Samain Kelly, p.d. (Bd.1-3)

Es gibt 95 Antworten in diesem Thema, welches 36.024 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (10. August 2019 um 11:19) ist von Tom Stark.

  • Hi Tom :)
    Hättest ruhig sagen kännen, dass du einen 2. Teil aufgemacht hast XD
    ich wundere mich als warum es nicht weiter geht XD
    So hier die ersten drei Teil :)
    (Ich hab noch was zu erldeigen, Rest folgt nachher :) )


    Spoiler anzeigen

    Solche Fragen an die Zukunft, zumal so geplant und so weitreichend (Komma) kann man einem Tier nicht stellen.

    In der Regel sind sie zufrieden (Komma) wenn der aktuelle Sein-Zustand (Ist-Zustand) zufriedenstellend ist.

    Hey, Chris Hemsworth als Thor,

    :love: :heart: :love: :heart:

    bevor oder nachdem er uns die Schädel einschlägt, natürlich. (Punkt weg)«, war Mos belustigte Erklärung.

    Bei Fragen an Alo wenden XD

    von allen ihren Feen und Elfenkräften abschirmte

    Feen- und Elfenkräften

    »Einverstanden, unsere Schulden bleiben bestehen und wir haben, was wir haben.«

    ohmann ... XD

    Ich stellte mir vor, wie (sie) betont lustvoll stöhnte,

    Sie war etwas größer als ich und von schlanken aufrechten Wuchs.

    schlankem, aufrechtem

    wie eine dunkle fixe Idee, die aus der Tiefe unsererschlimmsten Ängstw (Ängste) geboren wird.

    Ich trat zur Tür von AnatolsBüro

    Antonovs Büro

    Kommi folgt noch :)

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • so der Rest :)

    Doc das war einfach ihr normaler Tonfall,

    Doch

    Das wäre aber ganz sicher niemand je passiert

    niemandem

    Hui da geht's ja zur Sache und dem Entsetzen von Sam und der Mutter nach zu urteilen, hängt Sam jetzt noch tiefer drin, als vorher schon... wäre sie mal so klug gewesen und hätte nein gesagt ... X/
    Anyway, es bleibt spannend und Sam's Mutter ist echt seltsam ...
    Irgendwas wollte ich noch sagen ...
    Vielleicht fällt es mir noch mal ein XD

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • @Miri erst einmal vielen Dank mal wieder für Deine Mühe

    Beim Überfliegen meiner Texte ist mir aufgefallen, dass viele Wörter zusammen geschrieben sind, die ich bestimmt nicht so geschrieben habe. Ich vergesse ja vielleicht ein oder zweimal in der Hektik ein Leerzechen, aber so gehäuft wie das auftritt, liegt das an etwas Anderem. Wenn ich später Zeit habe, gehe ich nochmal über die Texte und ziehe auseinander, was nicht zusammengehört ...
    Komische Sache.

    Tiefer drin als zuvor? ^^ Du hast ja gar keine Ahnung!
    Natürlich bin ich persönlich froh, dass sie nicht nein gesagt hat, worüber hätte ich den sonst schreiben sollen? Aber ich verstehe auch Deinen Punkt und Sam würde Dir vermutlich zustimmen.

    Es wäre aber noch seltsamer, wenn eine über 1600 Jährchen alte Druidin nicht seltsam wäre, stimmt's?

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (30. Juli 2015 um 13:01)

  • ohja klar kein Problem ^^
    Ich lese das Zeug hier ja gern ^^

    Was die Leerzeichen angeht, bist du nicht der einzige. Schau mal in die Schmiede, da ist nen Thread zu dem Thema und auch wegen den Spoilern :)
    Ansonsten rate ich dir denn BBCode (links oben das kleine Quadrat) zu aktivieren bevor du deine Texte einfügst. Klappt bei mir und Kyelia zumindest ganz gut :D

    Und ohje ... das klingt Unheil verheißend und jetzt freue ich mich noch mehr auf den nächsten Teil ^^

    Und LOL ... 1.600 Jahre ... wie alt ist Sam eigentlich genau?

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Ich habe die Handlung etwas in die Vergangenheit versetzt, sonst könnte Sam ja nicht ihre ganzen Abenteuer aus der Retrospektive erzählen. Vielleicht spielen die Stories gerade um 2010 herum.
    Sie war damals, als es sie in die Anderwelten verschlagen hat kurz nach ihrer Polizei-Akademie, also schätzungsweise um die 24 Jahre alt.
    In der Erden-Welt sind dann zwei Jahre vergangen,während sie "weg" war und seitdem sie "zurück" ist, noch einmal etwas über 2 Jahre.
    Also dürfte sie laut Geburtsurkunde offiziell etwa 28 Jahre alt sein.
    Da sie aber in den Anderwelten geschätzte 20 Jahre verbracht hat, dürfte ihr persönliches Chronometer knapp 50 Lebensjahre anzeigen.

    Sehr gute Frage. Hatte mir noch gar keine großen Gedanken darüber gemacht.

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (30. Juli 2015 um 13:06)

  • Mum vs. Mo

    Das Tatoo war gestochen scharf und man konnte deutlich drei Krähen in einem keltischen Knoten erkennen. Es war nicht größer als meine Handfläche und unverkennbar das Zeichen der Morrigan. Auch wenn ich nicht Mums Erfahrung hatte, schien sich die Magie des Zeichens, und es hatte davon eine ordentliche Portion intus, harmonisch in meine Aura einzufügen. Das passte so gar nicht zu meiner Vorstellung eines Sklavenmals oder eines Besitzerzeichen. Aber nun verstand ich Mums Vorwurf, ich hätte mir das freiwillig machen lassen. Trotzdem fühlte ich mich weder gebannt noch gefesselt, oder gar an Morrigans Willen und Befehle gebunden.

    »Nein, bis gerade eben hatte ich davon keinen Schimmer.« Mum war mit meiner Antwort nicht glücklich, das war ihr anzusehen, aber ihr Zorn schien nun nicht mehr mir zu gelten.
    »Wie konnte sie es wagen. Wie konnte sie es WAGEN!«
    Bei mir setzt für einen Moment das Herz aus. Verdammt, war Mum sauer! Ich wollte jetzt wirklich nicht in Morrigans Haut stecken. Doch sofort änderte ich besorgt meine Ansicht. Mo war immerhin eine Gottheit und auch wenn sie mit mir bislang überaus nett umgegangen war, war Freundlichkeit eigentlich keines der Attribute, die man gemeinhin mit ihr in Verbindung brachte. Sie galt im Gegenteil als launisch, hinterhältig und vorsätzlich fies. Ok, sie sollte auch gerecht sein, in ihrem Zorn, aber ich würde generell nicht darauf wetten, dass jemand ausgerechnet im Zorn seine gerechte Ader entdeckt, wenn es ihm sonst Spaß macht andere zu piesacken.

    Wie aus dem Nichts, wie auch sonst, stand sie auf einmal da in ihrer grusligen Kutte, aus deren Kapuze nur zwei goldgelb leuchtende Augen starrten. Sie hatte jedoch auf ihre mindestens so grusligen Krähen und ihren Speer, Stab oder die Sense verzichtet, die sonst zu ihrem Accessoires zählten. Dafür war ich aus vielerlei Gründen dankbar. Zum Einen wären mit Krähen und Sense mein Büro zu klein für zwei so große Egos geworden, was es vermutlich ohnehin war. Zum Anderen hoffte ich, dass das Fehlen einer Waffe Mum signalisierte, dass Mo zum Reden gekommen war.
    Ich hoffte es jedenfalls ganz fest, dass sie nur dazu gekommen war.
    »Du solltest nicht Dein Kind schelten, alte Wetterhexe, denn Sie wählt ihre Freunde mit Bedacht!«
    Beinahe hätte ich mich verschluckt und nur unter Aufbietung aller Kräfte und unter Verlust einiger Tränen, war es mir möglich, nicht laut los zu prusten. Alte Wetterhexe? Hatte sie das gerade wirklich gesagt?
    Morrigans Stimme hatte düster geklungen, aber obwohl wir uns noch nicht so lange kannten, erahnte ich, dass sie nicht wirklich wütend sondern in Streitlaune war. Sie hatte mir anvertraut, dass sie sich gerne stritt, besonders wenn das Gegenüber wie ein Löwe seinen Standpunkt verteidigte. Das hatte mir bei unserer ersten Begegnung auch ihre Sympathie eingebracht. Schlug sich der Andere tapfer, verteilte sie sogar manchmal eine Belohnung, die eine weite Spanne vom Weiterleben ihres Streitgegners bis hin zu einer echten Gefälligkeit haben konnte.
    Sie haben sich nicht verlesen. Jemandem das Leben zu schenken ist für Mo keine große Sache, es ihm zu nehmen allerdings auch nicht. Vergessen Sie niemals, dass sie eine Göttin ist, auch wenn es mir manchmal irgendwie entfällt - dumme Druidin!
    »Nicht schelten? Zuerst ignoriert sie meine Warnungen, dann kehrt sie sich von ihrem Weg ab und das Nächste, was ich höre, ist dass irgendjemand ihr einen Dämonenfluch geschickt hat.«
    Die Neuigkeit mit dem Fluch nahm Morrigan mir ein wenig zu gefasst auf. Ha! Ich hatte es geahnt, sie hatte etwas gewusst!
    »Natürlich bin ich aufgebracht! Und jetzt erfahre ich auch noch, dass Du sie gezeichnet hast, gegen ihren Willen!«
    »Moment, jetzt aber mal langsam mit Deinen Vorwürfen, Druidin. Ich habe gar ihr nichts gegen ihren Willen angetan!«
    Mum stemmte die Arme in die Seiten: »Behauptest Du jetzt auch noch, meine Tochter würde lügen?«
    Man kann sich gar nicht vorstellen, wie stolz ich in diesem Augenblick war. Meine Mum stellte sich vor mich gegen eine Kriegsgöttin mit einem wenig gnädigem Ruf.
    Morrigan runzelte ihre Stirn und zu der Spannung in der Luft, gesellte sich Todeskälte. Mum hatte sich wohl einer Grenze gefährlich genähert, hoffentlich noch nicht überschritten.
    »Mäßige Deinen Ton, Wettermeisterin!«
    Um Morrigans Gestalt zogen sich die Schatten zusammen und ich hörte das Krächzen dieser grusligen Krähen.
    Doch die Erzdruidin wäre keine Erzdruidin gewesen, hätte sie das zum Rückzug bewegt.
    »Fang keinen Kampf an, den Du nicht gewinnen kannst, Des Síd!«
    Angriffslustig wie zwei Straßenkatzen standen sie sich gegenüber und es hätte mich gewundert, wenn ihre Nackenhaare sich genauso gesträubt hätten.
    Tödlich leise, Mo hatte wohl inzwischen den Spaß an der Streiterei verloren, fauchte sie zurück: »Sobald ich einschreite, sind die Kämpfe beendet. Überschätze nicht Deine Rolle, Druidin!«
    Diese zog ihre Augenbrauen zusammen, bis sie einen einzigen Strich darstellten. »Und Du brichst bestehende Verträge, Gesetze, die auch Du nicht einfach ignorieren kannst, wie es Dir passt.«
    »Ich war dabei, als diese Gesetze vereinbart wurden, ich brauche ganz gewiss keine Belehrung von einer Sterblichen!«
    »Glaube ja nicht, dass Du damit durchkommst. Und Dein Plan über meine Tochter an mich heranzukommen, wird Dir auch noch leidtun!«
    Mit einem Mal kam in mir dieser Zorn hoch, unter dessen Einfluss man früher keltischen Kriegern nachgesagt hatte, dass sie darunter nahezu unbesiegbar waren. Bei den Wikingern nannte man das Berserkerwut, keine Ahnung wie man das bei den Walisern nennt. Ich war vielleicht nicht gerade kulturell keltisch auf der Höhe, aber wenn die Hälfte deiner Gene von einer waschechten Keltin stammen, genügt das offenbar:
    »Was zum Teufel, glaubt Ihr, was das hier werden soll? Ihr kommt hier in MEIN Büro, ohne Anmeldung wie ein Überfallskommando. Und dann fangt Ihr an Euch über MICH zu streiten, als wäre ich gar nicht anwesend?«
    Mum wollte mich zurechtweisen, aber ich hob anklagend den Finger.
    »Und Du. Jahrelang hast Du mich ignoriert und jetzt erwartest Du dass ICH zu DIR komme? Es war wohl für die große Druidin zu viel verlangt, sich selbst einmal nach mir zu erkundigen?«
    Morrigan versuchte leise einzuwenden: »Kleine Druidin, ganz so war das ni ...«
    »Jetzt rede ich mit meiner Mutter! Was mischt Du Dich denn da ein? Überhaupt, was sollte diese miese Aktion? Alle Register der Verführungskunst zu ziehen?! Mit mir kann man es ja machen, wie? Und mir dann dieses Zeichen verpassen, als wäre ich irgend ein Rindvieh und wir auf der Ponderosa! Wer glaubt Ihr beiden eigentlich, wer Ihr seid?!«
    Mos Blick, den ich eigentlich unter allen Umständen meiden müsste, wenn ich mich mit ihr anlegte, war amüsiert und ein wenig verwirrt. Ich nehme an, mit Bonanza konnte sie nichts anfangen.
    »Also wenn Ihr zwei Euch jetzt an die Gurgel gehen wollt, nur zu. Aber nicht meinetwegen und lasst mir gefälligst mein Büro stehen. Die Miete ist immerhin schon für ein halbes Jahr im Voraus bezahlt!«

    Ich warf beiden noch einmal einen wütenden Blick zu, registrierte den entgeisterten Blick meiner Mutter und das Zucken von Morrigan, die wohl gerade einen Lachanfall unterdrückte oder vor Wut kochte, das war mir in diesem Augenblick auch einerlei.
    »Ahhhh!« Mit einem frustrierten Hände-in-die-Luft-werfen stürmte hinaus und warf die Tür hinter mir zu.
    An die Treppe erinnere ich mich gar nicht mehr. Irgendwie war ich über die Straße gekommen, ohne einen der hupenden Autofahrer anzuschnauzen und im Stadtpark gelandet.
    Vor meiner Lieblingsbank, mit dem perfekten Ausblick auf den Zentralpark-See, der eher den Namen Dorf-Teich verdient hätte, kam ich wieder zu Sinnen.
    Hatte ich gerade wirklich die höchste Druidin der westlichen Hemisphäre und was noch schlimmer war, meine Mutter, vor einer Kriegs/Todes-Göttin heruntergeputzt?
    Und war es wirklich ich gewesen, der eben jene Gottheit im Beisein einer konkurrierenden Druidin zur Schnecke gemacht hatte?
    Eigentlich hätte ich spätestens jetzt in die Hosen machen, oder wenigstens angemessen erschrocken sein müssen.
    Stattdessen lachte und lachte und lachte ich.
    Es kamen Leute vorbei und warfen mir irritierte Blicke zu, was mich jedes Mal auf Neue in einen Lachkrampf verfallen ließ.
    Irgendwann, völlig erschöpft, mit vor Tränen durchnässtem T-Shirt, war ich auf die Bank gesunken. Immer wieder schüttelten mich Nachwehen meines Anfalls und ich musste wirklich wie eine Irre gewirkt haben, so wie man mich leise kichernd dort sitzen sehen konnte.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (31. Juli 2015 um 00:50)

  • Also erstmal: Cooles Profilbild ^^

    Dann weiter: Fehler habe ich keine gefunden, was aber daran liegen mag, dass es ein besonders gutes Kapitel war ^^
    Sehr amüsant, ich musste auch grinsen und jetzt verstehe ich den Witz mit der "Puder-Rosa-Ranch" in Schuh des Manitu auch mal XD

    Sam gefällt mir und ich hoffe, dass das mit dem Sklavenmal(?) auch noch in die Reihe kommt ... klingt jetzt nicht soooo verlockend ...

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Im Park

    Irgendwann hatte ich mich wieder soweit im Griff, dass mir die mögliche Tragweite meines Wutausbruchs klar geworden ist. Ich hatte Mo gerne, ganz egal, was die Legenden über sie aussagten und ich hatte auch Mutter gerne, ganz egal was ich über sie sagte, und die Legenden über sie, die ich kannte, wurden ihr ohnehin nicht gerecht.
    Überhaupt habe ich den Verdacht, dass die meisten Legenden Propaganda sind, die man bewusst in Umlauf gebracht hat. Ich denke, sie sind einfach nur Klatsch und Tratsch oder sogar bewusste Werbekampagnen, die man nur deswegen halbwegs ernst nimmt, weil Redewendungen wie »vor langer Zeit« oder »man erzählt sich hinter vorgehaltener Hand« darin vorkommen.
    Wenn ich hingehe und behaupte: »Man erzählt sich hinter vorgehaltener Hand, dass vor einer halben Stunde der Premierminister nackt über den Piccadilly Circus gerannt ist und dabei sind 1000 Krähen in den Himmel aufgestiegen«, dann glaubt mir das kein Mensch.
    Wenn ich dasselbe über Morrigan und ein antikes Schlachtfeld erzähle, hält man es zumindest für möglich. Gut, das Traurige daran ist, dass es womöglich sogar der Wahrheit entspricht. Wir Kelten gingen früher pudelnackt in die Schlacht - kein Witz - und warum hätte ausgerechnet eine der keltischen Gottheiten schlechthin, bekleidet da auftauchen sollen? Die Sache mit den Klamotten hat sich erst seit den Römern und dann den Christen eingebürgert. Angesichts der doch eher mild-feuchten Temperaturen in Wales und den immer zahlreicher werdenden von Mac Donalds geformten Körpern, bin ich über diesen kulturellen Beitrag der Römer nicht unglücklich.

    Während ich mir ausmalte, was Mum oder Morrigan mir als Strafe für meine Aufmüpfigkeit aufbrummen würden, sah ich im Teich eine Undine, die zwischen den Enten und den beiden Schwänen mit Wasser-Bläschen spielte und ganz eindeutig einen besonders prächtigen Enterich neckte. Nach eine Weile wurde es dem Entenherrn zu dumm und er flüchtete sich an Land, von wo aus er die verspielte Nymphe ausschimpfte.
    Die Wasserfee kicherte, sah mich und winkte mir zu, bevor sie sich wieder in die Tiefen ihres kleinen Reichs zurückzog.
    »Ein Feentor ausgerechnet im Stadtteich von Swansea, quasi direkt vor meiner Haustür, wer hätte das gedacht?«
    »Was hast Du geglaubt, wie Deine Mutter so schnell hierher kommen konnte?«
    Beinahe wäre ich vor Schreck aufgesprungen. Schwer atmend hielt ich mir die klopfende Brust.
    Neben mir auf der Banklehne saß eine jener Krähen, von dieser großen, leicht gerupft aussehenden Art, mit den grusligen roten Augen, die für mich unverwechselbar zu Morrigan gehörten.
    »Bah ... hast Du mich erschreckt! Krächze das nächste Mal wenigstens zur Vorwarnung. Hat Morrigan Dich geschickt um nachzusehen, wo sie mich findet, sobald sie beschlossen hat, wie sie mir den Hintern versohlen will?«
    Die Krähe legte ihren Kopf schief und betrachtete mich neugierig. »Den Hintern versohlen? Eine wirklich nette Idee. Darauf kommen wir bei Gelegenheit noch einmal zurück. Aber nein, ich schicke doch keinen Diener, wenn ich mir ernsthaft Sorgen um Dich mache.«
    »Oh? Du bist es also selbst?« Mein Herz sank mir in die Hose.
    »Hast Du Dich wieder beruhigt?«, ihre Frage klang sowohl amüsiert als auch mitfühlend.
    »Ja, denke schon. Keine Ahnung warum ich so ausgeflippt bin. Das passiert mir sonst nie.«
    Die Krähe lachte krächzend. »Außer, Du legst Dich mit dem Elfenkönig vor seinem ganzen Hofstaat an, natürlich.«
    Ich wurde so rot wie eine Tomate. Das war bis heute der peinlichste Fauxpas meines ganzen Lebens. Interessanter Weise hat mir der König es mir nie übel genommen, obwohl, und das können Sie aber glauben, Elfen sonst nachtragender sind als Elefanten. Im Gegenteil konnte er seinen Gegnern bei Hofe stets die aufbrausende Druidin vorhalten, die sicher wieder eine peinliche Szene machen würde, wenn er nicht ihren vernünftigen Forderungen nachkäme. Ja, der König vom Cluain Mel und ich, wir hatten schon eine spezielle Beziehung. Offiziell bekämpften wir uns bis aufs Messer, aber hinten herum spielten wir uns gegenseitig die Bälle zu. Tja, so wird eben Politik gemacht.
    Verlegen räusperte ich mich.
    »Mum ist sicher auf 180? Vermutlich hat sie mich jetzt endgültig für alle Zeiten aus der Familie verbannt.«
    »Das denkst Du wirklich, hm?«
    »Würde zu ihr passen.«
    »Nein, würde es nicht.«
    Wir schwiegen eine Weile gemeinsam, eine meiner unbestrittenen Stärken. Solange ich meine Klappe halte, kann man unheimlich gut mit mir auskommen.
    »An was erinnerst Du Dich als Erstes, als Du ein Kind warst, meine ich.«
    Ich musterte die Krähe verwundert. Sehr persönliche Frage aus dem Nichts? Andererseits hatte Mo bislang darauf verzichtet mich wegen meines Ausbruchs fertig zu machen, daher war es nur recht und billig, wenn ich auch solche seltsamen Fragen beantwortete.
    »Ich erinnere mich ganz nebelhaft, wie sie mit mir in einem See geschwommen ist. Sie hatte Kleider an und ich auch. Deswegen denke ich immer, dass ich da etwas durcheinander bringe.«
    Die Krähe hüpfte ein wenig von mir weg und wieder zu mir zurück. Ihre Federn sträubten sich etwas als sie antwortete: » Elaine, die Herrin des Sees, hat damals dein Leben bewahrt, wollte Dich aber behalten. Deine Mutter hat Dich aus ihrem Reich zurückgeholt. Du hättest sie sehen müssen. Eine Tigerin, die um ihr Junges kämpfte. Die Herrin vom See ist heute noch kleinlaut, wenn sie auf Deine Mutter trifft. Ich weiß nicht genau, was Deine Mum mit ihr angestellt hat, aber ich würde schätzen, sie hat ihr so richtig den Arsch aufgerissen, wie man heute so schön sagt.«
    Wunder über Wunder, und ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
    »Das hat sie nie auch nur mit einer Silbe erwähnt.«
    »Ich nehme an, sie wollte Dir eine unbeschwerte Kindheit schenken. Und gib es zu, die hattet Du doch auch?«
    Seufzend zuckte ich die Schultern. »Ja, schon. Es hat erst Stress gegeben, als sie mich zu diesem Druidenkram drängen wollte.«
    Die Krähe lachte mich wieder auf diese schaurige Art aus. Spielerrisch schlug ich nach ihr und sie hüpfte ohne Mühe aus meiner Reichweite.
    »Sie dachte wohl, es wäre nun an der Zeit. Immerhin hast Du angefangen, Dich immer mehr ihrer Fürsorge zu entziehen. Du solltest lernen Dich selbst zu beschützen.«
    »Zu schützen, wovor denn?«, ich schüttelte den Kopf. »Und warum erzählst Du es mir und nicht sie?«
    »Weil, kleine Druidin, wir zwei uns unterhalten können, ohne die instinktive Konkurrenz, in die Du mit Deiner Mum trittst.«
    »Ich mache was?«
    Wieder diese lachende Krächzen. »Die Jungfrau, die der Frau den Rang streitig macht.«
    »Hä? Redest du von den Hexen bei Macbeth. Du weißt schon, dass wir keine Hexen sind und der alte Dichter teilweise nicht ganz dicht war, als er seine Stücke geschrieben hat?«
    »Oh, er hat die Natur der Dinge manchmal ziemlich treffend geschildert. Es ist ganz normal, dass die Jungen in Wettkampf mit den Alten treten.«
    Und wieder einmal blieb mir nur die Schultern zu zucken. Was sollte ich schon darauf sagen?
    »Diese Dämonen-Attacke ist nur der Anfang. Es wird Zeit, dass Dich darum kümmerst. Die Zeit des Versteckens ist vorbei.«
    »Verstecken? Ich hab mich nie versteckt.«
    »Was denkst Du, warum deine Mutter alle offiziellen Verbindungen zu Dir gekappt hat, als Du den Weg des Druiden verlassen hast?«
    Ich bekam großen Augen, angesichts der Vermutungen, die mir im Kopf herumschwirrten.
    »Solange Du den mystischen Pfad verlassen hattest, warst Du für die andere Seite keine Gefahr. Und in den Anderwelten warst Du vor ihrem Zugriff sicher.«
    »Schei ...«, entfuhr es mir.
    Sie ließ mir Zeit das zu verdauen. Ich schuldete Mum wohl eine dicke, fette, supergroße Entschuldigung mit Obstkorb und Blumenkranz dazu.
    »Erinnerst Du Dich daran, wie schnell Du ein Büro gefunden hattest, als Du wieder in Deiner Welt warst?«
    »Stimmt, das war ein ... Glücksfall , ok hab´s schon kapiert. Das war arangiert um mich in der Nähe des Portals zu halten, stimmts? Als schnelle Fluchtmöglichkeit sozusagen. Deswegen fühle ich mich in der Nähe des Teichs auch so gut aufgehoben.«
    »Ich wusste, dass Du von alleine darauf kommst. Schon in Kandahār habe ich erkannt, dass Du verdammt clever bist, eigentlich viel zu clever, als dass man Dich unbeobachtet herumlaufen lassen kann.«
    Nun war es an mir zu lachen. »Genau das hat Dad immer zu mir gesagt, als ich noch klein war.«
    Die Krähe sträubte wieder ihr Gefieder. »Ich habe ja immer gesagt, dass man den Mariner hoffnungslos unterschätzt. Viele halten Deinen Vater für einen langsamen alten Kauz, der zwar sein Schiff zu jedem Gewässer navigieren kann, aber ansonsten eher eine Randfigur der Geschichte ist.«
    Das wurde ja immer besser und besser. Ich liebte meinen Dad und ja, er war nicht der große Redner und in Diskussionen mit Mum gab er so schnell nach, wie ein Schilfhalm im Sturmwind. Aber die Dinge, die er mir übers Segeln, die Gezeiten, die Bewohner der Meere und die Vögel, die er besonders liebt, beigebracht hatte, waren nie langweilig gewesen, auch wenn es vielleicht so klingt. Und ich wusste, dass er einen scharfen Verstand hatte und einen beißenden Humor, der meinem nicht unähnlich ist. Nur, dass er, im Gegensatz zu mir, seine Klappe halten kann. Die Kunst des geselligen Schweigens habe ich von ihm, auch wenn ich darin oft genug ziemlich versage.
    Aber Dad, der legendäre Mariner?
    Mir wurde schwindlig, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen.
    »Oh, das ist wohl alles etwas viel auf einmal.« Ich fühlte mich mitfühlend in den Arm genommen und neben mir saß Mo in einem dunklen Kapuzen-Shirt, hautengen schwarzen Jeans und nackten Füßen. Ihr Gesicht war in der Tiefe der Kapuze verborgen, an die ich gerade meinen Kopf lehnte.
    »Hey ...« ich hatte nicht den Willen, mich wirklich los zu machen, aber ich tat wenigstens als Alibi so, als würde ich mich gerade nicht wohl und behütet fühlen.
    »Hm«, brummelte Mo als Antwort. Ich weiß, dass die meisten ihre Stimme als düster und unheilsschwanger empfinden. Bei mir muss da der Selbsterhaltungs-Radar kaputt sein, denn ich kann das nicht nachempfinden.
    »Wir müssen noch über das Zeichen auf meinem Bauch reden. Das war nicht fair.«
    Ich hörte ihr dunkles Lachen, was für mich immer ein bisschen wie ein Regen klingt, der aufs Wasser prasselt.
    »Im Ernst jetzt. Mum hatte doch recht. Du wolltest über mich an sie rankommen? Mum irrt sie nie.«
    Erstaunlich, wie leicht mir dieses Eingeständnis gerade fiel. Normalerweise hätte ich mir lieber die Zunge abgebissen, als das zuzugeben.
    »Ja, zuerst war das mein Plan. Ich wollte meine Schuld mit einer rauschenden Liebesnacht tilgen und Dich zugleich so an mich binden. Dann hätte ich gefordert, dass Du darauf hinarbeitetest, eine Allianz zwischen Deiner Mutter und mir zu ermöglichen.«
    Aha! Keine Ahnung, wie sie sich das vorgestellt hatte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass sie da aufs falsche Pferd bzw. auf die falsche Druidin gesetzt hätte. Bei so etwas hätte ich nie mitgemacht.
    »Aber dann wurde mir klar, dass Du bei solchen Intrigen nie mitmachen würdest!«
    Ich blinzelte überrascht.
    Sie lächelte, was ich aber nur an der Reflexion ihrer strahlend weißen Zähne sehen konnte.
    »Ok«, gab ich zu. »Also ich muss schon sagen, der Sex und auch alles drum herum, das war der Hammer!«
    »Das nehme ich einfach als Kompliment.«
    »Gut, und jetzt müsstest Du so etwas sagen wie: Du warst auch toll, spitzenmäßig, erstklassig und ich habe mich total in Dich verknallt.«
    »Müsste ich das? Sind so mittlerweile die Gepflogenheiten?«, sie klang amüsiert.
    »Hey, das ist aber eine miese Tour, mich um ein Kompliment betteln zu lassen! Da wirst Du ja beinahe Deinem Ruf gerecht.«
    Ich löste mich von ihr. Wer will schon nur ein Spielball der Mächtigen sein?
    »Dumme kleine Druidin. Warum meinst Du, habe ich meine Strategie geändert, warum habe ich dafür gesorgt, dass wir weiterhin gegenseitig in der Schuld des Anderen stehen? Weil ich darauf stehe, mich mit Euch sturen Druiden anzulegen?«
    »Ahh, ich raffe langsam gar nichts mehr. Warum dann dieses Zeichen auf meinem Bauch. Was sollte diese linke Tour, wenn Du mich magst? Und außerdem hast Du Mum belogen - keine gute Idee.« Ich warf hilflos die Hände in die Luft.
    Sie schob ihre Kapuze ein wenig nach hinten, sodass wenigstens etwas Licht auf die rechte Seite ihres Gesichts fiel.
    »Ich habe nicht gelogen. Ich habe gesagt, dass ich Dir nichts zuleide getan habe. Vielmehr habe ich nur von meiner Seite ein Band gewoben, was Du von Deiner Seite aus in gleichen Maße geknüpft hast.«
    Mit Göttern zu reden ist manchmal wirklich wie der Versuch Hilfe bei einer Telekom-Hotline zu bekommen. Frustrierend!
    Dann sah ich ihr Gesicht und auch wenn ich es nie erdacht hatte, nie entworfen oder irgendwo aufgemalt, erkannte ich ohne jeden Zweifel das Zeichen, das sich auf ihrer linken Gesichtshälfte von der Wange bis zur Stirn hochzog:
    Eine verschlungene dornige Ranke mit einer einzelnen Blüte.

    Spoiler anzeigen


    »Wir haben, was wir haben!«, diese feierlichen Worte erfüllten mit einem Mal meinen Geist.
    Darum hatten sie sich so richtig, darum hatten sie sich so wichtig angefühlt.
    Es war mein Zeichen. Mo trug mein Zeichen!

    Sch ..., die MORRIGAN trug MEIN Zeichen ...

    -------------------
    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (31. Juli 2015 um 20:17)


  • Der Penny fällt

    »Was hat das zu bedeuten?« Meine Stimme war kaum mehr als ein Hauch.
    »Das würde mich auch interessieren!«
    Wie ein ertapptes Kind fuhr ich hoch. »Mum?«
    »Hast Du sonst noch jemand erwartet?«
    Ich warf einen verunsicherten Blick zu Morrigan, die in aller Seelenruhe ihre Kapuze wieder tief ins Gesicht zog.
    »Äh, also, nein.«
    »Gut. Ich wäre sehr froh, wenn diese kritische Affäre nicht noch größere Kreise ziehen würde.«
    Sowohl Mo als auch ich runzelten die Stirn als wir uns ansahen. Nein, "kritisch" wäre keinesfalls der erste Begriff, der uns eingefallen wäre. Seltsam, unangenehm, vielleicht auch abenteuerlich.
    »Mum, du dramatisierst wieder.«
    Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte und einmal mehr knisterte die Luft vor Spannung. Ich konnte sogar den Wind auffrischen hören, der mit Sicherheit dicke Regenwolken über meinem Haupt akkumulieren würde.
    »Diese Situation kann man gar nicht noch mehr dramatisieren, Samain Brannwen Callaigh!«
    Ich zuckte zusammen. Mein voller Name! Eigentlich die Zeit sich nach einem Blitzableiter umzusehen.
    Und schon donnerte es unheilverheißend.
    Doch ich bekam Hilfe von unerwarteter Seite.
    Die Morrigan, nein Mo, legte schützend ihren Arm um mich.
    »Mäßige Deinen Zorn, große Druidin. Du siehst doch, dass meine Druidin nicht einmal ahnt warum Du ihr so zürnst!«
    Ein Blitz zerriss den Himmel, der so unnatürlich schnell dunkelgrau geworden war, dass man es gar nicht glauben mochte.
    Natürlich schlug er hunderte Meter weit in einen unschuldigen Stein ohne jemand zu verletzen. Mutter war immer noch eine Druidin und auch wenn das Land gerade ihren Zorn mitfühlte, würde sie niemandem schaden, der es nicht verdiente.
    »Sie ist NICHT DEINE DRUIDIN!«, fauchte Mum erbost.
    Mo lehnte kurz ihre Stirn an meine und erhob sich dann in einer einzigen fließenden Bewegung, dunkel und gefährlich wie der Todesschatten, der sie sein konnte, wenn sie wollte.
    Nur wenige Zentimeter trennten die Gesichter der beiden mächtigen Frauen. Erstaunlicherweise wirkte Mum, obwohl ein ganzes Stück kleiner, kein bisschen eingeschüchtert.
    »Doch, das ist sie. Sie trägt eine Tätowierung, die das beweist. Ich rate Dir, Dich damit abzufinden. Ich mag Dich, mochte Dich schon immer. Du scheust keinen guten Streit und wenn man einmal alles beiseitelässt, stehen wir am Ende auf derselben Seite. Aber meine kleine Druidin mag ich noch mehr. Wenn Du sie also noch einmal mit diesen albernen Wetterspielchen einschüchterst, dann rechne damit, dass ich das Kräftegleichgewicht mit meinen eigenen Spielchen ausgleiche, und ich wette, die wirst Du nicht albern finden!«
    Sprachlos starrten wir Druiden gemeinsam auf die Stelle, wo die Morrigan eben noch gestanden hatte, mit ihrem letzten Wort aber einfach verschwunden war.

    »In Punkto starken Auftritt und Abgang, macht ihr so schnell keiner was vor«, witzelte ich, um das Eis zu brechen.
    Sogar Mums Mundwinkel zuckten kurz. »Nein, wirklich nicht.«
    So wie die Wolken gekommen waren, verzogen sie sich wieder und die Sonne erwärmte erneut den Platz auf der Parkbank. Ein paar Vögel zwitscherten verwirrt über uns in den Ästen der großen Bäume, hatten sie sich doch gerade erst in Erwartung eines gewaltigen Donnerwetters unter den Schutz der großen Blätter geflüchtet.
    »Ok, Mum. Was ist los? Klar, ich weiß auch, dass ich vielleicht Mist gebaut habe, aber hey, es fühlte sich richtig an. Nicht wie diese Sachen wo man weiß, dass man sie besser sein lässt.«
    Ihr ungläubiger Blick brachte mich dazu zurückzurudern. »Na gut, na gut. Ein winziges BISCHEN war mir schon klar, dass es nicht ganz überlegt war. Aber ich fühle mich gar nicht versklavt. Kein unnachgiebiger Impuls Mo zu verteidigen oder mich für sie ins Schwert zu stürzen.«
    Ja, ich kannte diese Feenmahle aus einiger Erfahrung. Wer so eines trägt hat zuallererst die Interessen seines "Herrn" im Sinn. Er weiß auch intuitiv was der "Herr" will und was nicht. Und darüber war ich mir gerade gewiss: Ich hatte null Ahnung, was Mo von mir jetzt erwartete.
    »Ach, Sami. Es ist wohl alles meine Schuld.«
    Hoppla, ganz neue Töne?!
    Ich saß erst einmal nur da, ließ zu, dass Mum meine beiden Hände ergriff und sie mit ihren zudeckte.
    »Es ist schon kompliziert, wenn sich ein Feenfürst und ein Sterblicher nahekommen. Aber das ist dann eine Sache nur zwischen dem Túatha Dé Danann und dem sterblichen Liebhaber.«
    Da fiel bei mir der Penny. »Dad ...!«
    Sie lächelte sanft, wie ich es selten erlebt habe und für einen Moment konnte man die junge Druidin durchschimmern sehen, deren feurige Augen wohl sogar einen alten Seefahrergott, wie meinen Dad, bezaubert hatten.
    »Du weißt es? Hat er es Dir etwa gesagt?« Sie klang enttäuscht. Ich vermutete, sie und Dad hatten eine Absprache dahingehend.
    »Nein, nicht Dad«, wehrte ich daher ab. »Mo hat es erwähnt. Ich weiß es noch keine fünf Minuten, obwohl ...«
    »Obwohl?«
    »Eigentlich habe ich es schon immer gewusst. Irgendwie.«
    Sie nickte verstehend.
    »Ich bin also nicht die Erste in unsrer Familie, die sich mit ... äh ... verbotenen Früchten abgibt?«
    Schief grinsend schaute ich ihr in die Augen.
    »Ach Kind. Dein Vater und ich haben uns recht früh dazu verpflichtet nur Nachkommen zu zeugen, die auf ihr unsterbliches Erbe verzichten würden«
    »Hä?« Ich fiel gerade aus allen Wolken.
    »Halbblute können ihr Erbe einfordern und die alten Götter wachen eifersüchtig über dieses Privileg.«
    »Wie jetzt? Willst Du damit andeuten, dass ich eine Art Percy Jackson bin, halb Mensch halb ... Meeresgott?«
    Mum runzelte ihre Stirn und schüttelte fragend den Kopf.
    »Ach komm schon. Percy Jackson, Diebe im Olymp? Kinofilm? Musst Du doch kennen!«
    Sie verzog missbilligend den Mund. »Du solltest die Sache ernst nehmen, Samain! Das ist kein Spiel und auch keiner dieser ... Filme!«
    Ich ersparte mir einen Kommentar über Leute, die unterhaltsame Filme einfach abwerten, nur weil sie bewegte Bilder für eine vorübergehende Laune der Zivilisation halten.
    »Also echt. Ich habe nicht vor irgend ein Recht oder sowas einzufordern. So wie das Leben gerade ist, ist es mir aufregend genug. Die Túatha Dé Danann dürfen ihre Privilegien gerne behalten. Ich würde ohnehin nie eine brauchbare Gottheit abgeben, naja, vielleicht die Schutz-Göttin für Giovannis Pizza, aber ich glaube das ist eine winzige Nische, die ohnehin unbesetzt ist.«
    »Sami! Die Sache ist ernst! Indem du aus Tír zurückgekehrt bist, hast du bereits dein Recht eingefordert, nämlich unbehindert die Weltengrenzen zu überschreiten.«
    Nun war es an mir die Stirn zu runzeln.
    »In Cluan Mel, was warst du dort?«, fragte sie mich.
    »Hm, Polizist, was sonst?« Ich grinste schief.
    »Aha, und was genau? Kleiner Wächter?«
    »Zuerst ja, aber am Ende war ich der Sheriff.«
    »Nur dem König unterstellt, richtig?«
    »Genau«, erwiderte ich stolz.
    »Schatz.« Sie blickte mich ernst an, liebevoll und etwas stolz, aber auch wie ein Kind, was bisweilen ziemlich begriffsstutzig ist. »Hat irgendjemand, nur ein Einziger, in der Zeit, eine auch nur vergleichbare Karriere gemacht?«
    Ich dachte nach. Seltsam, dass mir das nie in den Sinn gekommen war.
    »Nein, niemand. Nur ich. Die anderen blieben mehr oder weniger was sie waren. Aber ich glaube das liegt daran, dass sie ihren Platz einfach gefunden hatten.«
    Das Lächeln meiner Mutter wurde eine Spur stolzer und unwillkürlich hob ich ein wenig das Kinn, auch wenn ich nicht genau wusste, was ich nun Kluges gesagt hatte.
    »Schau mal. Die hatten ihren Platz gefunden, Du suchst Deinen noch. Und das ohnehin schon hohe Amt des Sheriffs war offensichtlich noch nicht das Ende Deiner Laufbahn.«
    Verblüfft schüttelte ich den Kopf.
    »Aber Weißwurzel und der König haben nie ...?«
    Sie nickte. »Natürlich haben sie das erkannt und beschlossen Dich zu fördern.«
    »Damit sind sie aber ein ziemliches Risiko eingegangen, wenn ich Dich richtig verstehe.«
    »Das sind beides sehr, sehr alte Feen. Wenn die beiden glauben, dass Du das Risiko wert bist, dann hat Du bereits starke Verbündete. Aber vergiss nicht das Prinzip des Ausgleichs, was ich Dich gelehrt habe.«
    »Wo es große Vorteile gibt, gibt es auch schwerwiegende Nachteile.« Ich erinnerte mich nur zu gut an diese Glückskeksweisheiten - zumindest empfand ich sie als Kind so.
    »Das heißt, du wirst auch mächtige Gegner haben, die Deinen Aufstieg keineswegs gutheißen werden.«
    »Oh, Scheiße, Mum, da fällt mir ja noch was ein!«
    »Ja?«
    »Mo ..., also ich glaube, eine viel stärkere Freundin könnte ich unter den Feen-Hügeln kaum haben.«
    »Allerdings. Wenn ich bislang die Hoffnung hatte, dass ich Dich vielleicht an der Aufmerksamkeit der wirklich Mächtigen vorbeischmuggeln kann, ist sie nun dahin.«
    Wir atmeten beide tief durch. Zum ersten Mal erkannte ich, wie weit Mums Pläne und Sorgen reichten und zum ersten Mal sah sie, wie ihre Mühen von mir gewürdigt wurden. Für einen kurzen Augenblick schien es so, als wären nur wir zwei es: Zwei Druidinnen gegen den Rest der Welt.
    Doch dann grinste ich. Zum Rest gehörten auch Dad, ein Elfenkönig, ein Uralter Waldgott, zahllose Brownies, die Morrigan und für die großen normalweltlichen Notfälle ein ganzes SEAL-Team und der Spezialist des MI5 für solche Dinge. Percy Jackson, mein cineastischer Bruder im Geiste war mit weitaus weniger Freunden ausgekommen.
    »Und die Dämonen?«, sprach ich das Thema an, was wir bislang erfolgreich umschifft hatten.
    »Eine ganz andere Baustelle. Etwas, um das Du Dich bald kümmern musst.«
    »Ich? Warum nicht Du?«
    »Weil sie es auf Dich abgesehen haben, am mich wagen sie sich nicht heran. Tauche ich irgendwo auf, sind sie schon verschwunden.«
    »Und warum sind die hinter mir her?«
    Sie erzählte es mir.

    Nachdem wir noch eine Weile schweigend dagesessen waren und die Nacht schließlich hereinbrach, erhoben wir uns.
    Ich konnte nicht sagen, dass Mums und mein Verhältnis nun so war, wie ich fand, dass sich es zwischen liebender Mutter und Tochter gehörte, aber es war ein Anfang. Außerdem waren wir beide Druiden. Wir sind schon von Berufs wegen streitbar, eigensinnig und sehr von unserer Position überzeugt. Das machte die Sache nicht unbedingt einfacher, aber auf alle Fälle interessant.
    »Mum?«
    »Sami?«
    »Tu mir einen Gefallen. Vertrag Dich mit Mo. Ich will nicht dauernd zwischen meiner einzigen Mutter und meiner persönlichen Göttin stehen.«
    »Ich werde es versuchen. Aber Sami, sie ist nicht Deine persönliche Göttin!«
    »Doch das ist sie. Sie trägt ein Tatoo, was das beweist.«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (22. Februar 2016 um 11:31)

  • Ähm ja ich muss es, wenn auch etwas später, mit Miri halten: wieso schleichen sich deine Geschichten immer so unbemerkt an einem vorbei? :D
    Das was da kommt hört sich ja nach gewaltigen Dimensionen an. Und Sam scheint auch nicht gerade das leichteste Erbe zu tragen. Aber bisher gefällt mir auch Band 2 ganz gut. Und ich bin überzeugt, dass das auch so bleiben wird ^^

  • Jap :)
    Ich brauchte eine Weile um wieder reinzukommen und ganz habe ich die Zusammenhänge auch nicht mehr auf dem Schirm, aber ich bin froh, dass es hier endlich mal wieder weiter geht! :thumbsup:
    Und klingt als wäre Samian nicht wirklich schlecht aufgestellt :D
    Und ich hätte zu gern die Reaktion von Sams Mutter gesehen, als Sam das mit dem Tattoo erzählt :D

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Im Büro, der irische Klient

    Auf dem Weg zurück zum Büro trennte sich Mum von mir.
    »Gib auf Dich Acht, Kind, jetzt mehr als je zuvor.«
    Sie hauchte mir einen Kuss auf die Wange und bog zu einem gewaltigen Walnussbaum ab, der wie der König der Bäume inmitten des Parks residierte. Ich sah sie zwischen den kniehoch aus dem Erdreich ragenden Wurzeln in die Hocke gehen und eine der größten Wurzeln berühren.
    Sie sprach einige Sätze in ziemlich altem Keltisch, wie ich vermeinte herauszuhören und wurde schnell durchsichtig. Ich ging schnell weiter, weil ich das schon kannte und mir immer schlecht wird bei dem Gedanken, dass jemand aus Fleisch und Blut die riesigen Low-Ways aus Baum und Pilz-Wurzeln benutzt um in wenigen Augenblicken von einem Ende des Landes zu einem anderen zu kommen.
    Nicht, dass ich selbst so etwas kann.
    Nicht, dass es mich danach drängt so etwas überhaupt zu können.

    Im Treppenhaus begegnete mir Gwen, die mir immer noch irritierte Blicke zuwarf und mich musterte, als wäre sie sich nicht ganz sicher, ob ich nicht doch ein Promi wäre, den man nur ohne sein Bühnenoutfit fast nicht mehr erkennt.
    Daher lächelte ich sie freundlich an. »Na, ist der Gestank der Stinkbombe schon aus den Räumen heraus?«
    »Eine Stinkbombe?« Ihr Tonfall war zweifelnd, aber auch hoffnungsvoll, was ich erhofft hatte. Immerhin hatte ich ihrem stabilen, um nicht zu sagen festgemauerten Weltbild, eine Steilvorlage geliefert diese ganze Angelegenheit rational zu erklären. Nach einigen Sekunden, in denen sich ihr Gehirn nach ihrem eigenen kulturellen Kompass neu einnordete, erwiderte sie mein Lächeln, diesmal deutlich erleichtert.
    »Ja, kaum mehr etwas zu riechen. Armer Anton, der hat die volle Ladung abbekommen und sich für den Rest des Tages frei genommen.«
    »Kann ich verstehen. Diese Dumme-Jungen-Streiche sind auch das Allerletzte. Einfach sich einen Namen und eine Adresse ausdenken und eine Stinkbombe verschicken. Nur schade, dass die das Paket sonstwo aufgegeben haben können und man sie nie erwischen wird!«
    Die Sekretärin nickte entschieden mit heiligem Zorn in den Augen.
    »Nur gut, dass sie als Ex-Polizistin wissen, wie man in solchen Situationen reagiert.«
    Ich lächelte müde ob dieses zweifelhaften Kompliments. Jedenfalls hatte ich kein Ex-Polizisten-Handbuch für Stinkomben-Notfälle bekommen.
    »Oh, übrigends. Während sie weg waren, ist ein Mann gekommen, der Ihre Dienste in Anspruch nehmen will. Ich glaube es wieder "so" ein Fall.«
    »Und? Hat er etwas dagelassen, eine Karte oder Telefonnummer?«
    Immer noch etwas neben der Spur schaute mich Gwen erstaunt an, als ob ihr gerade erste ein Gedanke gekommen war.
    »Oh? Ich habe ihn hochgeschickt. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie fortgegangen waren. Er muss immer noch oben sein.«
    »Danke, Gwen ...«, und schon war ich die halbe Treppe oben. Ein Fremder unbeaufsichtigt in meinen Büro - auch das noch!
    Als ich meine Tür öffnete, saß ein Mann auf dem kleinen Sofa, die Tierdecke sorgfältig auf einer Lehne zusammengelegt. Er erhob sich als ich eintrat.
    »Miss Kelly? Ich hoffe, Sie sind nicht böse, dass ich hier gewartet habe. Nach den Äußerungen der etwas verwirrten netten Dame von unten, musste ich davon ausgehen, dass sie nur einmal schnell um die Ecke etwas einkaufen wären.«
    Er streckte mir die Hand hin und ich ergriff sie. Ein guter, fester Händedruck, ohne allzu viel Nachdruck. Ein selbstsicherer Mann, aber kein autoritärer Typ, schloss ich daraus.
    »Mein Name ist Terrence Bennet. Ich bin extra von Ballinastoe hiergereist, um Sie um Hilfe zu bitten.«
    Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und setzte jene Miene auf, die ich immer gegenüber neuen Klienten und/oder Verdächtigen aufsetze: Freundlich-neugierig mit einer Spur Skepsis im Blick.
    »Tut mir leid, das kenne ich nicht. Aber ihrem Aktzent nach, kommen sie ohnehin nicht aus Wales. Irland vielleicht?«
    Er lächelte erfreut. »Yay, und Ballinastoe liegt im Nationalpark südlich von Baile Átha Cliath.«
    Ich sah, wie er versuchte sein Interesse auf meine Reaktion zu verbergen.
    Aha, er klopfte auf den Busch. Na schön, sein gutes Recht.
    »Baile Átha Cliath ist der gälische Name für Dublin. Heute eigentlich ungebräuchlich zumindest in modernen Dokumenten. Den Nationalpark kenne ich durchaus von einem Urlaub, hatte aber nie beruflich dort zu tun. Von einem Dorf namens Ballinastoe habe ich damals, soweit ich noch weiß, nichts mitbekommen.«
    Er schien positiv überrascht, aber nicht so überrascht. Er war also nicht nur wegen der winzigen Web-Seite hergekommen, in den ich auf einer einzigen Seite in wenigen harmlosen Sätzen meine Dienste anbot.
    »Das ist der Name der Gegend, Miss Kelly. Das kleine Städtchen dazu heißt Maugin. Von dort komme ich. Man hat mir gesagt, Sie hätten die Fähigkeit mit Geistern oder Spukgestallten zu reden.«
    Er rieb sich seine Hände und man musste kein Profiler sein, um zu sehen, dass es ihn Überwindung kostete darüber zu sprechen.
    Ich nickte langsam, natürlich ein wenig misstrauisch. Ich wollte nach Dublin und Zack, da kam ein Auftrag dort in der Nähe zur Tür herein spaziert? Na klar doch!
    »Ja, das kann ich. Soll ich denn einen Geist für Sie loswerden?«
    Er blickte erschrocken auf. »Nein, beim heiligen Patrick! Ich denke, das ist mein Vater und ich glaube, dass er uns helfen will!«
    Nun runzelte ich noch mehr die Stirn. »Na schön, ich soll also als Übersetzer mitkommen?«
    Er zögerte.
    »Nun heraus damit, Mr. Bennet. Sie haben einen weiten Weg hinter sich und hatten wahrlich genug Zeit ihre Bedenken abzuwägen.«
    Zugegeben, nicht gerade zartfühlend, aber manchmal brauchen die Leute einfach einen gröberen Schubs um über ihren Schatten zu springen.
    »Sie haben ja recht! Nein, nicht nur zum Übersetzen. Ich hatte gedacht, gehofft, Sie würden uns mit den seltsamen Frauen helfen, die seit ein paar Jahren in unsrer Gegend immer wieder auftauchen und wo dann immer wieder unheimliche Dinge passieren.«
    »Unheimliche Frauen?« Ich dachte an Mo und musste innerlich schmunzeln. Jede Wette, waren meine und seine Definition von "unheimlicher Frau" um einige Größenordnungen verschieden. Doch sein Tonfall klang authentisch und verzweifelt genug, dass er mich am Haken hatte.
    »Sie erwähnten, dass diese Frauen seit Jahren immer wieder kämen? Warum suchen Sie also erst jetzt Hilfe?«
    Er zuckte zusammen, als hätte ich ihn geschlagen.
    »Das hätten wir wohl sollen, aber wir hatten Angst. Doch jetzt, jetzt hat meine Etney sich ihnen angeschlossen.«
    »Und Etney ist ...?«
    »Meine Tochter, sie ist gerade 16 geworden.«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (22. Februar 2016 um 17:46)

  • Na wenn sich das nicht nach einem Kult anhört weiß ich auch nicht weiter. Und dann auch noch einer gegen den sich die toten Großeltern der Angehörigen stellen? Na da bin ich ja mal gespannt. Und so ganz an Zufälle glaube ich in der Hinsicht auch nicht ^^

  • FB Seaborn Sun, Fähre von Swansea (Wales) nach Cork (Irland)

    »Wussten Sie, dass der Name Swansea nicht von Schwanensee kommt, auch wenn unser lokaler Fußballverein sich natürlich "The Swans" nennt?«
    Ich versuchte so gut es ging, den guten Terrence vom rauen Seegang abzulenken, der dem armen Mann ziemlich zu schaffen machte, was auf einer so großen Fähre wirklich etwas heißen will. Mir selbst macht rauer Seegang nichts aus, tat es nie, aber dafür habe ich beim Fliegen regelmäßig ganze Schmetterlings-Rugby-Weltmeisterschaften im Bauch.
    Bennet tat zumindest höflich so, als interessierte ihn meine kleine Anekdote, aber ich sah, dass ich ihn nicht wirklich von seinem Elend ablenken konnte.
    »Es kommt vielmehr von "Sveinns ey", was so viel bedeutet wie Svens Island, womit auch klar ist, wem die Entdeckung zugeschrieben wird.«
    Der arme Ire begann wieder grün anzulaufen.
    »Cork, wohin wir fahren, ist unsre Partnerstadt und die Fährverbindung besteht schon seit ...«
    Den Rest schenkte ich mir, weil Bennet bereits wieder versuchte noch etwas von seinem nicht mehr vorhandenen Mageninhalt in eine dafür vorgesehene Tüte zu entleeren.
    »Ich wünschte wirklich, ich könnte Ihnen helfen. Aber als Druide braucht man Kontakt zur Erde und auf dem Wasser sind wir auch nur normale Sterbliche.«
    Daher hielt ich ihn unterstützend einfach fest, während sein Vorderkörper sich einmal mehr seinen Beinen entgegen krümmte. Was Dad nur in so einen Situation machen ... Moment! Genau! Dad.
    Hatte ich denn von Percy Jackson gar nichts gelernt? Natürlich konnte es auch Wunschdenken sein, aber wie sagt man so schön: Wenn man schon in den Abgrund fällt, kann man auch versuchen zu fliegen!
    Ich ergriff den Kopf des Iren und konzertierte mich auf Dad's Stimme. Nein, das stimmte nicht ganz. Vielmehr versuchte ich die tiefe Seebärenstimme des Mariners in meinem geistigen Ohr zu hören.
    »Dad ... wenn Du es einrichten kannst, mein Klient kotzt sich gleich die Seele aus dem Leib ...«
    Meine Augen waren geschlossen vor Konzentration und tatsächlich, ich vermeinte den würzigen Duft von Dads Pfeife zu riechen, als mich ein Zupfen am Hosenbein in die Wirklichkeit zurückriss.
    »Hey, Druide, Dein Kumpel ist ja sowas von eine Landratte. Gib ihm lieber mal einen Schluck hiervon. Wenn er nämlich noch grüner wird, adoptieren wir ihn, hihihi ...«

    Neben mir stand ein etwa 30 Zentimeter großer Kobold - nein, natürlich Klabauter! - mit einer zartgrünen Haut, drahtigem rostroten Haar und einer Seeoffiziersskluft, wie man sie vielleicht zu den Zeiten von Francis Drake getragen hatte und reichte mir einen Flachmann hoch.
    »Tapadh leat! « (Danke Dir), nahm ich die Flasche und hielt sie Bennet hin. »Hier trinken Sie, das wird Ihnen helfen.«
    Er schüttelte den Kopf, doch ich drängte ihn: »Los, trink, Mann! Sonst müssen wir Sie in Cork ins Krankenhaus bringen, das wollen Sie doch nicht?!«
    Sein Blick traf mich. Beinahe erschrocken nahm er den Flachmann und schaute ergeben darauf, bevor er tapfer einen großen Schluck nahm. Als ich eine auffordernde Geste machte, nahm er noch einen Schluck.
    »Gut gemacht. Gleich geht es Ihnen besser, Sie werden sehen.«
    Ich nahm ihm den Flachmann ab und gab ihn dem freundlichen Klabauter zurück.
    »Hallo, ich bin Sam.«
    »Klar, weiß ich doch. Du hast meinem Großvetter auf der Ronald Reagan geholfen. Ich bin Smithe.«
    Schmunzelnd wunderte ich mich. »Freut mich, aber woher weißt Du denn davon. Das war doch in einem ganz anderen Teil der Welt?«
    Er zückte ein schmales Plastik und drehte es um, so dass ich das moderne Touchscreen sehen konnte.
    »I-Phone, weißte? Schnurloses Telefon, geht über Satelliten, so Transmitterstationen, die um die Welt rumkreisen. Warst wohl lange drüben und hast ein paar neue Erfindungen nich' mitgekriegt?«
    Ich lief hochrot an vor Verlegenheit, etwas, was man bei einem Druiden eigentlich nie sieht.
    »Äh, ja doch, kenne ich, aber danke für die Info.«
    »Kein Ding«, wiegelte Smithe ab. »Aber könntest Du mir auch bei was helfen?«
    Wieder im sicherem Fahrwasser nickte ich. »Gerne, aber zuerst sollten wir meinen Freund irgendwohin verfrachten, wo er sicher ist.«
    Mein "Freund" hatte die ganze Unterhaltung mit zunehmend glasigen Blick mit angehört, aber kein Wort gesagt. Als ich ihn fragte, wie es ihm ginge, bekam ich nur fröhliches Lallen zur Antwort.
    »Äh, Smithe, was hast Du ihm da zu trinken gegeben?«
    »90 Teile Klabauter-Rum, 5 Teile Pfeffer, 1 Teil Möwenspucke und 4 Teile ... Willstdunichtwissen.«
    Ich hätte schon auf die Möwenspucke verzichtet, wusste aber zumindest, warum Bennet gerade so ausgeglichen war.
    »Weißt Du einen sicheren Ort, wo er seinen Rausch ausschlafen kann?«, fragte ich seufzend.
    »Logo.«

    Nachdem Bennet sicher in einer Kammer für Sturmflutbedarf untergebracht war, folgten ich dem Klabauter durchs Schiff. Wie immer, wenn ich mit einem Anderweiter unterwegs bin, wurde ich für die Normalsterblichen quasi unsichtbar. Es ist nicht so, als ob sie mich nicht sehen und zum Beispiel in mich hineinlaufen, wenn ich im Weg stehe. Vielmehr umgehen sie mich dann einfach, wie vielleicht einen abgestellten Putzeimer, der eben gerade ein Hindernis ist, aber nichts, was einen zweiten Blick wert ist. Deckwachen machten mir automatisch Platz und niemand kümmerte es wenn ich ihn sanft zur Seite schob um durchzukommen. Solange ich niemand angreife oder direkt in seine Arbeit eingreife, ist es so, als wäre ich einfach ein Teil der Umgebung, selbstverständlich und völlig unverdächtig.
    Als wir uns einer der wenigen Kammern für Passagiere näherten, wurde Smithe immer langsamer und an der Ecke des Korridors blieb er schließlich ganz stehen.
    »Dort hinten, in der Kajüte«, wisperte er.
    »Was ist da?«, fragte ich genauso leise zurück.
    »Tha eagal orm ... en bean le ... t-acras olc.« (Ich habe Angst .. eine Frau mit ... bösem Hunger)
    Der Kleine zitterte am ganzen Körper und ich bedeutete ihm hierzubleiben, was ihm auch sehr recht war. Ich hatte zwar keinerlei Polizeigewalt hier, noch konnte ich auf irgendwelche rechtliche Unterstützung hoffen, doch so wie Smithe sich beinahe in die Hose machte, schien es mir das Risiko wert ein bisschen Ärger zu bekommen. Notfalls würde ich eine gute Geschichte erfinden und mich irgendwie herauswinden. Wäre nicht das erste Mal.
    »Weißt Du irgendetwas, was ich als Waffe benutzen könnte?«
    Wortlos deutete der Klabauter auf einen schlanken Korb in der Ecke, wie man ihn für Regenschirme verwendet. Darin steckte, nebst einigen erwarteten Schirmen mit dem Logo der Fährengesellschaft, ein Knüppel mit einer Schlaufe. Ich staunte nicht schlecht, als ich das Messingschild las: PC Stoud - DSW-C (Police Constable Stoud - District Swansea City). Das Ding musste mindestens 200 Jahre alt sein, war aber offensichtlich in Bestzustand. Smithe hatte also vorgesorgt. Kluges Kerlchen.
    Falsch: Kluger Mann!
    Man vergisst allzu leicht, dass Kobolde keine kleinen Kinder sind, auch wenn sie einem kaum übers Knie reichen. Gerade ich sollte das besser wissen.
    Entschlossen und beruhigend bewaffnet, pirschte ich zur Kabinentür und lauschte. Da ich nichts hörte, drehte ich den Griff sehr langsam und vorsichtig. Das Schloss schnappte leise aber für meinen Geschmack immer noch viel laut auf.
    Drin war es dämmrig, also stieß ich die Tür auf und wollte hineinschlüpfen, doch ein leises Krächzen, wie der Warnruf einer Krähe ließ mich zusammenfahren und mich automatisch in die Hocke gehen.
    Eine Krähe sah ich nirgends, aber den High-Tech-Pfeil, der über mich hinweg flog, genau da, wo gerade eben noch meine Brust gewesen war, den sah ich umso besser.
    Durch die nun offene Tür dran genug Licht um die Frau im nachschwarzen Ledermantel zu erkennen, die rasend schnell einen neuen Pfeil aus einem Köcher an der Hüfte zog und schon drauf und dran war anzulegen.
    Ohne zu zögern schnellte ich aus der Hocke hoch auf meine Gegnerin zu.
    Diese ließ ohne lange zu fackeln ihren Bogen fallen und wirbelte den Pfeil in der Hand herum, um ihn als Stichwaffe gegen mich zu benutzen.
    Unser Kampf war lautlos, schnell und heftig.
    Sie stach nach meiner Schulter, ich wich aus, hieb gleichzeitig nach ihrem Unterarm.
    Überrascht stieß sie den Atem aus, stöhnte aber weder, noch schrie sie auf, ließ aber immerhin den Pfeil fallen. Ich wollte nachsetzen, doch da sah ich ihre Rechte hinter dem Rücken verschwinden und wich gerade noch einmal so zurück, um dem wilden Bogen zu entgehen, den sie mit dem frisch gezogenen Messer gegen meinen Oberschenkel geführt hatte.
    Sekundenlang musterten wir uns. Ihre Augen erschienen mir ungewöhnlich aufgerissen, ihr Blick zwar konzentriert aber doch irgendwie unstet, wie bei jemand der unter Drogeneinfluss tobt. Nur kannte ich genug Schläger unter Drogeneinfluss aus meiner Zeit bei der Polizei. Die bewegten sich niemals so schnell und auch nicht so koordiniert. Außerdem hatte ich hier keinen Schläger sondern eine ausgebildete Kämpferin vor mir.
    Vor meiner Zeit in den Anderwelten hätte ich wahrscheinlich den Kürzeren gegen diese Kämpferin gezogen, doch wenn man beinahe täglich mit einem Troll, einem Wolfling und einem Elfenpaladin trainiert, lernt man schnell, ausdauernd und zäh zu werden, und man bekommt nebenbei noch jeden hinterhältigen Trick mit, den sie dir in keinem Kampfkurs zeigen.
    Die Frau im Ledermantel täuschte an und dann nochmals. Bei zweiten Mal ließ ich mich scheinbar hereinlegen, verlagerte mein Standbein um dem Angriff zu begegnen.
    Sie wirbelte um die eigenen Achse und stach dorthin, wo eben noch meine ungedeckte Schulter gewesen war. Doch da war jetzt der beinahe eisenharte Knüppel, der den Dolch abgleiten ließ und die Finger, die ihn hielten schwer prellten.
    Nun schrie sie doch kurz, eher aus Frustration als aus Schmerz und wich bis zur Kabinenwand zurück.
    »Hören, Sie Miss, ich will ihnen gar nichts tun, man hatte mich nur inform ...«
    Sie hörte gar nicht zu, griff in ihre Tasche und hatte danach einen kleinen Beutel in der Hand.
    Schon bevor sie ihn zusammendrückte, schlugen alle meine Sinne Alarm. Damit meine ich wirklich alle! Genauso, wie vor zwei Tagen in der Kanzlei Jurin.
    Ich hechtete nach hinten und warf die Tür hinter mir zu. Nun ebenfalls mit schlotternden Knien, warte ich davor, erwartete wenigstens, dass etwas Dämonenfäule durch den Spalt unter der Tür in den Korridor trat, doch nichts geschah.
    Nach einigen Minuten hatte ich soweit Mut gefasst um die Kabinentür vorsichtig zu öffnen. Ich musste wissen was los war. Die Leute und das ganze Schiff konnten dabei verseucht werden, wenn ich die Lage nicht irgendwie in den Griff bekäme. Wenn ich nur eine leise Idee gehabt hätte, wie ...
    Doch als ich die Tür öffnete war der Raum leer, in dem Sinne, das weder die Frau, noch ihre Waffen oder irgendwelches Gepäck zu finden waren. Auch der Gestank hielt sich in Grenzen und war schon dabei sich völlig zu verflüchtigen. Der Luftzug durch das eilends geöffnete Bullauge tat sein Übriges dazu.
    Vermutlich eine Art Teleportations-Effekt, erklärte ich mir das Verschwinden meiner Gegnerin. Dämonenmagie ist derart mächtig und verbiegt so leicht und leichtfertig die natürlichen Gesetze der Welt, dass es kein Wunder ist, warum sich immer wieder, selbst Leute, die es besser wissen sollten, ihrem Einfluss hingeben.
    Als ich wieder in den Korridor trat, erwartete mich Smithe.
    »Die Frau mit dem bösen Hunger ist nicht mehr an Bord.« Wenn der Schiffsklabauter das so sicher sagte, dann war das eine unzweifelhafte Tatsache.
    Er hielt mir den Pfeil entgegen
    »Hier. Damit kannst Du sie aufspüren, kannst Du doch, oder?«
    Ich nickte langsam und wischte meine feuchten Handflächen an der Hose ab.
    Wahrscheinlich konnte ich das.
    Nur, wollte ich das auch?

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Jetzt wissen wir natürlich immer noch nicht, ob sie Macht auf dem Wasser hat, aber dafür eine interessante neue Spur. Und etwas Action :D aber wie ich Sam einschätze wird sie es nicht lassen können doch zu suchen. Oder der Ärger findet sie ... wieder einmal ^^

  • Mahlzeit Tom,
    ich hole nach und nach die Geschichte auf, wie angekündigt.

    Mir fallen einige techische Dinge auf, die ich schlecht sammeln kann. Daher als Paradebeispiel das aus dem aktuellen Teil:

    Zitat von Tom Stark

    »Tapadh leat! « (Danke Dir), nahm ich die Flasche und hielt sie Bennet hin.

    Solche Kleinigkeiten stören deinen lässigen Schreibstil immer wieder. Ich lese super gerne mit und staune teilweise über die ansprechende Wortwahl. Hier empfehle ich allerdings:
    »Tapadh leat! « Danke dir. Ich nahm ...
    Oder für Faule: einfach weglassen :D Eine Lösung, die du bestimmt nicht wählst.

    Das nur in aller Schnelle. Mehr zum Rest dann als Gesamtfazit.

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Hey Tom :)
    Kleine Zwischenaction ist dir gut gelungen :D
    Mich würde auch mal interessieren, wie das nun auf dem Wasser und mit ihrem Vater ist :D
    Und Sam ist nicht alleine.- ich habe mich auch gefragt, woher der Klabautermann von der Sache am anderen Ende der Welt wusste XD

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Auf der Straße, von Cork nach Maugin

    Viele verwechseln Wales mit Irland. Einerseits ist das ein Kompliment für Wales, weil Irland wegen seines milden, aber niederschlagreichen Klimas eine wunderschöne grüne Insel ist. In der Tat schlägt das Herz jedes Druiden höher, wenn er das üppige Grün sieht, und nicht wenige Touristen kommen wegen der malerischen kleinen Dörfer immer wieder her. Wie auch in Wales und Schottland finden sich in Irland ein Haufen Burgruinen, die auf die bewegte kriegerische Geschichte des Landes schließen lassen.
    Wie? Sie hatten gedacht, Irland wäre das Land des Friedens schlechthin?
    Niemand baut Festungen wenn er nichts zu befürchten hat.
    Zudem hatten und haben heute noch, die Anderwelten die meisten Übergänge zu unsrer Welt auf der Insel und in dem fast nie ganz verschwindenden Nebel verstecken sich gewiss mehr Anderweltler als sonst wo, vielleicht die großen Wüsten und Dschungelgebiete ausgenommen.
    Andererseits, fragt man mich nach Irland, sage ich nur: Wiesen und Schafe, Regen und Nebel.

    Und genau diese Schafe blockierten zum fünften oder sechsten Mal meine Weiterfahrt, doch das empörte Blöcken der Wollträger, welche von dem sehr gemütlich agierenden Schäfer endlich von der Straße getrieben wurden, weckte immerhin meinen Fahrgast auf.
    Ich hatte in Cork einen Wagen gemietet und es als gutes Omen angesehen, dass ich einen zwei Jahre alten Ford Taurus bekommen konnte. Er wirkte zwar eher wie der hippe Sohn, denn der jüngere Bruder meines eigenen alten Taurus zuhause, aber wenigstens wusste ich, wo alle Hebel und Knöpfe waren. Den verkaterten Bennet hatte ich mit einiger Mühe und Überredungskunst auf die Rückbank bugsiert und ihn dort schlafen lassen. Bis in den Nationalpark würde ich es allemal alleine finden. Wenn die zwei bis drei Stunden Fahrt, die ich mindestens dafür angesetzt hatte, verstrichen wären, konnte ich ihn ja immer noch wecken. Hier an Land hätte ich sogar die Magic-Power um ihm seinen Kater auszutreiben, da ich davon ausging, dass das Land keinen Einwand dagegen hätte, einem seiner Kinder die Kopfschmerzen zu erlassen. Das Land ist nicht so gehässig oder meint erzieherisch tätig sein zu müssen, indem es jemand das zukommen lässt, was er nach übermäßigem Besäufnis auch verdient.
    Außerdem war es wirklich nicht Bennets Schuld und auch Smithe hatte nur versucht zu helfen.
    »Uhhhh ...«, kam es aus dem Font des Wagens. »Was für ein Höllenlärm!«
    Ich schmunzelte mitfühlend.
    »Na, wird's denn gehen?« Ich drehte mich so gut es ging zu ihm um. Er sah wirklich elend aus. Ich würde wohl wirklich ein bisschen bei der Genesung nachhelfen.
    »Oh, ich hab Kopfweh, das können Sie sich gar nicht vorstellen ...!«
    Doch, konnte ich. Er war nicht der erste Mensch, der von einem Kobold auf einen freundlich gemeinten Drink eingeladen worden war und diese Lektion am nächsten Tag hart bezahlen musste: Feenwesen sind KEINE Menschen, egal wie ähnlich sie uns sehen. Nicht alles ,was für sie bekömmlich ist, ist es auch für uns oder umgekehrt. So sollten sie nie, nie, nie einem Brownie starken Kaffee oder Red Bull zum Trinken geben, es sei denn sie wollen für die nächsten 2 Tage keine Sekunde Ruhe mehr finden, weil ein total aufgedrehtes, ohnehin schon pfeilschnelles Wesen, ständig um sie herumwirbelt.
    »Wir halten gleich. Auf der Karte sehe ich einen kleinen See, nicht weit entfernt, mit einem Rastplatz. Dort schauen wir mal, ob wir Ihren Kopf nicht wieder hinbekommen.«
    »Gnnnn ... ohhh!«

    Der Rastplatz war leer, was angesichts der kühlen Jahreszeit auch kein Wunder war. Mir war das jedoch sehr recht.
    Behutsam half ich meinen Klienten aus dem Wagen und legte ihn auf einen Streifen Gras, zwischen dem Rastplatz und dem zum See abfallenden felsigen Untergrund.
    Falls ihm das feuchte Gras etwas ausmachte, ignorierte er es. Seinen pochenden Kopf auf eine stabile Unterlage zu legen war ihm wohl weitaus wichtiger.
    Ich kniete mich neben ihn, legte eine Hand auf seine Stirn und die andere auf den Erdboden.
    Mit geschlossenen Augen horchte ich und hörte in meiner Seele das machtvolle Lied, welches das Land auf dieser Insel sang. Ich beneidete für einen Moment die irischen Druiden, doch sogleich fielen mir die vielen Probleme ein, die das Aufeinandertreffen der diesseitigen Welt und den Anderwelten stets hervorrief. Genau deswegen hatten die Feen vor Urzeiten die ersten Druiden ausgebildet, als Vermittler, Richter und, wenn nötig, Vollstrecker. Gleichsam als eine Art Paladin des Landes mag ein Druide in allen Welten hoch angesehen sein, aber er ist auch derjenige, vom den man erwartet, dass er den Deckel auf dem brodelnden Topf der Gegensätze hält und Irland brodelt mächtig.
    Was mich zu der Frage brachte, die mir schon lange im Hinterkopf herum spukte. Warum hatte Bennet sich nicht an einen der ortsansässigen Druiden gewandt?
    Doch zuerst einmal stimmte ich in den Gesang des Landes mit ein, bis es mich wohlwollend zur Kenntnis nahm und dann mit einer Freude willkommen hieß, die mich überraschte. Das Land BRAUCHTE hier einen Druiden und offenbar war ich der erste seit einiger Zeit, der den Ruf beantwortete. Das beunruhigte mich mehr, als alles andere in den letzten Tagen, und es gab wahrlich schon genug Gründe zur Sorge.
    Wie konnte es ausgerechnet in Irland sein, dass keiner seiner Druiden dem Land zu Hilfe kam?
    Doch immer eins nach dem Anderen.
    Zuerst bat ich um Linderung für die Leiden meines Schützlings, was ohne Zögern gewährt wurde.
    Es ist nicht so, dass zwischen dem Land und dem Druiden geschachert wird, im Sinne: Hilfst du mir, helfe ich dir. Aber für das Land ist ein Mensch nicht bedeutender als ein Baum, Strauch oder Stein. Daher bedarf es normalerweise wenigstens ein klein wenig der Überredung. Doch hier wollte das Land offensichtlich, dass ich schnell zur Hauptsache kam, also wollte ich genau das tun.
    Doch leider sprechen das Land und die Menschen, leider auch nicht die Druiden, eher in Gefühlen und Bildern miteinander als in Form menschlich leicht zu verstehenden Worten, und das Land ist bei der Interpretation weitaus begabter als der Druide, oder zumindest als diese Druidin hier.
    Ich empfing den Gestank von Dämonen - klar, hatte ich irgendwo erwartet - aber auch das Gefühl des Gefangenseins, der Furcht und der Hilflosigkeit. Die Signale waren ganz klar, aber halfen mir nicht weiter konkret zu werden.
    Doch ein Druide wird nicht umsonst ausgebildet selbständig zu denken. Weißwurzel, mein unendlich geduldiger Ausbilder hatte oft tagelang geschwiegen, wenn ich die nötigen Informationen direkt vor meiner Nase gehabt hatte, sie aber nicht sah, oder zu faul war, ordentlich danach zu suchen und statt dessen lieber ihn gefragt hatte. Überhaupt ist das ein typisch menschlicher Zug. Warum seine eigenen Sinne bemühen, wenn man jemand anderen die Arbeit machen kann?
    Also bedankte ich mich und versprach zu tun was nötig war - der eigentliche Leitspruch, unter dem man das Wirken eines Druiden gut zusammenfassen kann.
    Man spürt das Problem auf und tut, was zu tun ist. Ganz wie man es von einem Paladin eben erwartet.

    Als ich wieder aus der Trance erwachte, sah ich einen aufmerksamen Bennet mich beobachten. Er wirkte keineswegs verwirrt, irritiert oder wie jemand der sich fragen müsste, was beim heiligen Patrick, diese junge Frau auf den Knien im kalten feuchten Gras machte.
    Ich schaute ihm direkt in die Augen und saugte meinen Blick geradezu an seinem fest. Ja, die Informationen, zumindest einige, lagen direkt vor mir. Bislang hatte ich Rücksicht darauf genommen, dass er mir nicht alles gesagt hatte, was er wusste. Das war sein gutes Recht, genauso wie es meines war, jederzeit umzudrehen und ihn mit seinen Sorgen alleine zu lassen.
    Das Recht eines Menschen endet jedoch genau in dem Augenblick, in dem der Druide das Mandat des Landes bekommt.
    Mag sein, dass einige humanitäre Menschenrechtsorganisationen jetzt aufschreien würden, oder dass der Internationale Gerichtshof in Den Haag meine Ansicht nicht teilen könnte, aber das liegt einfach daran, dass die Menschen sich gerne für die Krone der Schöpfung halten, also für ihre Könige. Doch selbst die Christen lassen ihren Gott in ihrer Schrift sagen, dass der Mensch die Schöpfung bewahren soll. Allerdings legen sie ihm in einer anderen Schrift die Erlaubnis in den Mund, sich die Erde Untertan zu machen, was natürlich weitaus beliebter zitiert wird. Herrschen ist im ersten Moment immer besser als dienen. Nur die Wenigstens begreifen, dass in einer funktionierenden Gesellschaft, beides ein und dasselbe ist, und insofern die beiden Schriften sich nicht einmal widersprechen.
    Bedenkt man jedoch das Wissen, dass die frühen Menschen Tiergötter angebetet hatten, sich selbst mit Tierköpfen und Fellen versucht hatten dem mächtigen Vorbild ähnlich zu machen, sollte jedem klar sein, dass er Mensch auch einfach nur ein Tier ist, zumindest soweit es das Land betrifft.
    Sogar die ganz modernen und hochtechnologisierten Menschen begreifen inzwischen, dass das Land ganz gut ohne Menschen auskommt, aber der Mensch nicht ohne das Land. Man muss kein Genie sein um zu erkennen, wer am längeren Hebel sitzt, oder um es ganz offen zu sagen, wer der Stärkere ist.
    Wenn Ihnen also die Vorstellung nicht gefällt, dass ein Druide nach Ihrer Weltanschauung im Notfall verdammt skrupellos sein kann, kommen sie besser keinem von uns in die Quere und benehmen Sie sich einfach dem Land und seinen Bewohnern gegenüber nicht, wie ein rücksichtsloses Arschloch!

    Und daher würde mir Bennet jetzt alles sagen, was ich wissen musste.
    Wenn das Land rief, würde der Druide dem Ruf immer folgen.
    Scheiß auf die zarten Befindlichkeiten eines einzelnen Menschen!

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet