Eine Welt ohne Namen - Die 1. Reise

Es gibt 263 Antworten in diesem Thema, welches 76.159 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. November 2023 um 19:13) ist von Rainbow.

  • Zitat

    Jinna hörte auf zu schreien; ihren nächsten Satz zischte sie leise und boshaft. Maja hätte nie gedacht, dass sie so boshaft zischen konnte.


    Da findest du doch sicher Synonyme ;)

    Ja, man merkt schon, wie sich die Reise immer mehr auf die Gemüter der vier legt - wobei ich das Gefühl habe, bei Jinna reicht nur eine unbedachte Aussage, dass sie schon sofort zickig wird, langsam nervt das ein wenig. Schön, dass sie sich wieder zusammengerafft haben. Hoffentlich hält das jetzt ein wenig an ^^

  • Jennagon: Mmh. Das steht da schon so, wie ich es wollte. Es war eigentlich so gedacht, dass Maja das zuerst vorliest und dann stockt und es nur noch stumm liest. Deshalb ist der Rest des Satzes in Matthias Schrift geschrieben. Aber ich gebe zu, dass sie sich hier auf der Seite nicht so gut abhebt.

    Kisa: Vielen Dank für den Kommentar. ^^ Darf ich fragen, bis wo du gelesen hast?

    Alopex Lagopus: Ich könnte "fies fauchen" schreiben :rofl:. Nein, Spaß beiseite. Du hast Recht, das wiederholt sich, aber ich hatte das irgendwie beabsichtigt. Ich bin mir sicher, dass ich Synonyme finden sollte, aber ich weiß nicht, ob ich es machen will. Denkst du denn, das geht gar nicht? :huh:

    So, jetzt geht es erst mal mit großen Schritten weiter:


    Die Reise auf dem Floß


    Maja nutze all ihren Einfluss, den sie durch die Rettungsaktion für Gnark auf die Genêpas gewonnen hatte, und setzte durch, dass die Reise schon am Mittag des nächsten Tages begann – einen Tag früher als geplant, aber was sprach dagegen? Alle Vorbereitungen waren getroffen worden. Die einzigen, die ernsthaft etwas dagegen hatten, waren Gendo und Mirno, die sie begleiten und in Dreizehns Armee eintreten sollten und die ihr Dorf und ihre Familien zum letzten Mal sahen.
    Mirno, der ohnehin die ganze Zeit am heulen war, wofür er sich von Kamanjo schon mehrere Rügen eingefangen hatte, weinte nach dem Beschluss noch mehr. Maja tat es wirklich leid, dass es ihm so erging, und sie hätte auch zu gerne geholfen, aber andererseits hoffte auch sie, dass er bald aufhören würde zu weinen. Irgendwie verursachte er damit Schuldgefühle bei ihr.

    Am nächsten Morgen ging Maja zum Strand um ihre Gedanken noch weiter zu klären. Der frische Wind und das Wasser, das um ihre Füße strömte, lösten bei ihr ein tiefes Gefühl der Ruhe aus. Sie dachte nicht mehr viel nach, stattdessen sammelte sie noch mehr von den kleinen, regenbogenfarbenen Steinchen und legte sie zu den anderen in einen Lederbeutel.
    Karim, Jinna und Matthias waren gerade, soweit sie wusste, bei Kamanjo und erbaten sich ein paar einfachere Waffen. Maja hatte schon mit Simon gesprochen und ihn gebeten, ihr sein Schwert, das jetzt nicht mehr vergiftet war, für eine Weile auszuleihen. Wie sich herausstellte, hatte er nichts dagegen einzuwenden, er sagte ihr nur, sie solle nicht voreilig damit hantieren. Maja hatte das Gefühl, in letzter Zeit oft etwas voreilig gehandelt zu haben und nahm sich sowieso vor, in Zukunft bedachter vorzugehen. Außerdem hatte Simon ihr noch etwas über das Schwert erzählt, etwas, das für sie sehr wichtig sein konnte. Es war aus Taroq, einem sagenumwobenen Metall, das es nur in der Welt ohne Namen gab und das extrem selten war. Seine wertvolle Eigenschaft bestand darin, dass es resistent gegen Magie war, weshalb Tamor es auch nicht von dem Fluch hatte befreien können.
    „Aber der Fluch war doch auch Magie“, sagte Maja. „Wie konnte das Schwert überhaupt davon betroffen sein?“
    „Das schon, aber die Magie war älter noch als das Schwert, eine so alte Magie ist heutzutage extrem selten und das Metall, Taroq, kann sie nicht abwehren. Das konnte nur das Wasser aus der Quelle.“
    Maja lachte verlegen. „Vor ein paar Wochen hätte ich noch nicht an Magie geglaubt, aber da kannte ich diese Welt noch nicht. Hier gibt es echt alles Mögliche. Das Schwert wird sicher praktisch sein.“
    „Da, wo du herkommst, gibt es auch alles Mögliche“, sagte Simon. „Und da, wo du hingehst, wirst du das Schwert wahrscheinlich brauchen.“

    Dann kam der Moment des Abschieds. Sie gingen alle zum Fluss und Gnark stieg als erster auf das riesige Floß. Seine Wurzeln nahmen sehr viel Platz ein und hingen auf jeder Seite ins Wasser, mit ihnen würde er später das Floß lenken können. Dann nahm der Baum den Proviant entgegen und schließlich stiegen auch die kleineren Mitfahrer hinauf. Als Maja das wackelige Gefährt betrat, wurde ihr erst bewusst, wie viel die Genêpas für sie getan hatten.
    „Ich danke euch“, sagte sie zu Kamanjo. „Was ihr für uns getan habt übertrifft alles. Ich weiß wirklich nicht, wie ich euch danken soll.“
    „Bedank dich bei Simon“, sagte er. „Er meinte, dir zu helfen würde sich eines Tages für uns auszahlen.“
    Maja sah Simon verwirrt an. Warum sagte er das? Weil sie eine Kamiraen war? Sie bezweifelte, dass sie ihn oder die Genêpas noch einmal wiedersehen würde. Aber das behielt sie für sich. „Wenn ich mich irgendwann revanchieren kann, dann werde ich es tun“, sagte sie und verabschiedete sich.
    Der Abschied war sehr tränenreich, da Mirno und Gendo für immer das Dorf verließen.
    Dann lösten die Genêpas die Leinen, mit denen das Floß festgemacht war, Gnark stieß sie mit seinen Wurzeln kräftig vom Ufer ab und sie trieben davon. Es ging flussabwärts, also musste Gnark nicht viel tun, außer dafür zu sorgen, dass sie nicht gegen irgendetwas getrieben wurden und nicht auf Grund liefen. Am Abend geschah es allerdings doch einmal. Der Fluss wurde immer breiter und flacher und irgendwann hatte das Floß mit ihnen allen darin zu viel Tiefgang. Sie mussten alle aussteigen (auch Gnark) und das Floß im etwa kniehohen Wasser zwei Kilometer weit schieben, bis der Fluss wieder tiefer wurde.
    Ungefähr zwei Stunden später legten sie am Ufer an, um etwas von ihrem Proviant zu verspeisen. Mirno hatte zum Glück schon kurz nach der Abreise aufgehört zu weinen und jetzt stellte sich heraus, dass er kein schlechter Koch war. Besser noch als Jinna, vor allem weil sie sich mit dem Gemüse in diesem Teil der Welt nicht auskannte. Es gab Nunas und Fleischspieße, dazu eine klebrige Masse, bei der niemand, wirklich niemand, ihr sagen wollte, was es war, die aber eigentlich ganz gut schmeckte. Doch Maja mochte das Fleisch an diesem Tag nicht, es schmeckte zu sehr nach Wild und sie fand es recht zäh.
    Gleich nachdem sie das gesagt hatte, verschwand Mirno und kam nach kurzer Zeit mir zwei kleinen Eiern zurück. Das war nett von ihm, wirklich nett und Maja konnte die Eier unmöglich abschlagen. Gebraten schmeckten sie sehr gut, auch wenn es keine Hühnereier waren, sondern von einem Vogel namens Fetch stammten, und auch wenn aus ihnen vermutlich kleine, süße Küken hätten schlüpfen können.
    In den nächsten Wochen bemerkte sie immer wieder, dass Mirno sehr nett war. Netter zumindest als Gendo, der nur redete, wenn er sich über Mirno aufregte. Mirno erzählte Maja, dass er wirklich viel Angst vor dem hatte, was auf ihn zukam, und dass er sich eigentlich dafür schämte, aber nichts dagegen machen konnte. Seit sie unterwegs waren hatte er sich aber weit besser unter Kontrolle, er weinte kaum noch. Außerdem erklärte er Maja die Tier- und Pflanzenwelt in dieser Gegend, und zwar so spannend, dass sie den ganzen Tag damit verbringen konnte, ihm zuzuhören, selbst wenn er alles drei Mal erzählte. Er erklärte ihr, welche Pflanzen essbar waren und welche giftig, zeigte ihr den Unterschied zwischen Sirenen und Blauen Zischern, die es nur auf dieser Seite des Gebirges gab und die sehr viel gefährlicher waren als Sirenen, denen sie doch so ähnlich sahen. Als ihre Vorräte zur Neige gingen, half sie ihm, das, was sie brauchten, in der Natur zu finden und sammelte gemeinsam mit ihm Pilze, Eier, Wurzeln und Beeren, während Gendo mit Pfeil und Bogen auf die Jagd ging und alle paar Tage mal etwas schoss. Mirno trug auch Pfeil und Bogen und Maja wusste, dass er viel besser schoss als Gendo, aber noch lange nicht so gut, wie Matthias mit seiner Steinschleuder traf. Das einzige, was Maja an Mirno nervte, war, dass er sich so oft mit Karim stritt. Manchmal waren die beiden kurz davor, aufeinander loszugehen und nur Jinna konnte sie aufhalten, indem sie laut keifend dazwischen ging und alle zur Schnecke machte. Dann herrschte eine Weile frostige Stille an Bord und Maja ging zu Matthias um sich schreibend mit ihm zu unterhalten. Nur Gnark schien diese Momente zu genießen, er räkelte sich dann immer und sagte, wie schön ruhig es ausnahmsweise sei. In dieser Hinsicht erinnerte er Maja stark an ihre Mutter, die es auch genossen hatte, wenn Maja und ihr Bruder Käse nach einem Streit wütend in ihre Zimmer gerannt waren und das Haus still gewesen war.
    Gnark brauchte übrigens scheinbar keinen Schlaf, was praktisch war, denn so konnten sie auch nachts fahren und alle anderen an Bord schlafen. Wenn einer von ihnen kurz davor war vom Floß zu fallen, zog Gnark ihn einfach wieder näher zu sich.

