Schreibwettbewerb August/September 2015 - Voting & Siegerehrung

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 7.605 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (23. Oktober 2015 um 22:36) ist von Primus.

  • Welche Geschichte hat euch am Besten gefallen? 15

    1. Tor? Welches Tor? Oh, das Tor... (4) 27%
    2. Sir Robert der Schlächter (1) 7%
    3. Danach (3) 20%
    4. Der Wolf (4) 27%
    5. Ewiges Leben (3) 20%

    Guten Tag liebe Fantasyfreunde!

    Auch wenn das unserem armen Kiwi gar nicht gefällt, ist der Sommer seit ein paar Tagen offiziell als beendet erklärt worden. Und tatsächlich - kaum ist er vorbei, ziehen schon die ersten dunklen Wolken auf, es wird unangenehm kühl und Regentropfen fallen vom Himmel. Doch das schlechte Wetter hat auch einen Vorteil: So könnt ihr nämlich gemütlich zuhause die Wettbewerbsgeschichten lesen, ohne Angst haben zu müssen, draußen etwas zu verpassen. ;)

    Und somit geht der Schreibwettbewerb August/September 2015 ins entscheidende Uservoting.

    Folgendes Thema wurde von unserer letzten Gewinnerin Polarfuchs vorgegeben:

    Das Tor zur Unterwelt

    Die Geschichten werden gemessen am Datum ihres Einreichens willkürlich gepostet. So steht ihr im Bezug auf deren Autoren völlig im Dunkeln. ;)

    ACHTUNG: Beim Voten ist man nicht anonym. Somit wird Schummeln ausgeschlossen. Zudem dürfen einmal abgegebene Stimmen nicht mehr verändert werden. Bedenkt das bitte bei eurer Stimmenabgabe!

    Das Voting dauert bis 30. September 2015 um 23:59:59 Uhr.

    Viel Spass beim Lesen und Voten! :)

    Euer Fantasy-Geschichten Forum

  • Tor? Welches Tor? Oh, das Tor...
    von Tom Stark

    »Ich nehme meine Axt und brate dem letzten Gobbo eins über!«
    Max, neun Jahre alt, im realen Leben Schüler, Mittelfeldspieler und Schwester von Lisa, heute aber als Zwergenkrieger Olombragarodogosch, kurz Olo, unterwegs, rollte seinen W20.
    »Ha, 19 - Voll auf die Ömme, hehe!«
    Jonas, sein großer Bruder, schmunzelte, nickte und gab das Resultat bekannt:»Unser mutiger Olo schwingt seine legendäre Axt und spaltet den frechen Goblin in zwei Teile.«
    »Boa, voll fett, Alter!«, bekam Max bzw. Olo Zuspruch von seinem Mitkämpfer.
    Dieser hieß im wirklichen Leben Michael, wurde aber nur Micky gerufen, stellte an diesem Mittag jedoch den furchtlosen Halblingsdieb Drofo dar, Ähnlichkeiten mit bekannten Romanfiguren waren natürlich rein zufällig. Micky war der beste Kumpel von Max und auch Schüler, was er aber lediglich als Nebentätigkeit ansah und Stürmer im selben Fußballverein wie Max, was er durchaus als Hauptberuf ansah. Das heißt natürlich bis auf Pen and Paper - Rollenspiele.
    »Ich durchsuch' seine Taschen und schau', was ich abstauben kann!« War er sofort mit bei der Sache.
    »Hey, und ich?«, rief Lisa, die Zwillingsschwester von Max und das einzige Mädchen in der Gruppe, pardon, gemeint ist selbstverständlich Bluminariel, die einzige Elfenzauberin.
    »Was ist mit Dir?«, fragte Jonas seine kleine Schwester.
    »Ich darf mal wieder gar nix!« Sie schmollte übertrieben.
    »Aber Du hast doch selbst gesagt, dass Du die Klopperei mit den Goblins doof findest und lieber Kräuter und Blümchen sammeln gehst?« Jonas war etwas hilflos ob den rasant wechselnden Launen seiner Schwester.
    »Blumi ist am Heulen, Blumi ist am Heulen!«, fing der Zwergenkrieger aka ihr Bruder Max an zu singen.
    »Gar nicht!«
    »Wohl!« »Nööö!« »Doooch!«
    »Jetzt ist aber gut, ja? Sollen wir weitermachen?« Jonas versuchte die Spielleitung wieder in seine Hände zu bekommen und grinste heimlich, als er sich an die Zeiten erinnerte, als er so alt gewesen war. Da hatten sie keinen älteren Bruder, der die Abenteuer leitete und so hatten sie sich abgewechselt. Drachenreitende Zwergen-Armeen und Halblingskommandos mit magischen Bazookas waren bald die Folge gewesen.

