Kurzgeschichte - Telanwar

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 5.136 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. November 2020 um 13:27) ist von Bluefox.

  • Hallo liebe Leute :D

    Als ich durchs Forum stöberte, fand ich die letzte Schreibübung zum Thema Das Tor zur Unterwelt. Die Geschichten waren jedoch bereits eingereicht und die Deadline vorbei.

    Trotzdem hatte ich sofort eine Idee zu diesem Thema und wollte diese unbedingt aufschreiben.

    Diese Kurzgeschichte möchte ich nun gerne mit euch teilen.

    Ich bin wirklich noch sehr am Anfang, was das Schreiben anbelangt und würde mich sehr über Kritik freuen. Die Storyline an sich ist hier nicht wirklich zentral. Es geht mir mehr um den Schreibstil, den ich gerne verbessern möchte.

    Vielen Dank im Voraus ;)

    LG Thal
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    Telanwar sah zu, wie die dunkelblauen Vorhänge ein letztes Mal aufwehten, als sein Dienstmädchen Kila das ovale Fenster zuzog. Einzig die Kerze auf dem Tisch, in der Mitte seines Studierzimmers, spendete noch ein wenig Licht. Der Alchemist hörte im Hintergrund, wie der Regen gegen die Scheiben prasselte, während Kila aus dem Zimmer trat und die schwere Holztür hinter sich schloss.

    Telanwar zog sich die Kapuze tiefer in sein knochiges Gesicht und flackernde Schatten des Kerzenlichts tanzten um seine kühlen Augen.

    Er trat einen Schritt vor und legte seine faltigen Hände auf das Stoffbündel, das auf seinem Schreibtisch lag.

    Der Alchemist spürte, wie seine Anspannung stieg und seine Handinnenseiten schlagartig feucht wurden. Sein halbes Leben hatte er auf diese Nacht hingearbeitet, danach gestrebt, sein Werk zu vollenden und aufzusteigen. Hinauf zu den Göttern und Halbgöttern, die auf der anderen Seite des Tores warteten. Als junger aufstrebender Wissenschaftler war er aufgebrochen, hatte seine Familie und alles, was bis dahin einen Wert für ihn hatte, zurück gelassen. Es schien seine Bestimmung zu sein, nach Größerem zu streben.

    Die Suche nach dem heiligen Buch bestimmte das Leben Telanwars. Jahre verstrichen und seine lange Reise zeichnete ihn. Wo einst volle Wangen rötlich glühten, schimmerten Knochen durch die aschfahle Haut. Die Rastlosigkeit zerrte an ihm und ließ ihm kaum Ruhe.

    Was ihm blieb, war der wache Blick und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Ein Aufstieg durch das Tor des Lichts.

    Das in stoffgewickelte Buch war sein Wegweiser.


    Der Alchemist löste vorsichtig die dünne Hanfschnur, die den Stoffeinband zusammen hielt und wickelte das Buch aus. Eine Ehrfurcht, wie er sie noch nie gefühlt hatte, durchflutete seinen Körper, als er das Schrifttum betrachtete. Die vergangenen Jahrhunderte hatten ihre Spuren darauf hinterlassen. Staub und Dreck bedeckten es und trotzdem war es wunderschön.

    Telanwar strich sanft – ja fast liebevoll – über den Buchrücken. Schwarze und weiße Inschriften wechselten sich ab auf dem hölzernen Umschlag.

    Bedächtig öffnete Telanwar das Buch. Uralte, zerknitterte Pergamentseiten breiteten sich vor ihm aus. Und da stand er. Der Schwur. Die Zeilen, die alles verändern sollten.


    Ash, hanak!

    Uo li ash, li so lumo.

    Lumo kha malast.

    Hanak!

    Flüsternd fing Telanwar an.


    Von seinen Gefühlen übermannt, wurde er immer schneller und die Lautstärke seiner Stimme fing an, sich zu überschlagen, formte sich zu einem unkontrollierbaren Schreien. Hanak!


    Der Alchemist zitterte, Schmerzen durchzuckten ihn wie Blitze und Todesqualen durchströmten seinen spindeldürren Körper. Sein Blut kochte, wie flüssiges Metall zwängte es sich durch seine Adern. Sein Herz raste.

    Telanwars Pupillen weiteten sich und füllten seine Augen mit Schwärze, dunkler als jede Nacht.

    Finsternis und Schatten krochen aus dem Buch hervor, verschluckten das flackernde Kerzenlicht und hüllten den Raum in Dunkelheit.


    «Telanwar. Du hast mich gerufen!» Eine metallische Stimme hallte im Kopf des Alchemisten. «Du bist der Falsche. Du wirst nie ein Gott sein!»

    Telanwar wollte etwas erwidern, doch es war ihm unmöglich, sich zu rühren oder auch nur seine Lippen ein wenig zu bewegen.

    Höhnisch dröhnte die Stimme in Telanwars Ohren.

    «Das Tor des Lichts öffnet sich nicht durch einen alten Zauberspruch. Es sind deine Taten, die dich zum Gott machen. Wo warst du, als deine Engsten dich brauchten? Oh nein, alter Knabe, für dich wird es keine Erleuchtung geben.»

    Vor Telanwar öffnete sich ein abgrundtiefes, spiralförmiges Portal. Eisige Kälte schlug ihm entgegen, erfüllte den Raum und schlug Telanwars Kapuze nach hinten. Die graue faltige Haut war jetzt komplett weiß, die Lippen blutleer zusammengepresst und die schwarzen Augen zuckten. Doch der Alchemist rührte sich nicht.

    Eine unsichtbare Hand schlich aus dem Tor und umklammerte ihn fest. Langsam zog sie Telanwar hinein, hinein in die alles verschlingende Dunkelheit.

    Hasserfüllt drang die Stimme ein letztes Mal an sein Ohr.


    «Willkommen in der Unterwelt!»

  • Eine wirklich schöne Kurzgeschichte. Wollte eigentlich auch eine einreichen, habe mich aber nicht getraut. Die hätten sofort erkannt, dass die von mir wäre.

    Schade, dass diese hier jetzt vermutlich schon wieder vorbei sein könnte. Würde mich freuen, wenn sie noch weiterginge. Kannst ihn ja dann mal ganz alleine in der Unterwelt herumwandeln und vielleicht doch noch den Weg des Aufstieges finden lassen. Wäre schon geil, oder nicht? ;)
    Lass ihn zum Gott aufsteigen, indem er die Unterwelt mal etwas aufmischt. :D

    LG:
    Zarkaras Jade
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    Immortalis Secreta-Unsterbliche Geheimnisse

  • Hallo :)

    Spoiler anzeigen

    Sein halbes Leben hatte er auf diese Nacht hingearbeitet, danach gestrebt, (Komma weg) sein Werk zu vollenden und aufzusteigen.

    Als junger (Komma) aufstrebender Wissenschaftler war er aufgebrochen,

    Staub und Dreck bedeckten es und trotzdem war es wunderschön.

    Ist im Grunde echt ne Kleinigkeit. Ich fand es hat MINIMAL den Lesefluss gestört. Du kannst einen Punkt statt dem zweiten und setzen, oder es eben lassen XD

    Eisige Kälte schlug ihm entgegen, erfüllte den Raum und schlug Telanwars Kapuze nach hinten.

    statt dem zweiten schlug fegte?

    BTW könntest du auch die Absätze anders setzen. Manch trennen sie Sinnabschnitte ^^

    So das waren die Kleinigkeiten :)
    Die Geschichte an sich finde ich wirklich gut.
    Hat eine eingehende Moral.
    Er lässt alles zurück um seinen Traum zu verwirklichen ohne Rücksicht auf Verluste und genau das kommt ihn teuer zu stehen.
    Solche gestalten tun mir dann immer Leid ;(
    Aber vielleicht hat er es ja auch verdient ...
    Deine Geschichte ist kurz, knackig und eingehend. Gefällt mir gut ^^

    LG Miri

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Hei @Miri
    Danke vielmals für dein Feedback. Darf ich dich was fragen?
    Konnte man sich die Szenevorstellen(Stichwort Kopfkino)?

    Das ist nämlich momentan so das, was ich versuche zu verbessern (abgesehen von Dialogen, an denen ich auch arbeite) :D

    Gibt es sonst noch Meinungen/Kritk etc?

    Lg Thal

  • @Thal Logo darfst du XD

    Also ich finde, du hast eigentlich ganz gut das Mittelmaß getroffen.
    Es hängt von der Szene ab. Zum Beispiel beschreibst du das Zimmer nicht wirklich. Es gibt ein Ovales Fenster und einen Schreibtisch, aber wo was steht, wie oft es benutzt ist, ob es ein reines Arbeitszimmer oder zugleich auch Schlagemach ist, hast du dunkel gelassen.
    So bleibt das Zimmer nur sehr schemenhaft. Da du aber den Fokus auf das Buch legst und dieses auch sehr eingehend beschreibst, wird gerade eben durch diese "mangelnde" Anfangsbeschreibung in die Vorstellung, also das "Kopfkino" auf das Buch gelenkt.
    Wenn du jetzt viel wert auf die Atmosphäre legst, die deinen Chara umgibt, solltest du sein Zimmer eingehender beschreiben.

    Was die Gefühle und das Geschehen angeht habe ich echt nichts zu meckern. Sehr bildhaft.
    Den eisernen Willen mit er sein Ziel über Leichen verfolgt, die Erregung, die er spürt als er endlich das Buch in den Händen hält und ekstatisch den Schwur liest.
    Gegen Ende bleibt Telanwars Entsetzen etwas auf der Strecke.

    Du schreibst: "Telanwar wollte etwas erwidern, doch es war ihm unmöglich, sich zu rühren oder auch nur seine Lippen ein wenig zu bewegen."
    Das ist etwas knapp. Du könntest hier hinzufügen. Entsetzt weiteten sich seine Augen, als er erkannte, dass sein schillernder Traum nicht in Erfüllung gehen würde, dass er zu egoistisch gewesen war.

    Okay bla bla aber du weißt was ich meine, oder?

    Ich hoffe du kannst damit was anfangen ^^

    LG Miri

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Ja das ist so gewollt, dass dem Zimmer keine Aufmerksamkeit zukommt, sondern eben mehr dem Alchemisten und dem Buch.

    Danke für deine Kritik :)

    MfG Thal

  • Hallo,

    gefällt mir auch gut. Ist sehr schön geschrieben, mysteriös, auch wenn ich nicht so darauf stehe, dass da einfach irgendetwas in ner anderen Sprache steht. Man hätte ja vllt die Zeichen oder Runen beschreiben können, die hier die Buchstaben darstellten.
    Außerdem verstehe ich nicht, wie man ein Fenster zuziehen kann ;)
    Auch dass "Finsternis und Schatten" aus dem Buch kommen. Ich würde Schatten streichen, denn Schatten brauchen Licht, Finsternis ist die Abwesenheit von Licht. In einer Dunklen Welt kann es daher keine Schatten geben. Allerdings ist das ja nur ein Stilmittel, also kannst du das auch drinn lassen. ;)

    Liebe Grüße
    Jan

    Manchmal flüstert der Wind eine Legende,
    bevor die Geschichte sie zu schreiben vermag.

    Hört das Flüstern:

    Der Orden der Geweihten

  • Danke @Geweihter für dein Kommentar :thumbsup:

    Der Schatten, der aus dem Buch kommt, ist halt etwa gleich realistisch wie der Rest der Geschichte und mMn kann such ein Schatten in der Fantasy durchaus auch in der Dunkelheit "manifestieren" ;) ist halt Geschmackssache :D

  • Spoiler anzeigen

    als sein Dienstmädchen Kila das ovale Fenster zuzog

    Das ließt sich etwas merkwürdig. Die Vorhänge kann man zuziehen, dass Fenster nicht.

    «Das Tor des Lichts öffnet sich nicht durch einen alten Zauberspruch.

    Hier bin ich verwirrt. Du schreibt hier vom Tor des Lichts...

    Eine unsichtbare Hand schlich aus dem Tor und umklammerte ihn fest. Langsam zog sie Telanwar hinein, hinein in die alles verschlingende Dunkelheit.

    ... und hier schreibst du von Dunkelheit, das hab ich nicht gerafft.

    Im Grunde spannend geschrieben, mich stören allerdings die vielen und großen Absätze etwas ehrlich gesagt. ;)

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Danke dir @Rael

    Ja das mit den Abständen nervt mich auch, muss das mal ändern, wenn mein PC wieder geht (schreibe vom Handy aus) ;)

    Lg Thal

  • @Thal Ich finde diese Geschichte auch richtig gut. Was mir besonders Gut gefällt ist, dass der Schluss ja irgendwie etwas offen bleibt. Er geht in die Unterwelt, klar aber was kommt danach? Coll, regt die Fatasie an. ;)

  • Bildhaft erzählt. Seine Motive hätte man eventuell doch erläutern können um den Charakter "interessanter" zu gestalten allerdings ist es für eine kurze Episode schon in Ordnung gleich ins Geschehen einzusteigen. Wie bereits von anderen angemerkt ist die Moral der Geschichte klar zu erkennen.

    Das Ende kann man als endgültig interpretieren oder sich eben den weiteren Verlauf ausmalen und Geschichten die die Kreativität des Lesers herausfordern sind meist die, die es zu lesen wert sind, gerade im Genre Fantasy.
    Der Beitrag ist zwar schon alt und ich weiß nicht ob du noch hier verkehrst, hoffe allerdings du bist an der Schreiberei dran geblieben denn Talent möchte ich da schon vermuten. LG :)

  • Hi @Thal ,

    eine schöne kurze Geschichte. Sie hat es geschafft sofort eine Erinnerung an einen Film in mir zu wecken "die 9 Pforten" letzte Szene in der Ruine. ** Gänsehaut beim Film und deiner Geschichte **

    Telanwar strich sanft – ja fast liebevoll – über den Buchrücken. Schwarze und weiße Inschriften wechselten sich ab auf dem hölzernen Umschlag.

    Den Umschlag würde ich eventuell durch den Einband ersetzen. Ich finde es klingt passender zu einem alten Buch der Magie welches den Schlüssel zur Göttlichkeit in sich trägt.

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