    Die Reise war relativ ereignislos. Niemand griff sie an, sie stritten sich selten und hatten dank Mirno und Gendo nicht zu hungern. Nach etwa einer Woche begann die Reise dann, in ihrer Ereignislosigkeit ein wenig langweilig zu werden. Gefühlt sahen sie jeden Tag dasselbe: Es gab hier wenig Wald, die Landschaft bestand aus riesigen Wiesen, teilweise mit Heidekraut bewachsen und mit sehr vereinzelten Bäumen. Seit sie das Dorf der Genêpas verlassen hatten, waren sie noch nicht einer Menschenseele begegnet und auch hier gab es keine Anzeichen dafür, dass dieser Ort von Menschen bewohnt wurde. Aber etwas war merkwürdig, das spürten sie alle. Etwas stimmte an dieser Idylle nicht.
    Maja sah es zuerst, obwohl sie die einzige war, die nicht auf den ersten Blick wusste, was es war.
    „Was sind das da für Bäume?“ Sie zeigte nach Süd-Osten. Dort zog sich, noch ziemlich weit entfernt, eine dunkle Linie von Bäumen entlang, wie ein Waldrand. „Warum sind die so dunkel?“ Sie hielt die Bäume zuerst für eine neue Art, die es hier gab. Die anderen blickten in die Richtung, in die sie zeigte.
    Karim fluchte. „Der Schwarze Weg. Lasst uns von hier verschwinden.“
    Alle blickten betroffen auf die schwarzen Bäume, die den berüchtigten Weg säumten. Nur Gnark schien er wenig zu interessieren, er packte in aller Seelenruhe Lebensmittel ans Ufer und vertäute das Floß.
    „Es bringt nichts, jetzt überstürzt aufzubrechen“, beruhigte er sie. „Wir werden dem Weg in den nächsten vierundzwanzig Stunden noch näher kommen und wir brauchen eine Pause. Ich will nicht, dass Karim wieder seekrank wird.“ Vor einigen Tagen hatte dieser Gnarks Wurzeln mit einem säuerlich richendem, verdächtig nach dem halbverdautem Abendessen aussehenden Brei überzogen, was dieser ihm immer noch nicht verziehen hatte. „Ich glaube auch nicht, dass ihn jemand ausgerechnet hier verlassen würde, was sollte er hier wollen? Hier gibt es weit und breit nur Heidekraut. Also brauchen wir uns keine Sorgen machen, dass Demirs Leute uns entdecken. Helft mir mal auspacken.“
    Sie gaben Gnark Recht, Karim und Jinna etwas zögerlicher, dann packten sie alle mit an und zogen ein paar Töpfe und Decken vom Floß.
    „Warum all das?“, fragte Jinna mit Blick auf die Decken und Schlafsäcke. „Schlafen wir heute nacht nicht auf dem Floß? Sonst machen wir das doch auch immer und wir wären einen halben Tag eher da.“
    „Ich brauche ausnahmsweise auch meinen Schlaf“, erklärte Gnark. „Wir Kampfbäume brauchen nicht viel davon, aber einmal im Monat eine Nacht müsst ihr mir schon gönnen. Außerdem bin ich das ewige Geschaukel leid, ein Baum ist nunmal kein Seemann. Und ich möchte lieber diese Nacht schlafen als in den kommenden, wenn wir noch näher am Schwarzen Weg sind."
    Der Gedanke gefiel ihnen allen nicht.
    „Vielleicht sollte ich mich mal schnell umschauen“, sagte Maja, der plötzlich mulmig zumute wurde. „Ein bisschen die Umgebung erkunden, ob jemand hier ist.“
    „Das sollten dann aber Gendo oder Mirno machen“, meinte Karim. „Die kennen sich besser aus und vom Jagen sind sie es gewöhnt, sich lautlos zu bewegen.“ Die beiden hatten ihnen schon öfter bewiesen, wie gut sie sich anschleichen konnten, was bei Karim einmal fast zu einem Herzstillstand geführt hatte. Behauptete er jedenfalls. „Du, Maja, würdest dich doch bloß verlaufen.“
    Maja hätte ihm gerne eine passende Antwort gegeben, aber bevor ihr eine einfiel kam Gendo ihr zuvor:
    „Gute Idee“, sagte er, „ich erledige das.“ Mit diesen Worten verließ er den Lagerplatz. Damit war klar, dass die anderen es Maja nicht erlauben würden, ebenfalls zu gehen.
    „Wenn sie in der Nähe sind, haben sie uns eh schon längst entdeckt. Gnark ist ja nicht zu übersehen“, meinte Jinna.
    „Gnark ist ein Baum und das ist die beste Tarnung überhaupt“, meinte Mirno. „Macht euch nicht verrückt. Hier ist niemand und die Menschen auf dem Schwarzen Weg werden sicher dort bleiben. Ihr seid es nur nicht mehr gewöhnt, an Land zu schlafen. Statt uns unnötige Gedanken zu machen sollten wir lieber ein Feuer anzünden.“
    Maja fiel ein, dass er und Gendo gar nicht wussten, dass sie verfolgt wurde. Gnark hatte sie es zwar erzählt, aber die beiden ging es ihrer Meinung nach nichts an. Die letzten Wochen hatte sie sich sicher gefühlt, warum jetzt nicht mehr, wusste sie nicht. Vielleicht behagte es ihr nicht, dass Gnark zum ersten Mal seit Antritt ihrer Reise schlafen wollte und nicht über sie wachen konnte.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (28. Dezember 2014 um 20:34)

  • Dinteyra: ich bin ehrlich es war nur der Prolog weil ich noch nicht all zu viel zeit hatte mehr zu lesen und ich selbst dabei bin meine eigene Geschichte so weit fertig zu bekommen, dass ihr täglich was zu lesen habt. zudem ist wegen Silvester gerade viel los und ich muss dauernd irgendwo hin, aber ich hol das alles nach und irgendwann bin ich dann auch beim neusten teil angekommen. :D

    xoxo Kisa

  • Ich könnte "fies fauchen" schreiben :rofl:. Nein, Spaß beiseite. Du hast Recht, das wiederholt sich, aber ich hatte das irgendwie beabsichtigt. Ich bin mir sicher, dass ich Synonyme finden sollte, aber ich weiß nicht, ob ich es machen will. Denkst du denn, das geht gar nicht? :huh:


    Natürlich kann man so eine Wiederholung mal machen, aber an dieser Stelle fand ich sie persönlich stilistisch unschön. Würde es deswegen also umschreiben.

    Im neuen Teil hab ich nichts gefunden :thumbsup:
    Hab ich das richtig verstanden? Der Schwarze Weg bewegt sich? Irgendwie hatte ich bisher angenommen, dass das ein fester Weg in der Landschaft ist, den man nur nicht wieder verlassen kann, auf dem man aber sehr schnell unterwegs ist :huh:

    • Offizieller Beitrag

    . Maja tat es wirklich Leid,


    leid

    Ufer an um etwas


    Komma vor "um"

    er weinte fast nie mehr


    weinte kaum noch - vielleicht?

    Schöner Text und die Reise bleibt spannend, auch wenn jetzt nicht sooo viel passiert war, aber dann - Der schwarze Weg - . Bei dem Namen wirds ja einen schon anders 8|
    Aber ich zugeben, Gnark hat echt die beste Tarnung von allen :rofl:
    Ich bin mal gespannt, ob sich Majas ungutes Bauchgefühl bestätigt. Ich hoffe zwar nicht, aber hab wenig Hoffung, dass ich richtig liege.

    :super:

  • Und ich möchte lieber diese Nacht schlafen als in den kommenden, wenn der Schwarze Weg noch näher rückt.“

    „Der Weg wird in den nächsten vierundzwanzig Stunden noch näher kommen und wir brauchen eine Pause.

    Das hab ich aus den zwei Sätzen entnommen. Wenn das nicht beabsichtigt war, solltest du hier kein Aktiv verwenden sprich:

    "Und ich möchte lieber diese Nacht schlafen als in den kommenden, wenn wir dem Schwarzen Weg noch näher sind"

    „Wir werden uns in den nächsten vierundzwanzig Stunden den Weg noch weiter nähern und wir brauchen eine Pause

    ;)

  • Dinteyra: Wenn ich keinen Spaß daran gehabt hätte, dann hätte ich es nicht kommentiert. Beziehungsweise würde ich mir nicht die Mühe machen weiter zu lesen, was ich auf alle Fälle tun werde, aber bis dann mal nen Kommentar kommt, könnte es nen bisschen dauern :D

    Lg Kisa

  • Alopex Lagopus: Also nein, der Weg bewegt sich nicht. :blush: Ich habe es geändert.


    Der geheime Plan


    Gendo kam erst wieder, als der Himmel bereits rot wurde und schon von weitem zeigte er ihnen an, dass die Luft rein war. Unterdessen hatten sie etwas halbwegs Essbares zusammen gepanscht. Karim und Maja hatten den anderen gesagt, sie sollten sich heute mal ausruhen, und zum Kochlöffel gegriffen. Auf das Ergebnis waren sie mächtig stolz und Mirno und Matthias lobten sie hoch dafür, aber Jinna lachte nur und Gendo ließ die Hälfte stehen. Beim Essen erzählte er ihnen, was er ausgekundschaftet hatte:
    „Hier ist weit und breit nichts, nicht einmal ein Haus. Nur den Schwarzen Weg habe ich gesehen. Er ist mir unheimlich. Je näher ich ihm kam, desto mehr … ich weiß nicht, irgendwie fühlte ich mich von ihm angezogen. Er muss verzaubert sein. Ich habe mich dann entschlossen, umzukehren.“
    „Wo?“, fragte Mirno.
    „Etwa fünfhundert Meter vor den gestorbenen Bäumen.“
    Bei der Erwähnung von „gestorbenen Bäumen“ zuckte Gnark plötzlich zusammen und stieß den Topf mit Majas und Karims Gepansche um. Sonderlich übel nahm es ihm niemand, sie räumten das Geschirr weg und schlugen ihr Lager einige Meter von der bräunlichen Brühe, die den Boden bekleckerte, entfernt auf. Dann legten sie sich schlafen, während Karim die erste Wache übernahm. Mirno war nicht besonders begeistert davon gewesen, was mal wieder zu einem Streit der beiden geführt hatte. Karim hatte ihn wütend angeschnauzt, dass er nicht kochen könne, hieße nicht, dass er nicht Wache schieben könne und Mirno solle sich nicht so viel einbilden. Außerdem habe Gendo doch schon festgestellt, dass niemand in der Nähe war. Die anderen versuchten gar nicht erst, das zu verstehen.
    Maja dachte an den Schwarzen Weg. Sie hatte es nicht noch einmal angesprochen, aber sie fühlte sich von ihm genauso angezogen, wie Gendo es beschrieben hatte. Sie wollte ihn sehen, nicht betreten, aber sehen wollte sie ihn unbedingt. Sie setzte sich auf.
    „Karim?“
    „Was ist?“
    „Erinnerst du dich noch daran, wie wir zu Simons Haus gegangen sind? Ich hatte da doch so ein schlechtes Gefühl. Und kurze Zeit später sind wir von Gnark angegriffen worden.“
    „Hmm.“
    „Und als wir mit Tabea auf diesem Hof waren, wo Matthias wohnte, als uns die Schwarze Garde angegriffen hat … da hatte ich ganz kurz vorher auch dieses Gefühl. Deshalb bin ich aufgewacht.“
    Karim sagte nichts. Vermutlich fragte er sich, was sie ihm eigentlich sagen wollte.
    „Die Sache ist die: ich habe dieses Gefühl schon wieder. Ich glaube, ich muss dringend zum Schwarzen Weg. Würdest du es den anderen bitte nicht sagen, wenn ich gehe.“
    „Schon gut“, sagte Karim. „Aber beeil dich, damit du bis zur Wachablösung wieder hier bist.“
    „Danke“, flüsterte Maja und sprang auf. „Du hast was gut bei mir.“
    „Und Maja?“
    „Ja?“
    „Sei vorsichtig, ja? Dieses Gefühl, von dem du da sprichst, hat dich auch schon mal ziemlich verrückt spielen lassen. Erinnerst du dich, als du uns im Dorf so angeschrien hast? Hing das nicht auch damit zusammen? Und gehe nicht zu nah an den Schwarzen Weg, betrete ihn auf keinen Fall.“
    Maja lächelte. „Schon gut, Karim. Ich passe auf.“
    Sie schlich sich an den schlafenden Gendo und Mirno vorbei. Gendo lächelte sanft im Schlaf und hatte einen Zipfel seiner Decke im Arm, wie ein Baby sein Stofftier. Komisch, wo er doch tagsüber immer so knallhart tat. Mirnos Schlaf war unruhiger, er sah aus, als würde er schlecht träumen.
    Das Heidekraut raschelte unter Majas Füßen, während sie auf die dunkle Linie im Osten zueilte. Selbst in der Nacht hob sich der Weg durch seine ungewöhnliche Schwärze von seiner Umgebung ab. Wenigstens konnte man ihn so nicht aus Versehen betreten.
    Dann entdeckte Maja vor sich einen kleinen, gelb flackernden Fleck. Ein Feuer? Hatte Gendo es nicht gesehen? Oder war es erst später entfacht worden? Für Maja gab es nur eines: Sie musste wissen, was da los war. Sie duckte sich und schlich näher heran. Die letzten Meter kroch sie nur noch, bis sie hinter einem Busch lag und vor sich einen runden Platz sehen konnte, an dem zwei Männer ihr den Rücken zukehrten und Nunas über einem Feuer rösteten. Gegenüber von ihnen saß eine große, kräftige Frau mit langen, blonden Haaren. Sie war die einzige, die Maja hätte sehen können, aber ihre Augen waren fest auf das Gesicht eines der Männer geheftet. Dieser kleidete sich als einziger der drei komplett in schwarz und Maja glaubte, dass er zu Fürst Dreizehns Elite-Garde gehören musste. Ein eiskalter Schauer lief Maja den Rücken hinab. Warum musste die Dreizehnte Garde ausgerechnet jetzt und hier aufkreuzen?
    Sie wurde zornig, ihre letzten Begegnungen mit der Garde waren ihr noch gut im Bewusstsein. Zum Glück war hier nur einer von ihnen und zum Glück wandte er ihr den Rücken zu. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, war sich aber relativ sicher, dass er zu den fünfen gehörte, die in ihr Haus eingebrochen waren. Wusste er, dass sie in der Nähe war? Oder hatte Dreizehn ihn ausgesandt, einen neuen Auftrag auszuführen? Sie hatte schon sehr lange keinen von Dreizehns Elitetruppe mehr getroffen. Vielleicht hatte man die Suche nach ihr aufgegeben.
    Maja hockte eine ganze Weile in dem Busch, bis ihr bewusst wurde, dass die drei schwiegen. Sie starrten sich nur gegenseitig an und sagten kein Wort. Zwischendurch drehten sie ihre Stöcke mit den Nunas, die sie in die Erde gebohrt hatten, damit diese gleichmäßig geröstet wurden. Dabei hätte Maja so gerne gehört, was sie vorhatten. Aber warum sollten sie auch ausgerechnet jetzt darüber sprechen? Maja und die anderen sprachen ja auch eher selten über ihre Pläne. Es war leichter, die Wahnwitzigkeit dieser zu vergessen, wenn man nicht darüber sprach. Vielleicht hatte der Mann der Dreizehnten Garde auch so einen unmöglich scheinenden Auftrag. Hatte er die anderen beiden darin eingeweiht? Wenn nicht, würde sie mit Sicherheit hier und heute nichts von ihm erfahren.
    Sie ließ ihren Blick um den Platz am Feuer wandern und stellte fest, dass sie sich die mit Abstand schlechteste Stelle zum spionieren gesucht hatte. Zwar saß sie im Schatten des Mannes, aber der Rest des Busches, in dem sie sich versteckte, wurde vom Feuerschein hell erleuchtet. Wenn der Mann aufstand, würde man sie sofort entdecken. Sie musste hier weg.
    In der anderen Welt hatte sie Bücher gelesen, in denen Menschen sich in der Wildnis an andere angeschlichen hatten. In den Geschichten war das spannend, wusste man doch, dass einem selbst nichts passieren konnte, wenn man gemütlich auf dem Bett lag. Hier war es leider überhaupt nicht spannend, jedenfalls nicht in solch positivem Sinne, und auch nicht gemütlich, sondern irgendwie einfach nur verzwickt. Maja kroch langsam rückwärts, das Herz pochte ihr bis zum Hals. Auf dem Hinweg war ihr, getrieben von ihrer Neugier, gar nicht aufgefallen, in welch eine gefährliche Situation sie sich begeben hatte. Jetzt war es ihr umso bewusster und gleichzeitig musste sie unerklärlicherweise an Bücher denken. Daran, wann sie das letzte Mal eines gelesen hatte. Es musste an dem Abend gewesen sein, an dem die Verfolger in ihr Haus eingebrochen waren. Irgendein Buch über eine Katze, etwas ganz normales eben. Neben Fantasy- und Abenteuergeschichten, die ihr manchmal ein wenig abgehoben vorkamen, las sie auch Bücher, in denen es um das ganz normale Alltagsleben ging. Bücher über Pferde, über Schule und über Freundschaften.
    Warum kam ihr das eigentlich jetzt in den Sinn? Sie hatte zehn Meter zwischen sich und die Menschen am Feuer gebracht, als ihr Blick an deren Gepäck haften blieb. Sie blinzelte. Auf dem Boden lag ein schwarzes, matt glänzendes Säckchen, in dem eindeutig etwas kugelförmiges lag. Und die drei waren so blöd gewesen, das Gepäck weit abseits unter einen Busch zu legen. Maja musste fast lachen, so blöd war das, aber die drei konnten ja nicht wissen, dass sie hier war. Sie glaubte, ganz genau zu wissen, was in dem Beutel war und sie hatte vor, es zu bekommen und um jeden Preis zu zerstören.
    Sie machte zwei gebückte Schritte in die Richtung des Säckchens. Die Leute fingen an zu reden:
    „Fühlst du dich eigentlich gut dabei?“
    Maja erschrak, im ersten Moment dachte sie, der Mann hätte sie angeredet. Es war nicht das Mitglied der Schwarzen Garde, sondern der andere. Von der Seite konnte Maja ihn gut erkennen, er hatte langes, rotes Haar und ein so finsteres Gesicht, als würde er die ganze Welt hassen. An seinem Hals war eine lange Narbe zu sehen, die aussah, als hätte jemand versucht, ihm die Kehle aufzuschlitzen. Maja blickte hastig weg, es war kein schöner Anblick.
    „Fühlst du dich eigentlich gut dabei, Julio?“, wiederholte er. Also hieß das Mitglied der dreizehnten Garde Julio.
    „Was ist, bist du auf einmal weich geworden?“, fragte der. „Machst du dir Sorgen um die Frau? Dann bist du hier in der falschen Truppe. Wir haben schließlich vor, sie zu töten. Fürst Dreizehn sagte zu mir, du wärst absolut vertrauenswürdig.“
    „Natürlich bin ich das“, zischte der Rothaarige. „Wag es nicht, mich zu beleidigen. Aber müssen wir denn gleich töten? Wenn es ein Kampf wäre, Mann gegen Mann, dann gerne, aber müssen wir uns von hinten an sie heranschleichen? Muss es ausgerechnet ein Weib sein?“
    Maja ließ sich vorsichtig zu Boden sinken. Diese halb hockenden Stellung hielt sie keine Minute länger mehr aus.
    Julio lachte leise. Sein Lachen ließ einem die Haare zu Berge stehen. Warum mussten Dreizehns Gefolgsleute eigentlich so gruselig lachen können?
    „Hätte ich mir ja denken können, dass du so etwas denkst. Mir wäre ein Kampf von Angesicht zu Angesicht auch lieber, solange der Gegner schwächer ist als ich. So wie du zum Beispiel.“ Der Rothaarige quittierte die Bemerkung mit einem Zucken seiner Augenbraue. Die Frau, die die Unterhaltung gebannt beobachtet hatte, ließ ihren Blick abschätzend über den Sprechenden gleiten. „Aber ich werde kein Risiko eingehen. Diese Frau ist nicht zu unterschätzen; sie ist eine Kamiraen. Ich werde sie aus dem Hinterhalt angreifen, wenn das nicht klappt kannst du ja frontal drauflos stürmen. Aber vergiss bitte, dass sie eine Frau ist. Und stell sie dir bloß nicht mit einem Nudelholz und einer Schürze in der Küche vor, sie ist eine ausgebildete Kriegerin. Außerdem ... vergesst beide nicht das Wichtigste: an das Amulett zu denken.“ Er drehte seinen Nunaspieß um. „Sie sind trickreich, diese Amulette. Als wir den letzten Kamiraen erwischt haben ... keiner weiß, warum, aber wir haben einfach vergessen, es ihm abzunehmen. Als wir daran dachten, hatte Tabea es schon in der Hand.“
    Jetzt mischte sich die Frau ein: „Dieses Miststück. Seit wie vielen Jahren durchkreuzt sie jetzt schon eigentlich unsere Pläne?“
    „Das ist irrelevant. Hätten wir an das Amulett gedacht, wäre sie zu spät dazugekommen. Die Dinger beschützen sich selbst. Die Sache mit Tabea ist sicher ärgerlich. Aber solange sie nichts von unserem Plan erfährt, kann sie nicht dazwischenfunken und dann wird es schon hinhauen.“
    „Jetzt mal ehrlich“, meinte die Frau, „wir versuchen Fiona Femeno zu töten. Sie hat im Alleingang die Festung El Bat erobert. Warum sollten wir uns vor Tabea mehr fürchten, als vor ihr?“
    Julio sah sie finster an. „Die Erfahrung hat uns gelehrt, Tabea zu fürchten. Unser Ziel wird keine Ahnung haben, dass wir kommen, solange wir sie ernst nehmen, werden wir schon mit ihr fertig. Und wenn du ihren Namen noch einmal in die Nacht schreist, wirst du den Sonnenaufgang nicht mehr erleben.“
    Die Frau lachte. „Wer soll uns denn hier belauschen?“
    „Du hast doch sicher schon von den zahlreichen Geheimnissen der Tore gehört?“
    „Nein, deshalb heißen sie Geheimnisse. Weil sie geheim sind.“
    „Nun, ich habe davon gehört. Und deshalb kann ich dir nur sagen, dass die Spione unserer Gegner sehr gut sind.“ Er sah sich um und Maja ließ sich tiefer ins Gras sinken.
    „Ich habe kein gutes Gefühl“, sagte Julio. „Warum lächelst du, Goroth? Wir sollten nicht weiter über unsere Pläne reden, wir haben das schon oft genug getan. Wenn du Gewissensbisse bekommst, rate ich dir, sie hinunterzuschlucken. Solltest du uns in die Quere kommen, töte ich dich.“
    „Ich habe nicht vor, euch in die Quere zu kommen. Meine Loyalität zu Fürst Dreizehn ist ungebrochen.“
    Maja erhob sich leicht und schlich weiter. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass es besser war, jetzt weiter zu gehen, während die drei noch redeten. Dann würden sie sie nicht so schnell hören. Sie war noch wenige Schritte von dem Gepäck entfernt und sie dachte nicht daran, ihr Vorhaben abzubrechen. Sie schlich noch zwei Meter weiter und streckte den Arm aus. Das Feuer flackerte und erleuchtete einen kurzen Moment ihren Körper. Sie wünschte, sie träge nicht den blöden, grünen Reiseumhang, sondern schwarz oder grau, aber was sollte sie machen. Dann war sie wieder in Dunkelheit eingehüllt und ergriff den Beutel. Sie schaute zu den drei Personen am Feuer. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, der Rothaarige, Goroth, sehe sie direkt an, dann verschwand der Eindruck. Sie rollte sich zur Seite wobei sie eine dicke Spur im hohen Gras hinterließ. Würde sie am Morgen noch zu sehen sein? Egal, dann waren sie schon über alle Berge. Sie stieß mit dem Rücken gegen einen Strauch und krabbelte vorsichtig dahinter.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (29. Dezember 2014 um 12:21)

    • Offizieller Beitrag

    WOW ... ich hatte als gehofft "Hoffentlich sehen sie Maja nicht ... hoffentlich sehen sie Maja nicht ..."
    Spannend und die Unterhaltungen sind doch mal sehr interessant für die Truppe.

    Man saß förmlich mit Maja da und hat gelauscht, wie sie sich über Tabea und Co unterhielten.
    Die Streitigkeiten der Gruppebringst du auch gut rüber, alle Charakter bleiben dabei authentisch und das ist eine wahre Kunst :super:
    Ich kenns ja, wenn man en Haufen ... interagieren lassen muss: ALSO RESPEKT!!!!

    Dann schreib mal weiter :stick:

  • Weiterhin gut geschrieben und ich habe diesmal nichts anzumerken :thumbsup:
    Ich wüsste gern, wer diese Fiora ist. Eine Mögliche Verbündete?

  • Dinteyra: ich bin gerade dabei deine Geschichte durchzulesen (bin noch am Anfang) aber mich würde interessieren wie alt Maja ist? Vielleicht habe ich es überlesen oder es kommt noch. Verrätst du es mir? :)

    Bis jetzt finde ich die Story super!!! :D

    LG Kisa

  • Die Zerstörung der Rauchkugel


    Von jetzt an ging es schneller. Sie krabbelte, nein wand sich, blitzschnell durch das hohe Gras, nur weg von den Feinden und weg von ihrem eigenen Lager. Nach kurzer Zeit sah sie vor sich, in einiger Entfernung, den Schwarzen Weg. Sie hatte ihn beinahe vergessen und jetzt lief sie direkt darauf zu. Maja korrigierte ihre Richtung, stand schließlich auf und rannte los. Wie weit musste sie laufen, damit niemand sah, was sie jetzt tun würde? Ihre Hände klammerten sich um die Kugel in dem samtenen Beutel. Sie blieb stehen und hielt sie hoch. Es war eine Rauchkugel, daran hatte sie von Anfang an keine Sekunde gezweifelt. Und sie, Maja Sonnfeld, würde sie zerstören. Auch daran hatte sie nicht gezweifelt. Jetzt zögerte sie.
    Sie hatte drei Menschen in einer solchen Kugel verschwinden sehen, das war schwer zu verdrängen. Aber sie war eine Kamiraen, ihr konnte nichts passieren. Beim letzten Mal war ihr schließlich auch nichts passiert. Und dafür, dass sonst niemand in der Nähe war, hatte sie gesorgt. Ihre Finger verkrampften sich. Sie überlegte, ob sie die Kugel aus dem Säckchen herausnehmen musste, oder ob sie sie einfach so fallen lassen konnte. Herausnehmen wollte sie die Rauchkugel nicht, was wenn Fürst Dreizehn sie dadurch sehen konnte? Maja hockte sich hin und blickte den schwarzen Samt an. Dann ließ sie los.
    Was auch immer sie erwartet hatte, die Dramatik blieb aus. Die Kugel fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden und rollte aus dem Säckchen heraus. Leicht im Mondlicht glitzernd lag sie zwischen ein paar Steinen.
    Enttäuscht stand Maja auf, ging zu ihr und hob sie auf. Im Innern der Kugel wirbelte dunkler Rauch, aber keine schwarze Säule bildete sich darüber. Die Verbindung war nicht aktiviert. Die Kugel sah so merkwürdig unschuldig aus. Maja schüttelte verwirrt den Kopf und legte sie auf den Boden. Dann drehte sie sich um und ging. Niemand würde die Rauchkugel finden. Beim Weggehen steckte sie die Hand in die Hosentasche und berührte die glatte, von ihrem Körper angewärmte Kastanie.
    Hatte sie eigentlich den Verstand verloren? Sie wirbelte herum und starrte die Kugel an. Warum hatte sie sie nicht aus höherer Höhe fallen lassen? Das war nicht einmal ein halber Meter gewesen. Warum war sie gegangen und hatte die Kugel dort liegen lassen?
    Mit großen Schritten kehrte sie zurück, packte die Kugel und hielt sie hoch über den Kopf. Das Licht des Mondes brach sich darin und warf fleckige Lichtpunkte auf das umliegende Heidekraut.
    Wäre doch Schade um das schöne Stück.
    Es fing schon wieder an, irgendwie brachte sie es einfach nicht fertig, die Rauchkugel zu zerstören. War das irgendeine Art von Zauber? Aber sie musste es tun ... Sie wollte es tun.
    „Nicht mit mir!“, schrie sie und schleuderte die Kugel mit aller Macht auf den Boden. Sie zerbrach in tausend Stücke, von denen etliche Maja trafen. Sie rissen ihre Kleidung auf, verletzten ihre Arme und Beine und hinterließen einen großen Schnitt auf ihrer Wange. Gleichzeitig mit den Splittern traf sie eine harte Druckwelle und Rauch umhüllte sie. Entsetzt sprang sie zurück, als sich dort, wo die Kugel zerschellt war, das große schwarze Loch wieder auftat. Einen Moment lang spürte sie die schreckliche Anziehungskraft des dunklen Nichts, ihre Haare flatterten, genau wie ihr Umhang. Sie zweifelte nicht daran, dass sie, wenn sie in diese Finsternis fiel, genauso verloren war, wie alle anderen, und wich weiter zurück.
    Dann schloss sich das Loch mit einem Knall, der Rauch, der die Umgebung eingehüllt hatte, verpuffte und eine schreckliche Stille breitete sich aus. Maja schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht und strich ihren Umhang glatt. Ein großer Teil davon war verschwunden und die Stelle, wo er abgerissen war, war schwarz umsäumt. Auch ihre Haare waren leicht verkohlt. Sie war dem Loch gefährlich nahe gewesen. Erschöpft starrte sie auf die Stelle, wo die Kugel gelegen hatte. Der Boden war schwarz, ein paar Scherben lagen noch dort, aber die Pflanzen waren verschwunden und die Erde hatte sich abgetragen.
    Maja atmete tief ein und aus und rannte dann los. Mit Sicherheit hatten die drei Leute Fürst Dreizehns den Krach gehört, den die Kugel verursacht hatte. Sie würden sicher bald herkommen und dann durfte Maja nicht mehr hier sein. Zum Glück lag dieser Platz weit weg von ihrem eigenen Lager, so würde man ihre Freunde nicht sofort finden, aber sie durften trotzdem nicht länger hier verweilen. Musste Gnark halt ein andernmal ausschlafen. Nach gefühlten zehn Minuten schnellen Rennens kam sie am Fluss an, genau an der Stelle an der die anderen schliefen. Sie konnte nicht umhin, sowohl ihre eigene Ausdauer, die sich, seit sie in dieser Welt war, enorm verbessert hatte, als auch ihren Orientierungssinn zu bewundern.
    „Karim!“, rief sie ebenjenem zu, der erschrocken herumfuhr und aufsprang, zum Kampf bereit. Dann erkannte er sie.
    „Was ist los?“, flüsterte er leise.
    „Sie müssen alle aufstehen“, rief Maja. Die ersten richteten sich schon auf, geweckt durch ihren Ruf. Gnark starrte sie aus leuchtend roten Augen an, den Ausdruck in seinem Gesicht konnte sie nicht deuten, denn er hatte sich nicht die Mühe gemacht, eines zu formen. Die Gesichter der anderen konnte sie sehr gut deuten und sie drückten überwiegend verschlafene Erschrockenheit aus.
    „Was ist passiert?“, fragte Jinna.
    „Das erkläre ich euch gleich. Wir müssen das Floß klar machen, wir müssen hier weg.“
    „Warum siehst du so aus?“, fragte Karim.
    „Wie aus?“
    „Deine Kleider sind kaputt, du blutest…“
    „Später“, schrie Maja. Verstanden sie nicht, dass sie jetzt erst einmal dringend weg mussten? „Mir geht es gut, aber es sind Feinde in der Nähe und wenn die uns finden, geht es uns allen alles andere als gut.“
    „Was für Feinde?“, fragte Jinna und Maja begriff, dass sie die anderen wohl nur dazu bringen konnte zu packen, indem sie selbst damit anfing.
    „Sie sind dahinten irgendwo“, sagte Maja, packte ihre Decken und warf sie auf das Floß, das halb auf Land stand. „Wahrscheinlich brauche sie noch etwas um herzukommen, trotzdem sollten wir keine Zeit verlieren. Gnark, kannst du das Floß ins Wasser schieben?“
    „Klar. Geht mal beiseite, ich kümmere mich darum.“ Er peitschte mit seinen Ästen herum, die blitzschnell ihre Form veränderten und menschlichen Armen mit Händen ähnlich wurden. Zwei davon packten das Floß und stießen es ins Wasser, der Rest griff nach dem Gepäck, das an Land lag. Dann hievten seine Wurzeln den gesamten Baum in die Höhe.
    „Da seht ihr mal, was ein kleines Nickerchen so ausmachen kann“, sagte er den staunenden Kindern und ließ sich mit einem Augenzwinkern aufs Floß sinken. „Macht, dass ihr an Bord kommt, sonst muss ich euch herauf tragen.“
    Sie beeilten sich, seiner Aufforderung Folge zu leisten und kletterten auf das Gefährt, dann stieß Gnark sie hart vom Ufer ab.
    „Warum schläfst du nicht öfter, wenn du danach so stark bist?“, fragte Maja.
    „Ich kann nur bei Vollmond schlafen.“
    Sie blickten alle zum Himmel und tatsächlich. Der Mond war kugelrund.
    „Normalerweise schläft man doch bei Vollmond schlechter“, sagte Maja. „Ich kenne Leute, die machen bei Vollmond ganz komische Sachen. Den Kühlschrank ausräumen oder so.“ Sie sprach von ihrem Vater, der des Öfteren schlafwandelte.
    „Die komischen Sachen machen sie, weil sie es von den Mondgeistern befohlen kriegen. Manchmal ergreifen sie von den Menschen Besitz und bringen sie dazu, ihre unheilvollen Pläne auszuführen“, sagte Jinna. „Ich war mal dabei, wie sie jemandem einen Mondgeist ausgetrieben haben.“
    „Mondgeister?“ Maja musste sich anstrengen, nicht zu lachen.
    „Ja, Mondgeister“, sagte Jinna. „Hast du was dage…“
    „Wenn ich eure Unterhaltung unterbrechen darf, möchte ich euch daran erinnern, dass ich kein Mensch bin“, sagte Gnark. „Ich schlafe bei Vollmond sehr gut. Aber das ist jetzt gerade mal unwichtig. Vielleicht, Maja, erklärst du uns mal, warum wir gerade so überstürzt aufgebrochen sind.“
    Maja erzählte ihnen, was sie gemacht hatte, wie sie die Männer belauscht und die Rauchkugel zerstört hatte.
    Jinna klappte vor Staunen der Mund auf und es schien nicht, als wollte sie ihn in den nächsten Minuten wieder schließen. Karim schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.
    „Du hast uns in Gefahr gebracht“, sagte Gendo und fixierte sie mit einem starren Blick. „Warum bist du nicht, als du das Feuer gesehen hast zurückgekommen und hast uns gewarnt?“
    „Ich hatte das Gefühl, es sei wichtig, herauszufinden, wer dort war.“
    „Und was sollte die Aktion mit der Kugel?“
    Maja biss wütend die Zähne zusammen, wurde sie jetzt eigentlich nur noch kritisiert?
    „Lass sie in Ruhe“, sagte Jinna plötzlich. Maja starrte sie überrascht an.
    „Es war vollkommen richtig, dass sie diese Kugel zerstört hat. Die war nämlich echt gefährlich und Maja ist die einzige, die sie zerstören kann.“
    Das stimmte zwar nicht, Tamor hatte mit seinem Pfeil auch eine zerstört, aber Maja ließ es mal so stehen.
    „Aber jetzt sind sie auf uns aufmerksam geworden.“
    „Macht nichts“, sagte Maja. „Sie wissen nicht, wer wir sind, und sie haben einen sehr wichtigen Auftrag. Und um Dreizehn zu fragen, ob sie ihn abbrechen und uns verfolgen sollen, brauchen sie die Kugel oder mehr Zeit. Mit unserem Floß sind wir ziemlich schnell über alle Berge, die holen uns nicht mehr ein. Das Problem ist nur … “ Sie blickte den Baum an. „Gnark, wenn du nur bei Vollmond schlafen kannst … “
    „Mach dir um mich keine Sorgen“, sagte Gnark. „Ich überanstrenge mich auf diesem Floß schließlich auch nicht.“
    „Vollmond“, sagte Jinna. „Als wir den Dark Forest betreten haben, war auch Vollmond. Wir sind seit einem Monat auf der Suche nach Mama.“
    „Ich bin seit einem Monat von Zuhause weg. Aber es kommt mir viel länger vor. Wie lange brauchen wir noch bis nach Andraya?“, fragte Maja Gnark.
    Der raschelte nur mit den Blättern. Vielleicht sollte das ja eine Art Schulterzucken darstellen.
    „Noch zwei Wochen“, sagte Gendo. Vielleicht etwas weniger oder mehr.“
    Maja lies sich stöhnend auf die Planken des Floßes sinken. „Noch zwei Wochen auf diesem Stück Holz herumfahren.“

    In dieser Nacht schlief keiner von ihnen mehr, auch wenn Gendo, Mirno, Karim, Jinna und Matthias es versuchten. Gnark musste das Floß steuern und Maja saß am Rand dieses, ließ die Beine ins Wasser baumeln und betrachtete den Schwarzen Weg, der dem Fluss immer näher kam und sich schließlich wieder davon entfernte. Mirno hatte ihre Wunden versorgt, aber jetzt, wo die Aufregung verschwand, begannen sie trotzdem zu schmerzen.
    Die Reise wurde zur Geduldsprobe. Sie konnten nicht viele Pausen machen, denn sie hatten keine Zeit zu verlieren, aber die vielen Stunden auf dem Floß wurden jeden Tag anstrengender. Dann wurde die Luft trocken und die Vegetation veränderte sich. Statt Heidekraut wuchs hier trockenes Gras auf sandigem Boden.
    „Gnark“, sagte Maja nach ein paar Tagen. „Du weißt nicht zufällig eine Möglichkeit, von hier aus mit jemandem Kontakt aufzunehmen?“
    „Eigentlich nicht. Das heißt, es kommt drauf an, mit wem. Mit den anderen Bäumen aus meinem Stamm kann ich zum Beispiel jederzeit Kontakt aufnehmen.“
    „Sie heißt Tabea.“ Maja schaute trüb ins Wasser. Das Thema beschäftigte sie seit der Begegnung mit Dreizehns Leuten. Sie war ratlos, was sie tun sollte, deshalb hatte sie sich an Gnark gewandt.
    „Nicht die Tabea, oder?“, fragte Gnark.
    „Du kennst sie?“
    „Hat sie weißes Haar?“
    „Ja“, hauchte Maja. „Du kennst sie?“
    „Wer kennt sie nicht? Die legendäre Dienerin der Kamiraen. Aber es sind bestimmt schon fünfzig Jahre vergangen, seit ich das letzte Mal von ihr gehört habe. Damals war sie mit Jimo Kandrajimo unterwegs. Sie haben das Schwarze Einhorn gesucht. Es heißt, Tabea sei die einzige noch lebende Person, die es jemals erblickt hat. Wenn ich das so bedenke kann ich vermutlich schon mit ihr Kontakt aufnehmen. Ich als Baum kann mit den Vögeln sprechen und sie kann es ebenfalls.“
    „Sie kann … ?“
    „Psst“, flüsterte Gnark. „Das ist ihr Geheimnis, es muss nicht jeder wissen, nicht wahr? Was möchtest du ihr sagen.“
    Maja war aufgestanden, ihre Augen strahlten und ihr Mund hatte sich zu einem Lächeln verzogen.
    „Grüß sie von Maja Sonnfeld und sag ihr, dass Dreizehn vorhat, eine gewisse Fiona Femeno zu töten und ihr das Amulett abzunehmen. Sie muss sie aufhalten. Ich weiß, dass sie es kann, sie hat auch mich gerettet. Aber sag ihr nicht, wo ich bin.“
    „Ich werde mich bemühen“, sagte Gnark. „Aber Maja ... “
    „Mmhh?“
    „Ich kann dir nicht versprechen, dass die Nachricht rechtzeitig ankommt. Und auch nicht, dass Tabea diese Gräueltat verhindern kann.“
    Maja nickte. „Aber besser als nichts tun.“
    Sie schloss die Augen und lauschte auf das Gurgeln des Flusses.
    „Ich bin ein kleines bisschen glücklich“, sagte sie, was Gnark zum Lachen brachte.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (1. Januar 2015 um 18:40)

    • Offizieller Beitrag

    Schöner Teil.
    Maja erweist sich als sehr mutig. Das Einzige, was ich nicht verstehe ist, wenn sie so tödlich ist die Kugel, warum sie nicht einen Plan ausgeklügelt hat, die Kugel in der Nähe der Feinde zu zerstören, damit hätte sie mehrere Fliegen mit einer Klatsche geschlagen 8o
    Naja, ich schiebe es mal auf den Moment und die Panik ;)

    Anosnten bin ich mal gespannt, ob Tabea die Nachricht noch erreicht :hmm:

    :super:

  • Jennagon: Ich denke, Maja wäre gar nicht auf die Idee gekommen. (Ich übrigens auch nicht, aber ich find sie gut, also heb ich sie mir vielleicht für später mal auf.) Und wenn sie doch auf die Idee gekommen wäre, hätte sie sie vermutlich nicht ausgeführt. Damit hätte sie diese Leute ja praktisch getötet und ich glaube nicht, dass sie das gekonnt hätte.

    Es ist früh am Morgen, aber plötzlich packte mich die Motivation, deshalb kommt hier noch ein kurzer Teil. Der erste des neuen Jahres. ^^


    Das Land der Himmelssäulen


    „Wir sind bald da“, sagte Gendo eines Morgens beim Frühstück, das sie ausnahmsweise auf dem Floß einnahmen. Es regnete nämlich und unter den mittlerweile wieder dicht gewachsenen Blättern Gnarks konnte ihnen der Regen nichts anhaben. Sowieso wurde das Wetter immer nasser, je weiter sie nach Süden kamen. Am Vortag war es trocken geblieben, davor aber waren zwei Tage lang Sturzbäche vom Himmel geströmt. Und auf dem Floß war das äußerst ungemütlich.
    „Wie kommst du darauf?“, fragte Jinna.
    „Ich kenne dieses Land“, sagte Gendo. „Vor vier Jahren war ich schon einmal hier. Morgen erreichen wir das Land der Himmelssäulen, das Stammesgebiet der Xeryllas und von da sind es höchstens noch zwei Tage auf diesem Floß, bis nach Andraya.“
    „Wie groß ist Andraya eigentlich?“, fragte Karim. Er überlegte wohl, wo sie ihre Mutter dort suchen sollten. Maja hatte darüber auch schon eine Weile nachgedacht.
    „Erbärmlich klein“, antwortete Gendo in dem verächtlichen Tonfall, in dem er so oft redete. „Das Land besteht eigentlich nur aus einer Stadt und einem Schloss. Aber es hat wenige Grenzübergänge, daher ist es leicht zu bewachen. Ihr werdet es nicht leicht haben, unbemerkt hinein zu kommen.“
    „Ich hätte nicht gedacht, dass sein Land bloß so klein ist“, meinte Karim. „Nach allem was man sich über ihn erzählt.“
    „Seine Macht erwächst daraus, dass er auch einen Großteil des umliegenden Landes beherrscht. Sein Einfluss erstreckt sich über weite Teile dieser Welt, selbst bis in unser Stammesgebiet. Sonst wären Mirno und ich wohl kaum hier.“
    „Aua“, rief Maja plötzlich und schlug sich auf den Arm. Etwas Kleines, Summendes fiel auf den Boden. Es hatte sie gestochen.
    „Ein Kranzstecher“, sagte Karim. „Halte den Arm in den Fluss, damit er gekühlt wird.“
    Der Stich schwoll schnell an und schmerzte pochend, wie ein Bienen- oder Wespenstich. Maja hielt den Arm eine Weile ins Wasser. Es tat gut, aber als sie ihn wieder heraus zog, tat es wieder weh. Um den Stich hatte sich ein kreisförmiger, roter Ring gebildet. Allerdings machte sich niemand deswegen Sorgen, Kranzstecherstiche waren schmerzhaft, aber nicht gefährlich. Auch Maja versuchte, nicht zu viele Gedanken an den Stich zu verschwenden, denn je mehr sie daran dachte, desto mehr spürte sie den dumpfen Schmerz, den er auslöste.

    Am Abend war jedoch ihr ganzer Arm rot und nun machte sie sich doch ein wenig Sorgen. Und nicht nur sie. Karim hatte ein Stück Stoff nass gemacht und es um ihren Arm gewickelt, um ihn zu kühlen. Seine Miene war mehr als besorgt, vor allem, nachdem Maja ihm erzählt hatte, dass es in ihrer Welt keine Kranzstecher gab. Was, wenn die Menschen in ihrer Welt heftiger auf das Gift des Insektes reagierten? Auch Gnark wollte den Stich sehen und spukte dann eine klebrige, nach Harz riechende Flüssigkeit darauf. Er meinte, das würde vielleicht helfen.
    Maja fühlte sich immer schwächer und das ärgerte sie, besonders weil sie doch bald da waren und es jetzt wichtig war, dass sie stark und handlungsfähig war. Sie legte sich an diesem Abend früh zwischen Gnarks Wurzeln schlafen, in der Hoffnung, mit ein bisschen Schlaf würde es ihr bald besser gehen.
    In der Nacht bekam sie Schüttelfrost. Sie weckte Jinna auf, die ihr half, etwas zu trinken und sie mit allen möglichen Decken zudeckte. Dann legte sie Maja die Hand auf die Stirn. Maja musste nicht fragen, um zu wissen, dass sie Fieber hatte.

    Als sie am nächsten Tag schon bei Sonnenaufgang aufwachte, fühlte sie sich gleich viel besser und genoss die ruhigen Minuten, während sie den Himmel und die Landschaft, durch die sich der Fluss nun schlängelte, betrachtete. Sie war karg geworden, flach und mit nur wenigen Pflanzen. Außerdem war der Boden trocken und mit schmalen und breiteren Rissen übersät. Einige von ihnen waren richtige Schluchten und unüberwindbar. Wollte man auf die andere Seite, so musste man entweder hindurchklettern oder darum herum gehen.
    Langsam wachten die anderen ebenfalls auf, drückten ihre Überraschung, dass es Maja wieder so gut ging, aus und es gab Frühstück an Bord. Ein wenig selbstgebackenes Brot hatten sie noch, das sie jetzt aßen. Maja stopfte besonders viel in sich hinein, das Fieber hatte sie geschlaucht und die verlorene Kraft wollte sie jetzt wieder zurück bekommen. Sie haute richtig rein, bis ihr Mirno schließlich das Brot wegnahm und sagte, es müsse noch für das Abendessen reichen. Aber das bisschen, was noch übrig war, hätte niemals für sechs Personen zum Abendbrot gereicht, nicht einmal als Beilage.
    „Wir haben gerade das Gebiet der Xeryllas erreicht“, sagte Gnark, „also solltet ihr besser Augen und Ohren offen halten. Ihr wisst doch noch, dass sie den Genêpas nicht besonders wohl gesonnen sind.“
    „Nicht wohl gesonnen trifft es nicht ganz“, erklärte Gendo. „Aber ihr Hass beschränkt sich leider nicht nur auf die Genêpas; sie können niemanden leiden. Wer durch ihr Land reist, begibt sich in Gefahr.“

    Am Abend hatten sie den Teil des Landes der Himmelssäulen, der den Xeryllas gehörte, völlig unbehelligt hinter sich gelassen, worüber sie alle mehr als froh waren. Es war aber auch erstaunlich, wie schnell sie heute vorangekommen waren, und das nur, weil Gnark ein wenig nachgeholfen hatte. Er hatte nämlich aufgrund der bedrohlichen Situation seine Wurzeln ins Wasser gehalten und das Floß angetrieben. Maja hatte sich daraufhin ein bisschen, wie auf einem Motorboot gefühlt. Als Gnark aufhörte und sie wieder mit der Geschwindigkeit des Flusses dahintrieben, fragte Karim, warum sie das nicht immer gemacht hatten.
    „Blöde Frage, das ist viel zu anstrengend“, sagte Gnark und tatsächlich keuchte er etwas. „Du würdest auch nicht den ganzen Tag rennen.“
    So trieben sie müde auf dem schillernden Fluss durch die karge Landschaft, während die Sonne dem Horizont immer näher kam.
    Maja stand am vorderen Ende des Floßes, die Augen auf ihr Ziel gerichtet, die Hände fest an das Geländer geklammert. Sie hatte wieder mit Übelkeit und Schwindelgefühlen zu kämpfen. Zwar wollte sie es nicht zugeben, aber das meiste, was sie sah, sah sie gleich zweimal.
    Karim, Jinna und Matthias saßen am hinteren Ende des Floßes. Die beiden Geschwister tuschelten leise. Maja war klar, dass sie über sie sprachen. In ihrem jetzigen Zustand würde sie nicht mit nach Andraya kommen können. Aber Maja wollte mitkommen. Unbedingt. Sie konnte die anderen doch nicht im Stich lassen. Aber was, wenn sie dadurch alle nur in Gefahr brachte? Warum musste das ausgerechnet jetzt passieren? Warum musste es ihr ausgerechnet jetzt so schlecht gehen?
    Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Und tatsächlich ging es ihr für einen Augenblick wieder besser. Nur ihr Arm schmerzte heiß. Vielleicht sollte sie sich doch noch etwas schlafen legen. Dabei hatte sie den ganzen Tag kaum etwas anderes getan.
    Sie machte die Augen auf und blickte noch einmal in den Himmel. In die Ferne gucken tat gut, wenigstens wenn man nichts Bestimmtes ansah. Plötzlich sah sie verschwommen etwas Seltsames. Sie kniff angestrengt die Augen zusammen und das Gebilde wurde klarer. Was war das?
    „Kommt mal schnell her!“, rief sie. Ihre Stimme war schwach und kaum zu hören über den starken Wind, der jetzt aufkam.
    „Karim, Jin…“ Sie brach ab, weil ihr die eigene Stimme Kopfschmerzen bereitete. Sie wusste nicht, ob die anderen sie gehört hatten. Das Gebilde wurde immer größer und erinnerte Maja an den Wassergeist Isomair. Es war schmal und hoch, bis zu den Wolken, nein, es kam aus den Wolken, und wirbelte …
    „Ein Torna … “, schrie sie, brach aber sofort ab, weil sie vom Schreien Kopfschmerzen bekam. Fürchterliche Kopfschmerzen. Sie musste wieder die Augen schließen. Jetzt waren die anderen neben ihr und schrien entsetzt durcheinander. Irgendetwas mit „Himmelssäulen.“ Sie brachen regelrecht in Panik aus und ihre Schreie wurden immer lauter und durchdringender. Maja sah nur noch Flecken und Sternchen, sie konnte das Geschrei nicht länger ertragen und schlug sich die Hände auf die Ohren.
    Dummerweise hatte sie die Hände gebraucht, um sich am Geländer festzuhalten. Jetzt verlor sie das Gleichgewicht; für einen Moment wusste sie nicht, wo oben und unten war, dann krachte sie mit dem Rücken auf das Holz und wurde ohnmächtig.

    Einmal editiert, zuletzt von Dinteyra (1. Januar 2015 um 18:38)

    • Offizieller Beitrag

    Oo was ein Szenenwechsel ..
    Du füllst mit guten Ideen diese Reise aus. So wird es auf keinen Fall langweilig.
    Der Stich und dann die Windhose bzw. Wasserhose :D
    Die haben auch keinen Tag Ruhe ;)
    Hoffentlich schaffen sie alle sicher ans Ufer und zu ihrem Ziel

    WEgen der Kugel. Ja, kam mir dann auch später, dass es zu Maja nicht passt so abgebrüht vorzugehen.
    Aber gut, wenn die Idee vielleicht später noch Verwendung finden kann ;)

    :super: Ansonsten nichts zu bemängeln :D

  • #136

    Zitat

    Dann schloss sich das Loch mit einem Knall wieder, der Rauch, der die Umgebung eingehüllt hatte, verpuffte und eine schreckliche Stille breitete sich aus.


    Würde ich an dieser Stelle weglassen. Ist ein unnötiges Füllwort und liest sich hier nicht so gut.

    Zitat

    Mit Sicherheit hatten die drei Leute Fürst Dreizehns den Krach gehört, den die Kugel verursacht hatte. Sie würden sicher bald her kommen und dann durfte Maja nicht mehr hier sein.


    Ich glaube, das muss zusammen geschrieben werden

    Zitat

    „Später“, schrie Maja. Verstanden sie nicht, dass sie jetzt erst einmal dringend weg mussten.


    Fragezeichen ans Ende

    Zitat

    Mit unserem Floß sind wir ziemlich schnell über alle Berge, die holen uns nicht mehr ein.


    Das klingt an dieser Stelle unfreiwillig komisch, aber es ist klar, was du meinst ^^

    Zitat

    Wenn ich das so bedenke, denke ich schon, dass ich mit ihr Kontakt aufnehmen könnte.


    Würde ich umformulieren

    #138

    Zitat

    Er hatte nämlich aufgrund der bedrohlichen Situation seine Wurzeln ins Wasser gehalten und sie angetrieben.


    So bezieht sich das auf die Wurzeln. Schreib hier ruhih "das Floß"

    Fängt ja gut an bei dir im neuen Jahr :thumbup: Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum man es Land der Himmelssäulen nennt. Ich dachte an hohe schmale Berge, die bis in die Wolken ragen. Mit den Tornados hast du mich überrascht :D Wie die Gruppe da jetzt nur wieder heil rauskommt :S Naturgewalten lassen sich nicht mal eben so bekämpfen.