss sich von Karim los und ging ein paar Schritte hinter ihm. Karim drehte sich zu ihr um. Er wollte ihr eine passende Antwort geben, aber etwas hinter ihr lenkte ihn ab.
    „Schau mal“, sagte er, „die Sirenen holen sich ihr Futter.“
    Ein ganzer Schwarm der blau schimmernden Tierchen griff den verletzten Kranzstecher an. Normalerweise ernährten sich die etwa zwei Zentimeter großen, harmlosen Insekten von Ameisen oder kleinen Fliegen aber bei Gelegenheit aßen sie auch Aas oder verletzte größere Insekten, die sich nicht mehr so gut wehren konnten. Der Kranzstecher konnte das allerdings noch recht gut; mehrere Sirenen mussten ihr Leben lassen, bevor er überwunden und abtransportiert werden konnte. Jinna und Karim wandten sich ab und setzten ihren Weg schweigend fort.
    Ein paar Minuten später konnten die beiden schon die Umrisse von Jakarestadt sehen. Sie hatten es nun nicht mehr weit, sie wohnten mit ihrer Mutter in einem der ersten Häuser der Stadt. Wenn man Jakarestadt überhaupt so nennen konnte, mit seinen siebzehn Häusern und Höfen.
    Doch etwa dreihundert Meter von zu Hause entfernt wurden sie noch einmal aufgehalten. Ein verunfallter Ochsenwagen versperrte den halben Weg; offenbar hatte der Fahrer ihn aus Versehen in den Graben gelenkt. Karim blieb stehen als ein Mann hinter dem Wagen hervorkam. Er war totenbleich, als hätte er einen Schock erlitten, hatte braunes, kurzes Haar, einen stoppeligen Bart und war klein gebaut. Außerdem trug er ein graues Hemd, das wohl einst weiß gewesen war und eine dreckverschmierte Sackhose. Karim hatte den Mann noch nie gesehen. Er fragte sich, was er hier in dieser Gegend zu suchen hatte, es war nämlich eher einsam hier. Für gewöhnlich erzählte man, hier würden sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Jakarestadt war jedenfalls kein Ort an den sich Fremde oft verirrten. Es sei denn der Mann hoffte, sich hier verstecken zu können, vor wem auch immer.
    Seine anerzogene Höflichkeit gebot es Karim, seine Hilfe anzubieten, auch wenn er seine Schwester lieber schnellstens nach Hause gebracht hätte. Aber zur Not konnte Jinna die paar Meter auch alleine gehen.
    „Guten Tag, kann ich helfen?“ fragte er und betrachtete den Wagen.
    Die Riemen, die die Tiere daran gehalten hatten, waren gerissen, vermutlich waren sie ohne den Wagen weitergelaufen und das Gefährt mitsamt Kutscher und Gepäck im Graben gelandet und umgefallen. Geladen hatte der Fremde Säcke voller Mehl, einige davon lagen jetzt aufgerissen herum und die Ochsen standen wenige Meter entfernt im Feld. Der Mann antwortete nicht auf Karims Frage, sondern begann, sein Mehl wieder aufzusammeln.
    Karim schickte sich an, die Ochsen einzufangen. Dabei warf er einen zweiten Blick auf die kaputten Riemen und stutzte. Sie waren nicht gerissen, was sowieso merkwürdig gewesen wäre, sondern mit einem Messer oder sogar mit einem Schwert durchtrennt worden. Was es auch war, es musste äußerst scharf gewesen sein. Karim fing die Ochsen ein und zog sie zurück zum Wagen. Er hatte ein Händchen für Tiere und diese waren äußerst friedliebend, daher ging es ziemlich schnell. Danach wollte er sich Jinna schnappen und verschwinden, die Sache hier stank gewaltig. Er warf noch einen unbehaglichen Blick auf die durchtrennten Riemen, drückte sie dem Mann in die Hand und packte Jinna am Arm um sie mitzuziehen.
    Aber plötzlich hörte er Pferdegetrappel; der Fremde stöhnte angstvoll auf, ließ die Ochsen los und rannte in heilloser Panik den Weg entlang Richtung Dorf.
    Karim drehte sich um und sah ein riesiges schwarzes Pferd auf sich zu gallopieren. Ihm blieb fast das Herz stehen. Er schrie auf und stürzte sich hinter den Ochsenwagen, Jinna am Arm mit sich reißend. Das Pferd gallopierte vorbei und stellte sich dem Fremden in den Weg, der keine zwanzig Schritte weit gekommen war.
    Karim rappelte sich auf und half Jinna hoch, die auf ihren verletzten Arm gefallen war und nun noch mehr heulte. Er ließ sie stehen und stürmte mit schnellen Schritten auf den Reiter zu. Dieser war vom Pferd gesprungen und redete jetzt zu dem Mann, der noch bleicher geworden war und anscheinend möglichst klein und unbedeutend wirken wollte. Karim konnte den Reiter nicht ganz sehen, er war zwar größer als der andere Mann, allerdings nicht so breit und deshalb war sein Körper nicht zu sehen. Er stellte sich neben den Fremden und fauchte den Reiter an:
    „Bist du verrückt geworden? Du hast uns ja fast umgeritten, kannst du nicht aufpa ... a ...“
    Er erbleichte. Er konnte den Reiter jetzt deutlich erkennen und was er sah ließ ihn entsetzt aufkeuchen. Er stand vor einem waschechten Ritter und zwar, und das machte die Sache nicht besser, vor einem der Dreizehnten Armee. Sein Vater hatte ihm einst von diesen gefährlichsten und bösesten aller Krieger erzählt, die für Fürst Dreizehn arbeiteten und an dem grünlichen Schimmer ihrer Rüstungen zu erkennen waren. Karim wusste, dass das Metall für diese Rüstungen aus dem Taumelberg stammte, der in der Nähe der gefürchteten Burg Fürst Dreizehns lag. Allerdings wusste niemand, wo die Burg und der Berg waren. Man vermutete nur, dass sie hinter dem Großen Gebirge lagen, und von dort war noch nie ein Mensch zurückgekehrt, außer den Grünen Rittern, die das Gebirge oft durchquerten. Sie terrorisierten auf Dreizehns Befehl hin das ganze Land und brachten Angst und Unfrieden wohin sie kamen.
    Karim ging einen Schritt zurück und hielt den Atem an. Der Ritter hatte ein langes Schwert am Gürtel hängen, womit er Karim in Sekundenschnelle einen Kopf kürzer hätte machen können. Er schaute den Jungen verblüfft an, ob dessen Respektlosigkeit, dann grinste er unverschämt und wandte sich wieder dem Mann mit der Sackhose zu.
    Von hinten ergriff jemand Karims Hand. Er zuckte zusammen aber es war nur Jinna. Sie hatte ihre Tränen getrocknet, blickte aber noch sehr verstört. Karim wollte nichts wie weg von dem Ritter und zog sich rückwärts zurück. Aber Jinna weigerte sich, mitzukommen.
    „Warte noch“, flüsterte sie.
    „Bist du verrückt?“, zischte Karim. „Der spießt uns auf.“
    Aber Jinna schüttelte den Kopf und legte den Finger an die Lippen. Der Ritter sprach mit dem Fremden, der sich langsam, Schritt für Schritt, immer weiter hinter Karim schob.
    „Es ist jetzt schon das zweite Mal in diesem Jahr, dass du uns die Abgaben verweigerst. Mein Herr lässt dir ausrichten, wenn wir sie diesmal nicht bekommen dürfen wir zu härteren Mitteln greifen.“
    Er griff zu seinem Schwert.
    „A-A-aber ich kann nicht.“
    Der Fremde schob sich nun vollends hinter Karim, der schnell zur Seite sprang. Der Ritter packte den Mann und zog ihn nahe zu sich heran.
    „Und warum nicht?“
    Der Fremde wimmerte erneut voller Angst. „S-seit sich die Kragenk-k-käfer in meinem Mehl breit gemacht haben, w-w-wollen die Leute es nicht mehr kaufen. Ich ziehe von Stadt zu Stadt, in der Hoff-n-nung einmal ein paar Menschen zu finden, die die Käfer nicht be-me-merken, aber die Leute sind misstrauischer geworden, im G-g-gegensatz zu früher.“
    Karim rümpfte missbilligend die Nase. Sein Mitleid für den Kerl hielt sich nun in Grenzen, denn dieser versuchte, ehrliche Leute übers Ohr zu hauen. Er machte wieder Anstalten zu gehen, aber Jinna hielt ihn fest.
    Der Mann keuchte. „W-wenn ich das Mehl nicht verkaufen kann habe ich kein Geld um die Abgaben zu bezahlen. Nicht für den Despriten und für Fürst Dreizehn. Wie soll ich das schaffen?“
    „Oh“, der Ritter schien belustigt, „und was machen wir jetzt?“ Der andere schwieg. „Mir scheint, ich sollte die Ochsen mitnehmen“, sagte der Ritter. Fürst Dreizehn wird sich sehr darüber freuen.“
    „Nein!“, schrie sein Gegenüber, riss sich von dem Ritter los und stellte sich zwischen ihn und die Ochsen. „Die Ochsen brauche ich, wie soll ich sonst das Mehl transportieren? Dann werde ich gar nichts mehr verkaufen.“
    „Tja, das ist dein Problem, ich muss nur dafür sorgen, dass Fürst Dreizehn die Abgaben bekommt.“
    „Ich pfeife auf Fürst Dreizehn. Er hat kein Recht, hier Geld zu verlangen“, schrie der Fremde und spuckte dem Ritter ins Gesicht. Der Ritter reagierte augenblicklich. In Sekundenschnelle zog er sein Schwert und hielt es dem Mann an den Hals.
    „Du weißt, dass ich dich dafür abstechen kann?“, fauchte er.
    Ein leises Wimmern war die Antwort.
    „Ich kann mich aber auch damit zufrieden geben, auch noch deinen Wagen mitzunehmen und dich zu verschonen, vorausgesetzt, du entschuldigst dich.“
    Der Mann wimmerte erneut, etwas lauter diesmal.
    „Kommt’s bald?“ Der Ritter drückte das Schwert so fest an den Hals des Fremden, dass ein paar Blutstropfen erschienen. Karim zitterte. Er wusste, dass Jinna nicht feige war, auch wenn sie manchmal etwas nah am Wasser gebaut hatte. Aber das hier fiel eindeutig unter die Kategorie ‚Übermut’. Er war 15, fast 16, zwei Jahre älter als sie, sie hatte gefälligst auf ihn zu hören. Er packte sie und wollte sie mitziehen, doch sie schlug nach seiner Hand. Der Ritter wurde auf sie aufmerksam.
    „Ihr seid ja immer noch hier“, sagte er. „Gehören die zu dir?“, fragte er den Mann mit der Sackhose. Der schüttelte den Kopf.
    „Entschuldigung“, presste er hervor.
    „Geht doch“, sagte der Ritter und zog sein Schwert zurück, um es jetzt mit der Spitze zwei Zentimeter vor Karims Brust zu halten. „Und ihr verschwindet jetzt, bevor ich doch noch die Beherrschung verliere, wegen euch frechem Pöbel.“
    Das ließen sich die beiden nicht zweimal sagen. Sie rannten los, als wäre der Teufel persönlich hinter ihnen her. Jinna wollte stehen bleiben, als sie am Haus ankamen, aber Karim zog sie weiter, aus Angst, der Ritter könnte sehen wo sie wohnten. Sie rannten weiter die Straße entlang, bis sie den Ritter und den Besitzer des Ochsenwagens nicht mehr sehen konnten und ließen sich dann am Straßenrand in einen Busch fallen.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (27. Juni 2014 um 23:20)

