Samain Kelly, p.d. (Bd.1-3)

Es gibt 95 Antworten in diesem Thema, welches 36.025 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (10. August 2019 um 11:19) ist von Tom Stark.

  • und es schien mir so, als ob die Amazonen meinen Anweisungen beinahe noch lieber nachkamen, als die ihrer Hauptfrau.

    den ihren

    Ares ist zwar auch nicht unbedingt der netteste und ein Säbel der immerblutende Wunden schlägt passt schon irgendwie zu ihm, aber die Säckchen natürlich eher weniger. Jedenfalls steht fest, dass der eventuell bevorstehende Kampf wirklich nicht einfach sein dürfte. Aber die Stadt muss ja wirklich in irgendeiner Weise wichtig sein, wenn Lady Di selbst mitkommt um anzugreifen.

  • Maugin, im Rathaus

    Perseide hatte eine kurze, gemein aussehende Maschinenpistole an einem straffen Gurt über der Schulter und packte diese fest, als wir noch mehr Schreie hörten.
    Das waren nicht die Schreie Kämpfender, sondern von Menschen, die gefoltert wurden.
    Ich musste die Amazone nicht ansehen, um zu wissen, dass es ihr genauso wie mir die Nackenhaare aufstellte.
    Auch ich griff zu der Pistole an meinem Gürtel, einen Bogen in einem Gebäude zu benutzen wäre mir nie eingefallen, schließlich bin nicht Legolas.
    Der Lärm kam aus einem oberen Stock, welchem wussten wir nicht genau. Daher gingen wir so schnell es ging, ohne dabei selbst Lärm zu machen, über die gewundene Treppe in den ersten Stock. Als hätten wir nie etwas anderes gemacht, sicherten wir unsre Flanken gegenseitig und überprüften alle Räume, um ja keinen Gegner im Rücken zu haben.
    Wir fanden zwei weitere Leichen, offensichtlich Rathausangestellte, die sich hinter einem Schreibtisch versteckt hatten und dort kaltblütig niedergemetzelt worden waren.
    Auf der untersten Stufe der Treppe zum nächsten Stock fanden wir eine Amazone, ebenfalls tot, von hinten erstochen.
    Ich schaute Perseide fragend an und sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Das kein Messer war, das ein Schwert war. Wenn die Hexen in Maugin benutzen keine Schwerter, diese Schwester ist ...«
    »... von einer Ihrer Kameradinnen umgebracht worden. Hinterrücks!«, beendete ich ihren Satz, den sie nicht zu beenden wagte.
    Sie stürmte entschlossen die Treppe hinauf, diesmal nicht sehr auf ihre Sicherheit bedacht. Da ich keine Wahl hatte, eilte ich hinterher. Oben angekommen, zuckten wir erneut zusammen, weil wir ein gequältes Stöhnen aus einem Raum direkt links von uns vernahmen.
    Perseide sprang zur Tür und richtete ihre Waffe in den Raum.
    » Αδελφή Perseida, τι κάνεις εδώ? - Schwester Perseida, was machst Du hier?«, hörte ich aus dem Raum, verstand aber außer ihrem Namen kein Wort.
    Ihre Antwort, ein kurzer Feuerstoß, dann noch einen, die verstand ich nur zu deutlich.
    Als ich in das Zimmer sehen konnte, sah ich die zusammengekrümmte Amazone, die fassungslos mit sterbenden Blick ihre Hauptfrau anstarrte und hinter ihr einen Mann der furchtbar gefoltert auf einen Tisch gebunden war. Die Leiche einer noch schlimmer verstümmelten Frau, war auf einem Drehstuhl in der Ecke festgebunden. Als der Mann uns sah, flackerte sein Blick. Dann starb er.


    Hierzu mal wieder ein kurzer Exkurs, diesmal mit dem Titel: Warum Paktierer am Ende immer solche Schweinereien anrichten müssen.
    Dämonen verleihen nur zu gerne ihre Macht, meistens indem man sie einladen muss, in den eigenen Körper oder in Dinge, die man benutzen will, hineinzufahren. Jeder normale Geist kotzt sich bei so einer Erfahrung die Seele aus dem Leib, bei vielen ist das sogar wörtlich zu nehmen, denn sie sterben daran. Andere, in der Regel sehr starke Geister oder sehr fitte Gastkörper, halten das länger aus. Nun ist es nicht so, als ob ein Dämon sich auswirkt, wie die Dämonen die man aus Filmen kennt, wie der Exorzist. Denn immerhin benutzt er den ganzen Körper, als auch das Gehirn. Das bedeutet, er hat die Erfahrungen und die Lehren des Menschen, den er gerade übernommen hat. Deshalb benehmen sie sich zumindest am Anfang noch fast normal. Erst mit der Zeit sickert das dämonische Wesen, was mit einem menschlichen Geist ungefähr so viel gemeinsam hat, wie ein Panzer mit einem Gummiboot, immer mehr durch. So legt das Gehirn neue Erfahrungen und Ansichten an, die es dem Körper erlauben sich nun zu benehmen, wie es dem Vorbesitzer sonst nie eingefallen wäre.
    Auch die bloße Benutzung besessener Gegenstände lässt die dämonische Präsenz Stück um Stück in den Benutzer einsickern. Diese Scheiß-Biester sind einfach nur Invasoren, müssen aber zum Glück in der Regel mit Vorsatz eingelassen werden. Wie gesagt, ihre Präsenz stinkt auf so vielen Ebenen, dass jedes normale Lebewesen sich nie im Leben auch nur im Umkreis von 100 Metern mit ihnen im selben Gebiet aufhalten wollen würde.
    Folterungen sind ein bei Dämonen sehr beliebtes und leider auch wirkungsvolles Mittel den Willen der Gefolterten zu brechen. Sie würden irgendwann alles tun, selbst den Dämon einzulassen, damit nur das Grauen aufhört. Natürlich hört es nicht auf, aber falsche Hoffnungen sind immer üble Fallen.
    Oft gehen die Dämonen zu weit und ihre Gefolterten sterben ihnen weg, bevor sie dazu kommen sich ihnen zu öffnen. So traurig es klingt, ist das ein Glücksfall für die Betroffenen.
    Ich habe gehört, dass mächtige Magieanwender oder Priester anderer Ausrichtungen es in seltenen Fällen gelingt, die Dämonenpräsenz aus einem Körper zu verbannen, aber ich habe meine Zweifel, ob der befallene Geist sich überhaupt von so etwas erholen kann - oder ob noch genug Seele übrig ist, die sich erholen kann.
    Als Druide gibt es ohnehin keine Zweifel in der Vorgehensweise. Von Dämonen besetzte Körper werden vernichtet. Punkt! Die Gefahr einer Ausbreitung ist in jedem Falle mit aller Härte auszuschalten. Klingt unbarmherzig? Ich behaupte, es ist eine Gnade für die Reste der menschlichen Seele, die vielleicht noch in so einem Körper ausharren muss.
    Dämonen sind Parasiten aus einer uns völlig fremdem Umgebung.
    Es soll ja Leute geben, die sich absichtlich mit einem Bandwurm infizieren, um Gewicht abzunehmen. Ob diese Leute das auch täten, wenn sie wüssten, dass sie den Wurm nie wieder loswerden, bezweifle ich doch stark.
    Leider glauben aber immer wieder Leute, dass sie den Dämonen kontrollieren könnten, was auch immer sie dazu bringt, sich so zu überschätzen. Aber im Gegensatz zu einem Bandwurm, gibt es gegen Dämonen keinen Pille, die man schlucken kann und beim nächsten Stuhlgang ist man sie los.
    Exkurs Ende.


    Auch Perseide weiß das, gerade da sie speziell gegen diesen Feind ausgebildet ist. Leider sind viele Dämonen nicht blöd und schaffen es, sich unter Umständen sehr lange, als normal zu tarnen. Doch sobald sie dann alleine sind, halten sie sich meist nicht lange auf und fangen an sich zu verbreiten.
    Daher war die Reaktion der Hauptfrau, die einzig Angemessene, zumindest sahen wir beide das so.
    Natürlich waren die Schüsse gehört worden, was aber nicht hieß, dass man uns nun jagte. Im Gegenteil kamen wir noch in zwei Zimmer mit beinahe demselben schaurigen Bild und wir erledigten auch hier die Besessenen ohne Gnade. Zum Glück für die Gefolterten, kann ich an den Auren sehen, ob jemand infiziert ist, was bei keinem der Fall war. Man ist bei solchen Blutbädern auch für kleine Wunder dankbar.
    Wir betraten die Treppe in den letzten Stock, doch wir wurden von zwei Wache schiebenden Amazonen aufgehalten.
    Perseide befahl ihnen uns durchzulassen, nach unten zu gehen und ihre Waffen bei den Kameradinnen am Eingangsportal abzugeben. Die beiden Frauen blickten ihre Hauptfrau verwundert an, schienen aus allen Wolken zu fallen. Sie hoben überrascht ihre Hände und traten ungläubig auf meine neue Freundin zu.
    Bevor es ihnen gelang sie zu packen, denn nichts anderes hatten sie vor, schoss ich. Zweimal. Zwei volle Treffer in die Körpermitte, ganz wie aus dem Lehrbuch. Auch ohne meine solide Feuerwaffenausbildung bei der walisischen Polizei, hätte ich aus dieser Kerndistanz nicht verfehlen können.
    Die Hauptfrau fuhr zu mir herum, aber ich deutete stumm aber wachsam auf die sich krümmenden Körper. Einen von Dämonen besetzten Körper zu töten ist gar nicht einfach, schon gar nicht mit nur einer Kugel. Ohne auf die eigentlich tödliche Verwundung zu achten, kamen die beiden Kriegerinnen wieder auf die Beine und wollten uns mit bloßen Händen angreifen.
    Endlich begriff auch Perseide und schoss ebenfalls. Die Salven einer Maschinenpistole sind ungleich wirkungsvoller, insbesondere, da die Amazone, wie auch zuvor, auf die Köpfe zielte.
    »Woher Du es wusstest?«, fragte sie mich nur.
    »Ich kann es an der Aura sehen.« Ich machte eine undeutliche Geste, welche die Silhouetten der nun Toten nachfuhr. »Besonders wenn es so deutlich ist, wie bei diesen Beiden. Da war fast nichts mehr Menschliches vorhanden.
    Sie nickte, ließ ihre nun leergeschossene MP zu Boden gleiten und ergriff ihr Schwert.
    Da ich noch ein fast volles Magazin hatte, ging nun ich voraus.
    Die Zimmer im obersten Geschoss waren alle leer, nur zwei Sitzungssäle, eine Küche und ein leeres Büro.
    Am Ende des langen Ganges sah man die Leiche einer weiteren Amazone. Diese Frau war sauber enthauptet worden und lag nun vor der verschlossenen Tür, die aufs Dach führte.
    Es kostete uns etwas Zeit die Sicherheitstür so lautlos wie möglich aufzubrechen, denn jemand hatte sich Mühe gegeben sie von den anderen Seite zu verrammeln.
    Als es uns endlich gelang und wir die wenigen Stufen zur Dachterrasse hoch schlichen, hörten wir die Stimmen zweier Personen.
    »Dein hübscher Körper wird mein sein und mit ihm werde ich all Deine Schäfchen, die Du so tapfer beschützt hast, meiner eigenen Herde zuführen! Aber mach Dir keine Sorgen, die Frauen werden in der Armee des Ares ihre Bestimmung finden.« Das Lachen der Frau ging mir durch Mark und Bein, so irre und unmenschlich, dass es beinahe schon ein Klischee war.
    »Das Diana ist, meine Prinzessin ...«
    Perseides Worte waren kaum ein Hauch. Stumm drückte ich ihr mitfühlend die Schulter.
    »Lass zuerst mich, bitte.«, bat sie. »Das eine Sache ist, die klären eine Amazone sollte. Wenn versage ich, dann ...«
    Ich nickt verstehend, auch wenn ich es für eine Dummheit hielt. Doch manche Dummheiten muss man begehen, niemand verstand das besser als ich. Also drückte ich ihr meine Schusswaffe in die Hand und gab den Weg frei.
    Während sie die letzten Meter ging, machte ich den Bogen klar.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • heute legst du aber los ey ^^°

    hmmm.... Sam gibt ihre Waffe ab =O
    Naja siebhat ja noch den Bogen, mal sehen was das wird ^^°
    Ich hoffe Sams Mutter kommt ihr irgendwie zu Hilfe und das nicht wieder mit einem "Tu was getan werden muss" XD
    ich meine gegen Dämonen könnten sie wirklich Hilfe gebrauchen ...

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Maugin, auf der Dachterrasse des Rathaus


    Ich hörte Perseide ihre Prinzessin ansprechen, verstand aber kein Wort.
    Die Prinzessin antwortete, zuerst befehlend, dann schmeichelnd, und auch hier konnte ich bestenfalls raten.
    » Όχι! - Nein!«, hörte ich meine große Freundin rufen, das zu verstehen musste man kein Sprachgenie sein.
    »Schöne Kriegerin, begehrenswert und stark - kämpfe für mich, kämpfe für Deine Geliebte!«
    Die Worte waren leise, fast kraftlos gesagt, aber ich konnte die Magie dahinter sogar am Fuß der Treppe in meiner Deckung spüren. Mein Denken war voller Sehnsucht und alles in mir strebte danach dem liebreizenden Geschöpf jeden Wunsch von den Lippen abzule ...
    »Heilige Scheiße!« Ich war sogar feucht geworden und ich hatte diese Sprecherin noch nicht einmal zu Gesicht bekommen. Derart viel magische Erotik, man könnte es auch als Lust- oder Verführungszauberei bezeichnen, war mir zuletzt am Elfenhof um die Ohren gehauen worden, als ein Elfenfürst mich hatte einseifen wollen. Ja, ich denke das kann man auch wörtlich nehmen, seine Absichten hatten bestimmt auch was mit einem anregenden Bad zu tun - aber ich schweife ab.
    Energisch schüttelte ich die Wirkung ab, ganz so leicht bin ich zum Glück doch nicht zu haben.
    Leider galt das nicht für die arme Perseide.
    » Αγαπημένη ερωμένη , δίνω τη ζωή μου για σένα ! - Geliebte Gebieterin, ich gebe mein Leben für Dich!« , habe ich mir hinterher übersetzen lassen, aber in etwa das konnte ich aus dem schmachtenden Tonfall hören. Allein schon diese riesige Hauptfrau schmachten zu hören, war Erklärung genug.
    Bevor ich aus meiner Deckung kommen konnte, hörte ich sie schon ihr ganzes Magazin entleeren.
    Ich sah gerade noch, wie sie auf eine rassige Schwarzhaarige schoss und sieben von acht Kugeln waren gute Treffer. Fünf davon in die Brust, zwei in den Schwertarm. Nur die Kugel, welche den Kopf hätte treffen sollen, verfehlte.
    Deswegen würde ich ihr jedoch keine Vorhaltungen machen, denn ihre athletische Gegnerin bewegte sich schnell, fast ansatzlos. Die Treffer in die Brust wurden von einer kugelsicheren Schutzweste zum Großteil abgehalten und Schmerzen machen einem Besessenen wirklich kaum etwas aus.
    Sie wechselte ihren fies gezackten Säbel in den gesunden Arm und drang auf die wie benebelt reagierende Amazone ein, die gerade noch einmal ihr Schwert ziehen konnte.
    Da ich Perseide kannte, sah ich, dass sie selbst in Bestform ihrer Prinzessin nicht lange gewachsen wäre. Jetzt, unter dem Einfluss des Liebeszaubers, kämpfte sie zwar mit viel Herz aber wenig Verstand, eine üble Kombination, wie man sich wohl denken kann.
    Ich legte an und zielte, doch die beiden Amazonen drehten sich so schnell, griffen an, wichen aus, stießen vor oder sprangen zurück, dass ich keine Chance sah, die Richtige zu treffen.
    Die Hauptfrau kassierte ihren ersten schweren Treffer. Der bösartige Säbel hatte ihr den linken Unterarm aufgerissen und das Blut wollte wie bei Fontaine herausschießen.
    Nun weiß jeder, dass solche Wunden selten so viel Blut abgeben, da der Körper sich selbst schützt und das verhindert. Doch in diesem Fall schien das nicht zu gelten. Was noch schlimmer war als die Verletzung, war die Entfärbung der Aura, die bei Perseide rasant fortschritt, ein Zeichen dafür, dass ihre Lebenskraft rapide schwand und zwar in keinem plausiblen Verhältnis, selbst zu dieser Verwundung. Immerhin tat sie das einzig Vernünftige und presste ihre Wunde eng an den Körper.
    »Perseide, Deckung!«, rief ich und hoffte, dass ihre lang antrainierten Reflexe selbst unter dem Liebesbann noch intakt waren.
    Ohne nachzudenken wich sie zur Seite aus und suchte Schutz zwischen zwei Sandsteinbottichen mit Allwetterblumen und ich schoss. Noch bevor ich wusste ob ich getroffen hatte, hatte ich bereits den nächsten Pfeil auf der Sehne.
    Diana, oder das Wesen zu dem sie geworden war, hatte keine einzige Schrecksekunde und war schon auf halben Weg zu mir, diesen fürchterlichen Säbel auf meine Brust gerichtet. Den Pfeil in der Schulter ignorierte sie vollkommen und auch dieser Pfeil, den sie aus nächster Nähe in die Brust bekam, stoppte sie nur unwesentlich.
    Es wäre mir unmöglich gewesen auszuweichen und schon sah ich mich aufgespießt, als die große Amazone aus ihrer Deckung schnellte und unsere gemeinsame Feindin über den Haufen rannte.
    Es gelang ihr einen Streich gegen den Hals der Prinzessin zu führen, doch der traf nur halb. Eigentlich war die Verletzung schwer genug, aber ich hatte inzwischen meine Zweifel, ob man das Wesen überhaupt durch eine Verletzung stoppen konnte.
    Diana zog ihre Knie an und mit unmenschlicher Kraft schleuderte sie die viel schwerere Hauptfrau von sich. Ich schoss sofort, aber verfehlte, da sie gedankenschnell nachgesetzt war und der tapferen Hauptfrau ihren Säbel bis zu Heft in den Bauch gerammt hatte. Ich konnte es kaum fassen, wie schnell sie sich dabei bewegte und verfluchte den Umstand, dass ich drei Stockwerke über dem Erdboden stand. Selbst unter den günstigsten Umständen würde ich hier nicht auf die Hilfe des Landes zurückgreifen können.
    Doch da ergriff Perseide die Handgelenke ihrer Prinzessin und hielt diese eisern fest.
    »Το σπαθί μου! - Mein Schwert!« Sie starrte auf die Klinge, die rechts neben ihr lag, doch ich verstand zuerst nicht. Zum Glück war da noch diese andere Frau, selbst schwer verwundet trat sie gegen die Waffe und stieß sie in meine Richtung. Auch bei mir fiel endlich der Penny und ich griff zu.
    Die Besessene sah es, zerrte wie eine Beserkerin an ihrem Säbel, doch Perseide hielt unerbittlich fest, kämpfte um das Leben ihrer vermeintlichen Geliebten und meines, wie ich auch heute noch hoffe. Es wäre nur schwer zu ertragen, wenn meine neue Freundin ihr Leben nur wegen eines Zauberbanns gelassen hätte. Das hätte ihrem Heldenmut irgendwie das Heroische geraubt.
    Mit aller Kraft, angetrieben von dem Wissen, dass es das Letzte sein würde, was die tapfere, große Amazone je sehen würde schlug ich zu.
    Ich achtete nicht auf den Kopf, der sauber von den Schultern getrennt wurde, noch auf das Blut, was mich besudelte. Alles, was in diesem Moment wichtig war, war den Körper der mutigen Amazone zu halten, die mir zweifellos meinen Hintern gerettet hatte.
    Da spürte ich eine sanfte Hand auf meiner Schulter. Mo war gekommen.
    »Lass sie gehen, Sam. Ich hole mir meine Kriegerin. Ihr werdet Euch wiedersehen, ich verspreche es.«
    Mag sein, dass das für jeden anderen eher wie eine Drohung geklungen hätte, mich tröstete es jedoch in diesem Moment ungemein.


    »Ríoghain, meine Herrin. Ist es soweit?«
    Die schöne Frau, die Bürgermeisterin Marie Collins, die Oberhexe, wenn ich mich nicht täuschte.
    Sie sprach mit Mo und die Göttin antwortete, was mich fast genauso bestürzte.
    »Ney, Tochter, noch nicht. Ich habe dir meine Freundin geschickt. Sie wird Dich heilen.«
    Bevor ich noch etwas sagen konnte, waren die Morrigan und das, was Perseide wirklich ausmachte, verschwunden.
    Ich eilte zu der hübschen jungen Frau, auch wenn ich den Verdacht hatte, dass sie nicht annähernd so jung war, wie sie aussah. Eine üble Wunde verlief quer über ihren Bauch, doch irgendwie hielten sich ihre Selbstheilung und die bösartige Macht des Säbels die Waage - noch.
    »Meine Herrin nennt Dich Freundin?« Ihr Lächeln, selbst so ungläubig und kraftlos, war wirklich bezaubernd. Also wenigstens bei mir brauchte sie keine Magie, damit ich sie sofort mochte, ich konnte gar nicht anders.
    »Nunja ... ja«, was sollte ich schon sagen? »Ich lernte sie als Morrigan kennen, hatte beinahe vergessen, dass sie ab und zu auch als Kriegsgott Ares aushilft.«
    »Aye, auch ich kenne sie als Mo-Ríoghain. Wir verehren den Fruchtbarkeitsaspekt, die Lust am Leben und der Liebe.« Ihre Stimme war kaum noch ein Flüstern.
    »Ja, klar. Tod und Leben, zwei Seiten derselben Münze. Hätte ich mir ja denken können. Das heißt, irgendjemand hat es geschafft Ares Kriegerinnen und Mo-Ríoghains Priesterinnen aufeinander zu hetzen? Ziemlich krasse Scheiße!«
    »...«
    Ich blickte mich verzweifelt um. Wie zum Gehörnten stellte Mo sich das vor? Wie sollte ich so weit von der Erde entfernt eine so schlimme Verwundung heilen? Mit dem bisschen Erde in den Blumentrögen ganz sicher nicht. Womöglich waren die sogar noch voller Kunstdünger, das hätte die Sache sogar eher schwerer als leichter gemacht.
    »Lust, Freundin. Meine Göttin schenkt mir Kraft wenn ich Lust bereite ... oder empfange.« Die letzten Worte erahnte ich mehr, als dass ich sie hörte.
    Lust?! Oh Mo, was denn noch alles?

    Aber eine Druidin tut, was getan werden muss.

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    Tom Stark
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    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (8. April 2016 um 15:11)

  • als auch das Gehirn

    also

    und der tapferen Hauptfrau ihren Säbel bis zu Heft in den Bau gerammt hatte

    bis zum .. Bauch

    Oh na das ging ja nochmal gut :D
    Ich hab zwar nicht ganz kapiert, wie sich der Liebesbann jetzt genau auf Perseide ausgewirkt hat, das hat dem ganzen aber nicht viel Abbruch getan. Immerhin ist jetzt auch klar weshalb die Fraktionen gegeneinander kämpfen. Und dass Mo sich vermutlich nicht ohne Hintergedanken eine Verbündete gesucht hat (die dann zufällig auch noch mit einer noch mächtigeren Druidin verwandt ist).

  • Maugin, Haus der Bürgermeisterin

    »Mickey, du wirst zuerst die Schule fertigmachen. Das ist mein letztes Wort. Auch ein Druide braucht Bildung. Du kannst aber gerne in den Ferien bei mir hospitieren.«
    Ich glaube nicht, dass er den Begriff überhaupt kannte, aber er sah, dass es mir ernst war.
    »Das ist so ungerecht!«, maulte er und zog ab, seine Brownies und Kobold-Freunde im Schlepptau, die aber außer mir, nur noch die Hexen von Maugin sehen konnten.

    »Es ist schon sehr ärgerlich, dass uns die gefangenen Schwarz-Amazonen entwischt sind.«
    Marie kam gerade zur Hintertür herein in die Küche, in der ich mit meinem Schüler diskutiert hatte.
    Er hatte auch diesen Begriff geprägt, der die guten von den bösen Amazonen unterscheiden sollte.
    »Und, wie ist Euer Hexen-Treffen gelaufen? Wird sich Eure Pastorin wieder erholen?«
    »Sam, wir sind Priesterinnen, keine Hexen in dem Sinne ...« Die wunderhübsche Marie verdrehte ihre Augen theatralisch, aber ich wusste, bei Ihr würde ich mir weit Schlimmeres leisten können, bevor sie auch nur daran dachte sich darüber zu ärgern. Ich wäre ja besorgt gewesen, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ihr verliebter Blick weit mehr in meiner Bedeutung als Gefährtin ihrer Gottheit zu suchen war, als in meiner ganz sicher plötzlich enorm zugenommenen körperlichen Attraktivität. Nunja, man nimmt, was man bekommen kann, oder?
    »Also schön, Priesterinnen. Ich habe mit Mum telefoniert. Sie kümmert sich um die abtrünnigen Druiden und auch, dass ihr vorübergehend Ersatz bekommt, jedenfalls bis Mickey soweit ist.«
    Marie lächelte, aber es war zurückhaltend. Ihre Begeisterung, dass ein Druide ihr wenigstens ab und zu auf die Finger schauen würde, hielt sich verständlicherweise in engen Grenzen.
    Plötzlich war sie wieder ganz nah bei mir, geradezu unheimlich wie sich immer an mich anschleichen konnte.
    »Und ... was macht meine Lieblingsdruidin heute noch?«
    »Hey, lass das doch mal.« Ich hielt sie davon ab, wieder an mir herum zu knabbern, diesmal hätte sie beinahe mein linkes Ohr erwischt.
    »Verzeihung, aber ich bin etwas süchtig nach Dir. Außerdem ist meine Wunde schon wieder am aufbrechen. Wir müssen wohl noch etwas Heilung nachlegen ...«
    Ich verdrehte ebenfalls theatralisch die Augen. Es war nicht so, dass es keinen Spaß machte, ganz im Gegenteil. Aber das war es dann auch, nur Spaß. So sehr ich es genieße, aber ich brauche das nicht rund um die Uhr. Doch wenn es nach Marie ginge ...
    »Süße, ich muss mich noch um Bennet Senior kümmern. Wegen dem hat mich Bennet Junior überhaupt erst nach Maugin geholt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das war doch nur die Tarngeschichte.«
    Ich runzelte die Stirn. »Willst Du sagen, es gibt gar keinen spukenden Geist?«
    »Doch, doch. Nur ist er sehr umgänglich, keine Bedrohung oder Ärgernis.«
    Ich schnappte mir meine Sporttasche mit druidischem Handwerkszeug.
    »Das sehe ich mir lieber selbst an. Es ist nicht normal, dass Verstorbene hierbleiben. Irgendwas ist da.«
    Sie seufzte. »Wenn Du musst. Sehen wir uns heute Abend, nach der Ratssitzung, zu der Du übrigends immer noch herzlich eingeladen bist?«
    Ich winkte ab. »Ney, lass mal. Aber natürlich sehen wir uns. Oder steht Dein Angebot nicht mehr, dass ich eine Woche bei Dir Urlaub machen darf?«
    »Du hast Dich entschieden?«
    Sie strahlte übers ganze Gesicht.
    »Ja, ich würde gerne mal wieder eine Weile einfach nur wandern gehen und das Land braucht außerdem jemand, der ihm klarmacht, dass nun alles wieder in Ordnung kommt. Sowas braucht ein paar Tage.«
    Sie stand auf einmal hinter mir, obwohl ich geschworen hätte, sie nicht aus den Augen gelassen zu haben. Besitzergreifend legte sie die Arme um meine Hüfte und presste sich an mich. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, das hätte mich kalt gelassen. Die süße Marie war schon unglaublich.
    »Willst Du Deinen ganzen Urlaub nur mit Wandern verbringen?«
    Ich lachte. »Ganz sicher nicht. Ab und zu will ich auch lesen, ins Kino gehen, Rad fahren, mir die Sehenswürdigkeiten anschauen ...«
    »Ah, bist du fies!«
    »Warum, ich sagte doch, dass ich die Sehenswürdigkeiten bewundern will.« Ich ergriff ihre Hände und rieb sie sanft. »Vielleicht hast Du ja den einen oder anderen Vorschlag?«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Vorwort


    Die Welt besteht aus mehr, als nur dem was wir sehen, viel mehr.
    Wenn wir alleine schon bedenken, wie räumlich eingeschränkt unser Sehen ist, können wir nur erahnen, wie wenig wir von dem wissen, was sich vorsätzlich unserem Blick entzieht.

    Als Druidin ist meine Welt um einige Facetten reicher, aber deswegen mache ich dem Normalsterblichen keinen Vorwurf. Ein IT-Spezialist hält einem Klempner auch nicht dessen Unfähigkeit vor, sich einen Algorithmus zum Sammeln von Querverweisen auszudenken, schon gar nicht, während der gerade seine kaputte Toilette repariert.
    Meine Welt umfasst nicht nur jene, in der sie und ich eigentlich überall hingehen können, wohin wir wollen, sondern auch die Länder und Reiche, verborgen hinter dem, was ich gerne als Nebel der Wirklichkeit bezeichne.
    Einige wenige haben die Fähigkeit jederzeit durch den Nebel zu sehen, und andere haben das Glück oder Pech, dass sich der Nebel für sie manchmal lichtet.
    Und genau da komme ich ins Spiel: Sam Kelly, p.d.
    Das p.d. steht für personal druwid, aber wenn meine Kundschaft es lieber als Privater Detektiv interpretiert, ist mir das auch recht.
    Wenn jemand also Ärger mit einem Hauskobold hat, bei Vollmond immer wieder Besuch vom Geist der verstorbenen Schwiegermutter bekommt, oder das bleiche Hausmädchen statt einer schnellen Nummer mit dem Hausherrn zu schieben, lieber 1-2 Liter Blut aus dessen Halsschlagader schlürfen will ... rufen Sie mich an. Ich stehe im Telefonbuch und habe außerdem eine Webseite.

    Natürlich wäre mein Leben so ziemlich langweilig (haha...), deshalb ist meine Mutter die oberste Druidin des Westens, Sie könnten sie auch die keltische Päpstin nennen. Damit mein Chaos wirklich nie aufhört, habe ich es zudem geschafft mir die Gunst DER keltischen Todes und Fruchtbarkeitsgöttin schlechthin zu verdienen.
    Nichts desto trotz:
    Kelly, p.d. - Zögern Sie nicht mich zu holen, wenn die Anderwelt bei Ihnen an die Tür klopft.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (9. August 2019 um 08:21)

  • Abgeschiedene Blockhütte, Wicklow Mountains National Park, Irland

    Marie Collins war eine rehäugige Priesterin der Ríoghain, man könnte sie auch frivol als Lust-Hexe bezeichnen, was mir natürlich nie in Sinn käme.
    Ríoghain oder Mor- Ríoghain ist der andere Aspekt der Morrigan.
    Auch wenn ich es hätte besser wissen müssen, hatte ich erst vor Kurzem herausgefunden, dass meine persönliche Lieblings-Gottheit nicht nur für den schmerzhaften Abgang unbeirrbarer Waffenträger zuständig war, sondern auch dafür, dass diese Waffenträger überhaupt erst in solchen Massen produziert wurden.
    Fruchtbarkeit und Kampf, oder wie es lieber ausdrücke: Sex&War. Ja, meine Göttin lieferte wirklich das komplette Paket.
    Mit Marie hatte ich gerade den ... keine Ahnung wievielten, sehr privaten Gottesdienst abgehalten und ich bewunderte erneut ihre wirklich perfekten Brüste, die sich erschöpft vor mir hoben und senkten. Ihr Kopf war auf meinen Bauch zur Ruhe gekommen, direkt über der Tätowierung, die meine recht intime Verbindung zu Mo aka Morrigan aka Ríoghain anzeigte.
    Nun lag dasselbe nachsichtige Lächeln auf meinen Lippen, mit dem Marie mich zu Beginn unsrer Bekanntschaft bedacht hatte. Es machte Spaß mit ihr, keine Frage, jede Sekunde ein Genuss. Aber da ich den direkten Vergleich zu ihrer Chefin, also ihrer Göttin hatte, musste ich leider einräumen, dass sie nicht annähernd in ihrer Liga spielte. Es ging einfach nichts über das Original.
    Als ich aus dem Bett stieg, murmelte sie unzufrieden, wohl weil plötzlich das warme weiche Kopfkissen fehlte, aber sie erwachte nicht.
    Ich wollte mir schon den Abschiedskuss schenken, denn derart tief war unsre Beziehung eigentlich nicht. Als ich aber dann in ihr friedvolles Gesicht mit der süßen Nase blickte, konnte ich nicht anders.
    Sie schniefte leise, als ich ihr einen sanften Schmatz auf die Nase gab und ich lachte ebenso leise.
    Behutsam zog ich mich an, wollte sie auf keinen Fall wecken und, wenn möglich, mich so heimlich wie es ging, aus dem Staub machen. Natürlich war das eine Flucht, ich bin ja nicht einfältig und vielleicht war es Marie gegenüber unfair.
    Aber auch wenn ich sie vielleicht etwas süßer fand, als ich sollte, ging Mo bei mir immer vor. Unsere seltsame Beziehung war ohnehin kompliziert genug.
    Gerade als ich dachte ich hätte es geschafft, war schon fast zur Tür hinaus, hörte ich die Worte:
    »Wohin so schnell, kleine Druidin?«
    Die Stimmlage ging mir unter die Haut und als ich mich umdrehte, stand da Marie in ihrer ganzen Schönheit, doch ihre rehbraunen Augen waren nun tief und dunkel. Mo hatte wieder einmal von ihrer Priesterin Besitz ergriffen. Marie hatte es mir zwar erzählt, dass das ab und zu geschah, aber das war meine Premiere.
    »Äh, naja, weißt du ...«, stammelte ich nicht wenig verlegen.
    Sie legte den Kopf auf die Seite, verschränkte ihre Arme, nicht vor, sondern provokant unter Maries hinreißenden Früchten und lächelte abwartend.
    Aha, ich verstand. Man wollte die kleine Druidin zappeln lassen.
    Sogleich stieg diese Hitze in mir auf, wie es immer der Fall ist, wenn ich den Eindruck habe, jemand will mich mit Absicht ärgern. Dad hat mir früher immer gesagt, ich würde dann viel mehr Farbe im Gesicht bekommen und wenn man genau hinsieht, würde man den Dampf aus meinen Ohren steigen sehen, wie bei einem Kessel unter Druck.
    »Also jetzt pass mal gut auf, du heuchlerische, hinterlistige, manipulative ...«
    Den Rest meiner Tirade verschloss mir Mo mit einem leidenschaftlichen Kuss. Wie sie das macht, ist mir unklar, aber sie scheint da ein Ventil gefunden zu haben, denn die ganze innerlich angestaute Streitlust ist auf einmal wie weggeblasen.
    Ich musste mehrmals blinzeln, um zu erkennen, dass sie wieder einen halben Schritt zurückgegangen war.
    »Süße, ich kann diesen Körper nicht lange besetzen, das verträgt er nicht gut, also hör mir zu. Die dunklen Amazonen sind zwar geflohen, aber sie werden sich schnellstmöglich zu ihrem Hauptsitz nach Griechenland begeben und sich mit ihren Schwestern wieder vereinigen. Auch wenn ihnen Pandorras Schwert nun fehlt, haben sie genug Mittel und Wege meine Kriegerinnen in die Dunkelheit zu ziehen.«
    Ich runzle die Stirn. »Und warum stehst Du ihnen nicht einfach bei. Ich meine wenn Du ihnen als Ares oder Artemis erscheinst ...«
    Sie schüttelte traurig lächelnd den Kopf. »Glaubst Du nicht, dass ich das machen würde, wenn das so einfach wäre. Oder die anderen Götter und Göttinnen, wenn ihre Domänen und ihre Anhänger bedroht sind? Denkst Du nicht, der Christengott, der ja auch der Gott der Muslime ist, würde nicht einschreiten und ein Machtwort sprechen, damit sie ihre heiligen Kriege gegeneinander beenden?«
    Ich hob ratlos die Schultern. Soweit hatte ich noch nie gedacht. Natürlich hatte auch ich mich schon ob dem Elend in der Welt gefragt, wie ein guter Gott so etwas zulassen kann, wer hat das nicht? Doch ich befand mich nun in der ziemlich elitären Lage, eine Gottheit direkt zu fragen:
    »Keine Ahnung? Sag' Du es mir!«
    Sie kniff die Augen zusammen und ich grinste. Wer mit einem Druiden Spielchen treibt, darf sich nicht wundern, wenn der den Spieß mitten drin einfach umdreht.
    »Das steht jetzt gar nicht zur Debatte«, erklärte sie mit göttlicher Nonchalance. Guter Trick. Den würde ich mir merken.
    »Gehst Du jetzt nach Griechenland und warnst meine Kriegerinnen, oder muss ich die arme Marie schicken?«
    »Die wird doch hier gebraucht! Außerdem können Deine Lust-Hexen und Deine Amazonen sich nicht wirklich leiden, das weißt Du doch!«
    Ihr Grinsen war das eines Siegers und mein Seufzten das des Geschlagenen.
    »Schon gut, geh' ich halt. Du kennst ja meinen Tagessatz, plus Gefahrenzulage, versteht sich.«
    Ich bekam eine großzügige Vorauszahlung in Naturalien, allerdings musste ich Marie am Ende den Zustand ihres Schlafzimmers und vor allem die blauen Flecken an meinem und ihrem Köper erklären.
    Sex&War ..., das komplette Paket!

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    Tom Stark
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    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (9. August 2019 um 08:21)

  • Swansea, mein Büro

    Zwei Tage später war ich eigentlich aufbruchsbereit.
    Die Reisetasche stand gepackt zwischen den beiden Besucherstühlen vor meinem Schreibtisch.
    Das Flugticket war gebucht und hoffentlich am Flughafen hinterlegt, meine Ausweise steckten in meiner Brusttasche, jederzeit griffbereit, ebenso die Tabletten gegen Flugübelkeit.
    Hatte ich schon erwähnt, dass mir Fliegen nicht bekommt?
    Swansea liegt von Athen etwa 2700 km entfernt und die reine Flugzeit würde laut Reisebüro bei sechs Stunden liegen mit drei Zwischenstopps. Mir brach nur bei dem Gedanken daran schon der Schweiß aus.
    Gut, ich hatte schon wesentlich längere Flugstrecken hinter mir, unter anderem in einer Militärtransportmaschine ohne Toilette mit Zwischenlandung auf einem Flugzeugträger! Ganz gewiss waren die Sitze in der Linienmaschine im Vergleich dazu Komfort pur, die Flugbegleiter bestimmt allzeit bereit einer Druidin, die graugrün im Gesicht war, hilfreich den Kotzbeutel zu reichen und das Bordessen wäre um Klassen besser - alles schlägt Feldkekse und Militärkaffee - und überhaupt wäre das doch die Zeit schlechthin, mal wieder ein Buch zu lesen.
    Warum starrte ich dann unschlüssig auf die Schlüssel in meiner Hand, die ich eine Etage tiefer bei dem befreundeten Anwalt abgeben wollte?
    Ich spürte sie kommen und erschrak nicht mehr wie früher, als sich ihre Arme um meine Schultern legten und sie mich an sich drückte. Es war als ob ihre unmittelbare Gegenwart meine Umwelt ergänzte, in der sonst etwas fehlte, besser kann ich das nicht ausdrücken.
    »Warum fürchtet sich meine Lieblingsdruidin gerade fast zu Tode? So schlimm ist doch das Fliegen wirklich nicht.«
    Nun merkte ich, dass ich sogar zitterte. Seit wann war ich denn so ein Weichei?
    »Keine ... Ahnung. Ich habe nur das Gefühl, als würde ich mein Todesurteil unterschreiben, wenn ich das Flugzeug betrete, ja, es ist albern, ich weiß!«
    Sie drückte mich noch etwas fester an sich, doch mein Zittern ließ nicht nach.
    »Das ist überhaupt nicht albern. Du bist in Gefahr, wenngleich ich keine unmittelbare Bedrohung für Dein Leben sehe.«
    Ich drehte meinen Kopf bis ich in ihr, wie immer von der Kapuze fast völlig in Schatten gehülltes Gesicht sehen konnte. »Unmittelbar? Wie soll ich das jetzt verstehen? Würdest Du es wissen, wenn jetzt gleich ein Psychopath ins Zimmer stürmen würde, um mich mit einer Kettensäge in Druidenspäne zu zerschnetzeln?«
    Sie lachte leise und war auf sanfte Weise erheitert, was, soweit mir bekannt, nur ich schaffe. »Du bist manchmal eine echte Dramaqueen. Aber ja, wenn das der Fall wäre, wüsste ich das, wenngleich nur, wenn Du das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überleben würdest.«
    Ich befreite mich aus der Umarmung und sah sie stirnrunzelnd an. »Du siehst meinen Tod voraus, oder wie?« Klar, als Todesgöttin war das irgendwie logisch aber auch ziemlich gruselig, ganz besonders, wenn das von der Person kam mit der ich ganz persönlich eher das genaue Gegenteil von Tod verband.
    »Die Möglichkeit, ja. Die Zukunft steht zu keinem Zeitpunkt vor ihrem Eintreffen fest.«
    »Wow. Und Du würdest zuschauen, wie mich so ein Psycho auseinandersägt?!« Das war nun wirklich, wirklich schwer zu schlucken.
    Sie lächelte zumindest innerlich, was ich aber nur wusste, weil ich ihre Stimmung inzwischen ganz gut lesen konnte.
    »Ich würde Dich aber auf jeden Fall dann holen kommen und diese Made 1000 Jahre lang dafür leiden lassen.«
    Nun musste ich ebenfalls schmunzeln, wenngleich mir mein Mörder sogar leid tat. Die Morrigan sagte sowas nicht einfach so dahin.
    Notiz an mich: Nur von jemand umbringen lassen, der diese Bestrafung auch wirklich verdient!

    Ich räusperte mich. »Äh, ja, danke, glaube ich. Aber ich sollte wirklich jetzt ein Taxi rufen.«
    Die Schlüssel nun entschlossen in der Hand trat ich zu meiner Reisetasche. »Sehen wir uns in Griechenl ...?« Als ich mich mit der Tasche in der Hand zu ihr umdrehte, war sie bereits wieder verschwunden. Immer dasselbe. Wäre ich mir meiner Wahrnehmungen nicht so sicher, ich hätte längst einen Termin bei einem Psycho-Doktor machen müssen, der mir dann nur noch den Grad meiner Beklopptheit hätte sagen müssen.
    Als ich die Hand zum Türknauf ausstreckte, erschrak ich beinahe zu Tode, als dieser sich von selbst drehte und die Tür aufging.
    Natürlich kam kein Geist herein oder so etwas und normalerweise erschreckte mich es auch nicht, wenn sich eine Tür öffnete, das haben Türen nun einmal so an sich. Aber die alte Holztreppe zu meinem Stock knarzte normalerweise derart, dass nicht einmal ein Spatz ohne Geräusch die Stufen herauf hüpfen konnte.
    Angesichts der Erfahrungen der letzten Zeit sprang ich zurück und ließ meine Tasche fallen um mehr Bewegungsfreiheit zu haben. Immerhin musste ich mit von Dämonen besessenen und oder anderen Dämonenattacken rechnen. Ich hatte keineswegs den Vorfall mit dem Paket mit der Dämonenbombe vergessen, die mich eher durch Zufall nicht kalt erwischt hatte.
    Doch der eintretende Mann hätte eher auf die Titelseite eines Hochglanzmagazins für Männermode für den Herrn im besten Alter gepasst, als dass ich ihn mit einer dämonischen Besessenheit in Verbindung gebracht hätte.
    Sein noch volles Haar war wohl einst völlig schwarz gewesen, doch inzwischen hielten sich das glänzende Schwarz und weißgraue Stellen ziemlich die Waage. Die sturmblauen Augen leuchteten beinahe und der Schalk im Charakter des Mannes war nicht nur durch die ausgeprägten Lachfalten unübersehbar.
    Man sagt, dass das Aussehen von Frauen im Alter verblüht, Männer aber interessanter werden. Das würde ich nicht generalisieren wollen, aber auf meinen Besucher traf das so sicher zu, als hätte man eigens wegen ihm diese These aufgestellt.
    Jacke, Weste und Hose waren in verschiedenen Grüntönen gehalten, die Weste in einem knalligen gelbgrün, was ich bei den meisten Herren wohl als modische Entgleisung angesehen hätte, aber er konnte es tragen. Seine Schuhe waren handgefertigt, braunes Wildleder, sehr weiche Sohle. Vielleicht erklärte das seinen leichten Schritt?
    Er überragte mich etwa um einen halben Kopf und hätte ihn auf Ende Vierzig, vielleicht Mitte Fünfzig geschätzt, wäre das graue Haar nicht gewesen, was zu echt wirkte, als dass es gefärbt sein konnte.
    Ein automatischer Blick auf seine Aura ließ mich blinzeln. Der Mann entsprach so exakt seiner Aura, wie ich es noch nie erlebt hatte. Mit sich im reinen, entspannt, freundlich, jederzeit zu einem Späßchen aufgelegt und vertrauenserweckend.
    »Lathalàmath!« - Guten Tag , grüßte er mich in einem Gälisch, wie man es heutzutage nur noch von den ganz Alten zu hören bekommt. Auch wenn im Zuge der Re-Identifizierung mit unserer Historie es wieder in Mode gekommen war, gälische Floskeln zu benutzen, war das in etwa wie einen alten Römer oder den Lateinlehrer sprechen zu hören. Wo der Lehrer jede Silbe sauber betont, verschleift der Römer die Silben fast zu einem einzigen Wort, wie jemand dem nie in den Sinn käme, dass das Gegenüber ihn sonst nicht verstehen könnte.
    »Ja, guten Tag. « Ich lächelte etwas gezwungen. »Es tut mir sehr leid, aber ich bin gerade im Aufbruch. Falls sie Hilfe suchen, kann ich sie aber an einen Kollegen verweisen oder wenn sie warten wollen, ich hoffe in spätestens einer Woche wieder hier zu sein.«
    »Das ist mir bekannt, Miss Callaigh, ich kam nicht mit der Absicht her, Sie aufzuhalten oder Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Vielmehr komme ich, um Ihnen meine Dienste anzubieten. Vielleicht kennen Sie mich unter dem Namen Gwarnoghwayn (sprich: Gernagin), aber vielleicht ist ihnen auch Jack Sinclair lieber.
    Ich ergriff zögernd die mir hingereichte Hand.

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    Tom Stark
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    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (9. August 2019 um 08:21)

  • Ein unerwarteter Verbündeter

    »Gwarnoghwayn? Irgendetwas klingelt da, aber ich weiß nicht genau an welcher Haustür.« Ich grinste schief und fand meinen Gesichtsausdruck in seinem gespiegelt.
    »Dann nennen Sie mich bitte Jack. Das ist mir ohnehin lieber. Echte Namen laut auszusprechen hat seine Risiken, Sie verstehen.«
    Und wie ich das verstand, allerdings traf das eigentlich nur in Verbindung mit Zauber oder auf sehr mächtige Namen zu. Dass die Juden den Namen Jehova nicht leichtfertig benutzen, ist wirklich ziemlich schlau von ihnen. Unter anderem hat der Name, mit Verbindung einiger anderer Vorbereitungen, die Macht, einen Klumpen Matsch zu einem schier unzerstörbaren Golem werden zu lassen.
    Sogar Mums Name kann ein Donnerwetter heraufbeschwören ... Scherz. Obwohl, vielleicht doch nicht völlig, aber lassen wir das Thema lieber.
    »Gut, dann Jack. Darf ich fragen woher Sie meine Pläne so genau kennen und wie Sie dazu kommen mir Ihre Dienste anzubieten, oh und was genau umfassen diese Dienste denn?«
    Ich nahm es mit gelinder Überraschung hin, dass er meine Reisetasche aufhob und mir die Tür aufhielt.
    Ohne lange zu überlegen ging ich hindurch, wartete bis er draußen war und schloss ab.
    Normalerweise hätte ich mich natürlich aufgeregt und ihn zurechtgewiesen. Ich brauchte niemand der mir meine Tasche nachtrug und die Tür musste man mir schon gar nicht aufhalten, wenn ich beide Hände freihatte. Doch bei gewissen Leuten ist so ein Verhalten einfach Teil der Persönlichkeit, dass man nicht anders kann, als es als gegeben hinzunehmen.
    Mir war klar, dass der Mann wusste, dass ich das wohl alles ganz gut alleine konnte und mir war ebenso klar, dass er nicht den Kavalier heraushängte, um mich einzuseifen.
    Andererseits schaffte er das gerade spielend. Als wir die Treppe hinuntergingen war die Frage für mich nichtmehr ob er mich auf meiner Reise begleiten würde, sondern nur warum.

    Im Erdgeschoss trafen wir Gwen Tinney, die Sekretärin von Antonov Jurin, dem Anwalt der den Stock unter mir bezogen hatte. Eine lockere Freundschaft verband mich mit Gwen und so nahm sie gerne meine Schlüssel entgegen und war bereit, ab und zu nach dem Rechten zu sehen, solange ich wieder einmal unterwegs war.
    »Geht es wieder nach Irland?«, fragte sie mit ihrer rauchigen Stimme, die ihr bestimmt so manchen Verehrer einbrachte.
    »Griechenland diesmal.« Ich grinste leidend. »Mit dem Flieger.«
    »Oh, Sie Arme. Ich bete für Ihren Magen.«
    »Wenigstens bin ich nicht allein. Das hier ist Jack Sinclair. Mr. Sinclair wird mich begleiten.«
    Sie musterte Jack mit höflich verborgenem Interesse und wurde tatsächlich ein wenig farbiger, als dieser ihr eine angedeutete Verbeugung zukommen ließ.
    »Eine Freude Sie kennenzulernen, Miss.«
    Sie räusperte sich und trat nahe an meine Ohr: »Du liebe Güte, was für ein schmucker Herr!«, raunte sie mir ins Ohr und ich schmunzelte erleichtert. Also waren auch andere nicht immun gegen seinen Charme.
    Wir umarmten uns kurz, bevor ich auch schon zur Haustüre ging. So langsam wurde es wirklich Zeit. Hoffentlich war das Taxi schon da.
    »Bis bald, Sam, auf Wiedersehen, Mr. Sinclair.«
    »Ich bitte sie, nennen Sie mich Jack. Auf Wiedersehen.« Dann war er auch schon hinter mir hinausgetreten.

    Natürlich war noch kein Taxi da.
    »Mist. Ich hätte doch früher los sollen.«
    Da Swansea keinen eigenen Flughafen hatte, mussten wir erst nach Cardiff und das bedeutete wenigstens eine Dreiviertelstunde Fahrt, dann noch eine halbe Stunde bis zum Check-In - es würde knapp werden, auf jeden Fall.
    »Keine Sorge, Miss Callaigh. Kurzstreckentransport gehört zum Service.« Er reichte mir seinen Arm den ich gedankenlos ergriff.
    »Wie meinen Sie das mit Kurzstr ...«
    Die Welt verschwamm vor meinen Augen, klärte sich aber sogleich wieder, wie nach einem kurzen Schwindelanfall.
    Da ich hart im Nehmen bin, musste ich nur zweimal blinzeln, bis ich glauben konnte, dass wir unauffällig zwischen zwei geparkten Autos vor dem Flughafen von Cardiff standen.
    »Heilige Sch ...«
    Ich sah ihn mit einer Schulter zucken, als er, mit meiner Tasche in der Hand zielstrebig auf Eingang des Flughafenterminals zuhielt.
    Drei Sekunden später hatte ich zu ihm aufgeholt. Ich sparte mir die Fragen, wie er das gemacht hatte, lieber wollte ich wissen: »Hey, können Sie mir das auch beibringen?«
    Er lächelte mir zu, offensichtlich überrascht, wie locker ich das wegsteckte. Ich hatte am Feenhof in den Anderwelten einfach zu viel gesehen, als dass mich selbst so eindrucksvolle Tricks lange um meine Sprache brachten. Böse Zungen behaupten sogar, dass es nichts gibt, was das schaffen würde. Böse, böse Zungen!
    »Ich vermute stark, dass Sie irgendwann in naher Zukunft Ihre eigenen Möglichkeiten entwickeln, vergleichbare Effekte zu bewirken.«
    »Pfft.« Den Spruch kannte ich schon. Das hieß eigentlich nur »nein, ich will nicht« auf nett.
    Er schien meinen Gedanken zu erraten und sein Lächeln wurde breiter.
    »Sie haben mir aber immer noch nicht gesagt, was Sie für mich tun wollen und warum.«
    Er hielt mir die Tür auf, mal wieder, und ich nahm es als selbstverständlich hin, mal wieder.
    »Eine langjährige Feindin bat mich um einen Gefallen.«
    Ich hielt inne und er ebenso.
    »Eine Feindin bittet Sie um einen Gefallen und sie sagen ja? Und ich soll Ihnen vertrauen?«
    Er zuckte wieder mit einer Schulter, eine Bewegung die ihm eine gewisse jungenhafte Unbeholfenheit verlieh. »Genau?«
    Ich schüttelte verwirrt den Kopf. »Also das müssen Sie mir schon genauer erklären, bevor ich mich zusammen mit Ihnen in einen unter Druck stehenden Stahlbehälter setze, der in Kilometerhöhe über die Erde rast.
    »Artemis, oder vielmehr jene Person, die ihre Stelle eingenommen hat, nachdem die ursprüngliche Artemis in der Ewigkeit aufging, trat an mich heran.«
    Artemis war Ares und Ares war Mo. In meinen Kopf ratterte es. Wieder einmal fragte ich mich, wie es kam, dass manchmal Gottheiten dieselben blieben, nur unter einem anderen Namen verehrt wurden, und warum es offenbar Gottheiten gab, die entweder die Nachfolge unter demselben Namen antraten, oder andere Domänen ihren eigenen hinzufügten. Mo hatte, wie so oft, wenn es um solche Themen ging, nur sehr unklar geantwortet. Ich sollte bei Gelegenheit mal Mum fragen, die wusste so etwas mit Sicherheit.
    »Sie und Mo sind Feinde?«
    Er verschluckte sich fast. »Sie nennen die Morrigan Mo?!«
    Auch ich verschluckte mich: Ganz böser Fauxpas meinerseits. »Ähm, ja, manchmal, wenn es keiner hört, ist nicht respektlos gemeint, oder so.«
    Er winkte grinsend ab. »Keine Sorge, von mir erfährt es keiner.«
    Ich war erleichtert. »Ok, aber warum helfen sie M ... Artemis, wenn sie mit ihr verfeindet sind?«
    »Offen gestanden ist unsere Feindschaft eher Tradition als persönlicher Natur. Ich würde es sehr ungerne sehen, wenn ich mir eine neue Gegnerin suchen müsste. Ebenbürtige Gegner, die das gewisse Fairplay besitzen, damit das große Spiel offen bleibt, findet man heutzutage fast nicht mehr.«
    Wir gingen weiter, er entspannt, ich nachdenklich.
    »Und warum genau sind Sie und Morrigan verfeindet.«
    »Nicht Morrigan, Artemis. Und eigentlich mein Vater. Mir fällt es nur, zu eine gewisse Tradition aufrecht zu erhalten.«
    »Echt, Jack. Langsam bekomme ich Kopfschmerzen. Wer ist denn nun Ihr Vater?«
    »Orion natürlich, der mit Artemis darum stritt der größte Jäger zu sein. In Wales auch als Herne, der Jäger bekannt.«
    Aber klar doch, Gwarnoghwayn, der Rudelführer, Hernes erster Sohn und einer der Treiber der wilden Jagd! Natürlich sah er im Moment überhaupt nicht wie ein Mitglied der wilden Jagd aus, also war meine lange Leitung verzeihlich.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ist Ihnen das nicht auch zu verwirrend? Ich würde ja nicht unbedingt die Feinde meines Vaters als meine eigenen ansehen.«
    Nun blieb er stehen und sah mich ernst an: »Sind Sie sich da wirklich sicher, Sam? Wirklich ganz sicher?« Ein Schauer durchfuhr mich, als ich in seinen Augen sein wahres Alter und die Wucht seines Wissens lesen konnte. Natürlich war danach seine Fassade wieder makellos wie zuvor.
    Er war freundlich, ja, aber nicht mein Freund. Aber auch nicht mein Feind, wie ich meinem bis zum Hals klopfenden Herzen immer wieder versicherte.
    Dennoch würde ich auf der Hut sein müssen. Mein lockerer Umgang mit mächtigen Wesen, wie dem Elfenkönig, Mo oder auch meiner Mutter hatte mich ganz vergessen lassen, dass ich ihnen gegenüber nur so unbeschwert sein durfte, weil sie mich liebten, jeder auf seine Weise natürlich. Aber letztlich würden sie immer Schaden von mir abwenden, wenn es ihnen möglich wäre, egal wie angespannt unser Verhältnis auch in jenem Moment sein mochte.
    Bei Jack, so freundlich er auch erschien, konnte diese Umgänglichkeit durchaus schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn ich nicht aufpasste. Natürlich glaubte ich nicht, dass mir Mo einen Verbündeten geschickt hätte, vor dem ich mir in die Hose machen musste. Aber, dass ihre kleine Druidin ihr Hirn benutzte, im Umgang mit den Mächtigen der Welt, das konnte sie wohl erwarten.
    Sekundenlang blieb ich wie betäubt stehen. Dann musste ich laufen, um zum ihm aufzuschließen.

    Sehr rechtzeitig bekamen wir unsere Karten, welch Wunder, wir hatten Plätze nebeneinander!
    Weiteres, absichtlich sehr behutsames Nachfragen blockte er ab, nicht Willens das Thema zu vertiefen, schon gar nicht, wenn andere in der Nähe waren.
    Statt dessen erzählte er von sich, wie er als Tierschützer die ganze Welt bereiste und wie er als Hobby-Archäologe die seltsamsten Kulte in den fernsten Winkeln der Erde kennengelernt hatte.
    Ich genoss es immer noch seiner angenehmen Stimme zuzuhören, doch gelang es mir einfach nicht mehr zu vergessen, wen ich da eigentlich vor mir hatte. Während andere Mitreisende die Hälse und ihre Ohren lang machten und sich gerade zu überschlugen mit Jack ins Gespräch zu kommen, baute ich eine professionelle Distanz zu ihm auf.
    Auch wenn ich von Natur aus lieber plappere und auf herzliche Art mit Jedermann verkehre, konnte ich auch die kühle Druidin sein, die mit ernsten Augen wachsam und schweigsam ihre Umgebung beobachtete.
    Eine Druidin tut, was sie tun muss.
    Zugegeben, das Schweigen fiel mir wirklich nicht leicht.
    Sein anerkennendes Nicken über mein geändertes Verhalten, registrierte ich dennoch mit Stolz.

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    Tom Stark
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  • Flug 98437, Cardiff nach Athen

    Leider hatte ich einen Flug mit Ryan-Air erwischt. Nicht, dass ich etwas gegen die irische Billig-Flug gehabt hätte, nur hätte ich lieber die Preise von British Airways oder gar der deutschen Lufthansa bezahlt, und sei es auch nur um die Illusion eines sicheren Flugs zu haben.
    Mir sind die Statistiken bekannt, dass Fliegen immer noch sicherer ist als Autofahren, aber im Auto habe ich wenigstens die Chance meinem Unheil durch eigene Kraft zu entgehen, und sei es rechts ranzufahren, wenn das Wetter nur eine Sichtweite unter der Spuckreichweite zulässt. Aber bitten Sie doch mal einen Piloten rechts ranzufliegen und sie aussteigen zu lassen, selbst wenn er nur noch nach Instrumenten fliegen kann.
    Auch Jacks unterhaltsame Art konnte den Schraubstock lockern, der nun meinen Magen fest in seinem Griff behielt. Nur der Stolz, mich vor dem Elfenjäger nicht noch mehr zum Affen zu machen, verhinderte, dass ich meine Tasche schnappte und wieder ausstieg.
    Der Start verlief reibungslos und auch der ersten Zwischenstopp in Frankfurt brachte mir kein bisschen Erleichterung. Ich schalt mich immer wieder einen Angsthasen und in Rom war ich nahe dran einfach auszusteigen. Würde ich eben den italienischen Stiefel hinab fahren und den Rest per Fähre zurücklegen.
    »Wir haben es fast geschafft, Sam. Sie wollen doch wegen der kurzen Strecke jetzt nicht wirklich ihren Ängsten nachgeben?«
    Jacks Worte trafen mich mehr, als sie es sollten. Normalerweise pfiff ich auf die Meinung von Leuten, die ich eigentlich gar nicht kannte. Aber es hätte für ihn bedeutet, auch den Umweg zu machen oder in Athen auf mich zu warten. Das wäre wirklich eine echte Zumutung gewesen, immerhin half er mir und nicht umgekehrt.
    Also biss ich mir auf die Unterlippe und schloss ergeben die Augen, als wir zur letzten Etappe abhoben.
    Wir hatten offenes Wasser erreicht und der Pilot kündigte bereits an, dass wir bei dem günstigen Wind in zwei Stunden Athen erreichen würden, als Jack sich an mich wandte.
    »Sam, ich denke, Sie sind eine nette Person und unter anderem Umständen, wer weiß?«
    Meine Stirn warf Falten wie ein alter Teppich: »Was soll das jetzt genau bedeuten?«
    Er seufzte, es klang bedauernd. »Glauben Sie mir bitte, ich tue das äußerst ungerne, und hätte ich Sie früher gekannt, hätte ich die Mission wahrscheinlich abgelehnt.«
    Alarmiert wollte ich aufspringen, doch ein gewaltiger Ruck, der durch das ganze Flugzeug ging, warf mich in den Sitz zurück. Erschrocken schrie ich auf, ebenso einige andere Passagiere.
    Wieder andere lachten. »Nur ein Luftloch ...«, versuchten sie die Flugängstlicheren zu beruhigen.
    Ein weiterer Ruck und Knall von der linken Seite des Flugzeugs ließ jedoch auch ihr Lachen verstummen.
    »Schaut mal, Leute. Eines der Triebwerke raucht ... oh Scheiße, das andere daneben auch!«
    Der Mann, der es bemerkt hatte, deutete entsetzt durch sein Fenster. Eine junge Frau machte umgehend Fotos mit ihrem Handy. Jede Wette, ihre Follower auf Spanner-Gram wussten über unsre Schwierigkeiten früher Bescheid, als unser eigener Pilot.
    »Bewahren Sie Ruhe«, tönte es beruhigend kompetent aus den Bordlautsprechern. »Hier spricht ihr Kapitän. Wir haben einen Ausfall der Backbordtriebwerke erlitten, aber die Steuerbordtriebwerke reichen aus, um uns sicher zu einer Landebahn auf den Festland zu bri ...«
    Zwei weitere Explosionen, nun von rechts, unterbrachen ihn.
    »Verdammt, Mike«, hörte man die panische Stimme eines weiten Mannes, vermutlich der Co-Pilot. »Die Steuerbordtriebwerke brennen. Was sollen wir nur machen? Wir können es unmöglich bis nach ...« Dann hatte ein kluger Kopf endlich die Live-Übertragung beendet, aber die Panik war natürlich nicht mehr zu verhindern.
    Überall wurde geschrien, gejammert, geflucht und gefleht.Einige fingen an zu beten, und ich war beinahe geneigt mich anzuschließen, wenngleich meine favorisierte Gottheit eher selten auf Oh, hilf mir, lieber Gott hörte. Die beiden Flugbegleiterinnen versuchten ihr Bestes, die Fluggäste zu beruhigen, aber auch in ihren Augen stand nackte Furcht. Man musste aber auch kein Vielflieger sein um zu wissen, dass eine tonnenschwere Passagiermaschine ohne Turbinen ihre sichere Höhe würde nicht lange halten können.
    Ich krallte meine Hände so fest in meine Armlehnen, dass ich durch den Kunststoff das Metall spürte.
    »Bist Du irre Jack?« Ich verschwendete keine Überlegung daran, dass er vielleicht nicht Schuld an der Katastrophe war, schon gar nicht, nach seinen unheilschwangeren, einleitenden Worten.
    »Selbst wenn Du mir ans Leder willst, hier drin sitzen über 200 Unschuldige, die mit der ganzen Sache nichts zu tun haben!«
    Er zuckte die Schultern und ich war nahe dran ihm eine rein zu donnern, aber ich musste mich ja am Sitz festklammern. Klar, war mir bewusst, dass das völlig nutzlos war, das Festklammern auf jeden Fall, das Reinhauen wahrscheinlich aber auch. Trotzdem wünschte ich, ich hätte es getan. Ich hasse es, wenn ich wie eine hypnotisierte Maus vor der Schlange wirke.
    »Nur Menschen. Keiner von ihnen hat eine Bedeutung.«
    »Das sehen ihre Familien ganz sicher anders. Außerdem wird dich irgendwer dafür am Arsch kriegen. Ihr habt einen verdammten Vertrag unterzeichnet, dass ihr euch nur noch an Menschen vergreift, wenn sie euer Gebiet betreten oder unmittelbar bedrohen.«
    Er lachte. »Ein aufgezwungener Vertrag, mehr als 1000 Jahre alt. Wann haben sich Menschen jemals so lange an Verträge gehalten?«
    Ich schnaubte. Immer wieder das alte Argument. »Wollt Ihr wirklich, dass die Menschen Euch nochmal in Eure Feenärsche treten? Glaubst Du echt, mit ihren Raketen, Drohnen und biologischen Waffen, habt ihr heute eine bessere Chance, als gegen die Menschen vor 1000 Jahren? Du weißt so gut wie ich, dass man Euch heute nicht den Rückzug in die Feenhügel gestatten würde. Man würde Euch nachsetzen und Euch so lange studieren, bis man auch das letzte Eurer Geheimnisse und Fähigkeiten erkundet hätte.«
    Er verzog angewidert das Gesicht, aber nicht überrascht.
    Die friedfertigeren Menschen sind absolute Gegner einer Abschreckungspolitik, und glauben Sie mir, ich versuche auch lieber mit jedem in Frieden auszukommen. Aber es bestehen wirklich fundamentale Unterschiede zwischen dem herrschenden Volk unterm Feenhügel und den Menschen. Aber es gibt, leider, eine Sache, die beide Parteien teilen: Respekt vor Stärke, oder etwas weniger geschönt gesagt, die Angst, vom Anderen fix und fertig gemacht zu werden.
    »Das ist Ansichtssache. Manche von uns meinen, wir sollten es darauf ankommen lassen. Außerdem tue ich diesen Menschen nichts. Meine Aktion gilt allein Dir. Sie sind nur Kollateralschäden, aber nicht mein Ziel.«
    Nun löste ich doch meine Finger, denn ich brauchte sie, um meine Hände hilflos wütend zu Fäusten zu ballen.
    »Teleportier mich doch einfach raus. Ich weiß, dass du das kannst. Die Menschen hier brauchen nicht zu sterben. Der Sturz wird mich auch so umbringen.«
    Jack schüttelte den Kopf. »Zu risikoreich. Er könnte dich retten, sobald Du aufs Wasser aufschlägst.«
    »Er? Wer, er? Du hast ja einen Knall!«
    »Dein Vater. Der Urgeist des Wassers. Aber wenn Du in einem Stahlbehälter aufs Wasser krachst und davon getötet wirst ...«
    Verzweifelt schüttelte ich den Kopf und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Das Geschrei der panischen Menschen um mich herum machte das nicht gerade leichter.
    »Jack, das macht doch keinen Sinn. Ob er mich rettet, wovon ich wirklich nicht überzeugt bin, oder das ganze Flugzeug, dürfte doch keinen Unterschied machen. Mein Dad ist außerdem kein so kranker Mistkerl, wie Du. Der lässt nicht einfach hunderte Menschen sterben!«
    »Wie die Leute, die schon ertrunken sind, meinst Du? Oder jene, die von einem Tsunami getötet wurden, oder andere abgestürzte Flugzeuge oder gekenterte Schiffe? Glaubst Du, er hätte für die Opfer der Titanic auch nur einen Finger krumm gemacht? Oder die syrischen Flüchtlinge, die gerade zu Hunderten im Mittelmeer umkommen? Glaubst Du wirklich, Deinen Vater kümmert es, wenn ein paar Menschen ihre Reise in die Anderwelten antreten?« Jacks Antwort war trocken und ganz offensichtlich wohl überlegt und vorbereitet.
    »Aber Du. Du kannst sie retten. Es liegt alleine an Dir, dass sie alle überleben«, fügte er beinahe beschwörend hinzu.
    Ich verfluchte ihn, und ich kenne ein paar wirklich nette Flüche, die sogar den abgebrühten Jack zusammenzucken ließen.
    »Gut, verdammter Erpresser. Was muss ich tun, um die Menschen zu retten?«
    Er musterte mich lange schweigend.
    »Sag es mir! Was soll ich denn machen, damit du kranker Bastard die Leute verschonst?«
    »Nimm es an«, war seine kurze Antwort.
    »Annehmen? Was annehmen? Ihren Tod? Darum geht es doch gerade, ich will, dass sie leben!«
    Wieder sah er mich ernst an, als wolle er jeden Muskel in meinem Gesicht studieren.
    »Dein Erbe. Nimm Dein Erbe an. Dann hast Du die Macht, sie alle zu retten.«

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    Tom Stark
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    2 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (7. März 2017 um 19:36)

  • Abstürzendes Flugzeug, Meine Entscheidung


    »Deswegen der ganze Tanz? Du bist ja noch verrückter, als ich dachte.«
    Geschockt, aber auch endlich im Klaren über seine Motive, fiel alle Panik von mir ab. Es war eigentlich zu erwarten gewesen, dass irgendwann das Thema auf den Tisch kam, nur hätte ich nicht gerade bei jemand dabei gerechnet, der mir als Helfer zur Seite gestellt worden war.
    »Nimmst Du Dein Erbe an?« Jacks eindringliche Stimme drang zu mir, aber ich warf ihm nur einen eisigen Blick zu.
    »Du meinst Neptuns Nachfolgerin werden? Das kann unmöglich Dein Ernst sein.«
    Zum Glück hatte Mum mich ins Bild gesetzt, wenngleich eher wegen der Gefahr der Dämonen. Die würden nur zu gerne jemand mit meinem Erbe in ihre Tentakel bekommen.
    »Es ist die einzige Möglichkeit Dich und die anderen Menschen retten. Als Gottheit könntest Du alles tun, was Dir beliebt, sogar das Flugzeug seidenweich auf dem Meer abfangen.«
    Verächtlich schnaubte ich.
    »Mum und Dad haben versprochen, dass das nicht passieren wird und ich habe nicht die geringste Lust deswegen ein Krieg unter den Göttern oder den Feen gegen die Menschen auszulösen.«
    »Aber bedenke, Du wirst sterben und das Leben aller Menschen an Bord wird auf Deinem Gewissen lasten.«
    »Begeben Sie Sich in die angezeigte Sicherheitshaltung.« Ein Schild leuchtete knapp drei Meter vor mir an der Decke der Gangmitte auf. Kopf zwischen die Knie nehmen und dieser Unsinn. »Wir werden in weniger als einer Minute auf dem Wasser notlanden.« Die Anweisung des Piloten waren natürlich ein schlechter Scherz. Wir würden vielleicht notcrashen, wenn man schon ein Wort dafür finden wollte.
    »Dann wird es so sein, Mistkerl. Eine Druidin tut, was zu tun ist, soviel solltest Du doch wissen.«
    Ich verschränkte meine Arme.
    »Du wählst lieber den Tod als die Macht?« Ungläubig starrte er in meine entschlossene Mine.
    »Oh, das ist nicht so schlimm, wie Du glaubst. Ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung, wo ich nach dem Sterben landen werde. Und noch genauer weiß ich, was aus Dir werden wird.« Mein Grinsen muss wirklich sardonisch gewesen sein, denn er wurde blass.
    »Was weißt Du darüber ...?«
    »Ich erinnere ich an das Versprechen einer Freundin, meinen Tod zu rächen und eine tausendjährige Folter für den Mörder. Und das Beste ist, es würde mir kein bisschen leidtun, weil es nicht nur meinetwegen wäre, ich bin nicht so nachtragend. Aber für die anderen Opfer hast Du Dir dann jedes einzelne Jahr wohl verdient.«

    »Ich kann das Meer sehen, oh Gott, ich will nicht sterben!«
    Natürlich konnte ich die Panik der Frau neben mir verstehen, aber jetzt, da ich selbst meinen Frieden gemacht hatte, fand ich ihre Art jammernd und bettelnd in den Tod zu gehen, irgendwie würdelos.
    Schon erstaunlich, wie die eigene Gefühlslage die Weltsicht beeinflusst.
    »Du bist also bereit zu sterben. Es sind noch knapp 30 Sekunden.«
    Ich war schlagartig nicht mehr wütend, Jack ermüdete und nervte mich einfach nur noch.
    »Lass gut sein, Gwarnoghwayn, und verzieh Dich schon. Mir ist schon klar, dass Du Dich kaum selbst opfern wirst. Sowas wäre nun wirklich unelfisch.«
    Das war kein Spott, sondern die schlichte Wahrheit, wie ich sie kannte. Selbstaufopferung, zumal aus altruistischen Gründen, war einfach nicht Elfenart.
    »Oh, eine Frage noch. Dieser Plan ist auf wessen Mist gewachsen? Du erwähntest jemand, der Dir die Mission gegeben hat?«
    Jack presste die Kiefern zusammen.
    »Hm, ich glaube, Du brauchst nicht zu antworten. So etwas, mit solch weitreichenden Folgen, würde vielleicht ein Elfenkönig anleiern. Zufällig verstehe ich mich mit einem von dreien recht gut, und mit den Anderen hatte ich nie zu tun. Keiner der Götter, die auf dieser Seite der Welten agieren, würde versuchen, mich dazu zu verführen. Es gibt genug Stress unter den Göttern. Warum also schlafende Seehunde wecken? Bleibt noch der hohe Feenhof. Oberon?«
    Ich sah ihn an und er konnte meinen Blick nicht erwidern.
    »Nein«, lachte ich, »Nicht Oberon. Der Feenkönig ist ein Heiler, ein Paladin, keine Ränkeschmied. Aber seine Gemahlin, die leicht reizbare Titania?«
    Nun wurde er vollends blass. Niemand wollte sich Titania zum Feind machen, doch das geschah viel zu leicht. Ein falsches Wort, eine falsche Farbe bei der Hutfeder, oder nur die bloße Anwesenheit. Ihre Urheberschaft an einem Attentat zu verraten, was mit Sicherheit zu Vergeltungsaktionen führen würde, war auf jeden Fall eine sichere Wette, sich ihren Zorn zuzuziehen.
    »Ja, das passt zu der hinterlistigen Strippenzieherin. Hätte ich mein Erbe angenommen, hätten einige der Götter gar nicht anders können, als die neue Konkurrenz anzugreifen, solange sie noch ganz neu im Geschäft ist. Chaos in der Menschenwelt und leichtes Spiel den Feeneinfluß wieder auszudehnen. Lehne ich ab und sterbe, verlieren die Druiden noch einen Aktivposten, nachdem die Druiden Irlands ja auch aus mysteriösen Gründen verschwunden sind. Hatte da etwa Deine Herrin auch ihre Finger im Spiel?«
    Jacks Augen wurden größer und größer, als er mir zuhörte. Ja, klar, er war wie die meisten Feenwesen aus den Anderwelten. Ihn interessierten die Vorkommnisse oder Machtverhältnisse auf der anderen Seite nicht wirklich. Er genügte sich in traditionalisiertem Zorn auf die Menschheit im Allgemeinen und die arroganten Druiden im Besonderen, die mit Hilfe des Landes dafür sorgten, dass die Grenzen zwischen den Welten hielt und allzu vorwitzige Vorstöße mit aller Macht unterbanden.
    Zugegeben, Titania, diese heimtückische Schlange, hatte aber auch eine wahre Silberzunge und Jack war nicht der Erste und würde nicht der Letzte sein, der, womöglich sogar mit besten Vorsätzen, zum Agenten ihrer Spielchen wurde.
    Ich spürte, wie das Wasser schnell näher kam. Warum ich so etwas spüre, muss ich inzwischen wohl nicht mehr erklären. Trotz allem Verzicht auf irgendwelche göttlichen Mächte, bleibe ich doch die Tochter meines Dads. Schon hörte ich das Rauschen der Wellen und schmeckte das Salz auf den Lippen.
    Jacks Gestalt begann zu flimmern und ich dachte schon, er würde sich nun absetzen, doch da stand er nun als Gwarnoghwayn der Treiber, einer der berühmtesten der Elfenkrieger, mitten im Flugzeug und erhob seine Hände. Äußerste Anstrengung verzerrte sein Gesicht und eiserner Wille (und auch etwas Panik!) sprach aus seinen Augen.
    Dann krachte das Flugzeug ins Meer und zerbarst in unzählige Stücke, was kein lebendes Wesen an Bord überleben konnte.

    Instinktiv hatte ich vor dem Aufschlag meine Augen geschlossen, doch der Krach oder der Schmerz, der meiner Ansicht nach nun hätte folgen müssen, blieb aus.
    Verdutzt öffnete ich meine Augen wieder und fand mich an einem felsigen Strand stehen.
    Jack war neben mir vor Erschöpfung in die Knie gegangen.
    Überall um uns herum lagen Passagiere und erwachten oder schleppten sich hustend ans seichte Ufer.
    Ich sah mich einen langen Moment um. Ob es wirklich alle Passagiere waren, konnte ich zwar nicht sagen, aber über 100 waren es sicher. Und falls Sie meiner Erzählung schon länger folgen, wissen sie auch, dass Magie gegen viele, oder auch für viele, nicht auf Einzelne sondern auf ganze Gruppen abzielt. Jack hätte leicht sich, mich und meinetwegen noch drei bis vier Weitere teleportieren können, aber niemals jeden Passagier einzeln. Das bedeutete, er musste alle oder keinen retten. Und da offensichtlich eine ganze Menge hier gelandet waren, war es höchstwahrscheinlich, dass alle hier irgendwo verteilt am Strand herumlagen.
    »Oh Mann, das wird eine Menge Fragen geben, wenn die Leute das rumerzählen.« Trotzdem war ich erleichtert.
    »Keiner wird etwas wissen. Ich habe die letzte halbe Stunde aus dem Gedächtnis aller Sterblichen gelöscht.« Er kam zitternd auf die Beine. Diese Magie zu kanalisieren hatte ihn an seine Grenze, vielleicht sogar darüber hinaus gebracht.
    Ich selbst spürte das beruhigende Gefühl des Landes unter mir und das Meerwasser, was meine Füße umspülte, verlieh mir zusätzlich eine Kraft, der ich mir bis zu jenem Tag nie bewusst war. Vielleicht war ich nicht der neue Neptun, aber Dads Wesen steckte in jedem einzelnen Wassertropfen und ich konnte es fühlen, wie er mir, in einem vernünftigen Rahmen natürlich, bereit war, jederzeit zusätzliche Magic-Power rüberzuschieben.
    »So hast du? Dann ist ja alles gut und wir können zur Tagesordnung übergehen, hm?«
    Er zuckte zusammen. Ich wäre beinahe selbst über mich erschrocken. So ähnlich hörte sich Mo an, wenn sie in ihrem Gruselmodus unterwegs war.
    »Oh, halt. Bitte! Kannst Du mir vergeben? Ich wollte nicht so weit gehen, und Du siehst ja, ich habe alles gegeben um weiteren Schaden abzuwenden ...« Den stolzen Elfen beinahe wimmern zu hören, hätte mich fast weich werden lassen. Doch dann sah ich die ganzen Menschen. Vielleicht hatte er sie gerettet, aber nicht, weil er sich auch nur einen Deut um ihr Schicksal geschert hätte. Ihm ging der eigene Elfenarsch auf Grundeis, nichts weiter!
    Daher starrte ich ihn wortlos an, fühlte wie das Land mir ungebeten volle Rückendeckung geben würde, selbst wenn ich den gesamten Mediterranen Rücken einebnen wollte, was natürlich zu keiner Zeit zur Debatte stand - aber witzig wäre es schon, zu sehen was dabei heraus ..., nein, böse Druidin!
    »Ich stehe in Deiner Schuld, wie wäre das?«
    Ich hob meine Augenbrauen und hörte schon Mum rufen: Tu' es nicht! In der Schuld eines Anderweltlers zu stehen, war nur unwesentlich weniger schlimm, als einen von ihnen als Schuldner zu haben. Das kommt einfach daher, weil sie sich das Recht vorbehalten, die genauen Bedingungen der Schuldnerschaft zu bestimmen.
    Doch diese Chance konnte ich unmöglich verstreichen lassen. Zudem sollte Jack zumindest so lange büßen, bis er wenigstens ein bisschen bereute, was er hier angerichtet hatte.
    Das hatte nichts damit zu tun, dass ich nachtragend wäre - gut, vielleicht ein ganz kleines bisschen auch damit - sondern es war eine Frage der Außendarstellung. Würde ich die Sache mit einem »Schwamm drüber« abtun, wäre nicht nur ich in der Zukunft das Ziel für jeden Anderwelter, den es im Schritt oder wo auch immer juckte. Auch andere Druiden würden so als ungefährliche Ziele erscheinen.
    »Ja, Du stehst in meiner Schuld. Aber ich allein werde bestimmen, wann diese Schuld endet und nur ich allein werde bestimmen, wie Du sie abtragen kannst.«
    Er trat unwillkürlich einen halben Schritt zurück und stieß entsetzt hervor: »Aber so einen Handel würde kein geistig gesunder Elf je mit einem Menschen eingehen!«
    Entschlossen ging ich ihm den halben Schritt hinterher: »Kein geistig gesunder Elf hätte sich mit der Tochter des Mariners und der Partnerin der Morrigan angelegt, ganz davon abgesehen, dass Dir meine Mum die Hammelbeine dafür langziehen wird, wenn Du jemals das Pech hast, ihr über den Weg zu laufen. Sieh's ein Elf, Du bist so richtig am Arsch!«
    Seine Schultern fielen nach unten und er ließ den Kopf hängen. Hätte er seine Ohren auch noch nach unten abgeknickt, hätte ich vermutlich in meinem Entschluss gewankt, so einen traurigen Anblick bot dieses sonst so eiskalte und tödliche Wesen.
    »Einverstanden«, sagte er leise.
    »Gut. Aber eine Sache wäre da noch.«
    Irgendwas in meinem Tonfall musste ihn gewarnt haben, denn er versuchte noch seine Arme zur Deckung hochzureißen. Aber zu spät.
    Mit der unbeugsamen Kraft des Landes, der stürmischen Wut des Meeres und reichlich persönlicher Befriedigung, tat ich das, was in mir nur darauf gelauert hatte hervorzubrechen.
    Eine gestochen scharfe Gerade traf den stolzen Elfenkrieger mitten auf die Zwölf und warf ihn wenigstens zwei Schritt zurück, wo er sich zuerst auf den Hosenboden setzte, ungläubig in meine Richtung blickte, dann seine Augen verdrehte und bewusstlos hintenüber kippte.
    Die Prellungen, Haarrisse und Brüche, die mir diese Aktion in der rechten Hand eingebracht hatten, ließ das Land umgehend verheilen. Den Schmerz behielt ich noch eine Weile: Er war die Würze dieses Schnellimbiss namens Genugtuung.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (5. März 2017 um 19:05)

  • Ich verschwendete keine Überlegung daran, dass nicht er vielleicht nicht Schuld an der Katastrophe war, schon gar nicht, nach seinen unheilschwangeren, einleitenden Worten.

    doppelte Verneinung ist gruselig ... =O
    Ah nee .. da ist einfach nur eines zu viel XD
    So müsste es passen XD

    Mein Grinsen muss wirklich sardonisch gewesen sein, denn er wurde blass.

    Meinst du sadistisch?

    Ich freue mich jedenfalls, dass es weiter geht :D
    Endlich hihihi
    Und gut wie immer ^^

    Das einzige was mich ein wenig stört ist, dass die Panik während dem Absturz nicht so richtig bei mir ankam :hmm:
    Liegt vielleicht ein wenig an den Dialog ... der aber sein muss, damit es Sinn ergibt ...
    Hingegen als Samain sich mit ihrem Schicksal abfindet, finde ich die Stimmung sehr gut getroffen ^^

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Abgestürzt, auf dem Weg nach Athen

    Wir hatten uns schnell von den restlichen Fluggästen abgesetzt. Ich wollte allzu verständlichen Fragen entgehen, wie etwa, wie man einen absolut tödlichen Absturz völlig unverletzt überleben kann.
    »Du könntest uns doch direkt nach Athen teleportieren?«
    Jack zuckte leicht zusammen. »Meine menschliche Erscheinungsform beizubehalten ist derzeit das Einzige was ich noch zustande bringe.« Es klang ziemlich kleinlaut. Gut!
    »Auch nicht schlimm. Dort oben ist eine Straße. Mal sehen wo die hinführt.«
    Zusammen erklommen wir die Küste und standen endlich auf einer Straße, die eigentlich eher den Ausdruck Schlaglochpiste verdiente. Entweder wir waren im tiefsten Hinterland, oder die Berichte über den Zustand der griechischen Infrastruktur waren zutreffend. Allerdings war ich bei Berichten über Griechenland seit einiger Zeit misstrauisch. Je nachdem, ob die Presse Griechenland als verlotterten Korruption-Staat darstellen wollte, oder als paradiesisches Urlaubsland, waren auch die präsentierten Fakten. Meinungsbildung schien immer mehr in Vordergrund zu rücken und weniger eine objektive Recherche von Fakten. Gerade wenn man in meinem Metier arbeitet, lernt man ungefärbte Berichte zu schätzen.
    Als ich ein Vehikel heranfahren hörte, ein besser Begriff fällt mir als Zusammenfassung dieses speziellen Gefährts wirklich nicht ein, trat ich an den Wegesrand und hielt den Daumen raus. Jack sah mich an, als zweifelte er nun vollends an meinem Verstand. Doch bevor ich ihm noch erklären konnte, warum ein Anhalter normalerweise noch ein Handtuch bei sich haben sollte, hielt die dreirädrige Chimäre aus eigelbfarbenem PickUp, Handkarren, Moped und Notstromgenerator aus dem zweiten Weltkrieg direkt neben uns. Das gemütliche Knattern, was mich an eine alte Nähmaschine erinnerte, wurde nur selten von einem kleinen Knall und einer minimalen Rauchwolke aus dem Motorraum unterbrochen, der klugerweise hinter der Fahrgastkabine lag.
    »Γεια σου όμορφη γυναίκα. Θέλετε να πάτε με τον φίλο σας?«
    Da mein Griechisch sich auf ganze zwei Worte, Uso und Thermophylen, beschränkte, lächelte ich dankbar und nickte erfreut. Und richtig, der Fahrer, bestimmt ein ähnliches Baujahr wie sein Töffwatüt, zeigte mir seine wenigen Zähne, die er noch hatte, in einem genauso freundlichen Lächeln und winkte uns zu, auf der Ladefläche Platz zu nehmen.
    Jack wollte schon empört widersprechen, aber ich rieb mir das Kinn und schaute vielsagend auf die Beule an seinem Kopf, also sprang er hinter mir auf. Mir fiel auf, dass seine tadellosen Manieren bereits merklich gelitten hatten. Nicht einmal eine Hand zum Aufsteigen, hatte er mir angeboten.
    Sic transit gloria elfi, würde wohl der alte Pirat aus Asterix dazu sagen.
    Mit erstaunlich wenig Geruckel und eleganter Umfahrung der größten Schlaglöcher kamen wir mit einer nur leichter Rauchvergiftung in Kallithea.
    Selbst heute noch sieht man noch Überreste der langen Mauer, die einst Athen und ihren Zugang zur Küste gesichert hatte. Zwischen den Hügeln und der Küste erstreckten sich moderne Großbauten, aber auch das typische Touristenflair einer alten, dafür umso gemütlicheren Küstenstadt fehlte nicht.
    Für einen Moment war ich ratlos, wie es von hier aus weitergehen sollte.
    »So ein Mist. Ich hatte wirklich damit gerechnet in Athen zu landen. Dort wären Zimmer und Mietwagen schon bereitgestanden.«
    »Wir könnten von hier aus auch ein Taxi nehmen, wenn Du die Adresse weißt.«
    Klar kannte ich die, also grob. Mo hätte mich nicht mit der groben Ortsangabe Artemistempel Athen losgeschickt.
    Gut, hätte sie schon, aber ich hatte natürlich nähere Infos aus ihr herausgeholt und dann das Internet bemüht. Und siehe da, die Amazonen hatten sogar eine Webseite mit Anlaufadresse in Athen. Ich erhoffte mir dort nähere Erkenntnisse, wo genau dieser geheime Artemis-Tempel zu finden wäre, in denen die kriegerischen Damen meiner Mo in Form von Artemis huldigten.
    »In etwa«, ließ ich ihn daher wissen. »Etwas Fußarbeit werden wir wohl noch verrichten müssen.«
    »Dazu wäre es wirklich nützlich die Landessprache zu sprechen, oder?«
    Ich wollte gerade etwas unglaublich Schlagfertiges entgegnen, als mir ein nur zu bekannter Gestank in die Nase stieg. Ohne lange zu überlegen, stieß ich Jack zwischen zwei geparkte Autos und warf mich selbst ebenfalls so gut es ging in Deckung.
    Gut, die Plastikmülltonne war im Nachhinein betrachtet nicht der allerbeste Einfall, aber ich halte mich auch eher für eine soziale Druidin, die mit Charme und erhobener Stimme Meinungsverschiedenheiten klärt. Ich wurde zwar nicht zum ersten Mal im meinem Leben beschossen, aber ich hatte noch keine Routine entwickelt, mich immer in der Nähe von schusssicheren Gegenständen aufzuhalten.
    Der dämonisch gepimpte Pfeil durchschlug die grüne Tonne glatt und riss mir beinahe den rechten Oberarm ab. Ich stöhnte auf, suchte instinktiv mit der linken Hand nach Gaias Hilfe im Boden und griff … auf Asphalt!
    »F…!?«, den ganzen Tag waren wir auf einer Schotterpiste hergefahren, aber ausgerechnet jetzt verhinderte die Fahrbahnversiegelung den Kontakt zu meiner stärksten Verbündeten.
    Ein weiterer Pfeil durchschlug die Tonne, aber zum Glück hatten meine Beine selbstständig begonnen, mich unter einen bulligen SUV zu schieben.
    »Jack, ich könnte Hilfe …! Jack?«
    Der elfische Mistkerl hatte sich aus dem Staub gemacht! Ja klar, wenn er mich nicht selbst umbrachte, dachte er wohl, sein Problem wäre erledigt.
    Um gerecht zu sein, haben Feenwesen, auch Elfen, eine irrsinnige Angst vor Dämonen. Woran man sieht, dass die gar nicht so blöd sind, diese Elfen.
    Der nächste Pfeil traf einen der riesigen Räder des Geländeautos und durchschlug sogar diesen beinahe völlig. Ich nahm kaum mehr wahr, wie der schwere Wagen absackte und mich einklemmte, denn meine Aura, eigentlich nicht gerade schwach, konnte dem dämonischen Einfluss kaum mehr standhalten. Ohne Gaias Hilfe war ich eben doch nur sterblich.

    Klauen aus Schatten schienen am Rand meines Blickfelds nach mir zu hacken und eine lodernde Schwärze infizierte meinen Zorn, den ich gerne als gerecht und redlich ansehe, und verwandelte ihn in rasende Wut auf alles und jeden. Auf Jack, der mich im Stich gelassen hatte, auf Morrigan, die mich auf diese gefährliche Mission geschickt hatte, auf Mum, die mich meine ganze Jugend im Ungewissen gelassen hatte, auf Gaia, die eine so nutzlose Verbündete war, dass eine simple Teer-Decke sie von mir trennen konnte …

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Kallithea, sinistrer Beistand

    Auf einmal war der Druck weg und ein weiterer brennender Schmerz an meinem verwundeten Arm, zwang mich die Augen zu öffnen. Meine Wut wollte sich gerade ihre Bahn brechen, als sie vor Verwunderung in sich zusammenfiel, wie ein Feuer, dem man auf einmal sämtlichen Sauerstoff genommen hatte.
    Ich sah mich hinter dem umgekippten SUV in relativer Deckung.
    Moment: Umgekippt?
    Erst jetzt bemerkte ich die Blechflasche, die ich krampfhaft in den Fingern hielt und deren Inhalt immer noch stoßweise in mein Gesicht floss. Wasser, ganz sicher, aber Wasser mit Macht.
    Hastig trank ich den Rest leer und ich konnte förmlich dabei zusehen, wie die letzten dämonischen Schwaden aus meiner Aura flüchteten, als wären die sieben Erzengel hinter ihnen her.
    Meine Schulter schmerzte zwar immer noch furchtbar und meine Sicht verschwamm eins um andere Mal, aber wenigstens konnte ich mich halbwegs sicher wieder auf den Beinen halten.
    Ich hörte einen gewaltigen Knall, als ob jemand eine kleine Kanone abgefeuert hätte, ein Aufschrei und gleich nochmal einen Knall. Vorsichtig schaute ich an der nun vertikalen Monsterstoßstange des SUVs vorbei und sah gerade noch einen Kleinwagen einen grausamen Feuertod sterben.
    Wieder hörte ich diesen Knall, nun eindeutig ein Schuss, und instinktiv ging ich wieder in Deckung.
    Schnelle Schritte liefen weg und noch schnellere folgten ihnen.
    Ein weiterer Schuss fiel und mir stieg wieder dieser grauenhafte dämonische Gestank in die Nase. Ich widerstand meinem Instinkt noch mehr in Deckung zu gehen und linste todesmutig über den Wagen.
    Ein Tor hatte sich aufgetan, eindeutig mit dämonischer Unterstützung, und zwei dunkel gekleidete Frauen mit Köchern auf dem Rücken stolperten hindurch, die eine von der anderen mehr geschleppt als gestützt.
    Eine unglaublich schnelle weitere Frau überwand die Entfernung zwischen sich und den Verfolgten innerhalb eines Wimpernschlags und gab, vor dem Portal stehend, drei weitere Schüsse aus einer riesenhaften Handfeuerwaffe ab. Das Portal schluckte die Geschosse wie ein Moorloch einen Stein und die Schwarzhaarige ließ die leer geschossene Waffe fallen.
    »Ihr dämonischen Miststücke. Ihr könnt weglaufen, aber nicht verstecken!«
    Sie zückte zwei Krummdolche, deren Auren allein schon mehr Macht zeigten, als es den meisten lebendigen Zauberkundigen gegeben ist und machte Anstalten, hinterher zu springen.
    Obwohl ihre Augen golden zu glühen schienen, rief ich erschrocken: »Nicht! Nur nicht da durch. Das überlebst Du nicht!«
    Ihr Kopf ruckte herum, ihr Blick fixierte mich und für einen Moment hatte ich den Eindruck, jemand wäre über mein Grab gelaufen. Dann fiel das Portal zum Glück in sich zusammen und auch die Frau mit den Dolchen schien sich zu entspannen. Wenigstens schloss ich das aus den Augen, die jene tiefblaue Farbe annahmen, die oft ein Hinweis auf Magiewanwender ist, die ihre Kraft weder von Gaia, noch von anderen externen Quellen beziehen.
    »So eine Kacke. Als ob ein Rudel beschissener Orthos-Hundchen nicht genug wären. Wo zum Geier kommen denn diese Dämonenschlampen auf einmal her?«
    Sie sprach Englisch mit mir, wenn ich wetten müsste, Ostküste der USA.
    Ich grinste tapfer, auch wenn mir wirklich eher nach einem langen,komatösen Schlaf war.
    »Das kann ich Dir nicht genau sagen, aber sie sind eindeutig hinter mir her.«
    Der Boden neigte sich unvermittelt und plötzlich fühlte ich mich von einem starken Arm aufgefangen. Die Schwarzhaarige mit dem sagenhaft weißen Teint war auf einmal neben mir aufgetaucht.
    »Wie hast Du …?«
    »Echt jetzt, das ist momentan Deine größte Sorge?« Ihre blauen Augen blitzen schalkhaft.
    »Naja, jetzt wo Du es erwähnst. Würdest Du mir ein Stück Erde suchen, in das ich meine Hand oder einen Fuß hineinstecken könnte, das wäre wirklich super hilfreich.«
    Sie brummte etwas, was ich nicht verstand und dann hob sie mich einfach auf beide Arme, als wäre ich ein Kind. Diese Frau war ja stark wie ein Oger?
    Bei einem verwilderten Vorgartenrasen ließ sie mich zu Boden und buddelte sogar ein kleines Loch, in das sie die Hand meines gesunden Arms steckte und mit Erde bedeckte. Gaias Hilfe kam sofort und mit Macht. Die Schmerzen verblassten zu einer fernen Erinnerung, die Löcher, welche die Dämonenkraft in meine Aura gerissen hatte, verschwanden innerhalb von Sekunden, mein Arm heilte ebenso schnell.
    Interessiert wollte ich die Reaktion meiner Retterin beobachten, aber die war bereits wieder zum SUV gegangen, lehnte sich gegen ihn und stemmte ihn wieder auf seine Räder. Warum ich erleichtert war, dass sie immerhin dabei leise stöhnte, kann ich nicht sagen. Vermutlich tut es einer kleinen Druidin auch ganz gut, dass selbst Wonderwoman offenbar ihre Grenzen hatte.
    Als der Wagen wieder stand, sammelt sie so beiläufig, als pflückte sie eine alte Bierdose von der Straße, ihre Miniflak ein und ließ sie in dem schmalen Rucksack verschwinden, der mir bisher noch gar nicht aufgefallen war. Ihre Messer waren vermutlich ebenfalls bereits dort wieder verstaut.
    Wer sie nun zurückkommen sah, musst sie für eine wohlhabende Touristin halten, denn ihre Jeans, als auch die dunkelgraue Bluse waren Markenprodukte, die ich bestenfalls für einen Besuch bei der Queen, oder beim Geburtstag von Mum – was irgendwo denselben Stellenwert hat – anziehen würde.

    »Hey«, hob ich dankbar an, als sie sich neben mir aufs Gras setzte. »Danke, Du hast mir eindeutig die Haut gerettet, vielleicht nicht nur das.«
    Sie winkte ab. »Vergiss es. Nur eines würde mich interessieren. Wohin hat sich Dein Partner so schnell verpisst?«
    Erstaunt musterte ich sie erneut. »Hast Du mich beschattet?« Mein Argwohn kam wieder hoch.
    »Unsinn. Ich hab da oben gesessen und auf Dich gewartet.« Sie deutete ungenau irgendwo auf die Dächer einiger Häuser auf der anderen Straßenseite. »Meine Partnerin hatte Euch schon auf dem Radar, kurz nachdem ihr den Flugzeugabsturz irgendwie überlebt hat.«
    »Deine Partnerin?« Klar, ich kam mir gerade ziemlich blöd vor, aber was sollte ich machen?
    Sie deutete auf einen Ohrstöpsel, der mir sonst nie im Leben aufgefallen wäre. »Klar, wenn ich eine Operation hier habe und zeitgleich plumpst ein Flugzeug ins Meer und keiner hat dabei auch nur eine Schramme bekommen, dann fällt ihr sowas auf.«
    »Ok, aber warum interessiert Dich das?«
    Sie hob eine Schulter, als wäre es ihr beinahe peinlich: »Ich hatte so ein Gefühl, dass die ersten, die vom Unfallort klammheimlich verschwinden, irgendwie an der ganzen Sache zumindest Mitschuld sind. Hatte ich Unrecht?«
    Nun war es an mir, verlegen in Gras zu reiben. »Naja, der andere, der verschwunden ist, wollte mich erpressen. Lange Geschichte.«
    Schmunzelnd winkte sie ab: »Später. Sag mir lieber, was zum Geier Dämonen hier zu suchen haben und wo ich sie finden kann.«
    »Finden? Du willst allen Ernstes Jagd auf Dämonen machen?«
    »Das waren gar keine wirklich echten Dämonen. Ein bisschen besessen, schätze ich. Echte Dämonen laufen nicht weg.«
    »Du kennst Dich aus, wie?«
    »Ein bisschen.«
    »Bist Du eine Art Polizist?« Natürlich kannte ich auf Übernatürliches spezialisierten Sondereinheiten, besonders beim britischen MI5.
    Sie grinste wölfisch: »Im sehr freischaffenden Sinne, ja.«
    »Amerikanerin?«
    Sie nickte. »Und Du, Britin?«
    Ich lächelte »Waliserin« und stand auf, sie ebenso. »Ok, ich muss mal weiter. Ich sollte den Amazonen nicht zuviel Vorsprung lassen.«
    »Amazonen? Ich glaube, mit denen hatte ich noch nie zu tun. Endlich mal jemand, der echte Kampfkunst zu schätzen weiß, wenn man den Legenden glaubt.«
    Ich hielt inne: »Heißt das, Du kommst mit?«
    Sie lachte und es dauerte etwas, bis ich merkte, dass es eine Reaktion auf die Stimme in ihrem Ohr sein musste.
    »Ja, sie ist eine Blitzmerkerin. Aber sie hat einen tollen Hintern. Den rettet man doch gerne.«
    »Hey, ich stehe direkt neben dir!« Beinahe hätte ich sie gegen die Schulter geboxt, aber irgendwas in mir hielt mich davon ab.
    »Wow, Du hilfst mir. Cool. Toll, Juhu. Also ich will wirklich nicht meckern, aber warum das denn?«
    »Komische Frage. Die haben sich mit mir angelegt. Das kann ich denen unmöglich durchgehen lassen.«
    Verwirrt schüttelte ich den Kopf und sah zu, wie sie einen Schlüssel aus der Hosentasche zog und den schwarzen SUV entriegelte.
    »Das ist Dein Auto?« Ich weiß, ich verdiente mir den Spitznamen Blitzmerker inzwischen redlich.
    »Klar. Und wer auf mein Auto schießt, schießt auf mich. Hilf mir mal die Karre aufzubocken, ich muss einen Reifen wechseln.«
    »Ok. Ähm, ich bin Sam.« Gerade noch rechtzeitig verkniff ich es mir, ihr die Hand hinzuhalten.
    »Das ist schön für Dich. Kannst mich Sin nennen.«

    Fünf Minuten später waren wir auf den Weg nach Athen.

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