Die Todgeweihten (Zeitreise)

Es gibt 246 Antworten in diesem Thema, welches 85.710 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (5. November 2019 um 18:29) ist von Schreibfeder.

  • Nur noch vereinzelnd huschten Schatten durch das hohe Gras. Es näherten sich uns keine Reps mehr, ganz im Gegenteil, schienen sie eilig zu fliehen.
    Keuchend atmete ich aus und ein. Meine Hände zitterten enorm, das Adrenalin peitschte durch meine Venen und mein Herz raste, aber ich lebte. Schnaufend ließ ich meinen Kopf auf mein Knie sinken und atmete erleichtert aus. Das brauchte ich kein zweites Mal erleben.
    Ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich Rick langsam aus dem Gras erhob. „Das haben wir überlebt ... oder? Geht es allen gut?“
    „Ja, sieht so aus“, rief ihm Klett zu. Nun hörte man vereinzelnd das Klicken und Scharren der Soldaten, die ihre Gewehre neu luden und sich langsam zusammenfanden.
    „Das war nur ein kleines Nest“, meinte Schack, der zu mir getreten war. Ich fühlte eine gewisse Beunruhigung bei seinen Worten.
    „Die große Frage ist“, fuhr er weiter fort. „Ob die Überlebenden genug Unruhe in die anderen Nester bringen können, damit die uns vereint angreifen.“
    „Die große Frage ist eher, ob der Leutnant uns nicht sofort zurückschickt, wenn wir jetzt bei ihm auftauchen“, meinte ich hingegen.
    „Nach einem Feindkontakt ist es dem Regelwerk nach gestattet, dass wir uns sofort zurückziehen.“
    „Ich bezweifle, dass dem Leutnant viel an Regeln liegt.“
    „Mach dir keine Sorgen. Wenn wir zurückkommen, reden wir kurz mit Lya. Sie hat die im Lager fest im Griff.“
    „Hübsch genug dafür ist sie ja“, rutschte mir heraus.
    „Lass das besser nicht deine Freundin hören“, riet er mir.
    Ich versuchte meinen Gesicht eine Miene reinster Unschuld zu geben und fragte zurück: „Welche Freundin?“
    „Na, die, die gerade hinter dir steht“, feixte Schack. Ich zuckte schuldbewusst zusammen und drehte mich um, bereit in das sehr wütende Gesicht von Anna zu blicken, - nur stand da keiner.
    Als ich mich wieder zu Schack umdrehte, hämmerte der vor Lachen seine Faust auf den Oberschenkel und jauchzte vor Vergnügen. Ich war ihm voll auf den Leim gegangen.
    „Sehr komisch“, fauchte ich und zog eine Grimasse. Er hatte mich voll erwischt und wenn es für ihn so deutlich war, dass ich voll auf Anna stand, würde es für den Rest der Mannschaft auch so sein. Also ... dann konnte ich sie eigentlich auch gleich fragen, gab kein Grund, weshalb ich es nicht einfach wagen sollte.
    Ich drehte mich um und wollte zu ihr hin gehen, da sah ich sie mit Rick diskutieren und immer wieder auf die Palmenwälder deuten. Offenbar befürchtete sie einen weiteren Angriff und das leider zu Recht. Ich korrigierte meine letzten Gedanken: Dies war absolut nicht der richtige Zeitpunkt, um sie anzusprechen.
    „Ming?“, rief ich zu der Stelle in der Wiese rüber, an der ich ihn vermutete. Kurz darauf sah ich seinen Oberkörper aus dem Grasmeer auftauchen. „Ja?“
    „Wir ziehen uns zurück, oder? Schack meinte was von Einsatzregeln und so.“
    „Jup“, bestätigte er lautstark. „Anna, rüber zur linken Flanke. Torn, rüber zu Rick. Und dann nichts wie weg hier.“
    „Jo!“
    „Verstanden!“
    Anna lief über die Wiese zu Lisa rüber, die sie mit angelegtem Gewehr erwartete, während ich zu Rick lief. Das hohe Gras behinderte meine Schritte zwar enorm, aber ich durchfügte die Wiese ebenfalls in Rekordtempo und sank neben ihn in die Hocke. Ich ließ den erfahrenen Veteran damit praktisch sofort dem Vortritt. Er warf einen schnellen Blick auf die Farne und Palmen am Wiesenrand und brüllte dann: „Ist alles sauber. Los! Los!“

  • Einige Stunden später erreichten wir wieder unser Lager. Die Temperaturen waren in die Höhe geschnellt und Ming meinte, dass uns wohl wieder eine Hitzewelle bevorstünde. Das Wetter hier änderte sich rasch und stellte den Kreislauf vor ständigen Herausforderungen, wie er uns anvertraute. Der Mensch war eben nicht für die Kreidezeit geschaffen, obwohl, wie er säuerlich hinzufügte, wir in unserer Zeitalter ja alles dransetzten, dass das Klima dort auch immer lebensfeindlicher wurde.
    Natürlich blieb unsere Ankunft nicht unbeobachtet und eine ganze Reihe von Soldaten rannte eilig hin und her, als wir hinter den Palmenwald hervortraten. Die Stimmung schien angespannter zu sein. In einigen Gesichtern las ich Ablehnung, andere Köpfe nickten uns grimmig zu. Ich verstand nicht so recht, was hier passierte, aber ich konnte die meisten auch nicht richtig einschätzen.
    Der Leutnant trat aus eines der Zelte raus und stampfte wütend auf uns zu. Wir salutierten, beziehungsweise taten das, was hier darunter zählte, standen still und warteten, bis er bei uns eintraf.
    „Ach, ihr meintet euch über meine Befehle hinwegversetzten zu können“, blaffte er uns an, wobei er vor allem Rick anguckte. Der blickte ungerührt zurück.
    „Die Nachtpatrouille hätte dir nicht einmal Lya durchgehen lassen. Ich tat das einzig Richtige.“
    „Ach? Dafür seid ihr verdammt noch mal zu früh zurück.“
    „Ein Feindkontakt, wir durften uns zurückziehen“, gab Rick steif zurück.
    „Wessen Idee war das mit dem Abbruch?“
    „Meine“, sagten Rick und ich wie aus einem Munde. Wir sahen uns kurz in die Augen und unterdrückten ein Lachen.
    „Fein“, sagte der Leutnant, bevor gute Laune aufkommen konnte. „Dann geht ihr beide in die Werkstatt und könnt da den Rest eurer Schicht abarbeiten.“
    „Jawohl“, sagten wir militärisch knapp und traten weg. Diskussionen waren da sinnlos und zumindest wären wir damit im Kühlen, was mir von Minute zu Minute mehr zu einem Bedürfnis wurde.

    Rick schob die schwere Gittertür zur Werkstatt auf und ich folgte ihm neugierig. Es sah aus, wie jede andere beliebige Arbeitsstätte in Deutschland auch. Eine hölzerne Werkbank mit Schraubstock, ein langes Regal, was mit jeder Menge Schrauben, Nägeln und Ersatzteilen gefüllt war, und natürlich eine Hakenwand mit Schraubenziehern und Zangen in jeder Größe, Art und Form.
    Etwas, was sich jedoch nicht in jeder Werkstatt befand, war der große Gewehrhaufen, der sich auf einem weiteren Tisch stapelte, und ein wuchtiger Generator, der die gesamte Stirnseite des Raumes belegte und bis zur Decke ragte. Ein leises Summen war daraus zu hören. Ganz offensichtlich bekamen wir hierher unseren Storm.
    „Was müssen wir denn tun?“, fragte ich Rick, der zur Antwort in Richtung der Waffen nickte.
    „Die müssen gewartet werden. Heißgeschossene Läufe ausgetauscht, Verschluss geprüft, Zündkammer gereinigt und nachgesehen werden, ob sich irgendwas verzogen hat.“
    „Wieso verzogen?“, hakte ich sofort nach, während ich mit Rick das erste Gewehr sichtete.
    „Das Reisen durch das Portal kann manchmal tückisch sein. Wir wissen nicht warum, aber bestimmte Materialien machen dort Probleme. Ich zeig dir, auf was du achten musst.“
    In der folgenden Stunde arbeiteten wir schweigend zusammen und reparierten Waffen, bis ich wieder eine Frage hatte, die mich nicht losließ: „Es gibt Probleme beim Transfer durch das Portal?“
    „Nicht bei Lebewesen“, schwächte Rick sofort ab, während er mit einem etwas bockigeres RX17 kämpfte und weitererklärte: „Nur bei Gegenständen, hauptsächlich bei Waffen. Meistens dann die Kohlenstoffteile. Ich weiß aber nicht warum.“
    „Wäre es nicht sinnvoll, auf diese Materialien dann zu verzichten?“
    „Ja ... aber erkläre mal einen deutschen Ingenieur ... er solle eine Waffe entwickeln, ... die einen Transfer ... quer durch die Zeit überstehen muss, wobei wir noch nicht einmal ansatzweise die Physik dahinter verstehen“, schnaufte er, während er mit Gewalt versuchte den Lauf aus der Waffe zu reißen. Er wischte sich die Hände an der Hose ab. „Das bringt so nichts, lass mich mal an den Schraubstock.“
    Bereitwillig machte ich ihm Platz, während er das Gewehr dort einspannte.
    „Oder erkläre mal sechzig Soldaten, die es ausgerechnet am hintersten gottverlassensten Lager der Menschheit verschlagen hat, dass sie pfleglich mit ihrer Ausrüstung umgehen sollen, während ihnen irgendwelche Raptoren ins Gesicht grinsen.“
    „Wird bestimmt ein lustiges Gespräch“, gab ich zu.
    „Ja, aber ich kann darauf verzichten“, knurrte er nur und hebelte endlich den Lauf aus der Waffe.
    „Mir würde es schon reichen, wenn wir den Leutnant loswerden könnten“, meinte ich und lehnte mich an den inzwischen fast freien Waffentisch.
    „Dann versuche ich lieber die sechzig Soldaten zu überreden, pfleglich mit ihrem Zeug umzugehen“, gab er zurück.
    „Jetzt komm. Ausgerechnet du. Du bist doch Hauptakteur, wenn es gegen den Leutnant geht.“
    „Ja“, gab Rick unumwunden zu. „Aber wir können gegen ihn nichts ausrichten. Dafür fehlen uns schlicht die Möglichkeiten. Wir können nur hoffen, dass er irgendwann richtig Scheiße baut und ein ganz hohes Tier auf seine Misswirtschaft aufmerksam wird.“
    „Das verstehe ich nicht so ganz“, gab ich zu. „Es herrscht doch eine recht große Unzufriedenheit über den Leutnant, oder täusche ich mich?“
    „Nein, das stimmt schon, aber ...“ Er seufzte schwer und spielte nervös mit dem Schraubenzieher in seinen Fingern herum.
    „Ach, warum soll ich es dir nicht erzählen“, sagte er plötzlich und fing an: „Weißt du, es gab hier eine ziemlich hässliche Geschichte. Hast du dir noch nie Gedanken gemacht, warum es hier nur Kinder zwischen acht bis zwölf Jahre gibt? Der Grund ist, dass seinerzeit Ming und Klett eine Initiative übernahmen, damit die Eltern mit auf Patrouille gehen konnten. Sie nahmen ihnen die Bewachung der Kleinen ab. Sie hatten auch den Plan einer Art paramilitärischen Training für die Kinder und teilten die dafür in verschiedene Gruppen auf.“
    Rick seufzte wieder laut und legte den Schraubenzieher weg, nur um gleich darauf einen Gewehrlauf in die Hand zu nehmen und diesen unruhig hin und her zu drehen.
    „Als die anderen wieder auf Patrouille waren, griff ein kleines Rudel Reps das Lager an. Harke verlor an den Tag seine Frau, Sonja ihren Mann und wir alle Kinder unter acht Jahren. Es ... war ein Massaker. Als endlich Soldaten auf der Wiese eintrafen, fanden sie nur die ... entstellten Überreste von neun Kindern mit ... Tut mir Leid, aber ... du verstehst. Harke und die anderen Eltern gaben den Leutnant und Ming die Alleinschuld. Seitdem, ich weiß nicht. Man kann mit denen einfach nicht mehr vernünftig reden. Mit keinen von ihnen.“
    „Müsste der Leutnant nicht dafür die Verantwortung übernehmen?“
    „Vielleicht wäre das seine Pflicht, aber das wird er nicht.“
    „Also kann er machen was er will und muss keine Konsequenzen fürchten?“, fragte ich ungläubig.
    „So ungefähr“, gab er mit unbewegter Miene zurück.
    „Vielleicht sollten wir einmal mit Lya reden, was meinst du?“, schlug ich vor. Rick zuckte zusammen und ließ den nagelneuen Gewehrlauf fallen.
    „Das bringt nichts“, meinte er schließlich, als er ihn wieder aufhob.
    „Warum?“, wollte ich wissen.
    „Glaubst du, der Gedanke ist mir nicht auch schon gekommen? Ich hab mit ihr mal gesprochen. Sie wird nichts gegen den Leutnant unternehmen. Sie sagt, sie kann nicht gegen ihren eigenen Vater handeln.“
    Ich zuckte zusammen und mit wurde heiß und kalt. Auf der einen Seite war ihr Benehmen ehrenhaft, auf der anderen Seite...
    „Scheiße!“, fluchte ich laut und kräftig.
    „Ja, willkommen im „Nest“, so wie es wirklich ist“, sagte er mit säuerlicher Miene.

  • Yay, es geht weiter! ^^

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    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss sich nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen, und das ohne Reisepass. Bücher haben aber auch einen Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.
    Richard Atwater

  • Deswegen sind also die meisten nicht gut auf den Leutnant zu sprechen. Auf der einen Seite hätte er ganz klar, die Verantwortung übernehmen müssen, da es unter seiner Leitung geschehen ist und er dafür verantwortlich war/ist, dass auch das Lager ausreichend geschützt ist. Daher auch klar, dass die Eltern einen Schuldigen brauchen, um leichter mit dem Verlust fertig zu werden. Schließlich ist es leichter, einem anderen die Schuld zu geben, als sich selbst Vorwürfe zu machen, dass man sein Kind alleine gelassen hat und nicht genug auf seine Sicherheit bedacht war. Wobei, vielleicht haben sie die ja trotzdem? Auf der anderen Seite wiederrum finde ich, ist es nicht alleine die Schuld des Leutnants. In gewisser Weise war die Idee, die Kinder gemeinsam zu betreuen gar nicht so schlecht. Klar, sie kam nicht vom Leutnant selbst, aber er hat dadurch mehr Soldaten zur Verfügung, wieso also den Verschlag ablehnen? Dass man das Lager nicht spärlich bewacht zurücklässt, darauf hätten auch andere kommen können... Dennoch finde ich das mit den Kindern ziemlich tragisch. Kein Wunder also, das sie jetzt umso mehr auf ihre Kinder aufpassen. Wie lange liegt das Ereignis denn zurück? Und hat der Leutnant vielleicht unsensibel reagiert und sich so noch mehr in die Nesseln gesetzt?

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    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss sich nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen, und das ohne Reisepass. Bücher haben aber auch einen Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.
    Richard Atwater

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    Nur noch vereinzelnd huschten Schatten durch das hohe Gras. Es näherten sich uns keine Reps mehr, ganz im Gegenteil, schienen sie (sie schienen- würds andersrum setzen) eilig zu fliehen.

    Sie hat die im Lager fest im Griff.“

    Der Satz is irgendwie komisch

    Ich versuchte meinen Gesicht eine Miene reinster Unschuld zu geben und fragte zurück: „Welche Freundin?“

    meinem

    Der Leutnant trat aus eines der Zelte raus und stampfte wütend auf uns zu.

    einem

    „Ach, ihr meintet euch über meine Befehle hinwegversetzten zu

    hinwegsetzen ?

    Wir können nur hoffen, dass er irgendwann richtig Scheiße baut und ein ganz hohes Tier auf seine Misswirtschaft aufmerksam wird.“

    Welches hohe Tier? Es gibt doch sonst nur seine Tochter? Oder noch wen?

    Kann verstehen, dass der Leutnant nicht beliebt ist nach dieser Aktion. Gut aber dass die Patrouille nochmal ohne große Probleme ausgegangen ist.
    Das anschließende Gespräch in der Werkstatt, hat mir gut gefallen.

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • @Morgy: Da steht im Text, dass die Kinder in mehrere Altersklassen aufgeteilt wurden. Paramilitärisches Training, also außerhalb des Lagers. Nur eine Altersgruppe erwischte es und das war die zwischen 8-12 Jahren.
    EDIT: => Und noch ein Hinweis, weil du mich das per PN gefragt hast. Die Kinder im Lager sind nur 8-10 Jahre alt, manche auch jünger (siehe Kap 3). Daher ist es klar, warum es keine älteren Kinder im Lager gibt und auch, dass das Ganze wohl schon ein oder zwei Jahr zurückliegt.

    Sie treten ja nicht aus den Palmenwald, da der Aufenthalt in den Palmen um das Lager tödlich ist (Sprengfallen). Sondern sie gehen eine sanfte Kurve, bis das Lager in Sicht kommt (siehe Kap. 1).

    Beim Werkzeug, ja, vielleicht sollte ich das neu formulieren. Beim Generator muss ich noch einmal dran: Aus einen ganz anderen Grund: Torn ist Elektriker. Meine Erklärung würde sonst nicht passen.

    "hinterste gottverlassenste Winkel" ist wörtliche Rede, und für eine wörtliche Rede ist diese Formulierung absolut passend.

    "Waffe" konnte man da nicht mehr rauskürzen, oder nur sehr schwer. Da auch "Gewehr" schon sehr oft dadrin vorkommt. Zudem ist es fast immer wörtliche Rede, wo Wiederholungen im Notfall gestattet sind.

    Die anderen Korrekturen werde ich dann einpflegen.

    @Rael: Deine Korrekturen werde ich dann morgen einpflegen und hochladen. Und zu deiner Frage: Hier wird angedetet, dass es noch höhere Offiziere gibt, als dem Leutnant. Eigentlich nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass es auch mehrere Lager gibt und im Militär eigentlich immer einer das Oberkommando hat. ;)


    Aber genug davon, die Korrekturen sind schnell gemacht und eher oberflächig. Hier muss ich zumindest nicht groß umformlieren. Also: Hier kommt der nächste Teil:

    _______


    - Böse Überraschungen -

    Ich guckte gelangweilt und zugleich frustriert die Bunkerdecke an und hatte die Füße hochgelegt. Ein paar der anderen Soldaten taten genau dasselbe und faulenzten auf den Pritschen. Andere lasen entspannt Bücher, oder blätterten in Zeitschriften und eine kleine Gruppe Soldaten spielte versonnen in einer Ecke Karten. Wir alle genossen auf unsere Art die Ruhe und kühle Luft hier unten. In den letzten Tagen war die Stimmung merklich angespannter geworden. Konflikte zwischen einzelnen Soldaten und unseren Vorgesetzten brachen immer schneller aus. Offiziell hatten wir deshalb unsere Ausbildung auch schon abgeschlossen, da Lya ihre Aufmerksamkeit anderen Aufgaben widmen musste.
    Auch das Wetter war umgeschlagen. War es zunächst warm und tropisch gewesen, war es nun heiß und erstickend. Der Aufenthalt an der Oberfläche wurde von Tag zu Tag zur Qual. Lya erklärte uns in einer ruhigen Stunde, dass das mit dem Wetterlagen hier zusammenhing und durchaus normal war.
    Folgerichtig blieb jeder von uns, sofern er es einrichten konnte, im kühlen Bunker. Die Klimaanlage wummerte im Hintergrund und versorgte uns mit Frischluft und Kälte, ohne, dass wir etwas tun mussten. Den ganzen Stress und die Hitze würden wir früh genug wieder erleben.
    Ich meinte einen Moment lang, dass die Wände kurz gezittert hatten, aber legte das als optische Täuschung ab, als plötzlich der Vorhang beiseite gerissen wurde. „Der Leutnant feuert die Haubitze ab. Das müsst ihr sehen.“
    Dann war er auch schon wieder weg und ich hörte ihn eilig die Leiter hochklettern. Die Soldaten im Raum sahen sich einen Moment an, bevor sie dann alle wild zum Ausgang stürmten.
    Ich überlegte ernsthaft, ob mich ihnen anschließen wollte, aber ich genoss die kühle Luft viel zu sehr, um mich zu bewegen.
    Auf einmal war Anna neben meinem Feldbett und zog mich auf die Füße. „Jetzt komm schon Torn, das müssen wir uns ansehen.“
    Sie zog mich bis zur Einstiegsluke mit, wo wir dann im Gedränge auseinanderdrifteten. Jedoch verschwendete ich jetzt keinen Gedanken mehr daran, mich wieder ins Bett zu legen. Ich hatte mich nun auch von der Vorfreude anstecken lassen und fieberte nun ebenfalls dem Ereignis entgegen. Schließlich bekamen wir hier sonst nicht viel zur Zerstreuung zu bieten. Wie die anderen auch, konnte ich es daher kaum erwarten, bis die Leiter frei war.

    Kaum war ich oben, sah ich die Haubitze voll aufgebaut, die Plane war weg und das Geschütz ausgefahren. Ich war mir sicher, das Teil schon im Fernsehen gesehen zu haben. In schneller Folge feuerte sie drei Granaten ab. Jeder Schuss wurde von den Soldaten mit lautem Gejohle begrüßt. Mitten im Gedränge konnte ich Rick sehen und schob mich zu ihm durch.
    „Sind das die Napalmgranaten“, frage ich ihn.
    „Ja, verdammt.“ Als er mich sah, zog er mich zu sich und schlug mir auf den Rücken. „Der Leutnant löscht endlich diese verdammten Raptorennester aus.“
    Ich warf noch einen nachdenklichen Blick auf die Haubitze, bevor ich ihn fragte: „Jetzt sag mal, das Ding ist doch recht neu, oder?“
    „Das ist die Panzerhaubitze 2000, deutsche Produktion, gibt es erst seit etwa zehn oder fünfzehn Jahren. Das Teil ist einfach der Hammer. Es kann Salven abschießen, mit jeder beliebigen Munitionsart gefüttert werden und sogar Panzer ausschalten, wenn sie steht“, ratterte Rick voller Begeisterung runter.
    „Aber das Ding ist doch riesig. Ich dachte, diese ganze Körpertausch-Komödie gibt es nur deshalb, weil es so höllisch kompliziert ist, etwas durch das Tor zu schicken. Wie kommt das Teil dann hier her?“
    Sein Gesicht wurde schlagartig ernst. Er hatte dem verletzten Timbre in meiner Stimme deutlich rausgehört und zog mich ein paar Schritte beiseite.
    „Das Ding ist eine Ausnahme. Ja, du hast Recht, dass wir nichts Großes mehr durch das Tor schicken. Selbst die vom Panzerlager müssen sich mit ein paar alten Leopard2A4 rumärgern und bekommen keinen Ersatz. Aber unser Baby ist eine Ausnahme“, erklärte er. „Weißt du, vor ein paar Jahren wollten die Amerikaner wissen, ob sich das Loch vergrößern kann, wenn man viel Material durchschickt. Scheinbar machten sie sich langsam Sorgen. Ich mein, in den Anfangstagen haben wir auch alles Mögliche rübergeschickt, ohne uns großartig Gedanken gemacht zu haben, aber jetzt ist unser Tor mit Sensoren gespickt. Das wissen die Amis. Und da wir das kleinste aller Portale haben, machten wir ein Experiment und schickten das Größte durch, was wir durchschicken konnten und wir hier gut gebrauchen könnten. Darum haben wir die Panzerhaubitze hier.“
    Ich war jetzt wieder vollkommen ruhig, aber dafür umso neugieriger: „Und? Verbreitert sich das Portal, wenn man was Großes durchschickt?“
    „Nein. Das haben sie genau gemessen, da verändert sich nichts“, antwortete er mir. „Aber es war dennoch höllisch kompliziert und die Wissenschaftler am Tor haben uns versichert, dass sie das sicherlich nie wieder machen werden.“
    Ich nickte, denn die Erklärungen mit den Papierfliegern hatte ich mir gemerkt. Ich würde das auch nicht freiwillig machen, wenn ich die Wahl hätte, keine Frage. Aber so langsam wurde ich neugierig auf die anderen Portale. Die wurden zwar schon vielfach erwähnt, aber nie Details genannt.
    „Jetzt verrate mir mal eines ... also unser Portal steht irgendwo da, wo später Meer sein wird. Aber was ist mit den anderen Portalen?“
    „Ja, also das eine Tor der Amerikaner ist irgendwo an den Ort, wo in der späten Kreidezeit die ganzen Vulkane ausbrechen. Du weiß schon, die Vulkane, die das Ende der Dinosaurier eingeleitet haben. Oder bist du ein Anhänger der Meteoriten-Variante?“
    „Das war mit eigentlich schon immer völlig egal“, stand ich ihm ein.
    Er zuckte ebenfalls mit der Achsel und fuhr fort: „Naja, egal, auf jeden Fall können die dort so ziemlich alles machen, was die wollen, weil die Gegend eh total verwüstet wird. Anders sieht es bei dem zweiten Tor aus, dass die haben. Da ist es in der Tat ein Problem, da es im mittleren Westen der USA liegt. Und zwar auf beiden Seiten. Da achten sie peinlich genau darauf, was sie da tun. Und den Chinesen ist es glaub ich eh egal.“
    „Ehrlich?“
    „Ja, aber genaueres wissen wir auch nicht, weil sich die Chinesen da ziemlich abschotten. Gerade was das Portal angeht, sind sie sehr empfindlich. Wir wissen nur, dass es das Größte aller Portale ist. Und natürlich, dass es in der Antarktis rausgeht.“
    „Dann dürfte es noch eine ganze Zeitlang sicher sein“, kommentierte ich lächelnd und Rick fing breit an zu grinsen. „Ja, das denke ich auch. Allerdings wissen wir nicht, in welcher Zeit die heraus gekommen sind. Es gibt tatsächlich Gerüchte, das die in der Jurazeit gelandet sind. Das wären noch ein paar Millionen Jahre mehr.“
    „Ich schätze mal, es ist ohnehin kompliziert zu sagen, was die Millionen von Jahren überdauert.“
    „Oh, allerdings. Jedoch dürfen wir kein Risiko eingehen, dass irgendein Archäologe, beziehungsweise Paläontologe dann versteinerte menschliche Knochen auf den Tisch bekommt.“
    „Allerdings. Sag mal, hörst du das?“, fragte ich ihm, als ich irgendwas Dumpfes tapsen hörte.
    Er horchte einen Moment und war schneller am Waffenständer, als ich gucken konnte. Ungeschickt fing ich das RX17 auf, das er mir zuwarf, bevor er zwei Warnschüsse in die Luft abgab und laut brüllte: „Sie kommen!“

  • Eigentlich nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass es auch mehrere Lager gibt und im Militär eigentlich immer einer das Oberkommando hat.

    Achso es gibt mehrere Lager, das hatte ich vergessen stimmt.

    „Das war mit eigentlich schon immer völlig egal“,

    mir

    Der Teil leitet einen weiteren spannenden Teil ein, wie ich vermute. Es endet auf jedenfall schonmal spannend. Ach und ich mag Rick :)

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Ihr wolltet ein Gemetzel, ihr bekommt ein Gemetzel.

    _______

    Kurz darauf brach totales Chaos aus. Die ersten Soldaten rannten zu den Gewehren, die nächsten eilten zum Bunker, denn auch zwei oder drei Kinder hatten das Abfeuern der Haubitze mit angesehen. Andere hingegen zogen die Planen von den 20mm-Flaks weg, als auch schon die erste gewaltige Explosion den Boden erbeben ließ. Ich warf einen Blick zum Waldrand rüber, wo die Bäume erzitterten und kurz darauf ein weiteres Beben die Erde erschüttern ließ. Mehrere kleinere Explosionen waren zwischen den Blättern zu erahnen und plötzlich rollte der abgerissene Kopf eines Typo aus den Büschen.
    Die Luft begann nach Schießpulver zu stinken. Nicht so angenehm, wie bei Silvester, sondern richtig penetrant. Die Hitze des Tages verbreitete noch weitaus unangenehmere Gerüche, die ich jedoch tapfer ignorierte und mich hinter einem Kistenstapel verschanzte. Ich stütze meine Ellenbogen auf das brüchige Holz und zielte mit meinem Gewehr auf den Waldrand. Vereinzelnd peitschten kurze Salven durch die Luft.
    „Sie kommen von allen Seiten“, brüllte eine überschlagene Stimme und das Feuergefecht wurde härter. Von meiner Position aus, war noch nichts zu erahnen. Der Minengürtel schien zu halten, aber der Reaktion der anderen Soldaten nach, würde das nicht mehr lange so sein. Plötzlich sah ich einen kleinen Rep, der mit flinken Sprüngen über ein paar Wurzeln hechtete und an einen Stamm hochkletterte. Eine kurze Salve von mir, holte ihn da schnell wieder runter.
    Weitere schnelle Schussfolgen ertönten, als weitere Reps aus dem Wald auftauchten, aber auch diverse andere Dinosaurierarten tauchten zwischen den Farnen auf und wurden umgehend erschossen. Ich sah eine grell schillernde Echse, dessen kräftiges Gelb und Blau verriet, dass das Tier mit Sicherheit giftig war und feuerte sofort darauf.
    Plötzlich brach ein riesiger Dinosaurier durch die Büsche. Ein Pflanzenfresser, sicherlich, aber äußerst wütend. Funken tanzten über seine Panzerung, als ein Teil der Kugeln dort einfach abprallte. Fast jeder Soldat der Umgebung schoss nun auf das Riesenvieh, doch das schien keine Schmerzen zu kennen. Es machte eine tobende Bewegung und einer der Soldaten flog schreiend, mitsamt seiner Deckung durch die Luft.
    Einer der Flaks hämmerte dumpf los. Der Dinosaurier wurde von den Treffern förmlich umgerissen. Sein Aufschlagen auf den Boden, ließ auch meinen Kistenstapel zusammenfallen. Fluchend befreite ich mich aus dem Gerümpel und konnte gerade noch sehen, wie eine Gruppe von mindestens zwanzig Reps, den Typen an der Flak umrissen. Blut spritzte meterweit durch die Luft. Einer der Rekruten, ich meinte es war Zach, schoss mit seinem RX auf die lose Ansammlung von Beutegreifern und plötzlich explodierte die Flak-Munition. Die Detonation riss sämtliche Soldaten von den Füßen. Ein Feuerpilz stieg zwanzig Meter in die Höhe und alles was sich in der Nähe befand, wurde in kleinste Teile zerfetzt. Ich duckte mich in die Kisten, als Trümmer und Körperteile auf mich herabregneten.
    Trotz der Entfernung hatte die Explosion mich ziemlich erwischt. Ich war völlig desorientiert und merkte zu meiner Verärgerung, dass ich kaum noch was hören konnte. Nur ein Fiepen war zu erahnen. Auch mein Denken schien langsamer zu sein. Irgendwie waren alle Sinneseindrücke verzerrt.
    Ich schüttelte sachte meinen Kopf und bohrte mit dem Finger in die Ohren, doch nichts half. Alles blieb unwirklich und dumpf. Die Schüsse der anderen Soldaten spürte ich eher, als das ich sie hören konnte. Einige Sekunden lang blieb ich genau da, wo ich auch saß. Ohne Gehör, war ich sicher keine große Hilfe.
    Plötzlich fuhr die Panzerhaubitze an mir vorbei. Ich spürte die Vibrationen, die wuchtigen Ketten, die sich in den weichen Grasboden drückten, bis sie plötzlich stehen blieb. Selbst mit meinen nutzlosen Ohren, konnte ich erahnen, wie sie mehrfach feuerte. Zwischen den Palmen stiegen Feuerblumen in die Höhe. So etwas kannte ich bislang nur aus dem Fernsehen, bei Dokumentationen über den Vietnamkrieg und natürlich aus Forrest Gump. Napalm. Der Leutnant machte dass, was er vor unzähligen Jahren selbst erlebt hatte und legte einen Feuerriegel um das Lager.
    Ich ließ mich in den Kistenstapel versinken, und spürte, wie irgendwas Feuchtes an mir herab lief. Als ich fahrig mit meinem Ärmel mir über die Stirn rieb, blieb Blut und irgendwas Schuppiges daran kleben. Die Überreste der Explosion. Ich seufzte, obwohl ich mich selbst nicht hören konnte, - nahm mein Gewehr und suchte nach neuen Zielen.

  • Mann, am Wochenende ging es hier ja buchstäblich zur Sache, ich hab gleich mehrere Posts verpasst 8o

    Meine Gedanken zu den vorherigen Teilen, allerdings bunt vermischt und nicht in der Reihenfolge, wie gepostet wurde:

    Ich hab nicht mehr alles gefunden, was mir aufgefallen ist. Aber es waren auch nur kleine Fehlerchen, die kaum erwähnt werden müssen.

    Zitat von Schreibfeder

    „Das Ding ist eine Ausnahme. Ja, du hast Recht, dass wir nichts Großes mehr durch das Tor schicken. Selbst die vom Panzerlager müssen sich mit ein paar alten Leopard2A4 rumärgern und bekommen keinen Ersatz. Aber unser Baby ist eine Ausnahme

    Wiederholung.

    Zitat von Schreibfeder

    Ich war völlig desorientiert und merkte zu meiner Verärgerung,

    Verärgerung finde ich halb passend, halb unpassend. Weil ich hätte zuallererst einmal Sorge um mein Gehör, diese Ängste, die aufkommen, ob man je wieder normal hören kann. Und erst danach Wut über den Schmerz oder diese räudigen Viecher.


    Zitat von Schreibfeder

    Plötzlich fuhr die Panzerhaubitze an mir vorbei.

    Hoffentlich nicht zu nah, denn der Lärm beim Abfeuern würde ihn vollends taub werden lassen.


    Ansonsten:

    - Der Leutnant ist zwar ein Sack, aber nach diesem Vorfall hat er es auch wirklich nicht leicht. Vielleicht schottet er sich auch ab. Mal abwarten, ob da noch was kommt, aber einen Charakter mit Tiefe hast du da schonmal.
    - Das mit den Kindern hab ich nicht so ganz geblickt, aber ob die jetzt 8, 9 oder 12 sind, ist mir unterm Strich auch wayne und auch wenn ich sonst bei jedem Kleinkram meckere, ist es mir diesmal eher unwichtig.
    - Wofür sind die FLAKs? Gibt es auch Flugviecher? Falls nicht, könnte ich mir nur vorstellen, dass sie damit die größten Dinos abknallen, weil die wegen dem Winkel vielleicht schwerer zu treffen sind.
    - Den Abschnitt mit der Patrouille lasse ich unkommentiert, das hat soweit gepasst
    - Die Schlachtszene war ziemlich nice. Schön hektisch und nicht zu zimperlich. Vielleicht bin ich ein Psycho, aber wenn man ein schönes Feindbild hat, ist es sehr befriedigend, wenn diese Feinde so richtig auf die Fresse kriegen :D Und zwar mit dicken Geschützen wie dieser Haubitze voll auf die Zwölf .
    :thumbsup: Also weiter so (das Gemetzel ist ja noch nicht vorbei)

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Ich erledigte noch ein paar umherstreuende Dinosaurier, aber die meisten Tiere machten einen großen Bogen um den Waldbrand. Diejenigen, die das nicht taten, verbrannten im Napalm so laut kreischend, dass selbst ich das noch wahrnehmen konnte. Mein Hörvermögen verbesserte sich merklich, wenn auch nur sehr langsam. Als ich jedoch aufstehen wollte, drehte sich alles, weswegen ich mich schnell wieder setzte.
    So fand mich dann auch Minuten später Rick, der mir an die Schulter tippte. Vermutlich hat er schon versucht mich anzusprechen, aber meine Ohren waren noch immer nutzlos.
    „Torn? Kannst du mich hören?“, brüllte er mich an.
    „Nicht gut“, sagte ich laut zurück. „Ich bin halb taub.“
    „Bist du verletzt?“, fragte er.
    „Keine Ahnung“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Um mich dreht sich alles.“
    Er half mir auf die Beine und stützte mich. Ohne ihn wäre ich wohl kaum vorwärts gekommen, denn Kopfschmerzen und Übelkeit breiteten sich sofort in mir aus, je länger ich stand.
    Zum Glück mussten wir nicht weit gehen. In einigen Schritten Entfernung, in Sichtweite der zerstörten Flak, hatte Lya ein notdürftiges Lazarett aufgebaut. Dort lagen und saßen ein gutes Dutzend Verletzte. Und auch Tote. Ich sah auf einer Trage Zach, der wohl die von ihm verschuldete Explosion nicht überlebt hatte. Neben ihm ruhten noch zwei weitere Leichen, die ähnlich aussahen wie der tote Zach. Die Druckwelle musste sie alle drei getötet haben. Ich schluckte bittere Galle herunter.
    Lya kam auf uns zu und ich nutzte die Gelegenheit, um mich zu setzten. Sie sprach mit Rick, der wohl berichtete, was ich ihm zuvor gesagt hatte, aber so schnell und leise, dass mir davon der Kopf kreiste. Kurz darauf war sie neben mir in die Hocke gegangen und tupfte vorsichtig das Blut und die Schuppen weg, die mir an der Stirn klebten. Erst als sie sah, dass ich keine äußeren Verletzungen hatte, schickte sie Harke fort, der wohl ihr Assistent war.
    Sie leuchtete mir in die Augen und stellte mir einige Fragen, die ich Sekunden später wieder vergessen hatte. Dann warf sie einen Blick in mein rechtes Ohr, aus dem, wie ich spürte, irgendeine Flüssigkeit tropfte.
    „Torn, kannst du mich verstehen?“, sagte sie laut, dennoch musste ich auf ihre Lippen achten, um zu erahnen, was sie sagte. Das lag nicht nur an meinem Gehör, sondern auch daran, dass überall um uns herum noch geschossen wurde. Befehle wurden gebrüllt und vereinzelnd gingen sogar noch Minen hoch.
    „Ja“, antworte ich dennoch und versuchte dabei nicht zu brüllen. Gar nicht so leicht, wenn man sich selbst nicht hören konnte.
    „Du hast eine Art Explosionstrauma. Dein rechtes Trommelfell ist gerissen. Ich gebe dir Watte mit, die du dir vorm duschen da reinstopfst und Ohrentropfen, die du alle paar Stunden reintröpfeln musst. Wegen der Infektionsgefahr. Verstanden? Du hast ebenfalls eine leichte Gehirnerschütterung, deshalb legst du dich jetzt sofort hin und schiebst ein paar Tage lang eine ruhige Kugel. Okay?“
    „Ja, alles verstanden, ich gehe unter die Dusche und dann ins Bett, alles klar“, murmelte ich und stand auf. Prompt taumelte ich die ersten paar Schritte. Mein Gleichgewichtsinn war völlig hinüber. Bevor ich Rick bitten konnte mir zu helfen, hatte sich schon Anna bei mir eingehakt und stütze mich.
    „Keine Sorge, Torn, wenn du Sport und Anstrengung vermeidest, bist du in einer Woche wieder fit“, meinte Lya zu mir und fing an in einer Kiste mit Pharmazeutika zu kramen. An Medikamenten schien es im Lager keinen Mangel zu geben, was mich nicht weiter überraschte. Sekunden später drückte sie mir zwei Päckchen in die Hand. Ganz normale handelsübliche Ware, weiße Verpackung, irgendein farbiger Balken unterm Produktnamen und in einer Ecke Blindenschrift.
    Dann knickte sie noch zwei Tabletten ab, die so ähnlich aussahen wie Aspirin und fügte noch hinzu: „Für die ersten beiden Nächte gebe ich dir noch ein Schlafmittel mit. Damit du wirklich ruhen, oder zumindest gut einschlafen kannst.“
    „Danke“, sagte ich und ließ mich von Anna wegschleppen. Obwohl ich versuchte nur auf meine Füße zu achten, damit die Übelkeit nicht schlimmer wurde, fiel mir die großflächige Zerstörung des Lagers auf. Das weiße Zelt, was den Bunker verdeckte, war vollständig zerfetzt. Es lag nur noch lose am Boden und wies große Löcher und Risse auf. Einige Schrapnellsplitter mussten dort durchgeflogen sein und sicher auch die ein oder andere Kugel.
    Neben uns wurde ein Soldat zu Lya getragen. Es war der, der vom riesigen Pflanzenfresser durch die Gegend geschleudert wurde. Er schien Glück im Unglück gehabt zu haben und ins Leichenzelt gelandet zu sein. Zumindest interpretierte ich das so, da andere Soldaten dabei waren, dort alles aufzuräumen. Immerhin dürfte das seinen Sturz gedämpft hatte.
    Ich kannte ihn nicht gut, er war einer von denjenigen, die im hintersten Winkel des Bunkers schliefen. Und ab Bettnummer Achtundzwanzig waren das eigentlich alles ziemliche Mistkerle. Unfreundlich, immer einen dreckigen Spruch auf den Lippen und traten nur im Rudel auf. Ich war immer froh, wenn ich an denen vorbei war. Dennoch wünschte ich niemanden etwas Schlechtes, noch nicht einmal denen.
    Stöhnend und übervorsichtig kletterte ich die Leiter herunter. Das Kreiseln im Kopf war nichts im Vergleich zum Gefühl, dass sich bei einem Fehltritt unter einem nur Luft befand. Dennoch kam ich sicher am Boden und nach einem Abstecher unter der Dusche auch heile in meinem Bett an, wo ich beinahe schon überglücklich meine Augen schloss.
    Anna löste neben mir eine Schlaftablette für mich auf, als Rick neben sie trat. „Anna, wenn du hier fertig bist, komm bitte zu mir hoch.“
    „Warum?“, wollte sie wissen, als sie mir das Glas reichte.
    „Hat man es euch noch nicht gesagt?“, fragte er, bevor er achselzuckend fortfuhr: „Naja, egal. Der Leutnant ist ein Idiot. Er hat nicht aufgepasst und das Napalm schlecht verteilt. Normalerweise treiben wir damit die Dinosaurier von uns weg. Nur bei den Dinosaurierwanderungen schaffen die es ins Lager. Und das ist dann immer gefährlich. Wir haben große Mengen Aas dort oben herumliegen. Es ist unglücklicherweise im Wald verteilt und da kommen wir nicht hin. Der ist ja komplett vermint. Daher müssen wir vom Lager aus alles streng bewachen. Also, kommst du jetzt mit, Anna?“
    „Klar, ich warte nur, bis Torn das hier geschluckt hat“, sagte sie und tippte gegen das Glas. Gehorsam kippte ich das Zeug runter.
    „Gönn dir etwas Ruhe“, meinte auch Rick zu mir. „Richtig übel wird es erst in drei bis vier Tagen, wenn die Kadaver anfangen zu stinken. Das lockt dann richtig Viecher an.“
    „Na großartig“, murmelte ich, während ich meinen Kopf in die Kissen sinken ließ und die Decke unter mein gesundes Ohr zog. Ich wollte jetzt einfach nur noch schlafen.

  • Ich habe keine groben Rechtschreibfehler gefunden. Alles sauber geschrieben und gut erläutert.
    Ich finde, da hat Torn nocheinmal Glück gehabt, das hätte auch anders ausgehen können. Gehirnerschütterung und geplatztes Trommelfell sind nicht so nett, aber es gibt schlimmeres.^^

    Ich frage mich, wann er endlich gemeinsam mit Anna flieht :P

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Hab ich irgendwo geschrieben, dass die beiden zusammen fliehen? Tja, erstmal kommt ein neues Gefecht.

    _______


    Nach über zwei Tagen fühlte ich mich erholt genug, um mich wieder etwas zu bewegen. Inzwischen ließ ich aber den Ohrpfropfen dauerhaft drinnen. Es fühlte sich einfach besser an und Lya hatte es mir bei der Untersuchung am Vortag nicht verboten.
    Was mich jedoch etwas beunruhigte, war das Fehlen von Anna und Rick. Beide waren zwar da gewesen, aber nur um einige Stunden zu schlafen, dann waren sie wieder weg. So erging es allen anderen Soldaten ebenfalls, zumindest diejenigen, die nicht schwer verletzt waren.
    Und ich fühlte mich wieder fit und es käme mir falsch vor, mich im Bunker zu verkriechen. Also kletterte ich langsam die Leiter hoch.
    Oben angekommen, merkte ich zuerst, dass das weiße Zelt komplett entfernt wurde. Es war durch einen Ring aus Kisten und Gerümpel ersetzt worden, der draußen eine niedrige Wehrmauer bildete. Außerdem war die Nacht angebrochen, was aber nicht hieß, dass es dunkel wäre. Am Waldrand waren Magnesiumfackeln gleichmäßig verteilt, die ein sanftes gelbes Licht abgaben. Vereinzelnd blitzte Gewehrfeuer auf und das gedämpfte Knattern der Waffen lag beständig in der Luft. Überall zischten Leuchtspurgeschosse durch die Dunkelheit.
    Immerhin war es bedeutend kühler geworden. Der modrige Geruch war zwar verschwunden, aber war durch einen noch übleren Gestank nach Verwesung übertüncht worden. Tierische Sinne mussten es noch deutlich präsenter wahrnehmen, was auch das ständige Gewehrfeuer erklärte.
    Ich ließ die Klappe zum Bunker wieder zufallen und ging hinter dem Kistenring in Deckung. Vorsichtig spähte ich über dessen Rand und versuchte mir einen groben Überblick zu verschaffen.
    Die Zelte waren weggeräumt worden, nur das Leichenzelt stand noch. Dafür waren überall kleinere Kistenstapel verteilt, hinter denen sich Soldaten verschanzt hielten. Vereinzelnd gaben sie schnelle Feuerstöße auf die Bäume ab. Die Leuchtfackeln dienten ihnen da als Zielhilfe. Was sich in dessen Lichtkegel bewegte, wurde erschossen.
    Ich spähte weiter nach bekannten Gesichtern, doch die anderen hockten fast ausnahmslos in totaler Finsternis. Da war absolut nichts zu erkennen.
    Seufzend schwang ich mich über die Kisten und eilte zur nächstgelegenen Verschanzung, wo ich schnellstmöglich in Deckung ging.
    „Was machst du hier?“, fragte mich einer der Soldaten dort unfreundlich.
    „Ich suche Lya, sie müsste hier irgendwo sein.“
    Der Mann deutete auf einen entfernten Kistenstapel, wo sich mindestens sechs Soldaten versteckt hielten.
    „Danke“, meinte ich und eilte weiter. Geduckt huschte ich quer über die Wiese, bis ich das Ziel erreicht hatte. Hier war tatsächlich Lya zu finden, die konzentriert zu den Fackeln am Waldrand spähte. Ihr Profil war trotz des unsteten Lichts gut zu erkennen. Sie wirkte nicht so, als wenn sie viel geschlafen hätte. Dennoch zuckte ihr Kopf sofort zu mir, kaum dass ich angekommen war.
    „Was machst du denn hier?“, fragte sie mich überrascht. Genau dieselbe Frage wie der Soldat eben, jedoch klang es bei ihr freundlich.
    „Du hast gesagt, ich solle mich wieder bei dir melden, wenn es mir besser geht“, erinnerte ich sie daran. Sie musterte mich einen Moment lang vertieft. Der Ohrstopfen ließ sie zufrieden nicken. Hinter uns ging eine Mine hoch und ließ uns zusammenzuckten.
    „Bombenstimmung hier“, meinte ich, als ich mich wieder aufsetzte. Galgenhumor.
    „Ja, ist echt eine Mords-Gaudi“, sagte sie, und gab einen kurzen Feuerstoß in den Wald ab. Ihre Waffe klickte leer und sie suchte nach einem frischen Magazin.
    „Fühlst du dich wirklich wieder fit?“, fragte sie mich, während sie ihr Gewehr nachlud.
    „Einigermaßen“, gab ich zu. Sie warf mir einen nachdenklichen Blick zu, bevor sie nickte. „Gut. Wir freuen uns immer über Verstärkung. Geh rüber zu Ming, mit dem kommst du ja klar. Dann kann ich Tyr von dort abziehen.“
    „Verstanden“, sagte ich und schnappte mir eines der Gewehre, die es hier im Überfluss gab und lud dieses routiniert nach. Jetzt erwies es sich als Vorteil, dass Karl uns so auf das Schießen gedrillt hatte, denn ansonsten wäre ich in der absoluten Dunkelheit mit Pauken und Trompeten gescheitert. Als Lya nickte, rannte ich zur nächsten Verschanzung. Mit Schwung rollte ich über die Kisten und landete sicher in Deckung.
    „Ich dachte, du bist verletzt?“, meinte Ming erstaunt zu mir, der von der Kiste wegrobbte, auf der er eben noch gelegen hatte.
    „Ich hab die medizinische Freigabe, solange ich es nicht übertreibe“, teilte ich ihm mit. Zumindest interpretierte ich die Äußerungen von Lya so. Und den Pochen in meinen Schläfen nach zu urteilen, hatte ich es jetzt schon übertrieben. Dennoch fügte ich hinzu: „Ich soll Tyr ablösen. He, Tyr? Hast du gehört?“
    Der große Mann robbte rückwärts und ließ sich ebenfalls vom Kistenstapel gleiten. Er bohrte einen Moment lang geistesabwesend im Ohr und nickte dann.
    „Ja, verstanden ich bin weg“, sagte er knurrig. Die Zusammenarbeit mit Ming schien er als persönliche Beleidigung empfunden zu haben. Schneller als ich Blinzeln konnte, war er auch schon in der Dunkelheit verschwunden.
    „Alles klar“, meinte Ming erleichtert zu mir. „Dann übernimm die rechte Flanke. Was sich dort bewegt, wird erschossen, hast du ja schon bemerkt.“
    „Jo, verstanden“, sagte ich nickend und robbte in die Position, in der Tyr gerade noch lag. Das Holz der Kiste war noch warm von seiner Körperwärme und bisweilen auch etwas schweißig. Dennoch legte ich ohne unfreundlichen Gedanken meine Waffe an und spähte ins Dunkel.

  • Hab ich irgendwo geschrieben, dass die beiden zusammen fliehen?

    Nein. Das entspringt meinem eigenen wirren Kopf und hat sich dort manifestiert :D

    So erging es allen anderen Soldaten ebenfalls, zumindest diejenigen, die nicht schwer verletzt waren.

    denjenigen

    Guter Part. Habe weder grobe Fehler gefunden noch story technisch was zu beanstanden. :) Also weiter so!

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Achso, nur für dich Rael, dachte ich mir, liste ich auch hier noch die wichtigsten Soldaten auf.

  • Ob dem Kommandant mal vorgehalten wird, dass er mit dem Napalm Mist gebaut hat? Ich hoffe doch, falls das Lager nicht sogar überrannt wird. Schließlich hast du alle möglichen Gefahren angekündigt, die eine Dinowanderung mit sich bringen könnte xD

    Es bleibt abzuwarten, wie Torn sich mit seiner dröhnenden Rübe jetzt schlägt. Sehr realistische Darstellung nach der Explosion übrigens. (Bin Sani, weswegen ich bei Verletzungen in Geschichten immer gleich sehe, wer zumindest gegoogelt hat und wer 0 Plan hat :D Du hast bestanden, aber du bist ja eh im DLRG oder sowas :thumbsup: )

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • @Wysenfelder: Danke. Ja, auch wenn ich nur ein sehr gut ausgebildeter Ersthelfer bin. Die Vereinsführung stellt sich hier quer, was die weiteren Lehrgänge angeht. Sonst wäre da auch mehr drinnen gewesen, die Motivation dafür ist da.

    Und damit ich keine Fehler mache, habe ich es noch zusätzlich gegoogelt. ^^
    Ich hatte es zwar schon so richtig, für ein paar Details war mir das aber wichtig. Freut mich, das sich meine "Arbeit" da gelohnt hat. ;)

  • Hab gar nicht bemerkt, dass das so viele Posts waren, die ich verpasst habe.

    Spoiler anzeigen

    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss sich nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen, und das ohne Reisepass. Bücher haben aber auch einen Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.
    Richard Atwater

  • Deine Korrektren sind alle ziemlich gut. Frag mich bitte nicht, warum ich da einmal in der Rechtschreibung verrutscht bin, war schon richtig deine Anmerkung. Nur bei den Kommas bin ich bisweilen anderer Ansicht.

    Zur inhaltlichen Kritik: Er war der Explosion verhältnismäßig nahe. Die Detonation riss dort die Soldaten um. Druckwelle (je nach dem, wie sie sich verbreitet) könnte ihn getroffen haben, er könnte sich an den Kisten verletzt haben, oder ihn irgendwas Umherfliegendes getroffen haben. Fakt ist aber, dass er ziemlich ramponiert da raus kam.
    Vor allem, da ich aus der "Ich-Perspektive" schreibe. Also nur vom Wissen des Protagonisten ausgehen kann. Und hier ist es so, dass man bie einer Gehirnerschütterung meistens nicht weiß, was dazu geführt hat (ja, dass hab ich sicherheitshalber noch nachgeschlagen).

  • Im ersten Moment konnte ich nichts ausmachen. Meine Augen hatten sich zwar schon angepasst, aber es machte mir Mühe, im schlechten Licht der Leuchtfackeln Konturen zu erkennen. Plötzlich zuckte eine kleine Schnauze vor und schob sich tastend aus dem Wald hinaus. Ein kleiner Rep. Diese Mäuler würde ich nie vergessen, die tauchten in jeden verdammten Alptraum der letzten Woche auf.
    Ich wartete geduldig einige Sekunden lang, bis er aus dem Wald hinausgehuscht war, bevor ich abdrückte. Leuchtspurmunition zischte durch die Dunkelheit und wirbelten Dreck auf, als die Salve den Rep ummähte.
    Ich nickte befriedigt. Inzwischen hasste ich die Viecher vom ganzen Herzen. Das Tier lag weit genug vom Waldrand entfernt, sodass wir nachher gefahrlos dessen Leiche einsammeln und verbrennen konnten. Ich legte mich wieder etwas bequemer hin und wartete auf den nächsten Dinosaurier, der dumm genug war, die freie Fläche zu betreten.
    Hinter uns ratterte plötzlich eine Salve los und Leuchtspurmunition zischte durch den Nachthimmel. Als ich mich neugierig umdrehte, sah ich zu meiner gelingen Überraschung Klett am Boden liegen, der wohl über eine der Kisten gestolpert war.
    „Klett, verdammt, du sollst nicht den Himmel ausleuchten“, spottete eine Stimme, die ich mühelos als die von Kuba identifizierte.
    Ming dreht sich um und besah sich ebenfalls das Spektakel, als Klett aufstand und wütend zu Kuba hintrat. Die beiden mussten sich echt mögen, denn Kuba legte sofort lautstark nach: „Ist doch ein echtes Wunder, dass du noch niemanden erschossen hast.“
    „Ja, ist wirklich ein Wunder“, gab Klett wütend zurück. Seine Hände verkrampften sich am Gewehr. „Du Wichser hast mich geschubst!“
    Der Wortwechsel endete abrupt, als plötzlich die Stimme von Lya schneidend dazwischenfuhr: „Ich glaub euch brennt der Hut. Streitet euch gefälligst woanders!“
    „Er hat...“, begann Klett, wurde aber sofort von Kuba übertönt: „Er ist eine Gefahr für alle. Wieso will das keiner einsehen?“
    „Das reicht jetzt!“, fauchte Lya und ihre Stimme klang ernsthaft gereizt. Sie deutete zu zwei unterschiedlichen Ecken des Lagers. „Klett, du schleichst dich nach da, Kuba nach dort! Bei Tagesanbruch könnt ihr euch eure Strafe abholen. Nein, ich diskutier das jetzt nicht mit euch. Ab!“
    Ich wandte meinen Blick wieder zum Waldrand und zuckte innerlich mit den Achseln. Kameradenschweine wie Kuba gab es immer. Sie blühten natürlich umso mehr auf, wenn es keine richtige Kameradschaft gab. Oder Vorgesetzte, die ein solches Fehlverhalten nicht sofort im Keim erstickten.
    Zwischen den Blättern schien es immer ruhiger zu werden. Vermutlich gab es an anderer Stelle reichhaltig zu fressen, oder einige Großraubtiere waren satt und kehrten dem Schlachtfeld den Rücken. Ich fragte mich unwillkürlich, wie es wohl bei den Dinosaurierwanderungen war. Den Andeutungen der anderen Soldaten nach, war es da bedeutend schlimmer.
    „Ming?“, rief ich daher rüber.
    „Jo?“
    „Sag mal, was sind eigentlich diese Dinosaurierwanderungen?“
    Er stütze sich auf seine Ellenbogen auf und sah zu mir rüber.
    „Das ist so ähnlich wie bei den Zugvögeln, oder wahrscheinlich ist ein Vergleich mit den Lemmingen passender. Wenn ein Gebiet kahl gefressen ist, ziehen große Herden von Dinosauriern in eine andere Region. Die werden natürlich von Fleischfressern verfolgt. So weit ist das ja normal. Nur gibt es jedes Jahr, oder zumindest alle zwei Jahre Extremsituationen.“, erklärte er geduldig, bevor er plötzlich das Thema wechselte: „Was hältst du eigentlich von meiner Taktik?“
    „Welcher Taktik?“, fragte ich erstaunt nach.
    Ming machte eine große Bewegung, die das ganze Lager umspannte. „Meine Idee halt. Das ganze Lager in eine Festung zu verwandeln. Überall mit Kisten kleine Verteidigungsnester aufbauen, hinter denen wir uns sicher verschanzen können.“
    „Das war deine Idee?“, fragte ich erstaunt zurück. „Respekt. Die finde ich genial.“