Ein paar Worte zum Thema Stil und Form

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 8.739 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. Juli 2019 um 17:09) ist von Werluchs.

  • So, da ich - gerade wenn ich die Geschichten neuerer User lese - immer und immer wieder dieselbe Punkte in Kommis schreibe, dachte ich mir, ich sammel das mal alles geordnet in der Schreibwerkstatt in einem Thema zu Schreibstil un Form und verlinke dann darauf :fox:

    Gleich vorweg, ich hab nicht die Weißheit mit Löffeln gefressen und nicht alles was ich hier sage, müsst ihr unbedingt machen, damit euer Text einen "guten" Stil aufweist. Das sind lediglich ein paar Dinge, die mir beim Lesen von Geschichten immer wieder auffallen und die ich persönlich unschön finde, weil sie mich aus dem Lesefluss bringen. Jeder kann mit den folgenden Tipps also tun und lassen, was er will ^^

    PS: Vermutlich werd ich mich jetzt nicht an alles erinnern und diese Liste nach und nach vervollständigen und immer wieder überarbeiten :fox:
    Also los geht´s!


    #0 Die goldene Regel


    Nein, das hier ist kein Allgemeinrezept für schönen Stil - naja, fast. Und zwar lässt es sich mit einem Wort zusammenfassen: Abwechslung.

    Das ist meine persönliche Richtlinie für guten Stil, weswegen euch das Wort in den nachfolgenden Punkten öfter mal begegnen wird! Denn je mehr Abwechslung, desto weniger wird ein Text monoton und langweilig.


    Jetzt aber genug der Einleitung, los geht´s!

    #1 Bemühe dich um einer fehlerlose Rechtschreibung

    Klingt banal, ist aber extrem wirkungsvoll. Wenn ein Text nur so von Rechtschreibfehlern strotz, dann stört das den Lesefluss extrem. Gute Rechtschreibung kommt mit Übung und tun, also keine Sorge, Fehler sind erlaubt, jedem passieren die kleinen Flüchtigkeitsfehler.
    Tipp: Wenn du dir bei einem Wort über die Rechtschreibung im Unklaren bist, Google und Duden online helfen gerne ;)



    #2 Beginne nie mehrere Sätze hintereinander mit derselben Art von Wort


    Oder wie ich es lieber nenne, den Schulaufsatzfehler. Wenn Texte sich irgendwie dröge lesen, und man denkt "das klingt wie ein Schulaufsatz", dann liegt das meist daran, dass man jeden Satz mit einem Hauptwort anfängt:

    Zitat von Negativbeispiel

    Ich öffnete die Tür und trat in die verlassene Villa. Der Raum im innern war dunkel und ich konnte kaum etwas sehen. Ich fühlte mich sofort unbehaglich. Staub stieg mit in die Nase.

    Deswegen fangt doch auch mal einen Satz mit einem anderen Wort (zum Besipiel Adjektiven) an. Allerings nicht so:

    Zitat von Negativbeispiel

    Vorsichtig öffnete ich die Tür und trat in die verlassene Villa. Dunkel war es im Inneren des Raumes und ich konnte kaum etwas sehen. Unbehaglich trat ich von einem Fuß auf den anderen. Kitzelnd stieg mir Staub in die Nase.

    Ist der gleiche Fehler, klingt genauso monoton und dröge.

    Wo liegt der Trick?

    Ganz einfach, im Wechsel. Beginne deine Sätze immer mit Worten aus unterschiedlichen Wortgruppen und du nimmst deinem Text die Schulaufsatzmonotonie.

    Zitat von Positivbeispiel

    Vorsichtig öffnete ich die Tür und trat in die verlassene Villa. Der Raum im innern war dunkel und ich konnte kaum etwas sehen.Sofort spürte ich kaltes Unbehagen in mir aufsteigen. Staub stieg mit in die Nase und ich musste laut niesen.


    #3 Gibt deinem Text eine übersichtliche Struktur


    Absätze sind der Freund der guten Lesbarkeit. Denn ein Leser hasst Textblöcke! Die erinnern im Aussehen an kompliziert und langweilig geschriebene Wissenschaftstexte (mich zumindest). Gerade, wenn dann noch kleine Schrift verwendet wird, verliert man immer wieder die Zeile und es ärgert, wenn man aus dem Lesefluss rauskommt und ein Leser soll sich beim Lesen von Geschichten schließlich entspannen, oder?


    Wo liegt der Trick?

    Mach Absätze an den richtigen Stellen. Das ist immer, wenn ein neuer Sinnzusammenhang geschieht und das passiert öfter als man denkt.
    Zudem, beginne immer eine neue Zeile, wenn der Sprecher in einer wörtlichen Rede wechselt. Beginne ebenfalls eine neue Zeile, wenn ein anderer Charakter die Handlung übernimmt.


    #4 Vermeide Ketten von Adjektiven und Informationen

    Adjektive sind schön und geben unserem Texte Farbe. Aber bei zu viel Farbe, wird es dann anstrengend, noch das Bild zu erkennen

    Zitat von Negativbeispiel

    Sie betraten die alte, verlassene, gruselige, dunkle und längst verfallene Villa.

    Das war jetzt ein übertriebenes Extrembeispiel, aber so wirkt es.

    Wo liegt der Trick?

    Beschränke dich beim Beschrieben von Dingen auf ein Adjektiv. Zwei gehen auch mal durch, aber mach das nicht zu oft. Wenn du mit einem Adjektiv nicht alles über die Sache sagen kannst, was du sagen willst, dann gib die Information auf anderen Wege, zum Beispiel durch einen Prota. Wenn du im Villa Beispiel also die Worte "alt" und "verlassen" unbeingt drinhaben willst, wäre das hier eine Lösung:

    Zitat von Positivbeispiel

    Sie betraten die alte Villa.
    "Sieht verlassen aus", hörte ich meinen Freund neben mir murmeln.

    Alt steckt hier in der Beschreibung, verlassen steckt in der Aussage eines Charakter und in murmeln drückt sich sogar aus, dass die Villa bedrohlich oder gruselig ist!

    Hinweis: Dieser Tipp gilt für jegliche Informationsgebung in Texten!


    #5 Vermeide Wortwiederholungen

    Zitat von Negativbeispiel

    Wir betraten die alte und heruntergekommene Villa. Die große Eingangshalle wirkte stark heruntergekommen. Überall hingen verblasste Wandteppiche, oder alte Bilder von längst verstorbenen Besitzern der Villa.

    Die Wiederholung von Wörtern (und zwar allen [bis auf sowas wie "der"] )in kurz aufeinanderfolgenden Sätzen fällt einem Leser auf und wirkt unkreativ. "Hach schon wieder dieses Wort". Das Gehirn erkennt leicht diese Wieerholungen und deswegen macht es drauf aufmerksam, weswegen man aus dem Lesefluss rausfällt.


    Wo liegt der Trick?


    Verwende Synonyme und lass Woxikon deinen Freund werden.

    Hinweis: Wiederholungen sind nicht immer schlechter Stil, sondern nur, wenn sie so benutzt werden, wie ich das gerade im negativbeispiel getan habe! Bewusst verwendet, richtig verwendet, an der richtigen Stelle verwendet ist die Wiederholung ein sehr gutes Stilmittel für eine Betonung!

    Zitat von Positivbeispiel

    Wieder einmal sah Emily ihre Chance verstreichen. Wieder einmal hatte sie den richtigen Moment verpasst, zu sagen, was sie wirklich dachte. Und wieder einmal fühlte sie sich am Boden zerstört.

    Du siehst, das betont man beim Lesen automatisch, wodurch der Text noch einschlägiger wird!

    Zitat von Positivbeispiel

    Bob stand auf und sah aus dem Fenster. Die Sonne stand am Himmel und versprach einen großartigen Tag, voll von großartigen Begegnungen und großartigen Erlebnissen in dieser großartigen Welt!
    Bob zog die Vorhänge zu und legte sich zurück ins Bett.

    In diesem Beispiel wirkt die Betonung schon sarkastisch. Allerdings auch erst mit dem letzten Satz, der das komplette Gegenteil der Betonung ausdrückt. Du siehst, man kann hiermit auch spielen, wenn bewusst verwendet ;)

    #6 Der richtige Umgang mit Satzzeichen in der wörtlichen Rede


    Ganz häufig sehe ich so etwas:

    Zitat von Negativbeispiel

    "Verteidigt die Burg.", rief der Heerführer.

    Das ist falsch! Und wieso? Weil da ein Punkt mitten in einem Satz steht. Es stimmt "Verteidigt die Burg" ist ein abgeschlossener Satz, trotzdem gehört da kein Punkt hin denn "rief der Heerführer" ist kein abgeschlossener Satz. Man muss in diesem Fall immer den ganzen Satz betrachten.
    Also, wann immer ihr hinter eine wörtliche Rede ein Komma schreibt, um hinzuzufügen, wer den Kram da gerade gesagt/gerufen/ etc. hat, kommt in die wörtliche Rede kein Punkt. Ausnahmen sind Ausrufezeichen und Fragezeichen. Die sind erlaubt, weil sie Infos über

    die Art des Satzes geben. Richtig sind also diese fünf Varianten


    Zitat von Positivbeispiel

    "Verteidigt die Burg", rief der Heerführer.

    Zitat von Positivbeispiel

    "Verteidigt die Burg!", rief der Heerführer. (Diese Variante legt dem Heerführer mehr Befehlston in die Stimme)

    Zitat von Positivbeispiel

    "Verteidigt die Burg?", rief der Heerführer. (Lässt ihn unsicher fragen, ob sein Befehl eine gute Idee ist)

    Zitat von Positivbeispiel

    "Verteidgt die Burg!?", rief der Heerführer. (Lästt ihn ungläubig fragen, ob da tatsächlich gerade jemand anderes als er einen Befehl erteilt hat.

    Zitat von Positivbeispiel

    "Verteidigt die Burg." Befehlsgewohnt zückte der Heerführer seinen Säbel. (Einfach eine Alternative zum sonstigen " , sagte soundso"


    #7 Vermeidet den Pingpongeffekt in Dialogen.

    Als Ping-pong-Effekt wird ein solches Gespräch bezeichnet:

    Zitat von Negativbeispiel

    "Hey, wie geht´s?"
    "Ganz gut. Und dir?"
    "Muss ja. Hast du mal eben ´ne Minute?"
    "Klar, worum geht´s?"
    "Ich weiß nicht direkt, wo ich anfangen soll."

    Es ist nur der Kern eines Gesprächs, erinnert stark an Chat. Irgendwann gibt der Leser auf, wer was denn jetzt gesagt hat (ohne die Zeilenumbrüche bereits nach den ersten drei Sätzen). Zudem entsteht im Kopf des Lesers kein Bild von dem was passiert. Wenn man also tatsächlich eine Chatsituation in einer Geschichte hat, ist dieser Ping-pong-effekt tatsächlich perfekt. Ansonsten mögen wir den nicht. Abhilfe schafft da natürlich zu sagen, wer was sagt:

    Zitat von Noch nicht ganz so gutes Beispiel

    "Hey, wie geht´s?", fragte er
    "Ganz gut. Und dir?", sagte ich.
    "Muss ja. Hast du mal eben ´ne Minute?", fragte er weiter.
    "Klar, worum geht´s?", erwiederte ich
    "Ich weiß nicht direkt, wo ich anfangen soll."

    Jetzt weiß man, wer was sagt, aber schön klingt es immer noch nicht. Das liegt daran, dass es hier an Abwechslung fehlt. Ähnlich wie bei Punkt #2 mit dem immergleichen Satzanfang, haben wir hier einen immergleichen Nebensatz.

    Wo liegt der Trick?

    Der Trick liegt darin, dass in jedem Gespräch unglaublich viele Informationen neben den Worten an sich vermittelt werden. In Tonfall, in Gestik, in Mimik. Selten reden zwei Menschen einfach nur so. Hier kommt ein Positivbeispiel:

    Tadaa, kein Ping-pong-effekt mehr!



    #8 Vermeide eine Informationsflut. Füttere den Leser nicht, lass ihn erleben! (Show don´t tell)

    Über diesen Punkt hab ich kürzlich einen Artikel gelesen, der das ganze vermutlich besser in Worte fasst, als ich es jetzt könnte. Deswegen gebe ich euch hier lieber den Link, anstatt hier den Abklatscht einer Nacherzählung zu versuchen:


    Klick mich!


    #9 Vermeide ausgelutschte Vergleiche die jeder kennt.

    Zum Beispiel so was wie den Elefanten im Porzellanladen, die Zeit, die sich wie Kaugummi zieht, oder der Betrieb, der auf Hochtouren läuft. Das sind alles vergleiche, die unglaublich schön sind, weil sie so anschaulich sind. Deswegen hat sie jeder Verwendet und heute sind sie ausgelutscht. Suche also neue Vergleiche.

    Wo liegt der Trick?

    Die unangenehme Antwort: Im eigenen Hirnschmalz. Wenn du in deinem Text einen Standardvergleich siehst, frag dich, ob dir vielleicht nicht noch etwas anderes einfällt, was ähnlich klingt. Vielleicht haben wir diesmal ja einen Feuerspucker in der Fabrik für Pyrotechnik, Zeit die sich zur Abwechslung mal wie Tapetenkleister verhält oder der Betrieb der heute läuft wie Opa Herbert nachdem er versehentlich Tequila statt Milch in seinen vier Uhr Nachmittagstee gemixt hat.

    Mehr zum Vergleich hier bei den Tools!

    #10 Vermiede lange komplizierte Sätze, die sich nur durch Konjunktionen aneinanderklammern

    Gemeint ist, dass man nicht ständig einen Satz in die länge dehnen muss, der eigentlich auch kürzer gefasst werden kann, man aber meint, die Info, die man hinten noch dranhängt, gehört unbedingt zu besagten satz noch zu und müsse unbedingt angehängt werden, weil der Leser, denn der Leser ist dumm, wenn ich einen neuen Satz anfange, womöglich gar nicht mehr weiß, auf was sich mein angehängter Nebensatz eigentlich bezieht.

    Nothing more to say :fox:


    #11 Vermeide unnötige Füll- und Unwörter

    Manche Wörter blähen Sätze unnötig auf. Dazu gehören solche Wörter wie
    tasächlich, gewissermaßen, irgendwie, doch, ja, äh, wieder, weiter, gleichwohl, quasi, natürlich, scheinbar etc.

    Zitat von Negativbeipiel

    Ich fühlte mich irgendwie seltsam, als ich in die verlassene Villa trat. Doch gleichwohl war dies tatsächlich auch ein sehr erhebenes Gefühl.

    irgendwie: unpräzise, sagt nichts aus, erzeugt ddadurch auch keine Spannung sondern wirkt einfach nur lasch!
    Doch, tatsächlich, auch, sehr: An dieser Stelle unnötige Füllwörter

    Tatsächlich wirken solche Füllwörter an manchen Stellen jeoch Betonend.

    Zitat von Positivbeispiel

    Er war doch nicht so blöd, wie angenommen.

    Wo liegt der Trick?

    Lese den Satz noch mal ganz gründdlich und aufmerksam. Frage dich bei den entsprechenden Worten "klingt der Satz auch ohne das Wort noch gut, oder brauche ich das hier, weil ich unbedingt eine Betonung will. Muss diese Betonung unbedingt sein?"

    Das hilft schon, und aufmerksames Korrekturlesen trainieren ist nie verkehrt ^^

    Hinweis:
    Diese Regel gilt meiner Ansicht nach nicht in der wörtlichen Rede. In der wörtlichen Rede ist alles erlaubt, was authentisch zum Charakter passt. Und wenn jemand halt beim Reden seine Sätze mit Füllwörtern aufbläht, gehört es zum Charakter ;)


    #12 Vermeide Tautologien

    Oder auch: Wiederhole dich nicht ständig. Eine Tautologie ist etwas selbsterklärendes, zum Beispiel, wenn du ein Wort mit einem trivialen Adjetiv verbindest.

    Zitat von Negativbeispiel

    Rotes Blut floss aus seiner Wunde

    Ach ne, das hätte ich jetzt nicht gedacht :sarcastic:

    Zitat von Negativbeispiel

    Er holte mit der schweren Eisenstange aus.

    Na klar, wenn die nicht schwer wäre, würde sie sich kaum dazu eignen, den anderen damit eins überzubraten


    #13 Sei nicht so verbfaul

    Zunächst einmal, was bedeutet "Verbfaulheit" überhaupt? Ich mache es mal mit einem Beispiel:


    Zitat von Negativbeispiel

    Die Eingangshalle der Villa war groß und prunkvoll eingerichtet. Da waren bunte Wandteppiche, Bilder von ehemaligen Besitzern, die alle denselben abschätzigen Blick aufgesetzt hatten und von der Decke hing ein prunkvoller Kronleuchter herab. Noch nie hatte ich mich in einem solchen Raum befunden. Er wäre noch beeindruckender gewesen, wäre all der Glanz nicht längst verfallen. Heute war dieser Raum nur noch eine Ruine.

    Ihr seht, das geht also noch. Verbfaulheit fällt nicht ganz so schnell ins Gewicht wie andere Formfehler (deswegen steht es auch erst hier, höhö), aber dennoch kann man diesen Abschnitt besser formulieren, nämlich, indem man die Standardverben haben und sein einfach so weit wie möglich vermeidet. Wenn diese nämlich zu oft am Stück fallen, dann merkt das der Leser und der Text wirkt irgendwie dröge, denn es fehlt ihm an Kreativität. Gerade bei Beschreibungen von Orten und Personen verliert man sich allzu oft in einer War-Orgie ;)

    Zitat von Postivbeispiel

    Die Eingangshalle der Villa besaß beinahe die Ausmaße und den Prunk einer spätbarrocken Kirche. Überall hingen bunte Wandteppiche und Bilder von ehemaligen Besitzern, die alle mit denselben abschätzigen Blick auf mich hinunter starrten, und von der Decke fiel der Schatten eines eindrucksvollen Kronleuchters auf mich hinab. Noch nie hatte ich mich in einem solchen Raum befunden. Doch die wahre Pracht des Glanzes blieb trübe unter all dem Staub verborgen. Eine Ruine, ein Schatten seiner selbst.

    Natürlich soll das nicht heißen, dass ihr die Standartverben nicht mehr verwenden dürft (wie gesagt, meistens fällt es nicht weiter auf und keine Geschichte kommt gänzlich ohne die aus [allein wegen dem PQP]), aber gerade bei Beschreibungen achtet mal besonders darauf. Vielleicht findet ihr einen Weg, nur einen Satz mit war zu verwenden. Gerade Verben lassen sich hier sehr kreativ verwenden.


    Hier geht´s weiter zu den Tools!

  • Danke für diese kleine Zusammenfassung. Die übersichtliche Gestaltung und die "Wie mach ich's besser"-Punkte im Anschluss an das "Schreibproblem" sind auf jeden Fall nützlich. Da kann man mal immer wieder nachschauen.
    Mach doch noch einen Punkt auf mit "beliebten Fehlern" und wie sie richtig sein sollten. -> seid/seit, dass/das, euch/Euch, etc.

    Durch Umwege sieht man mehr von der Welt.

  • Sehr gute Tipps, die ja wirklich häufig Verwendung finden können :)


    Vielleicht sollte man auch mal so eine "Synonym-Liste" für Worte erstellen, die häufig gebraucht und dadurch auch häufig wiederholt werden (gehen, sagen etc.)

  • Ich weiß etwas spät, aber ich finde es Klasse, das du sowas gemacht hast.
    Durch @Kyelia kam ich zufällig hier her, und wusste vorher nichts hiervon,
    mir hat es sehr geholfen und ich hoffe, es wird auch noch viele anderen Helfen.

    LG Ryudachi

  • Danke euch allen :) Hab den Thread gerade einmal geupdated (gibt es diese Verb O.o ) und #13 hinzugefügt. Weitere Updates folgen.

  • Auch von mir ein Dankeschön, Alopex Lagopus!
    Besonders von dem Punkt mit den nicht zu langen Sätzen kann ich noch was lernen :D

    Ewigkeit

    Stell dir eine Stahlkugel vor, die so gross ist wie die Erde. Und eine Fliege, die sich einmal in einer Million Jahren darauf niederlässt. Wenn die Stahlkugel durch die damit verbundene Reibung aufgelöst ist, dann … ja dann … hat die Ewigkeit noch nicht einmal begonnen!

    – David Lodge, 1993

  • Übrigens für ein paar Punkte gibt es tolle Programme die einem den ersten Überblick verschaffen, was den Stil ausmacht.

    z.B. https://www.schreiblabor.com/textlabor/statistic/ markiert die häufigsten Füllwörter, Anglizismen, ausgelutschten Phrasen und zu lange Sätze. Es nimmt einen nicht die ganze Arbeit ab, aber man bekommt schnell einen Überblick.
    Es errechnet dir auch, wie leicht sich dein Text lesen lässt. Es ist aber wie ein Rechtschreibprogramm nur der erste Schritt für die groben Fehler :)

    Ach und natürlich auch von mir ein Danke für die Übersicht :D

  • Hi @Alopex Lagopus,

    auch von mir ein Dankeschön für deine Zusammenfassung.
    Vieles von dem, was du hier anführst, mache ich, wahrscheinlich intuitiv. Bei einigen Dingen hast du mich allerdings voll erwischt.
    Ich bin ja gerade dabei, meine Geschichte noch einmal auf genau solche Formfehler zu überprüfen und natürlich sehe ich jetzt wieder ganz andere Dinge, als bei den ersten 30 Korrekturdurchläufen.

    Was mich allerdings in den Wahnsinn treibt ist die Sache mit der "Verbfaulheit". Eigentlich habe ich keine Probleme damit, den Satz dreimal umzustellen und entsprechend für eine gewisse Variation in den Satzanfängen zu sorgen. (glaube ich zumindest)
    Als ich so gestern Abend einen Abschnitt in meiner Geschichte las, stolperte ich allerdings über eine Ansammlung von "war", "hatte" und "wäre". Blöderweise auch noch ein Abschnitt, der mir eigentlich ganz gut gefiel. Ich weiß nicht, warum ich mich so schwer damit tue, das jetzt zu überarbeiten....ich weiß nur, es hat mich gestern in den Wahnsinn getrieben, weil ich plötzlich ein richtiges Brett vorm Kopf hatte und schließlich keinen geraden Satz mehr formulieren konnte.

    Du schreibst ja, es sei vielleicht auch nicht ganz so schlimm, wenn es sich nicht gerade durch den ganzen Text zieht. Du merkst, ich hätte jetzt gerne die Absolution erteilt, dass es keine Katastrophe ist, wenn ich das einfach mal so stehen lasse....bevor ich verrückt werde :)

    Viele Grüße,
    Rainbow

  • @Rainbow wiefgesagt, Verbfaulheit bemerkt man meistens gar nicht, wenn man nicht gezielt drauf achtet. Es ist auch ein Unterschied, ob der Text gerade im PQP steht (hatte Vergangenheit). Da kommen die ganzen war und hatte dann nämlich ganz automatisch rein, ohne, dass man verbfaul sein will. Deswegen versucht man als Autor hä auch gerne, diese Zeit zu vermeiden. Manchmal geht das aber alles nicht. Deswegen, nach die keinen großen Kopf über einen Absatz. Diese "Regeln" hier sind nur Richtlinien und man muss sich nicht immer strikt dran halten :)

  • Wahnsinn!

    Eine tolle Mühe, die du dir da gemacht hast und eine wirklich schöne, umfassenden Sammlung an wertvollen Tipps.
    Vielen Dank dafür, lieber Alo :)

  • Jetzt hab ich oben ja ziemlich viel gesagt, was man soll und nicht soll. Deswegen soll sich dieser Abschnitt jetzt mit Stilmitteln befassen, heißt, ich möchte ein paar Tools vorstellen, die ich für mich herausgearbeitet habe - vielleicht hab ich darüber auch mal gelesen, in der Erinnerung vermischt sich sowas. Auch hier gilt wieder, ich hab nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen und erhebe auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit :fox:


    Tool #1 Der Vergleich

    Bezieht sich stark auf oben genannten Punkt #9 Vermeide ausgelutschte Vergleiche, die jeder kennt. Die positiv formulierte Seite wird dann heißen: Benutze kreative, neue Vergleiche, die den Leser überraschen.

    Der Vergleich ist mein persönliches Lieblingstool und steht deshalb an erster Stelle. Eine nüchterne Beschreibung ist schön und gut, aber wieso soll man eine Beschreibung nicht mal wie einen Leckerbissen mit den teuersten Gewürzen und den besten Lebensmitteln zubereiten, als sich Fertigfutter von McDonalds und Co zu holen? (Das war übrigens gerade einer ;) ).


    Generell gilt beim Vergleich, je ungewöhnlicher und zutreffender, desto besser. Ich machs mal vor:


    Zitat von Zu verschönernder Beispielsatz

    Seine Stimme dröhnte unangenehm in meinen Ohren.

    An diesem Satz ist nichts verkehrt. Er hat seine Daseinsberechtigung und ist gut so, wie er ist. Ein ganzes Buch kann aus solchen Sätzen bestehen. Allerdings hat ein solcher Satz auch Potential, ein Leckerbissen zu werden. Wenn ich jetzt den Vergleich darauf anwenden will, benutze ich Assoziationen. Ausschlaggebend sind hier für mich die Wörter dröhnte und unangenehm.

    Ich frage mich also, was dröhnend und unangenehm klingt und sich mit einer Stimme irgendwie verbinden lässt.

    Zitat von Verbessertes Beispiel

    Seine Stimme dröhnte wie ein Nebelhorn in meinen Ohren

    Nun hat der Leser ein Bild. Wer schon einmal neben einem Nebelhorn gestanden hat, kann sich jetzt vorstellen, über was für ein Organ der Sprecher verfügt, der die Ohren des Ich-Erzählers malträtiert. Natürlich kann man einen solchen Vergleich noch ausbauen, denn ein bisschen Übertreibung schadet hier meiner Ansicht nach nie.


    Zitat von Positivbeispiel

    Seine Stimme dröhnte wie ein verstimmtes Nebelhorn in meinen Ohren

    Aiaiai, wird schon übler, was? Wenn des Nebelhorn zudem noch verstimmt ist, wie scheußlich muss diese Stimme für den Ich-Erzähler gerade klingen?


    Wo liegt der Trick?


    Das sieht jetzt einfach aus, aber ich behaupte jetzt einfach mal, dass das gar nicht so einfach ist, wie es den Anschein hat. Ich hab oft über Textpassagen gesessen und mit den Kopf darüber zerbrochen, was für einen Vergleich ich hier mal nutzen könnten. An anderen Tagen jedoch, springt mich so ein Vergleich einfach an und will verwendet werden (In einem meiner Dokumente steht immer noch ganz unten der Satz "Sie war ätzend wie Chlorreiniger" aber ich hab immer noch keine Passage gefunden, wo ich das verwenden kann).

    Von daher ist der einzige Tipp, den ich hier geben kann, wirklich seine Assoziation zur Hilfe zu ziehen. Schau dir die Adjektive und Verben in deinem Satz an, überlege dir was du noch damit in Verbindung bringst. Sicherlich ist dies eine gute Übung.


    Tool #2 Der Negativvergleich


    Rangiert in meiner Hitliste auch ganz oben - gerade aus meinen humoristischen Werken ist er nicht wegzudenken. Das Prinzip ist dasselbe wie beim Vergleich, nur das mit dem kompletten Gegenteil vergleichen wird. Lasst mich das eben am letzten Beispiel verdeutlichen.


    Zitat von Negativvergleich

    Seine Stimme klang lieblich wie ein Nebelhorn.

    Was hier passiert ist, liegt auf der Hand: Die Stimme wird mit dem schönen Wort lieblich beschrieben, aber dann mit dem kompletten Gegenteil davon verglichen - es sei denn, irgendjemand von euch möchte mir weißmachen, dass ein Nebelhorn wirklich lieblich klingt. Der Effekt des Negativvergleichs ist für den Leser also im ersten Moment Verwirrung, weil die verglichene Sache in seinem Wortschatz nicht zur Ausgangsbeschreibung passt. Das Ergebnis ist im besten Fall Erheiterung. Es ist dasselbe Prinzip, dass sich ein Witz zunutze macht: Eine Erwartung wird nicht erfüllt/ein fehler wird gemacht.

    Auch hier gilt wieder: Je krasser das Gegenteil ist, desto besser wirkt es. Und Übertreibungen sind auch hilfreich.


    Tool #3 Wortneuschöpfungen (Neologismus)


    Ein Stilmittel, was ich zugeggebenermaßen recht selten benutze, was mir aber gerade einfällt und deswegen auf Platz 3 niedergeschrieben wird. Vor allem verwende ich es, wenn mir die Synonyme ausgehen. Fuchsi sprach oben in Gebot 5: "Du sollst keine Wörter wiederholen!" Tja, manchmal wird das jedoch schwierig, weil es für das Wort einfach kein Synonym gibt! Ich erinnere mich, dass mir für eine Geschichte für den Schreibwettbewerb das Wort "Spiegel" arge Probleme bereitete, weil es in drei Sätzen hintereinander vorkam. Zwei ist dann ja noch zu verkraften, dann schiebt man irgendeinen anderen Satz dazwischen und gut, aber drei? Das fand ich nicht schön, überhaupt nicht schön. Also fragte ich meinen besten Freund Woxikon, was er denn für schöne Synonyme hätte. Ich bekam eins: "reflektierende Glasscheibe". Für den Text nicht zu gebrauchen, ich schreibe schließlich nicht "Ich schaue in meine reflektierende Glasscheibe." :lol:
    Aber einen Denkanstoß bekam ich. Was macht ein Spiegel? Er reflektiert etwas. Und was reflektiert er? Im günstigen und vermutlich häufigsten Fall das eigene Gesicht (wobei ich hier noch nach einem besseren Wort gesucht habe). Fuchsis neues Synonym für Spiegel war seit da an:

    prepare for the worst

    Visagenreflektor


    Ich werde es wohl nie wieder brauchen, auch wird sich das Wort in den meisten Fällen kaum gut machen - aber da die Geschichte humoristischer Natur war, war es in dem Moment perfekt!


    Wo liegt der Trick?



    Lange Rede kurzer Unsinn: Der Trick liegt wieder in Assoziationen. Sucht nach etwas, was zu dem gesuchten Begriff passt, was ihr damit in Verbindung bringt, was seine Funktion (auch) beschreibt - und setzt dieses dann zusammen. Ihr müsst nur drauf achten, es irgendwie cool zusammenzusetzen. Über das irgendwie kann ich hier leider keine Auskunft geben, lasst es einfach für euch stimmig klingen! Das haben so ein paar Typen schon mal versucht, die Fremdwörter aus der deutschen Sprache bannen wollten und Kloster mit Jungfernzwinger und Pistole mit Meuchelpuffer zu übersetzen versuchten. Kann also sicher ganz lustig werden.


    To be continued ...

  • Hey, cooler Thread! Schön, dass du dich wieder daran gesetzt hast und ein wenig erweiterst!

    Beim Vergleich könntest du noch die Metapher dazu fügen. Ist zwar letztlich nicht viel anders, aber man kann doch tolle Dinge damit anstellen.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Moinsen Alopex,

    danke für die vielen Tipps und Tricks. Regeln zu haben ist auch ganz gut. Ich werde versuchen, mich daran zu erinnern, wenn ich mal mit dem Schreiben anfange. Bisher habe ich nur einige Gedichte und Kurzgeschichten in Prosa verfasst. Diese spiegelten meist meinen aktuellen Seelenzustand wieder...
    Ich werde diese Werke, wenn ich sie noch finde mal daraufhin überprüfen.

    Gruß
    Harry

  • Hey, super Tipps und Tricks,
    die sind wirklich hilfreich.
    Was mich auch oft stört sind erklärende Nebensätze. Das heißt natürlich nicht das alle Erklärungen negativ sind. Ich meine Sätze wie: "Er musste Pinkeln, also ging er aufs Klo." In dem Beispiel ist doch klar wo er hingeht, kein Leser würde nach dem ersten Teil des Satzes erwarten das er sein 'Geschäft' im Geschirrschrank erledigt. Den Nebensatz könnte man komplett streichen.

    lg Werluchs