Noch mehr Sinistre Stories

Es gibt 48 Antworten in diesem Thema, welches 13.825 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (26. Dezember 2018 um 12:27) ist von Tom Stark.

  • @Tariq so viele Fragen und einige darunter sogar ziemlich zentral für den bisherigen (und auch zünftigen) Handlungsstrang :whistling:
    Ich versuche mal ein paar Antworten zu geben, ohne zu spoilern:

    Hier zum Beispiel weiß ich nicht, wer das ruft. Sin oder Beast? Und wieso "Michael"? Der ist doch gar nicht dabei, oder?
    Für wen kämpfte Beast? Wer sind die "viele"?
    Woher kennt Sir Draco denn Michael?

    Einige der "Vielen" hast Du ja bereits kennengelernt:
    1. Echnaton (btw: der Erste historisch halbwegs belegte Herrscher, der einen Ein-Gott-Kult eingeführt hat - jaaa, ich weiß, weiß kaum einer und es ist fies, dass man mache meiner Anspielungen nur erkennt, wenn man etwas Geschichts/Film/Literatur-Wissen hat ...)
    2. Atalante, die Amazone. In der klassischen griechischen Sagenwelt des Altertums ist die Dame als eine Art weiblicher Herkules bekannt, natürlich viel weniger göttlich usw. Echte griechische SuperheldINNen gibt's leider erst seit Xena. Was erwartet man auch aus einer Zeit, wo Frauenrollen sogar noch von Männern gespielt wurden ...
    3. Wolfhard von Boullion, der Templer, der im "heiligen Krieg" dabei war (und der auf jeden Fall noch einmal Thema sein wird.)
    4. Antilles, der freigelassen Sklaven und "Neu"Spartaner
    5. Sara, eine der 5 Überlebenden beim Untergang von Masada.
    6. Sishin, der Geist, der bei der Verteidigung der Bibliothek von Alexandria mithalf, als man sie niederbrannte.

    Warum Beast das ausruft? Weil sein "Bruder" Michael ihn zwar deutlich mehr unterstützt, sich sogar für ihn freut, einen Sonderweg eingeschlagen zu haben - im Gegensatz zu seinem "Bruder" Samael, der ihn am liebsten als Waffe in seinem Arsenal haben will. Aber auch Michael begreift nicht wirklich, wie sehr Sowanestreel sich verändert hat und das, was er als Zersplitterung dessen Wesens wahrnimmt, in Wirklichkeit ein Entwicklungsprozess ist.
    Da Michael Ella der Zauberspruch verraten hat, mit dem man Sin/Beast/Sowanestreel angeblich wieder hinbekommt, ist es nur logisch, dass Beast sich aufregt, über die (zwar wohlmeinende) Inkompetenz seines "Bruders".
    Nichts desto trotz irrt sich Michael nicht völlig. Durch den doppelten Tod Sins (1.Vampirwerdung, 2. Verbrennen bei der Verteidigung Vincents) gab es einen gewaltigen Bruch und ein Trauma, vom dem sich sowohl Sin als auch Beast gerade erst erholten. Ein ganz klein bisschen (sogar ziemlich viel!) ist Vincent/Ella daran Schuld. Das dämmert Sin schon seit einiger Zeit und sie sieht nicht zu Unrecht düstere Wolken am Horizont aufziehen ^^ - Mist, doch etwas gespoilert.

    Ob Beast oder Sin ruft, nunja, in dem Fall Beast, aber ich hoffe es wird so langsam klar, dass der Unterschied zwischen den beiden eher temporal und nicht lokal zu suchen ist. Den Einen würde es ohne den Anderen SO nicht geben, ebenso wenig ohne die "Vielen" die vorher kamen, wovon die 6 oben genannten nur ein (prominenter) Ausschnitt sind.

    Woher Sir Drago Michael kennt?
    Ella und Sin müssen Berichte schreiben. Ja, auch Sin, auch wenn ihre Berichte maximal 2 Seiten umfassen. Sie hat ihre eigene Einstellung dazu, wie viel Schriftmüll man produzieren darf. Zudem hatte Drago schon vorher gewusst, dass jemand Ganz Besonderer den Stab "stehlen" wird. Woher? Das bleibt vorerst sein Geheimnis.

    st der Stab derselbe, der aus dem Museum entwendet wurde?

    Ja, es ist der Stab der "Mumie". Sin hat sich natürlich für die Historie nicht interessiert, aber die Mumie ist angeblich Amothep, auch Echnaton genannt.

    Wen meint Michael, wenn er von "denen" spricht, die ihn hindern ...

    Tja, gute Frage. Vielleicht sollte man den Typen mal ausquetschen, wenn man ihn wieder mal in die Finger bekommt - sofern er sich ausquetschen lässt!

    Was ist diese Metamorphose und was bewirkt sie bei Sin?

    Was bisher feststeht ist, dass ihr Körper gerade eine Art Captain America - Kur erfährt, aber was genau passiert, muss man wohl abwarten. Sie selbst vergleicht den Zuwachs an Kraft und Schnelligkeit mit dem, was sie sonst durch Beasts Hilfe bei Bedarf zulegen konnte. Zufall?


    So, alle Klarheiten beseitigt. Unsicherheit und Verwirrung wieder auf Maximum?
    Sehr gut.

    Bin mal gespannt, wie Euch die nächste Kurzgeschichte gefällt. Sins Begeisterung darüber ist schier grenzenlos. Denn sie bekommt nun einen

    ... Partner.

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    6 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (28. November 2018 um 09:52)

    • Offizieller Beitrag

    Hey Tom

    Bin dann auch mal aktuell. Ich finde manche stellen echt genial geschrieben. Der Charakter von sin gefällt mir recht gut, auch wenn es mir manchmal too much ist.
    Der Plot ist bis jetzt noch nicht so meins, aber er hat auf jeden Fall Potential.

    Ich glaube die Geschichte gewinnt auch noch an Stärke hinzu, wenn die nebencharaktere öfters vorkommen. Denn zu jedem besteht eine Beziehung zwischen sin und eben jenem.
    Gerade die Szenen mit Ella gefallen mir.

    Was den Schatten angeht, hab ich meinen einzigen größeren Kritikpunkt. Er ändert sein Wesen irgendwie innerhalb des Kapitels. Ich fand das ein bisschen komisch. Aber vielleicht war das auch so gewollt.

    Zu letzt noch. Ich finde du postest unglaublich schnell. Zu schnell (für meinen Geschmack). Ich weiß nicht, ob ich das schaffe hier mitzuhalten.
    Ich lese auch viele andere Geschichten hier und hänge da schon in vielen nach. Aber ich werde trotzdem versuchen, hier aktuell zu bleiben :D

  • Hi Tom,

    Spoiler anzeigen

    Einige der "Vielen" hast Du ja bereits kennengelernt

    ja, aber nicht erkannt, dass die damit gemeint sind. :rofl:

    6. Sishin, der Geist, der bei der Verteidigung der Bibliothek von Alexandria mithalf, als man sie niederbrannte.

    Ist die Namens-Ähnlichkeit zufällig? :hmm:

    Ein ganz klein bisschen (sogar ziemlich viel!) ist Vincent/Ella daran Schuld. Das dämmert Sin schon seit einiger Zeit und sie sieht nicht zu Unrecht düstere Wolken am Horizont aufziehen ^^ - Mist, doch etwas gespoilert.

    Das glaube ich schon aus diesen Zeilen:

    Schon vom ersten Augenblick war mir instinktiv klar, dass Du der Dunkle Ritter im Schatten bist, der mich beschützt und wenn es nötig ist, sogar … vor mir selbst
    Ich zucke zusammen. Verdammt. Viel zu clever für mich!

    herausgelesen zu haben. ^^

    Ob Beast oder Sin ruft, nunja, in dem Fall Beast, aber ich hoffe es wird so langsam klar, dass der Unterschied zwischen den beiden eher temporal und nicht lokal zu suchen ist. Den Einen würde es ohne den Anderen SO nicht geben, ebenso wenig ohne die "Vielen" die vorher kamen, wovon die 6 oben genannten nur ein (prominenter) Ausschnitt sind.

    Also kann ich davon ausgehen, dass Beast und Sin eine vorübergehend getrennte Einheit waren, die nun durch Michaels/Ellas Zauberspruch nun wieder vereint wurde? Dass Beast als Einzel"wesen" verschwunden und ist, was Sin ja daran spürt, dass sie sich so fühlt, als hätte ihr Beast in dem Moment alles gegeben, was er geben konnte (so wie kurz vor oder während eines Kampfes).

    Tja, gute Frage. Vielleicht sollte man den Typen mal ausquetschen, wenn man ihn wieder mal in die Finger bekommt - sofern er sich ausquetschen lässt! Okay, der Mann ist zweifellos ein spannender Charakter. :thumbup:

    Was bisher feststeht ist, dass ihr Körper gerade eine Art Captain America - Kur erfährt, aber was genau passiert, muss man wohl abwarten. Sie selbst vergleicht den Zuwachs an Kraft und Schnelligkeit mit dem, was sie sonst durch Beasts Hilfe bei Bedarf zulegen konnte. Zufall? Nein, denke ich nicht. Ich glaube, Sin ist jetzt vielmehr two in one und Beast nicht mehr ein eigenständiges Wesen. Aber mal sehen, ich kann mich auch irren. :hmm:

    So, alle Klarheiten beseitigt. Unsicherheit und Verwirrung wieder auf Maximum? Nein, du hast schon allerhand klargestellt und mich wieder richtig aufs Gleis gesetzt. Die Fahrt kann weitergehen. Vielen Dank für die ausführliche Antwort. :)

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Ich finde du postest unglaublich schnell. Zu schnell (für meinen Geschmack). Ich weiß nicht, ob ich das schaffe hier mitzuhalten.

    schau mal das Datum von Post 4 (Teil 2) und Post 7 (Teil 3) an :whistling:

    Keine Bange, ich lege immer wieder "kleine" Pausen ein.

    Aber klasse, wenn es dich irgendwie doch anspricht!

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    • Offizieller Beitrag

    Oha, das hab ich in der Tat übersehen ^^*
    Ich hab halt die Tage hier angefangen, dann ein bisschen Pause gemacht unddann waren auf einmal soviele neue Beiträge hier ... das hatte mich minimalst ins straucheln gebracht :D

    Aber klasse, wenn es dich irgendwie doch anspricht!

    Klar.
    Wie gesagt, ich find einige Stellen echt genial geschrieben. Ansonsten hätte ich mir ja auch nicht ne gesamte Thread-Seite gegeben, oder? ;) Soviel Zeit hab ich dann nämlich doch nicht. :D

    Ach ja ... und du musst jetzt nicht wieder 2 Jahre Pause machen ... so war das nicht gemeint xD

  • »Ich brauche keinen Partner, ich habe Ella!«
    Immer wieder gehe im Geiste dieses Gespräch mit Sir Drago und Eugene Carmichael durch.
    »Ella ist für ein Jahr an ihre Alma Mater berufen worden. Sie ist immerhin stellvertretende Leiterin des Teams, welches die Weltraum-Experimente für Gravitationswellen auswertet. Sie wollen Ihr doch diese Chance nicht verwehren. Doch seit Ihrem letzten Trauma brauchen sie auf jeden Fall einen Partner.«
    Ich hatte geseufzt: »Na schön, dann gebt mir halt einen neuen Operator.«
    »Der wird Ihnen ohnehin zugewießen, Agent.« Carmichael hatte diesen Tonfall drauf, für den ich ihn am liebsten einmal quer durch sein Büro geworfen hätte, nur ihm zu demonstrieren, dass ich wieder fit war.
    Aber da war ja noch Sir Drago. Warum weiß ich immer noch nicht, aber er erkennt nahezu immer, wie es wirklich um meine Einsatzfähigkeit steht. Zudem ist er, aus Gründen, die ich immer noch nicht festmachen kann, der Einzige bei R.E.D. den ich wirklich als Boss ansehe. Alle anderen lasse ich das gerne glauben, zumindest manchmal. Aber Drago hat irgendetwas. Es ist nicht, dass ich Angst hätte, das Gefühl kenne ich ohnehin eher passiv. Dennoch respektiere ich Dragos Autorität, wenigstens auf seinem Territorium.
    »Das ist mein letztes Wort, Miss Alabastra! Sie werden diverse Kandidaten bekommen und haben die freie Auswahl.«

    Tja, und nun sitze ich hier im Dodge und lasse mich von meinem neuen Partner herumkutschieren.
    Er heißt Harry Quinland und sieht aus, als könnte er mit seinem Kinn Steine zermahlen. Mit seinen fast zwei Metern, wirke ich neben ihm schon fast schmächtig, seine breiten Schultern und der Stiernacken tun ihr Übriges. Dann hat er mehr Tatoos als Dwayne »The Rock« Johnson und zugegeben etwas mehr Haare.
    Obwohl ich ihn nicht wollte, und meiner Ansicht nach auch nicht brauche, hat er eine Eigenschaft, die mich begeistert, leider eine Andere, die mich fast irre macht.
    Das Gute an ihm ist, er redet nicht gerne. Damit harmonieren wir extrem vorteilhaft, weil ich anderen nicht gerne zuhöre. Meine Zeit mit Ella verführt mich beinahe zu sagen, dass ich niemand zu nahe treten will,aber das, was die meisten Leute sagen haben, zu 90% ohnehin nur Floskeln und heiße Luft sind. Und gerade meine Aussage beweist das. Ich will jemand zu nahe treten, der mich damit nervt. Ich will ihm, verdammt noch mal, in den Arsch treten, damit er aufhört meine Zeit und Geduld zu verschwenden! Jedenfalls, das ist nicht mein Problem mit Harry.
    Harry ist ein SEAL, Ex-SEAL oder im Ruhestand, keine Ahnung, wie man das beschreibt und so fit wie zwei normale Menschen. Aber er ist immer noch ein Normalo. Egal wie gut ausgebildet sie sind, egal wie viel Training sie in den R.E.D.-Camps sie hinter sich haben, wenn es hart auf hart kommt, passe ich auf ihren Arsch auf, wenn ich womöglich besser auf meinen eigenen achten sollte. Ganz so unzerstörbar wie zu Untot-Zeiten ist der nämlich nicht mehr.
    Und seit den kleinen Veränderungen der letzten Monate durch das, was Dr. Elisabeth so hochtrabend Metamorphose nennt – und nein, ich verwandle mich nicht in einen Schmetterling! – gefällt mir mein Arsch sogar ganz gut. Eigentlich hat Ella es zuerst bemerkt, klar, ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich oft im Spiegel ansehen. Kommt wohl davon, dass ich beinahe fünfhundert Jahre lang gar kein Spiegelbild hatte. Man lernt es mit der Zeit, seine Fliege auch ohne Spiegel gerade zu binden!
    Aber seitdem ich meine körperlichen Vorzüge nicht mehr von Beast beziehe und noch etwas mehr trainiere, schlägt sich die Fitness auf mein Aussehen nieder. Das ist mitunter lästiger, als man denken mag. Meine Lieblingslederjacke, die ich jetzt schon seit dem zweiten Weltkrieg trage, beginnt um die Schultern herum zu spannen. Und Kacke, meine Oberweite hat sich auch etwas vergrößert. Seit wann vergrößern sich die Brüste, wenn man Muskeln zunimmt?! Ich dachte immer, man baut dann zeitgleich Fett ab, nicht dass ich davon allzu viel mitbringe. Egal, interessiert vermutlich auch keinen.
    Jedenfalls muss ich auf meinen Partner immer ein Auge haben. Seine komischen Soldatenmacken machen es mir nicht gerade leichter. Irgendwer hat ihm zum Beispiel erzählt, wie wären gleich berechtigt.
    Wenn ich jemals herausfinde, wer das war, zwinge ich ihn beim nächsten Bürofest unten ohne Makarena zu tanzen. Einfach als anschauliches Beispiel dafür, was mit jenen passiert, die glauben, nicht auf mich hören zu müssen, oder schlimmer noch, das anderen weißmachen.

    Wir sind auf dem Weg zu einem Einsatz, wie mein neuer Partner das so hochtrabend ausdrückt. Wo ich mir Jacke,Waffengurt und den Rucksack mit den Spielzeugen geschnappt habe und los wollte, hat der erst einmal auf Rambo gemacht, sich umständlich die Stiefel gebunden, sein wahnsinniges Arsenal an Waffen durchgecheckt und ist tatsächlich nochmal auf die Toilette, bevor er loskonnte.
    Als er schließlich ankam, wartete ich schon zehn geschlagene Minuten im Dodge. Und dann hat der Typ sich geweigert mich fahren zu lassen. Weil ich angeblich kein Sicherheitsfahrtraining hatte! Ich war kurz davor aufs Gas zu treten und ihm seine übergroßen Latschen platt zu fahren. Kein Sicherheitsfahrtraing! Ich fahre, seit es Autos gibt, du liebe Güte. Ich bin früher nachts, ohne Licht, mit Bleifuß gefahren, tue ich heute noch.
    Ok, mein letzter Lambo hat so in der Wüste von New Mexico das Zeitliche gesegnet und das halten mir nun alle vor.
    Jedenfalls habe ich ihn dann an Steuer gelassen. Das, oder ihn ausweiden, eine andere Alternative wollte mir nicht einfallen.
    Das Ausweiden könnten aber unsere nächsten Kunden für mich erledigen. Kann man es mir vorwerfen, wenn die Ghule hungrig sind und ich meine Augen nicht überall haben kann?

    Endlich sind wir da. Harrys defensiver Fahrstil hat uns mindestens acht Minuten gekostet, wenn nicht sogar zehn.
    Genervt steige ich aus und hätte beinahe die Tür zugeworfen, aber ich höre, wie er seine ganz vorsichtig und leise zudrückt. So, er ist also professionell. Na gut, das kann ich auch.
    Wir nähern uns dem Rest In Peace Crematorium, kein Scherz und ganz sicher nicht mein Einfall, zu dem uns das NYPD gerufen hat.
    Zwei Streifenwagen stehen mit blinkendem Blaulicht an den Enden der Straße und verhindern so, dass weitere Fahrzeuge hineinfahren. Eine Beamtin versucht gerade eine Reihe Schaulustiger abzuwimmeln, erntet aber nur Hohngelächter und Handy-Photos.
    Ein weißköpfiger Sergeant tritt mit seinem jungen Partner zu uns.
    »Sergeant Boyle und Office Blunt«, stellt der Veteran sich vor. Während der jüngere Blunt mich anstarrt, als hätte er noch nie eine blasse Schwarzhaarige mit zwei Messern im Schulterhalfter gesehen, wendet sich Boyle eindeutig an Quinland. Er erklärt ihm, warum man die Polizei gerufen hatte und warum die Polizei sich schnellstmöglich aus dem Gebäude verpisst hat und man uns vom R.E.D. gerufen hat. Mich ignoriert er dabei völlig.
    Ich bin mir noch im Zweifel, ob ich angepisst sein soll, weil der alte Cop mich übersieht, oder weil der junge Cop gleich anfängt zu hecheln während er mir mit Blicken das Tanktop unter der Jacke auszieht, als ich ein Geräusch aus dem Gebäude aufschnappe.
    Ein Blick in die Runde zeigt mir, dass es sonst keiner mitbekommen hat. Aha, noch so ein Metamorphosending. Besseres Gehör. Kenne ich noch von früher, hat seine Vorteile, aber man hört auch jede Menge Scheiß, auf den man getrost verzichten kann.
    Zuerst will ich Quinland Bescheid geben, aber der ist gerade dabei, irgendwelchen Dienstellenmist mit Boyle abzuklären, Zuständigkeiten und all den Kram. Die beiden wirken schwer beschäftigt und haben mir auch die Rücke zugekehrt. Es ist offensichtlich, dass man durch mich nicht in seiner Wichtigkeit gestört werden will.
    Also sprinte ich los. Es ist seltsam ohne, die Vampirkräfte, die sich aus der Lebensenergie meiner Opfer gespeist hat, oder ohne Beasts Hilfe, von Null auf Warpgeschwindigkeit gehen zu können, aber es fühlt sich irgendwie noch natürlicher an.
    Bevor noch jemand etwas bemerkt, bin ich an der Tür des Krematoriums. Es ist der Haupteingang, nicht da wo die Särge angeliefert werden, sondern wo man die trauernden – oder feiernden? – Hinterbliebenen empfängt.
    »Ey, was macht Ihre Partnerin denn da? Sie kann doch nicht so einfach …« , höre ich Boyle noch, als ich auch schon drin bin.
    Und wie sie kann, Du Obertrottel. Was glaubst Du denn, warum wir hier sind?
    Dann höre ich erneut das Geräusch, nun deutlicher. Es ist das ängstliche Wimmern einer Frau. Definitiv noch lebendig, aber nicht mehr lange, wenn ich den steigenden Panikgrad in ihrer Stimme richtig deute.
    Ich dringe tiefer ins Gebäude ein und wundere mich, wie dunkel es hier ist. Oh, kein Licht? Komisch, das hat mich sonst noch nie gestört. Das verlangsamt mich etwas, immerhin will ich ja in keinen Hinterhalt laufen.
    Die Situationsanalyse hat immerhin Ghule als wahrscheinlichste Ursache ausgemacht. Reine Leichenfresser, aber sie brauchen das Fleisch nicht angefault. Das bedeutet, sie müssen aus lebend nur tot machen und schon taugt es als Nahrung. In der Regel kein Problem für die kräftigen, krallenbewehrten Biester.
    Als ich die Haupthalle durchquert habe und in einen Art Ausstellungsraum für Särge komme, kann ich sie auch schon sehen. Drei Ghule, ich würde schätzen noch recht jung und verspielt, kreisen eine Dame mittleren Alters ein. Man sagt doch mittleren Alters, wenn sie über Vierzig sind und man das Alter beim besten Willen nicht mehr erkennt?
    Nun ist es nicht so, das Guhle völlig bescheuert und rein instinktgesteuert sind. Je älter sie werden, umso cleverer sind sie eigentlich. Die Meisten denken ja, man wird zum Ghul, wenn man gebissen wurde. Das ist Blödsinn, man verreckt höchstens qualvoll an dem Biss, wenn man keine Tetanus-Impfung bekommt. Guhle legen Eier, bzw. sie hängen sie auf. Wie genau sie sich fortpflanzen oder paaren, sorry, da muss ich passen. So intim ist mein Verhältnis zu keinem Guhl je geworden.

    »Was steht heute auf der Playlist?«. frage ich leise und bemerke, dass ich mein Headset im Wagen gelassen habe. Nick, Mick, Dick, Trick oder Track, irgendwie so heißt Ellas Nachfolger, hat von ihr ausdrückliche Instruktionen bekommen, welche Musik ich wann am liebsten habe. Tja, heute nicht.
    Zum Glück bin ich mit dem Wichtigsten Dingen meist doppelt ausgestattet. Redundanz, sagt meine Süße immer dazu, und ich muss sagen, mir gefällt der Klang des Wortes. Also hole mir meine Ohrstöpsel meines MP3-Players aus der Jackentasche und werfe den Shuffle-Mode an.
    Die ersten Takte von »I’m a Zombie« von Sinful Death« laufen an. Ich mag diese Indi-Band, auch wenn der Leadsänger mehr kreischt als singt. Aber die E-Gitarre-Solos und der starke Bass-Riff sind spitzenmäßig.
    Ich springe in die Mitte und remple die Frau um, so dass sie auf dem Boden liegt und unter einen der Sargausstellungstische kriechen kann, was sie dankenswerter Weise sofort macht.
    »As I was an human, I hate it day by day«
    Ich zücke meine Krummdolche und gehe leicht die Hocke. Die Guhle erkennen mich sofort als die eigentliche Gefahr und vergessen ist die Mittlerejahres-Lady.
    »Every minute was to breath, every second was the heart to beat.«
    Eine schnelle Täuschung nach rechts und ich kreise über meinen linken Fuß. Die Guhle ziehen mit und sie sind gar nicht langsam oder schwerfällig.
    »Now I’m a Zombie and wanna sayyyyyyyyy:«
    Ich verharre kurz, kehre meine Bewegung um, und schon ist der erste Ghul in Reichweite. Ein schneller Stoß, nicht mehr ganz so schnell wie ich es gewohnt bin, aber dafür mit mehr Power und Gefühl, und der erste Ghul besieht sich entsetzt, wie die getroffene Stelle an der Hüfte anfängt abzusterben.
    »I like hearts and love stealing breath and I‘m addicted to fresh meat!«
    Der Gegenangriff des Ghuls kommt prompt, aber viel zu langsam.
    Ich tanze einen Schritt nach hinten, drehe mich etwas nach links, und schon kommen sich zwei in die Quere.
    »As I was an human, I worked so I could live.«
    Die beiden schlagen tatsächlich nacheinander und knurren sich an.
    Einmal mit Profis kämpfen, ehrlich!
    »The days were grey and I had no joy«
    Wenn sich zwei Guhle streiten, freut sich Ex-Vampirin. Ich trete nach ihren Beinen, erwische einen und der zieht erwartungsgemäß den anderen mit zu Boden. Viel zu einfach!
    »Well, as I’am a Zombie now, I take what life me giiiiiiiives:«
    Ich hechte nach vorne, rolle zwischen ihren ungeschickten Klauenhieben durch und komme zwischen Ghul Eins und Zwei zu liegen. Der linke Krummdolch trifft mitten in Brust von Eins, rechte erwischt eher seine Magengegend. Einen Moment ärgere ich mich über die mangelnde Präzision. Die neuen Muskeln. Das andere Körpergefühl. Womöglich ein neuer Schwerpunkt wegen mehr Oberweite? Gibt es so was überhaupt!
    Bevor ich noch mehr ins Grübeln komme, rolle ich ein weiteres Mal durch, außer Reichweite, bevor mich die Ghule erwischen können.
    »I eat fresh meat every day!«
    Zufrieden sehe ich, wie die Magie meiner Dolche ihre Arbeit macht und die beiden Kadaverfresser zu Kadavern zerfrisst. Sie versuchen noch einmal auf alle Viere zu kommen, aber meine Treffer, auch wenn nicht alle perfekt, waren ziemlich gut. Ich sehe nach der Frau und sehe nur ihren voluminösen Allerwertesten – habe ich nett ausgedrückt, oder – unterm Tisch hervorgestreckt.
    Ich nehme an, sie ist irgendwie besonders gläubig, denn unter der Musik hörte ich undeutlich, wie sie etwas stammelt, wo recht häufig die Floskel Oh Gott drin vorkommt. Nunja, jeder wird mit Stress eben anders fertig, wer bin ich, das zu beurteilen?
    »I’m a Zombie and I like it!«
    Langsam erhebe ich mich, immerhin habe ich Ghul Nummer Drei nicht vergessen.
    Da verdunkelt ein gewaltiger Schatten in der Tür den ohnehin dunklen Raum noch mehr.
    »The undeath makes me fit!«
    Ich sehe noch, wie der große Schatten zwei Deagles Magnum zückt und schon brüllen die Kaliber 12,7 los.
    Spannlange Feuerblumen kommen aus den Läufen und instinktiv suche ich Deckung.
    Auf was genau der Schatten schießt, kann ich nicht sagen, aber er sieht offensichtlich noch weniger als ich, denn er trifft alles andere, nur keinen Ghul.
    »I`m a Zombie and it’s awesooooome«
    Als ich sehe, wie die Schüsse sich dem Tisch nähern, unter dem die Dame mit dem eindrucksvollen Gesäß Deckung gesucht hat, reagiere ich bereits.
    »Agent Alabastra, wo sind Sie?«, höre ich Quinland rufen, ohne dass er dabei das Dauerfeuer einstellt.
    Ich hechte auf die Frau zu, reiße sie vollends zu Boden und spüre, wie etwas an meiner Schulter zupft. Die Frau unter mir kreischt wie am Spieß und ich fühle, wie mir ein Monstergeschoss vermutlich die halbe Schulter weggerissen hat. Dann sehe ich wie hinter Agent »Ich baller einfach mal wie ein Irrer um mich« Quinland, der ein paar Schritte in den Raum hinein getan hat und das tut, was man vor dem Rumballern eigentlich macht, nämlich sich umschaut, der dritte Leichenfesser im hellen Viereck der Tür auftaucht und sich anschickt, Seal-Bashing zu betreiben.
    Ich reiße mir die Ohrstöpsel heraus und schieße unter dem Tisch hervor. Ich bin gerade so was von angepisst!
    Zuerst lasse ich das am Guhl aus, dann an Quinland.

    »Friendly fire, wie? Ich gebe Dir friendly fire, … Partner!«

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (29. November 2018 um 14:28)

  • Autsch, der arme Quinland, da kann er sich eine Pfeife anbrennen. :rofl:

    Spoiler anzeigen

    In gewohntem Stil, wieder die alte Sin (obwohl nicht ganz die alte, also eher die neue, aber genauso gute Sin). Prima Kopfkino, obwohl es ja fast durchgehend stockdunkel war. Aber deine Beschreibungen erhellen die Szenerie ausreichend, Tom. :thumbup:
    Nun bin ich gespannt, was sie aus ihrem armen Partner gemacht hat und ob sie ihn nach dieser Aktion behalten weiter muss. :thumbdown: Er scheint ihr irgendwie keine echte Hilfe zu sein...

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • »Es mir völlig egal, was er getan hat. Sie können doch ihren Partner nicht in einen Sarg sperren und den Deckel dann abschließen!«
    Carmichaels Adamsapfel hüpft, als wolle er jeden Moment aus seinem Hals springen.
    »Und wie kommen Sie überhaupt dazu Agent Quinland einfach stehen zu lassen und alleine loszuziehen? Ist Ihnen denn nicht klar, was Ihnen ohne Ihren Partner alles zustoßen kann?«
    Ich grüble über diverse Möglichkeiten.
    Ich könnte nicht beschossen werden, weil unsere Monster ganz selten schießen.
    Ich könnte nicht vorwurfsvoll von Dr. Elisabeth angestarrt werden – ja, das ist die Frau, die wie ein Gargoyle aussieht, die KANN starren – weil ich mich habe anschießen lassen.
    Ich könnte vielleicht auch einfach entspannt meinen Job machen, während ich am Steuer meines eigenen Wagens ins angemessener Geschwindigkeit zu einem Auftr …

    »Glauben Sie vielleicht, Agent Quinland legt noch irgend einen Wert darauf, wieder mit Ihnen zu arbeiten?«, unterbricht Carmichael meine Überlegungen. Ich vermute daher, es war eine rhetorische Frage. Womöglich sind alle Fragen bisher solcher Art?
    Ich hebe meine Augenbraue und mustere zum ersten Mal das Gesicht meines Einsatzleiters. Er sieht irgendwie müde aus, denke ich. Ich suche seinen Blick und als ich ihn habe, schicke ich ihm den freundlich gemeinten Rat, ein Nickerchen zu machen.
    Jetzt gleich.
    Sofort.
    Wegen mir, am Schreibtisch.
    Aber er soll auf jeden Fall aufhören, mich anzubrüllen, weil nämlich ich so langsam aufhöre, die ganze Situation von der absurd komischen Seite zu nehmen.

    Ich wurde nicht zum ersten Mal verletzt, ich kann das ab. Tatsächlich wurde ich schon mehrfach angeschossen, obwohl ich da meist ein Vampir war und es mich fast nicht gejuckt hat.
    Sogar von einer Partnerin, bin ich schon versehentlich beschossen worden. Von Ella, mit einer Harpune im Urlaub. Zum Glück konnte ich das Ding abfangen, bevor es mich gepikst hat. Blut beim Tauchen im Great Barrier Reef kann schnell Haie anlocken. Die richtig großen. Selbst mit Beasts Hilfe, hätte Sinistre gegen weißer Hai kein schönes Urlaubsfoto ergeben.
    Es ist mir aber echt noch nie passiert, dass ein Profi, der mir den Rücken decken sollte, mich angeschossen hat, und dabei nicht einen einzigen verdammten Treffer beim Feind gelandet. Nicht einen!
    Nein, ich bin nicht sauer auf Quinland, weil er mich versehentlich erwischt hat. Schlechter Start, kann vorkommen, kein Ding. Aber wie man nach zweiundreißig abgefeuerten Schüssen nicht nur keinen einzigen Treffer am Feind landen kann, sondern sich dabei von hinten beinahe noch aufschlitzen lässt, das kann ich einfach nicht nachvollziehen. Will ich auch gar nicht.
    Anders gesagt, Quinland ist raus, aber so was von.

    Ich blicke auf den friedlich, auf seinen Akten eingeschlummerten Carmichael. So mag ich meinen Einsatzleiter am liebsten: Ruhig, entspannt und im Besitz aller relevanter Informationen.
    Vorsichtig ziehe ich die Akte einer der anderen Kandidaten unter seinen Armen hervor. Mal sehen, wen ich erwischt habe:
    »Nicole Voltaire, 33. Ex-Cop aus Chicago. Zwei Einsätze in Afghanistan. Kam dort mit einer Sphinx in Kontakt. Seit drei Jahren bei R.E.D. . Nicht verheiratet, keine Kinder, einen Bruder, der in New Jersey wohnt. War letztes Jahr beim Einsatz gegen die Werraten in der U-Bahn dabei, ah ja, ich erinnere mich dunkel.«
    Ich schaute mir das Bild an. Sie sieht nett aus, etwas verkniffen vielleicht, aber wer sieht auf solchen Fotos schon gut aus? Bis auf Ella natürlich.
    »Voltaire? Ich kenne einen Voltaire aus Paris. Hieß eigentlich François Arouet. War so ein Dichter Schrägstrich Philosoph. Ob die eine Nachkommin ist?« , frage ich mich halblaut.
    Ein Lachen antwortet mir von der Tür. Es ist Sir Drago. Beinahe unheimlich, wie sich ein so beleibter Mann wie er, leise wie eine Katze bewegen kann. »Ich nehme nicht an, dass Ihre Bekanntschaft aus der französischen Revolution, den Künstlernahmen an seine Nachkommenschaft vererbt hat.«
    Ich grinse und nicke zustimmend. »Aber ich mochte den Kerl. Hatte schlaue Ideen, aufklärerische Ideen. In der Art, dass es Monster wie Vampire gar nicht gibt. Hatte daher auch keine Angst vor mir und man konnte echt vernünftig mit ihm reden. Kam selten vor zu jener Zeit, echt. Diese Voltaire nehme ich jedenfalls heute Abend mit, wenn das ok ist.« Ich tippe auf die Akte.
    Drago wirft einen Blick auf den schlafenden Carmichael, sagt aber weder etwas, noch unternimmt er etwas, ihn zu wecken. Habe ich auch gar nicht erwartet. Wir wissen beide, was wir an einem entspannten Einsatzleiter haben.
    »Ich nehme an, sie verständigen Miss Voltaire persönlich.« Es ist eigentlich keine Frage, da er schon das Büro wieder verlässt. Deswegen kommen wir auch so gut klar. Ich weiß immer genau, ob er wirklich eine Antwort von mir erwartet.

    ---

    »Dick wir haben ihn verloren. Siehst Du Ihn mit der Drohne?«
    Ein leises Knurren kommt aus meinem Ohrstöpsel. »Mein Name ist Josh, nicht Dick, Mick oder gar Trick. Bitte merken Sie sich das doch bitte endlich, Agent Alabastra.«
    Unser neuer Operator klingt ziemlich genervt. Wenn er wegen so etwas schon gestresst ist, du liebe Güte!
    Ich tausche einen Blick mit Nicole, alias Nikki, meiner neuen Partnerin. Es ist unser dritter Einsatz und bisher kommen wir ganz gut klar. Sie lässt mich mein eigenes Auto fahren, akzeptiert meine größere Erfahrung, sowohl als Monster, wie auch als Monsterjägerin und außerdem kennt sie die besten Diner in unsrem Einsatzgebiet. Es tut wirklich gut jemand um sich zu haben, der gutes Essen so zu schätzen weiß wie ich.
    Meine liebste Ella liebt zwar auch meine Küche, aber ich habe den Verdacht es spielen gewisse erotische Aspekte beim gemeinsamen Kochen eine bedeutendere Rolle, als meine Fähigkeit Essen zuzubereiten, was den Namen auch verdient.
    Ich glaube manchmal, es ist ihr genau so recht, wenn wir uns etwas bestellen und es dann wie die Barbaren vor dem Fernseher lümmelnd mit Plastikgabeln aus der Tüte futtern. Aber vielleicht muss man auch ein halbes Jahrtausend mit einem fast abgestorbenen Geschmackssinn verflucht gewesen sein, um gutes Essen wirklich würdigen zu können.
    Nikki hebt grinsend beide Hände in meine Richtung. »Komm, Joshua, sei lieb. Siehst Du etwas per Wärmebild?« , bezirzt sie ihn.
    »Klar, Moment, lass mich die Drohen auf Wärmekamera umschalten.«
    Sie kann einfach viel besser mit Rick umgehen als ich.
    Wir kurven schon eine ganze Weile in Queens herum. Wir verfolgen einen Schwarm Nachtschrate. Die Biester leben normalerweise in Grüngebieten, noch lieber in Wäldern. Im Baumstaat Maine, Ella hat glaube ich mal erwähnt, dass dort um die 90% der Fläche bewaldet sind, sollen bis zu anderthalb Millionen Baumschrate leben, aber ein paar Unterarten haben es auch von Neu Amsterdam (New York hinterm Nebel!) ins New York vor dem Nebel geschafft. Und dort sind sie eine echte Plage, weil sie da so gut wie keinen Lebensraum vorfinden und einfach überall ihre Kolonien versuchen zu gründen. Wenn also in Deiner Nähe irgendwo aus dem Nichts ein kleines Wäldchen von zehn bis fünfzehn seltsamen Bäumen über Nacht entstanden ist, sei vorsichtig. Schrate haben leider so fast überhaupt nichts von den sanftmütigen Ents aus dem Herrn der Ringe, außer ihrer Durchschlagskraft, die kommt in etwa hin. Ein Auto durchbohren sie mal nebenbei, einen Truck können sie umkippen und ich habe selbst gesehen, wie sie ganze Straßen bis zu den Wasserohren aufgerissen haben, im Versuch dort zu wurzeln.

    »Sie sind auf der 59th Street Bridge. Oh, Scheiße!«
    Da kann ich unsrem Operator nur zustimmen. Zum Glück ist zwar Nacht, aber die Queensborobrücke, wie sie in echt heißt, ist die wichtigste Verbindung nach Manhattan über den East River.
    »Und wo genau da?«, frage ich angespannt, während ich den Mauler zur Auffahrt lenken.
    »Kann ich nicht genau sagen! Die Drohne kann dort nicht fliegen.«
    »Was? Die beiden Decks sind groß genug um Vierzigtonner dort fahren zu lassen. Früher lief sogar der Güterzug dort durch. Mick, wie viel Platz braucht deine Minidrohne denn noch?« Ich bin mehr verwundert als sauer. Er ist zwar zickig, aber er war bislang immer sehr kompetent. Kein Wunder, Ella hätte mir nie einen Trottel als Vertretung organisiert.
    »Josh, Himmel noch eins, ich heiße Josh! Äh … ich hab mich wohl falsch ausgedrückt. Ich könnte dort schon fliegen, aber wir hätten dann schneller Ärger am Hals, als ich Homeland sagen kann. Seit dem 9.11. sind doch alle Brücken Flugverbotszonen.«
    Ich fluche lautlos.
    »Wir müssen uns wohl aufteilen, Sin.«
    Nikki sagt es, und sie hat recht. Zwei Decks, zwei Jäger. Aber wohl ist mir bei der Sache überhaupt nicht.
    »Gut«, sage ich entschlossen und fahre rechts ran, hinter mir wieder ein Hupkonzert. Wie lange wohne ich jetzt schon in New York, und die Leute haben es immer noch nicht gerafft, dass ich mich weigere, zu blinken?
    »Du nimmst den Dodge.« Schon steige ich aus. Da Nikki keine Trantüte ist, rutscht sie auch sofort auf den Fahrersitz und packt den Griff der Tür.
    »Und was machst Du?«, fragt sie stirnrunzelnd.
    »Natürlich laufen, was sonst?«
    »Die Brücke ist zwei Meilen lang!«
    »Na und, die zwei Meilen laufe ich in drei Minuten, in zwei, wenn keiner im Weg steht.«
    Nikki schaut mich kurz groß an und schlägt sich dann mit der Hand an die Stirn. »Na klar, sorry, hab für einen Moment vergessen, wer mein Partner ist!« Sie zeigt mir den erhobenen Daumen und ich erwidere die Geste. Dann schert sie wieder in den nächtlichen Verkehr ein, ganz langweilig mit Warten, Blinken, Schulterblick – ich seufze leise.
    Als ich sehe, wie sie die Rampe aufs untere Deck hochfährt, springe ich auf die Feuerleiter der Tankstelle neben mir, von dort auf die Überdachung der Zapfsäulen und von da direkt zum Geländer von Deck zwei. Wenigstens eine Minute bevor Nikki ihr Deck erreicht, bin ich schon auf meinem und sprinte den Radweg hinunter. Ich kann nicht so schnell machen, wie ich will, immerhin muss ich nach einer möglicherweise marodierenden Pseudo-Baumgruppe Ausschau halten, aber ich komme weitaus schneller vorwärts, als jedes Fahrzeug.

    Schon mal die Serie Sherlock gesehen, als der Detektiv zu Fuß ein Auto in London verfolgen kann, weil er alle Abkürzungen und Baustellen kennt? Ich bin vielleicht nicht so clever, wie der britische Kollege aus der Literatur, muss ich aber auch nicht sein, denn ich bin dafür deutlich schneller. Oder wie es Ella ausdrücken würde: Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben.
    Ich habe schon die halbe Brücke hinter mir, als ich ein Hupkonzert, dann eine schwere, tiefe Truckerhupe und schließlich das unverkennbare Geräusch eines Massenunfalls im Deck unter mir vernehme. »Kacke! Und Nikki ist da unten mittendrin…«, entfährt es mir.
    »Sin, schnell Du musst da runter!« Die Stimme aus meinem Ohrstöpsel klingt mir einen Tick zu aufgeregt, aber dazu ist jetzt nicht die Zeit. »Bin schon unterwegs, Chick.«
    »Es sollte alle 100 Fuß eine Nottreppe geben.« Ich nicke zustimmend, auch wenn er das nicht sehen kann. Man könnte auch alle 33 Meter sagen, wenn man mit dem metrischen Maß aufgewachsen ist, wie ich. Aber ich habe es längst aufgeben, darüber nachzudenken, warum ein so fortschrittliches Land wie Amerika, an so überkommenen Maßeinheiten festhält.
    »Brauche ich nicht, aber gut zu wissen.«
    Ich springe über die Brüstung, was mir den entsetzen Ruf eines älteren Mannes mit Hund einbringt. »Kindchen, tu das nicht, das Leben hat in Deinem Alter doch erst angefangen!« Lächelnd nicke ich dem Alten zu, tippe grüßend an die Stirn und stürze mich in die Tiefe.
    Aber schon nach sieben Metern sehe ich eines der zahllosen Spannseile, packe zu und nehme den Schwung mit, um mich ins untere Deck zu katapultieren.
    Dort herrscht ein heilloses Chaos. In der Mitte des ganzen Tumultes liegt ein umgekippter LKW. Um den herum und auch darauf hat sich ein höchst mobiles Wäldchen versammelt.
    In Panik schlagen die Schrate mit ihren langen astarmigen Fortsätzen nach allem, was in Reichweite kommt: Autos, Busse, Personen.
    »Josh, NYPD verständigen, R.E.D. Code Orange.«, verlange ich von meinem Partner im Ohr.
    »Geht klar, und was genau erwartet Du von denen?«
    Inzwischen sind wir offenbar beide beim Du angekommen. Ich habe die Förmlichkeiten ja gleich abgelegt, aber Josh meinte irgendwas von professioneller Distanz.
    »Brückeneingänge dichtmachen, aber die Ausgänge offen halten. Und sie sollen auf keinen Fall fliehende Bäume aufhalten. Achja, und verständige das NYFD, kann sein, wir haben demnächst einige kleine Brände auf dem Unterdeck zu bekämpfen.«
    Ich schnappe mir die ersten zwei Schweiß-Fackeln aus meiner Body-Bag und reiße sie an.
    Was mit meinen üblichen Waffen ist?
    Ich bekämpfe doch keinen Wald mit Dolchen oder Kugeln, für wie bescheuert haltet ihr mich denn?

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    2 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (30. November 2018 um 13:00)

  • »Okay, bin da. Viel Geschrei, heilloses Chaos und vor lauter Hupen von weiter hinten, kann ich mein eigenes Wort nicht verstehen!«
    Selbst mit meinem Batmonster-Gehör verstehe ich nur teilweise, was Josh mir da antwortet.
    »… … … … … or Ort. Kannst Du … … … hen?«
    Man wirft mir mitunter Phantasielosigkeit vor, aber ich beweise das Gegenteil, indem ich erahne, was mein kleiner Mann im Ohr mir sagen will.
    »Sehr gut, die Kollegen in Blau und Rot-Gelb. Nein, bisher sehe ich Nikkie noch nirgends, aber hier ist es entweder schlagschattendunkel oder grellhell, weil man in Scheinwerfer schaut. Unsere schratigen Kameraden sehe ich aber sehr gut. Die spielen gerade Capture the Flag auf einem Tanklaster. Ich gehe da mal mitspielen.«
    »Nimm … … ache … ster. … … lie …er, ob … …wo …kie … fi…t!«
    »Spinnst Du? Ich nehme keine Rache am Laster und singe bestimmt auch keine Lieder, wo man einen Trekkie findet. Echt Dick, nimm die Sache gefälligst ernst!«, gebe ich zurück. Mein Grinsen kann er ja zum Glück nicht sehen! Ich und phantasielos, ha!
    Wie ein Parcours-Läufer turne ich über Motorhauben, mache einen Bocksprung über einen Kleinbus und hangle mich ein Dutzend Meter an der Decken-Verstrebung entlang, bis ich beim umgekippten Tanklaster bin. Von oben sieht die Sache leider gar nicht mehr spaßig aus. Gefahrengut Klasse 4, lese ich da. Kacke zum Quadrat. Wenn das hier im Tunnel hochgeht …
    »OB ICH SPINNE?! BEWEG DEINEN BLASSEN ARSCH UND SUCH GEFÄLLIGST AGENT VOLTAIRE, HIMMEL, ARSCH UND ZWIRN!«
    Ob das Hupkonzert leiser geworden ist, weil hier im Umkreis gar keiner mehr hupt, oder Josh gerade eine Selbstmord-Attacke auf meinen Hörnerv gestartet hat, werde ich später klären. Jedenfalls klingelt mir das Ohr gewaltig, doch angesichts der neuen Lageanalyse bleibe ich ruhig.
    »Durchatmen, Josh. Ich mache meinen Job, Du Deinen. Sag dem FD, dass hier ein Klasse 4 Gefahrenguttanker umgekippt ist. Noch sehe ich kein Leck. Ich sehe zu, dass ich die Schrate von hier weglocke.«
    Ich höre ihn durchatmen. Guter Junge. Habe ihn wohl etwas zu sehr genervt. Würde mir vermutlich leidtun, wenn ich wüsste, wie das geht.
    »Alles klar, mach ich. Und entschuldige, wegen eben.«
    »Vergiss das erst mal. Ich lege gleich los. Sind acht Schrate, wenn ich es richtig gezählt habe. Gib mir was zum Tanzen auf die Ohren.«
    »Was? Jetzt? Hast Du sie denn nicht mehr al… «
    Ich ziehe meinen Ohrstöpsel heraus und verstaue ihn in der Jackentasche. Noch mehr Genöle kann ich wirklich nicht brauchen. Während ich auf einem Bus hockend versuche einzuschätzen, wo ich am besten angreife, krame ich nach den Stöpseln für den MP3-Player.
    Da sehe ich Nikkie. Direkt hinter dem Gefahrengut-Truck haben sich zwei Autos verkeilt. Das eine ist leer, doch im anderen, irgend so eine französische Kompaktklasse, sind zwei kleine Jungs und ihre Mutter eingeklemmt. Die Frau versucht die Windschutzscheibe einzutreten. Nette Idee, sieht im Film aber viel einfacher aus, als es ist. Meine Partnerin versucht die Jungs zu beruhigen und den Kofferraum zu öffnen, der halbwegs unverbeult aussieht. Leider kann sie den fünf Meter großen Schrat nicht sehen, der sich gerade umdreht, weil ihn das Rufen und Schreien der Autoinsassen irgendwie dazu anregt. Da ich stark bezweifle, dass ein Schrat irgendeine philanthrope Ader besitzt und nur helfen will, vergesse ich meine Musik und springe mitten zwischen die Baumwesen und lenke ihre Aufmerksamkeit auf mich.
    »Hallo, werte Mobilgewächse. Dürfte ich die edlen Grünwesen höflichst dazu auffordern …«
    Ein astartiger Arm von gut drei Metern Länge und acht Zentimetern Durchmesser hätte mich glatt per Homerun von der Brücke gefegt, aber ich ducke mich schnell zwischen Tank und Kabine.
    Ich darf also nicht. Vielleicht darf ich ja etwas Anderes? Sobald der nächste Arm auf mich zukommt, drücke ich den reversen Todmannschalter und die Schweißflammen meiner Stäbe glühen weiß auf, als ich sie in die holzartige Haut ramme. Schrate haben keine Stimmbänder, also hört man den Schrei nicht, aber die Reaktion ist eindeutig. Das tat weh!
    Mit einem Sprung verlasse ich den Truck und biete mich auf dem Autodach eines verlassenen Prius als Ziel dar, beide Fackeln hoch erhoben, wie dereinst Stanley Goodspeed auf The Rock.
    »Hier bin ich, hirnloses Nachtschattengemüse!« Ich hüpfe und wedle mit den Armen, aber die Reaktion ist nicht ganz jene, die ich erwartet habe. Der Plan war, sie folgen mir in planloser Verfolgungsjagd und ich fliehe in heilvoller, geplanter Flucht.
    Dass tatsächlich jemand einen Austin Mini nach mir wirft, daran habe ich wirklich keinen Augenblick geglaubt! Diese verdammten Schrate beweisen leider gerade, dass sie im Baseball sowohl als Schlagmänner, wie auch als Werfer, eine echte Bereicherung für die New York METs wären.
    Dem Mini weiche ich gerade noch durch gekonntes Mich-Fallenlassen aus, dem GMC-PickUp, der als nächstes auf mich zufliegt, kann ich nur mit großen Augen entgegen starren.
    Da trifft mich etwas von der Seite, stößt mich vom Autodach und gemeinsam landen wir hart zwischen den Fahrzeugen.
    »Au, Scheiße. Ich glaube, ich habe mir gerade den Rücken verrenkt!«
    So sanft ich kann, hebe ich Nikkie von mir herunter, denn niemand anders hat mich gerade davor bewahrt, die nächste Sonderbriefmarke der Monsterjägeredition zu werden.
    »Uff, danke Partner.« Ich hebe kurz den Kopf zwischen den Wagen hoch. Gut, die Schrate sind unschlüssig, was sie nun machen sollen. Vermutlich ist ihr Erfahrungsschatz im Agenten per Autoweitwurf zu jagen noch nicht sehr reichhaltig.
    »Jetzt bin ich aber ernstlich sauer. Das hätte echt schief gehen können!«
    Nikkie grinst mich tapfer an, aber ich sehe, sie geht heute nirgendwo mehr hin.
    »Gut gemacht, Partner.« Ich grinse sinister. » Seitenwechsel - jetzt bin ich auf dem Wurfhügel!«
    Im halboffenen Kofferraum des Wagens, der uns gerade Deckung gibt, sehe ich zwei Benzinkanister. Kurzes Schütteln verrät mir: Beide fast voll.
    Ich schaue auf meine beiden Fackeln, die inzwischen ausgegangen sind, weil ich den Schalter losgelassen habe und dann auf die Kanister.
    Nikkie schüttelt entsetzt den Kopf, aber ich nicke nachdrücklich.
    »Fastball-Time. Warte hier, bin sofort wieder da! Heute gibt's kein Extra-Inning!«
    Während ich in jeden Kanister eine meiner Schweißfackeln versenke, trete ich zwischen den Wagen hervor. »Ihr wollt also die ganz harte Tour?«, schreie ich den Baumwesen entgegen. »Verdammt, warum habt Ihr das nicht gleich gesagt!«
    Ich schwinge den ersten Kanister.

    Wie war das noch gleich: Uuuuund der Pitcher wirft eine Granate. Die Menge ist aus dem Häuschen ...

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (3. Dezember 2018 um 17:54)

  • Ähm ... ist das nicht ein bisschen leichtsinnig von ihr? Was ist in dem umgekippten Laster drin?? =O
    Und die Schrate, die habe ich mir irgendwie ... kleiner vorgestellt. So maximal einen Meter groß. Hab jetzt nochmal vorgescrollt zu der Stelle, an der du sie erstmals erwähnt hast. :hmm: Ich glaube, die Formulierung "ein kleines Wäldchen" hat mir dieses suggeriert. Und plötzlich sind sie fünf Meter groß und haben drei Meter lange Arme! :rofl:
    Unterhaltsam und locker flockig, Tom, wie man es von Sin gewohnt ist. Und Nikki und dieser

    Dick, Mick oder gar Trick

    Rick

    Chick

    oder Josh scheinen auch schwer in Ordnung zu sein. Kann weitergehen. :thumbup:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • »Drei Stunden, Agent. Drei ganze Stunden hat das NY Fire Department gebraucht, um sicherzugehen, dass keine weiteren Brände aufgetreten sind.«
    Carmichael mal wieder, wer sonst? Da schafft man es, durch eine gezielte Explosion wirklich jeden Schrat zu erwischen und durch einen weiteren kleinen Knall, die ganze Bande vor Panik in den East River springen zu lassen, und dann wird herumgekritelt, auf welche Art und Weise, man das schier Unmögliche hinbekommen hat.
    »Agent Alabastra hat aus einer üblen Situation das Beste rausgeholt, Sir. Sie musste etwas unternehmen, immerhin war Agent Voltaire verletzt.«, kommt Beistand aus nicht völlig unerwarteter Richtung. Joshua Jameson ist zwar beinahe einen Kopf kleiner als ich, dafür zwanzig Kilogramm schwerer, aber er besitzt ein natürliches Maß an Eigensinnigkeit und vor allem Stehvermögen, das sich Ella damals erst aneignen musste, als wir gemeinsam hier anfingen. Allerdings ist Josh auch schon Mitte vierzig und sein Leben war bislang alles andere als gradlinig und einfach verlaufen.
    »Nur durch ihr entschlossenes Eingreifen wurde verhindert, dass die Schrate noch mehr Leute verletzt haben.«
    Eugene Carmichael, unser Einsatzleiter, sieht sich nun einer recht neuen Situation gegenüber. Normalerweise gibt es niemand, der für mich Partei ergreift. Sir Drago selten, weil er nur bei ganz Wichtigen Debriefings anwesend ist – kluger Mann – Ella selten, weil sie weiß, dass ich es nicht leiden kann, wenn sie meine Kämpfe für mich austrägt - kluge Frau.
    »Mister Jameson, zu Ihnen komme ich gleich noch.«
    Bei Josh bin ich mir noch nicht sicher, ob ich es akzeptiere, oder ob es mich stört. Eigentlich müsste es mich nerven, andererseits ist mir sehr wohl bewusst, dass nicht ich es bin, die er versucht zu beschützen. Ich hebe die Hand und beide verstummen in ihrem aufkommenden Streitgespräch.
    Beide schauen mich erwartungsvoll an, aber ich grinse nur und verlasse den kleinen VIP-Warteraum im Mercy- General, welchen wir uns organisiert haben.
    »Was ist los?« , fragen beide. »Hast Du etwas gehört?« Das ist Josh. Er sitzt wie auf glühenden Kohlen, seitdem man Nikkie in den OP gebracht hat. Ohne zu antworten, gehe ich weiter und nach einigen Sekunden verstörten Zögerns, was die Streithähne auf wundersame schneller wieder vereint als es ein Donnerwetter von Sir Drago gekonnt hätte, folgen sie mir.
    »Oh, Sie wissen es schon?« Die Frau im weißen Kittel sieht fix und fertig aus. Kein Wunder. Sie war schon ziemlich erschöpft, als Nikkie eingeliefert wurde.
    »Die OP ist gut verlaufen«, antworte ich an ihrer Stelle. »Nikkie ist im Aufwachraum und je einer von uns kann zu ihr. Damit sie ein freundliches Gesicht sieht, wenn sie aufwacht.«
    Die Ärztin blinzelt ungläubig. »Woher? Wie? Das habe ich vor nicht einmal einer halben Minute mit dem Pfleger besprochen.
    Ich zucke eine Schulter. »Ausgezeichnetes Gehör, und ich musste mich ja sonst auf nichts Wichtiges konzentrieren.« Ohne auf Carmichaels sich verengende Augen zu reagieren, schiebe ich Josh zum entsprechenden Raum. Er will zuerst widersprechen, sein Blick geht zu Boden, weil es ihm offenbar peinlich ist. Noch so eine Reaktion, die in mir Unbehagen auslöst, weil ich sie nicht recht nachvollziehen kann.
    »Sie sagte ausdrücklich ein freundliches Gesicht.« Ich zeige in mein Gesicht und deute zu Carmichael, der wie auf Kommando gerade aussieht, als hätte er auf eine Zitrone gebissen. »Freundlich, kapiert?«
    Erleichtert lächelt mein Operator und betritt nach mehrmaligem Durchatmen den Raum. Warum machen sich die Leute das Leben auch immer so verdammt schwer? Ist das Leben nicht schon kurz genug, ohne sich Gedanken über Dinge zu machen, die vielleicht sein oder nicht sein könnten?
    Carmichael schaut mich zuerst prüfend an, dann fällt auch bei ihm der Penny. »Jameson und Voltaire …?«
    Ich grinse kurz und hebe beide Schultern. »Sie werden doch nicht ernsthaft jetzt mich wegen zwischenmenschlicher Beziehungen fragen wollen?«
    Er grinst zurück. »Natürlich nicht. Ich gebe die gute Nachricht an Sir Drago weiter.« Ob er nun meint, dass Nikkie über den Berg ist, oder das sie und Josh eine Liaison haben, ist mir nicht ganz klar. »Aber wir beide reden noch ausführlich über Ihre Aktion auf der Brücke.«
    »Na sicher.«, stimme ich zu, aber wir beide wissen auch, dass hauptsächlich er reden wird und ich dabei mehr oder weniger aus Höflichkeit oder Professionalität im selben Raum bleibe.
    Während er in den VIP-Raum zurückkehrt, zücke ich mein Smartphone auf dem Gang. Gleich zwei Pfleger kommen vorbei, während ich es ans Ohr halte und starren vielsagend hinter mir an die Wand.
    Dort hängt ein stilisiertes Bild von einem Mann, der telefoniert. Das ganze Bild ist von einem Roten Kreis und einem ebenso roten Kreuz darüber überlagert. Ich seufze leise, während ich auf den Aufbau der Verbindung warte und stelle mich drei Meter weiter an dieselbe Wand. Ich sehe zwar wirklich keinen Grund, warum telefonierende Leute dort hinten nicht herumstehen sollten, aber ich habe auch keine Lust mich deswegen zu streiten. Vielleicht ist der Platz ja für etwas Wichtiges reserviert. Wer versteht schon Krankenhäuser?
    »Sin? Weißt Du eigentlich wie spät es ist?« Ella hört sich an, als ob ich sie gerade aus einem Traum gerissen hätte. Vermutlich hat sie, schlaftrunken, wie sie noch ist, vergessen, dass sie ihr Tablett nie außer Reichweite hat und sie daher leicht selbst die Uhrzeit nachschauen kann. Also halte ich eine durchgehende Person auf, frage sie nach der Zeit und antworte dann: »Es ist 4.37 Uhr, Süße. Und jetzt wach mal ganz auf, ich brauche Deine Hilfe.«
    Ich höre sie irgendwie verzweifelt auflachen, aber dann ist sie auch schon bei der Sache. Gutes Mädchen!
    »Also, ich brauche eine Zusammenfassung einer Personalakte, und alles, was Du sonst noch herausfinden kannst. Wie? Ja, klar jetzt. Ich rufe doch nicht um diese Zeit an, wenn ich es erst in drei Stunden brauche. Ich weiß doch, dass Du um diese Zeit sonst schläfst ...«
    Warum sie nun wieder laut seufzt verstehe ich auch nicht.

    Als Josh eine Stunde später endlich den Aufwachraum verlässt, fange ich den Pfleger ab, der Nikkie in ihr Zimmer für die Nacht verlegen will. »Gib mir Fünf Minuten.«
    Er schaut mich an, als wäre würde ich vom Mars kommen. »Bitte.«, füge ich daher nach einem Geistesblitz hinzu und taxiere seinen müden Blick. »Mach doch eine kurze Kaffeepause, Du scheinst es bitter nötig zu haben.
    Der Pfleger blinzelt zweimal. »Ich geh mir mal einen Kaffee holen, bin in etwa fünf Minuten zurück.«
    »Gute Idee«, stimme ich zu, und betrete den Aufwachraum.
    Nikkie sieht irgendwie geschrumpft aus, wie sie im Bett liegt. Aber ihr Blick ist voller Leben und sie scheint trotz frisch überstandener OP am Rücken, ganz guter Laune. Ja, so mag ich meine Partner. Gut drauf und unverwüstlich, wenn schon nicht mit ihren Körpern, so aber wenigstens im Kopf.
    »Hi, Partner.«, grüße ich.
    »Hi, Partner«, grüßt sie zurück. »Josh hat gesagt, Du hast die Schrate im East River versenkt?«
    »Er übertreibt. Das Wasser war ruhig und die Schrate treiben. Wahrscheinlich wurden sie ans Ufer gespült und sind jetzt längst über alle Berge. Könnte mir gut denken, dass sie sich hinter den Nebel zurückgezogen haben, jetzt wo sie gelernt haben, dass New York vor dem Nebel kein gutes Schratgebiet ist.«
    Sie grinst und klopft neben sich aufs Bett. Ich schüttle den Kopf, weil ich die Kuhle gut erkenne, die mein Vorgänger auf dem Platz hinterlassen hat. Eigentlich will sie gar nicht mich dort sitzen haben.
    »Du und Josh also.«
    Nikkie zuckt ein wenig zusammen, aber ich hebe beruhigend die Hand. Dann hole ich das Smartphone und rufe die Zusammenstellung auf, die Ella mir gemacht hat.
    »Joshua Jeremy Jameson, von seinen Freunden meistens Three-J oder Jay genannt. Dreiundvierzig Jahre alt, keine Frau, keine Kinder. Wie es aussieht, schon ewig keine Freundin mehr gehabt. Keine nennenswerte Verwandtschaft. Alle Arbeitgeber haben ihn bislang als zuverlässigen Team-Spieler beschrieben, aber keine Führungspersönlichkeit. War früher Netzwerk-Software-Entwicklungs ... Dingens, bis er mit Kobolden in Berührung kam. Er wollte seinem Therapeuten partout nicht glauben, dass es eine Halluzination war, die seine Serverfarm zerstört hat und ist schließlich bei R.E.D. gelandet. Zuvor hat er alles, was er hatte verloren, weil er arbeitslos geblieben ist und sich der Suche nach weiteren Unnatürlichen Wesen gewidmet hat. Er arbeitet methodisch, ist aber leicht reizbar, allerdings auf die gute Art, weil er sich dann noch mehr einsetzt. Zudem ist er jemand, der mir nicht genug auf den Keks geht, als dass ich es rundweg ablehne, mit ihm zu arbeiten. Ella sagt, das wäre ein Qualitätssiegel, warum auch immer sie das so betont.«

    Nikkie schweigt, schaut mich betroffen an.
    »Was? Dachtest Du, ich werfe nicht einen genaueren Blick auf den Kerl, der offensichtlich meine Partnerin flachlegt, sobald die beiden es auf die Reihe bekommen, dass sie aufeinander stehen?«
    Mit offenem Mund formt sie stumm das Wort flachlegt, dann fängt sie sich wieder. Hat ja lange genug gedauert. Sonst ist sie fixer. Vermutlich die Nachwirkungen der Narkose.
    »Das geht Dich überhaupt … und außerdem ist es verboten. Beziehungen zwischen Agenten und ihren Operatoren sind nicht erwünscht!«
    Ich wische das Gerede einfach zur Seite. »Partner, Du bist ja immer noch halb unter Drogen, wenn Du so einen Stuss redest. Josh wäre beinahe durch den Ohrstöpsel gekommen und hätte mich am Kragen gepackt, als ich seiner Meinung nach, nicht schnell genug zu Dir unterwegs war. Ihr seid ja verrückt, wenn ihr der Sache nicht wenigstens eine Chance gebt. Zudem fällst Du ja jetzt ohnehin eine Weile vom aktiven Dienst aus, oder?«
    Sie verzieht das Gesicht. »Ja, noch einige Wochen hier. Streckverband und so was. Dann Reha. Keine Ahnung, wie lange das gehen wird. Sorry, Partner. Es lief gerade so gut mit uns an.«
    Ich nicke. »Stimmt, aber mach Dir darum jetzt keine Gedanken. Mich wird’s noch geben, wenn Du wieder fit bist, keine Sorge.«
    Ihr Lächeln ist irgendwie ironisch. »Davon gehe ich stark aus.«

    Als ich das Krankenhaus verlassen will, höre ich an der Pforte, wie ein Bericht bei Roxx-News läuft:
    »In den frühen Morgenstunden kam es auf der Queensboro-Bridge zu einem folgenschweren Zusammenprall eines Gefahrenguttransporters mit einem Langholzwagen. Das Holz entzündete sich und musste zum Schutz der Brücke ins Meer geräumt werden. Es kam zu massenhaften Auffahrunfällen, zu leichten Verletzungen und vereinzelten Halluzinationen wegen des austretenden Gases. Eine gesundheitliche Bedrohung für die Bevölkerung besteht aber, laut NYFD, nicht mehr. Die Aufräumarbeiten dauern an. Die Autofahrer werden gebeten, über den Queens-Midtown-Tunnel und die R.F.K- Brücke auszuweichen …«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (5. Dezember 2018 um 12:42)

  • Die Sonne versinkt ganz langsam und der Wasserfall leuchtet in einem magischen Licht, als berge er mysteriöse Geheimnisse, die vor der Welt verborgen bleiben sollen.

    So oder so ähnlich würde Ella die Szene wohl beschreiben. Sie hat diese poetische Ader, die mir abgeht.

    Wir sitzen auf einer Picknickdecke in der Nähe des kleinen Sees in den North Woods des Central Parks und beobachten in einer versteckten Ecke schon eine Weile ein junges Liebespaar, das herum macht. Ella wollte ja zuerst zusammenpacken und gehen, aber ich habe sie einfach in meinen Armen festgehalten und mich nicht gerührt.
    Meine Welt ist im Moment genau perfekt. Die beiden jungen Menschen, die enthusiastisch aber mit wenig Ahnung ihrer Begierde nachgeben stören mich nicht. Warum sollte es, solange die beiden es nicht stört, dass sie ihre Decke genau neben einem Ameisenhügel hingelegt haben?
    »Keine Bange, die verschwinden bald von selbst.«, raune ich meiner Süßen ins Ohr. Sie dreht sich halb um und schaut in mein Gesicht. Meine arglose Mine macht sie allerdings misstrauisch, also runzelt sie ihre Augenbrauen, wie nur sie es kann.
    Ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn und schüttle still den Kopf. Nein, ich habe rein gar nichts damit zu tun. So gut wie fast nichts.
    Also warten wir und genießen die letzten freien Stunden, die wir noch haben. Mir wurden zwei Tage Erholung zwangsverordnet, um irgendwelche Traumata von meinem letzten Einsatz zu überwinden. Sowohl Carmichael als auch Josh haben gegrinst, als die neue Teampsychologin das bei der letzten Sitzung vorgeschlagen und auch durchgesetzt hat. Irgendwie scheint unsre Versicherung zu denken, unser Job wäre extrem stressig und genau dieser Stress würde dazu führen, dass ich mich und meine Umgebung unnötigen Risiken aussetze. Darauf haben Carmichael und Josh sogar lauthals gelacht.
    Ich selbst habe heldenhaft dem Impuls widerstanden der Psychotante eine Suggestion für ihren ganz persönlichen Stresstest einzupflanzen. Aber als ich herauskam, dass ich so bezahlten Urlaub bekomme und Ella sich auch ein paar Tage freinehmen kann, habe ich sehr zerknirscht zugegeben, dass ich vermutlich wirklich etwas überspannt bin und es unverantwortlich wäre, wenn man mich ohne geistige Regeneration wieder auf die Welt loslässt.
    Und daher regeneriere ich nun ausgiebig. Anweisung der Ärztin.
    Genau jetzt fängt die junge Frau an zu kreischen. Er meint, er hat ihr wehgetan und tut sich dabei weh, als sie aufspringt und ihm dabei ihr Knie auf die Nase rammt. Was sie im Einzelnen genau gerade gemacht haben, damit es zu diesem Unfall kommen konnte, überlasse ich euren kreativen Geistern.
    Ella jedenfalls kichert leise und murmelt irgendetwas. Eine kühle Brise kommt auf und ich sehe, wie die Bewegungen der jungen Frau ruhiger werden, während die kleine Biester auf ihrer nackten Haut, und davon hat sie gerade sehr viel, von etwas geheimnisvoll Mysteriösem, was vermutlich vor der Welt verborgen bleiben soll, beruhigt werden und sie sich ohne weitere Bisse zurückziehen.
    Trotzdem scheint die Aussicht auf weitere Bisse dem unmittelbaren Liebesglück im Weg zu stehen, denn sie besteht darauf, jetzt zu gehen. Einen lustigen Hüpftanz vollführend, kleiden die Beiden sich wieder an.
    »Du hast gewusst, dass dort ein Ameisenhaufen ist?« Ella grinst mich an und ich hebe eine Schulter.
    »Die kleinen, fiesen Roten, ja, weiß ich. Genau deswegen sitzen wir auf dieser Seite des Wasserlaufs.«
    Sie lehnt ihren Kopf gegen meine Schulter. »Du kennst Dich hier aber echt gut aus, wie kommt’s?«
    Ich brumme etwas, aber wie so oft genügt ihr diese Antwort nicht. »Na schön, das hier ist unser Platz. Ab und zu komme ich hier vorbei und sehe zu, dass er in Ordnung ist. Kein Müll, keine mordlustige Nymphe, die sich im Teich niedergelassen hat, solche Sachen eben. Kann sein, dass ich den roten Biestern manchmal eine Tube Sirup mitbringe.«
    Sie lacht überrascht. »Echt? Du fütterst sie auch noch?»
    Ich grinse. »Aber sicher doch. Sie sind nützlich. Halten die Gegend von lästigem Ungeziefer und lästigem Geziefer frei, wie Du siehst.«
    »Ich glaube nicht, dass es das Wort Geziefer gibt.«
    »Aber in dem Kontext hast Du verstanden, was gemeint ist, oder?«
    Sie lacht wieder.
    Wir sitzen wieder eine Weile einfach so da. Mehr brauchen wir auch gar nicht, also ich nicht. Während sie sich gegen mich lehnt, kann ich ihren Herzschlag fühlen, sogar hören, wenngleich es nicht das dominierende, fordernd lockende Pochen ist, mit dem ich als Vampirin dieses Geräusch wahrnahm. Im Nachhinein bereitet mir nur der Gedanke daran, dass jemand Ellas Puls so hört, einen festen kalten Knoten im Magen.
    Doch dann fühle ich die Macht, diese arkanistische Energie, welche durch ihren ganzen Körper pulsiert. Sie ist wieder angewachsen und ich habe gesehen, wie beiläufig sie ihr Zauberkunstück veranstaltet hat, um jemand, den sie in der Dämmerung nicht mehr gut sehen konnte, gegen etwas zu helfen, was sie ganz sicher nicht gesehen hat. Nicht mit ihren menschlichen Sinnen.
    »Du kannst ihre Aura sehen, richtig? Die vielen kleinen roten, hinterhältigen Auren der kleinen Biester dort drüben.«
    Ihre blauen Augen schauen zu mir auf. »Ist es so offensichtlich?«
    Ich verkneife mir das Schulterzucken, ruht doch gerade ihr Kopf darauf. »Ich kenne Dich einfach ein bisschen besser, als die anderen.«
    »Die Untertreibung des Jahrhunderts!«
    Wir schweigen wieder minutenlang. Es ist kein peinliches Schweigen. Es geht ohne Reue jeder seinen eigenen Gedanken nach. Es ist diese Art von Synchronschweigen, welches den Teilnehmern Kraft verleiht.
    Dann wird mir bewusst, dass dieser Gedanke nicht nur metaphorisch gilt. Da ist tatsächlich ein Kraftfluss, der zwischen mir und Ella besteht, wie ein unsichtbares Band.
    »Du kannst es fühlen, stimmt’s«, flüstert sie, selbst für meine Ohren kaum hörbar. Ich fühle eher die Vibrationen in ihrer Kehle, als dass ich die Worte höre. Womöglich hat sie sie auch gar nicht gesprochen?
    Ich brumme zustimmend und fragend. Ich weiß, dass sie das versteht. Niemand sonst versteht Sin-Wookie so gut.
    »Das habe ich herausgefunden, als du innerlich verletzt warst. Ich kann Dir Kraft von mir zukommen lassen, wie früher über das Blut. Zuerst musste ich Deine Hände berühren. Seitdem Du wieder gesund bist, reicht schon die Nähe zu dir.«
    Ich kann die Macht richtig fühlen, wie sie ein Reservoir in mir auffüllt, das schon seit vielen Jahren existiert. Vincent hat es damals angelegt, denke ich jedenfalls. Oder er hat es wenigstens begünstigt. Ich hatte viel Zeit, mir darüber Gedanken zu machen und mit Sam, unserem Mitbewohner, vielleicht der älteste Magier unsres Planeten, darüber zu sprechen.
    Lange hatte ich Angst, dass irgendjemand herausbekommt, wie ich das mache, wie Vincent und dann Ella ihre Energie zu mir transferieren konnten. Nicht auszudenken, wenn das Schule macht. Kein Magier wäre mehr sicher. Vor allem nicht die Schwachen. Man würde sie jagen, wie Vampire ihre Opfer, nur dass die ganze Welt die Jäger wären. Keine guten Zahlen. Aber endlich sind wir zum Schluss gekommen, dass es eine einmalige oder zumindest sehr seltene Fähigkeit ist, die soweit uns bekannt, nur ich besitze. Vielleicht, weil ich selbst ein latenter Arkanist bin, obwohl das bei einem Vampir unmöglich sein sollte.
    Was aber niemand weiß, nicht Sam, nicht Drago, auch nicht Ella, ich wurde als Vampir vernichtet. Wurde vollkommen verbrannt, durch eine der mächtigsten Feuerquellen, die diese Welt zu bieten hat. Und ich wurde neu geschaffen, neu erschaffen. Von Vincent, meinem magischen Liebhaber. Der sterben musste, weil sein Körper seine Macht schließlich nicht mehr halten konnte. Der neu geboren wurde. Der nun Ella heißt, die ich nur noch fester an mich drücke.
    Ich fühle, wie ich langsam aber sicher high werde. Magie-Energie hat Ähnlichkeit mit der Lebensenergie im Blut, nur dass sie viel reiner und stärker ist. Ein normaler Menschenkörper wird von ihr zerstört, weswegen sie normalerweise aus ihm einfach abfließt. Vincent erklärte mir damals, dass das Magiergen eigentlich ein Gendefekt sei. Ein toller Defekt. Ein Defekt, der die Erdachse neigen kann, wenn er ausgeprägt genug ist. Viele Magier finden Mittel und Wege mit dem Defekt zu überleben, manche können sogar ganz gut damit leben. Aber manche sind einfach zu stark. Ihre Zeit läuft ab, egal was sie anstellen. Außer, man ist so clever wie Vincent und findet einen neuen Weg.
    Ella fühlt, wie ich sie betrachte. Ist sie auch bedroht? Sie ist sehr stark, das kann ich fühlen. Was sie mir von sich gegeben hat, war bestimmt nur ein Bruchteil. Droht ihr dasselbe Schicksal wie Vincent? War mein ach so schlauer Freund am Ende doch nicht schlau genug, sein eigenes Schicksal zu überwinden? Schnell verberge ich meine Sorge tief im Inneren.
    Für einen Moment gestatte ich mir, ihre Aura zu sehen. Mit genug arkanistischer Energie kann ich das schon lange. Kein schwerer Trick, aber ich bekomme sofort Kopfschmerzen von den zusätzlichen Eindrücken. Wie Magier das auf Dauer aushalten, ist mir ein Rätsel.
    Was ich sehe, ist meine Ella, meine wundervolle, liebenswerte, freundliche und kluge Gefährtin. Eigentlich ist in jedermanns Aura mindestens ein Schatten. Bei vielen ist er wie ein Pilzgeflecht über die ganze Aura verteilt, steckt in jeder einzelnen Nuance, bei manchen sind es kleine Flecken oder sogar nur Punkte. Ich wette, bei mir sind es große Flecken, wie bei einem Jaguar, aber man kann seine eigene Aura nicht sehen. Vielleicht ist das ganz gut so, man könnte es vielleicht nicht ertragen, was man da sieht. Aber Ella braucht sich da nicht zu fürchten. Wenn sie solche Flecken hat, habe ich sie bislang nicht finden können, und ich habe ernsthaft danach gesucht.
    Ich liebe sie und es wird mich umbringen, vermutlich nicht nur metaphorisch. Aber ich werde mein Wort halten, was ich Vincent gab, was ich damit auch ihr gegeben habe. Mein Wort gilt. Sollte sie zu einer Gefahr werden, wie es Vincent am Ende wurde, dann ziehe ich die Reißleine.
    Aber es wird mich ganz sicher umbringen, daran gibt es gar keinen Zweifel.

    »Hör auf damit!«, holt sie mich aus meinen trüben Gedanken.
    Oh ja, das sollte ich, das kann ich! Kein Schatten weit und breit. Und schließlich ist das hier Ella.
    Mit Vinnie hat mich die Abenteuerlust verbunden, unser wildes Wesen. Er konnte es mit der dunklen Vampirin aufnehmen, mit ihr mithalten, wenn sie es mit der Welt aufnahm. Scheiß auf die Konsequenzen, zur Hölle mit Konventionen und zum Teufel mit dem bösartigen Monster, was in jedem Vampir haust. Ich wollte leben, nicht einfach die Jahrhunderte überdauern. Und mit Vincent war das möglich.
    Aber das hier ist Ella.
    Heute will ich nicht einfach leben. Heute will ich lieben, geliebt werden. Ich will mit ihr leben. Ihr denkt vielleicht, als Vampirin war ich besser dran. Unsterblich, fast unverwundbar, schnell und stark und vor allem nicht durch so lästige Gedanken behindert, wie sie mir gerade durch den Kopf gehen.
    Das denken viele. Deshalb entscheiden sich Narren sogar freiwillig für den Weg in den Untod.
    Ihr irrt euch alle! Ich war nie stärker als heute, nie motivierter, wusste mehr, warum ich aufstehe und warum ich mich auf den nächsten Tag freuen soll. Aber vielleicht muss man auch tot gewesen sein, um das Leben richtig schätzen zu können.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    2 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (6. Dezember 2018 um 11:58)

  • Hm, was soll ich denn davon halten, Tom? Hast du eine zu große Dosis Melancholie inhaliert? Das kenne ich ja noch gar nicht, dass Sin so tiefsinnig grübelt. Nicht mal als sie erfahren hat, dass Vincent sich ... nunja, dass sie "ihm" nicht mehr begegnen wird, hat sie solche Gedanken gewälzt.
    Aber dieser Part ist ein tolles Gegenstück zu all den actionlastigen Teilen, in den Sin in gewohnter Manier, die Situation und die darin vorkommenden Antagonisten beherrscht und klärt. Eine melancholische Sin ist wie eine Tasse heißen Tees an einem kalten Winterabend. Einfach mal genießen.

    Spoiler anzeigen

    Sie ist wieder angewachsen und ich habe gesehen, wie beiläufig sie ihr Zauberkunstück veranstaltet hat, um jemand, den sie in der Dämmerung nicht mehr gut sehen konnte, gegen etwas zu helfen, was sie ganz sicher nicht gesehen hat.

    Hier hab ich erst verstanden, dass Ella dem Pärchen geholfen hat. :D Wie nett von ihr.

    Die vielen kleinen roten, hinterhältigen Auren der kleinen Biester dort drüben.

    Gibt es hinterhältige Auren? Hm. Ich würde das "hinterhältig" vielleicht verschieben, vor "Biester".

    Was aber niemand weiß, nicht Sam, nicht Drago, auch nicht Ella, ich wurde als Vampir vernichtet. Wurde vollkommen verbrannt, durch eine der mächtigsten Feuerquellen, die diese Welt zu bieten hat. Und ich wurde neu geschaffen, neu erschaffen. Von Vincent, meinem magischen Liebhaber. Der sterben musste, weil sein Körper seine Macht schließlich nicht mehr halten konnte. Der neu geboren wurde. Der nun Ella heißt, die ich nur noch fester an mich drücke.

    Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das beim LEsen schon mal erfahren hab. Kannst du mir die Stelle mal zeigen, wo Vince gestorben ist? Ich war immer der Meinung, dass sie nie erfahren hat, was wirklich mit ihm geschehen ist. Nur, dass sie ihm eben unerwartet wiederbegegnet ist.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Ich war immer der Meinung, dass sie nie erfahren hat, was wirklich mit ihm geschehen ist. Nur, dass sie ihm eben unerwartet wiederbegegnet ist.

    Ups! Da hast du voll einen Logik-Bug entdeckt, der mir vor lauter Herzschmerz-Schau gar nicht aufgefallen ist!
    Das muss ich echt abändern. Das erfährt sie alles erst noch!

    Hm ... oder auch nicht. Ich suche heute Abend mal die Stellen raus. Bin jetzt auch unsicher!

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • »Agent Alabastra, Sie bleiben bitte noch einen Augenblick. Agent Hidoshi, bereiten Sie sich schon einmal auf den Einsatz vor.«
    Carmichael entlässt den Japaner und ich registriere Erleichterung in der Haltung meines Einsatzleiters. Fragend schaue ich ihn an. Es ist kein Geheimnis, dass wir zwei nicht die besten Freunde sind, aber auch wenn ich den Bürokratenhengst oft liebend gerne zu Salami verarbeiten möchte, achte ich doch seine Professionalität.
    Er macht mir die Geste, mich noch einmal zu setzen, was insofern schon seltsam genug ist, da ich mich sonst nie setze, und er das genau weiß. Gespannt nehme ich Platz.
    Der Ex-NSAler drückt eine verborge Taste am Rand seiner Schreibtischplatte. Nun sind sämtliche Vorkehrungen, magischer wie technischer Art, gegen das ungewollte Mithören Dritter aktiviert.
    Unwillkürlich horche ich auf Beast in meinem Innern, obwohl ich eigentlich wissen sollte, dass er schweigt. Doch Jahrhunderte der Gewohnheit lassen sich nur schwer ablegen und ich muss zugeben, mir fehlt der emotionale Rat sehr, den ich so oft erhalten habe. Ich weiß, man glaubt es kaum, aber in gewissen zwischenmenschlichen Dingen bin ich nicht besonders gut. Gerade, was das Deuten von Gefühlen meines Gegenübers betrifft, fehlt mir dieser Instinkt, den zum Beispiel Ella überreichlich mitbringt. Mir hilft also nur sorgfältiges Beobachten und das Lesen der Mini-Zeichen im Gesicht.
    Eugene Carmichaels Falten um die Augen werden etwas weniger tief und sein Kinn ist nicht mehr so hervorgestreckt, als wäre der Mann bereit, jede Herausforderung entschieden anzunehmen. Er legt nun sogar beide Hände auf den Tisch übereinander. Mir fällt auf, wie alt diese Hände wirken, im Vergleich zum Rest. Die straffe Haltung und der harte Blick verbergen Carmichaels wahres Alter sonst recht gut. Ich muss bei Gelegenheit Ella fragen, wie alt unser Einsatzleiter eigentlich ist.
    »Sie haben es auch bemerkt, oder, Sin?«
    Beinahe verschlucke ich mich. Carmichael hat mich so gut wie noch nie mit meinem Vornamen angesprochen. »Ich fürchte nicht.«, antworte ich ehrlich. »So ein zwischenmenschliches Gefühlsdings, richtig?«
    Er atmet tief durch, seufzt aber nicht, was ich ihm hoch anrechne.
    »Das habe ich beinahe befürchtet.« Er reibt sich seine Hände und seine Augen schauen sich unwillkürlich im Zimmer um, als suche er nach einer Bedrohung.
    »Was ist los, Eugene!« Ich benutze absichtlich auch seinen Vornamen. Der Mann ist so nervös, beinahe ängstlich, wie ich ihn nie erlebt habe.
    »Es ist Agent Hidoshi. Dieser Mann hat keinerlei Moralempfinden.«
    Ich runzle die Stirn. »Soweit ich weiß, ist Hidoshi ein Samurai der alten Schule. Sagte nicht sogar Sir Drago beim letzten Meeting, dass seine Ehrbegriffe eisern seien und er daher glaubt, dass der Japaner mit mir perfekt harmonieren würde? Er hat ihn doch extra deswegen aus unserem Asian-Büro einfliegen lassen.«
    »Ehre, das ist so eine Sache, Sin.« Er beugt sich etwas zu mir hin. »Was wissen Sie eigentlich genau über Sir Drago?«
    Ich schüttle überrascht den Kopf. Wo kommt denn die Frage nun wieder her?
    »Ich bin nicht von der NSA zu R.E.D. gewechselt, wie alle glauben und das ist ganz gut so. Ich wurde als Verbindungsmann hierherbeordert. Inzwischen bin ich schon viele Jahre hier, doch ich will, dass Sie wissen, dass ich schon der vierte Regierungsbeamte bin, der diesen Posten ausfüllt.«
    Ich wünsche mir in diesem Moment, noch mehr als sonst, Ella an meiner Seite.
    »Ok, Drago ist also etwas älter, als er wirkt. Aber warum erzählen Sie mir das?«
    Er lacht, aber es ist freudlos. »Drago ist einer der Guten, nach allem, was ich inzwischen weiß. Ich schätze ihn sehr, mag ihn sogar, aber ich kenne auch die Grenzen, die uns und ihn trennen. Eine davon ist die Sicht auf die Loyalität eines Mitarbeiters.«
    »Zu mir war er nie illoyal. Ich finde sogar, dass er ausgesprochen fair ist. Geben wir es für einen Moment ruhig zu, ich bin bestimmt nicht die einfachste Angestellte der Welt.«
    Sein Lachen ist nun echt. »Gut gesagt, warum habe ich nur kein Aufzeichnungsgerät mitlaufen? Doch Spaß beiseite. Er schätzt Loyalität über alles. Für einen loyalen Mitarbeiter würde er seine ganze Macht in die Waagschale werfen, um ihn zu schützen.«
    »Und das ist schlecht, weil …?« Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Carmichaels Problem liegt.
    »Weil er Leuten vertraut, nur weil diese loyal sind.«
    »Ok, das ist natürlich furchtbar. Wie kann er nur!« Ich schüttle noch verwirrter den Kopf. Was ist nur in meinen Einsatzleiter gefahren? Ich verstehe ihn noch weniger als sonst.
    Nun seufzt er doch und knetet erneut seine Hände. »Hidoshi ist seinem Kodex treu und R.E.D., insbesondere Drago. Aber er hat kein echtes Mitgefühl. Sie erinnern sich sicher, wie ich Sie wiederholt dazu aufgefordert habe, die Gefühle ihrer Mitmenschen zu achten und dass sie versuchen sollen, guten Willen und gute Absichten anzuerkennen, auch wenn die Resultate daraus oft alles andere als gut sind?«
    Ich nicke einfach und befolge dabei seinen Rat. Zwar hat er es mir immer wieder vorgebetet, aber es war eher Ella, im gewissen Maße auch unsere Mitbewohner Sam und Moses die mir wirklich beigebracht haben, um was es genau dabei geht. Dabei habe ich ganz nebenbei gelernt, dass zu wissen, wie etwas sein sollte, noch lange nicht bedeutet zu wissen, wie man das auch hinbekommt. Aber es schadet vermutlich nicht, wenn Carmichael meine Bemühungen in der Richtung als seinen Erfolg verbucht.
    »Gut. Und hier unterscheiden Sie sich grundlegend von Hidoshi. Der verneigt sich dann immer leicht und behält seine neutrale Mine bei. Aber ich sehe doch, was er dabei denkt!«
    »Sie können Gedanken lesen?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich kenne diese Art von Haltung. Ich habe viel zu oft mit solchen Leuten zu tun gehabt. Das sind Leute, die man schickt, wenn eine Sache getan werden muss, weil sie solche Dinge tun, wenn man ihnen sagt, dass es notwendig ist.«
    »Ok, und nun nochmal: Das ist schlecht, weil …? Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, was ich früher getan habe. Sie könnten also sagen, dass ich auch diese Art Leute bin, die man schickt.«
    Er schüttelt den Kopf. »Oh nein. Nicht einmal zu ihren schlimmsten Zeiten, und glauben Sie mir, Ihr Akte nimmt drei Schubladen in unsrem Archiv ein. Es war nicht leicht, aber unsre Analysten haben Einiges über Sie und Ihre Taten in den letzten Jahrhunderten zusammengetragen. Niemand kann sie irgendwohin schicken, ohne dass Sie es wollen.«
    Da kann ich nur grinsen. Er hat so verdammt recht.
    »Sie sind der schlechteste Soldat der Welt, Sin, sie sind überhaupt kein Soldat. Befehle sind für Sie doch bestenfalls richtungsweisende Anregungen.« Er schnaubt, aber ich meine zu hören, dass das eher gewohnheitsmäßig, als aus tiefstem Herzen ist.
    »Und, warum bin ich dann überhaupt hier?«
    »Weil Sie ein Krieger sind, Sin. Sie kennen den Hauptunterschied zwischen einem Soldaten und einem Krieger?«
    Ich hebe eine Schulter.
    »Der Soldat hat einen Auftrag, der Krieger eine Mission.«
    Nun seufze ich. »Na schön, ich bin also ganz toll.« Er verdreht die Augen, ich verdrehe die Augen. Und schon wieder einmal sind wir uns einig. Das wird langsam zu einer beängstigenden Angewohnheit.
    »Und worauf genau wollen Sie nun hinaus. Soll ich Hidoshi im Auge behalten, dass er nicht das Korn mit dem Unkraut herausreißt?«
    Ich sehe seinen überraschten Blick. Was? Natürlich kenne ich die Bibel auch! Kacke noch eines, das war lange das einzige Buch, das man überall bekommen konnte! Wo soll Frau denn sonst das Lesen lernen?
    Er lächelt knapp. Ihm wird wohl gerade wieder bewusst, dass ich in einem völlig anderen Zeitalter meine Grundbildung erworben habe.
    »Nein, Sin. Ich will, dass Sie auf sich selbst aufpassen. Haben sie Augen im Rücken, besonders wenn sie denken, Hidoshi deckt ihn.«
    Nun bin ich wirklich alarmiert. »Aber Sie sagten doch, er wäre Drago loyal. Und Drago ist mir gegenüber loyal. Warum sollte Hidoshi mich hintergehen?«
    »Weil, Agent Alabastra, «, ah, wir werden also wieder förmlich, »die Samurai Vampire als Verstoß gegen die Ordnung der Welt ansehen und gnadenlos ausmerzen. Daher gibt es in Japan nahezu keine, dafür aber sehr mächtige Vampire. Man könnte fast sagen, die Samurai züchten unabsichtlich nur die stärksten Exemplare heran.«
    »Ich bin aber keine Vampirin mehr. Diese Zeiten sind vorbei.«
    »Und da, Agent, unterscheiden Sie Ihre Ansichten noch einmal grundlegend von denen Agent Hidoshis. Die Taten als Vampirin lastet er Ihnen weiterhin an, vermutlich glaubt er nicht einmal daran, dass Sie tatsächlich wieder vollkommen menschlich sind.«
    Womit der Samurai vollkommen richtig liegt, aber ich unterbreche Carmichael nicht.
    »Er hat zwar die Anweisung mit Ihnen zu arbeiten, aber es mag gut sein, dass seine Loyalität und Ehre es ihm gebietet, seinem Herrn Drago dieses Geschwür vom Hals zu schaffen … und gegebenenfalls dann demütig die Strafe dafür zu empfangen. Was Ihnen natürlich dann wenig nützt, und Miss McElroy genauso wenig.«
    Zuerst will ich die Schulter zucken, denn mit einem Samurai werde ich doch wohl noch fertig. Aber als er Ella ins Spiel bringt, verenge ich die Augen.
    »Er würde Ella nichts tun!«
    »Das wohl nicht, aber was würde aus Miss McElroy, wenn Sie nicht mehr da sind?«
    Mein Mund wird trocken. »Was sagen Sie da?«
    »Natürlich sind da noch ihr Lehrer Mr. Ghost und sein Partner, Mr. Moses. Sie würden selbstverständlich versuchen, Ihre Aufgabe zu übernehmen, Agent. Aber wir wissen beide, dass Miss Ella zu Ihnen eine ganz, sehr besondere Beziehung hat, und das nicht erst, seit sie zusammen sind.«
    Ich schieße vor, packe seinen Kragen und ziehe sein Gesicht ganz nahe an meines.
    Erstaunlicherweise bleibt er ruhig, obwohl ich sicher bin, dass meine Augen gerade bösartig leuchten, wie die des Terminators im Rage-Modus.
    »Woher!?«, mehr muss ich gar nicht fragen.
    »Sie kennen die Wächter, oder?«
    Verärgert lasse ich ihn los und wir setzen uns beide wieder. »Sie gehören also auch zu diesen selbsternannten Guardians of the Galaxy?«
    Er hebt amüsiert beide Augenbrauen. »So nennen Sie uns? Irgendwie bin ich fast geschmeichelt.«
    Ich frage mich, ob er tatsächlich die Filme kennt, auf die ich mich beziehe, aber behalte meinen fragenden Blick bei.
    Er nickt schließlich. »Ja, ich gehöre zu denen, welche die Mächtigen im Auge behalten.«
    »Und«, stelle ich die entscheide Frage, »warum sagen Sie mir das?«
    »Weil Sie auch eine von uns sind.«
    Ich lache verächtlich. »Oh nein, ich gehöre nicht zu Eurem Verein. Nur weil ich Euch machen lasse und ab und zu helfe, gehöre ich noch lange nicht dazu. Ich kenne ja nicht einmal den geheimen Handschlag!«
    Nun schüttelt er den Kopf: »Es ist nicht so, als dass es bei uns Aufnahmeriten gibt. Wir haben auch keine Satzung oder einen Codex. Nun ja, der innerste Kreis vielleicht, aber da haben Leute wie wir ohnehin nichts verloren.«
    »Ich.Bin.Kein.Wächter!« Langsam werde ich ernsthaft wütend. Diese Knilche haben die schwarzen Männer auf meinen Liebhaber gehetzt. Diese Kerle haben mich beinahe auf dem Gewissen. Der einzige Grund, warum ich nicht auf sie Jagd mache ist, dass sie tatsächlich versuchen die Welt vorm magischen Kollaps zu bewahren. Vincent hat mir viel darüber erzählt. Ich kann akzeptieren, dass es dabei mitunter zu Fehlentscheidungen kommt. Ich bin zum Glück nicht lange nachtragend. Aber zu denen gehören? Im Leben nicht!
    »Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt. Es ist nicht, als ob man in einem Club eintritt, keine bewusste Entscheidung. Es ist eine bestimmte Grundhaltung.«
    »Das könnt Ihr aber nicht machen! Ihr könnt nicht einfach beschließen, dass jemand zu Euch gehört!«
    »Sin …«, aha, wir sind wieder beim Du? »Das hat nur ein Einziger beschlossen: Du selbst.«
    So ein Schwachsinn! Wütend stürme ich aus seinem Büro.
    Draußen wartet mein neuer Partner. Sollte der sich nicht fertig machen? Hat er was mitbekommen?
    »Was hatte Superintendant Carmichael noch zu sagen?«
    Ah, das ist also sein Titel? Oh, stimmt ja, steht sogar an der Tür. Gut, dass ich erst acht Jahre hier arbeite. In zehn wäre es mir bestimmt aufgefallen.
    »Was? Schwachsinn natürlich, völlig abgedrehter Bullshit! Wie es zu erwarten war!« Ich schimpfe und es kommt aus tiefstem Herzen.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich der Japaner entspannt. Nun erst bemerke ich, wie er seine linke Hand zeigt, die zuvor sorgsam verdeckt war.
    »Geh schon mal vor … Partner. Ich muss noch Ella anrufen!«
    Er mustert mich noch einmal prüfend, wie ich mein Smartphone zücke.
    »Hey, Ella. Süße, ich wollte mich nur noch schnell bei Dir melden. Nacht? Ja klar, es ist Nacht. Du weißt doch, dass ich fast immer die Nachtschicht mache …«
    Als Hidoshi endlich um die Ecke verschwunden ist, betreibe ich noch etwas Smalltalk und mache damit sogar beinahe Ella sauer. Schließlich höre ich den Japaner, wie er mit Miller von der Waffenwartung spricht.
    »Schatz, hör mir bitte genau zu. Du musst für mich zu jemand Kontakt aufnehmen …«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    4 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (11. Dezember 2018 um 19:35)

  • »Sin, Hidoshi. Das Werrattenrudel ist definitiv in dieser Lagerhalle.«

    Wenn Josh das sagt, stimmt es wohl auch, auch wenn ich mir trotzdem lieber selbst ein Bild gemacht hätte. Aber er ist ein Virtuose mit seinen Drohnen und mittlerweile sind wir viel zu eingespielt, als dass ich sein Urteil oder gar seine Fähigkeiten ohne guten Grund in Frage stelle.
    »Drei Eingänge.«, stellt der Japaner knapp fest und nickt mir zu, während er sich schon in Bewegung setzt.
    Es ist unser dritter Einsatz. Bisher verlief alles gut, sogar besser als gut. Mit seinem Dotanuki, einer alten, schweren Version des viel bekannteren Katanas, ist er ein echter Künstler, der sogar mir Respekt abnötigt. Zudem ist er unglaublich schnell und, wenn ich die Wucht seiner Treffer mit meinen vergleiche, vielleicht sogar stärker als ich. Wie er das schafft, ist mir bisher ein Rätsel. Reines Training kann es wohl nicht sein, obwohl, wann immer ich ihn außerhalb eines Einsatzes treffe, er in irgendeiner Weise damit beschäftigt ist, sein Können zu vervollkommnen. Bisher war er allen Kampfsituationen ebensogut gewachsen wie ich, nur an seinem sozialen Umgang muss er noch arbeiten. Aber ich nehme an, in Japan wäre ich es, die sich erst noch einfinden müsste.
    Er ist still und fokussiert und lässt mich mein Auto fahren. Smalltalk ist nicht seine Sache und bislang hat er so gut wie nie über sich gesprochen oder mich ausgefragt. Wäre da nicht Carmichaels Warnung, Hidoshi wäre der perfekte Partner.
    Während der Japaner zum Hof mit der Laderampe eilt, begebe ich mich zur großen zweiteiligen Schiebetür an der Front der Halle. Der stille Japaner bevorzugt es lautlos einzudringen und sich in Position zu bringen. Ich bin zwar auch nicht unbedingt die Frau, die durch die Vordertür marschieren muss, aber es macht mir auch nichts aus.
    Daher schiebe ich das eine Tor soweit auf, dass ich gut darin stehen kann und das Mondlicht im Rücken einen langen Schatten in die Halle werfe.
    Betont langsam ziehe ich meine beiden Krummschwerter aus den Rückenscheiden. Erschrockenes Gemurmel quittiert meinen Auftritt als hinreichend eindrucksvoll.
    Schon höre ich die ersten Quiek-Geräusche, wie ich sie von verwandelten Werratten kenne. Ich mache mich bereit. Werratten sind einzeln keine Gefahr für mich. Selbst drei oder vier nehme ich nicht als echte Bedrohung wahr. Doch hier sollen es angeblich über ein Dutzend sein, einige davon noch ganz frisch verwandelt und daher vermutlich hungrig.
    Man darf mich nicht falsch verstehen. Ich habe nichts gegen Werwesen im Allgemeinen, und selbst die etwas widerwärtigen Werratten dürfen von mir aus leben und lieben, wie es ihnen Spaß macht. Wo ich ins Spiel komme ist, wenn sie Leute verwandeln, die gar nicht verwandelt werden wollen, einfach um ihre Rudel aufzufüllen. Dass bei Werratten, anders als zum Beispiel bei Werwölfen, nahezu jeder die Verwandlung überlebt, ist dabei keine Grund Gnade walten zu lassen.
    »Ok. Mein Name ist Sinistre. Ich gehe davon aus, dass mich zumindest die Älteren kennen. Ich sage das hier nur einmal. Ich will den Idioten haben, der seit letztem Vollmond haufenweise Leute verwandelt. Wenn der Rest mir verspricht, brav wieder im Untergrund zu verschwinden, muss das hier kein Schlachthaus werden!«
    Natürlich rechne ich nicht wirklich damit, dass man mir den Schuldigen ausliefert. Er ist vermutlich der Boss oder einer seiner Günstlinge im Rudel. Aber man muss es zumindest versuchen. Viele der versammelten Werratten haben ihr Schicksal nicht freiwillig gewählt, aber sie müssen dem Ruf des Rudels trotzdem folgen und ich werde keine Wahl haben und sie dann abschlachten.
    Stille schlägt mir entgegen. Ich erwarte zwar keine Antwort, aber wenigstens einen Angriff und sei es einen geworfenen Stein. Aber gar keine Reaktion ist schon enttäuschend.
    Ich konzentriere mich.
    »Du hast gesagt, sie kommt herein und fällt über uns her. Dass wir Pitfuzz ausliefern können, hast Du gar nicht gesagt?«
    Ich runzle die Stirn. Was soll denn das?
    »Halt den Mund, abscheuliche Kreatur. Sie hat doch ein hervorragendes Gehör! Begebt Euch gefälligst in Stellung.«
    Obwohl er flüstert, erkenne ich den Japaner.
    »Josh …?«, versuche ich meinen Operator zu erreichen, aber der Kontakt zu ihm ist unterbrochen. So ein Zufall!
    »Hey, Hidoshi. Was ist mit der vielgerühmten Ehre der Samurai? Hast Du nicht den Mut, Dich mir zu stellen. Musst Du Helfershelfer anstellen, um Deine Kämpfe zu führen?« Meine Stimme hallt laut und deutlich durch die Lagerhalle.
    Ich trete zwei weitere Schritte hinein, auch wenn ich mir fast sicher bin, was dann passieren wird.
    Und richtig, ein Motor wird in Gang gesetzt und das Tor schließt sich hinter mir. Mit einem schweren metallischen Geräusch, rasten Schlösser am Boden und nahe der Decke ein: Falle zugeschnappt.
    Ich grinse.
    »Du meine Güte. Soll ich es wirklich sagen, oder wäre das Zitat nur Perlen vor die … Ratten?«
    Das Licht ist schummrig, beinahe zu dunkel für mich, aber ich habe inzwischen natürlich an diesem Defizit gearbeitet, was mich seit Kurzem ein wenig behindert.
    » Vidu en la mallumo.« - im Dunkel Sehen -, sage ich halblaut. Vermutlich kann ich den Trick auch bald, ohne dass ich die Worte brauche, bei meinem Kurzteleport geht das ja auch. Aber Ella hat darauf bestanden, dass ich fürs Erste diese Krücke benutze. Als Sprache habe ich mir Esperanto ausgesucht. Kennt kaum einer, ist aber vielen Sprachen, die ich schon kenne, ziemlich ähnlich. Latein war mir zu albern, klingonisch wäre zwar cool, aber ich kann keinen Zungenbrecher bei einer ohnehin nicht ganz leichten Sache brauchen. Sam hat mir sogar grinsend Sindarin vorgeschlagen, da habe ich ihm auch etwas vorgeschlagen, nämlich wohin er sich ihn stecken kann, seinen Vorschlag.
    Sofort ändert sich meine Sicht grundlegend. Nicht ganz so natürlich wie früher, dafür um etliche Grade besser, erkenne ich nun Wärmestrahlung und das restliche Licht ist mehr als ausreichend um alle Konturen in deutlichen Grauabstufungen zu erkennen.
    Ich zähle acht Wärmequellen, die auf vier Beinen gehen, vier weitere aufrecht. Drei davon stehen dichter zusammen, der Vierten zugewandt. Das muss Hidoshi sein.
    »Ok, Leute. Damit es auch ist, wie es sein soll, hier kommt es:«
    Sogar das leise Streitgespräch der Werratten mit Hidoshi unterbricht.
    »Ihr denkt vielleicht, ich wäre hier mit Euch eingesperrt. Falsch! Ihr seid hier mit MIR eingesperrt!«
    Ich verneige mich leicht, bin aber enttäuscht ob der mangelnden Begeisterung, die man meiner Darbietung als Jackie Earle Haley alias Rohrschach entgegenbringt.
    »Ach, kommt schon Leute, so schlecht war ich auch nicht! Kein Applaus, kein Lacher? Na schön, kommen wir zum ernsten Teil der Nacht.«
    Ich stelle mich in die Mitte der Halle, deute mit meinem linken Dolch der Reihe nach auf jeden Einzelnen, damit auch jeder genau weiß, dass ich ihn sehen kann.
    »Wer in zwanzig Sekunden noch in der Halle ist, überlebt die Nacht nicht. Zwanzig, Neunzehn, Achtzehn, Siebzehn …«
    Ich bin noch nicht einmal bei Sechzehn angekommen, als alle Wärmequellen bis auf eine über die Laderampe verschwunden sind.

    »Du bist jetzt sicher sehr zufrieden mit Dir, Vampirin!«
    Der Japaner tritt ebenfalls in die Mitte der Halle, sein schweres Schwert locker über der Schulter.
    »Für Dich ist das alles nur ein Witz, oder? Wir Sterblichen, ein Witz. Unsere Kämpfe, ein Witz. Unsre Werte, ein Witz!«
    Ich lockere meine Schultern. Er will zuerst reden? Gut, reden wir eben, bevor wir uns umbringen. Darauf wird es hinauslaufen. Also stecke ich meine rechte Klinge weg und finde dann in meiner Jackentasche das kleine Gerät, was ich nun einschalte.
    »Und jetzt kommt wieder das albernen Ritual. Du nimmst einen zufällig ausgewählten Song, um deinen Spaß am Töten noch zu erhöhen?«
    So langsam geht der Kerl mir aber auf den Geist.
    »Zufällig? Du Kretin, das ist eine Best-Of-Sammlung. Zufällig! Tztz.«
    Er knurrt. »Schon wieder Spott? Nimmst Du überhaupt irgendetwas ernst, Vampirin? Wirst Du immer noch grinsen, wenn ich Dich in Stücke schneide und die Reste in den Sonne verbrennen lasse?«
    »Jetzt mach mal einen Punkt, du dämlicher Möchtegernrächer der Menschheit. Ich bin schon eine Weile kein Vampir mehr. Nur weil ich die Nachtschicht bevorzuge, heißt das nicht, dass mich die Sonne erschreckt. Es ist einfach nur so, dass ich Nachts viel besser bin, als die Meisten anderen, die R.E.D. schicken kann.«
    Er lacht verächtlich. »Einmal Vampir, immer Vampir, egal mit welchen Tricks Du es verstecken willst. Willst Du leugnen, dass Du Dutzende Menschen auf dem Altar Deines Blutdurstes geopfert hast?«
    Unwillkürlich muss ich ihm applaudieren, für diese Wortwahl. Er hat seine Rede wohl schon lange einstudiert, immerhin ist Englisch nicht seine Muttersprache. Es ist zwar Unsinn, was er da redet, aber eine gute Vorbereitung weiß ich zu würdigen.
    »Duzende? Das dürfte nicht einmal nahe dran sein. Wohl eher Hunderte.«
    »Du gibst es also selbst zu, dass Du ein Monster bist?«
    Ich zeige meine Zähne. »Aber meine Opfer, die ich für Blut umbrachte, waren Kinder- und Frauenschänder, Massenmörder und im Allgemeinen solche Arschlöcher, ohne die die Welt besser dran war. Ich sage nicht, dass ich nicht ab und zu mal einen Unschuldigen erwischt habe, aber ich habe es vermieden. Leute, die ich nicht ausdrücklich töten will, sterben auch nicht durch meine Hand. Das ist eine Frage der Professionalität. Sag mir, Samurai. kannst Du das auch von Dir sagen. Wie viele Kollateralschäden hat es bei Dir schon gegeben, wie viele Leute sind schon unter deinem Schwert gefallen, nur weil Du sie als Opfer mit den Tätern zusammen angetroffen hast?«
    Das Schwert schnellt von der Schulter, als der Samurai sich in Stellung begibt. Ich habe da wohl einen Nerv getroffen? Oh ja, darin bin ich ziemlich gut, dafür gibt es viele Zeugen.
    »Ich morde nicht, Vampirin. Ich erlöse. Anders als Dich, leiten mich ehrbare Ziele.«
    Ich lache, doch ehrlich, ich lache lauthals. Wenn die Sache nur nicht so furchtbar traurig wäre.
    »Weißt Du, Japaner, ich habe mal eine Weile ein paar Idioten gejagt, weil sie in mein Territorium eingedrungen sind. Im Nachhinein schäme ich mich fast, dass das der Grund dafür war. Aber diese Trottel dachten ganz genau wie Du. Sie erlösen die Welt.«
    Er starrt mich wütend an.
    »Es waren Spinner, die an eine Reinheit des Volkes glaubten, hatten zwei S auf ihren Schulterklappen und einen Totenkopf auf dem Mützchen. Hielten sich doch tatsächlich für ein Geschenk an die Welt. Ich glaube, zu denen hättest Du gut gepasst. Anders als denen gebe ich Dir aber noch eine Chance.«
    Hidoshi spuckt mir vor die Füße. »Spar Dir Deine vorgetäuschte Moralität. Alle anderen kannst Du täuschen, aber nicht einen Samurai!«
    Ich seufze. »Junge. Ich werde Sir Drago sagen, er soll Dich wegsperren. In einen Raum mit freundlichen, gedeckten Farben und dicken, gummiverkleideten Wänden. Und er soll Dich erst wieder raus lassen, wenn die Zombie-Apokalypse über uns hereinbricht. Mit den entsprechenden Drogen kannst Du dort ein tolles Leben in Deiner eigenen kleinen Nazi-Welt führen. Oder aber, wir fangen jetzt endlich an. Mir wird nämlich langsam kalt, ich will nach Hause und nach dem ganzen Gesülze brauche ich etwas Geistvolleres, wie einen Late-Night-Porno oder sowas.«
    Ohne ein weiteres Wort geht der Japaner auf mich los.

    Kacke, ist der schnell!

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Oha, jemand Neues. Ein Japaner. Ein schneller noch dazu. Und sein Schwert musste ich mir gleich mal bei Youtube anschauen. Starkes Teil.
    Ja, da hatte Carmichael wohl recht mit seiner Warnung und Sin hat gut daran getan, das zu beachten. Jetzt bin ich mal gespannt, worum es in dem Gespräch mit Ella ging. Hat Sin einen Joker? :hmm:
    Kann weitergehen. Ich will sehen, war der Mensch draufhat! :thumbup:

    Spoiler anzeigen

    Ich nicke einfach und befolge dabei seinen Rat dabei.

    … und gegebenenfalls dann dafür demütig die Strafe dafür zu empfangen.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Das Langschwert des Japaners ist auf dem Weg zu meinem Kopf, bevor ich auch nur einen halben Schritt machen kann. Also tue ich das, was man als Messerkämpfer niemals gegen ein Schwert macht: Ich halte meine kleine Klinge zur Parade leicht nach vorne gekippt und stoße sie der großen Klinge entgegen.
    Der Treffer erschüttert meinen Arm, meine Hand wird fast taub dadurch, aber meine winzige Parierstange hat gehalten. Schnell wechsle ich den Dolch in die Rechte, bevor er mir entgleitet.
    Mitleidig tritt der Japaner einen Schritt zurück. »Ich habe mehr erwartet, und Dich nennen die Alten die unbesiegte Kriegerin.« Verächtlich nimmt er wieder Grundstellung ein.
    Ich huste überrascht einmal, aber dann habe ich mich wieder im Griff. »Deine Alten haben wohl nicht ganz so genau mitgezählt.«
    »Du wirst sie nicht schmähen. Nicht die Alten!«
    Mit diesem, mir völlig unverständlichen Satz, springt er auf mich zu, das Schwert hoch erhoben. Ich gehe leicht in die Hocke und kreisle einmal um mich selbst und zur Seite. Als der Hieb wie erwartet fehlgeht, stoße ich zu. Treffer.
    Ich habe die Rippengegend des Japaners erwischt, aber ich bin auf massiven Widerstand gestoßen. Der Arsch trägt doch tatsächlich eine Art Kettenhemd? Mit einem Knurren, eher empört als schmerzlich, weicht Hidoshi zurück, denn mein Dolch zuckt schon wieder. Klar, ein Kettenhemd ist übel, aber mein Dolch ist spitz.
    Erstaunt sehe ich, wie geschmeidig er immer noch agiert. Wenigstens seine Rippen sollten geprellt sein, vielleicht sogar angebrochen. Und noch etwas fällt mir auf. Die Wärmeverteilung in seinem ganzen Körper ist seltsam, überaus seltsam. Viel Zeit mir darüber Gedanken zu machen, bleibt mir aber nicht. Denn nun macht er ernst. Hat er zuvor den schnellen Sieg gesucht, treibt er mich nun vor sich her, seine gewaltige Schlaglänge nutzend.
    Ich habe alle Hände voll damit zu tun, um außer Reichweite zu bleiben und muss zusätzlich auf dem unbekannten Terrain aufpassen, nicht zu rutschen oder gar zu straucheln.
    Normalerweise ermüden Schwertschwinger viel schneller als Dolchkämpfer, aber auch nach einem guten Dutzend Schwüngen geht dem Japaner nicht einmal im Ansatz die Puste aus. Ich bin bereit darauf zu wetten, dass sogar sein Puls eher wegen des Zorns auf mich, als wegen der körperlichen Anstrengung so hoch ist. Und er nutzt seine Ortskenntnis gnadenlos aus. Immer mehr treibt er mich in die Enge und ich finde einfach keine Lücke, in die ich stoßen kann. Ich spüre wie meine Muskeln vorzeitig ermüden, kein Wunder, ich komme einfach nicht in den Kampf. Kein Rhythmus, kein Auf und Abwallen von Angriff und Verteidigung, nur Flucht vor dem scheinbar unbezwingbaren Großschwert.

    Natürlich ist mir klar, dass sich eine Niederlage zuerst im Kopf abspielt. Und genauso selbstverständlich kenne ich meine große Stärke: Meine grandiose Siegesserie. Über die Jahrhunderte glaube ich nicht nur, ich weiß, dass ich am Ende einen Weg finde zu siegen. Immer. Nun ja, fast immer. Ein ganzes Gräberfeld könnte ich alleine füllen, voller Toter, die meine Klingen am Ende doch noch gefressen haben, obwohl es zu Beginn ganz und gar nicht danach aussah.
    Ein weiterer Schwinger, verdammt tief angesetzt und ich weiche aus, zu kurz! Ich spüre einen brennenden Schmerz an der Hüfte. Beinahe will so etwas wie Panik in mir aufkommen.
    Doch dann ist da diese Musik. Ganz leise nur, der Japaner hört sie offensichtlich nicht. Er ist zwar schneller als ich, vielleicht, kräftiger ganz bestimmt, aber meine Sinne sind seinen immer noch weitaus überlegen.
    Zwei Takte des bekannten Bass-Riffs, der von Smoke on the Water über I will rock you bis Highway to Hell eine Menge der besten Hits untermalt, dann hat der Beat meine Beine erreicht.
    Wie von selbst finden meine Füße ihre Stellung, meine Arme bringen den Körper zurück ins Gleichgewicht, meine Schultern wippen leicht im Takt. Die Hüfte brennt weiterhin, aber kein Grund deswegen das Handtuch zu werfen, nur eine nachdrückliche Mahnung, etwas besser aufzupassen.
    »Oh, would you like to be in charge, don‘t wait for troops and march.«
    Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Hidoshi verzögert misstrauisch seinen nächsten Schwung.
    »There will be many open doors. You just have to looking for.«
    Ohne zu zögern werfe ich meinen Dolch. Es ist dieser Unterarmwurf, den wirklich wenige perfekt beherrschen. Zu meinem Glück gehörte ich noch nie zu den Vielen.
    Automatisch reißt der Japaner seine Klinge zur Parade hoch, und ich muss wieder einmal seine Schnelligkeit bewundern. Eigentlich hätte der Dolch seinen Hals, direkt beim Schlüsselbein treffen sollen, wo in der Regel kein Kettengeflecht Schutz bietet, man will sich schließlich nicht den Hals wund scheuern. Ihm gelingt es, die Klinge abzulenken und so fügt sie ihm nur einen Schnitt über die komplette linke Wangenseite zu, bevor sie im Dunkel der Halle verschwindet.
    »Black Rain is falling, black pain is calling!« , singe ich etwas übermütig meinen Lieblings-Hass-Song mit, als ich auch schon nach vorne schieße. Noch während ich springe, ziehe ich den anderen Dolch.
    Schwer treffe ich mit der Schulter die Oberschenkel des Samurais. Auch der brutal in meinen Rücken gehämmerte Schwertgriff kann nicht verhindern, dass wir beide zu Boden gehen. Physik ist Physik ist eben Physik, da hilft nicht einmal Magie – einer von Ellas Lieblingssprüchen, nicht meiner. Auf solche tiefsinnigen Weisheiten käme ich nie im Leben von alleine.
    Noch einmal stößt er mit seinem Schwertgriff in meinen Rücken, doch natürlich bin auch ich gepanzert. Ganz besonders im Rücken. Wenn man mir schon sagt, ich soll ganz besonders auf ihn achten!
    »Black Raiiiin, black paiiiin!«, singe ich herausfordernd zu dem unmöglich schrillen Gitarrensolo, was mir auch heute in den Ohren schmerzt. Es ist so Nerven zerfetzend, so aufwühlend, so arrhythmisch, so bekannt!
    Mein Krummdolch findet dieselbe Stelle, die ich bereits getroffen habe, wie von selbst. Natürlich, tut er das. Gab es daran jemals Zweifel? Zwei harte Stöße und ich bin durch die Panzerung. Der dritte Stoß bringt selbst den zähen Japaner dazu, endlich mit den nervigen Schlägen auf meinen Rücken aufzuhören.
    Er weicht zurück und tritt mit beiden Beinen aus. Dem kann ich unmöglich ausweichen, also tue ich das nächstbeste und kassiere den Treffer bewusst und mit Anstand.
    Drei Meter weiter hinten lande ich auf meinem Hinterteil und krümme mich vor Schmerz. Solche Tritte in den Unterleib schmerzen nicht nur Männer. Dieser verdammte Japaner muss ein Maultier in der Ahnenreihe haben!
    »When faith comes to you
    Japsend komme ich auf die Beine.
    Stöhnend erhebt sich der Samurai.
    »You know, what do to!«
    Und wie ich das weiß:
    Ich blinzle!
    »Black rain!« Ich tauche hinter dem Japaner auf, der sich gerade über sein Schwert rollen will um es dabei aufzunehmen. Beinahe will ich sehen, ob ihm das irre Kunststück mit dem Anderhalbmetersäbel gelingt. Aber da der Junge womöglich im Stande ist, das tatsächlich fertigzubekommen, trete ich ihm kompromisslos die Beine mit einer blitzsauberen Beinsichel weg.
    Zum zweiten Mal heute Nacht kracht der Japaner ziemlich unelegant zu Boden.
    Ich tänzle zurück, mustere ihn.
    »Black pain!«
    In den Ohren das grauenhafte kratzende Gequietsche des Solos, fallen mir noch einmal die ungewöhnlichen Wärmemuster des Japaners auf. Manchmal scheinen sie an bestimmten Stellen heller zu werden, manchmal wirkt er fast wie ein gewöhnlicher Mensch. Zum Beispiel jetzt, während er sich aufrappelt, wirkt er beinahe tapsig, im Vergleich zu seiner sonstigen Eleganz. Als er endlich steht und die Kampfstellung eines Karate-Kämpfers eingenommen hat, blinken bestimmte Muskelgruppen auf, als wären sie Leuchtdioden.
    Ich stelle mich ebenfalls leicht versetzt auf, eine Grundstellung jeder Nahkampftechnik, sieht man von den verschiedenen Arten des Ringens ab. Aber obwohl er kräftiger ist, als ich, spielt er diesen Vorteil nicht völlig aus. Ich beginne mich zu fragen, warum.
    Da ich nun mal nicht aus meiner Haut kann, hebe ich die immer noch etwas taube Linke an und winke ihm mit den Fingern zu, doch anzugreifen.
    Was denn? Wenn man schon nicht Bruce Lee sein kann, dann kann man wenigstens so tun, als ob!
    Der Japaner sucht meinen Blick. Zu seinem Zorn und seinem moralischen Überlegenheitsdünkel hat sich ein weiter Kampfgenosse hinzugesellt, den ich auch nach hunderten Kämpfen immer mit Befriedigung bemerke: Zweifel.
    Seine Muskeln beginnen im Infrarotbereich zu blinken, hauptsächlich in seinen Beinen. Einer Ahnung folgend gehe ich tief in die Hocke und entgehe so beinahe lässig dem Roundhouse-Kick, von Fachleuten auch Chuck-Norris-Giri genannt. Nein, ich habe so gut wie keine Ahnung vom Karate, aber ich fände den Namen einleuchtend.
    »In the darkest hours night
    Ich stütze mich seitwärts auf meinen Armen auf und trete nun ebenfalls aus. Der Volltreffer gegen Knie und Schienbein wird von einem vernehmlichen Knirschen gefolgt.
    Er taumelt, das verletzt Bein versagt und knickt ein.
    »You die or have to fight. Black Rain …« Die Musik wird leiser, fast unhörbar.
    Langsam erhebe ich mich und schaue den Japaner ruhig an. Er weiß es, ich weiß es. Er hat verloren, ich habe gewonnen, mal wieder. Das muss ihn ja gewaltig anpissen.
    Doch warum sieht er nicht so aus, als wäre er geschlagen? Ich meine, klar, ich schätze Mut und Kampfgeist, aber er ist ein Profi, so wie ich. Kein Grund auch noch seine Würde zu verlieren.

    Er lacht mir ins Gesicht, immer noch kniend, mühsam seinen Schmerz in Zaum haltend.
    »Du denkst, Du hast gewonnen. Du denkst, die Untoten triumphieren erneut?«
    Ich seufze. Manchen kann man einfach Nichts beibringen, auch nicht mit einer heftigen Tracht Prügel.
    »Hidoshi«, wage ich einen letzten Versuch. »Du blutest aus der Seite, wahrscheinlich habe ich deine Lunge erwischt. Dein Knie ist hin und egal, wie schnell und stark Du bist,« Ich blinzle und tauche zwei Meter hinter ihm auf und stelle demonstrativ meinen Fuß auf sein Dotanuki. »ich mache Dich in diesem Zustand fertig, wann und wie ich es will. Gib auf.«
    Er ruft etwas auf Japanisch, denke ich jedenfalls. Dann schaut er mir direkt in die Augen. Weg ist der Zweifel und hat einer schon irren Gewissheit Platz gemacht. »Aber auch Du bist geschwächt. Du hast Deinen einzigen Zauber schon zweimal genutzt. Wie oft noch, bis es Dich umbringt? Einmal, zweimal?«
    Erstaunt und ein winziges Bisschen besorgt, runzle ich die Stirn. So ganz unrecht hat er nicht, aber viel Wichtiger, woher weiß er davon?
    Noch einmal ruft er, wieder auf Japanisch. Sein Blick geht zur Hallendecke und auch ich sehe dort hoch. Es ist unter der Decke so dunkel, dass selbst mein Restlichtsehen nichts erkennt. Wärmequellen hat es dort oben jedenfalls … oh?
    Etwas fällt von der Decke. Eine schwarz gekleidete, vermummte Gestalt. Sie schlägt auf den Boden auf und wird, wie eine Puppe, einige Male herumgeschleudert und bleibt in einiger Entfernung liegen. Ein metallisches Klappern folgt eine halbe Sekunde später.
    Der Japaner und ich schauen verblüfft dem einschneidigen, völlig geraden Kurzschwert nach, was schon provozierend langsam ins Dunkel kullert.
    Ich schaue mir den Toten an, die Wärmesicht zeigt mir erstaunlich wenig Blut für einen Absturz aus zwölf Metern, aber er ist definitiv noch nicht sehr lange tot.
    »Wie konntest Du? Und die Anderen?« Der Japaner hat seinen Schmerz völlig vergessen und steht fassungslos auf einem Bein und starrt den Toten an.
    Dann fallen weitere Körper von der Decke. Eins, zwei, drei und noch einer. Alle gleich gekleidet. Ninjas.

    »Ninjas? Echt jetzt? Du hast Dir tatsächlich eine Mörderbande mitgebracht. Arbeiten wir nicht beide für dieselbe Firma? Was würde Sir Drago davon halten, dass Du Dich mit Meuchlerabschaum abgibst? Immerhin hat er mich persönlich eingestellt, das sollte Dir doch etwas sagen.«
    »Du weißt nichts über meinen Herrn, blutleere Schlange.«
    Ich verzichte darauf ihn erneut darauf hinzuweisen, dass ich genauso sterblich bin wie er. Gut, im Moment vielleicht nicht, da er dem Sterben deutlich näher ist, so wie in mir langsam die kalte Wut hochkommt.
    »Seine Weisheit ist aus einer Zeit, die manchmal der modernen Welt nicht gerecht wird.«
    Ich zucke die Schulter. Ausreden. Ich erkenne Ausreden. Ich hasse sie bei Anderen. Ich hasse sie bei mir selbst.
    Beinahe ist nun an mir, auszuspucken. Aber ich bin ein Profi. Es persönlich zu nehmen, ist nicht hilfreich. Schon gar nicht, wenn ich die Informationen bedenke, die mir Hidoshi unabsichtlich hat zukommen lassen.
    Ich hebe das Schwert auf, schaue den Japaner einen langen Moment an, und schlage es dann mit aller Wucht seitwärts gegen einen Stahlträger. Beinahe höre den Todesschrei der Seele in der alten Klinge als sie zerbricht, aber das wäre nun wirklich sehr gefühlsduselig, oder?
    Der Blick des Japaners wird stumpf.
    Da endlich, er hat aufgegeben.
    »Wie hast Du das gemacht?«, Er schaut wieder zu den Toten.
    Ich schaue zur Decke. »Edge, Du kannst rauskommen. Die Sache ist gelaufen!«

    Mit offenem Mund sehe ich, wie unfassbar elegant eine Frau eher herunter schwebt, als dass sie springt. Ganz in Rot und Schwarz, ganz in Kunstleder und Seide, die hellbraunen Haare zu einem straffen Zopf gebunden, das helle Gesicht vornehm geschminkt, ganz wie eine Königin. Eine Königin der Vampire!
    Beiläufig wischt sie einhändig eine App vom Schirm ihres Smartphones. Die Musik verstummt nun völlig, als sie das Gerät nonchalant in der Gesäßtasche verschwinden lässt.
    »Edge schickt Grüße, meine Liebe. Aber er kann keine Mitarbeiter von R.E.D. umbringen. Er hat seiner einstigen Schülerin dahingehend sein Wort gegeben, wie Du vielleicht vergessen hast? Also hat er mich gebeten, an Seiner Stelle zu kommen. Und wie Du siehst, ich bin da.«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    • Offizieller Beitrag

    Das mit dem Japaner fand ich interessant. Hätte gerne noch was länger halten können, bis der Bruch kommt. Halt das der Leser selber Zweifel aufbauen kann und dann entscheidet ob er dem Samurai vertraut oder nicht.
    Was mir nicht so gut gefallen hat, ist das der Japaner einfach aus dem nichts kam, wie schon die zwei anderen Helfer.
    Es fühlt sich irgendwie so an, als ob du die alle abarbeiten willst.
    (Ganz kurz zum ersten, dem seal. Welcher superausgebildeter Soldat läuft bitte so in einen Raum und ballert da um sich? Das ist doch Grund Ausbildung. Und da dürfte der schon meilenweit drüber sein.)

    Das Ende des Parts kann ich noch nicht beurteilen. Da will ich erst mal wissen wie es weiter geht. Weil von dem Ninja fight da oben hat man ja null was mitbekommen.

    Letzte frage noch. Der gefahrengutwagen... hats den nicht zerfetzt, als Sin da die ganzen Sachen in die Luft gesprengt hat?

    Ich hoffe die eine, die mit Josh zusammen ist/sein will. Kommt wieder. Ich hätte mich in erstaunlich wenig Zeilen schon an sie gewöhnt gehabt.