Eine Welt ohne Namen - Die 1. Reise

Es gibt 263 Antworten in diesem Thema, welches 76.600 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. November 2023 um 19:13) ist von Rainbow.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Feodor schien seinen Meister zu verehren, aber für eine Respektperson redete er reichlich merkwürdig mit ihm.

    Respektsperson

    Also ich kann mich nicht beschweren, meine Fragen wurden einigermaßen beantwortet. :D Und der Rest ist nicht schlimm, sonst wäre es ja langweilig, wenn man schon alles wüsste :D
    Ich muss sagen, ich leide etwas mit Karim und Jinna mit. Da sind die zwei so nahe an ihrer Mutter und wissen sogar, dass sie da war, aber befreien können sie sie trotzdem nicht. ;( Zudem muss ich sagen, dass ich nie damit gerechnet hätte, dass Matthias so unvorsichtig ist und sich auf den Weg macht, um diesen Schwarzmagier umzubringen...
    Da bin ich mal gespannt, was da raus kommt :S

    LG, Kyelia

  • Kyelia: Danke für den Kommi. Ja, Matthias kann einen schon überraschen. Und nicht immer im positiven Sinne. :S
    Dieser Teil ist etwas länger , aber der nächste kommt dann erst am Montag- oder Dienstagabend. Wenn ihr es also nicht mögt, wenn es spannend aufhört, dann lest ihn besser etwas später.


    Ein vertrauter Ruf


    Matthias rannte so schnell er konnte. Es kostete ihn eine Menge Kraft, das Schwert festzuhalten und gleichzeitig zu laufen, aber er blieb erst stehen als er sicher war, dass ihm niemand folgte, und versteckte sich in einer Wandnische. Matthias verehrte Meister Wolf, seit dieser ihm einst das Lesen und Schreiben beigebracht hatte, trotzdem musste er sich jetzt seinem Willen widersetzen. Denn dass der Zauberer nun hier war, bedeutete zweierlei: erstens natürlich ihre Rettung, aber andererseits bedeutete es auch, dass ihr Unternehmen gescheitert war. Dass sie Hunderte von Kilometern umsonst zurückgelegt hatten und das konnte er einfach nicht akzeptieren. Vielleicht konnte Maja es akzeptieren, Jinna und Karim vielleicht auch, aber er konnte es nicht. So viele Hoffnungen hatte er an diese Reise geknüpft. Sie aufzugeben bedeutete für ihn, sich selbst aufzugeben. Eine zweite Chance würde es nicht geben.
    Die ganze Nacht schon hatte er gespürt, dass das, was er suchte, ganz nah war. Was er verloren hatte wollte nun zu ihm zurück und es rief ihn. Er hatte noch etwas zu erledigen und er konnte nicht vorher gehen.
    Er folgte dem vertrauten Ruf und ließ sich von ihm leiten. Zielstrebig schritt er voran. Er hatte eine besondere Gabe: sprachlich mit Stummheit geschlagen war er auch in seiner Fortbewegungsweise fast lautlos. Ungesehen und ungehört huschte er wie ein Schatten durch das große Gebäude und drang immer tiefer in es ein. Er begegnete Menschen, aber sie beachteten ihn nicht. Leise wie ein Mäuschen huschte er von Flur zu Flur, von Tür zu Tür, von Mauernische zu Mauernische. Gelangte immer tiefer in die Burg hinein und entfernte sich immer weiter von der Erdoberfläche. Er war auf dem Weg zu einem der Türme. Je höher er stieg um so deutlicher spürte er das, was man ihm einst genommen hatte.
    Sein Herz klopfte lauter, je weiter er kam. Mehr Menschen kamen ihm entgegen und manchmal konnte er sich gerade noch vor ihnen verstecken. Dann stand er vor einer schweren, mit schwarzem Samt überzogenen Holztür. Er drückte die Klinke herunter und zu seiner großen Erleichterung ließ sie sich öffnen. Er hatte befürchtet, dass er vielleicht auf einen Zauber treffen würde, der ihm das Eintreten verwehren würde, aber nichts geschah. Trotzdem merkte er beim Übertreten der Schwelle sofort, dass er hier richtig war. Zum einen spürte er die Nähe eines lange vermissten Teils von ihm. Zum anderen sah dieser Raum so eindeutig nach Zauberer aus, dass man es nicht übersehen konnte. Anders als bei Meister Wolf, der seine Hütte mit seinen Erfindungen und mit Andenken an verschiedene Reisen geschmückt hatte, aber doch eindeutig nach Zauberer.
    Als erstes fiel Matthias die Decke auf. Sie war hoch, gewölbeartig und schwarz, mit leuchtend weißen Sternen versehen - Ein detailgetreues Abbild des nächtlichen Sternenhimmels. Das Zimmer war fast rund und auf allen Seiten hatte es Fenster, die mit schweren schwarzen Vorhängen behangen waren. Außerdem gab es Tische, Schränke und Stühle aus dunklem Holz, alte Bücher reihten sich in Regalen aneinander und in einer hohen Vitrine verstaubten zahlreiche Gefäße und merkwürdig geformte Kerzen. Auch an den Wänden hingen Kerzen in eisernen Haltern. Sie waren angezündet und tauchten den Raum in ein unheimliches, flackerndes Licht. Es ließ Schatten über das Gesicht des Jungen huschen, während er sich vorsichtig umsah – erst den Tisch, auf dem ein frisch beschriebenes Blatt Papier lag und ein großes geöffnetes Tintenfass sowie ein Käfig voller merkwürdiger Geschöpfe standen, und dann die kleine Tür auf der anderen Seite des Raumes in Augenschein nahm. Er spitzte die Ohren und versuchte zu erkennen, ob hinter der Tür vielleicht jemand war, aber er konnte nichts hören. Offenbar war der Schwarzmagier nicht hier.
    Interessiert ging Matthias zum Schreibtisch und betrachtete das beschriebene Blatt. Es war ein Brief. Die Schrift war ordentlich und reich verziert, Matthias kannte diese Schrift. Die meisten Menschen schrieben so und die meisten bildeten sich unglaublich viel auf ihre Schreibkünste ein. Er musste an Majas Gekrakel denken und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Plötzlich bewegte sich die Türklinke der zweiten Tür. Sie wurde von der anderen Seite heruntergedrückt und die Tür flog auf. Matthias ließ sich fallen und rollte sich unter den Tisch, dabei hätte er sich beinahe noch an der scharfen Schwertklinge verletzt. Er machte sich so klein wie möglich und verharrte reglos, lauschend.
    Hinein kamen zwei Leute: ein Mann den Matthias sofort als den Schwarzmagier identifizierte und eine Frau deren Gesicht keinerlei Ausdruck zeigte.
    Der Magier durchquerte der Raum und hielt ihr die andere Tür, die Eingangstür seiner Wohnung auf. Doch als sie an ihm vorbeigehen wollte packte er sie am Arm. „Ich muss noch einmal fragen, Soprea. Bist du dir ganz sicher?“
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich für eine Zehntelsekunde und wurde verachtend, dann hatte sie sich wieder im Griff. „Er ist in der Burg, vertrau mir.“
    „Dann werde ich ihn finden. Aber zuvor muss ich mich hier noch um etwas kümmern.“ Er ließ sie los und schloss die Tür hinter ihr. Dann drehte er sich um. „Du kannst ruhig rauskommen, ich weiß, dass du hier bist. Oder dachtest du, du könntest dich vor mir verstecken?“
    Matthias atmete tief durch und kroch vorsichtig unter seinem Tisch hervor. Er ließ seinen Gegner dabei nicht aus den Augen. Der Schwarzmagier war ziemlich groß und hatte dunkles, langes Haar, das er im Nacken zu einem dünnen Zopf zusammengebunden hatte. Kleiden tat er sich schwarz und wallend und vor seiner Brust hing eine Art Latz mit blutrotem Rand. Natürlich war Matthias klar gewesen, dass sein Versteck nicht lange halten würde, aber er war schließlich auch nicht hier, um sich zu verstecken. Der Schwarzmagier musterte ihn von Kopf bis Fuß, nicht ohne Interesse.
    „Wer bist du denn?“, fragte er schließlich. Er hatte einen eigenartigen Akzent, irgendwie hörte er sich an, als wollte er seine Worte verschlucken, bevor er sie aussprach. „Und was willst du hier?“
    Matthias hätte ihm liebend gerne geantwortet und seine Rache mit einer gesalzenen Rede ausgeschmückt. Er hätte dem Schwarzmagier erzählt, wer er war, dass sie sich schon einmal begegnet waren und dass er hier war um seine Eltern zu rächen. Und seine Schwester. Und er hätte ihn aufgefordert, ihm seine Stimme zurückzugeben. Aber er konnte nur schweigen und den Griff seines Schwertes umklammern. Der Schweiß rann ihm über die Hände und machte sie rutschig.
    Der Magier sah, wie er seinen Griff verstärkte, und betrachtete abschätzend die Waffe und den kleinen Jungen, der sie hielt.
    „Willst du mich umbringen?“ Er lächelte sanft. „Du bist doch höchstens elf. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Feinde so weit gehen würden, ein unschuldiges Kind zu schicken. Sie hätten sich denken können, dass das nicht funktioniert.“
    Matthias konnte ihn nur anblicken. Dass der Schwarzmagier nicht die kleinste Spur von Furcht zeigte, überraschte ihn wenig, aber es machte ihm Angst. Außerdem wurde er wütend. Der Schwarzmagier drehte seelenruhig den Schlüssel im Schloss herum und steckte ihn in seine Hosentasche.
    „Wer hat dich dazu angestiftet?“, fragte er. Immer noch klang seine Stimme ruhig, fast lässig. Matthias merkte, dass er nicht ernst genommen wurde.
    „Offenbar hat er dir eine harte Strafe angedroht, wenn du ihn verrätst“, fuhr der Schwarzmagier fort. „Aber dir muss doch klar sein, dass ich dich töten werde, wenn du es mir nicht sagst.“ Er zog den Schlüssel wieder aus der Hosentasche und ließ ihn vor Matthias Augen hin und her baumeln. „Mir liegt nichts daran, Kinder zu ermorden. Sag mir den Namen, dann lasse ich dich raus. Du kannst gehen, wohin du willst.“
    Matthias umklammerte das Schwert noch fester. Er wusste, dass er jetzt angreifen musste, wenn er das wollte, aber er konnte sich nicht dazu durchringen.
    „Bist du blöd oder was?“, brüllte der Magier plötzlich so laut, dass Matthias zusammenzuckte. Offenbar regte ihn diese sehr einseitige Diskussion fürchterlich auf. Matthias blinzelte verwirrt, aber irgendwie genoss er die Wut seines Gegenübers auch. Dass er diesen zu Weißglut bringen konnte, indem er einfach bloß vor ihm stand, erfüllte ihn mit Genugtuung. „Sag mal, willst du nicht sprechen oder kannst du nicht?“, fragte der Schwarzmagier weiter. „Bist du zu blöd zum Reden?“
    Jetzt wurde Matthias wütend und dieser Wut musste er Luft lassen. Mit einem stummen Schrei rammte er die Spitze des Schwertes in den Boden, ließ es auf die langen Holzdielen krachen und stampfte dabei mit dem Fuß auf. Über das Gesicht des Magiers huschte ein flüchtiges Lächeln und im selben Augenblick ertönte aus dem Nebenzimmer ein langgezogener, klagender Wehlaut. Matthias sah erschrocken auf, denn der Ton löste ein seltsames Gefühl in ihm aus. Auch der Schwarzmagier reagierte darauf. Er blickte einen Moment auf die Tür, die diesen Raum von dem anderen trennte, dann sah er wieder Matthias an und ein Ausdruck des Erkennens trat in seine Augen, zuerst überschattet von Zweifel, doch dann klar und sicher.
    „Bleib hier“, sagte er, ging an Matthias vorbei durch die Tür und verschwand.
    Matthias atmete tief durch. Die schweren Vorhänge kräuselten sich leicht und die Papierstapel auf dem Tisch raschelten. Er hatte schreckliche Angst; er wollte nur noch weg. Ihm war klar geworden, dass es dumm war, hier zu sein, es war töricht gewesen überhaupt herzukommen, in dem Glauben, etwas ausrichten zu können. Er starrte ängstlich auf die Tür und erwartete, dass der Schwarzmagier jeden Augenblick hereinkommen könnte. Aber er kam nicht. Matthias lief zu der mit Samt beschlagenen Außentür und zog an ihr, doch sie ging nicht auf. Natürlich nicht, denn der Magier hatte sie abgeschlossen. Matthias saß in der Falle. Er hätte bei Meister Wolf bleiben sollen.
    Die andere Tür ging auf und der Magier kam wieder herein. In der Hand hielt er nun ein kleines, silbernes Amulett an einer Kette.
    „Ich kenne dich“, sagte er. „Du bist der kleine Junge, dem ich vor sechs Jahren die Stimme gestohlen habe. Ich finde es äußerst interessant, dass du nun vor mir stehst. Natürlich war mir klar, dass du mich eines Tages suchen würdest, aber ich hatte nie damit gerechnet, dass du mich tatsächlich finden würdest. Und schon gar nicht so früh.“
    Er warf Matthias das Amulett zu. Der Junge betrachtete es ratlos. Der Gegenstand kam ihm vertraut vor.
    „Das ist das, was du suchst. Häng es um.“
    Matthias zog sich zögernd die Kette über den Kopf. Was hatte der Schwarzmagier vor?
    „Und jetzt unterhalten wir uns“, sagte dieser. „Wie hast du es hierher geschafft? Es gelingt wahrhaftig nicht vielen Leuten in Andraya einzudringen und schon gar nicht in Fürst Dreizehns Burg.“
    Erst jetzt begriff Matthias, was der Magier ihm zugeworfen hatte.
    „Meine Stimme … “ Sie klang fremd und doch vertraut. Aber er hatte Mühe, die Worte zu formen – nach all der Zeit. Und trotzdem hallte sie durch den Raum, hell und klar. Matthias rannen Tränen über die Wangen. So lange Zeit hatte er ohne sie leben müssen, so lange Wege auf sich genommen, um sie wieder zu bekommen. Und jetzt hatte er sie zurück. Er umklammerte das Amulett fest mit der rechten Hand.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (3. März 2015 um 11:05)

  • Zitat

    Er zog den Schlüssel wieder aus der Hosentasche und lies ihn vor Matthias Augen hin und her baumeln.


    ließ

    Ich lasse mich doch von einem Cliffhanger nicht vom Lesen abschrecken ;) Du warst fleißig in den letzten Tagen, dass ist gut, denn so konnte ich mir die lange Fahrtzeit heute zurück nach Hause versüßen ^^
    Matthias hat da wirklich ein wenig überstürzt gehandelt. Was mich so ein wenig wundert, ist, dass er genau den richtigen Schwarzmagier erwischt hat, und dass es der ist, den wir schon kennen. Anscheinend gibt es nicht so viele von denen. Das Verhalten des Magiers ist etwas merkwürdig, aber glaubwürdig. Ich bin es einfach nicht gewohnt, dass der Böse nicht überheblich sondern klug reagiert und keine Möglichkeit zur Informationssammlung ungenutzt lässt. Gut so! :thumbsup: Immerhin hat Matthias ein Magienegierendes Schwert bei sich, das sollte ihm helfen können, es wird gerade wirklich spannend :thumbsup:

    In Part 178 fand ich das Gespräch am Anfang etwas ping-pong-artig. Auch wenn Maja schläft und nichts sieht, kannst du dennoch vielleicht beschreiben, wie die Stimmen sprechen, wär aber auch nicht so schlimm wenn nicht, der Part ist schließlich kurz ^^

    Und dder Mann, den Maja gesehen hat, war Jimo Kandrajimo, und ich hab die ganze Zeit bei den Bösen Buben gesucht, wer es sein könnte :D

    Bin gespannt wie es weitergeht :thumbup:

    • Offizieller Beitrag

    Matthias hat den Magier also gefunden? Das muss aber schon ein großer Zufall gewesen sein, dass er bei der Größe des Schlosses ausgerechnet das Zimmer betritt, in dem der Magier lebt. Aber gut, man muss auch mal Glück haben im Leben. :D
    Sehr schön finde ich die Reaktion des Schwarzmagiers. Mal keiner von diesen, die gleich angreifen. :thumbup:
    Und Matthias hat seine Stimme wieder, also mehr oder weniger. Dann bin ich mal gespannt, worüber die beiden noch so reden werden. :whistling:
    LG, Kyelia

    • Offizieller Beitrag

    So, auch fast wieder aufgeholt. Nur mal für Zwischendurch. Die Entwicklungen sind gut :super:
    Außer dass Gnark nun fehlt, ich hab ihn auch vermisst, bevor er ging, abr es war abzusehen, dass er nicht den ganzen Weg gehen konnte, wie er es erwähnte, aber man hat gehofft, dass es doch anders kommt. Der Überfall auf den Bäcker hat selbst mich überrascht und 8| entsetzt, war wohl wirklich nicht der beste Einfall.
    Ansonsten kann ich mich nur meinen Vorrednern anschließen ^^
    Mach weiter so :D

  • Da merkt man wieder, wie hilfreich dieses Forum sein kann. Dass Matthias den Schwarzmagier auf Anhieb gefunden hat, war in der Tat kein Zufall. Seine verlorene Stimme ruft ihn und leitet ihn. Immerhin war sie einst ein Teil von ihm. Ich habe selbst nicht gemerkt, dass man das nicht versteht, wenn man den Part liest, deshalb habe ich ihn jetzt noch um ein paar Sätze ergänzt. Ich hoffe, dass es jetzt deutlicher wird.
    Alle vermissen Gnark und ich fange schon an, ihn selber zu vermissen. ;(
    Alopex Lagopus: Woher willst du wissen, dass es der Schwarzmagier ist, den wir schon kennen? Hab ich das geschrieben? Wenn ja, kann ich mich selbst nicht an die Stelle erinnern.


    Die Stimme des Rächers

    „Warum … wa … warum habt Ihr mir meine Stimme gestohlen?“, stotterte er.
    „Das müsstest du eigentlich wissen. Erinnerst du dich nicht mehr?“
    Doch, Matthias erinnerte sich. Die Angst, der Zorn, der Schrei und dann der Windstoß, der durch das Zimmer gefahren war - oder war es kein Windstoß gewesen? - die zerbrechenden Fensterscheiben. Es war seine Stimme gewesen, die das ausgelöst hatte.
    „Aber warum seid Ihr überhaupt gekommen?“, fragte er. „Warum habt Ihr … meine Eltern ermordet? Und meine Schwester?“
    Sein Gegenüber lachte leise. „Nun, sagen wir mal, ich mag es überhaupt nicht, wenn man mir gegenüber sein Versprechen nicht einhält, so wie dein Vater. Er schuldete mir etwas und da er nicht bereit war, es mir zu geben, wollte ich mir holen, was mir rechtmäßig zustand.“
    „Was?“
    „Dein Vater war ein Spieler. Er war süchtig nach allem wobei man etwas gewinnen konnte. Nur leider kann man beim Glückspiel auch verlieren und die Mehrheit der Menschen verliert mehr, als sie gewinnt. Dein Vater ging Abend um Abend in verruchte Kneipen und verspielte alles, was er besaß, als letztes sein Haus und dann seine Tochter.“
    „Nein!“, rief Matthias. „Das hätte er niemals getan.“
    Der Schwarzmagier fuhr unbeirrt fort: „Er hatte eine sehr hübsche Tochter und ich entschied mich, mitzuspielen. Natürlich gewann ich, doch als ich am nächsten Abend zu ihm kam, weigerte er sich, mir meinen Gewinn auszuzahlen. Ich ließ mich nicht einfach abwimmeln. Als er sich weigerte tötete ich ihn und seine Frau. Seine Tochter, deine Schwester, wie alt war sie? Fünfzehn? Sie war hübsch, aber eigentlich hatte ich nur um sie gespielt, um ihrem Vater eine Lektion zu erteilen. Sie war mir nichts wert und ich beschloss, die ganze Familie zu töten. Sie starb – und dann kamst du. Du hast mich wirklich überrascht. Wie konnte ein so kleines Kind mit seiner Stimme einen solchen Schaden anrichten? Als du schriest bekam ich fürchterliche Kopfschmerzen und sicher hättest du mich getötet, wenn du ein wenig älter gewesen wärst. Aber ich habe es überlebt und beschlossen mir deine Waffe anzueignen. Ich stahl dir deine Stimme und schloss sie in dem Amulett dort ein.“
    „Und warum habt Ihr mich danach nicht getötet?“, fragte Matthias. „Ihr hättet euch denken müssen, dass ich herkommen würde, um meine Familie zu rächen.“
    „Hätte ich das? Ich kann doch jetzt noch kaum glauben, dass du hier vor mir stehst. Andererseits finde ich es auch äußerst interessant, denn das bedeutet, dass das berüchtigte Abwehrsystem von Andraya überhaupt nicht so unüberwindlich ist, wie immer behauptet wird. Du musst mir unbedingt erzählen, wie du es hierher geschafft hast.“
    „Ich bin hier, um Euch zu töten und nicht um Euch Geschichten zu erzählen.“
    „Ach, red keinen Unsinn. Du bist vielleicht elf Jahre alt. Du könntest das Schwert dort nicht einmal anheben. Außerdem: glaubst du wirklich, man könne einen Schwarzmagier mit einer gewöhnlichen Waffe töten?“
    Der Magier ahnte anscheinend nicht, dass das Schwert aus Taroq und damit resistent gegen Magie war. Dennoch wusste Matthias, dass er es nicht schaffen würde. Er hatte einfach zu viel Angst.
    „Also, möchtest du noch etwas sagen, bevor ich mir meine Stimme zurückhole? Ich werde dich nicht töten. Ich habe dich damals nicht getötet, weil deine Stimme mit dir sterben würde und das würde sie auch heute noch tun. Allerdings sehe ich ein, dass es ein Fehler war, dich frei herumlaufen zu lassen. Du scheinst eine von den Personen zu sein, die geradezu kopflos durch die Welt rennen. Wenn ich bedenke, wie vielen Gefahren du ausgesetzt warst, während du hierher gereist bist. Ich hätte dich ja fast noch selber getötet. Nein, ich werde dafür sorgen, dass du sicher bist.“ Er streckte die Hand aus und Matthias wich zurück. „Und jetzt gib mir meine Stimme zurück.“
    „Das ist nicht Eure Stimme, sondern meine!“, brüllte Matthias. Ein Windstoß fuhr durch das Zimmer und wirbelte die Blätter auf dem Schreibtisch auf. Sie stiegen in die Luft und fielen auf den Schwarzmagier herab, gleichzeitig gingen alle Kerzen auf einmal aus.
    Matthias wich erschrocken noch weiter zurück. Jetzt würde der Magier seine schwarze Magie einsetzen. Aber Matthias würde seine Stimme nicht hergeben. Er würde nicht zulassen, dass der Zauberer damit Menschen verletzte. Auch sein Gegenüber wich zurück – starrte stumm auf die am Boden verteilten Papiere.
    „Faszinierend“, sagte er, „ich finde dein Stimmchen noch beeindruckender, wenn du es selbst anwendest. Leider lässt du dich wohl nicht dazu überreden, es für mich einzusetzen, oder?“
    „Nie im Leben“, zischte Matthias. Er war plötzlich ganz aufgewühlt. Die Kerzen waren nicht durch die Zauberkraft des Magiers erloschen, sondern durch ihn. Durch die Kraft seiner Stimme. Er hatte eine Waffe bekommen, die er besser nutzen konnte als das Schwert, mit der er sich verteidigen konnte, vielleicht sogar fliehen konnte. Denn an seine Rache dachte er schon lange nicht mehr, er wollte nur weg von hier. Und der Schwarzmagier hatte ihm wahrscheinlich selbst die Waffe dazu gegeben. Matthias holte tief Luft und schrie.
    Der Schrei hallte von den Wänden wieder und riss den Schwarzmagier von den Füßen. Die Vorhänge begannen zu flattern, die Bücher rutschten aus den Regalen und ein Stuhl wurde gegen die Wand gefegt. Matthias schrie lauter. Der Schreibtisch, der nun leer gefegt war, kippte mit einem ohrenbetäubenden Krachen um, Gesteinsbröckchen bröckelten von den Wänden und dann begannen die Fensterscheiben eine nach der anderen zu zerspringen. Schließlich fiel das Regal neben Matthias um und er konnte gerade noch zur Seite springen, bevor es ihn unter sich begraben konnte.
    Sein Schrei war verstummt – keuchend lag er auf der Erde. Im selben Moment sprach der Schwarzmagier ein Wort und die Kette des Amulettes riss. Es rutschte Matthias vom Hals und blieb auf der Erde liegen.
    Der Schwarzmagier grinste, ohne dabei vom Boden aufzustehen. „Wenn man zaubert, sollte man immer aufpassen, dass man sich dabei nicht selbst erledigt.“ Mit einer Handbewegung ließ er das Amulett durch den Raum in seine ausgestreckte Hand fliegen.
    Im selben Moment klopfte es. Matthias blickte irritiert zur Tür. Irgendwie hatte er ganz vergessen, dass es in dieser Burg auch noch andere Menschen gab und dass diese wahrscheinlich den Lärm gehört hatten und nun wissen wollten, was passiert war.
    Der Schwarzmagier stand auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung. „Mach die Tür auf“, sagte er zu Matthias und warf ihm den Schlüssel zu.

    • Offizieller Beitrag

    Fieser Cliffhanger ;)
    Matthias kann einem echt leid tun. So etwas hört man nicht gerne über seinen Vater. :S
    Aber die Kraft, die hinter seiner Stimme steckt, ist wirklich beachtlich. Schade, dass ihm das Amulett entrissen wurde.
    Den Magier hätte ich gerne in den Erdboden gerammt X(
    Die Dialoge sind wirklich gut und die Boshaftigkeit des Magiers kommt sehr gut rüber ...
    Jetzt stellt sich nur die Frage, wer da vor der Tür steht und wie Matthias das überlebt :cursing:

  • Woher willst du wissen, dass es der Schwarzmagier ist, den wir schon kennen? Hab ich das geschrieben? Wenn ja, kann ich mich selbst nicht an die Stelle erinnern.


    Jetzt wo du es sagst ... ich weiß es selber nicht, ich hab das einfach angenommen, weil er sich ähnlich wie der verhielt, der Feodor mitgenommen hat.

    Oha, Matthias verfügt also über ein ziemlich kräftiges Organ ^^ Jetzt muss er sich das Amulett wieder erkämpfen, wie gewonnen, so zeronnen. Wahrscheinlich ahnt der Schwarzmagier, dass er die Schlüssel nicht verwenden wird, um zu fliehen. Wirklich üble Situation. Schreib schnell weiter :stick:

    • Offizieller Beitrag

    Ein wirklich guter Teil. Da hatte Matthias seine Stimme wieder und im nächsten Moment war es das auch schon wieder. :S
    Anscheinend steckt aber eine ziemlich große Macht hinter seiner Stimme. :hmm: Aber ich würde sagen, nun steht erstmal Matthias Flucht an erster Stelle. Er weiß ja jetzt, wo er seine Stimme suchen muss und könnte jeder Zeit zurück kehren.
    Hoffentlich findet Matthias einen Weg, um aus dieser verzwickten Lage heraus zu kommen.
    Jetzt bin ich jedenfalls erstmal neugierig, wer da geklopft hat. :thumbsup:


    LG, Kyelia

  • Fürst Dreizehn


    Matthias stand zögerlich auf und ging zur Tür. Wenn er jemanden hineinließ, konnte er vielleicht rausschlüpfen und weglaufen. Er steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch, drehte ihn um und zog die Tür auf. Vor ihm stand ein mittelgroßer Mann in einer bequemen Cordhose und einem gestrickten, roten Wollpulli. Er lächelte seltsam teilnahmslos zu Matthias herab.
    „Hallo, kann ich reinkommen?“
    Matthias trat einen Schritt zurück und der Mann ging an ihm vorbei.
    Der Schwarzmagier schien überrascht über das Eintreten des Mannes zu sein, allerdings nicht unbedingt im positiven Sinne. Als er sprach, zitterte seine Stimme nervös, was auch dem Neuankömmling nicht entging.
    „Durchlaucht“, sagte er. „Ich … Ihr … ich will nicht sagen, Ihr kommt ungelegen, aber ich war gerade mitten in einem kleinen Experiment, daher sieht es hier etwas wüst aus. Kann ich Euch etwas anbieten?“
    Durchlaucht? Matthias war mittlerweile alles egal, aber soweit er wusste, wurde in diesem Land nur ein Mensch mit diesem Titel angeredet. Konnte das Fürst Dreizehn sein?
    Der Mann sah sich interessiert in dem zerstörten Zimmer um.
    „Kleines Experiment, soso. Dieses Experiment hat nicht zufällig den Zweck, mich zu stürzen, Jaris?“
    Der Schwarzmagier stolperte zurück, panisches Entsetzen lag in seinen Augen. „Wie kommt Ihr darauf?“
    „Ich beobachte dich schon seit einiger Zeit. Besonders seit deinem letzten Auftrag auf der anderen Seite des Gebirges. Du musst bemerkt haben, dass Moldero ebenfalls dort war und dich beobachtet hat.“
    „Natürlich habe ich ihn bemerkt.“ Jaris fasste sich wieder etwas und rümpfte die Nase. Seine Stimme klang angewidert. „Er hat mir die ganze Zeit hinterhergeschnüffelt.“
    „Er fand dein Verhalten sehr verdächtig“, fuhr Dreizehn fort. „Und die vielen Hindernisse, die er bei seiner Rückkehr überwinden musste, waren vielleicht noch ein wenig verdächtiger. Jedenfalls hatte er interessante Dinge zu berichten. Du warst hinter dem Geheimnis eines Zauberers namens Wolf her, der offenbar die Verschiebung beherrscht. Du hast sogar seinen Lehrling entführt, in der Hoffnung, diese Kunst von ihm zu erlernen. Leider hatte er keinen blassen Schimmer von dem Zauber. Ich weiß nicht, wie du ihn losgeworden bist - “
    „Er ist mir entwischt“, unterbrach der Schwarzmagier ihn mit Wut in der Stimme. „Nichtsdestotrotz – die Tatsache, dass ich mich für eine seltene magische Kunst interessiere, beweist noch lange nicht, dass ich vorhabe, Euch zu stürzen.“
    „Du hattest einen Auftrag“, sagte Dreizehn. „Du solltest im Dark Forest nach einem Weltentor suchen. Stattdessen handelst du in deinem eigenen Interesse. Das allein würde mir schon reichen, um dich hart zu bestrafen. Hinzu kommt, dass du offensichtlich sehr bemüht warst, deine Bestrebungen geheim zu halten. Lil und ich haben Nachforschungen angestellt. Du sammelst seit Jahren besondere magische Kräfte. Wann immer ich dich für einen Auftrag auf die andere Seite des Gebirges geschickt habe, hast du deine eigenen Interessen verfolgt.“
    Matthias äugte zur Tür. Dreizehn hatte sie hinter sich geschlossen, weshalb der Junge keine Möglichkeit sah, zu fliehen. Also versuchte er, möglichst unauffällig zu wirken, während er Zentimeter für Zentimeter von Dreizehn wegrückte. Der Mann war zornig, Matthias konnte es fast körperlich spüren.
    Der Schwarzmagier leckte sich nervös über die Lippen. „Ich gebe es zu“, sagte er, „ich bin Magier und als solcher der Erforschung neuer magischer Kräfte verpflichtet. Doch ich bin Euch treu ergeben. Habe ich nicht alle Aufträge stets zu Eurer Zufriedenheit ausgeführt? Ich habe die Reisen für Forschungen genutzt, doch meine Pflicht habe ich nicht vernachlässigt.“
    „Die Liste deiner Misserfolge ist lang“, antwortete Dreizehn. „Das Weltentor hast du nicht gefunden.“
    „Es war nicht möglich, es zu finden“, zischte der Schwarzmagier. Angst und Wut schienen sich bei ihm abzuwechseln. Seine Gesichtsfarbe wechselte zwischen Weiß und Rot, je nachdem, wie sich das Gespräch gerade entwickelte. Jetzt wurde es wieder rot. Matthias beobachtete das Schauspiel interessiert.
    Dreizehn schüttelte den Kopf und machte einen Schritt nach vorne. „Wir werden wohl nie wissen, ob es dir gelungen wäre, hättest du deine ganze Kraft verwendet. Aber ich bin nicht fertig. Ich habe dich weiterhin beobachtet und beobachten lassen. Jede Woche triffst du dich mit einer jungen Frau, die jedes Mal in einer anderen Verkleidung und unter einem anderen Namen hier auftaucht. Sie ist dein Kontakt zu einer Gruppe Magier, die bereits eine Ordnung nach einem Machtwechsel planen.“ Jaris' Augen weiteten sich und sein Gesicht wurde wieder blass. Panisch begann er, im Raum umherzublicken, als suche er verzweifelt nach etwas. Vielleicht nach einer Waffe, mit der er sich verteidigen konnte? Er umklammerte das Amulett mit Matthias Stimme fester. „Versuch gar nicht, es zu leugnen“, sagte Dreizehn leise. „Ich weiß über alles Bescheid. In den letzten Wochen ist die Stimmung unter deinen Freunden allerdings etwas gedämpfter geworden. Offenbar hatten sie sehr große Hoffnungen in die Kraft der Verschiebung gesetzt. Das überrascht mich etwas. Habt ihr wirklich geglaubt, ihr könntet mich stürzen, indem ihr eine Fähigkeit benutzt, die euch von einem Ort zum anderen springen lässt? Noch dazu, wenn jene Fähigkeit in diesem Land nicht funktioniert? Wenigstens von dir, Jaris, hätte ich mehr erwartet.“
    Jaris schnaubte wütend. „Wir Magier sind es, die dafür sorgen, dass die Verschiebung hier nicht funktioniert. Es wäre für uns ein leichtes, den Zauber aufzuheben.“
    Dreizehn schüttelte den Kopf. „Ihr seid zu wenige.“
    „Weitere hätten sich uns angeschlossen, wenn wir die Verschiebung beherrscht hätten.“
    „Vielleicht“, sagte Dreizehn. „Wie auch immer – jetzt ist es zu spät. Ich kenne den Namen jedes einzelnen Magiers aus deiner Gruppe. Keiner von ihnen wird diese Nacht überleben.“
    „Dann wird es wohl auf einen Kampf hinauslaufen“, sagte Jaris mit starrem Blick. „Ich nehme an, Ihr seid nicht ohne Schutz gekommen. Ein Schild, aufgerichtet von den anderen Schwarzmagiern? Jenen, die Euch noch treu ergeben sind? Merkwürdig, ich kann ihn gar nicht spüren.“
    „Ich habe meinen anderen Schwarzmagiern nichts davon erzählt. Ich konnte nicht sicher sein, dass sie nicht die Gunst der Stunde nutzen und sich auf deine Seite schlagen würden.“
    Der Schwarzmagier machte ein ungläubiges Gesicht. „Ihr seid ohne Schutz hier?“
    Dreizehn zuckte mit den Schultern.
    „Ihr seid Euch bewusst, dass ich einer der mächtigsten Magier dieses Landes bin?“, fragte Jaris.
    „Und einer der hochmütigsten.“
    „Ihr seid kein Magier.“
    „Ich hatte nie das Bedürfnis, einer zu sein.“
    Jaris lachte. Seine Angst schien sich in Luft aufgelöst zu haben. „In dem Falle brauche ich die Verschiebung nicht mehr. Ihr seid allein und ohne Schutz zu mir gekommen. Ich kann Euch hier und jetzt auf der Stelle töten.“
    „Tatsächlich?“, sagte Dreizehn. „Dann versuch es. Aber bevor sich dieses Gespräch in etwas wirklich Hässliches verwandelt, gestatte mir bitte, mit diesem Jungen neben mir zu sprechen.“ Matthias zuckte zusammen, als Fürst Dreizehn sich zu ihm umwandte. Er versuchte in dessen Gesicht irgendwelche auffälligen Merkmale zu erkennen, aber es war ein ganz gewöhnliches Gesicht. Eines von der Sorte, die man schnell vergisst. „Du hast ein hübsches Schwert in der Hand. Wo hast du das her?“
    „Der Junge kann nicht sprechen“, höhnte der Schwarzmagier. „Glaubt mir, es ist besser so.“
    „Aber hören kann er, oder? Leihst du mir das Schwert kurz aus?“
    Matthias gab es ihm.
    „Oh, ganz schlau“, sagte der Magier. Seine Stimme war weiterhin voller Hohn. „Ihr habt Euch bewaffnet. Aber ich habe dem Jungen eben schon gesagt, dass er mit einem Schwert gegen meine Zauberkraft nichts ausrichten kann und das gilt für Euch genauso. Auch wenn Ihr mit Sicherheit besser mit der Waffe umgehen könnt, als das Kind.“
    „Das nehme ich doch an, ja.“ Dreizehn betrachtete Jaris abschätzend. „Du machst einen Fehler“, sagte er schließlich. „Du fühlst dich überlegen, weil ich ohne magische Unterstützung hergekommen bin. Denkst du wirklich, ich würde das tun, wenn ich mich vor dir fürchten müsste?“
    „Pah!“ Der Schwarzmagier hob die Arme. „Ihr regiert dieses Land schon viel zu lange.“
    Weiße Blitze zuckten aus seinen Händen auf Fürst Dreizehn zu. Dieser schlug in einer schnellen Bewegung mit dem Schwert danach, sie prallten ab und schlugen zwischen den Duellanten in den Boden ein, wo sie ein schwarzes Loch hinterließen. Der Magier schien nicht verstanden zu haben, was vorgefallen war, jedenfalls hob er noch einmal die Hände. Doch jetzt handelte Dreizehn. Er zog das Schwert zurück und schleuderte es mit der Spitze zuerst nach vorne, so dass es wie ein Speer auf den Schwarzmagier zuflog. Dieser machte eine Komplizierte Bewegung und sprach eine Silbe, woraufhin die Luft vor ihm zu flimmern begann. Es musste ein Schild sein, aber das Schwert durchschlug ihn einfach und bohrte sich in Jaris' Brust. Dreizehn hatte genau sein Herz getroffen. Der Magier fiel wie ein Stein zu Boden. Das Amulett mit Matthias' Stimme rollte über den Fußboden auf den Jungen zu, eierte ein wenig im Kreis und blieb liegen.
    Matthias starrte den Toten entsetzt an. Fürst Dreizehn ging hinüber und zog dem Magier das Schwert aus der Brust. Er wischte es an dem Ärmel des besiegten Verräters ab und verließ den Raum. Im Vorbeigehen befahl er Matthias, mitzukommen. Dieser war so baff, dass er ihm widerspruchslos folgte. Zuvor aber bückte er sich, hob das Amulett vom Boden auf und legte es sich um den Hals.

    5 Mal editiert, zuletzt von Dinteyra (6. März 2015 um 12:35)

    • Offizieller Beitrag

    zu Matthias herab


    "auf Matthias herab" - oder 8|

    eine Komplizierte Bewegung


    komplizierte

    Dreizehn :cursing:
    Gerader der und Matthias folgt ihm. UI UI UI
    Das dürfte interessant werden :thumbup:
    Nur gut, dass er das Amulett aufgehoben hat ^^
    Jetzt tat es mir fast etwas um Jaris leid. :hmm: Aber nur fast und weil er gegen Dreizehn war
    Ich frage mich, wie sich Matthias dort wieder herauswindet, aber ich glaube fast, es gibt nu erstmal ein Settingwechsel

  • Zitat

    „Er fand dein Verhalten sehr verdächtig“, fuhrt Dreizehn fort.


    fuhr

    Zitat

    Offenbar hatten sie sehr große Hoffnungen in die Kraft der Verschiebung gesetzt. Das überrascht mit etwas.


    meinst du hier nicht "mich" ?

    Zitat

    „Dreizehn zuckte mit den Schultern.“


    weg mit den ""

    Zitat

    „Tatsächlich?“, sagte Dreizehn. „Dann versuch es.


    Ein Satz vorher siezt Dreizehn ihn noch. Also muss es hier "versucht es" heißen

    Zitat

    Es musst ein Schild sein, aber das Schwert durchschlug ihn einfach und bohrte sich in Jaris' Brust.


    musste

    Also doch der Schwarzmagier, der Feodor entführt hatte ^^ Hat mich meine Intuition nicht im Stich gelassen 8) Jetzt hat Matthias also doch noch seine Rache, indirekt gehabt. Ich frage mich nur, woher Dreizehn wusste, dass das Schwert aus Taroq war und dass er es von Matthias bekommen würde. Sowieso, wieso hat Matthias es ihm gegeben? :huh: Jedenfalls eine interessante Lösung und Wendung der Situation, das habe ich nicht erwartet :thumbsup:

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Als er sprach_zitterte seine Stimme nervös, was auch dem Neuankömmling nicht entging.

    Komma?

    Zitat

    Habt ihr wirklicht geglaubt, ihr könntet mich stürzen, indem ihr eine Fähigkeit benutzt, die euch von einem Ort zum anderen springen lässt?

    wirklich

    So, ich hoffe mal, dass ich nichts doppelt habe ;)
    Ich finde den Teil echt interessant. Man merkt, dass Fürst Dreizehn der festen Überzeugung ist, dass er allem überlegen ist. Jedenfalls ist die ganze Ruhe, mit der er daher kommt, fast nicht normal. :rolleyes:
    Matthias geht jetzt mit ihm mit? Das halte ich für keine sonderlich kluge Idee. :hmm:
    Na mal sehen, was Fürst Dreizehn vorhat. ;)

    LG, Kyelia

  • Alopex Lagopus: Stimmt, es war derselbe Schwarzmagier. Aber vorher hatte ich das noch gar nicht geschrieben, deshalb hatte ich mich etwas gewundert. Dass es derselbe ist, ist natürlich Zufall, so unwahrscheinlich ist es aber nicht. In Andraya leben und wirken zwar eine Menge Schwarzmagier, aber nur wenige kommen je auf die andere Seite des Gebirges.
    Kyelia: Ich glaube nicht, dass da ein Komma hinkommt. Bin aber nicht sicher. Und ja, Dreizehn hat eine Menge Selbstvertrauen. Obwohl ich der Meinung bin, in dem Kapitel ist er mir gar nicht mal so gut gelungen. Liegt vielleicht daran, dass die beiden so viel geredet haben.
    Jennagon: Mir tut's nicht leid. :D Wenn ich mich zwischen Dreizehn und Jaris entscheiden müsste, bin ich immer für Dreizehn.
    So, weiter geht's:


    Auftrag ausgeführt


    Fürst Dreizehn ging vor und Matthias, in Ermangelung anderer Optionen, hinterher. Jeder, an dem sie vorbeigingen, verbeugte sich ehrfurchtsvoll und machte ihnen so viel Platz wie möglich. Schließlich trat Dreizehn durch eine riesige, zweiflügelige Tür in einen großen Saal. Er war mit dunklen, grün schimmernden Fliesen ausgelegt, die Wände waren hoch und grau. Auf der rechten Seite stand ein kleiner runder Tisch mit einer Decke und zwei Stühlen. Vor Kopf war eine Art Thron aufgestellt. Er war schwarz, grün und gold, wuchtig und sehr reich verziert. Seine Rückenlehne war mit Sicherheit doppelt so hoch, wie nötig gewesen wäre. Das Erstaunlichste aber war das riesige Fenster hinter dem Thron, es war zehn Meter breit und fünf Meter hoch. Matthias konnte keine Glasscheibe erkennen, dennoch schien etwas Unsichtbares den Saal vor dem Wind und dem Wetter draußen zu schützen. Am Fenster stand eine schöne Frau in einem langen blauen Kleid. Als sie eintraten, drehte sie sich zu ihnen um.
    „Wer ist das?“, fragte sie, als ihre stark geschminkten Augen Matthias erfassten.
    „Ich habe ihn gerade erst aufgegriffen. Man könnte sagen, dass er mir heute Abend einiges einfacher gemacht hat. Mehr weiß ich allerdings nicht über ihn und er kann mir wohl auch nicht mehr erzählen, da er stumm ist. Zumindest hat Jaris das behauptet.“
    „Ihr habt mit Jaris gesprochen?“
    „Ich habe Jaris ins Jenseits geschickt. Und seine Komplizen werden ihm noch in dieser Nacht folgen. Dieses Schwert wird es mir einfach machen.“ Er hob die Waffe und betrachtete die scharfe Klinge.
    „Ihr habt Euch ihm allein entgegen gestellt?“, fragte die Frau in ungläubigem Tonfall. „Das war sehr leichtsinnig.“
    „Hör endlich auf, mich zu unterschätzen.“
    „Ich mache mir Sorgen“, sagte die Frau. „Sie waren weit in ihrer Planung. Wir hatten Glück, die Verschwörung rechtzeitig aufzudecken. Das nächste mal könnte es anders laufen.“
    „Die Magier werden es sich in Zukunft zwei Mal überlegen, bevor sie sich mit mir anlegen. Jetzt, wo ich dieses Schwert habe.“
    Zum ersten Mal betrachtete die Frau die Waffe. „Es kommt mir bekannt vor.“
    „Du hast ein Ähnliches vor wenigen Wochen schon mal gesehen. Es ist aus Taroq, allerfeinste Qualität. Ich hätte niemals gedacht, dass ich das in die Hände bekommen würde. Bald habe ich noch den passenden Umhang dazu und dann kann mir kein Magier mehr etwas anhaben. Wie weit ist die Spinnenweberin?“
    Beim Klang dieses Wortes verschluckte sich Matthias beinahe an seiner eigenen Spucke. Spinnenweber? Er hatte von ihnen gehört, sie hatten sagenumwobene Fähigkeiten. Er hustete und röchelte nach Luft und Dreizehn und die Frau drehten sich stirnrunzelnd zu ihm um.
    „Gib dem Jungen etwas zu trinken“, sagte Dreizehn zu der Frau in Blau. „Und dann hol mir die Spinnenweberin her. Die Tatsache, dass ich das Schwert habe, macht mich ganz ungeduldig. Ich will wissen, wann sie fertig ist.“
    Die Frau verschwand und Matthias bekam wieder Luft. Er hatte entschieden, weiterhin so zu tun, als sei er stumm, so konnte er sich wenigstens nicht um Kopf und Kragen reden. Im Moment schien Dreizehn ihm gegenüber nicht abgeneigt zu sein.
    Der Fürst lehnte das Schwert gegen seinen Thron und begann, pfeifend im Kreis zu gehen. Dabei sah er immer wieder interessiert zu Matthias und begierig zu dem Schwert. Der Junge beobachtete ihn schweigend. Er wusste nicht, was er tun sollte. Eine Flucht in dieser Situation war aussichtslos. Er konnte nur hoffen, dass ein Wunder geschah. Dann kam die Frau wieder herein, ein Glas mit Wasser in der Hand und eine andere Frau auf den Fersen. Als Matthias sie sah staunte er nicht schlecht. Oder eher gesagt, er war so verblüfft, dass er vergaß, den Mund zu schließen. Die Frau sah beiden, Karim und Jinna, so ähnlich, dass es absolut keinen Zweifel gab, dass sie ihre Mutter war. Ihr Gesicht war das von Jinna, nur älter und mit mehr Falten und man sah ihr eindeutig an, dass sie auch schon mehr durchgemacht hatte, aber ihre Haare waren dunkelbraun und ihre Augen waren blau, wie Karims. Matthias konnte es einfach nicht glauben. Er hatte nicht nur seine Stimme wieder, sondern auch Karims und Jinnas Mutter gefunden, etwas, womit er nie im Leben mehr gerechnet hätte. Jetzt mussten sie nur noch hier raus und da kam ihnen der Zufall entgegen:
    Mit einem lauten Quietschen ging die Tür auf und zwei Männer kamen hineingestürmt.
    „Wie oft habe ich euch schon gesagt, ihr sollt die Tür ölen?“, brüllte Dreizehn, bevor sie irgendetwas sagen konnten.
    „Verzeihung, Durchlaucht“, entschuldigten sie sich. „Wir haben schlimme Nachrichten: Sechs Gefangene sind aus dem Kerker ausgebrochen. Drei von ihnen wurden offenbar erst heute dort eingesperrt.“
    „Dann tut etwas dagegen“, unterbrach ihn Fürst Dreizehn. „Ihr erzählt mir so etwas doch sonst auch nicht. Dafür habt ihr viel zu viel Angst, dass ich euch wegen eurer Unfähigkeit aufhängen lasse. Eine berechtigte Angst.“
    Die beiden Männer sahen sich an. „Durchlaucht, es ist ein Skandal“, fuhr einer fort. „Seit gestern Abend schon geht hier einiges schief und wir haben erst jetzt die Verbindungen entdeckt. Offenbar wurden zwei Kinder am vorherigen Abend geschnappt, als sie die Grenze überqueren wollten. Wenige Stunden später konnten sie sich befreien oder wurden von jemand anderem befreit, so genau können wir das nicht sagen. Im Morgengrauen wurden dann drei Kinder in der Stadt erwischt, wie sie während der Ausgangssperre unterwegs waren. Heute Abend sind sie entwischt, mitsamt ihren Kerkergenossen. Wir haben wieder den Verdacht, dass sie befreit wurden. Auf zwei von ihnen treffen die Beschreibungen der Kinder von der Grenze zu. Die dritte, ein Mädchen, etwa dreizehn Jahre alt, braunes Haar, braune Augen, Name: Lilia. Die anderen Flüchtigen waren schon länger eingesperrt, zwei Erwachsene, ein sechzehnjähriger Bursche - “
    Er ratterte dies alles in einem irren Tempo herunter, doch an dieser Stelle unterbrach Fürst Dreizehn ihn: „Das interessiert mich alles gar nicht“, zischte er. „Warum erzählst du mir das?“
    „Ich sagte dreizehn Jahre alt. Vielleicht ist sie auch älter, aber ... hellbraunes Haar, hellbraune Augen. Wenn Ihr gestattet, Durchlaucht, ich glaube es ist Maja Sonnfeld.“
    Matthias hielt die Luft an. Er wusste, dass der Mann recht hatte. Er konnte nur hoffen, dass die anderen bereits geflohen waren.
    „Du glaubst was?“, fragte Dreizehn. Seine Stimme war in diesem Moment vieles: Sie klang amüsiert, entsetzt, wütend, genervt ...
    „All die mysteriösen Geschehnisse ... vielleicht haben die Kamiraen ihre Finger im Spiel.“
    Dreizehn strich sich nachdenklich über den Kopf. „Das kann nicht sein“, sagte er bestimmt, doch eine Spur Unsicherheit blieb in seiner Stimme. „Das kann einfach nicht sein. Wie kommst du darauf, dass es ausgerechnet sie ist?“
    „Es gibt noch etwas“, sagte der Mann. „Auf den Klippen haben wir einen Mann entdeckt und Kelip hier“, er zog den anderen Mann nach vorne, „schwört, dass er ein Kamiraen ist.“
    Dreizehn erstarrte.
    „Ich habe ihn schon einmal gesehen“, nickte Kelip bestätigend. „Als ich noch in der Hauptstadt der zwölf Königreiche lebte. Er heißt Jiro Kaliro oder so.“
    „Und ich habe dem Kerkermeister eines der Fahndungsplakate von Maja Sonnfeld gezeigt“, fuhrt der andere fort. „Er sagte, eine der ausgebrochenen Gefangenen sah ihr sehr ähnlich. Und ist es nicht bekannt, dass sie mit mehreren Jugendlichen reist?“
    Dreizehn stand da wie vom Donner gerührt und starrte die blau gewandete Frau an, die ihn ebenfalls musterte und offenbar herauszufinden versuchte, in welchem Gemütszustand er sich gerade befand. Sekunden zogen sich in die Länge.
    „Lil, schick die Halbdrachen los“, sagte der Fürst schließlich. „Es ist mir egal, ob sie gerade Sommerschlaf halten oder nicht. Ihr zwei folgt mir, wir müssen sie unbedingt erwischen und wenn ich es persönlich erledige. Aber ich kann nicht glauben, dass sie hier ist und ich es nicht bemerkt habe. Das ist unmöglich. Wenn der Kerkermeister sich irrt, dann war der heutige Tag sein letzter.“
    Alle vier stürzten aus dem Thronsaal. Vergessen war Matthias, vergessen Karims und Jinnas Mutter, vergessen das Schwert aus Taroq, das immer noch an den Thron gelehnt dastand.
    „Ich habe ihn noch nie so aufgelöst gesehen“, sagte Alma und schaute ihm kopfschüttelnd hinterher.
    „Ja, aber warum?“, fragte Matthias.
    „Ich bin mir nicht sicher, aber diese Maja Sonnfeld scheint eine Kamiraen zu sein. Eine, die in den letzten Monaten hier für reichlich Wirbel gesorgt hat. Und Fürst Dreizehn hat noch nie nicht bemerkt, dass eine Kamiraen sein Land betreten hat. Ich wundere mich, dass er so leicht glaubt, dass eine es getan hat. Er schien zu erwarten, dass irgendetwas schief geht.“ Sie seufzte. „Nimm das Schwert und verschwinde hier, Junge. Du bist hier reingekommen, also hast du vielleicht eine Chance wieder rauszukommen und du solltest sie nutzen. Ich kann die Wachen vor dem Thronsaal ablenken.“
    „Ich gehe nicht ohne dich“, sagte Matthias. „Du bist die Mutter von Karim und Jinna.“
    „Was, du kennst … ?“ Die Stimme versagte ihr.
    Matthias lächelte. „Ich kenne die beiden. Sie sind zwei von denen, die ins dreizehnte Königreich eingedrungen sind und befinden sich jetzt auf der Flucht.“
    Alma heulte auf. „Sie werden geschnappt, sie werden geschnappt“, jammerte sie, sank zu Boden und schlug auf den Fliesen herum. „Ich habe ihnen doch gesagt, sie sollen zu Hause bleiben, warum, warum?“
    Matthias sah ihr betreten zu. Offenbar hatte die Gefangenschaft sie ein wenig verrückt gemacht. Er hoffte, dass sie sich zusammenreißen würde.
    „Sie werden nicht geschnappt“, sagte er und versuchte sie zu beruhigen. „Wie du schon gesagt hast, sie haben es rein geschafft, also werden sie es auch wieder raus schaffen. Außerdem ist Meister Wolf bei ihnen, er wird schon auf sie aufpassen.“
    „Wer ist Meister Wolf?“, murmelte Alma und ließ sich von Matthias auf die Beine ziehen.
    „Ein mächtiger Zauberer. Und Maja Sonnfeld ist auch dabei, sie würde niemals zulassen, dass ihnen etwas passiert. Komm mit, ich bringe dich hier raus. Aber wir müssen uns beeilen, kannst du laufen?“
    Alma nickte und hob das Schwert auf. Sie strich sich eine Strähne aus der Stirn und sah Jinna dabei noch viel ähnlicher.
    „Lass es uns anpacken.“

    Sie brauchten eine Viertelstunde um die Burg zu verlassen, was auch daran lag, dass sie noch an dem Ort vorbei mussten, an dem Alma gefangen gehalten worden war, wo sie einen langen grauen Umhang mitnahmen. Im Licht schimmerte er ganz leicht bläulich.
    Alles hastete herum, ihnen begegneten ganze Truppen von grün gewandeten Soldaten. Sie waren schwer bewaffnet, suchten aber nach einer großen Gruppe von Menschen und selbst wenn jemand Verdacht schöpfte und sie ansprach – ein Lächeln Almas brachte ihn blitzschnell dazu, überzeugt von ihrer Unschuld zu sein. Auch die beiden Soldaten, die mit steifen Mienen die Tür des Thronsaals bewacht hatten, hatte sie mit einem einfachen Lächeln dazu gebracht, sie passieren zu lassen. Das war ihre Gabe: sämtliche Menschen lagen ihr sofort zu Füßen und gemeinsam mit Matthias Gabe, leise und unbemerkt voranzuschreiten, gelangten sie tatsächlich ins Freie. Sie bahnten sich ihren Weg durch die Stadt und wanderten nach Norden.
    Am Himmel formierten sich die Halbdrachen und rückten zur Grenze vor. Aber bei dem Treiben auf den Straßen (mittlerweile war halb Andraya auf den Beinen und auch die Normalbürger scherten sich nicht mehr um die Ausgangssperre) konnten sie die Gesuchten nicht von den Suchenden unterscheiden. Andraya war nach außen gut bewacht und es war ein gefährlicher Gegner, aber seine innere Sicherheit schien chaotisch, wenn nicht sogar gar nicht geregelt zu sein. Jetzt mussten sie nur noch die Grenze überschreiten. Zielstrebig machten sie sich auf zur Grenze.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (6. März 2015 um 12:36)

  • Das nennt man aber eine bittere Ironie :D Dreizehn wird Maja serviert und sofort versinkt er in einem gierigen Tunnelblick, wodurch er das aus den Augen und seinem Besitz verliert, was er schon gewonnen hat :D War also gut, dass die Truppe bei ihrer Flucht so viel Lärm gemacht hat - gut für Matthias und Alma zumindest :thumbup:

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Ich glaube nicht, dass da ein Komma hinkommt. Bin aber nicht sicher.

    Ich war mir auch nicht sicher. :D Ich habe keine Ahnung von Kommas, aber im ersten Moment klang es so, als müsste da ein Komma hin. So im Nachhinein, nicht mehr :D

    Ich würde sagen, für Alma und Matthias ist das ganze Durcheinander ein gefundenes Fressen. Sie können wirklich von Glück reden, dass Maja so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. :D Allerdings hoffe ich, dass es Maja und den anderen noch gut geht und sie sich sicher versteckt haben. Obwohl das bei dem Chaos wohl auch nicht so schlimm wäre, wenn sie einfach gemütlich durch Andraya schlendern würden. :thumbsup: Mir scheint es, als ginge es langsam in den Endspurt. :D
    LG, Kyelia

    • Offizieller Beitrag

    Diskretion - ein Fremdwort.
    Ich hoffe auch, dass Maja und der Rest sich gut versteckt haben.
    Geradewegs dem Feind in die Arme zu laufen wäre nicht ratsam ...
    aber leider denkt mein Innerstes auch ... "Wo wäre da der finale Supergau :cursing: "
    Und das Alma die Gefangenschaft nicht gut tat ... wer kann es ihr verübeln :S
    Es bleibt spannend ... 8o
    Ich freue mich darauf :thumbsup:

  • Das Chaos von Andraya


    Die sieben Gestalten huschten durch die dunklen Gassen der Stadt Andraya, vorbei an groben Sandsteinmauern und schmiedeeisernen Gartentoren. Sie hatten alle denselben Gedanken im Kopf: „Raus hier.“
    Nur Wolf hatte noch einen anderen Gedanken, nämlich, wie schwer ihre Flucht werden würde. Er dachte an seine letzte Flucht aus Andraya, die ohne seinen treuen Freund Jimo vermutlich tödlich ausgegangen wäre. Aber dieses Mal waren sie wenigstens unentdeckt – bis jetzt.
    Er blickte zurück auf Karim und Jinna. Sie waren auf der Suche nach ihrer Mutter gewesen, doch jetzt hatten sie alle Hoffnung verloren. Mit hängenden Köpfen schlurften sie durch die Gegend und achteten nicht darauf, wohin sie traten. Sie schienen jede Motivation verloren zu haben und wären wohl nicht fähig, schnell zu reagieren, wenn es nötig wäre. Wolf hatte prinzipiell große Lust, sie zusammenzustauchen und wachzurütteln. Er hätte es getan, wenn er sich auch nur die geringste Chance auf Erfolg ausgemacht hätte. Ganz anders als die beiden verhielt sich Maja Sonnfeld. Entschlossenen Schrittes ging sie neben ihm her. Sie schien keineswegs aufgegeben zu haben. Irgendwie sah sie aus, als würde sie jeden Moment umkehren und wieder zurückgehen. Vielleicht nach Matthias suchen. Nach allem, was er von ihr wusste, war ihr das durchaus zuzutrauen. Deshalb hatte er auch dafür gesorgt, dass sie neben ihm ging. Sie hatte dasselbe Funkeln in den Augen, das Wolf immer so fasziniert hatte, wenn er Miro Sonnfeld begegnet war. Er war unberechenbar gewesen.
    Sie zuckten alle zusammen, als vor ihnen plötzlich eine schwarze Katze von links nach rechts über die Straße lief. Wolf war als Zauberer grundsätzlich abergläubisch, aber dass ihre Lage nicht glücklich war, war ihm so oder so klar gewesen.
    Das größte Problem war die Erschöpfung der Kinder. Geschlafen hatten sie im Gefängnis, gegessen hatten sie das gestohlene Brot des Bäckers und auch Wolf hatte ein bisschen mitgeführtes Brot unter ihnen aufgeteilt. Aber sie hatten höllischen Durst.
    Schließlich ließ Wolf sie an einem Brunnen anhalten um zu trinken und ein wenig zu verschnaufen. Während seine sechs Begleiter mit den Händen das Wasser schöpften und es tranken sah er besorgt in den Himmel. Die Wolken hatten sich verzogen und die Sterne kamen heraus. Sie waren schon viel zu lange hier, fast vierundzwanzig Stunden waren vergangen, seit Jimo Maja Sonnfeld auf den Klippen entdeckt hatte. Andraya war ein kleines Land und umso weniger Orte zum Verstecken gab es hier. Ihre einzige Chance bestand darin, es zu verlassen. Wolf betrachtete Maja nachdenklich. Hinter der entschlossenen Fassade konnte er erkennen, wie erschöpft auch sie war. Jimo hatte ihm erzählt, dass er Andraya nicht betreten konnte, weil Dreizehn es merken würde. Deshalb hatte Wolf sich so beeilen müssen, Maja da rauszuholen. Er hatte es nicht geschafft – ein Tag und eine Nacht waren vergangen und sie war immer noch hier. Aber seltsamerweise schien Dreizehn es nicht zu bemerken. Wie war das möglich? Bedeutete das etwa, dass Jimo sich geirrt hatte und dass Dreizehn es doch nicht merkte, wenn ein Kamiraen das Land betrat? Hatten sich mehrere Generationen Kamiraen geirrt? Konnte Jimo Kandrajimo nun zu ihnen kommen? Wenn ja, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt dafür gewesen. Mit ihm an seiner Seite hätte Wolf weniger Bedenken gehabt, ob er hier heraus käme.
    Oder bedeutete es, dass Maja keine richtige Kamiraen war? Vielleicht, weil sie sich immer noch weigerte, ihre Bestimmung anzunehmen?
    Plötzlich wurde es dunkel, irgendetwas verdeckte die schmale Mondsichel über ihnen. Dann war es wieder weg und sie standen im bleichen Mondlicht. Wolf sah sich verwirrt um und sah bereits den nächsten Schatten über das Pflaster gleiten. Er blickte nach oben und erkannte, was die Schatten erzeugte: Hunderte Halbdrachen schwärmten von den Felsen hinter der Burg Dreizehns aus und verteilten sich über das Land. Der einzige Grund, warum sie sie noch nicht entdeckt hatten, war, dass sie die Grenzen als Ziel hatten. Aber es war nur eine Frage der Zeit.
    „Auf den Boden!“, brüllte Wolf, als der nächste Halbdrache über sie hinwegflog. Mehr oder weniger schnell reagierten die anderen, warfen sich aufs Pflaster und rollten sich in den Schatten des Brunnens, um dort regungslos zu verharren.
    Dann gingen um sie herum Türen und Fenster auf, Männer und Frauen rannten auf den Platz und blickten nach oben. Sie trugen lange Stangen, einige hatten auch Mistgabeln oder scharfe Küchenutensilien bei sich. Wütende Rufe schallten über den Platz. Von rechts kamen einige Soldaten. Doch sie beachteten die Bürger kaum, auch sie blickten zum Himmel. Wolf verstand nicht, was vor sich ging. Doch er war froh über dieses Chaos, denn es würde sie vor den Blicken der Halbdrachen verbergen.
    „Steht auf und mischt euch unter die Leute, aber nicht alle zusammen. Verteilt euch“, gab Wolf ihnen Anweisungen und alle sprangen auf und ließen sich von der Menge verschlucken.
    Maja quetschte sich zwischen zwei große, dicke Typen, die sie auch vor den Blicken der Halbdrachen verbargen.
    „Was ist hier los?“, fragte sie eine Frau, die plötzlich neben ihr stand. „Warum spielen alle verrückt? Wo kommen die ganzen Leute her?“
    Doch ohne den Blick vom Himmel zu wenden stieß die Frau sie weg, sodass Maja beinahe hinfiel. Maja begann, sich den Weg zum Rande des Platzes freizukämpfen. Erschöpft lehnte sie sich an eine Hauswand. Sie konnte niemanden von den anderen mehr entdecken. Doch Moment. Da vorne war der Junge, der sich Feodor nannte. Er hatte sie entdeckt und kam auf sie zu. Das kleine, plüschige Wesen mit den großen Flügeln saß auf seinem Kopf und fauchte aufgeregt herum. Der Junge blieb neben Maja stehen und schnaufte. Er war einen ganzen Kopf größer als sie, auch ohne sein Tierchen.
    „Alles klar bei dir?“, fragte er. Maja nickte. „Wir müssen Meister Wolf finden“, sagte Feodor und sah sich um. „Fiete, flieg mal hoch und schau, ob du ihn findest.“
    Das Geschöpf auf seiner Schulter gab einen gurrenden Laut von sich und schwang sich in die Luft.
    „Was ist das für ein Tier?“, fragte Maja.
    „Keine Ahnung. Ich hab’s gefunden, in dem Wald vor dem Dreizehnten Königreich. Ich glaube, die leben hier. Was ist eigentlich in dieser Stadt los?“
    Maja schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Schimmer. Vielleicht hat man unsere Flucht bemerkt. Aber bei dem Aufstand hier wird man uns mit Sicherheit nicht finden.“
    „Sei dir nicht zu sicher. Und mach bloß keine Dummheiten, so wie Matthias. Ich weiß gar nicht, warum er eben so einen Blödsinn gemacht hat, er war immer so besonnen.“
    „Ich hatte wohl einen schlechten Einfluss auf ihn“, sagte Maja betrübt.
    „Ich wünschte, er wäre nicht abgehauen. Er war mein bester Freund, obwohl er so klein ist. Warum war er überhaupt hier?“
    „Es war meine Schuld.“ Maja ließ den Kopf hängen. „Ich habe ihn überredet, uns zu begleiten. Es tut mir so Leid.“
    „Das muss es nicht.“
    „Doch. Ich bin Schuld. Und es hätte jedem von uns so ergehen können.“
    „Ich dachte, Karim und Jinna wollten ihre Mutter retten. Wenn, dann ist es doch ihre Schuld.“
    „Sie wären überhaupt nicht so weit gekommen, ohne mich. Sie wären umgekehrt und nach Hause gegangen.“
    „Überschätzt du dich nicht etwas?“, fragte Feodor. „Sie hätten es sicher auch ohne dich geschafft. Jemand anderes hätte ihnen geholfen.“
    „Aber nicht Matthias“, sagte Maja. „Sie hätten nicht mit ihm reden können; sie können nicht schreiben. Ich hole ihn zurück.“ Der Gedanke war ihr ganz plötzlich gekommen.
    „Bitte was?“
    „Ich hole Matthias zurück. Ich werde ihn retten. Wenn wir schon Karims und Jinnas Mutter nicht retten konnten, bei ihm werde ich nicht versagen.“

    Oben auf den Klippen vor Andraya stand Jimo Kandrajimo und blickte nervös auf das kleine Land vor ihm. Seine Füße waren nur Zentimeter von dem steilen Abgrund entfernt und der Wind zerrte an ihm und drohte, ihn hinabzustoßen, aber er ignorierte es einfach. Gebannt beobachtete er die dunkle Wolke, die über der Burg Fürst Dreizehns aufwallte.
    „Er weckt die Halbdrachen aus ihrem Sommerschlaf“, sagte jemand hinter Jimo. „Er weiß, dass sie dort sind.“
    „Und er hat sie noch nicht erwischt“, ergänzte der Kamiraen.
    Vor einer Woche hatten sich die Halbdrachen von Andraya erst zur Ruhe gelegt und jetzt hatte Dreizehn sie schon wieder geweckt. Er musste in höchster Alarmbereitschaft sein.
    Jimo Kandrajimo drehte sich zu seinem Freund Tamor um. Hinter ihm lagen zwei große schwarze Gestalten im Gras. Es waren die gleichen Geschöpfe wie die, die jetzt über Andraya kreisten. Vielleicht waren sie etwas größer: Taramos und Penelope, Tamors halbzahme Halbdrachen. Es war gut, dass die wärmste Jahreszeit dort, wo sie herkamen, längst vorbei war, denn so dachten die beiden überhaupt nicht ans Schlafen. Ihre großen Augen blickten putzmunter und wachsam umher und das trotz des langen Fluges, den sie hinter sich hatten. Schon vor einer Woche hatte Tamor die beiden hierher geschickt.
    „Schick sie los, sobald sich die anderen Halbdrachen über Andraya verteilt haben. Sie müssen sie unbedingt als erste finden“, sagte Jimo.
    „Dreizehns Halbdrachen sind noch müde und ihre Augen werden vom Schlaf verkrustet sein. Die beiden werden sie auf jeden Fall zuerst finden.“
    Kandrajimo nickte.

    „Hör auf mit dem Quatsch“, sagte Feodor. Er war eindeutig gereizt. „Ich bin auch traurig, dass Matthias weg ist, aber wir können nichts daran ändern. Es ist schon zu spät. Wir haben schon Glück, wenn wir uns selbst retten können.“
    Maja tat das Argument mit einer Handbewegung ab. „Komm mit oder bleib hier, das ist mir egal. Aber wehe du versuchst mich aufzuhalten.“
    „Was ist dann?“
    „Dann schlage ich dich zusammen“, sagte sie und machte ein so böses Gesicht, wie sie konnte.
    Feodor lachte laut und verschiedene Menschen drehten sich zu ihnen um. „Du willst mich zusammenschlagen?“, fragte er. „Ich glaube, du bist eindeutig größenwahnsinnig. Du bist nur ein kleines Mädchen und ich ein ausgewachsener Magier. Naja fast. Wenn ich wollte könnte ich dich mir über die Schulter werfen und zurück zu Meister Wolf bringen.“
    „Jetzt wirst du größenwahnsinnig“, gab Maja zurück. Sie hatte sich auf den Weg gemacht und steuerte mit großen Schritten die nächste Gasse an, hauptsächlich um den lauschenden Ohren der Umstehenden zu entgehen, die ihre Unterhaltung immer interessierter verfolgt hatten. „Zu deiner Information: ich habe schon ganz andere Gegner besiegt.“
    „Zum Beispiel?“
    „Zum Beispiel einen Kampfbaum.“
    „Und was soll das bitteschön sein? Ein kämpfender Baum?“
    „Genau.“
    „So etwas gibt es nicht.“
    „Oh doch.“
    Sie stritten noch eine Weile weiter, wobei Feodor ihr alle ihm bekannten Baumarten aufzählte, um ihr zu beweisen, dass keiner davon kämpfen konnte. Ihr Weg zurück zu Dreizehns Burg führte sie wieder durch die kleinen Gassen, die auch jetzt noch menschenleer waren. Dies beunruhigte sie beide und sie drängten sich dicht an die Hauswände, um nicht von den über ihnen fliegenden Halbdrachen entdeckt zu werden. Dann sah Maja an der Wand einen riesigen Schatten auf sich zukommen. Die Gestalt besaß im Vergleich zu Körper riesige Flügel und steuerte sie direkt an.
    „Lauf!“, schrie Maja und rannte los. Sie war schon fast am Ende der Gasse, als sie bemerkte, dass Feodor nicht mitkam, stattdessen rief er ihr etwas hinterher. Dann bog jemand um die Straßenecke vor ihr und Maja krachte direkt in ihn hinein.
    „Das war nur Fiete!“, hörte sie Feodor rufen. „Er ist zurückgekommen, er hat sicher Meister - “ In dem Augenblick sah er die zwei Personen, die vor Maja standen.

  • Fieser Cliffhanger :D
    Es musste ja so kommen, dass Maja nicht einfach sang und klanglos aus Andraya wieder verschwindet. Schließlich muss sie sich noch Fürst Dreitehn stellen, damit sie von ihm erfährt, wieso er ein solches Interesse an ihr hat. Die Hauptfrage, die sich schon fast durch die gesamte Story zieht, ist immer noch nicht beantwortet und ich bin gespannt, was du dir da überlegt hast :thumbsup:

  • Alopex Lagopus: Ich würde dazu jetzt wirklich gerne etwas sagen, aber um nichts vorweg zu nehmen, verschiebe ich es und schreibe es unter das Kapitel.


    Flucht


    Maja lag vor ihnen auf dem Boden und sah sie an. Zuerst konnte sie gar nichts erkennen und ihr erster Gedanke war, dass man sie entdeckt hatte. Sie krabbelte auf Händen und Füßen rückwärts vor ihnen davon. Dann sah sie, dass einer der beiden kleiner war, es war ein Junge und die andere Person war eine Frau. Der Junge hatte stoppeliges, blondes Haar.
    „Maja!“, rief er erfreut.
    „Matthias!“ Ein solches Glück überkam sie, dass sie kaum atmen konnte. Matthias war wieder da, er war gesund und munter und sie mussten nicht weiter nach ihm suchen. Dann kam ihr der Gedanke, dass etwas anders war als sonst. Irgendetwas stimmte nicht mit Matthias. Und wer war die Frau neben ihm?
    Maja und Matthias umarmten sich während Feodor sich verwirrt den Kopf kratzte. „Dann haben wir ja Glück, dass du mich doch nicht zusammenschlagen musstest“, sagte er. Die lässigen Worte konnten jedoch nicht über die Erleichterung hinwegtäuschen, die ihm ins Gesicht geschrieben stand. War das eine Träne in seinem Auge? „Aber wer ist die Frau?“
    Maja betrachtete sie neugierig. Gehörte sie zu Matthias? Wo hatte er sie denn getroffen und warum kam sie mit ihm?
    „Das ist Karims und Jinnas Mutter.“
    Die Frau reichte ihr die Hand. „Mein Name ist Alma.“
    Maja konnte der Frau nicht ihrerseits die Hand geben, viel zu geschockt war sie. Zwei Dinge verschlugen ihr die Sprache: erstens, dass sie die Person, die sie gesucht hatten, nun doch endlich und völlig unerwartet gefunden hatten, und zweitens war ihr gerade erst klar geworden, dass Matthias wieder sprechen konnte.
    „Du sprichst“, sagte sie.
    „Ja, ich spreche!“, rief Matthias begeistert.
    „Ihr macht viel zu viel Lärm“, mahnte Feodor. „Außerdem müssen wir Meister Wolf wieder finden. Fiete hat ihn vielleicht gefunden. Er kann uns führen. Kommt mit.“
    Sie folgten Feodor, der Fiete folgte, in nördliche Richtung.
    Die anderen trafen sie zwei Kilometer von der Stadt entfernt in einem Brombeergestrüpp. Karim und Jinna waren ebenso geschockt wie Maja zuvor und fielen ihrer Mutter mit lauten Rufen weinend in die Arme.
    Feodor regte sich fürchterlich über ihre Lautstärke auf und zischte herum, sie sollten leiser sein, die Halbdrachen würden sie hören, aber nicht einmal Meister Wolf unterstützte ihn. Überglücklich schloss er Matthias in die Arme.
    Dann senkte sich ein Schatten über sie.
    Mit weit ausgebreiteten Schwingen stieß ein Halbdrache im Sturzflug auf sie herab. Alle warfen sich zur Seite und kugelten durch die Dornen, als das Geschöpf zwischen ihnen landete und fauchend den Kopf herumdrehte, bis es mit orange leuchtenden Augen Meister Wolf fixierte. Dieser hatte spontan versucht, diejenigen zu schützen, die ihm gerade am erreichbarsten waren. Das waren Matthias und Maja. Mit ausgebreiteten Armen schob er sie rückwärts von dem gefährlichen Tier weg. Maja linste zu Matthias und sah, dass er das blau schimmernde Schwert in der Hand hielt. Schnell wies sie ihn an, es ihr zu geben. Er reichte es ihr mit zitternden Fingern. Maja packte es, hob es hoch über den Kopf und stürzte los. Meister Wolf versuchte noch, sie festzuhalten, aber sie entwischte ihm knapp und rannte, die Schwertspitze nach vorne gerichtet auf das Monster zu. Es verteidigte sich nicht. Sah es sie nicht? Aber es blickte sie doch direkt an, seine funkelnden Augen bohrten sich in ihre. Im letzten Moment blieb sie stehen und ließ das Schwert fallen.
    „Taramos“, flüsterte sie. Und dabei hatte sie doch versprochen, besonnener mit dem Schwert umzugehen.
    Dann hob sie die Stimme. „Tut nichts, das ist Taramos.“
    „Bist du dir sicher?“, fragte Meister Wolf.
    „Todsicher.“
    Im selben Moment landete auch Penelope wenige Meter von ihnen entfernt.

    Die Halbdrachen brachten sie sicher aus Andraya heraus, zuerst Maja, Matthias, Karim, Jinna und ihre Mutter Alma, später kamen sie zurück um Meister Wolf, Niorim, Sonja und Feodor zu holen. Die anderen Halbdrachen schienen nicht zu bemerken, dass zwei von ihnen Menschen trugen und beachteten sie kaum.
    Als sie oben auf der Klippe landeten, wurden sie bereits erwartet. Ein Mann kam auf sie zu. Es war derselbe Mann, den Maja schon zuvor auf den Klippen gesehen hatte: etwa so alt wie ihr Vater, blondes, kurzes Haar, rasiert, merkwürdiger Trenchcoat, aber im Gegensatz zu anderen eher normal gekleidet ...
    Als sie von Taramos und Penelope herab kletterten empfing er sie sichtlich erleichtert.
    „Ich bin Jimo Kandrajimo“, sagte er und schüttelte ihnen allen die Hand, wobei er aber nur Maja und Matthias wirklich ansah. Die Halbdrachen flogen davon, um die anderen zu holen.
    „Sie sind der Kamiraen“, sagte Maja und suchte nach dem Amulett. Er hatte es unter seinen Pullover gesteckt, aber sie konnte die Kette, an der es befestigt war, an seinem Hals sehen. Er lächelte ihr zu.
    „Ich bin froh, dass ich dich endlich gefunden habe. Ich hatte große Sorgen, einem von euch könnte etwas passieren.“
    „Wir sind alle wohlauf“, sagte Matthias.
    Der Kamiraen sah ihn verwundert an. „Bist du nicht der kleine Junge, der immer bei Wolf zu Besuch war? Ich dachte, du wärst stumm.“
    „Nicht mehr“, grinste Matthias.
    Kurze Zeit später kamen die anderen herbeigeflogen. Meister Wolf schickte die Halbdrachen wieder weg und die Gruppe folgte ihm und Kandrajimo in den Wald. Niorim und Sonja verstanden noch nicht so ganz, was um sie herum vorging. Was sie aber verstanden war, dass sie befreit wurden und so folgten sie erst einmal ihren Rettern. Denn die Gefahr war immer noch nicht gebannt.
    Sie gingen ziemlich steil bergab und der Wald wurde immer freundlicher und heller. Außerdem bildete sich eine Art Weg, dem sie folgten und an dessen Rändern weiße Blumenkissen wuchsen. Auch die Bäume um sie herum trugen kleine, weiße Blüten.
    „Hier in der Nähe habe ich Fiete getroffen“, sagte Feodor. Das kleine geflügelte Tier schwang sich in die Luft und flatterte hinauf in die Zweige. Im Schein des Mondes begann es nach Motten und anderen Nachtgeschöpfen zu jagen. „Ich habe noch nie ein Tier getroffen, bei dem ich so stark das Gefühl hatte, dass es begreift, was ich ihm sagen will. Ich glaube wirklich, dass es unsere Sprache versteht.“
    Sie kamen an einem im Vergleich zu den anderen Bäumen etwas kleineren Baum vorbei. Er hatte lange Äste und kleine rosa und blaue Blüten. Als Maja dicht an ihm vorbeiging, öffnete sich an seinem Stamm ein glühend rotes Auge und blinzelte ihr zu. Ein Rauschen ging durch seine Blätter und durch dieses luftige, beruhigende Geräusch meinte sie eine Stimme zu hören, die sagte:
    „Leas ist in Sicherheit.“
    Unmerklich legte sich ein kleiner Ast über einen Riss unterhalb des Auges, wie ein Finger sich über einen Mund legt, um Stillschweigen zu verdeutlichen. Maja lächelte und blinzelte zurück.
    Dann kamen sie an einen kleinen verwitterten Schuppen, nicht mehr als ein Viehstall, der wohl schon seit Jahren nicht mehr benutzt wurde. Aber Maja fiel sofort der Türklopfer in Form eines Halbdrachenkopfes ins Auge. Das Metall war so untypisch für diesen alten Schuppen. Wenige Minuten später standen sie alle in Tamors riesiger Eingangshalle.


    Tja. Irgendwie war es das jetzt. Alo hat erwartet, dass Maja sich Dreizehn stellt, Jen wartet auf den fiesen Supergau ... und nichts passiert. ;( Ich hatte euch ja gewarnt, dass ihr euch eventuell am Ende fragen werdet, was das Ganze eigentlich soll. Ein Kapitel kommt noch, ich kann euch aber versprechen, dass Dreizehn nicht plötzlich in Tamors Eingangshalle auftaucht.
    Das ist das Problem, wenn man vier Jahre an einer Geschichte schreibt und in der Zeit ein Alter erreicht, in dem man beim schreiben einer Geschichte auf die Vernunft hört. Am Anfang hatte ich sicher mal geplant, dass hier eine Konfrontation der Heldin mit dem Bösewicht erfolgt, aber die Wahrheit, die ich erkennen musste, ist, dass Maja das schlicht nicht überlebt hätte. Dreizehn lässt vielleicht aus Schusseligkeit Matthias und Alma laufen, was ehrlich gesagt schon etwas untypisch für ihn ist, aber bei Maja würde ihm das sicher nicht passieren. Und sie hätte einfach keine Chance gegen ihn. An dieser Stelle würde er vermutlich nicht einmal lange mit ihr quatschen.
    Was soll ich sagen, tut mir wirklich Leid und ich hoffe, ihr fandet es trotzdem spannend. Aber ich persönlich mag dieses Finale. Weil es eben nicht die Konfrontation Held vs. Bösewicht ist und weil Matthias den Tag rettet. ^^
    Ein Kapitel kommt wie gesagt noch. Ich stelle es später rein, muss noch ein wenig dran feilen.
    PS: Du hattest mit dem Komma doch recht, Kyelia, ich habe es jetzt geändert.