  • Also Fehler hab ich keine in dem Abschnitt gefunden :thumbsup:

    Eine Sache:

    Allerdings wusste niemand, wo die Burg und der Berg waren, man vermutete nur, dass sie hinter dem Großen Gebirge lagen, und von dort war noch nie ein Mensch zurückgekehrt, außer den Grünen Rittern, die das Gebirge oft durchquerten.


    Dieser Satz liest sich nicht ganz so schön, vermutlich weil du ihn immer wieder erweiterst und das Verb "sein" doppelst. Aber das ist jetzt schon Kritik auf Korinthenkackerniveau ^^ Weiter so :thumbup:

    Wie alt warst du genau, als du die Story geschrieben hast? 8| Du bist wirklich echt wortgewandt und hast viel Talent. Aber man merkt, dass du zum schreibezeitpunkt noch etwas jünger warst, der böse Ritter ist ja noch ziemlich "lieb" mit dem Fremden verfahren. Fürst Dreizehn klingt auch nicht nach dem typischen Finsterlord der Finsternis, was aber ganz erfrischend ist ^^

  • Ein ziemlicher Umbruch im Setting. Währen der erste Part in "unserer" Welt zu spielen scheint, ist der zweite ganz eindeutig in einer anderen Welt. 8o
    Auch gut gemacht ist die Erwähnung von Jakarestadt am Anfang, erst als sich diese Stadt als Bauerndorf outet und der Verkehrsunfall einen Ochsenkarren betrifft, merkt man, wie sehr du umgeschaltet hast. Das mit den Insekten hat mir gut gefallen.
    Das Kopfkino schnurrt durch und ich bin gespannt, wie du die beiden Welten miteinander verknüpfen wirst. :thumbsup:

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Ich war dreizehn oder vierzehn, als ich damit angefangen habe, so genau weiß ich das nicht mehr. Kann aber sein, dass ich einige Kapitel sogar noch früher geschrieben habe, die hab ich später irgendwo in die Mitte gestopft.
    Du hast recht, damals bin ich ziemlich "lieb" mit meinen Charakteren umgegangen und hab mich mit Gewalt eher zurückgehalten. Wenn ich das jetzt lese, denke ich auch, warum spießt er den nicht auf? Obwohl ich immer noch kein Freund von allzu blutigen Geschichten bin, aber vermutlich würde ich jetzt das schreiben, was realistisch wäre.
    Was den Schreibstil angeht: da habe ich über die Jahre einiges überarbeitet und auch eben noch gefeilt. :)
    Ich teile den langen Satz einfach in zwei Sätze auf.

    melli: Hihi, das ist mir gar nicht aufgefallen. :D

  • Dinteyra: Respekt 8| In dem Alter bereits eine ganze Geschichte ausdenken zeugt von viel Fantasie, Freude und Durchhaltevermögen :thumbup:
    Ich steh auch nicht so auf Gewalt, aber es fällt an dieser Stelle schon auf, dass der Böse ziemlich lieb ist ^^ Aber mit dreizehn ist man da auch zurückhaltender. Aber das ist auch überhaupt nichts Schlimmes, dann richtet sich das Buch eben an jüngere Leser :) Wär ja blöd, wenn immer alles auf das brutale und epische Abschlachten hinausläuft ;)