    Bevor er fortfahren konnte, trat eine junge Frau an den Tisch, der auf dem Balkon stand, den man vom Garten aus betreten konnte. Marlene war die Schwester von Micky, hatte ihn, wie so oft, bei Jonas, der schon studierte und gerade Semesterfreien hatte, abgeladen. Sie selbst hatte Berufs-Schule und ihre Eltern waren beide berufstätig. Jonas hatte ein Händchen für Kinder fand Marlene und nicht nur dafür, und er war billiger als ein Kindermädchen.
    »Na, Leute, die Bösen verprügelt und eine Menge Beute gemacht?«
    Marlene war Anfang Zwanzig und die Freundin von Jonas. Natürlich hatte auch sie so einiges vom Drachentöten, Riesen verzaubern und Schätze plündern mitbekommen - zwangsläufig. »Boa, jo. Is' voll krass abgegangen heute. Danke Jonny.« Micky klatschte sich mit Max ab und packte seinen Kram zusammen. Jonas lächelte und erhob sich ebenfalls vom Tisch.
    »Los Zwerge ...«
    »...und Zwerginnen!«, fügte Lisa schnell hinzu.
    »... und natürlich auch Zwerginnen, Schluss für heute!«
    Er umarmte Marlene und sofort umarmten sowohl Max als auch Micky sich selbst, spitzten ihre Münder übertrieben und hauchten heiße Küsse in die Luft!
    »Schmatz, Schmatz, Schlabber!«, seufzte Max übertrieben.
    »Oh Schnuckelpuschelschatz, oh Mäuselöwenzähnchen!«, schmachtete Micky, bevor er von seiner großen Schwester eine unsanfte, aber erzieherisch nötige, Kopfnuss bekam.
    Um Max kümmerte sich derweil Lisa. »Au! Jonny, Lisa hat mich getreten!«
    Der grinste. »Und womit?«
    Max schaute seinen Bruder an, als ob der bescheuert wäre. »Wie, womit? Womit trittst Du denn zu?«
    »Mit Recht, kleinen Bruder, mit Recht!«
    Max verdrehte die Augen und stellte damit ein Spiegelbild seines Freundes Micky dar.
    Jonas löste sich von Marlene: »Okay, Zwerge!«
    »Und Zwerginnen!«
    »... und Zwerginnen! Wollen wir am Samstag unser Abenteuer im Unterreich fortsetzen?«
    Die drei Kids jubelten, aber Marlene bremste sie.
    »Moment, Jonas, hast Du etwa vergessen, dass Du am Wochenende«, sie räusperte sich und schmunzelte, »das Tor zu ... meiner Unterwelt ... aufstoßen wolltest?«
    »Tor zu Deiner Unterw ... oh, ohh?! Ja, klar!«
    Schulterzuckend und nun ebenfalls mit einem breiten Grinsen, wandte er sich an die minderjährige Nachwuchsheldenfraktion.
    »Sorry, Zwerge - ja, ich weiß UND Zwerginnen! -«, kam er Lisas Einwurf zuvor, »aber Marlene und ich haben am Samstag unser eigenes Rollenspiel.«
    »Boa, klingt cool«, staunte Max.
    »Können wir da auch mit machen?«, fragte Micky.
    Sowohl Jonas als auch Marlene lachten. Lisa musterte die beiden skeptisch.
    »Nö, geht nicht, Leute. Das ist so 'ne Art Live Action Role Play, okay? Dafür seid ihr noch zu klein.«

    Am Samstag, sehr früh, trafen die drei Kids sich, wie verabredet, heimlich in der Garage.
    »Sie hat zu Papa gesagt, sie geht heute mit Freundinnen auf eine Nachtwanderung« ,wusste Micky seinen Freunden zu berichten.
    »Und Jonny hat ein Zelt eingepackt und gesagt er geht am Breitenkopf zelten.« Lisa hatte ihren Bruder mehr oder weniger heimlich beobachtet. Eigentlich war sie ihm so lange auf die Nerven gegangen, bis er es ihr schließlich verraten hatte. Kleine Schwestern hatten eben genauso ihre Tricks wie zauberkundige Elfinnen.
    »Also soll das L.A.R.P. beim Breitenkopf abgehen!«, bestätigte Max.
    »Wir haben also ein Zelt, Schlafsäcke und Essen.«
    Lisa, als das geheime Mastermind hinter der Aktion war zufrieden.
    »Sollen wir unsere Kostüme gleich jetzt oder erst da anziehen?«
    Max zuckte die Schultern, doch Micky war dafür.
    »Sonst müssen wir noch mehr Zeug mitschleppen.«
    Also zogen sie sich an. Jeder hatte versucht ein Kostüm zu kreieren, was am ehesten den Helden aus ihrem Rollenspiel entsprach.
    Mangels einer plausiblen Rüstung und der Tatsache, dass ihm Papas Brandaxt aus der Werkzeugkiste zu schwer war, hatte Max sich für sein Jedi-Lichtschwert entschieden und eine Toga aus einem Bettlagen und diversen Sicherheitsnadeln fabriziert.
    Lisa hatten leider nichts gefunden, was einer elfischen Robe auch nur nahe gekommen wäre, sich daher spontan für ihr Ballerina-Kostüm vom Karneval und einen selbstgebastelten Zauberstab aus einer noch unbenutzten WC-Bürste entschieden, deren Bürstenteil sie mit pinken und hellblauen Farben bemalt und mit Glitzersternen beklebt hatte.
    Micky hatte zu seinem großen Bedauern kein Ninja-ähnliches Kostüm gehabt, aber die Batman-Maske mit Allzweckgürtel und Cape, kam seiner Ansicht nach dem schon nahe. Ein längerer und ein kurzer Schleifstein-Stab mit Griff, stellten seine Dolche dar.
    Mit dem Bus kamen sie problemlos in die Nähe des freien Campingplatz am Breitenkopf und nun hieß es marschieren.
    Zum Glück kannte sich Max gut aus, denn Jonas hatte ihn schon zweimal mitgenommen und so wusste er auch, wo der sein Zelt aufschlagen würde. Er fuhr öfters hier heraus, zum Lernen, wie er sagte, weil die Zwillingszwerge - und Zwerginnen - ihn zuhause zu sehr auf Trab hielten.

    Es dämmerte bereits, als Lisa zum wiederholten Male ihren Bruder anmaulte. »Wir haben uns DOCH verlaufen!«
    »Nee, gar nich' ...« »Doch, wohl!« »Gar nich'!!« »Doch wooohl!!!«
    Da hörten sie ein Auto, das gerade anhielt. Die Türen wurden geöffnet und zugeschlagen.
    »Diese Heimlichtuerei nervt. Wann sagen wir es Deinem Vater endlich?« Das war eindeutig die Stimme von Jonas. Beruhigt beendeten die Zwillinge ihren Streit und pirschten, zusammen mit Micky, leise darauf zu.
    »Mach Du Dein Examen und ich meinen Abschluss an der BS, dann können wir versuchen, es ihm schonend beizubringen.« Das war Marlene.
    Es entstand eine atemlose Pause und sofort umarmten sich Max und Micky wieder selbst und fingen an hemmungslos heiße Küsse in die Luft zu schmatzen.
    »Ihr seid ja sooo doof!«, schimpfte Lisa leise und bekam als Antwort Fratzen gezogen.
    »Na, was soll's?«, hörte man Jonas sagen. »Wollen wir zuerst das Zelt aufbauen oder ...« - bedeutungsschwangere Pause - »... schon einmal Dein Tor zur Unterwelt ein bisschen aufstoßen, nur zur Einstimmung?«

    Da brachen johlend ein Lichtschwert schwingender Jedi-Ritter-Zwergen-Krieger und ein Batman-Halblings-Dieb mit Schleifsteindolchen aus den Hecken; die zierliche Elfen-Ballerina-Zauberin mit glitzerndem WC-Bürstenzauberstab kam hinterdrein stolziert.
    »Hey, wir wollen auch durchs Tor zur Unterwelt, nehmt uns mit!«
    Jonas wurde hochrot, während Marlene nach einer Schrecksekunde einen fürchterlichen Lachanfall bekam. »Was meinst Du?«, flüsterte sie endlich Jonas ins Ohr. »Also, wenn es bei der alten Breitenkopfruine kein verwunschenes Tor gibt, dann weiß ich auch nicht.«
    Jonas seufzte schicksalsergeben. »Lass uns nur eben daheim anrufen. Sonst geben die noch eine Zwergen/Zwerginnen-Vermissten-Meldung raus ...«

    Wenn es eine Moral zur Geschichte geben sollte, dann vielleicht diese:
    Tore zu Unterwelten gibt's mehr, als man gemeinhin annimmt.

  • Sir Robert der Schlächter
    von anuka93

    Ich trat eine Stufe weiter, einen Schritt tiefer. Jeder Schritt zeigte mir wie wenig Wert mein Leben war.

    Man hatte mich Sir Robert den Schlächter von Drachen und Riesen genannt. Ich war als das Idol für Ritterlichkeit und Heldenmut bekannt. Mein Ruf eilte mir immer voraus. Jungen standen Schlange und überhäuften mich mit Lob und Geschenken um bei mir in die Lehre gehen zu können. Mehr Ruhm hätte ich in einem Leben wohl nicht erlangen. Ich tat einen Schritt tiefer und all der Ruhm war nichts mehr Wert.

    Ich hatte tausenden von Menschen das Leben gerettet. Einst tötete ich Egon den Schrecklichen. Er war der größte Feuerdrache gewesen, den ein Mensch je gesehen hatte. Der Kampf war hart gewesen. Mein Pferd und mein Knappe waren als Roast Beef aus den Kampf getreten. Mein Schild war nur noch ein Klumpen Eisenschmelze gewesen, aber ich hatte es geschafft mich auf Egon zu schwingen, ihm auf den Kopf zu Klettern und mein Schwertdurch sein Auge ins Hirn bohrte. Die ganze Stadt Ankor mit seinen 5000 Seelen rettete ich vor dem Feuertod. Ähnliche Erfolge erzielte ich mit Sorg den Keulenschwinger, Mora der Eisfeuerdrachen, Golbat den Schwarzen, Minga der Kräuterriesin … Es sind zu viele um sie aufzuzählen. Ich hatte wohl um die 50.000 Menschenleben gerettet. Mit dem Nächsten Schritt verflog jedes einzelne von ihnen.

    Ich hatte Monumente errichtet, die die Jahrhunderte überdauern werden. In Ankor stand das ewige Feuer Egons, ein Denkmal zu meinen Ehren. Auf einem Turm aus Drachenknochen prangte an dessen Spitze eine Laterne aus der Feuerdrüse des Drachen. Sie würde Tag und Nacht leuchten und noch in hundert Jahren von seiner und Egons Geschichte zeugen. Aus Sorgs Keule wurde eine Statue geschnitzt nach meinem Antlitz, Mingas Topf diente als Zuhause für mindestens sechs Familien, Moras Schuppen deckten das Rathaus von Bunkera und Golbats Flügel gaben auf der Terasse der Helden in Laudana den Bewohnern an heißen Sommertagen Schatten. Niemand der durch das Land zog käme um eine Erinnerung an mich herum. Ich war unsterblich geworden auf der Welt. Mit dem nächsten Schritt tiefer war auch das nicht mehr wichtig.

    Ich stand vor dem großen eisernen Tor zur Unterwelt. Gruselige Fratzen zierten den Rahmen. Sie lachten mich aus, wollten mich erschrecken und konnten mir in die Seele blicken. Ich ignorierte sie, denn noch schaurigere Augen starrten hinter dem Tor aus der unendlichen Nacht hervor. Hundert paar Augen, die ich alle zu kennen glaubte, starrten mich wütend und erfreut an. Sie schienen hämisch zu lachen. Ich wünschte, dass ich mein Schwert zur Seite hätte, aber ich war nur eine einsame alte Seele und wehrlos der Ewigkeit ausgesetzt.

    Panik ergriff mich. Ich versuchte mich zu drehen und den Weg zurück zu rennen. Jeder Schritt den ich weiter zurück tat, führte mich näher an die Pforte. Die Gestalten wurden immer deutlicher und ich erkannte jedes einzelne Detail wieder. Meine Panik wuchs und brachte mir nichts. Ich konnte nur durch das Tor treten und den Erfolgen meines Lebens entgegentreten.

    Mein größter Erfolg begrüßte mich Auge in Auge, wobei ihm ein Auge fehlte. Ich spürte die Hitze des Drachenfeuers und den Schmerz des Todes. Egon machte einer Schlange von Drachen und Riesen Platz. Jeder wollte mich in der Hölle willkommen heißen und ich würde nie wieder sterben können. Eine Ewigkeit voller Leid und Qualen wartete auf mich. Ich wünschte mir nie am Leben gewesen zu sein.

  • Danach
    von Du Vandir

    Als ich anklopfe, dringt Unbehagen an die Oberfläche meines Bewusstseins. Verständlich – was ich mache, sollte ja gar nicht menschenmöglich sein. Trotzdem mache ich es; mal sehen. Vielleicht kommt ja etwas dabei heraus?
    Klopfff klopfff, hallt es hinter dem Tor wieder. Was da wohl alles reingesperrt ist? Ist es das Elysium oder der Tartaros, an den ich klopfe? Himmel oder Hölle? Oder etwas dazwischen?
    Quiiiiieeetschend und knaaarrzzend öffnet sich einer der massiven, schweren Torflügel und ein Gesicht schaut heraus.
    "Es hat geklopft?", meint die alte Dame blinzelnd, das schlohweiße Haar wirr, aber mehr Lach- als Sorgenfalten im Gesicht. Die Stimme wie ein ausgeleiertes, sprödes Gummiband schaut sie mich an und meint:
    "Aach, dann hat's doch mal einer geschafft. Sonst kommen die immer durch den Haupteingang, aber mich soll's ja nit stören, ich bin ja hinten auf meiner Matratze."
    "Wie lange schlafen Sie? Und haben Sie einen Rhythmus?", frage ich.
    "Hmmm", überlegt sie. Blinzelt, schluckt, schmatzt, macht das Tor mit einem leisen Ächzen etwas weiter auf, hievt einen Stein dahinter damit es nicht zu geht und tritt ins Tageslicht.
    "Das ist eine gute Frage. Ich glaub' nicht. Ich wach' auf, wenn welche dazukommen und sich zu uns hinlegen, und sonst ... eigentlich nit. Seit ich nit mehr lebe, macht mein Rücken auch keine Probleme mehr, und meine Migräne. 'S schläft sich gut, wenn das Leben mal vorbei ist, wissen Sie?"
    "Ja, klar. Kann ich mir vorstellen." Ich nicke. Die alte Dame blinzelt wieder, schüttelt langsam den Kopf, schluckt, schmatzt, meint dann:
    "Aber Sie sind noch nit fertig mit dem Leben. Sie sollten jetzt wieder gehen, da gibt's bestimmt noch Sachen, die Sie erleben sollten, bevor Sie sich auch schlafen legen. Machen Sie's gut."
    Mit diesen Worten bückt sie sich ächzend, rollt das Steinchen weg und schließt das Tor. Ich gehe weg, aber habe längst beschlossen, morgen wieder hierher zu kommen.

    Das mache ich auch. Morgenstund hat Gold im Mund, würden die älteren Insassen von hinter dem Tor sagen, aber heute war das nicht mehr so geläufig.
    Klopf klopf mache ich wieder an dem Tor, dieses Mal klingt es dumpf. Keine drei Sekunden sind vergangen, da öffnet sich das Tor um einen Spalt.
    "Pscht", macht es leise. "Pscht, Sie können hier nicht einfach klopfen."
    "Doch, kann ich, ich hab es ja schließlich geschafft", antworte ich in gedämpfter Lautstärke. Ich hoffe, dass dieser Tote meinen Humor versteht.
    Das Tor öffnet sich noch ein Stück, dann tritt ein junger Mann in zerrupfter Jeans und schwarzem Kapuzenpulli hervor. Er hält sich einen Finger vor die Lippen und schließt den Zugang zur Unterwelt so leise wie irgend möglich.
    Obwohl, junger Mann – nicht wirklich. Er hat tiefe Ringe unter den Augen und die Tränensäcke eines Sechzigjährigen, seine Haare sind zwar braun, aber dünn und irgendwie schlaff. Auch seine Haltung ist nicht gerade jung und vital.
    Wir können uns nun ungestört unterhalten, daher meint er etwas lauter zu mir: "Sie können hier nicht einfach so laut anklopfen. Das hier ist die Schweigehöhle."
    "Was ist das", will ich wissen. "Ich bin von der Oberwelt."
    Er fasst sich an die Schläfen und blinzelt im Sonnenschein. "Ach klar, das hätte ich wissen müssen. Heute sind wir dran. Sonst klopft hier ja keiner, aber Sie haben es wohl gefunden, nicht? Naja, was ist die Schweigehöhle? Sie wird hier auch die Heulhöhle genannt. Es ist der richtige Ort für mich, und für Leute, die ähnlich dumm sind." Er verstummt und lässt den Kopf hängen.
    "Ich hätte Sie von der Gestalt und der Kleidung her auf Mitte zwanzig geschätzt, aber ihr Gesicht wirkt, als hätten Sie viele Tränen vergossen", meine ich. Er blickt mich düster an und nickt.
    "Ja, sechsundzwanzig. Aber da drin sind auch Siebzehnjährige, Leute in ihren Vierzigern und ein Haufen anderer Idioten. Eben alle, die ihr Leben verschissen haben und es nicht mehr auf die Reihe gekriegt haben, es wieder gutzumachen, bevor sie die Kurve gekratzt haben. So wie ich. Und wissen Sie, es ist nicht schön. Ein Haufen Drogies, die sich ´ne Überdosis gegeben haben, Nazis, die von einer Türkenfamilie zusammengeschlagen wurden, Midlife-Depressionspatienten, die zuerst ihre Familie und dann sich selbst umgebracht haben …"
    "Warum ist das so schlimm da drin? Werden Sie hier für Ihre Sünden gefoltert oder wie?", frage ich obwohl ich mir die Antwort schon denken kann. Es verstört mich ein wenig.
    "Pff, ne. Viel schlimmer, wir werden einfach so gelassen, wie wir hier reingekommen sind, verstehen Sie? Genau so! Das heißt, dass wir erstmal schön viel Zeit kriegen, zurückzuschauen und festzustellen, dass wir es einfach verkackt haben. Und das ist ein gewaltiger Haufen Scheiße, ja? Machen Sie's ja besser. Sie wirken anständig, machen Sie was aus Ihrem Leben."
    Ich nicke, mehr um ihn zu beruhigen als seinen Rat entgegenzunehmen. Wer versucht denn nicht sein Bestes im Leben? Obwohl, da gibt es ja immer noch die Schweigehöhle ... ein paar Leute muss es also geben, die das nicht tun.
    Der Mann scheint mir alles gesagt zu haben, was er zu sagen hatte, deshalb öffnet er die Tür, schleicht sich in die Dunkelheit und schließt sie mit einem letzten deprimierten Blick ins Leben.
    Ich gehe nachdenklich nach Hause.

    Der nächste Morgen. Ich stehe wieder vor dem Tor, gespannt, wer jetzt aufmachen könnte.
    Ding dong macht es komischerweise, als ich anklopfe.
    Das Tor schwingt auf, aber ich sehe niemanden, der es öffnet. Kurz bin ich verwirrt, dann höre ich ein piepsiges „wer bis‘ duu?“ von unter mir. Ich schaue das kleine Mädchen an, das meinen Blick neugierig und fröhlich erwidert. Ich fühle mich sofort an gestern erinnert, an die Leute, die ihre Familie und dann sich selbst umgebracht haben … Unfälle in der Schule, kranke Psychos, die kleinen Kindern auflauern …
    „Ich bin ein Besucher“, antworte ich lächelnd und gehe in die Hocke, um mit dem Mädchen auf einer Höhe zu sein. „Und wer bist du, mein Kind?“
    „Ich bin die Lili“, meint sie und schaut schüchtern grinsend auf den Boden.
    „Und was machst du hier?“, frage ich sie.
    „Ich bin auf dem Spielplatz, mit ganz vielen anderen Kindern. Ich hab schon ganz viele Freunde gefunden, und ich bin gar nicht müde. Und manchmal ist meine Mama auch hier, aber die ist manchmal auch traurig. Und wenn ich hinfalle, dann tut´s nicht weh und es blutet nicht.“ Sie ist fröhlich. Das macht mich irgendwie glücklich, es rührt eine der hinteren Ecken meines Herzens.
    „Aber warum bist du denn hier?“, frage ich sanft. Ich will sie nicht traurig machen, aber ihr Tod interessiert mich.
    „Ein böser Mann ist auf der Straße gefahren, und hat unser Auto angefahren. Und dann bin ich kurz eingeschlafen, und dann bin ich hier aufgewacht, hier im Zelt, in meinem Bett.
    „Oh, hat sich der Mann bei dir entschuldigt?“, frage ich. Lili schüttelt nur den Kopf und wirft ihre schulterlangen Haare dabei umher. Dann schaut sie mich schüchtern an.
    „Okay, wenn du willst, kannst du jetzt wieder spielen gehen“, sage ich.

    Am nächsten Morgen kann ich es nicht erwarten. Ich renne zum Tor und klopfe wie verrückt. Dann warte ich gespannt darauf, dass jemand es öffnet. Und warte, und warte. Nichts geschieht. Ich klopfe erneut, laut und viele Male. Dann schwingt es endlich auf, und ein Mann schaut heraus, Mitte vierzig und mit der Figur und Haut eines zwanzigjährigen Athleten. Er grinst mich an.
    „Hey hey, herzlich willkommen, der Herr. Schön, dass Sie Ihren Weg hierher gefunden haben.“
    „Ebenso“, erwidere ich und blicke an dem Mann vorbei. Ich sehe eine Straße, typisch für reiche Vorstädte, mit großen, teuren Autos auf den Parkplätzen vor den weiten, gepflegten Vorgärten und villahaft anmutenden Häusern. Ein Grillfest läuft in diesem Moment im Vorgarten eines der Grundstücke. Ich kann erkennen, dass sich die Straße viele Kilometer zieht.
    „Verzeihen Sie, aber dürfte ich fragen, was das hier für ein Ort ist?“, frage ich den Mann höflich.
    „Was das für ein Ort ist?“ Er scheint verwundert, fast schon empört. „Das ist der Himmel, junger Mann. Warum sonst solltest du hier stehen?“
    „Ich stehe an einem Tor. Und ich habe schon mit drei Toten verschiedener Sorte geredet, aber Sie sind der Erste, der glaubt, im Himmel zu sein. Obwohl es mir inzwischen so vorkommt, als würde sich jeder Mensch im Leben seinen eigenen Himmel aussuchen.“
    Der Mann erblasst. „Was reden Sie da bitte? Das ist ja … wie können Sie im Himmel solch eine Blasphemie aussprechen? Also … Das ist ja … Also …“ Kopfschüttelnd dreht er sich um, schlägt das Tor zu und ignoriert meine bittenden Rufe nach mehr Antworten.

    Wieder der nächste Morgen. Ich klopfe an, dieses Mal etwas zaghafter als gestern.
    ‚Genug gesehen?‘ hallt eine bedrohliche Stimme durch die geschlossene Tür. Seltsam, denke ich, da war doch eben noch der Himmel. Ich beschließe, trotzdem zu antworten.
    „Ich weiß es nicht. Das kommt darauf an, was es noch zu sehen gibt.“
    ‚Es gibt das Leben zu sehen. Genieße deine Welt und hänge nicht den Toten nach. Sie hatten ihre Zeit. ‘
    „Warum kommen nicht alle an einen Ort, wenn sie sterben?“, frage ich.
    ‚Damit wären die Wenigsten zufrieden. Du würdest staunen, wie wenig sich Menschen gönnen, die ihr Leben schlecht gelebt haben, und wie sehr sich manche streng gläubigen Christen damit beruhigen können, dass ihre toten Angehörigen jetzt im Himmel sind. Jeder hat seine Erwartung für den Tod. Jeder bekommt sie. Und was siehst du auf dich zukommen? ‘
    „Wer bist du?“, erwidere ich. Jetzt will ich es unbedingt wissen.
    ‚Musstest du wirklich fragen? Nun, wenn du willst, kann ich dich mir zeigen. Willst du das? ‘
    Was meint er damit?
    „Ja, das will ich“, antworte ich. Ich bin neugierig.
    Das Tor schwingt auf. Vor mir tut sich ein schwarzes Loch auf, nur eine Gestalt in schwarzem Mantel ist zu sehen. Ihr Gesicht ist verdeckt.
    Der Mann spricht wieder und hebt dabei seine Hände zu der Kapuze des Mantels.
    „Ich bin für jeden Menschen anders, und für jeden Menschen neu. Ich bin gefürchtet und geliebt, gehasst und ersehnt, gesucht und stets gefunden. Und wer mich herausfordert, wird schnell erkennen, dass er zu weit gegangen ist. Doch wenn du das merkst, ist es längst zu spät.“
    Er streift die Kapuze ab. Sein Antlitz ist das letzte, was ich sehe, bevor ich in die Schwärze gezogen werde.

  • Der Wolf
    von Miri

    Mühevollschoben die Götter das schwere Tor zu. Es war aus schwarzem Ebenholz, das einzige, das der Finsternis, die immer wieder durch den noch offenen Spalt waberte, auf Dauer gewachsen war.
    Ein Fauchen drang an die Ohren der Asen, ein wütendes Heulen, ein Jammern und Stöhnen, doch sie schoben die Tür unerbittlich weiter zu, bis sie ganz geschlossen war und alle Geräusche, alle Finsternis und alles Unheil dahinter eingesperrt war. Blieb nur zu hoffen, dass die Weltenesche dieses Tor mit ihrem Wurzeln stärkte, obwohl der Drache Nidhöggr weiter an ihr nagte.
    Erschöpft ließen sich die Götter an das geschlossene Tor sinken und seufzten. Selbst Thor war mit einem Schweißfilm überzogen, der den Griff seines Hammers rutschig in seiner Hand liegen ließ, doch das Portal zu den Hallen der Unterwelt war versiegelt und das erfüllte fast alle Beteiligten mit Genugtuung.
    „Bleibt nur noch Fenris“, meinte Odin und stemmte sich mit müden Gliedern wieder nach oben.
    „Fenris?“, entglitt es Loki. „Ich bitte euch! Was kann er denn dafür?“
    „Wir wissen alle, dass er dein Sohn ist“, beschwichtigte Odin seinen eigenen Sohn.
    „Aber wir wissen auch alle, dass er der Bote des Untergangs ist“, warf Thor ein und warf seine langen, blonden Haare galant in den Nacken.
    „Er ist wie Jörmungand!“, begehrte Loki auf ohne seinen Bruder eines Blickes zu würdigen. „Auch sie darf frei sein!“
    „Weil sie Midgard wie schützendes Gebirge umschlingt und erst durch den Ruf Fenris‘ erweckt wird. Glaub mir, Junge, es muss sein.“ Odin versuchte seine Hände auf die starken Schultern seines Sohnes zu legen. Loki war schon immer anders gewesen.
    Dunkelhaarig, die Frisur struppig kurz, beinahe schwarze Augen, nicht langhaarig und blond und blauäugig wie die anderen. Er war der einzige, der Schabernack trieb und manchmal damit die Götter entzweite, dennoch hatte Odin ihn lieb, doch er war der einzige. Die anderen Asen mochten Loki nicht, gingen ihm aus dem Weg und machten keinen Hehl aus ihrer Abneigung. Die Kinder, die Loki mit einer Eisriesin gezeugt hatte, spürten diesen Hass genauso wie ihr Vater, doch dem Gott der Zwietracht und List entsprangen nun mal selbige.
    Loki schlug die Hände seines Vaters zur Seite. „Auch eure Zeit wird kommen!“, fauchte er und machte sich davon.
    Der alte Odin seufzte traurig, dennoch gab er den anderen Göttern einen Wink.

    Müde schaute ich auf. Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon lag. Es musste Jahrtausende her sein, als die Asen über mich herfielen.
    Thors Hammer traf mich wie aus dem Nichts und obwohl ich der Bewacher des Portals der Unterwelt bin, streckte mich sein Schlag nieder und ehe ich mich es versah, hatten die Götter mich am Boden fixiert.
    Ich fragte, was das solle, was sie vorhaben, Thor lachte gehässig und die anderen stimmten ein. Nur Odin versuchte mir die Lage begreiflich zu machen.
    Das Tor müsse gehütet werden, ich allein sei nicht stark genug, sie hätten es versiegelt, doch damit es so bliebe und das Heimweh mit nicht heim in das Dunkle zöge, würden sie mich binden, mit einem Seil, dass so stark sei wie die Schöpfung selbst. Der Untergang müsse verhindert werden.
    Ich brüllte und rief nach meinem Vater, doch er war nicht unter den Anwesenden. Thor schlug mich mit Mjölnir, bis ich vor Schmerzen nicht mehr nach Loki rufen konnte.
    Schließlich verlangte ich einen Pfand. Etwas, dass mir Sicherheit gab, dass sie mich nicht töteten, während sie mich fesselten, etwas das ermöglichte, dass Thor aufhörte seinen riesigen Hammer auf mich nieder sausen zu lassen.
    Odin stimmte zu und so war es Tyr, der seine Hand in mein geöffnetes Maul legen musste, jenes Maul, das vom Himmel zur Hölle reichte, um am Tag des jüngsten Gerichtes alle Welt zu verschlingen. Doch wie immer konnte der schöne Bruder meines Vaters nicht widerstehen seinen Hammer noch einmal mit voller Wucht auf meinen Schwanz donnern zu lassen, als ich bereits gebunden und wehrlos am Boden lag. Da schnappte ich zu und biss Tyr seine Hand ab. Als Rache klemmte er mir sein Schwert in mein Maul, sodass ich es seit her nicht mehr schließen kann.

    Müde schaute ich auf. Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon lag. Es musste Jahrtausende her sein, als die Asen über mich herfielen.
    Ich liege ich hier, nicht in der Lage mich zu bewegen, den Körper voll Schmerzen und dennoch von Kraft erfüllt. Sehnsüchtig warte ich auf den Tag, an dem es mir gelingen wird das Seil zu zerreißen, das Schwert zu zerbrechen und die Götter zu verschlingen.
    Sehnsüchtig warte ich auf den Tag, an dem ich wieder vor dem Tor zur Unterwelt wachen werde, um zu verhindern, dass gepeinigte Seelen den rettenden Weg nach draußen finden. Sehnsüchtig warte ich auf den Tag, an dem Thors Hammer verstummt und sein Geschrei mit dem seiner Brüder aus eben jenem Tor schallen wird.
    Sehnsüchtig warte ich auf den Tag, an dem Loki, Jörmungand und ich unsere eigene Herrschaft errichten konnten, eine in der es keine selbstsüchtigen Götter mehr gab und schon gar kein Asgard mehr.
    Ich spürte von Tag zu Tag meine Kräfte wachsen. Bald würde ich frei sein und das Tor der Unterwelt öffnen. Bald würde meine Schwester meinen Ruf hören und statt Midgard zu versenken, würde Asgard in einem Wirbel aus Staub und Asche fallen.

    Müde schaute ich auf. Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon lag. Es musste Jahrtausende her sein, als die Asen über mich herfielen...

    ...bald würde ich das Tor öffnen.
    ...bald würde ich frei sein.

  • Ewiges Leben
    von Primus

    Royan Mae, ein Reisender, der seinen Lebtag damit verbrachte, nach dem Quell des ewigen Lebens zu suchen, befand sich an der Schwelle des Todes. Sein letzter Wille zieht ihn ein allerletztes Mal in die Welt. Seine Füße trugen ihn tagelang vorwärts, nie blickte er sich um. Er wollte nur in diese eine Richtung. Mit jedem Meter schien das Ende der Welt näher zu rücken. Als die Dunkelheit ihn ummantelte, er dennoch weiterging, näherte er sich einem weißen Tor.
    Eine Inschrift war, in einer fremden Sprache, auf dem Rahmen verzeichnet. Royan erinnerte sich bruchstückhaft daran, was er über sie gelernt hatte und versuchte es, für sich zu übersetzen.
    "Tritt ein und deine Taten werden nie vergessen. Wage den Schritt und ewiges Leben sei dir vergönnt."
    Als er die Tür berührte, öffnete sie sich von selbst. Kein Geräusch erklang, auch nicht, als sie sich vollständig geöffnet hatte. Was er sah, war traumhaft. Regenbogenfarbene Wiesen, Flüsse aus klarstem Wasser und Tiere, die wild herum tobten. Der Himmel war klar, die Sonne kitzelte ihm durch die Tür an der Nase. Reinste Natur, so etwas hatte er, auf seinen Reisen noch nie gesehen. Vollgepumpt mit Euphorie sprang er, mit seinem alten, gebrechlichen Körper, durch das Tor.
    Die Natur verblasste. Finsternis umschlang ihn ein weiteres mal, als er sich geschockt umdrehte war das Tor verschwunden. Seine Sinne waren verschwunden. Royans Stimme verstummte. Panisch ging er raschen Schrittes weiter, er konnte nichts dagegen unternehmen. Er versuchte zu tasten, doch erreichte er nichts mit seinen Händen. Tagelang durchwanderte der Reisende die Finsternis. Seine Gedanken kreisten. Wahnsinn umschlang sie immer mehr. Als sein Geist gebrochen war, vernahm er einen Lichtkegel.
    Sein Mund formte die Worte: "Freiheit."
    Als ihn seine Füße durch das Licht führten und seine Augen sich nach langer Zeit, an das helle Licht gewöhnt hatten, war das Erste was er sehen konnte, eine Frau mittleren Alters. Er erkannte sie wieder, es war seine Frau. Seine Pupillen weiteten sich. Bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, fing sie, mit einer kalten Stimme, an zu reden: "Ich versprach dir ewiges Leben. Ich versprach dir, dass deine Taten niemals in Vergessenheit geraten werden."
    Der Reisende sackte zu Boden.
    "Du erkennst mich wieder. Erinnerst du dich daran, was du mir angetan hast?"
    Royan wollte ihr all das sagen, wozu er keine Gelegenheit bekam, doch bevor er es konnte, war sie schon lange verblasst. Er verbrachte mehrere Stunden, zitternd auf dem Boden.
    Auch sein letzter Lebenswille war nun gebrochen.
    Aus dem, vom Licht erfüllten Raum, formte sich nun eine Kathedrale.
    Royan sah seine engsten Freunde und Verwandten, lächelnd und voller Freude auf den Bänken sitzen.
    Vernahm er doch fröhlichen Gesang und glückliche Stimmen, schien ihn keiner zu bemerken.
    Als er nach vorne blickte, war das Erste auf das sein Blick fiel, ein Sarg.
    Er ging zu ihm, warf einen Blick hinein und sah seinen Leichnam, auf das Übelste entstellt. Es war sein junger Körper. Er erkannte sich nur durch ein Muttermal, welches auf seiner Stirn war.
    Die Haut war bleich, sein Körper knochig. Narben und Pusteln überdeckten den jungen Mann.
    Royan wollte weinen, doch das Einzige, was er aus seiner Lunge pressen konnte, war ein lautloses, hasserfülltes schmunzeln. Er schlug mit seiner rechten Faust auf das Podest, auf dem der Sarg lag.
    Etwas tippte ihm vorsichtig auf den Rücken. Ein ungepflegter Junge schaute ihn an.
    Der Junge fragte Royan wer er sei. Er jedoch, erkannte seinen Sohn, in der ersten Sekunde in der sich ihre Blicke kreuzten.
    Der Reisende versucht ihn weg zu stoßen, seine Hände glitten durch ihn hindurch, bevor auch er verblasste.
    Royan ging zum Kathedraleneingang und verließ das Gebäude, zurück in die Finsternis.
    Nicht lange danach, trat ein Mann, mit großer Ausstrahlung und Autorität, aus dem Schwarz hervor.
    Er steht still, beobachtet Royan wie er versucht fortzuschreiten. Dennoch bewegt sich der Reisende keinen Meter nach vorne.
    Gebrochen im Geiste und mit gebrochenem Körper ging er weiter, wurde konfrontiert mit seiner Vergangenheit, ohne eine Chance auf einen Ausweg. Schließlich stellt ihm der Mann aus dem Schatten eine Frage: "Du hast alles was du wolltest, war es das Wert?

  • Hallo zusammen!

    Der Votingzeitraum zum Schreibwettbewerb August/September 2015 ist abgelaufen!

    Diesmal war die Beteiligung beim Voting richtig hoch. 22 Leute haben abgestimmt, so viele wie noch nie! Trotzdem können wir auch dieses Mal einen Gewinner krönen!

    Hier die Auflösung:

    ...Gewonnen hat mit jeweils 8 von insgesamt 22 Stimmen...

    *trommelwirbel* :mamba2:

    Spoiler anzeigen

    :mamba2:

    Spoiler anzeigen

    Herzlichen Glückwunsch! Du kannst nun das Thema für den nächsten Wettbewerb vorgeben und wurdest in die Rangliste eingetragen. Ausserdem bekommst du für zwei Monate 5 goldene Sterne, einen eigenen Benutzertitel und eine Trophäe.

    Ein herzliches Dankeschön auch an alle anderen Teilnehmer! Wir hoffen, dass ihr beim nächsten Schreibwettbewerb auch wieder fleißig mitmacht und so zahlreich abstimmt. Wir sind schon sehr auf das neue Thema gespannt, das unsere aktuelle Gewinner hoffentlich schon bald vorgeben wird. 8)

    Übrigens könnt ihr nun auch nachschauen, wer die Autoren sind. Diese wurden den Geschichten beigefügt.

    Das war der Schreibwettbewerb August/September 2015. Vergesst nicht, euer Feedback zu den Geschichten zu hinterlassen! ;)

    Euer Fantasy-Geschichten-Forum

  • Wow, herzlichen Glückwunsch @Tom Stark damit bist du das dritte Mitglied, dass den Schreibwettbewerb schon zum zweiten Mal für sich gewinnen konnte.

    Leider konnte ich den Wettbewerb nicht rechtzeitig lesen, wegen der einmonatigen Abstinenz aufgrund von Computerproblemen. Ich hoffe, dass du ein tolles Thema für uns findest, das wieder einen tollen Schreibwettbewerb einleiten wird. :thumbup:

  • @Tom Stark Auch wenn ich das Voten leider um wenig Stunden verpasst habe, so wollte ich doch für deine Geschichte stimmen ^^ Wirklich ein verdienter Sieg :sekt:

  • danke, danke , danke *verneigt sich*

    Ganz im Ernst: Ich freue mich riesig, dass meine lustige Idee so viel Anklang gefunden hat. Normalerweise schreibe und feile ich ja den halben Monat an so einer Wettbewerbgeschichte, aber diesmal kam sofort die Idee und eine Stunde später war sie schon fertig zu "Papier" gebracht. Ich schätze ich war mit Abstand der Erste, der seine Story diesmal abgegeben hat ^^
    Wie ich jetzt beim Lesen entdeckt habe, ist sogar ein lustiger inhaltlicher Fehler drin (und einige nicht ganz so lustige formale ...) , den ich sonst wohl noch entdeckt hätte:

    Max, neun Jahre alt, im realen Leben Schüler, Mittelfeldspieler und Schwester von Lisa

    natürlich ist er Lisas Bruder ...

    Mir haben diesmal auch die meisten anderen Geschichten extrem gut gefallen und hätte mich gar nicht gewundert, wenn eine von denen abgeräumt hätte.
    Tatsächlich finde ich es sogar schade, dass ich jetzt zwei Monate lang nicht mitmachen kann und mich mit den anderen tollen Geschichten(schreibern) messen kann. Ich hoffe nur, mir fällt ein Thema ein, was genauso gute Stories hervorbringt wie das dieses Thema.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet