Die eisigen Kinder [Arbeitstitel]

Es gibt 107 Antworten in diesem Thema, welches 26.586 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. September 2018 um 15:21) ist von Kelamith.

  • Nachdem mich die liebe @melli nochmal etwas angestupst hat, ist mir aufgefallen, dass ich tatsächlich noch einen Teil auf meiner Festplatte habe. Ich spiele auch mit dem Gedanken, nochmal was zu schreiben. Das dauert dann aber noch, da ich mir erst wieder einen Überblick verschaffen müsste.

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    Mit lautlosen Schritten durchquerte der Großinquisitor die Speisekammer. Hier im zentralen Sitz der Inquisition befanden sich mehr Wachen als im Königspalast selbst. Dennoch gelang es von Gellenstein dank jahrelanger Übung und umfangreicher Kenntnisse über die, das ganze Gebäude durchziehenden, Geheimgänge, stets, sich unbemerkt von seinen Gemächern bis zu seinem Ziel zu begeben.
    Ein schwarzer Umhang, auf dem ein silbernes Auge prangte, zierte seine Schultern und das Gesicht des Großinquisitors wurde von einer ausdruckslosen, ebenfalls schwarzen, Porzellanmaske verdeckt. Abgerundet wurde dieses, mehr als ungewöhnliche, Erscheinungsbild von einem geschwärzten, eisernen Brustharnisch.
    Kurz hielt der großgewachsene Mann inne, ehe er die Kacheln am Ende der menschenleeren Speisekammer in genau festgelegter Reihenfolge berührte. Lautlos glitt die Wand auseinander und gab den Blick frei auf ein Portal aus schwarzem Eisen, auf welchem ebenfalls ein silbernes Auge abgebildet war.
    Dies war einer von zwölf Eingängen dieser Art, wie von Gellenstein wusste. Einer von zwölf geheimen Eingängen zum Mondlichtsaal. Den wenigsten Mitgliedern der Inquisition war auch nur einer dieser Eingänge bekannt, doch niemandem wusste um die Position von mehreren Portalen. Von Gellenstein hob seine bloße Hand. Das Symbol auf seinem Ring, welcher ihn als Angehörigen der Inquisition ausgab, fügte sich nahtlos in eine kaum zu erkennende Vertiefung in der Mitte der Tür. Ohne ein Geräusch schwangen die Flügel auseinander.
    Elf schwarze Masken blickten dem Großinquisitor entgegen, als er sich dem großen runden Tisch in der Mitte des Saals näherte. Erhellt wurde die Umgebung vom silbernen Licht des Vollmondes, das durch etliche winzig kleine Öffnungen in den Raum sickerte. Zusätzliches Licht boten lediglich zwölf Kerzen. Eine vor jedem Sitzplatz. Bedächtig nahm von Gellenstein Platz und musterte die anderen elf Masken. Anhand von Größe und Statur schätzte er, dass heute ein neues Mitglied im eisernen Konvent seinen Sitz eingenommen hatte. Hier in diesem Gremium, das weder offiziell noch inoffiziell existierte, wurden die eigentlichen Entscheidungen der Inquisition getroffen. Keines der Mitglieder wusste, wer die anderen waren, mit einer Ausnahme. Jeder kannte ihn selbst. Jeder wusste, dass der Großinquisitor zum festen Bestandteil des eisernen Konvents gehörte und so fiel es von Gellenstein zu, die Sitzung zu eröffnen.
    „Wir sind die Augen in der Finsternis“, begann der Großinquisitor die traditionellen Worte.
    „Wir sind das allsehende Licht und wir sind das Schwert, das richtet. Geschaffen um zu wachen, auserwählt zu dienen.“
    Eine kurze Stille setzte ein, ehe sich eine Gestalt zwei Plätze zur Rechten des Großinquisitors zu Wort meldete. Die magischen Eigenschaften der Maske verzerrten die Stimme, so dass nur ein dumpfes Grollen den Saal erfüllte.
    „Erzähle uns von deinen Erkenntnissen in Bezug auf diese tragische Mordserie, Bruder.“
    Von Gellenstein nickte unmerklich. Obgleich es ihn wunderte, dass das Thema so schnell zur Sprache gebracht wurde, war es von vorneherein abzusehen gewesen, dass sich eine Untersuchung mit solch delikatem Inhalt vor dem Konvent würde präsentieren müssen.
    „Brüder“, begann der Großinquisitor, wohl wissend, dass die meisten hier einander ohne zu zögern für das eigene Wohl verraten würden.
    „Wie von seiner Majestät angewiesen, habe ich mich persönlich dieser Untersuchung angenommen. All diese Morde in der jüngeren Vergangenheit weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Die Opfer sind ausnahmslos enge Vertraute des Königs und in jedem Fall sind die Hinweise auf potenzielle Täter im besten Falle dürftig“, von Gellenstein legte eine kleine Pause ein, ehe er fortfuhr: „Was daran liegen dürfte, dass jeder dieser Morde unter Zuhilfenahme mächtiger Magie begangen wurde.“
    Ein leichtes Rascheln erfüllte den Raum, als einige der Anwesenden ihre Position unmerklich veränderten, doch die erhoffte Reaktion blieb aus. Nicht, dass von Gellenstein tatsächlich damit gerechnet hatte, den Mitgliedern des Konvents eine große Neuigkeit zu verkünden, einjeder von ihnen war selbst ein Mitglied der Inquisition und erlangte auf die eine oder andere Weise Kenntnis von wichtigen Informationen, aber eine etwas dramatischere Reaktion wäre ihm sehr gelegen gekommen. So jedoch fuhr er fort:
    „Ihr meine Brüder, die ihr hier sitzt, wisst nur zu gut um die Gefahr, die von fähigen Magiern ausgeht. Der eigentliche Sinn unserer ehrwürdigen Institution besteht schließlich im Eliminieren dieser Bedrohung. Doch in den letzten Jahrzehnten haben wir uns auf unseren Erfolgen ausgeruht, sind schwach geworden und die Jüngeren in unseren Reihen können sich glücklich schätzen, wenn sie einmal einem untrainierten Magier von bescheidenem Potential gegenüberstanden.“
    Allgemeines Nicken setzte ein, doch eine Gestalt, die dem Großinquisitor gegenüber saß, hob missbilligend die Stimme.
    „Ich muss wohl nicht hervorheben, unter wessen Führung unsere geliebte Inquisition derart schwach und dekadent geworden ist.“
    Von Gellenstein runzelte ungehalten die Stirn. Diese Frau war das neue Mitglied. Dennoch war es nicht akzeptabel, dass sie ihn in dieser Weise anging. Er würde ihr wohl eine Lektion erteilen müssen und zeigen, dass er durchaus in der Lage war, seinen Kopf aus politischen Schlingen zu ziehen.
    „Aus Rücksicht auf deine erstmalige Anwesenheit in dieser erlauchten Runde, ehrwürdiger Bruder, werde ich dir deine Unverfrorenheit nachsehen und einige Dinge erklären“, hob der Großinquisitor an und wies die Frau zugleich auf ihre schwache Position in dieser altgedienten und traditionell männerdominierten Runde hin, indem er die für jedes Mitglied vorgeschriebene Anrede besonders betonte.
    „Offiziell mag das Amt des Großinquisitors beinahe unbeschränkte Autorität innerhalb und außerhalb der Inquisition bieten, in der Realität jedoch ist der Großinquisitor nur die Hand, die ausführt, was in dieser stillen Runde ersonnen wird.“
    Das stimmte zwar nicht ganz, da der Konvent nur einmal im Monat zu jedem Vollmond tagte, so dass nur einige Themen in diesem Kreis besprochen werden konnten und ein Großinquisitor bei der Bewältigung der zwischenzeitlich anfallenden Aufgaben weitgehend freie Hand hatte und der eiserne Konvent darauf vertrauen musste, jemanden in diese Position gehoben zu haben, der in seinem Sinne agierte, war jedoch, was ein derart breites Thema anging, durchaus zutreffend. Bevor die Frau antworten konnte, tönte eine weitere Stimme:
    „Genug! Wir sind nicht hier um Schuld zuzuweisen. Dazu wird genug Zeit bleiben, wenn Ihr die Euch anvertraute Aufgabe nicht zu bewältigen in der Lage seid, Von Gellenstein.“
    Der Großinquisitor senkte den Kopf respektvoll, doch seine Opponentin funkelte den Sprecher erbost an. Sie würde die Regeln früh genug lernen, dachte Von Gellenstein. So wie alle hier es einst hatten tun müssen.
    Obgleich es in dieser Runde keine Hierarchie gab, waren einige Mitglieder gleicher als andere. Und an der Spitze der Pyramide stand jenes Mitglied, das eben seine Stimme erhoben hatte. Dies geschah nicht oft, doch wenn er, von Gellenstein bezeichnete ihn insgeheim in Ermangelung eines Namens und aufgrund seiner mageren Statur als Knochengestell, das Wort ergriff, stellte sich ihm niemand entgegen und wer es doch zu oft tat, der blieb nicht lange Mitglied des Konvents und wer nicht mehr zu den Treffen des Konvents erschien, war tot
    Da der Großinquisitor keine Intention hatte, bereits jetzt aus dem Leben zu scheiden, setzte er seinen Bericht fort. Nach einigen Diskussionen einigte sich die Versammlung darauf, dass von Gellenstein die Situation am besten beurteilen könne und man ihm daher freie Hand bei der Bewältigung der Affäre lasse. Jedenfalls bis zum nächsten Vollmond. Eine Entscheidung, die sich wohl weniger darauf begründete, dass man Vertrauen in seine Fähigkeiten setzte, als vielmehr darauf, dass niemand mit einem sehr wahrscheinlichen Fehlschlag in Verbindung gebracht werden wollte, und sei es auch nur innerhalb des Konvents, dachte der Großinquisitor.

    Einmal editiert, zuletzt von Kelamith (13. Juni 2016 um 23:30)

  • Aus Rücksicht auf deine erstmalige Anwesenheit in dieser erlauchten Runde, ehrwürdiger Bruder, werde ich dir deine Unverfrorenheit nachsehen und einige Dinge erklären“, hob der Großinquisitor an und wieß die Frau zugleich a

    wies

    Du solltest unbedingt weiterschreiben, mit von Gellenstein ist dir ein klasse Char gelungen (aber auch die anderen waren gut).
    :thumbsup: Die Art dieses Mannes, zu denken und die Welt zu sehen, bringst du gut mit dieser sehr hochgestochenen Schreibweise rüber - menschenverachtend, arrogant und sehr intelligent. Ein starker Fiesling und mächtiger Gegner, wo man sich als Leser richtig darauf freut, wenn der Held ihm eins auswischen kann.
    Manchmal sind die ganz langen, sehr verschachtelten Sätze aber schwer zu lesen (ein paar habe ich mehrfach lesen müssen, um sie zu verstehen). Das hemmt den Lesefluss ein wenig, auch wenn sie zu der Figur passen. ;)

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Oh, hier geht es ja weiter :golly:
    Hab leider nicht mehr so viele Details im Kopf, erinnere mich aber noch an den Inquisitor und einen extrem epischen Frostmagier ^^
    Die Szene an sich ist absolut solide und das Kopfkino lief ohne Probleme mit. Würde mich freuen, wenn du wieder öfter hier weiterschreiben würdest :)

  • Ich bereue wirklich nicht, hier kommentiert zu haben. Der Gellenstein ist ein super Charakter und Inquisitoren sind zumindest für mich noch nicht sehr oft vorgekommen. Ich lese also buchstäblich etwas neues :D
    Die Pause war lang und wird auch wieder lang werden, aber ich hoffe wirklich, dass du hier einmal zuende schreiben wirst. Mir ging es ähnlich wie Alo, ich weiß nur noch den Kern der Story. Trotzdem war der Teil echt nice und geheimnisvoll xD Ich habe nur ein paar Kleinigkeiten:

    Habe ich das richtig verstanden, dass dieses Knochengestell höher gestellt ist als der Großinquisitor? Dann kann es ja nur der König sein?

    Zitat von Kelamith

    Das stimmte zwar nicht ganz, da der Konvent nur einmal im Monat zu jedem Vollmond tagte, so dass nur einige Themen in diesem Kreis besprochen werden konnten und ein Großinquisitor bei der Bewältigung der zwischenzeitlich anfallenden Aufgaben weitgehend freie Hand hatte und der eiserne Konvent darauf vertrauen musste, jemanden in diese Position gehoben zu haben, der in seinem Sinne agierte, war jedoch, was ein derart breites Thema anging, durchaus zutreffend.

    Sicher, dass du diesen Satz so lassen möchtest? Ich habe absolut keine Probleme mit langen Sätzen und dieser ist zwar richtig, aber trotzdem viel zu lang.

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Habe ich das richtig verstanden, dass dieses Knochengestell höher gestellt ist als der Großinquisitor? Dann kann es ja nur der König sein?

    Nicht ganz. Also der eiserne Konvent ist eine Organisation innerhalb der Inquisition von der niemand außer den Mitgliedern weiß. Von den Mitgliedern weiß wiederum niemand, wer die anderen Mitglieder sind, außer dass der Großinquisitor Mitglied ist, da sie durch ihn die Geschicke der Inquisition lenken, da er formal gesehen quasi eine absolutistische Stellung innerhalb der Inquisition inne hat. Großinquisitor wird aber auch erst, wer das Wohlwollen des Konvents hat, da die die Ernennung dann dahingehend beeinflussen, dass es ihrem Willen entspricht. Die übrigen Mitglieder können dabei vom Diener bis zum Inquisitor alle Ränge haben. Das heißt, dass das Knochengestell eben offiziell nicht höhergestellt ist als von Gellenstein (da hier wirklich nur der König in Frage kommt), aber innerhalb des Konvents als ältestes Mitglied (und weil jene die sich ihm entgegenstellen tragische Unfälle erleiden) eine gewisse Autorität inne hat. Ich hoffe, das ist jetzt etwas klarer. Und falls man das so nicht aus dem Abschnitt entnehmen kann, bitte nochmal drauf hinweisen.

    Sicher, dass du diesen Satz so lassen möchtest? Ich habe absolut keine Probleme mit langen Sätzen und dieser ist zwar richtig, aber trotzdem viel zu lang.

    Ich weiß auch nicht :/ das waren erst mehrere Sätze, die aber vom Sinn her nicht ganz gepasst haben, weswegen ich sie dann darein gepresst habe. Muss ich mir nochmal anschauen.

  • So wie du es erklärst, kam es für mich auch im Text rüber, passt also. Ich dachte nur über Umwege an jemanden, vor dem von Gellenstein sich fürchten müsste und bin auf den König gekommen. Dass der Klapprige natürlich irgendein anderer Mann mit gefährlichen Kontakten ist, machst du auf jeden Fall auch deutlich.

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Hey @Kelamith
    ich hab jetzt auch mal was von dir lesen wollen und bin bei den Eisigen Kindern gelandet.
    Aus meiner Sicht eine vielversprechende Geschichte, und ich finde es sehr schade, dass du nicht weitergeschrieben hast. Der Plot ist auf jeden Fall spannend und dein Schreibstil liest sich flüssig. Mich würde es sehr interessieren, wie es weitergeht. Hast du abgebrochen oder machst du eine Pause?

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • @Tariq danke fürs Lesen und die netten Worte :)
    Ich muss dich aber leider enttäuschen, die Geschichte habe ich abgebrochen. Das liegt an vielen Umständen, hauptsächlich aber an fehlender Zeit und daran, dass ich damals einfach wild drauf los geschrieben habe, was sich in einem (von einer groben Idee abgesehen) fehlenden Konzept und platten Charakteren niederschlägt. Ich hatte zwar zwischenzeitlich irgendwann mal begonnen zumindest die Hintergründe der Charaktere auszugestalten um von dort aus weitergehen zu können, aber auch das ist in der Versenkung irgendeiner Sammelfolie verschwunden. Also nein, diese Geschichte wird nicht weitergehen. Sollte mich je wieder die Lust zum Schreiben überkommen, wird es wohl eine neue Geschichte in einer neuen Welt (oder in unserer Welt) werden.