  • Gefahr in der Nacht


    Fast ein Jahr war vergangen, seit dem Tag, an dem Maja Tabea getroffen hatte. Der Wohnwagen stand immer noch an der gleichen Stelle wie damals, aber die weißhaarige Frau war nicht mehr da. Maja war drei Wochen nach der Begegnung noch einmal hineingegangen – die Tassen mit Tee, die Tabea auf den Tisch gestellt hatte, hatten immer noch dort gestanden.
    Sie hätte niemandem erklären können warum, aber seither trug sie das Amulett ständig mit sich herum. In der Nacht lag es unter ihrem Kopfkissen und tagsüber hing es an ihrem Hals. Sie zeigte es niemandem, weder ihren Freundinnen, noch ihren Eltern oder Kasimir, ihrem kleinen Bruder. Es fiel auch niemandem auf, dass sie täglich ein kleines Vermögen um den Hals trug, nicht einmal im Sportunterricht musste sie es ablegen. Warum sie es immer trug wusste sie selbst nicht, aber sie fühlte sich auf merkwürdige Art damit verbunden.
    Maja hatte ihren Vater nicht nach seinem angeblichen Bruder gefragt, aber sie hatte auf dem Dachboden nach alten Fotos von ihm gesucht. Irgendwann fand sie ganz unten in einer Kiste ein verstaubtes Fotoalbum mit Kinderfotos ihres Vaters. Unter ihnen auch welche, die einen ausgelassenen Jungen zeigten, ein wenig älter als Majas Vater damals. Das musste ihr Onkel sein. Leider wusste sie noch immer nicht, wie er hieß. Sie löste eines der Bilder aus dem Album und nahm es mit in ihr Zimmer. Sie wollte nicht, dass ihr Vater erfuhr, dass sie von seinem Bruder wusste, deshalb versteckte sie es in einer kleinen Kiste in ihrem Nachttischschränkchen. Sie hätte gerne gewusst, warum ihr Onkel damals verschwunden war. War er weggelaufen? Und wer hatte ihn später ermordet? Hatte es etwas mit dem Amulett zu tun gehabt? Maja hatte das Amulett am Anfang noch Anhänger genannt, weil sie sich unter einem Amulett einfach etwas anderes vorstellte, aber bald nannte sie es wie Tabea. Sie strich oft mit dem Finger über die kleinen Blätter auf dem Ring, sie waren so fein, dass man einige ihrer Äderchen nur mit einer Lupe erkennen konnte. Kaum vorstellbar, dass das Amulett vor tausenden von Jahren gefertigt worden war.
    Maja spielte durchaus gerne mit ihrem Erbstück. Sie stellte bald fest, dass es ziemlich robust war und ließ es oft über den Tisch rollen oder wie eine Münze kreiseln. An ihrem deizehnten Geburtstag verlor sie es fast, als sie über einen Stein stolperte. Das Amulett rutschte ihr aus der Hand und rollte gefährlich nahe an einem Gully vorbei. Maja griff schnell danach und hängte es sich wieder um. Plötzlich schaute sie irritiert auf. Sie hatte ein merkwürdiges Gefühl, als würde sie beobachtet werden. Vorsichtig blickte sie ringsum und öffnete erstaunt den Mund. Auf einem Baum, keine fünf Meter von ihr entfernt, saß eine wunderschöne, kleine Schleiereule. Maja starrte sie an und die Schleiereule öffnete ein Auge und starrte zurück. Dann flog sie mit sanften Flügelschlägen davon.

    Eines Nachts im Sommer konnte Maja nicht schlafen, weil es unerträglich warm war. Es war schon nach Mitternacht und sie warf sich unruhig von einer Seite auf die andere. Schließlich stand sie auf, setzte sich auf einen Stuhl am Fenster und blickte hinaus auf die Straße. In der Fensterscheibe spiegelte sich ihr eigenes Gesicht: Sie betrachtete es und überlegte, ob sie hübsch war. Eigentlich gefiel ihr ihr Aussehen. Maja hatte schulterlanges, hellbraunes Haar und ebenso hellbraune Augen. Sie öffnete ihr Nachtschränkchen und holte das Bild ihres Vaters und Onkels heraus. Sie hatte weder ihrem Vater noch ihrer Mutter jemals ähnlich gesehen, aber jetzt fiel ihr eine große Ähnlichkeit zu ihrem Onkel auf. Sie hatten dieselben Augen, denselben Mund.
    Maja legte das Kinn auf die Fensterbank und überlegte, wie sie sich ein wenig Abkühlung verschaffen konnte. Sie konnte das Fenster öffnen, aber draußen war es wahrscheinlich noch wärmer als hier drin, außerdem war es vollkommen windstill. Sie hätte jetzt gerne einen Ventilator gehabt. Sie hätte sich einen zum Geburtstag wünschen können, aber der war jetzt schon fast zwei Monate her. Genug Geld, um sich selbst einen zu kaufen, hatte sie im Moment nicht, außerdem gab sie ihr Geld lieber für andere Sachen aus: Süßigkeiten, CD's, Bücher, Spiele und anderen Krempel. Sie müsste ein halbes Jahr warten, bis Weihnachten, aber wer wollte schon im Winter einen Ventilator? Das war Blödsinn.
    Draußen fuhr ein Auto vorbei, stoppte an der Straßenecke und fuhr zurück. Vor dem Haus parkte es und fünf schwarz gekleidete Männer stiegen aus und blickten an der Fassade hoch. Maja duckte sich alarmiert hinter den Vorhang, die Männer sahen gefährlich aus. Einer von ihnen flüsterte den anderen etwas zu und sie gingen auf die Haustür zu. Maja hörte unten im Flur ein Schloss knacken. Erschrocken und ratlos drehte sie sich um und zuckte fürchterlich zurück, als sie ihre eigene Reflexion im Spiegel an der Schranktür anstarrte.
    Niemand hatte ihr je gesagt, wie sie sich bei einem Einbruch verhalten sollte. Sie konnte leise ins Schlafzimmer ihrer Eltern schleichen und ihren Vater wecken, aber würde er es mit fünf, vielleicht sogar bewaffneten Männern aufnehmen können? Mit Sicherheit nicht. Das Beste wäre es wohl, sich wieder ins Bett zu legen und so zu tun als würde sie schlafen, wahrscheinlich waren die Einbrecher nur auf Diebesgut aus. Wenn sie ein Handy gehabt hätte, hätte sie die Polizei rufen können, aber sie hatte keines und das Telefon stand im Wohnzimmer. Maja legte sich leise wieder ins Bett, zog sich die Bettdecke bis ans Kinn und lauschte auf die Stimmen unten im Haus.
    Einer der Männer, Maja glaubte, dass es derselbe wie draußen war, gab den anderen leise Anweisungen: „Denkt dran, wir wollen nur das Mädchen mit dem Amulett. Alles andere kann uns scheißegal sein. Wenn ihr jemand anderem begegnet, schlagt ihr ihn einfach nieder.“
    Maja zog das Amulett unter ihrem Kopfkissen hervor und starrte es entsetzt an.
    „Warum holen wir nicht einfach nur das Amulett?“, fragte jemand mit einer knarzigen Stimme. „Die Kleine kann uns doch egal sein.“
    „Eben nicht.“ Maja war überrascht, dass eine Frau sprach. „Wann kapierst du es eigentlich endlich? Das Amulett ist nicht wichtig, nur das Mädchen zählt. Das Amulett ist nur ein Schmuckstück.“
    „Eine Frage noch“, sagte der Mann mit der Knarzstimme. „Sollen wir das Mädchen gleich umbringen?“
    „Nein!“, fauchte der Erste. „Bloß kein Blutbad da oben. Wir arbeiten lautlos und spurenlos, klar? Wir nehmen sie mit. Niemand wird je erfahren, was mit ihr passiert ist.“
    „Seid leise“, sagte die Frau, „sonst könnt ihr den lautlosen Part schon vergessen.“
    Maja löste sich aus dem starren Entsetzen, das sie beim Lauschen überkommen hatte und sprang aus dem Bett. Sie war in Gefahr. Sie riss die Schranktür so leise auf, wie sie konnte und zog zwei lange Springseile heraus, die sie irgendwann beim Aufräumen einfach dort hinein gestopf hatte. Eigentlich gehörten sie in die Garage, aber dass sie hier waren, zahlte sich jetzt aus.
    Mit zitternden Fingern knotete Maja die beiden Seile zusammen, befestigte sie am Bettpfosten und kletterte daran aus dem Fenster, gerade als die Tür aufging. Sie ließ sich das letzte Stück fallen, landete schmerzhaft auf den Füßen im Blumenbeet und rannte los. Die Schwarzgekleideten zischten sich gegenseitig Befehle zu, dann rannten sie aus dem Haus (alle außer einem, der sprang aus dem Fenster) und Maja hinterher.
    Sie rannte um ihr Leben, aber ihre Verfolger waren um einiges schneller als sie. Schon an der Straßenecke hatten sie sie fast eingeholt und Maja ging die Luft aus. Dann kam plötzlich von links ein rotes Auto heran geschossen und hielt dicht vor ihr an. Auf dem Fahrersitz saß Tabea.
    „Steig ein!“, brüllte sie.
    Maja riss die Tür auf, schwang sich auf den Beifahrersitz und Tabea gab Gas. Zitternd blickte das Mädchen zurück. Sie spürte, dass sie das Amulett trug, obwohl sie sich nicht erinnern konnte, es umgelegt zu haben.

    Sie fuhren aus der Stadt hinaus und eine dunkle Landstraße entlang. Tabea hatte die Scheinwerfer abgeschaltet und schaute immer wieder unruhig in den Rückspiegel. Maja fragte nicht, wohin sie fuhren, sie blickte nur schweigend aus dem Fenster, auf die dunkle Landschaft. Sie war völlig verwirrt.
    „Haben diese Leute dir etwas angetan?“, fragte Tabea nach einer halben Stunde schließlich.
    „Nein“, antwortete Maja. Dann blickte sie die Frau wütend an. „Du wusstest, dass diese Typen kommen würden.“ Ihre Stimme klang vorwurfsvoll. Anklagend. Wütend. „Du wusstest, dass sie mich suchen würden, schon als du mir das Amulett gegeben hast wusstest du es.“
    „Natürlich nicht“, sagte Tabea. „Ja, das Amulett zu tragen birgt sicherlich einige Gefahren, aber dass du gleich Todfeinde bekommst, konnte ich nicht ahnen.“
    „Todfeinde?“ Maja nahm die Kette mit dem Amulett ab und legte sie auf das Armaturenbrett. „Ich will das Teil nicht mehr haben“, sagte sie. „Nimm es zurück.“
    Tabea lachte und Maja hasste sie dafür.
    „Leider wird das nichts bringen. Die Schwarze Garde sucht nicht das Amulett, sondern den Träger – dich. Wenn du das Amulett loswirst, wird das überhaupt nichts verändern. Und ich rate dir, es zu behalten, erstens, weil du es versprochen hast und zweitens, weil es dich vor gewissen Gefahren schützt.“
    „Von was für Gefahren sprichst du?“, fragte Maja.
    Tabea seufzte. „Das Amulett selbst birgt keine Gefahren, aber die Aufgaben, die du zusammen damit geerbt hast tun es. Verstehst du?“
    Maja funkelte sie zornig an. „Du hast nicht gesagt, dass ich irgendwelche Verpflichtungen habe.“
    „Du hast nicht danach gefragt.“
    Verzweiflung überkam Maja. „Ich hätte es doch gar nicht angenommen, wenn ich das gewusst hätte. Du kannst mir ... “
    „Maja hör mir zu“, unterbrach Tabea sie. „Du verstehst das alles ganz falsch und ich bin kein Fachmann für solche Fragen. Aber ich versuche, es zu erklären.“ Sie fasste sich an den Kopf und schwieg eine Weile, als müsste sie überlegen, wo sie anfangen sollte. „Hast du schon mal etwas von der Welt ohne Namen gehört?“, fragte sie.
    Maja schüttelte den Kopf und fragte sich gleichzeitig, ob Tabea sie verulken wollte.
    „Die Welt ohne Namen ist, wie du dir vielleicht denken kannst, eine andere Welt. Sie liegt auf diesem Planeten, aber sie ist auf keiner Karte eingezeichnet und man kann sie mit keinem Gefährt erreichen.“
    „Was hat das mit dem Amulett zu tun?“, fragte Maja. Sie war sich jetzt sicher, dass Tabea sich einen ziemlich groben Scherz erlaubte, aber was sollte sie tun?
    „Lass mich zu Ende erzählen“, sagte Tabea. „Man kann die Welt ohne Namen nicht erreichen, außer durch zwölf Tore. Die Tore stehen auf der Grenze zwischen den beiden Welten, durch einige kann man von hier nach dort gelangen, durch andere von der anderen Welt in diese hier und wieder andere funktionieren in beide Richtungen. Aber noch bevor es die Tore gab, gab es die Torwächter, die Weisen der Welt ohne Namen, die Kamiraen. Sie bewachen die Tore und sorgen für das Gleichgewicht zwischen den Welten. Um sie ranken sich viele Gerüchte und Spekulationen, was davon wahr ist, wissen sie wahrscheinlich selbst nicht mal. Die ersten Kamiraen stammen angeblich aus einer dritten Welt, die heute nicht mehr existiert. Bis heute haben sich ihre Familien überall in den zwei Welten verteilt und umfassen hunderte, vielleicht tausende von Mitgliedern. Stirbt ein Kamiraen, so wird der jüngste seiner Nachkommen ausgewählt um seine Nachfolge anzutreten, vorausgesetzt, er hat ein bestimmtes Alter und damit eine gewisse Reife erreicht. Damals war es dein Onkel, jetzt bist du es. Das Amulett wird den Kamiraen mitgegeben, um ihnen einen gewissen Schutz zu gewährleisten. Es verfügt über magische Fähigkeiten, und ist auch da, damit sie sich untereinander erkennen können. Du wärst auch ohne es eine Kamiraen, aber wenn du es verlierst schadest du nicht nur dir, sondern auch deinem Nachfolger.“
    Maja nahm das Amulett vom Armaturenbrett und legte es sich wieder um. Sie hatte jetzt endlich verstanden, in welche Geschichte sie da hineingeraten war und es gefiel ihr ganz und gar nicht. Anscheinend wurde von ihr verlangt, dass sie ihr ganzes Leben auf den Kopf stellte, nur um irgendeiner Organisation beizutreten. Dabei verstand sie nicht einmal, was diese Kamiraen machten. Das Gleichgewicht zwischen den Welten bewahren? Was sollte das heißen?
    „Kann ich mich irgendwie weigern so was zu werden?“
    „Ich weiß nicht“, sagte Tabea. „Da müsstest du die anderen Kamiraen fragen.“
    Maja schwieg eine Weile. „Ich kann nicht zurück?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. „Diese Leute würden mich sofort finden.“
    Tabea schien nicht zu wissen, was sie sagen sollte.
    „Wo soll ich denn jetzt hin?“, fragte Maja. „Was wollen diese Leute überhaupt von mir?“
    „Die Kamiraen haben viele Feinde, gerade deshalb, weil niemand weiß, was sie tun. Am besten wäre es, du suchtest einen Weg in die Welt ohne Namen um die Kamiraen aufzusuchen. Sie können dir mit Sicherheit besser helfen als ich.“
    Maja vergrub das Gesicht in den Händen. „Und meine Familie?“, fragte sie, „meine Eltern, mein Bruder?“
    „Denen wird nichts geschehen“, sagte Tabea. „Diese Leute sind nur hinter dir her. Und du wirst feststellen, bald schon wirst du sie wieder sehen“, fügte sie nach kurzem Zögern hinzu.
    Diesmal schwieg Maja lange. Zitternd hatte sie den Kopf in den Händen vergraben. Sie wollte das nicht; sie wollte nach Hause, zu ihren Eltern.
    Irgendwann spürte sie eine Hand auf der Schulter.
    „Verzweifle nicht, Maja Sonnfeld“, sagte Tabea. „Man kann nie wissen, was das Leben für einen bereit hält. Schlimme Dinge erschüttern immer wieder unseren Alltag. Und manchmal wird unsere Welt auch völlig auf den Kopf gestellt. Aber du darfst nicht daran verzweifeln. Nimm den Kopf hoch und stell dich deinem Schicksal. Eines Tages wird alles wieder gut sein.“
    Maja nickte während stumme Tränen über ihr Gesicht rannen.
    „Ich verstehe das nicht“, murmelte sie.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dinteyra (29. Juni 2014 um 17:33)

  • Wahnsinn 8o Jetzt haben wir neben der weißen Garde auch noch eine schwarze Garde im Forum vertreten :D
    Gib ein wenig Acht, im ersten Abschnitt, bis zu dem Zeitpunkt, wo die Garde auftritt, hast du sehr viel Plusquamperfekt. Das lässt sich nicht immer vermeiden, aber an den Stellen, wo du dann einfaches Imperfekt hast, benutzt du weiterhin öfter die Verben "haben" und "sein", dadurch wird der Text etwas fad in meinen Augen. Auf den Rest trifft das allerdings nicht zu, der ist super :thumbsup:

    In der Nacht lag es unter ihrem Kopfkissen und tagsüber hatte sie es um den Hals hängen.


    Hier ist zum Beispiel so eine Stelle. Der erste Teil steht im Imperfekt, wieso also im zweiten "hatte" verwenden? Ein einfaches "hing" liest sich hier angenehmer.

    Maja hatte schulterlanges, hellbraunes Haare und ebenso hellbraune Augen.


    Haar

    Und du wirst sehen, bald schon wirst du sie wieder sehen“, fügte sie nach kurzem Zögern hinzu.


    Wiederholung

    So, ich hoffe ich hab nicht zu viel rumgemosert ^^ Ich warte gespannt auf den nächsten Teil ^^

  • Aha, so stehen die beiden Welten also in Verbindung.
    Muss Alo recht geben, im ersten Part taucht sehr viel hatte, hätte und war auf.
    Aber dann geht es rund. :thumbsup:

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Danke für eure Rückmeldung. :)
    Ich hab versucht, es zu verbessern, das mit dem Plusquamperfekt ist aber gar nicht so einfach. Ein paar Stellen hab ich rausgenommen. Aber im nächsten Kapitel habe ich dasselbe Problem.
    Ich bin heute überigens richtig motiviert, also kommt vielleicht noch eines.

  • Ein Vorbote des Unglücks


    Karim beeilte sich, nach Hause zu kommen. Als Bauer Jonathan die dunklen Wolken am Horizont gesehen hatte, hatte er ihn früher heimgeschickt als gewöhnlich, wohl aus Sorge er könnte sonst nicht mehr rechtzeitig ankommen. Seit sein Vater verschwunden war half Karim Bauer Jonathan bei der Ernte und verdiente damit einen guten Teil des Familieneinkommens. Seit ein paar Tagen musste er die Familie sogar alleine durchfüttern, weil der Hof, auf dem seine Mutter und manchmal auch Jinna gearbeitet hatten, vor kurzem abgebrannt war. Seine Mutter hatte schon wieder Arbeit gefunden, in zwei Tagen würde sie anfangen können. Bei Jinna würde die Suche wohl vergeblich sein, es war schon der zweite Hof, auf dem sie gearbeitet hatte, der abgebrannt war und das Geflüster der Leute wurde immer stärker. Sie hielten Jinna für eine Hexe und Karim konnte es ihnen nicht einmal verübeln. Mit den hellroten Haaren und den grün-gelben, katzenartigen Augen sah sie tatsächlich wie eine aus. Jinna wünschte sich deshalb wegzugehen, in eine Stadt, wo man sie nicht kannte und wo die Leute nicht so abergläubisch waren wie hier. Karim hatte mit so etwas nicht die geringsten Probleme; er hatte die blauen Augen und das braune Haar seiner Mutter geerbt. Aber er hasste die Abergläubigkeit der Dorfleute. Sie kannten Jinna seit sie klein war und trotzdem redeten sie auf diese Weise über sie.
    Karim bog ab und konnte nun sein Zuhause erkennen. Er war froh, dass Jonathan ihn nach Hause geschickt hatte, er konnte gut darauf verzichten bei Sturm und Hagelschauern den Heimweg anzutreten. Andererseits wollte er am liebsten so spät wie möglich nach Hause kommen, denn die Stimmung dort war frostig, es hatte am Abend zuvor mächtig Zoff gegeben. Nachdem sie etwas Luft geschnappt hatten waren Jinna und er aus dem Busch gestiegen und nach Hause gegangen. Dort hatten sie ihrer Mutter den Kranzstecherstich gezeigt. Von dem Ritter wollte Karim ihr lieber nicht erzählen, er wollte sie nicht beunruhigen. Doch da hatte er nicht mit Jinnas Geschwätzigkeit gerechnet. Kaum hatte ihre Mutter ihren Stich versorgt, sodass ihr Arm nicht mehr so sehr schmerzte, fing sie an zu plappern. Karim hätte ihr den Hals umdrehen können, besonders als seine Mutter auch noch ihm die Schuld an der Sache gab:
    „Wie konntest du zulassen dass ihr euch einer solchen Gefahr aussetzt? Ihr hättet einfach vorbeigehen sollen ... “
    Karim versuchte erst gar nicht, ihr zu erklären, dass Jinna sich geweigert hatte mitzukommen und die dachte natürlich nicht im Traum daran, die Schuld auf sich zu nehmen. Er verzog sich ohne Abendessen ins Bett und blieb dort bis zum nächsten Morgen.
    Karim blieb stehen. Er hatte vor der Haustür etwas grünlich Schimmerndes gesehen. Etwas, das ihn beunruhigenderweise an den Ritter der Dreizehnten Armee von gestern Nachmittag erinnerte. Ja, sein Pferd stand auf der Straße vor dem Haus. Karim schlich sich vorsichtig ins Gebüsch und kroch leise näher heran. Und dort traf er auf Jinna, die neben dem Haus hockte und vorsichtig um die Ecke spähte.
    „Was will der hier?“, fragte er sie.
    „Keine Ahnung, er hat eben geklopft“, antwortete Jinna. „Ich kann aber nicht verstehen, was er sagt.“
    Karim kniete sich neben sie und lauschte. Er konnte zwar sowohl die Stimme des Ritters, als auch die seiner Mutter erkennen, aber er verstand nicht, worüber sie redeten.
    „Warte mal kurz“, flüsterte Jinna und machte einen Satz hinter den nächsten Baum im Vorgarten. Es war ein Kirschbaum mit niedrigen, aber starken Ästen. Karim schüttelte den Kopf. Seine Schwester war eindeutig verrückt, der Ritter konnte sie jederzeit entdecken.
    Jinna begann jetzt am Stamm des Baumes hinaufzuklettern, dessen untere Äste geradewegs über dem Ritter und ihrer Mutter hingen. Sie kletterte auf einem davon weiter bis sie fast über ihnen saß. Dort angekommen klammerte sie sich fest und lauschte. Der Ast, auf dem sie saß, schwankte auffällig, aber der Ritter sah nicht nach oben und nun konnte sie jedes Wort verstehen, das die beiden Erwachsenen unter ihr sagten. Sie drehte sich zu Karim um, der immer noch hinter der Hausecke stand, und zeigte ihm den hochgestreckten Daumen: Alles in Ordnung. Karim deutete ihr mit den Händen an, dass er sie erwürgen würde aber sie grinste nur.
    Karim versuchte, dem Gesicht seiner Mutter irgendetwas zu entnehmen. Sie schien wütend zu sein, vielleicht auch verängstigt? Jedenfalls dauerte das Gespräch nicht mehr lange, nach weniger als einer Minute wandte sich der Ritter ab, stieg schwerfällig auf sein Pferd und galoppierte davon. Ihre Mutter ging ins Haus und schloss leise die Tür. Eine einzelne Träne rann ihr dabei über die Wange.
    Jinna sprang vom Baum und starrte Karim an.
    „Was haben sie gesagt?“, fragte Karim.
    Jinna antwortete nicht.
    „Jinna, sag schon, worüber haben sie geredet?“
    „Er will dich abholen“, sagte Jinna. In der Ferne erklang leises Donnergrollen.
    „Was?“
    „Er will dich abholen, du sollst irgendwo arbeiten, er meinte du hättest genau die richtige Statur.“ Sie sah ihn an, er war sehr stark.
    „Die Minen“, sagte Karim. „Jinna, bitte, sag mir dass er mich nicht in die Minen bringen will.“
    Jinna schluchzte auf. „Es ist alles meine Schuld.“ Sie warf sich ihm in die Arme. „Wenn ich gestern auf dich gehört hätte, wäre er niemals auf dich aufmerksam geworden.“
    Karim strich ihr tröstend übers Haar. „Es wird alles gut, alles wird gut“, sagte er, auch wenn er selbst nicht daran glaubte. In der Ferne erklang erneut Donnergrollen, das Unwetter kam näher. Als sie das Haus betraten saß ihre Mutter am Tisch, das Gesicht in den Händen vergraben. Sie blickte Karim verzweifelt an.
    „Er will dich zum Taumelberg bringen. Du sollst dort nach dem Metall für ihre Rüstungen suchen“, sagte sie.
    Karim sah sie nur an. Er konnte nicht sprechen.
    Seine Mutter stand auf und schrie ihn an: „Was hast du dir nur dabei gedacht? Du hättest einfach vorbei gehen sollen. Dein Vater hat es dir immer gesagt: Leg dich nicht mit Leuten an die stärker sind als du. Damit meinte er auch, du sollst denen nicht auffallen. Warum musst du immer so neugierig sein? Dieser verfluchte Ritter - “
    „Mama!“, schrie Jinna. „Er konnte nichts dafür, es war meine Schuld. Ich wollte nicht mit ihm mitkommen, er konnte doch nicht ohne mich gehen!“
    Ihre Mutter ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. „Pack deine Sachen“, sagte sie zu Karim.
    „Ich will da nicht hin“, flüsterte er.
    „Du gehst da auch nicht hin“, sagte seine Mutter. „Der Kerl hat kein Recht dich mitzunehmen, wir sind hier immer noch im Dritten Königreich und nicht im Dreizehnten.“
    Karim wusste was sie meinte. Das Land westlich des Großen Gebirges war aufgeteilt in zwölf Königreiche, auch wenn sie diese Bezeichnung eigentlich nicht verdienten, da alle zwölf Königreiche nur einen Herrscher hatten, den Großkönig. Sie hatten allerdings jeweils einen Verwalter, einen sogenannten Despriten, der für grundsätzliche Regierungsfragen zuständig war, zum Beispiel für Steuer- und Rechtsfragen und für die innere Sicherheit. Jakarestadt lag im Dritten Königreich, das hieß, dass der Dritte Desprit des Königs für sie zuständig war. Die Grünen Ritter gehörten zur Dreizehnten Armee und hatten westlich des Großen Gebirges überhaupt nichts zu suchen. Leider störte sie das nicht groß, es hinderte sie nicht daran, die Menschen hier zu tyrannisieren und in ganzen Bataillonen durch das Land zu ziehen und Menschen für die Arbeit in ihren Minen und in ihrer Armee zu suchen. Es war ihnen verboten, dieses Land überhaupt zu betreten, aber niemand hinderte sie daran. Prinzipiell waren sie durchaus in der Lage Karim einfach mitzunehmen und dieser wusste nicht, wie seine Mutter sie daran hindern wollte.
    „Du wirst dich verstecken bis ich die Lage geklärt habe“, sagte sie. „Frag Bauer Jonathan ob du eine Weile bei ihm schlafen kannst, er wird Verständnis dafür haben. Und du nimmst Jinna mit, bevor der Ritter auf die Idee kommt sie an deiner Stelle mitzunehmen.“
    „Was ist, wenn er dich mitnimmt?“, fragte Karim.
    „Blödsinn, außerdem muss ich den Despriten benachrichtigen.“
    „Was ist wenn es ihn nicht interessiert?“ Er meinte den Despriten. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass der jemals etwas gegen Dreizehns Leute getan hatte.
    „Karim, sieh zu, dass du deine Sachen gepackt kriegst. Und du auch Jinna. Ich mach euch Esspakete für die Reise fertig.“
    Eine Stunde später hatte jeder von ihnen einen Rucksack mit Kleidung und Nahrungsmitteln gepackt. Außerdem hatten sie Schlafsäcke und noch einige andere Dinge dabei.
    „Das Essen reicht für drei bis vier Tage“, sagte ihre Mutter zum Abschied. „Ich kann Bauer Jonathan schließlich nicht zumuten euch auch noch zu versorgen. Ich werde euch Aura schicken, wenn ihr wieder kommen könnt. Sollte das in drei Tagen noch nicht der Fall sein geht ihr zu Onkel Theo. Und denk dran Karim, du bist für Jinna verantwortlich.“
    Aura war ihre Brieftaube und Jinna hatte ihr antrainiert, immer zu ihr zu fliegen. Allerdings hatte es bis jetzt nur innerhalb des Dorfes geklappt, eine Taube war doch kein Hund und Jinna war kein Taubenschlag, wie sollte sie sie finden? Karim zuckte mit den Schultern, er hatte mit Sicherheit keine Lust, jetzt darüber zu streiten.
    Mittlerweile goss es in Strömen, aber sie konnten nicht länger warten. Sie wussten ja nicht, wie früh der Ritter am nächsten Morgen kommen wollte, deshalb mussten sie schon abends zu Bauer Jonathan. Sie gingen die Straße entlang durch die kleine Stadt. Karim sah sich immer wieder unruhig um, ob jemand sie sehen konnte, doch die Stadt war ruhig, die meisten Menschen machten es sich bei diesem Wetter im Wohnzimmer oder in der Küche gemütlich. Mittlerweile war das Gewitter ganz nah, aber Karim hatte keine Angst. Jinna dagegen zuckte bei jedem Blitz zusammen und bei den Donnern klammerte sie sich ängstlich an Karims Hand.
    Sie verließen die Stadt und gingen in Richtung des Hofs von Bauer Jonathan. Karim kannte den Weg auswendig, er hätte ihn mit verbundenen Augen finden können. Aber noch nie zuvor war er ihn bei solch einem Wetter gegangen. Auch ihm wurde das Unwetter nämlich langsam unheimlich und er beschleunigte seine Schritte um schneller voranzukommen. Man konnte kaum noch etwas sehen vor lauter Regen. Immer wieder zuckten Blitze über den Himmel und blendeten sie.
    Dann tauchte vor ihnen plötzlich ein großer Schatten auf. Instinktiv duckten die Geschwister sich in den Straßengraben. Er war voller Wasser und wenn sie vorher nass gewesen waren, so waren sie jetzt durchtränkt. Sie hörten Hufe Klappern und sahen etwas großes an ihnen vorbei jagen.
    „Das war bestimmt der Ritter“, sagte Jinna.
    Karim zog sie schweigend aus dem Graben. Er schüttelte sich das Wasser aus dem Kleidern und ging weiter. Jinna hielt er fest an der Hand. Um jeden Preis würde er sie beschützen.
    Er musste es zugeben, sie hatten sich in gewaltige Schwierigkeiten manövriert. Und er verfluchte den Moment, als sie bei dem Ochsenwagen stehen geblieben waren.

    Endlich konnten sie in der Ferne die Lichter von Bauer Jonathans Hof sehen. Als sie ihn betraten kamen die Hunde des Bauern wütend bellend auf sie zu gerannt. Jinna versteckte sich ängstlich hinter Karims Rücken. Die Hunde kannten ihn und würden ihn nicht beißen. Hoffte er zumindestens. Er hatte Recht, die Hunde sprangen zwar an ihnen beiden hoch, taten ihnen aber nichts sondern schlabberten nur ihre Gesichter ab. Jinna lachte und strich ihnen über das Fell. Plötzlich schlug die Tür zum Haus auf und Bauer Jonathan stürmte aus dem Haus.
    „Schert euch zum Teufel, verfluchtes Pack!“, schrie er. Die Geschwister erstarrten. Der Bauer hatte eine riesige Sense drohend auf die beiden gerichtet und sein Gesicht war ärgerlich verzerrt. Ein Blitz erleuchtete die Szene und Karim hatte den Eindruck, vor einem Totengott zu stehen. Die Leute im Süden glaubten an solche Götter.
    „Hier ist Karim“, rief Karim.
    „Karim?“ Der Bauer hörte sich erleichtert an aber er senkte die Sense nicht. „Und wer ist der andere?“
    „Meine Schwester Jinna“, antwortete Karim.
    „Kommt mal ins Licht“, sagte der Bauer. Karim und Jinna gingen ein paar Schritte vor und endlich senkte Bauer Jonathan die Sense.
    „Können wir reinkommen?“, fragte Karim.
    „Ja aber macht schnell, hier in der Nähe treibt sich eine brutale Räuberbande herum. Haben hier schon 'ne Menge Schaden angerichtet.“
    Räuberbanden waren in der Gegend keine Seltenheit, das wusste Karim aber sie trauten sich selten ins Dorf. Bauer Jonathan wies sie herein und spähte beunruhigt auf den Hof. Dann schloss er die Tür und sicherte sie mit einer Kette. Die Sense hing er an einen Haken an der Wand.
    „Jonathan was ist los?“, fragte eine besorgte Frauenstimme hinter ihnen. Karim und Jinna drehten sich um. Jonathans Frau stand im Türrahmen zur Küche. Karim hatte sie schon oft gesehen. Dajana die Schöne, wie sie in der Stadt genannt wurde. Schön war sie wirklich, mit ihren langen blonden Haaren, dem weichen Gesicht und ihrer schlanken Gestalt. Und sie hatte etwas an sich das jeden dazu brachte, sich bei ihr geborgen zu fühlen.
    „Ach du meine Güte!“, rief sie erschrocken, als sie Karim und Jinna auf der Türmatte stehen sah, frierend und tropfnass.
    Karim blickte schuldbewusst auf den Boden zu seinen Füßen, auf dem sich eine große Wasserlache gebildet hatte. Dajana verschwand und kam einen Moment später mit weichen Handtüchern wieder.
    „Ich habe leider nicht genug warmes Wasser im Haus, dass ihr baden könntet, aber ich mache euch einen heißen Tee. Jonathan, schau mal, ob du noch ein paar alte Sachen von Figo hast; wir können die Kinder doch nicht in den Klamotten lassen.“
    Bauer Jonathan fand noch etwas das beiden passte, auch wenn Jinna in den Jungenkleidern etwas befremdlich wirkte. Als sie in die Küche kamen standen auf dem Tisch zwei große, dampfende Becher Tee und im Kamin knisterte ein Feuer.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dinteyra (1. Juli 2014 um 22:03)

  • :thumbsup: Trotz der besonderen Vorkommnisse bringst du eine Alltäglichkeit in die Dialoge und Handlungen herein, die der Geschichte einen sehr lebendigen, realen Anstrich geben! Kopfkino in HD sozusagen.

    Ihre Mutter ging ins Haus und schloss leise die Tür. Eine einzelne Träne rann ihr über die Wange.


    In den zweiten Satz würde ich ein "dabei" einfügen, denn so liest es sich, als würde die Träne erst nach dem Schließen der Türe rollen - und das könnte Jinna nicht sehen.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • :thumbsup:

    Ich hab nur eine Sache gefunden, du schreibst wirklich sehr sehr gut und sicher.

    Sie verließen die Stadt und gingen in Richtung des Hofs von Bauer Jonathan. Karim kannte den Weg auswendig, er hätte ihn mit verbundenen Augen finden können. Auch ihm wurde das Wetter langsam unheimlich und er beschleunigte seine Schritte um schneller anzukommen. Plötzlich kam ihnen ein Reiter auf einem schwarzen Pferd entgegen. Karim und Jinna fühlten sich unwillkürlich an den Grünen Ritter erinnert und duckten sich in den Straßengraben. Er war voller Wasser und als sie wieder herauskletterten waren sie noch nasser als sie es sowieso schon gewesen waren.

    Diese Stelle finde ich etwas gerafft. Mit dem Abschnitt willst du natürlich die Atmosphäre intensivieren, aber durch die Kürze wirkt es etwas lieblos, das könntest du meiner Meinung nach noch etwas ausformulieren und auf Karims oder Jinnas Gefühle eingehen.

    Aber ansonsten ist der Text super geschrieben :thumbsup: Die Geschichte kommt in Fahrt, es wird alles bedrohlicher und die Lage ernster. Du baust die Spannung geschickt auf :thumbup:

    PS: Warum grollt eigentlich immer überall Donner, wenn die unheilvolle Nachricht verlautet wird? :D
    Notiz an mich ... das bedrohliche Donnern nicht vergessen ^^

  • Verfolgt


    Das Auto brauste weiter durch die dunkle Landschaft. Irgendwann hielt Tabea vor einer Bäckerei und kaufte ein paar Brötchen, die sie und Maja auf der Fahrt aßen. Maja hatte Tabea gebeten, sie in diese andere Welt zu bringen. Die schwarzgekleideten Männer jagten sie, weil sie eine Kamiraen war und die Männer die Feinde der Kamiraen. Aber Maja hatte sich das schließlich nicht ausgesucht, sicher würden die anderen Kamiraen das richtig stellen. Vorausgesetzt Tabea hatte ihr nicht eine riesengroße Lüge erzählt.
    Diese hatte Majas Wunsch sofort zugestimmt und seitdem fuhren sie stetig nach Norden. Im Osten wurde es schon langsam hell, als sie auf eine schmale Waldstraße abbogen.
    „In einer halben Stunde fahren wir auf eine Autobahn“, sagte Tabea. „Unsere Verfolger müssten wir dann endgültig abgehängt haben und von da an wird es schneller vorangehen. Dann müssten wir eigentlich gut zum Weltentor durchkommen.“
    „Wo müssen wir überhaupt hin?“, fragte Maja. „Wo ist dieses Tor?“
    „Norwegen“, antwortete Tabea. „Es ist unsere erste Wahl. Man kann es in beide Richtungen benutzen und in der Welt ohne Namen ist es von dort nicht weit bis zur Stadt der Kamiraen. Nur ein paar Tagesritte.“
    „Gibt es dort keine Autos?“, fragte Maja, obwohl sie die Antwort zu kennen glaubte. Bei dem Gedanken an einen mehrtägigen Ritt zog sich ihr Magen zusammen. Sie konnte gar nicht reiten.
    „Nein“, sagte Tabea, „so bequem wie wir haben es die Menschen dort nicht. Sie haben keine Autos und keinen Strom und nur an wenigen Orten gibt es fließendes Wasser. Aber sie haben auch keine Umweltprobleme. Viele Eingeweihte verlassen diese Welt um dort ein sorgenfreies Leben zu führen. Aber dabei vergessen sie eines: Den Bewohnern der Welt ohne Namen mögen unsere Probleme fremd sein, aber dafür haben sie eigene. Sie müssen sich mit wilden Tieren und der Ernte herumplagen und all das ohne die Hilfe von Technologie. Und wenn das so weiter geht, das sehe ich kommen, dann kommen noch ein Krieg und das damit verbundene Elend hinzu. Noch herrscht Friede, Freude, Eierkuchen bei ihnen aber am Horizont türmen sich bereits die dunklen Wolken der Unterdrückung auf.“
    Maja wollte fragen, um was für Wolken der Unterdrückung es sich handelte, aber sie kam nicht dazu.
    „Scheiße!“ Tabea fluchte so laut, dass das Mädchen erschrocken zusammenzuckte. „Wir werden verfolgt“, erklärte sie und deutete in den Rückspiegel. Dann trat sie aufs Gaspedal. Maja blickte in den Spiegel: Hinter ihnen fuhr ein großes, schwarzes Auto, mit ausgeschalteten Scheinwerfern.
    Die Scheinwerfer von Tabeas Auto waren schon seit einiger Zeit wieder an. Jetzt schaltete Tabea sie erneut aus. Als ob das etwas bringen würde, dachte Maja. Die Leute in dem schwarzen Wagen würden sie bestimmt nicht aus den Augen verlieren und jetzt wussten sie, dass Tabea und Maja sie bemerkt hatten. Außerdem hatte Maja Angst, dass Tabea sie direkt vor einen Baum lenkte.
    Sie drehte sich um und sah die Feinde jetzt durch die Heckscheibe. Ihre Finger schlossen sich angstvoll umeinander.
    „Die werden uns platt machen!“, sagte sie mit unnatürlich hoher Stimme. „Die werden uns anhalten und erschießen, oder sonst was mit uns machen.“ Sie wusste selbst nicht, wie sie auf diese dunklen Gedanken kam.
    „Werden sie nicht“, entgegnete Tabea. „Um uns anzuhalten müssten sie vor uns kommen und das geht auf dieser schmalen Straße nicht.“ Sie deutete auf die dicken Baumstämme, die die Straße säumten und ein Überholmanöver tatsächlich unmöglich machten, besonders wenn Tabea so mittig wie möglich fuhr.
    Maja kaute nervös auf ihren Fingernägeln herum. Das Auto der Verfolger kam immer näher, sie konnte sehen, wer am Steuer saß. Es war die Frau. Maja drehte sich zu Tabea um. „Sie wollen uns rammen!“
    Tabea warf einen prüfenden Blick in den Seitenspiegel. „Wohl eher nicht. Ich glaube nicht dass unsere Verfolger einen Blechschaden riskieren, wenn sie viel einfacher warten können, bis wir auf eine breitere Straße kommen und sie uns überholen können. Dann werden sie uns anhalten. Was das erschießen angeht“, fügte sie schmunzelnd hinzu, „da würde ich nicht drauf wetten. Die Schwarze Garde trägt keine Schusswaffen, sie legt Wert auf Traditionen.“
    „Traditionen?“, rief Maja verwirrt und verärgert, weil Tabea in dieser Situation noch Zeit zum Schmunzeln und für dumme Sprüche fand. Doch diese erklärte es nicht weiter. „Und was sollen wir jetzt tun?“
    Tabea brummte etwas Unverständliches, dann sagte sie: „Die Frage ist nicht, was wir tun sollen, sondern, was wir noch tun können. Und das ist leider nicht viel, eigentlich so gut wie nichts. Wenn kein Wunder passiert, war unsere Flucht umsonst.“
    „Warum hilfst du mir?“, fragte Maja plötzlich.
    „Was?“ Tabea schien irritiert.
    „Warum hilfst du mir?“, wiederholte Maja ihre Frage. „Ich meine, du gerätst doch dadurch selbst in große Gefahr.“
    „Maja, ich hab dir doch das Amulett gegeben. Ich bin sozusagen dafür verantwortlich, dass du in Gefahr bist, also muss ich dir helfen.“
    „Aber du hast gesagt, du hättest gar nicht gewusst, dass diese Leute mich suchen würden und trotzdem warst du da als sie kamen. Das kann doch kein Zufall gewesen sein.“
    „Nein, das war kein Zufall“, gab Tabea zu. „Meine Aufgabe war es, dir das Amulett zu geben und ein bisschen darauf zu achten, dass du keinen Blödsinn damit anstellst.“
    „Du hast mich das ganze letzte Jahr über beschattet?“, rief Maja wütend. Sie konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man sie beobachtete, sei es, um sie zu beschützen oder nicht.
    „Es war meine Aufgabe, nichts Persönliches.“
    Majas Blick verdunkelte sich und sie wandte sich ab.

    Die Straßen wurden zunehmend schmaler und kurviger. Tabea bog in einer nicht nachvollziehbaren Weise immer wieder ab. Zwei oder drei Mal startete das Auto hinter ihnen ein gewagtes Überholmanöver, aber Tabea rauschte sofort in die Mitte der Straße und blockierte den Weg. Mit der Zeit fiel das feindliche Auto ein wenig zurück. Anscheinend glaubten die Verfolger so oder so nicht daran, dass Maja und Tabea ihnen noch entkommen konnten. In den Kurven verlor Maja den schwarzen Wagen immer wieder aus den Augen. Mit Spannung beobachtete sie, wie er wieder und wieder hinter den Bäumen verschwand und ein Kribbeln kroch ihren Nacken hinauf. Sie war noch nie verfolgt worden.
    Die Zeit raste voran und die Straße wollte kein Ende nehmen. Und dann fiel ihr noch etwas anderes auf:
    „Die Tanknadel“, sagte sie.
    „Ich weiß“, antwortete Tabea. „Wir haben nicht mehr lange.“
    „Warum hast du nicht getankt?“, rief Maja vorwurfsvoll.
    „Ich wollte eigentlich schon längst auf der Autobahn sein. Ich fahre seit Ewigkeiten von einer schmalen Straße auf die nächste, damit sie uns nicht überholen können. Wir sind schon längst in einer völlig falschen Richtung unterwegs.“
    Maja lehnte den Kopf an die Lehne. Nervös beobachtete sie die Verfolger weiter im Spiegel. Sie hatte Angst. Richtige Angst.
    Plötzlich stupste Tabea sie an.
    „Hinter der nächsten Kurve springst du raus“, sagte sie bestimmt.
    „Was?“ Maja sah sie an, als wäre sie verrückt geworden. Oder immer schon gewesen. Das dachte sie jedenfalls.
    „Du springst raus, hinter der Kurve, wenn unsere Verfolger es nicht sehen. Es ist deine einzige Chance“, fügte sie hinzu, als sie Majas erschrockenes Gesicht sah. „Ich werde langsamer fahren, du wirst sehen, so gefährlich ist es nicht.“
    „So gefährlich ist es nicht?“, rief Maja entsetzt. „Siehst du die ganzen Bäume dort nicht? Ich werde gegen einen davon knallen und sterben.“
    „Du wirst nicht sterben, vertrau mir.“
    Maja machte keine Anstalten sich auf einen Sprung vorzubereiten. Es war ihr egal, was Tabea sagte, sie war doch nicht lebensmüde. Sie warf einen Blick auf die weißhaarige Frau. Diese saß am Steuer und konzentrierte sich auf die Straße. Hin und wieder warf sie hektische Blicke in den Seitenspiegel und unter ihrem weißen Haar zog sich die Stirn in Falten, als die Biegung von Maja unbeachtet vorbeizog.
    Maja überlegte, ob sie Tabea überhaupt trauen konnte. Die Geschichte der Welt ohne Namen klang so weit hergeholt. Vielleicht wollte Tabea, dass sie hier in den Tod sprang, ohne Spuren, ohne Zeugen. Vielleicht war diese ganze Flucht nur vorgespielt und Tabea gehörte in Wirklichkeit zu ihren Verfolgern. Wer spielte noch mit? Wem konnte Maja überhaupt noch trauen?
    „Hör zu Maja, da vorne kommt noch eine Biegung, hinter der wir es versuchen können“, sagte Tabea plötzlich. „Du musst springen, du kannst auf keinen Fall hier im Auto bleiben. Es heißt, wer einmal in die Hände der Schwarzen Garde gerät entkommt ihnen nicht. Und anhalten, damit du aussteigen kannst, kann ich auch nicht. Wir fahren zu schnell dafür, die da hinten würden es sofort merken. Aber ich verspreche dir, ich werde so langsam fahren wie nur irgendwie möglich.“
    Sie zog 80 Euro aus ihrer Geldbörse. „Davon kannst du dir in der nächsten Stadt etwas zum Essen und vor allen Dingen Anziehsachen kaufen. Kauf auf jeden Fall festes Schuhwerk. Mehr Geld hab ich leider nicht.“
    Maja blickte an sich herunter. Sie trug immer noch ihren Schlafanzug. Würde Tabea ihr Geld geben, wenn sie wollte, dass sie starb?
    Tabea sprach weiter:
    „Fahr mit dem Zug nach Arnsberg.“
    „Arnsberg? Ich dachte, wir wollen nach Norwegen.“
    „Ich habe Bekannte in Arnsberg, sie sind ebenfalls in das Geheimnis eingeweiht. Wende dich an Vladimir Theobald. Alte Straße 10. Er ist ein guter Freund von mir, ich werde dort auf dich warten. Es ist wichtig, dass wir uns erst dort treffen, um unsere Spuren zu verwischen. Ansonsten würde ich einen näher liegenden Treffpunkt wählen. Ich werde eine Woche in Arnsberg warten, bis dahin müsstest du es locker schaffen, selbst wenn du gegen die größten Widrigkeiten anzukämpfen hättest und zu Fuß gehen müsstest. Und geh bitte auf keinen Fall nach Hause zurück, sie würden dich dort sofort finden. Also: Vladimir Theobald, Alte Straße 10. Merk dir das.“
    Maja schüttelte verwirrt den Kopf. Das hier war doch alles kaum zu fassen. Doch dann seufzte sie und prägte sich den Namen und die Adresse gut ein.
    „Das Amulett wird dich schützen“, sagte Tabea.
    Maja blickte auf das Amulett. Es blinkte im Mondlicht, als wollte es sagen: „Nur Mut, Maja, du schaffst das.“
    Sie schnallte sich aus und sah auf die Kurve, die unaufhaltsam auf sie zuraste. Sie war noch nie aus einem Auto gesprungen (warum sollte sie auch) und hatte keine Ahnung wie sie es anstellen sollte. Wahrscheinlich war es am besten, sie sprang so weit wie möglich vom Auto weg, aber da waren die Bäume und ein steiler Abhang. Sie durfte aber auf keinen Fall auf der Straße liegen bleiben, dort würde man sie sofort entdecken oder überfahren.
    Das Auto fuhr um die Kurve und wurde langsamer. Maja machte sich zum Sprung bereit, wobei sie Mühe hatte, sich auf dem Sitz zu halten. Obwohl Tabea nicht allzu scharf bremste drückte es sie fast gegen das Armaturenbrett.
    „Jetzt!“, rief Tabea, als die Geschwindigkeit unter 30 km/h gefallen war. Maja stieß die Tür auf, eine Windböe blähte hinein und zerrte an ihr. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich muss verrückt sein, dachte sie und grinste. Dann sprang sie.
    Der Aufschlag presste alle Luft aus ihr heraus und nahm ihr den Atem. Sie war im weichen Laub zwischen den Bäumen gelandet, das ihr aber im Augenblick alles andere als weich vorkam. Sie scheuerte etwa vier Meter weit über den Boden, dann kullerte sie den Abhang hinunter. Abwechselnd sah sie Bäume und Laub, verzweifelt versuchte sie, sich irgendwo festzuhalten, aber ihre Hände griffen ins Leere, dann versuchte sie mit den Armen ihren Kopf zu schützen. Ihr wurde schlecht, als sie endlich glaubte, sich wieder langsamer zu drehen, dann knallte sie mit dem Körper gegen etwas Hartes.
    Nicht zur Nachahmung empfohlen, dachte sie noch, bevor sie das Bewusstsein verlor.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (2. Juli 2014 um 23:34)