Märchen aus Naruel - Der Schmied und das Feuer

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.510 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (7. August 2015 um 18:45) ist von Polarfuchs.

  • Hallo Community,
    ich habe mich mal an einem Märchenband versucht. Die Texte sollen sich vorwiegend an Kinder richten und als Gutenachtgeschichte dienen. Eine Geschichte daraus möchte ich euch hier vorstellen.
    Über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen, da ich sonst in einem anderen Genre und in einem anderen Stil schreibe und meine Fähigkeiten als Märchenerzähler noch nicht einschätzen kann. :help:
    __________________________________________________________________

    Einst lebte in Larendor ein Schmied. Er war sehr begabt in seinem Handwerk und dafür bekannt, die schönsten und edelsten Waffen anfertigen zu können. Von überall her kamen die Menschen, um seine Schmiedekunst zu bestaunen und zu kaufen. Unter den Käufern befand sich auch ein reicher Handelsmann aus Reinwasser. Er versprach dem Schmied, ihm seine schönste Tochter zur Frau zu geben, wenn er ihm eine Waffe anfertigen würde, die prachtvoller als Sonne und Mond sein würde.
    Diese Aufgabe war ein Leichtes für den begabten Schmied und so fertigte er ein Schwert, dessen Klinge silbern strahlte wie der Mond am Abendhimmel, und dessen Griff aus purem Gold gefertigt war, so hell und glitzernd wie die Strahlen der aufgehenden Sonne.
    Der reiche Handelsmann war beeindruckt von der kunstvollen Arbeit und gab dem Schmied seine schönste Tochter zur Frau.
    „Behandle sie so gut, wie deine beste Schmiedearbeit, denn ihre Augen glänzen heller als das Silber des Mondes und ihr Haar trägt die Farben der Sonnenstrahlen.“
    Der Schmied versprach dem Kaufmann, seine Tochter so gut zu behandeln wie seine besten Werke. Er schmiedete aus den Resten des Goldes, die er für den Griff des Schwertes verwendet hatte, einen Talisman. Der sollte ihn immer an sein Versprechen erinnern.
    Der Schmied und die Tochter des Händlers heirateten. Wie der Schmied versprochen hatte, wurde sie immer gut von ihm behandelt. Zur Nachtruhe deckte er sie liebevoll zu und zum Morgengrauen strich er ihr zärtlich über das goldene Haar.
    Doch bald schon merkte der Schmied, dass es einfacher war, seine Schmiedearbeit gut zu behandeln, als eine Frau. Wenn das Eisen brach, aus dem er Werkzeug machte, dann konnte er es ins Feuer legen und neu schmieden. Wenn der Schmuck, den er herstellte, dunkel anlief, so konnte er ihn polieren. Wenn seine Frau aber weinte, dann musste er sie viele Stunden lang beruhigen, denn ihr Herz konnte er nicht einfach zusammenschmieden.
    Trotz all dieser Schwierigkeiten liebte er seine Frau und sie waren viele Jahre glücklich miteinander. Als sie eines Tages krank wurde, rief er jeden Heiler aus Larendor herbei, um ihr Genesung zu verschaffen, denn ihre blauen Augen waren trüb geworden und ihr goldenes Haar fahl. Ihre Haut zeigte Blässe und ihre roten Lippen waren brüchig geworden.
    Zuerst kam ein junger Mann zu ihnen, belesen und mit Taschen voller duftender Tränke. Er gab der kranken Frau davon, doch es ging ihr nicht besser.
    Als Zweites kam eine alte Großmutter, sie bestrich die Haut der armen Frau mit grünen Salben und sprach zu den Göttern, doch es ging ihr nicht besser.
    Zuletzt brachte man einen Hasen zu der Frau, von dem man annahm, er habe magische Kräfte, doch auch dann ging es ihr nicht besser.
    Der Schmied wurde traurig und verzweifelt, aber niemand konnte ihm helfen, die Krankheit seiner Frau zu heilen.
    So blickte er eines Tages voller Schmerz in sein Schmiedefeuer und fragte dieses nach einer Antwort:
    „Feuer, sag du mir, wie ich meiner armen Frau helfen kann. Wenn das Metall brüchig wird, so kann ich es reparieren, doch nicht die Haut meiner Frau! Was kann ihr helfen? Niemand weiß die Antwort!“
    Da der Mann so sehr bei diesen Worten weinte, dass er mit seinen Tränen beinah das Schmiedefeuer löschte, antwortete es ihm:
    „Ich will dir helfen, Schmied! Denn ein Feuer brennt in dir. Du schwingst den Schmiedehammer so zornig, wie die wilden Flammen schlagen. Die Liebe zu deinem Weib brennt so heiß wie weiße Glut. Du bist wie ich. Ich will prüfen, ob dein Mut auch so hell scheint, wie meine Flammen. Komm zum See der sieben Farben, tief im Oreeagebirge und ich will um Antwort für dich bitten.“
    Der Schmied hatte aufmerksam den Worten des Feuers gelauscht und sah Hoffnung darin.
    Gleich am nächsten Morgen brach er auf und suchte den Weg in das steinige Oreeagebirge. Kein Wolf, kein Bär, kein Rahkater vermochte ihm Angst zu machen, denn er war voller Hoffnung.
    Nach Tagen fand er dort einen See, dessen Wasser in sieben Farben glänzte. Er war ganz umgeben von hohen Bergen und in der Mitte des Wassers ragte der größte Berg auf, den er je gesehen hatte. Eine Brücke aus Stein führte auf ihn zu. Da hörte der Schmied das Feuer seinen Namen flüstern, als säße es im Innern des Berges. So überquerte er die Brücke und trat hinein in eine Öffnung im Fels.
    „Feuer, wo bist du?“, rief er laut. „Du hast mir Antwort versprochen!“
    „Antwort sollst du bekommen, wenn dein Mut, so hell leuchtet, wie meine Flammen“, zischte eine Stimme. Und ehe er Schmied ein neues Wort sagen konnte, schoss ein Feuer aus dem Boden hervor und ein Mann mit Haaren rot wie die Flammen trat heraus.
    „Ich bin das Feuer“, stellte er sich höflich vor und griff zu seiner Lanze. „Wenn du mich im Kampf besiegen kannst, so wird dir Antwort gegeben.“
    Der Schmied willigte ein und es kam zum Duell. Das Feuer war schnell und flink, doch das Schwert des Schmiedes war scharf und gut gearbeitet. Nach ein paar Schlägen entzweite es die Lanze des Feuers und dieses musste aufgeben. So führte das Feuer den siegreichen Schmied tiefer in den Berg hinein, in eine Spalte, die von weißen Kristallen übersät war.
    Die schimmernden Kristalle spiegelten das Antlitz des Schmiedes wider und so sah er sich, einhundert Mal selbst in die Augen, als er seinen Blick auf die funkelnden Gebilde warf.
    „Du trägst flammenden Mut in dir, Schmied. Nun aber beweise mir, dass du auch ein Rätsel lösen kannst!“, sprach das Feuer und verschwand. Nur eine Stimme war von ihm geblieben und leise gab sie dem Schmied das Rätsel auf: „Wer eine Antwort will, muss dafür auch bezahlen. Beflecke jedes Bild von dir mit einem daumenbreit Blut, dann wird am Ende alles gut!“
    Der Schmied drehte sich um und erblickte erneut einhundert spiegelnde Kristalle, auf denen sein Gesicht zu sehen war. Er war sich sicher, wenn er sie alle mit einem Daumenabdruck voll Blut beschmieren müsste, würde er selbst sterben, denn so viel Blut konnte er nicht hergeben.
    Einen Moment war er verzweifelt und überlegte, ohne eine Antwort nach Hause zurückzukehren. Doch dann dachte er an seine arme kranke Frau und es fiel ihm eine Lösung ein: Er stach sich mit seinem Schwert in den Daumen, bis etwas Blut herausgelaufen kam, dann drückte er es auf seine eigene Stirn. Und da die unzähligen Spiegelbilder genau das nachahmten, was auch er tat, malten auch sie sich den roten Daumenabdruck auf die Stirn. Am Ende waren sie alle mit einem Daumenbreit Blut befleckt, obwohl er nur einen einzigen Tropfen dafür hergegeben hatte.
    „Du bist schlau, Schmied, und hast das Rätsel gelöst“, vernahm der Schmied die Stimme und er verlangte nun endlich eine Antwort, wie er seine Frau nur von der Krankheit befreien könnte.
    „Sammle bei Vollmond die roten Blumen von der Silberheide, mische sie mit Fallawein und gib deiner Frau davon zu trinken und alles wird sein wie früher“, erklärte die Stimme. Der Schmied, der sich alles gemerkt hatte, rannte sofort los, lief fort von dem Berg, fort von dem See und ließ das Oreeagebirge hinter sich. Auf der Silberheide pflückte er im Schein des Vollmondes die roten Blumen, streute sie in einen Becher Fallawein und gab seiner kranken Frau davon zu trinken. Sie war inzwischen so schwach geworden, dass sie kaum mehr sprechen konnte. Nachdem sie aber getrunken hatte, fand sie die Kraft für ein Lächeln.
    Nach drei Tagen war ihre Krankheit verschwunden, ihr Haar wieder golden und ihre Augen funkelnd. Oft fragte sie ihren Mann danach, wer ihm das Heilmittel für ihr Leiden verraten hatte, doch dieser sagte jedes Mal, dass es das Feuer selbst gewesen sei, was ihm zur Hilfe gekommen war.
    Von diesem Tag an suchten viele Menschen den siebenfarbigen See im Oreeagebirge auf, um eine Antwort auf eine Frage zu bekommen. Einige berichten, sie wären dort nicht dem Feuer, sondern dem Wasser oder dem Wind begegnet. Doch eines hatten sie alle gemeinsam. Wer aus dem Berg zurückkehrte, der brachte eine Antwort mit, die wahrer nicht sein könnte.

    Durch Umwege sieht man mehr von der Welt.

  • Kein Wolf, kein Bär, kein Rahkater vermochte ihm Angst zu machen, denn er war voller Hoffnung.

    Scheint ein Fantasie-Wesen zu sein. Würde ich hier weglassen, könnte verwirrend sein.

    Alles im allen finde ich das Märchen sehr solide, sowohl von der Erzählweise als auch von der Geschichte. Wirklich gut geschrieben :thumbsup:
    Man merkt, dass sich die Geschichte an Kinder richten soll, denn sie ist weit weniger brutal, als die gängigen Märchen.
    Besonders gut hat mir die Stelle mit dem Rätsel gefallen, weil das Rätsel nicht zu schwierig ist und ein Kind da ebenfalls gut mitraten und drauf kommen kann.

    Also ich denke, du hast bereits die Fähigkeiten eines Märchenerzählers :thumbsup:

    LG Alopex

  • Das ist eine wunderschöne Geschichte, spannend, liebenswert und fantastisch. Ich habe sie gerne gelesen und kann mir gut vorstellen, dass Eltern sie auch gerne lesen. Für welches Alter von Kindern wolltest du schreiben? Für das Vorlesealter zwischen 6 und 10, könnte die Geschichte etwas abspecken.

    Der Schmied und die Tochter des Händlers heirateten. Wie der Schmied versprochen hatte, wurde sie immer gut von ihm behandelt. Zur Nachtruhe deckte er sie liebevoll zu und zum Morgengrauen strich er ihr zärtlich über das goldene Haar.
    Doch bald schon merkte der Schmied, dass es einfacher war, seine Schmiedearbeit gut zu behandeln, als eine Frau. Wenn das Eisen brach, aus dem er Werkzeug machte, dann konnte er es ins Feuer legen und neu schmieden. Wenn der Schmuck, den er herstellte, dunkel anlief, so konnte er ihn polieren. Wenn seine Frau aber weinte, dann musste er sie viele Stunden lang beruhigen, denn ihr Herz konnte er nicht einfach zusammenschmieden.
    Trotz all dieser Schwierigkeiten liebte er seine Frau und sie waren viele Jahre glücklich miteinander.

    Was willst du mit dem Abschnitt aussagen? In der Geschichte geht es nicht um Ehekrisen also kannst du getrost den Abschnitt streichen, da er nicht viel zur Geschichte beiträgt.
    Für ein Kindermärchen reicht die Tatsache, dass er sie liebte und sie eines Tages krank wurde.

    „Ich will dir helfen, Schmied! Denn ein Feuer brennt in dir. Du schwingst den Schmiedehammer so zornig, wie die wilden Flammen schlagen. Die Liebe zu deinem Weib brennt so heiß wie weiße Glut. Du bist wie ich. Ich will prüfen, ob dein Mut auch so hell scheint, wie meine Flammen. Komm zum See der sieben Farben, tief im Oreeagebirge und ich will um Antwort für dich bitten.“

    Die Wortwiederholung mit den Flammen ließ mich etwas stolpern. Nach den ganzen Feueranalogien ist das letzte wie meine Flammen eh unnötig.

    Hast du vor eine bunte Karte von der Umgebung für die Kinder zu liefern? Wenn nicht kannst du auch Ortsnamen weglassen nicht nur Fantasiewesen, die nichts zur Geschichte beitragen wie Alopex Lagopus vorgeschlagen hat.

    Ist der Schlusssatz nicht etwas zu Abstrakt. Es würde für ein Gute Nacht Ende reichen, wenn entweder Mann und Frau glücklich bis ans Ende leben oder wenn noch vielen anderen Menschen vom "Geist" geholfen wird. Die Geschichte hatte ja auch wenig mit Wahrheit zu tun.

    So zum Abschluss möchte ich noch einmal betonen, dass die Geschichte wuderschön ist. :saint: In Märchen musst du aber nicht mehr erzählen als der Handlungsstrang benötigt.

  • @anuka93 Danke für die Tipps. Ich werde noch einmal schauen, was überflüssig ist. Manchmal kann ich mich einfach nicht kurzfassen. :hmm:

    Mit den Städtenamen und Fantasywesen ist es so: Die Märchen, die ich erzählen möchte, sollen keine Märchen aus unserer Welt sein, sondern sind Märchen, die in einer Welt erzählt werden, über die ich in meinen Büchern schreibe.
    Wow... versteht das jetzt jemand...?
    Es ist quasi sowas wie ne Geschichtception, wenn man so will eine märchenhafte Erklärung, warum die Dinge in dieser Welt so sind, wie sie sind.
    Ist das einigermaßen verständlich? ?( Ich kann mich heute einfach nicht gescheit ausdrücken...

    Durch Umwege sieht man mehr von der Welt.