Eine Welt ohne Namen - Im Bann von 2 Welten

Es gibt 664 Antworten in diesem Thema, welches 165.677 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. September 2017 um 22:02) ist von Schreibfeder.

  • So, ich hab auch aufgeholt. Wow, hier ist ja einiges passiert 8o

    Ich weiß langsam, was du damit meintest, dass Feodor langsam übermächtig wird :hmm: Er täuscht ja nicht nur die Kamiraen, sondern auch noch seinen eigenen Meister! Ziemlich krass der Gute. Dass Tabea bei dieser Inszenierung von Saharas Tod mitmacht kommt etwas unerwartet, aber die Begründung, dass sie allen Kamiraen dient, passt super.

    Mit dem Teil in der Eiswüste wusste ich jedoch nicht so viel anzufangen. Dass sie trotzig sich auf und davon macht und das Tor sucht ist schon gut, aber der Part bei den Inuit (ich nenne sie jetzt einfach so), schien aus meiner Sicht überflüssig, da hätte sie fast genausogut von Tamor und Kandrajimo gerettet werden können.

    Jedenfalls glaube ich, dass diese Entwicklung nicht unbedingt positiv ist - für Maja vielleicht schon, aber nicht unbedingt für die Welt ohne Namen. Wenn Dreizehn glaubt, die Kamiraen seien geschwächt - und die Kamiraen selbst glauben das auch - dann könnte da eventuell bald was eskalieren.

    Und dieser Spitzel des Großkönigs ist auch irgendwie merkwürdig. Erst so schlau sein, die geheimen Sitzungen zu entdecken und dann einfach ´ne Treppe runterfallen ...entweder ist das von dir extremguter Klischeebruch, oder der Typ ist einfach mega verdächtig. Hab auch zuerst geglaubt, der hätte Sahara getötet und sucht sich nun ein Alibi xD

    • Offizieller Beitrag

    In Tabea steckt ja echt eine Menge Hinterlist. Aber das ist für mich erstmal egal, solange Maja wieder zurück nach Hause kann und dort glücklich wird und vor allem sicher leben kann. ^^ Ein wenig traurig ist natürlich, dass sie dafür die Freunde in der Welt zurücklassen muss.
    Tabeas Erklärung jedenfalls klingt schlüssig und ich mag den Teil sehr. Endlich erhält Maja die Hilfe, die sie schon viel eher hätte bekommen sollen, dann wären so einige Sachen gar nicht erst passiert. :hmm:
    Sahara und Maja mussten Tabea also ein Versprechen geben? Das lässt mich ebenfalls an der Frage festhalten, die Kisa gestellt hat.

    Allerdings würde mich einmal interessieren, ob es noch einen Teil von Maja geben wird, oder ob du schon ein neues Projekt geplant hast ?


    LG, Kyelia

  • Allerdings würde mich einmal interessieren, ob es noch einen Teil von Maja geben wird, oder ob du schon ein neues Projekt geplant hast ?

    Dann versuche ich mal, diese Frage zu beantworten. Das wird etwas länger dauern, also zunächst einmal die Kurzfassung:
    Ich hatte mehr Teile geplant, werde diesen Plan aber wohl nicht umsetzen. Ich behalte mir jedoch vor, irgendwann vielleicht doch noch den ein oder anderen Teil zu schreiben. Wenn das hier fertig ist, werde ich mich aber erst mal vollends auf meine aktuelle Geschichte konzentrieren, die übrigens auch hier im Forum zu finden ist. Nämlich hier.
    Beide gleichzeitig klappt leider nicht, zumindest nicht gleichzeitig mit meinen anderen Aufgaben.

    Diese andere Geschichte ist also der eine Grund, warum ich hier nicht weiterschreiben werde. Der andere ist, dass es eine Lebensaufgabe wäre. Als ich (in meiner schwungvollen Jugend) diese Geschichte geplant und tagelang in Gedanken versunken die Welt ohne Namen erschaffen habe, habe ich es ein bisschen übertrieben und sie zu umfangreich geplant.
    In meinem Übermut hatte ich mir tatsächlich vorgenommen (festhalten!) dreizehn Bücher zu schreiben. Deren Plot hatte ich sogar ausgearbeitet (von Kleinigkeiten abgesehen).
    Jetzt hat es mich aber schon über zehn Jahre gekostet, diese zwei Teile zu schreiben und zu überarbeiten (wenn ich richtig loslege, bin ich zwar schneller, aber wann lege ich schon mal richtig los?). Ich halte es also für recht unwahrscheinlich, dass ich den Rest meiner Pläne umsetzen kann, oder dass ich dabei alle Plotfäden behalte, oder dass das überhaupt jemand lesen will. Ich bin auch ein bisschen aus der Geschichte herausgewachsen.
    Ich habe also die Möglichkeit, das ganze zu kürzen und in weniger Bänden zum Abschluss zu bringen (was ich nur ungerne täte, denn irgendwie mag ich den geplanten Verlauf), oder ich behalte es, so wie es ist, in meinem Kopf und meinen Notizblättern. Vielleicht schreibe ich im Laufe meines Lebens noch ein oder zwei Bände (die aber kürzer werden sollen), wenn ich mal Zeit und Lust habe, denn dieses Ende gefällt mir noch nicht. (Maja ist hier einfach nicht die Person, die sie sein sollte. Ich möchte sie über sich hinauswachsen und Verantwortung übernehmen lassen.) Aber erst mal möchte ich mich anderen Projekten widmen (besseren).

    Und jetzt, falls es jemanden interessiert, die Titel der geplanten Reihe, auf die ich ehrlich gesagt mächtig stolz bin (dann seht ihr auch, dass das mit den dreizehn Teilen kein Scherz war :D):

    Spoiler anzeigen

    Die 1. Reise
    Im Bann von 2 Welten
    Das 3. Tor
    Die 4 Messer von Telaor
    Zu zweit gegen 5
    Der 6. Krieg
    Die magische 7
    Die 8 Prophezeiungen des Schwarzen Einhorns
    Die 9 Diener Ela-Olins
    Das Vermächtnis des 10. Königreichs
    Die 11 Berge von Kerin
    Das Geheimnis der 12
    13

    Tja. Was soll ich noch sagen? Jetzt wisst ihr bescheid :rofl: . (Änderungen vorbehalten)

    • Offizieller Beitrag

    13(!) Bände? da hast du dir seinerzeit ja wirklich viel vorgenommen, wobei die Buchtitel durchaus Sinn machen, und der Gag würde bei weniger Bänden wohl verloren gehen. XD
    Aber ich kann verstehen, dass du aufgrund dessen nicht mehr so die Lust verspürst, weiterzuschreiben. Nach 10 Jahren ist man wohl einfach auch etwas aus den Projekten gewachsen. Ich werde es auch weiterhin furchtbar traurig finden, dass es hier wohl voraussichtlich erstmal keinen 3. Band geben wird, aber gleichzeitig freue ich mich auch, dass es in der anderen Geschichte dann bald weitergehen wird. ^^
    Ich drücke aber die Daumen, dass vielleicht irgendwann die Motivation für diese Geschichte hier zurückkehrt und es vllt wirklich noch weitere Sachen zu lesen geben wird. ^^
    Ich gebe die Geschichte noch nicht auf, einfach, weil ich die ganze Story echt mag. ^^

    LG, Kyelia

  • In meinem Übermut hatte ich mir tatsächlich vorgenommen (festhalten!) dreizehn Bücher zu schreiben. Deren Plot hatte ich sogar ausgearbeitet (von Kleinigkeiten abgesehen).

    Hoch Achtung davor, dass du so viel Kreativität besitzt dir das alles auszudenken inklusive der anderen Sprachen. Hätte ich im Leben nicht hinbekommen :D
    Aber davon mal abgesehen, kann ich natürlich verstehen, dass du deine Energie und wahrscheinlich auch zeit nur schlecht auf zwei Geschichten aufteilen kannst. Andererseits finde ich die Titel einfach mal cool und zwar alle. Zudem würde ich es toll finden, wenn du irgendwann auch dazu kommen würdest die anderen Bücher zu schreiben. Mich als Leserin hättest du auf alle Fälle dabei. :)
    Allerdings muss ich auch zugeben, dass dein aktuelles Projekt irgendwie vollkommen an mir vorbei gegangen ist, um ehrlich zu sein. Hoffentlich bist du mir da nicht böse, aber ich werde es nachholen :)

    xoxo
    Kisa

  • Hoch Achtung davor, dass du so viel Kreativität besitzt dir das alles auszudenken inklusive der anderen Sprachen.

    Danke, wobei ich mir keine anderen Sprachen ausgedacht habe. Paratak besteht aus einer Liste von vielleicht vierzig Wörtern. Für die andere Sprache nehme ich einfach irgendwelche Wörter, aber die kommt selten vor.
    Ich habe großen Respekt vor Leuten, die es schaffen, sich eine ganze Sprache auszudenken, aber mit wem sollte ich sie dann sprechen? ^^

    Allerdings muss ich auch zugeben, dass dein aktuelles Projekt irgendwie vollkommen an mir vorbei gegangen ist, um ehrlich zu sein. Hoffentlich bist du mir da nicht böse, aber ich werde es nachholen

    Warum sollte ich dir böse sein? Es gibt hier keine Pflicht, meine Geschichten zu lesen. Aber jetzt ist noch ein guter Zeitpunkt um einzusteigen ;)

  • Warum sollte ich dir böse sein? Es gibt hier keine Pflicht, meine Geschichten zu lesen. Aber jetzt ist noch ein guter Zeitpunkt um einzusteigen

    Das werde ich auch so schnell wie möglich nachholen. Wahrscheinlich wird es da allerdings erst am Wochenende zukommen. Denn abends nach der arbeit schaffe ich es gerade mal so ins Forum und wenn ich dann selber noch was schreiben will.... wird das sonst nichts. :) aber keine Sorge auch in der Geschichte wirst du mich dann nicht los werden :D

    xoxo
    Kisa

  • Nachts auf dem Friedhof


    Maja versteckte sich an diesem Abend sicherheitshalber vor allen Leuten, die ihr möglicherweise ansehen konnten, dass sie nicht mehr um Sahara trauerte. Sie hatte unangemessen gute Laune, die sich stündlich steigerte und wollte es niemanden sehen lassen, denn der oder die hätte sie als äußerst taktlos empfunden.
    Sie schmuggelte ihr Abendessen auf ihr Zimmer, aß sich richtig satt und setzte sich dann wieder auf ihren alten Platz an der Fensterbank, um nach draußen zu sehen. Unter ihr war der Hof, dahinter weitere Gebäude des Hauptquartiers und noch weiter hinten konnte Maja weitere der jetzt dunkelgrauen Dächer der Häuser Miriams sehen. Sie konnte die hohe, weiße Mauer erkennen und die dunklen Wipfel des Waldes. Ob sie diese Welt vermissen würde?
    Es war das erste Mal, dass ihr dieser Gedanke kam und sie brauchte lange, um eine Antwort zu finden. Nein, dachte sie schließlich, vermissen werde ich sie nicht. Vielleicht würde sie sich an ein paar Dinge gerne erinnern. An den Wald, die Tage bei Meister Wolf und an ihre Freunde. Diese würde sie sicher vermissen. Wenn sie wenigstens wüsste, dass sie ihnen ab und an würde schreiben können ...
    Sie stand auf, ließ sich aufs Bett fallen und dachte mit geschlossenen Augen an ihr Zuhause. Endlich würde sie es wieder sehen. Ihre Eltern würden sie in die Arme schließen ... Maja malte es sich in den buntesten Farben aus.
    Dann öffnete sie abrupt die Augen. Sie dachte an Sahara. Das Mädchen hatte keine Eltern mehr, nur eine kleine Schwester und die war verschollen. Ob sie jetzt wohl an sie dachte? Überlegte, wie sie sie finden konnte? Sie war frei sie zu suchen, aber wie hoch standen die Chancen, dass sie Erfolg hatte? Wo sie jetzt wohl war?
    Plötzlich richtete Maja sich auf und schaute aus dem Fenster auf die Uhr am gegenüberliegenden Gebäude. Mitternacht. Sie wusste, wo Sahara war, denn sie wusste, wo sie selbst jetzt sein würde, wenn sie sich in ihrer Situation befände. Und sie wusste, was Sahara brauchte um ihre Schwester zu finden. Maja sprang auf und packte ihre grüne Umhängetasche – die Tasche, die ihr immer noch als Aufbewahrungsort für ihre wichtigsten Gegenstände diente. Dann schnappte sie sich den schwarzen Umhang, mit dem sie damals durch Andraya geirrt war, aus dem Schrank und rannte aus dem Zimmer.
    Maja beeilte sich, denn auch wenn sie glaubte zu wissen, wo Sahara war, wusste sie nicht, wie lange sie dort verweilen würde. Sie stürmte die Treppen des Gebäudes hinunter, bis sie auf den Hof mit dem Krankenhaus kam. Dort verlangsamte sie ihre Schritte um nicht aufzufallen und warf sich den Umhang über. Die Kapuze zog sie tief ins Gesicht. So eingehüllt trat sie durch das schmiedeeiserne Tor auf den Friedhof. Ein leichter Nebel waberte um die Grabsteine und die Büsche, deren Äste kahl und skelettartig aussahen. Es war eine unheimliche Szenerie, doch Maja fürchtete sich nicht. Auf Friedhöfen hatte sie sich noch nie gefürchtet, sie fand sie eher schön als erschreckend. Langsam wanderte sie zwischen den Gräbern hindurch. Die dunkle Gestalt, die vor Saharas Grab stand, entdeckte sie schon von weitem. Sie ging näher heran und stellte sich neben sie – zwei in Kapuzenumhänge gehüllte, etwa gleich große Schatten. Das Grab war übersäht von roten Laternen, die die Schrift auf dem Stein geisterhaft glühen ließen.

    SAHARA

    * 13.01.3790 † 18.12.3803

    Darunter war das Wappen der Kamiraen eingraviert.
    „Es muss seltsam sein, vor seinem eigenen Grabstein zu stehen“, sagte Maja.
    Sahara sah sie an. Die Grablichter spiegelten sich in ihren Augen. „Ich musste einfach herkommen.“
    „Ich weiß“, sagte Maja.
    „Heute ist Wintersonnenwende“, sagte Sahara. „Das hier hätte eigentlich ein Feiertag sein sollen.“
    „Ja, ich habe gehört, dass man sich an diesem Tag Bäume schenkt.“
    „Bäume?“ Sahara lachte. „Mag sein, dass man das hier tut. Da, wo ich herkomme, gibt es nicht besonders viele Bäume. Wir schenken uns andere Dinge. Was ich sagen wollte: das hier sollte ein freudiger Tag sein. Stattdessen waren alle auf meiner Beerdigung. Auf meiner falschen Beerdigung. Sie haben geweint.“
    „Na und?“, sagte Maja. „Ich habe auch darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie es verdient haben. Die Kamiraen meine ich. Sie hätten uns gehen lassen sollen. Jetzt kannst du nach deiner Schwester suchen.“
    „Ja“, sagte Sahara. „Tabea sagte, ich soll noch ein paar Tage warten, bis ich aufbreche, aber ich habe keine Lust zu warten. Im Morgengrauen bin ich weg.“
    „Kommst du alleine zurecht?“, fragte Maja.
    „Klar. Bin ich mein Leben lang. Mein einziges Problem ist, dass ich keine Ahnung habe, wo ich nach Kalahari suchen soll.“
    „Ich hätte da eine Idee“, sagte Maja. „Mach die Hand auf, ich habe ein Geschenk für dich.“
    Sahara sah verwirrt aus aber sie hielt Maja ihre Handfläche hin. „Bei uns feiert man Weihnachten. In drei Tagen erst, aber naja ...“ Sie kramte in ihrer grünen Tasche. „Frohe Weihnachten oder Frohe Wintersonnenwende oder was immer du gerne hättest“, sagte sie und legte Sahara den Wasserstein in die Hand.
    „Was ist das?“, fragte das blonde Mädchen verwundert.
    „Ein Wasserstein. Ich habe versprochen, nie wieder einen zu benutzen, aber das gilt nicht für dich. Wirf ihn ins Wasser und es wird dir eine Frage beantworten. Es weiß alles. Frag es, wo deine Schwester ist. Aber erschrick nicht. Wenn du den Stein ins Wasser wirfst, taucht so ein großes, ungeheuerartiges Monstrum auf. Es tut aber nichts.“ Sahara sah sie an, als wäre sie verrückt geworden. „Wenn du mir nicht glaubst, frag Feodor.“
    Sahara schloss die Finger um den Stein. „Ich glaube dir“, sagte sie. „Danke.“
    Maja zögerte einen Moment, dann hielt sie Sahara auch noch den Feuerstein hin.
    „Du hast noch einen von denen?“, fragte Sahara überrascht.
    „Sei vorsichtig, wenn du den benutzt. Wirf ihn ins Feuer, wenn du in Gefahr gerätst, aber sag ihm genau, was du willst, okay?“
    Sahara nickte. „Es wird für mich kämpfen, oder?“
    „Das wird es. Aber gebrauche ihn klug, du hast nur einen einzigen.“
    „Das wird reichen, um Kalahari da raus zu holen, egal wo sie ist.“
    Maja hoffte, dass sie Recht behalten würde. Sahara steckte die beiden Steine ein, dann starrten sie schweigend auf den Grabstein.
    „Du hast mir wieder Hoffnung gegeben“, sagte Sahara schließlich. „Du bist schwer in Ordnung. Und du bist … ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll … mächtig. Irgendwie.“
    „Mächtig?“ Maja kicherte.
    „Ja. Du strahlst eine Kraft aus, wie ich sie noch nie gesehen habe. Ich habe dich gegen Kandrajimo kämpfen sehen. Es war unheimlich, aber auch beeindrucken. Und außerdem: Wie lange warst du in dieser Welt? Ein halbes Jahr? Und die Leute erzählen sich schon Legenden über dich.“
    „Die Leute spinnen ja auch.“
    „Die Sache mit Kock. Ich gebe zu, wir haben wohl alle unseren Senf dazu getan aber trotzdem … und wie man hört ist Fürst Dreizehn um einiges gefährlicher und du warst trotzdem in seinem Schloss.“
    „Burg“, sagte Maja. „Das Ding hatte mit einem Schloss nichts zu tun. Es war unheimlich und kalt. Und ich habe Dreizehn nie gesehen; was das angeht musst du Matthias fragen.“
    Ein Vogel landete in ihrer Nähe im Baum. Maja betrachtete ihn, wie er von Ast zu Ast hüpfte. Er hatte grau-silbernes Gefieder und große Augen.
    „Du wärst eine gute Kamiraen geworden“, sagte Sahara. „Eine bessere als ich.“
    „Komisch“, sagte Maja, „vor ein paar Tagen habe ich dasselbe von dir gedacht.“
    „Ach ehrlich? Warum?“
    „Du verlierst nicht so schnell die Beherrschung wie ich. Wahrscheinlich bist du auch schlauer.“
    „Ganz bestimmt.“
    Maja knuffte sie.
    „Wir werden unseren eigenen Weg finden“, sagte sie nach einer Weile. „Ohne die Kamiraen.“

    • Offizieller Beitrag

    Schön, dass sich die beiden nun endlich auch vertagen. Auch, wenn ich es immer noch bedauere, dass es zu Ende geht. Naja immerhin in Freundschaft. ^^
    Dass Maja die beiden Steine an Sahara weitergibt, finde ich eine nette Geste. Sie braucht sie ja nicht mehr (hoffentlich) bzw. darf sie nicht mehr nutzen. XD Hoffentlich findet Sahara ihre Schwester. Das werden wir ja wohl leider nie erfahren. :hmm:
    Ein super geschriebener Teil!

    LG, Kyelia

  • ein schöner Teil. Hast du gut und flüssig geschrieben. ich habe nichts daran auszusetzen udn freue mich darauf mehr zu lesen, denn ich will wissen wie es weiter geht und ob es maja nun wirklich gelingen wird in ihre Welt zurückzukehren oder ob ihr doch noch jemand einen Strich durch die Rechnung machen wird. :stick:

    xoxo
    Kisa

  • Hoffentlich findet Sahara ihre Schwester. Das werden wir ja wohl leider nie erfahren.

    Ich würde es dir ja sagen, aber über dieses Detail habe ich mir dann doch noch keine Gedanken gemacht. ^^ Prinzipiell wäre es schön, wenn sie ihre Schwester wieder findet, aber dann müsste ich mir auch überlegen, wie.




    Abschiedsgeschenke

    Maja träumte zu Hause zu sein und wachte erst auf, als es laut und vernehmlich an ihre Tür klopfte. Verwirrt befreite sie sich aus ihren Decken und schlurfte durch das Zimmer. Sie zog die Tür auf und erkannte Feodor.
    „Morgen“, sagte er.
    „Hi.“ Sie gähnte ungeniert.
    „Da die Abschiedsparty ausfällt, dachte ich, dass wir vielleicht zusammen frühstücken könnten.“
    Maja wollte nichts lieber tun und so betraten sie zehn Minuten später gemeinsam den Speisesaal. Der Zauberlehrling führte sie in eine der privaten Ecken, wo Karim, Jinna und sogar Matthias saßen und auf sie warteten.
    „Stimmt es?“, fragte Karim sofort, als sie näher kamen. „Du darfst nach Hause?“
    Maja nickte und Karim und Jinna begannen breit zu lächeln. „Das freut uns für dich“, sagte Jinna. Karim drehte sich zu Matthias um, der Maja wütend anstarrte.
    „Du könntest dich auch ein bisschen für sie freuen“, sagte er. „Sie hat es verdient.“
    Matthias sah weder Maja noch Karim noch sonst jemanden an, sondern starrte missmutig auf seine Tasse. Doch Maja reichte es jetzt. Wütend schlug sie mit der Faust auf den Tisch.
    „Kannst du mir vielleicht mal verraten, was mit dir los ist?“
    „Was soll mit mir los sein?“, fragte Matthias.
    „Du bist schlecht gelaunt und das schon seit Ewigkeiten. Dazu noch deine ewige Geheimniskrämerei und das alles. Merkst du nicht, dass wir uns Sorgen um dich machen? Und was ist eigentlich dein Problem mit mir?“
    Matthias sprang auf die Füße und seine Augen blitzten zornig. „Was mein Problem mit dir ist?“, rief er so laut, dass sich im ganzen Saal Köpfe zu ihnen umwandten. „Du bist die egoistischste Person, der ich je begegnet bin. Du redest die ganze Zeit nur davon, dass du unbedingt nach Hause willst und denkst gar nicht an die anderen Menschen hier. Du bist eine Kamiraen. Du hast eine Gabe, aber davon willst du nichts wissen. Wenn du wolltest, könntest du die Welt verändern, stattdessen bist du dauernd nur mit deinen eigenen Sorgen beschäftigt! Hast du alles vergessen, was wir auf unserer Reise erlebt haben? Die Grünen Ritter, die sich hier überall herumtummeln? Die Genêpas, die ihre eigenen Kinder zu Dreizehn schicken, damit sie in seine Armee eintreten? Die Gefangenen, die er in seiner Burg hält, die Leute die er im Taumelberg arbeiten lässt? Bist du blind für all das Leid, dass in dieser Welt geschieht? Aber du willst nur nach Hause! Dich interessiert das ja alles gar nicht. Siehst du nicht, dass er einen Krieg anfangen wird? Wir haben es doch gesehen, in Andraya. Das Land ist eine Festung, er baut sich dort eine Armee auf und über den Schwarzen Weg kann diese in wenigen Wochen – vielleicht nur Tagen – jeden Ort auf dieser Welt erreichen.“
    „Und was habe ICH damit zu tun?“, brüllte Maja zurück. „Es tut mir ja Leid, dass er das macht, aber ich kann es nicht ändern.“
    „Du bist eine Kamiraen“, sagte Matthias.
    „NA UND? Falls du es nicht mitgekriegt hast, Dreizehns Leute haben in den letzten Monaten ei... zwei davon getötet. Glaubst du wirklich, ICH könnte irgendetwas verändern.“
    „Du könntest es wenigstens versuchen.“
    „Weißt du was?“, zischte Maja und beugte sich zu ihm vor, bis ihr Gesicht vor seinem schwebte. „Versuch du es doch, wenn du willst, dass jemand etwas tut. Du warst es schließlich auch, der Alma gerettet hat, oder? Du hast Dreizehn ins Auge geblickt.“
    „Ins Auge geblickt?“, sagte Matthias tonlos. „So nennst du das? Ich bin ihm einfach hinterhergegangen und dann hat mir diese schräge Frau ein Glas Wasser serviert.“
    „Oh, dann weißt du ja, was du tun kannst. Lad ihn doch zum Abendessen ein, dann kannst du ihm sagen, er soll damit aufhören, seine Armee zu bauen und Leute zu entführen! Und wenn er nicht hören will, erstichst du ihn einfach mit einer Gabel.“
    „Damit du wieder den ganzen Ruhm erntest?“, fragte er.
    „Ach, das ist also dein Problem? Glaub mir, ich habe nicht darum gebeten, dass die mir das alles zuschreiben. Und ich bilde mir auch nichts darauf ein. Aber ich weiß nicht, was du zu klagen hast. Solange du nicht weiter bekannt bist, hast du auch keine Feinde, die dich umbringen wollen. Wenigstens kannst du dein ganz normales Leben weiter führen.“
    „Im Gegensatz zu dir pfeife ich auf mein ganz normales Leben. Ich werde die Leute, die unter Dreizehn leiden, sicher nicht vergessen. Ich werde …“ Er verstummte und senkte trotzig die Augenbrauen. „Leb wohl, Maja Sonnfeld“, sagte er dann. „Ich glaube nicht, dass wir uns noch einmal wiedersehen werden.“ Und mit diesen Worten packte er sein Tablett und ging davon. Maja, Karim, Jinna und Feodor sahen ihm betroffen hinterher.
    „Hör nicht auf ihn“, sagte Feodor. „Er ist zwölf.“
    „Für einen zwölfjährigen hat er ganz schön seltsame Gedanken“, grummelte Maja.
    „Allerdings“, sagte Karim.
    Feodor seufzte. „Ich habe schon gesagt, dass ich mir Sorgen um ihn mache?“, fragte er und als er aufsah, hatte er eine tiefe Falte auf der Stirn.
    Die anderen nickten.
    „Was soll er schon machen“, murmelte Karim. „Dreizehn zum Duell herausfordern?“
    „Irgendetwas Dummes wird er anstellen.“
    „Nicht solange du und Meister Wolf in seiner Nähe sind.“
    „Lasst uns über was anderes sprechen“, bat Maja. Der Streit mit Matthias hatte ihr gründlich die Stimmung verdorben.
    Es war ein angenehmes Frühstück, aber der Gedanke, dass dies der letzte Tag war, den sie zusammen mit ihren Freunden verbringen würde, machte sie ein kleines bisschen traurig. Hinzu kam, dass in ihr leise Zweifel aufkamen, ob sie tatsächlich nach Hause käme. Was, wenn die Kamiraen es sich doch noch anders überlegten? Doch dann kam Tabea an ihren Tisch und räumte ihre Zweifel zunächst einmal beiseite.
    „Wir werden heute Abend um acht aufbrechen“, sagte sie.
    „Warum so spät?“, fragte Maja.
    „Weil es am besten passt“, sagte Tabea. „Also sorg dafür, dass du bis dahin alles gepackt hast.“
    „Ich nehm nicht viel mit.“

  • Merkst du nicht, dass wir uns Sorgen um dich machen? Und was ist eigentlich dein Problem mit mir?“

    Na endlich passiert da mal was xD aber wirklich sorgen hat sich Maja aus meiner Sicht nicht gemacht. Wann immer Matthias auftauchte, war er in diesem Buch stummer als im ersten Band und immer sauer. Sein Charakter hat da für mich ne Kehrtwende von 180 Grad hingelegt. Seine Gründe für die Wut sind nachvollziehbar... Aber in meinen Augen zu plötzlich. Oder ich entsinne mich nicht mehr an die Details. Hat er vorher mal mir Maja darübertzu reden versucht?

  • @Alopex Lagopus, das ist eigentlich ein guter Gedanke von dir. Es würde schon Sinn machen, wenn Matthias im Verlauf des Buches das Gespräch mit Maja sucht. Vielleicht baue ich das noch irgendwo ein, ich muss nur schauen, wo es passt.
    Immer sauer war er jetzt nicht, das waren nur die letzten Begegnungen, aber schon sehr verschlossen. Bei den vielen anderen Charakteren ist er auch ein wenig untergegangen, in diesem Teil hat er einfach keine große Rolle gespielt. Ich wollte ihn aber zum Abschluss auf jeden Fall noch mal reinbringen.

  • Matthias sprang auf die Füße und seine Augen blitzten zornig. „Was mein Problem mit dir ist?“, rief er so laut, dass sich im ganzen Saal Köpfe zu ihnen umwandten. „Du bist die egoistischste Person, der ich je begegnet bin. Du redest die ganze Zeit nur davon, dass du unbedingt nach Hause willst und denkst gar nicht an die anderen Menschen hier. Du bist eine Kamiraen. Du hast eine Gabe, aber davon willst du nichts wissen. Wenn du wolltest, könntest du die Welt verändern, stattdessen bist du dauernd nur mit deinen eigenen Sorgen beschäftigt! Hast du alles vergessen, was wir auf unserer Reise erlebt haben? Die Grünen Ritter, die sich hier überall herumtummeln? Die Genêpas, die ihre eigenen Kinder zu Dreizehn schicken, damit sie in seine Armee eintreten? Die Gefangenen, die er in seiner Burg hält, die Leute die er im Taumelberg arbeiten lässt? Bist du blind für all das Leid, dass in dieser Welt geschieht? Aber du willst nur nach Hause! Dich interessiert das ja alles gar nicht. Siehst du nicht, dass er einen Krieg anfangen wird? Wir haben es doch gesehen, in Andraya. Das Land ist eine Festung, er baut sich dort eine Armee auf und über den Schwarzen Weg kann diese in wenigen Wochen – vielleicht nur Tagen – jeden Ort auf dieser Welt erreichen.“

    Also so lieb wie ich Maja als Hauptchar ja auch habe und diese Geschichte mag, irgendwie hat Matthias schon recht mit dem was er sagt. Soll jetzt nicht heißen dass ich deine Geschichte insgesamt kritisiere oder in Frage stelle, aber wenn man mal zurück denkt an alles was in diesem sowie im ersten Teil geschehen ist, ist Maja EXTREM egoistisch. Klar es ist scheiße einfach so aus seiner Welt herausgerissen zu werden, vor allem wenn man das nicht will und wenn man mit der Welt ohne Namen absolut nichts zu tun haben will, aber egoistisch ist ihr verhalten dennoch, wo man ja merken kann das sich in Miriam etwas zusammenbraut was definitiv gefährlich werden kann und zwar für jeden, da will Maja einfach nur nach Hause und besteht auch darauf dies in einem Kampf auszutragen. Worauf die Kamiraen eingehen, anstatt sich mit den eigentlichen Problemen zu befassen, die sich darin spiegeln, wie Dreizehns Männer in Miriam eindringen können.... wenn man das alles bedenkt, liegt Matthias mit seinen Worten auch in meinen Augen vollkommen richtig!

    So aber nun genug rumgehackt auf Maja. Dieser Abschnitt ist dir auch wieder einmal sehr gut gelungen. ich finde die Idee von dem gemeinsamen Frühstück eigentlich ziemlich cool. Blöd nur das das so aus dem Ruder läuft.... Naja, ich bin ja mal gespannt ob sie wirklich wieder nach Hause kommt, oder ob Maja noch irgendetwas in die Quere kommen wird, wovon ich ja irgendwie ausgehe, wenn ich ehrlich sein soll :) Schreib einfach schnell weiter damit wir nicht so lange warten müssen, um zu erfahren wie es weiter geht :stick:

    xoxo
    Kisa

    • Offizieller Beitrag

    Also echt gemein finde ich es natürlich von dir, dass du uns immer weiter Häppchen hinwirfst und Andeutungen machst, aber wir wissen, dass du nicht weiter schreiben wirst :rofl: Ich will doch aber wissen, was Matthias dummes plant und wie die Geschichte endet und ob zum Schluss alle glücklich werden. 8|

    *räusper* Insgesamt auf jeden Fall ein schöner Teil. ^^
    Matthias spricht aus, was insgeheim wohl alle schon dachten. Ich fand Majas Verhalten ja schon immer egoistisch. Aber so ist sie nun mal. Und verstehen kann ich das alles auch. Ich würde auch alles daran setzen, in meine Welt zurückzukehren. Wenngleich ich wohl nach den ganzen Abenteuern auch meine Freunde beschützen wollen würde. Auf der anderen Seite: Maja hat auch nicht Unrecht damit, wenn sie sagt, dass sie auch nicht viel ausrichten kann. Verzwickte Lage, bei der ich beiden ein wenig Zustimmung geben muss. ^^

    So, dann verfolgen wir mal eifrig die letzten Seiten.

    LG, Kyelia

  • @Kyelia und @Kisa:
    Ich wäre selbst dafür, dass Maja bleibt und versucht, die Welt zu verbessern, aber da ist bis zu diesem Punkt auch einiges schief gelaufen und ich kann auch gut verstehen, dass sie es nicht will. Von daher gebe ich euch beiden vollkommen recht ^^


    Es war die Wahrheit. Maja besaß nicht viel, das sie mitnehmen wollte. Als sie ihre grüne Tasche auf den Kopf stellte, fiel ein Haufen Krempel heraus: Haarbänder, einzelne Socken, zerknülltes Papier, ein paar Federn, ein Tintenfass, einige kleine Bücher, zwei sorgfältig gefaltete Zettel und ein altes, bekritzeltes Taschentuch. Maja fischte die beiden Zettel, beschrieben von Matthias und Jillian heraus und steckte sie seufzend zurück in die Tasche. Das Taschentuch aber warf sie zusammen mit dem Papiermüll weg. Alles andere stapelte sie auf ihrem Tisch. Dann ging sie durch den Raum und sammelte ihr übriges Hab und Gut ein. Sie fand noch den Kompass, den Selran ihr gegeben hatte, und den Sattel von Tjepitjas, außerdem die Uhr, die sie von Ryan Morgenstern gestohlen hatte. Den Kompass und den Sattel steckte sie ein, an Tjepitjas und Selran wollte sie sich gerne erinnern, die Uhr aber ließ sie liegen. Dann legte sie die letzten beiden Nüsse von ihrem Adventskalender in die Tasche. Sie kam ihr überflüssig groß für ihre wenigen Sachen vor, bis ihr einfiel, dass sie noch ein bisschen Kleidung – wenigstens für die Fahrt – mitnehmen sollte. Sie suchte sich Sachen heraus, die einigermaßen zur anderen Welt passten, zog ein paar davon gleich an und als sie dann in den Spiegel schaute, sah sie schon beinahe die alte Maja darin – das Mädchen, dass damals auf der Flucht vor Einbrechern aus dem Fenster geklettert war. Allerdings nur beinahe. Sie war älter geworden und all die Sorgen und Ängste, die sie im vergangenen halben Jahr gequält hatten, waren nicht spurlos an ihr vorbeigezogen.
    Kurz nachdem sie fertig war, kam Tabea vorbei und half Maja, die Kleidung, die sie nicht mitnehmen würde, in Kisten zu packen. Außerdem nahm sie alles mit, was nicht dem Mädchen gehörte, zum Beispiel die Bücher aus der Bibliothek.
    „Vielleicht solltest du noch ein wenig schlafen“, schlug sie dann vor. „Wir haben eine lange Reise vor uns und außerdem müssen wir uns auf ein paar Stunden Zeitverschiebung einstellen.“
    Doch Maja hatte nicht vor zu schlafen. Sie wollte die Zeit nutzen, um sich von all denen zu verabschieden, die sie vermutlich nie wieder sehen würde.

    Sie besuchte zuerst Dorin, den Bücherwurm aus Jakarestadt.
    „Lange her, dass du dich bei mir hast blicken lassen“, grüßte er etwas mürrisch, doch dann freute er sich für sie, als sie erzählte sie dürfe endlich nach Hause. Er servierte ihr ein Stück Kuchen und ließ sich die Abenteuer der letzten Wochen erzählen, dann berichtete er Maja von seiner Arbeit in der Bibliothek und bestand schließlich darauf, ihr einen seiner Schätze zu schenken.
    „Als Andenken“, meinte er, „an mich und an diese Welt.“
    Aber Maja schüttelte den Kopf. „Deine Bücher sind viel zu wertvoll für mich“, sagte sie. „Und dir sind sie viel zu wichtig, du könntest mir doch nie eines davon geben. Du würdest es nie wieder sehen und du hast schon so viele davon der Bibliothek geschenkt.“
    „Nicht alle. Die richtig wertvollen sind leider drüben, aber ein paar von meinen Lieblingen habe ich behalten. Aber du hast recht, ein Buch ist wohl nicht das richtige Abschiedsgeschenk – Warte! Ich weiß, was ich dir geben kann. Ich hab mehrere davon und sie wird dich garantiert an diese Welt erinnern.“
    Er zog eine alte Kiste hinter dem Sofa hervor und kramte darin, bis er triumphierend ein zusammengefaltetes Blatt Papier herauszog. Feierlich überreichte er es Maja. Sie entfaltete es – es war eine Karte. Eine ziemlich grobe zwar, aber wenn sie es richtig erkannte, zeigte sie den gesamten bewohnten Teil der Welt ohne Namen.
    „Ich weiß nicht“, sagte sie. „Muss das sein? Ich will mich gar nicht so genau an diese Welt erinnern.“
    „Komm schon, Maja“, sagte Dorin. „Irgendetwas möchte ich dir mitgeben.“
    „Aber du brauchst sie doch bestimmt.“
    „Ich habe größere und genauere Karten und davon eine ganze Menge. Diese hier wollten sie nicht einmal in der Bibliothek haben, weil es so viel detailreichere Exemplare gibt. Aber falls du mal wissen möchtest, ob Tamurin im Norden oder im Süden von Raktahahe liegt, kann dir diese Karte bestimmt weiterhelfen. Außerdem sieht sie ganz dekorativ aus, oder? Rahm sie ein und häng sie an die Wand, dann kannst du immer, wenn du sie siehst, an uns denken.“
    Maja steckte die Karte seufzend ein, auch wenn sie sie bestimmt nicht aufhängen würde. Dann verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg zu Alma.
    Karim und Jinna waren nicht da, aber Alma schloss sie zum Abschied fest in die Arme und dankte ihr für alles. Dann wollte sie Maja ebenfalls ein Stück Kuchen servieren, was diese dankend ablehnte. Sie blieb eine Weile, dann ging sie mit dem Gefühl, dass diese Umarmung ihr mehr wert war als Dorins Karte.
    Jetzt wäre sie gerne zu Meister Wolf und Feodor gegangen, aber sie wusste irgendwie nicht genau, wo die beiden wohnten. In einem Hotel – aber davon gab es viele in der Stadt. Also machte sie sich auf den Weg zu Tamor. Und traf dort zu ihrer großen Überraschung auf Meister Wolf, Feodor, Karim und Jinna.
    Insofern fand die Abschiedsparty also dennoch statt, wenn auch nur in sehr kleinem Rahmen und mit betrübter Stimmung. Sie tranken Tee, zündeten eine Kerze für Sahara an und knabberten ein paar Kekse, die Tamor wieder einmal aus dem Nichts herbeizuzaubern schien.
    Irgendwann fragte Feodor Maja, ob er sie alleine sprechen könne und sie gingen nach draußen auf den Flur.
    „Sie ist heute morgen aufgebrochen“, sagte er und Maja wusste, dass er von Sahara sprach. „Und sie hat gesagt, du hast ihr etwas geschenkt, mit dem sie ihre Schwester vielleicht finden kann. Ich frage mich, was das wohl war.“
    Maja antwortete nicht.
    Er sah sie neugierig an, drängte aber nicht weiter nach. „Ich möchte dir auch etwas schenken. Wenn man eine gute Freundin zum letzten Mal sieht, dann möchte man ihr etwas mitgeben. Ich habe ehrlich gesagt nicht lange nachdenken müssen dafür. Du kennst ja die Tradition, sich zur Wintersonnenwende Bäume zu schenken, oder?“ Und mit diesen Worten zog er einen weißen Blumentopf hervor, in dem ein kleines Bäumchen wuchs, etwa so groß wie eine kleine Zimmerpflanze. Es war völlig kahl.“
    „Ich habe Tabea gefragt, ob du ihn überhaupt mitnehmen darfst. Es ist zwar eigentlich verboten, fremde Arten durch die Tore zu tragen, aber er wird nie Samen tragen, also hat sie eine Ausnahme gemacht.“
    „Aha“, sagte Maja und nahm den Topf entgegen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    „Wenn du willst, dass er größer wird, pflanz ihn in einen größeren Topf, aber du solltest ihn nicht nach draußen in die Erde pflanzen. Dann wird er richtig groß und er könnte ein bisschen auffallen. Gefällt er dir?“
    Maja betrachtete den Baum. Er sah ein wenig seltsam aus: nicht wie ein junger Baum, sondern eher als hätte jemand einen ausgewachsenen Baum geschrumpft. „Was ist das für eine Art?“, fragte sie.
    „Elzara“, sagte Feodor. „Aber du wirst niemals einen Elzara finden, der aussieht, wie dieser. Ich habe ihn ein bisschen verzaubert.“
    „Aha“, sagte Maja wieder. Sie fand das Geschenk sehr merkwürdig, aber es gefiel ihr. „Wenn Tabea damit einverstanden ist, kann ich ihn wohl mitnehmen“, sagte sie. „Danke.“
    In dem Moment ging Tamors Tür auf und Karim und Jinna kamen heraus.
    „Ich wusste, er schenkt dir etwas“, sagte Karim triumphierend. „Wir haben auch etwas für dich.“ Er kam näher und drückte Maja einen runden Stein in die Hand. Als Maja sie ein wenig öffnete, stellte sie fest, dass der Stein hell wie der Tag strahlte. „Das ist der Stein, den wir damals gefunden haben, als wir mit dir und Tabea unterwegs waren. Den wir benutzt haben, um in Dreizehns Kerker Licht zu haben. Wir dachten, er ist dir eine gute Erinnerung an uns. Und wenn du mal keine Kerze hast, kann er sehr praktisch sein.“
    „Oder keine Taschenlampe.“ Maja grinste bei dem Gedanken, bald endlich wieder auf bequeme Technik zurückgreifen zu können. „Danke“, sagte sie und schloss die Hände um den Stein. Dass die beiden ihn abgeben wollten überraschte sie, bisher hatten sie ihn nicht aus der Hand gegeben. „Ich wünschte, ich hätte irgendetwas für euch“, sagte sie.
    „Du brauchst uns nichts schenken“, sagte Karim.
    „Darf ich den Stein mal sehen?“, fragte Feodor.
    Maja hielt ihn ihm hin und er betrachtete ihn einen Moment neugierig, dann zuckte er mit den Schultern. „Nichts besonderes, davon könnte ich dir hunderte machen.“
    „Ja, danke auch, aber ich will diesen“, sagte Maja und scheuchte ihn ein paar Meter weg. Dann umarmte sie Karim und Jinna.
    „Lass uns wieder rein gehen“, sagte Karim, packte Feodor munter am Arm und zog ihn zurück in Tamors Zimmer. Maja wollte hinterher, doch Jinna hielt sie am Arm zurück.
    „Der Stein war von Karim, ich möchte dir etwas anderes geben“, flüsterte sie und drückte ihr eine Kette in die Hand. Maja blickte hinab und sah einen grünen Steinring und ein winziges, goldenes Blatt.
    „Nein“, sagte sie. „Jinna, das ist dein Erbstück. Ich weiß noch, wie Alma es dir gegeben hat.“
    „Und ich kann damit nichts anfangen“, zischte sie, „du aber schon. Das ist ein Weltentor – das dritte Tor. Das Einzige, das nicht riesig groß ist, aber es funktioniert nur in eine Richtung: von deiner Welt in meine. Vier Wörter öffnen es: Sundaterais elthe ekyaku Amaouén. Ich habe sie dir aufgeschrieben.“ Und sie gab Maja einen kleinen, schmalen Zettel. „Wenn du aus irgendeinem Grund wieder in diese Welt musst, dann kannst du es benutzen.“
    „Nein“, sagte Maja. „Jinna, ich werde es nicht benutzen, nimm es zurück.“
    Jinna schüttelte den Kopf. „Ich werde es bestimmt nicht brauchen, du aber vielleicht. Sag niemandem, dass du es hast und sorg dafür, dass es sicher aufgehoben ist. Meine Familie bewahrt dieses Tor seit langer Zeit auf und hält es geheim. Du solltest dasselbe tun.“
    Und sie stolperte rückwärts durch Tamors Tür. Maja blieb auf dem Flur zurück und starrte auf die Kette in ihren Händen. Sie hatte keinen Grund, an Jinnas Worten zu zweifeln. Das hier war ein Weltentor. Warum es ausgerechnet in Jinnas Besitz war, das konnte sie nicht sagen. Und warum Jinna wollte, dass sie es bekam, verstand sie auch nicht. Verärgert steckte sie das Tor in die Hosentasche, den Zettel dazu. Am liebsten wäre sie in Tamors Zimmer gestürzt und hätte Jinna beides vor die Füße geworfen, aber dafür mochte sie ihre Freundin viel zu sehr.

  • Ein ruhiger und interessanter Teil. Am besten bzw. verwirrensten fand ich, dass Jinna auf einmal mit diesem Erbstück kam, das sich als geheimes Portal entpuppte. Hätte sie das Maja nicht schon einmal früher geben können? Naja, auch egal. Jetzt weiß ich jedenfalls wie es Maja in deinen eigentlich geplanten weiteren Teilen gelingt zurück in die Welt ohne Namen zu kommen. Die Idee finde ich im übrigen auch sehr gelungen :D Ich freue mich darauf wenn es weiter geht und bin doch so langsam traurig, dass diese Geschichte bald zu Ende sein wird und wir uns alle erst einmal von Maja und co. verabschieden müssen

    xoxo
    Kisa

  • Am besten bzw. verwirrensten fand ich, dass Jinna auf einmal mit diesem Erbstück kam, das sich als geheimes Portal entpuppte. Hätte sie das Maja nicht schon einmal früher geben können?

    Das hätte ihr ja auch nichts gebracht. Das Tor funktioniert, wie Jinna auch erklärt, nur in eine Richtung, nämlich von Majas Welt in die Welt ohne Namen. (Genau wie das Tor in der Eiswüste. Insgesamt sind nur fünf Tore in beide Richtungen nutzbar. Zwei davon sind den Kamiraen bekannt.)

  • Damit gleich niemand verwirrt ist, dies hier ist der letzte Teil. Und er ist etwas länger, denn ich wollte euch nicht auf den letzten Metern mit einer Unterbrechung quälen. Für den leichten Kitsch entschuldige ich mich schon mal im Voraus.


    Heiligabend

    Um halb acht standen plötzlich Tabea und Jimo Kandrajimo im Raum. Letzterer sah müde aus; er hatte tiefe Ringe unter den Augen.
    „Hast du deine Sachen?“, fragte Tabea, während der Kamiraen Maja umarmte und diese zeigte auf ihre grüne Tasche.
    „Pass auf dich auf“, sagte Kandrajimo und gab ihr ein Blatt Papier. Eine Nummer stand darauf. „Sei immer vorsichtig, geh nicht alleine durch die Stadt und wenn dir irgendetwas verdächtig vorkommt, dann ruf Vladimir Theobald an. Das ist seine Nummer. Wenn dich irgendjemand angreift, lauf weg und versteck dich.“ Er betrachtete sie besorgt von Kopf bis Fuß. Schließlich seufzte er. „Ach, wird schon schief gehen.“
    „Dann los“, sagte Tamor und zog seine Drachenpfeife hervor.
    Maja war erleichtert zu erfahren, dass sie fliegen würden. Sie alle folgten Tamor in den Hof des Hauptquartiers, wo er in seine Pfeife blies. Minuten später tauchte Taramos auf, komplett gesattelt. Tabea stieg auf und half Maja hoch. Sie sicherten sich und Taramos schoss in den Nachthimmel.
    Maja wurde jetzt furchtbar aufgeregt. Endlich ging es nach Hause. Vielleicht würde sie in wenigen Stunden ankommen. Sie versuchte ihre Reisezeit aus Tabea herauszukitzeln, doch die meinte nur, es würde lange dauern.
    Schon der Flug auf Taramos kam Maja wie eine Ewigkeit vor, dabei wollte sie nichts lieber tun, als ihre Beine zu bewegen, zu rennen, zu springen ... Doch sie war auf dem Sattel festgeschnürt und so langweilte sie sich tierisch. Dann, endlich, sanken sie, rauschten auf die Bäume des Dark Forest zu. Direkt vor ihnen konnte Maja eine Lichtung erkennen, einen braungrünen Talkessel, in dessen Zentrum das Weltentor stand. Genauso groß wie das goldene Tor bestand dieses jedoch aus riesigen, grauen Steinen. Taramos landete auf dem Abhang, Maja und Tabea stiegen ab, streichelten ihm noch einmal über den Hals und schickten ihn fort. Dann eilten sie auf das Tor zu.
    Maja behielt die Augen auf, während sie hindurch schritt. Ein kalter Luftzug, die Sicht wurde kurz verschwommen, dann sah sie das Innere der riesigen Höhle und atmete zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit die Luft ihrer eigenen Welt. Sie war stickig und ein bisschen feucht, was daran liegen mochte, dass sie sich in einer Höhle tief unter der Erde befand. Auge in Auge mit einem riesigen Wolf.
    „Uhow“, sagte sie und machte einen Schritt rückwärts, sodass sie fast wieder in der Welt ohne Namen gelandet wäre.
    Tabea hielt sie fest. „Keine Sorge“, sagte sie. „Der tut nichts.“
    Maja glaubte, diese Worte schon einmal aus ihrem Mund gehört zu haben und zuckte mit den Schultern. „Und was ist mit denen?“ Mit 'denen' meinte sie vier kräftige Männer, die mit Lanzen und Messern bewaffnet waren und offenbar das Tor bewachten.
    „Die auch nicht“, sagte Tabea. „Hallo Thomas.“
    Einer der Männer winkte ihr zu und grinste. „Hallo Tabea.“
    Maja sah sich um. Außer dem Wolf und den vier Wachen befanden sich noch ein paar eilig die Höhle durchquerende Männer und Frauen hier, ein Schaf, ein paar Fledermäuse sowie ein vierjähriges Kind, das mit ausgestreckten Armen dem Schaf hinterher lief.


    Sie blieben nicht lange in der Höhle. Tabea sprach mit einigen wichtigen Leuten und dann liefen sie mit einer Fackel durch einen langen Tunnel ins Freie, wo die Sonne seltsamerweise hoch am Himmel stand.
    „Ich dachte es wäre nachts“, sagte Maja.
    „Zeitverschiebung“, war die Erklärung.
    Sie kämpften sich durch die hohe Wiese bis vor ihnen Tabeas rotes Auto auftauchte, eingequetscht zwischen einem blauen Lieferwagen und einem schwarzen Jeep. Sie stiegen ein und zockelten den Feldweg entlang, räumten zwischendurch den falschen Baum beiseite, der den Weg blockierte, und fuhren dann endlos nach Süden. Die Straße wurde breiter, dann bogen sie auf andere Straßen ab, vereinzelte Häuser tauchten auf und Maja schlief ein. Sie wachte spät am Abend auf, als sie durch eine kleine Stadt fuhren. Tabea parkte das Auto am Straßenrand und sie suchten eine Gaststätte auf, um etwas zu essen. Danach fuhren sie weiter.
    Mitten in der Nacht hielt Tabea auf einmal am Straßenrand an und meinte, sie müsse etwas schlafen. Sie stellte ihre Lehne nach hinten und machte die Augen zu. Maja war mittlerweile ausgeschlafen und starrte voller Aufregung in die Finsternis, während sie Tabeas gleichmäßigen Atemzügen lauschte. Nach ein paar Stunden fuhren sie weiter, dieses Mal über die Autobahn. Und dann, als es gerade hell wurde, fuhr Tabea in einer großen Stadt in das Parkhaus eines Flughafens.
    „Wir fliegen?“, fragte Maja erstaunt. „Aber ich habe überhaupt keine Papiere.“
    Tabea reichte ihr einen Ausweis, auf dem ein Bild von ihr zu sehen war, allerdings mit dem Namen Lili Teicher daneben. Auch das Geburtsdatum war falsch.
    „Na dann.“


    Ihr Flug hatte drei Stunden Verspätung und Maja langweilte sich wieder einmal zu Tode. Dann durften sie endlich ins Flugzeug steigen. Maja hatte einen Fensterplatz. Sie schaute fast den ganzen Flug über aus dem Fenster, betrachtete die Welt von oben, die Städte und Wälder und freute sich einfach nur, wieder hier zu sein. Ein warmes Gefühl erfasst ihr Herz und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
    Der Flug dauerte nicht so lange wie der auf Taramos und doch legten sie ein Vielfaches der Strecke zurück. Halbdrachen konnten es an Geschwindigkeit einfach nicht mit Flugzeugen aufnehmen.
    Tabea mietete ein Auto und sie brausten auf die Autobahn. Das Auto war schneller als Tabeas Klapperkiste und die weißhaarige Frau drückte mächtig auf die Tube.
    Maja kam ihre Umgebung jetzt sehr vertraut vor. Die Verkehrszeichen sagten ihr etwas, die Städtenamen auf den Schildern wirkten bekannt. Und dann, als es gerade wieder dunkel zu werden begann, konnte sie in der Ferne ihre Heimatstadt sehen.
    Es war leer auf den Straßen, sowohl auf dem Land, als auch in der Stadt. Erst wunderte Maja sich, doch dann sah sie hinter den erleuchteten Fenstern Familien vor ihren Tannenbäumen stehen.
    „Es ist Heiligabend!“, stieß sie überrascht hervor. „Tabea! War das Absicht?“
    „Es war Absicht, dich noch vor Weihnachten hier abzusetzen. Eigentlich wollte ich aber etwas früher hier sein.“
    Tabea parkte zwei Straßen von Majas Haus entfernt. Sobald das Auto stand, packte Maja ihre Tasche und den Baum und stürzte nach draußen.
    „Maja, warte“, rief Tabea.
    Nur widerwillig blieb das Mädchen stehen. Sie wollte sich jetzt nicht mehr aufhalten lassen.
    Tabea öffnete den Kofferraum und nahm eine schmale, schwarze Kiste heraus. „Gib mir den Baum“, sagte sie, „der wird nur stören. Hör zu“, fügte sie dann hinzu. „Als Kamiraen darfst du wem du willst von der Welt ohne Namen erzählen. Aber du musst sicher gehen, dass sie es nicht weiter verraten. Wenn du es deinen Eltern erzählen willst, rate ich dir, es nicht heute Abend zu tun.“
    „Will ich nicht“, sagte Maja.
    „Dann rate ich dir, einfach zu schweigen. Versuch bloß nicht, dir irgendeine Lügengeschichte auszudenken. Wie sollte die aussehen? Lass uns gehen.“
    Maja ging bestimmt zehn Schritte vor Tabea, bis sie in ihre Straße einbog. Urplötzlich blieb sie stehen, mit einem mulmigen Gefühl in der Brust. Mit sehnsüchtigen Augen starrte sie auf das Haus. Auf ihr Zuhause. Sie fühlte sich plötzlich ein halbes Jahr jünger, als wäre ihre Reise in die Welt ohne Namen nie passiert.
    „Komm weiter“, drängte Tabea.
    Seelenruhig ging sie auf das Haus zu, versteckte den Baum und den schwarzen Koffer in einem Busch, stieg die zwei Stufen zur Tür hinauf und klingelte. Maja schluckte. Tabea zog sie vor die Tür, sodass sie noch vor der weißhaarigen Frau stand.


    Im Flur ging das Licht an und ein Schatten kam auf die Tür zu. Es klackte, als von innen die Klinke herunter gedrückt wurde. Tabea trat einen Schritt zurück. Dann ging die Tür auf und Licht fiel auf Maja. Sie blinzelte gegen das Licht und erkannte die Gestalt ihrer Mutter. Maja schaffte noch ein schnelles Lächeln, dann hörte sie einen kurzen, schluchzenden Aufschrei und wurde in einer Umarmung erstickt.
    „Maaja“, schluchzte ihre Mutter. „Maja.“
    Auch Maja kamen die Tränen. Erst langsam und dann heulte sie hemmungslos in den Armen ihrer Mutter. Dahinter hörte sie Käses Stimme: „Papa! Maja ist wieder da.“ Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie ihren Vater aus dem Wohnzimmer sprinten. Einen Moment blieb er überrascht stehen, dann stürzte auch er sich in die Umarmung. Käse aber lief an Maja vorbei und starrte in den Vorgarten. Maja schaffte es, den Kopf ein wenig zu drehen und hinter sich zu schauen. Tabea stand an der Straße und lächelte Käse zu. Dann trafen sich ihr und Majas Blick. Maja lächelte und blinzelte. Als sie die Augen wieder öffnete, verdeckte ihr ein großer Arm die Sicht.
    Ihre Eltern taten sich schwer, sie loszulassen. Immer wenn sie ihre Umarmung gelockert hatten und sie ansahen, schluchzten sie auf und umarmten sie noch einmal.
    „Wir sind so froh, dass du wieder da bist“, sagte ihre Mutter.
    „Ich auch“, krähte Käse dazwischen, der ganz aufgeregt durch den Raum sprang.
    Majas Vater war es schließlich, der die Frage stellte, vor der Maja sich gefürchtet hatte: „Wo warst du nur?“, fragte er.
    „Können wir ein anderes Mal darüber reden?“, fragte Maja, „ich will jetzt nicht darüber nachdenken.“
    Und ihre Mutter schloss sie gleich wieder schluchzend in die Arme.
    Sie zogen Maja ins Wohnzimmer, wo ein kleiner Weihnachtsbaum in der Ecke stand und ein Adventskranz auf dem Tisch. Der Weihnachtsbaum war karger und schmuckloser als die Jahre zuvor. Maja wurde auf das Sofa gezogen und bekam von ihrem Vater eine Tasse Tee vorgesetzt. Ihre Mutter schien sie gar nicht mehr loslassen zu wollen.
    „Jetzt lass doch mal gut sein“, grummelte ihr Vater.
    Dann fragten sie doch wieder, wo Maja gewesen war.
    „Mama, Papa, bitte“, sagte Maja. „Es ist eine lange Geschichte und ich will sie wirklich nicht heute Abend erzählen. Ich weiß, ihr habt euch große Sorgen gemacht, aber mir geht es gut und ich wollte euch wirklich nicht verletzen. Ich habe alles getan, um hierher zurückzukehren. Und jetzt bin ich einfach nur überglücklich, wieder zu Hause zu sein. Und ich will einfach nur mit euch zusammen Weihnachten feiern.“


    Es vergingen zwei Stunden, bis Maja sich endlich loseisen konnte, nachdem sie ihrer Mutter hoch und heilig versprochen hatte, dass sie nicht wieder verschwinden würde. Sie sagte, sie wolle sich etwas anderes anziehen und hatte Mühe, ihre Familie davon abzuhalten, mitzukommen. Sie brauchte einfach einen Moment für sich, um den Kopf freizubekommen.
    Sie nahm ihre Tasche, die sie einfach bloß in einer Ecke stehen gelassen hatte und ging die Treppe hinauf. Als sie ihre Zimmertür aufstieß, stellte sie fest, dass es noch genauso aussah, wie sie es verlassen hatte. Mit einer Ausnahme: Auf dem Tisch stand der Baum von Feodor und daneben lehnte Tabea.
    „Alles klar mit dir?“, fragte sie.
    Maja nickte und versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie Tabea in ihr Zimmer gekommen war. Das Fenster war offen, aber warum? Und Tabea war doch wohl kaum in den ersten Stock gesprungen. „Aber ich muss gleich wieder runter“, sagte sie, während sie eine Jogginghose und ihren bequemsten Pullover aus dem Schrank zog.
    „Ich wollte mich nur verabschieden“, sagte Tabea. „Und dir noch zwei Dinge geben.“ Sie zog ein kleines Messer in einer ledernen Scheide aus ihrer Jackentasche. Maja starrte es verdattert an und erkannte es als Karims Erbstück – das Messer, das er Tabea verkauft hatte.
    „Was soll ich mit einem Messer?“, fragte sie.
    „Darauf aufpassen“, sagte Tabea. „Dreizehn will dieses Messer haben und bei dir wird er es ganz bestimmt nicht suchen. Versteck es irgendwo im Haus, wo niemand es findet und sorg dafür, dass es nicht verloren geht.“
    „Warum sollte ich das tun?“, fragte Maja misstrauisch. „Ich will keinen Ärger mehr haben.“
    „Niemand weiß, dass du es hast. Niemand würde auch nur auf die Idee kommen, dass du es hast.“
    Maja seufzte. „Na gut.“ Sie nahm das Messer, zog den Lattenrost ihres Bettes nach oben und warf es in den Stauraum darunter. „Sicher genug?“
    „Meinetwegen. Und ich soll dir von Tamor das hier geben.“ Tabea stellte die schmale Kiste auf den Tisch und legte einen kleinen Schlüssel darauf. „Es ist sein Abschiedsgeschenk. Du darfst es behalten.“
    Neugierig nahm Maja den Schlüssel und steckte ihn ins Schloss. Mit einem leisen Klicken ging der Koffer auf und der Deckel schwang nach oben. Darin lag auf einem schwarzen Tuch das Schwert aus Taroq.
    „Gibt's nicht!“, keuchte Maja und ließ den Deckel wieder zu fallen. Mit offenem Mund starrte sie Tabea an.
    „Es ist ein Geschenk“, sagte sie. „Tamor meinte offenbar, dass du damit sicherer seist. Und ich schließe mich dem an. Du hast gelernt damit umzugehen, also ...“
    „Ich kann kein Schwert in meinem Zimmer aufbewahren“, sagte Maja. „Wenn das jemand findet …“
    „Du weißt, wie du es notfalls verstecken kannst, oder?“
    Maja griff nach ihrem Amulett. Dem Zeichen von Pheris.
    Tabea nickte.
    „Du solltest wieder runter gehen, bevor deine Eltern entschließen, nach dir zu sehen“, sagte Tabea.
    „Oh, stimmt.“ Maja schloss das Behältnis ab und warf es ebenfalls in den Bettkasten.
    „Eine Frage noch“, sagte Tabea und plötzlich klang ihre Stimme so anders als zuvor, leise und rau. Ihre Augen glitzerten seltsam.
    „Was?“, fragte Maja ein wenig verwirrt.
    Tabea nahm einen kleinen Bilderrahmen vom Nachttisch.
    „Was ist das?“, fragte Maja.
    „Ein Foto deines Onkels“, sagte Tabea und erst in diesem Moment fiel Maja ein, dass sie das Foto selbst dort hingestellt hatte. „Warum hast du es hier?“, fragte Tabea. „Du kanntest deinen Onkel doch nicht einmal.“
    „Ich weiß es nicht mehr“, sagte Maja. „Du hast mir gesagt, das Amulett kommt von ihm und da wollte ich einfach mehr über ihn herausfinden. Das Bild habe ich auf dem Dachboden gefunden.“
    „Darf ich es haben?“, fragte Tabea.
    „Ähm“, sagte Maja, zu überrascht von der Frage, um einen klaren Gedanken zu fassen. Sie sah Tabea unsicher an und noch nie hatte diese so alt ausgesehen. Maja holte Luft und fasste sich wieder. „Klar“, sagte sie. „Warum nicht?“
    „Danke“, sagte Tabea. „Er hat mir wirklich sehr viel bedeutet, dein Onkel, weißt du. Er war ein großer Mann.“
    „Nimm es einfach mit“, sagte Maja und zog sich den Pullover über den Kopf. Sie dachte an ein Foto, das sie in Tabeas Zimmer in Miriam gesehen hatte. Ein Foto von Tabea und einem Mann – einem Mann mit nur einem Arm. Und sie fragte sich, was diese beiden verbunden hatte.
    „Viel Glück, Maja Sonnfeld“, sagte Tabea leise.
    Als Maja den Kopf durch den Kragen ihres Pullovers stieß, sah sie gerade noch, wie die weißhaarige Frau auf die Fensterbank sprang, sich in eine wunderschöne Schleiereule verwandelte und in die Nacht davonflog.

  • Schade das es zu ende ist. ;(
    Aber dennoch hast du diesen teil sehr schön geschrieben. Die Gefühle die darin vorkommen, sowohl von Maja, als auch von ihren Eltern und der letzte Zusatz mit Tabea sind klasse geworden und man kann es (zumindest aus meiner Sicht) sehr gut nachempfinden. :D
    Was ich an dieser Stelle nur schade finde ist, dass du uns jetzt hängen lässt. Hätte ich nicht gewusst, dass du noch weitere Geschichten geplant hättest, würde ich es gut sein lassen, ABER mich reizt es ungemein zu erfahren, was du Maja und die anderen in den anderen Geschichten durch machen lassen würdest. Beziehungsweise wie geht es mit Dreizehn weiter? Was macht Lil? Findet Sahra ihre Schwester wieder? Was hat Matthias geplant?
    Das sind alles Sachen die mir durch den Kopf gehen und worauf ich verdammt gerne eine Antwort finden würde. Aber gut. Du hattest ja gesagt, dass du dich einem neuen bzw. anderem Projekt zuwenden willst, was ich auch verstehen kann, aber schade finde ich es trotzdem das Maja für uns erst einmal keine neuen Abenteuer mehr erleben wird.

    Wie du merkst, bin ich mittlerweile ein treuer Leser deiner Geschichten und ein unglaublicher Fan dieser sagen wir mal Buch-Reihe. :D Solltest du dich irgendwann doch noch dazu entschließen die anderen Geschichten zu schreiben, hast du mich garantiert als Leser dabei :D

    xoxo
    Kisa