Helios III (Arbeitstitel)

Es gibt 493 Antworten in diesem Thema, welches 145.766 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. September 2023 um 09:17) ist von Mephistoria.

  • Ich tue mich immer etwas schwer, mit den Hauptfiguren, die gleich in eine sofort erkennbare Nische zu packen. Samuel ist an sich kein übler Kerl. Er ist nur etwas überfordert mit dieser Situation. Aber das wird sich schon bald ändern. Dann ist er lieber. ^^

    Ich werde jetzt die letzten beiden Parts des ersten Kapitels posten, als zwei Spoiler. So wird der Post nicht zu lang und ihr habt mehr Komfort beim Lesen.


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    [ KAPITEL 1-DER ERSTE TAG-TEIL 6 ]


    Ich versuchte mich ein wenig zu entspannen und der Arbeit zu entfliehen. Ich begann die Stühle und Tische zu zählen. Das beruhigte mich. Und dabei stieß ich auf so manche Kuriosität. Auch sehr faszinierend, wie Greys ihre Nahrung aufnahmen. Sie haben zwar einen Mund, aber der gleicht eher einer Gesichtsöffnung, ähnlich den Nasenlöchern. Wie durch einen Schlauch schlürfen sie die Nahrung auf und schlucken sie im Ganzen runter. Darum gab es auch immer irgendein Suppen- oder Breigericht. Feste Nahrung können sie nur krampfhaft zu sich nehmen.
    Sie besitzen auch keine Stimmbänder und können darum auch nicht verbal mit uns anderen kommunizieren. Sie machen es eher über Telepathie oder per Zeichensprache. Doch zweites können nur wenige von uns und ersteres wollen wir nicht.
    Dort drüben, neben dem Eingang, saß eine junge Dame. Halb Grey, halb Chima. Mensch, sehen die sonderbar aus! Und bei ihr kamen die rezessiven Genome deutlich zum Vorschein. Schwimmhäute, gepaart mit meterlangen Extremitäten. Ein knallblauer Melonenschädel mit handgroßen Glubschaugen. Spektrale Iris und blassrosa Lippen. Zum glück besaß sie kein Kopfhaar. Das hätte sie komplett entstellt.
    Aber auch sie hatte eine Berechtigung zu leben. Und vermutlich war sie sehr gut in ihrem Fachbereich. Jeder hier hatte die Berechtigung zu leben und zu lieben. Selbst Hal Mellins. Aber trotzdem genoss ich lieber die Gesellschaft meinesgleichen.

    Ich versank wieder in Gedanken und stocherte fleißig im Essen rum, da sprach mich plötzlich jemand von der Seite an. “Darf ich mich setzen?”

    Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Tisch fast komplett frei war. Mein Blick wanderte langsam hinauf. Und wer war es wohl? Natürlich Hal Mellins. Enttäuschung machte sich breit, die ich aber gekonnt überspielte. “Ja, kannst du.”

    Kaum nahm sie mir gegenüber Platz, redete sie auch schon drauf los. “Warum hast du es eben so eilig gehabt? Hattest bestimmt Hunger, stimmt’s? Was hast du dir denn so leckeres geholt, Samuel? Willst du etwas Fleisch von mir haben? Du hast dir ja keins geholt. Oder hast du deines schon aufgegessen?”

    Sofort schnitt sie ein großzügiges Stück ab und klatschte es auf mein Tablett. Dafür schnappte sie sich prompt etwas Tofu von mir.

    “Sag mal, geht́s noch? Ich will dieses synthetische Fleisch nicht! Weißt du denn nicht, wie das hergestellt wird? Und hole dir gefälligst deinen eigenen Tofu.” Sofort tauschte ich das Essen wieder um, bevor sie auch nur ihren ersten Bissen tat.

    Verdutzt blickte sie drein und ließ glatt das Essen von ihrer Gabel fallen. Schniefend legte sie das Besteck auf dem Tablett ab und schob dieses zur Seite. Sie nahm ihren Kommunikator zur Hand und drehte ihn zu mir rum.
    “Ich habe da mal eine Frage, bezüglich der Feldstärke und den Daten. Schau mal, ich habe die entsprechende Datei bereits für dich geöffnet.”

    Energisch schob sie ihn mir entgegen und drängte so langsam mein Tablett mit weg. Wie das nervte! Ich war am Essen und sie kam an mit Arbeit. Kein Anstand, diese Chima. Ja, sie ist nur zur Hälfte Chima. Aber benimmt sich trotzdem sehr stürmisch und offensiv.

    “Hal, wenn ich esse, dann esse ich. Hat das denn nicht bis morgen zeit? Iss du auch lieber mal was. Sonst kippst du noch vom Stuhl. Treppen hinunterlaufen kannst du ja anscheinend schon mal nicht.”

    Da machte sie große Augen! Grimmig starrte sie mich an und spitzte die Lippen. Mit einem harten Ruck fuhr ihre Hand über den Tisch, den Kommunikator dabei erhaschend. Leider verkeilte er sich an meinem Tablett, welches daraufhin mitgerissen wurde und zu Boden fiel. das ganze Essen verteilte sich unter dem Tisch und meine Hose blieb auch nicht gänzlich verschont.
    Sofort sprang ich auf, trat den Stuhl nach hinten und schnappte mir meine Sachen. Mit zornigem Blick durchbohrte ich ihre Brust, direkt auf́s Herz zielend. Krampfhaft presste ich mir den Kommunikator am meinen Bauch und war kurz davor, ihn durchzubrechen. So wütend war ich!
    Ängstlich starrte sie mich mit ihren knallgelben Augen an und kauerte sich zusammen. Ihr keinen weiteren Blick würdigend, stampfte ich einfach davon und trat in meiner Raserei jeden unbesetzten Stuhl von mir weg. Egal, ob die anderen mich anstarrten, oder nicht. Demütigung war bereits den ganzen Tag lang geschehen, da kam es jetzt auch nicht mehr drauf an.

    Wie spät war es nun eigentlich schon? 20:40 Uhr bereits? Dann schaffe ich ja heute gar nichts mehr in meiner Freizeit. Zu wenig, um großartig was anzustellen und zu viel, um bereits zurückzugehen. Dann werde ich eben etwas mehr Zeit unter der Dusche verbringen. Das entspannt auch ganz gut, wenn man sich warmes Wasser über den Körper gleiten lässt. Jetzt, wo meine Hose ja auch mit Essen besudelt war, war dies umso mehr nötig.
    Und wo befanden sich die Gemeinschaftsduschen nun schon wieder? Sollte ich etwa wieder eine Chima fragen, oder gar einen Grey? Zum Glück waren nun ein paar menschliche Wesen auf den Gängen und sogleich fragte ich nach. Ich wusste zwar, wo sie sich auf der Helios I, in Relation zur Kantine, befanden. Aber ob das nun auch hier zutreffen würde, wurde immer fraglicher.

    “Entschuldigung, wo befinden sich die Gemeinschaftsduschen?”, fragte ich den einen Burschen, der sich gerade auf dem Weg in die Kantine befand. Anfang zwanzig schätzte ich ihn.

    “Die müssten sich in 53/4E oder 13/4E befinden. So genau weiß ich das jetzt leider auch nicht.”

    “Gut... Trotzdem danke.”
    Ich ließ ihn ziehen und fragte mich weiter durch. Nach drei weiteren Leuten, die mir wiederum andere Auskunft gaben, kam ich zum weiblichen Geschlecht, welches rein zufällig meinem Gespräch lauschte.
    “Du suchst die Gemeinschaftsduschen? Ich kann sie dir zeigen, wenn du verstehst, was ich meine.” Keck zwinkerte sie mir zu.

    “Das ist nicht dein Ernst, oder?”, fragte ich sie erwartungsvoll und betrachtete sie kurz. “Gut, du hast eine schöne Figur und ein bezauberndes Lächeln. Aber nicht heute.”

    Die Hände offenhaltend und schulterzuckend entgegnete sie: “Dann verpasst du eben das beste. Station 13/4E. Links die Weibchen und rechts die Männchen. Überlege es dir noch mal. Noch hast du die Chance dazu.”

    Erneut musterte ich sie. Recht schöner Anblick. Aber definitiv nicht sie. Irgendwas sagte mir, dass sie mir nicht gut tun würde. “Ich bleibe bei meiner Aussage.”

    Auch trotz meiner Abfuhr, warf sie mir noch einen leidenschaftlichen Blick zu und verschwand hinter dem nächsten Korridor. Kaum war sie weg und ich ein Stück weiter gegangen, bereute ich meine Entscheidung schon ein wenig. Ich hätte sie zumindest als Begleitung mit dahin locken können. Nur um nicht ganz so einsam zu sein. Denn Station 13/4E war am anderen Ende. Was für ein sinnloser Aufbau das doch war.
    Aber was beklagte ich mich denn schon wieder über solche Dinge? Tausende von Ingenieuren und Mechanikern waren Jahre damit beschäftigt, das Schiff zu entwerfen und zu verbessern. Sie werden sich schon was dabei gedacht haben.
    Endlos schien die Zeit, bis ich endlich angekommen war. Ich sah schon die Besatzungsmitglieder leicht altern, so lange war ich unterwegs. Fast hätte ich auch Hal vergessen, aber nur fast. Sogar mein Quartier passierte ich auf dem Weg dort hin. Aber viel weiter musste ich auch nicht. Ich wollte mir schnell ein großes schwarzes Handtuch aus meinem Spind holen, da bemerkte ich diese große Metalltruhe im Quartier. Mussten die Sachen meines Mitbewohners sein. Gut zu wissen, dass ich doch noch einen zugeteilt bekam. War schon gespannt, wie er wohl sein würde. Ob wir auch gut harmonieren und es keine Reibereien gäbe.


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    [ KAPITEL 1-DER ERSTE TAG-TEIL 7 ]


    Bei den Duschen angekommen, wäre ich beinahe sogar zu den Weibchen gegangen. War ja auch schwer zu unterscheiden, wenn vor beiden nur Männer standen. Alleinig die Gesichter verrieten es. Mit breitem Grinsen und sich aufbäumend standen sie wie Wachleute vorm Eingang und taten so, als müssten sie die Damen durchschleusen.
    Nagut, ich war auch mal so. Aber nun hatte ich andere Probleme, wie meine Männlichkeit zu beweisen.
    Ich betrat den Umkleideraum und schaute mich erstmal um. Vier Bankreihen, jede gut sechs Meter lang. Feingenoppte, mit Silikon beschichtete, Edelstahlgitter bedeckten den Fußboden und verhinderten ein Rutschen, auch bei starker Nässe. Die Wände waren nur aus Metall und spiegelglatt. LED-Streifen zierten die drei Meter hohe Decke, welche gerade genug Licht spendeten, um nicht irgendwo dagegen zu laufen und Gesichter zu erkennen. Man muss bedenken, wieviel Energie jede Sekunde im ganzen Schiff verbraucht wird. Jede Möglichkeit, Energie einzusparen, musste genutzt werden.
    Zwischen dem Hauptkorridor und Umkleideraum befand sich nochmal ein schmaler Weg, der unerwünschte Blicke abhalten sollte. Klappte bekanntlich auch nicht immer. Mit nur jeweils zwei Wachen war man halt nicht absolut sicher.
    Ich legte meine Sachen ab. Neben mir noch viele weitere Männer, welche auch das selbige taten. Natürlich waren kleine Späße und prickelnde Unterhaltungen ebenso vorhanden, wie unerwünscht.

    “Vorhin habe ich sie abgeklärt.”
    “Echt jetzt? Respekt! Ich weiß wirklich nicht, wie du das immer schaffst.”
    “Dann solltest du mal öfters auf mich schauen, beim Duschen.”
    “Ne, lass mal gut sein. Sowas habe ich auch nicht nötig.”

    Dies hier ist auch einer der wenigen Orte, wo Chima erträglich waren. Hier konnte man mal dem Alltagsstress entfliehen und sich am besten mit den anderen Spezies unterhalten. Hier war man gleichgestellt, weil man die gleichen Probleme hatte. Niemand konnte sich verstecken, vor den Blicken und Beurteilungen der anderen.
    Der Anblick meiner Hose war natürlich sofort ein neues Gesprächsthema. Zwar ist es keine Seltenheit, aber trotzdem kurios.

    “Ein Chima?”
    “Könnte man so sagen. Aber eine.”
    “Oh, weiblich! Ja, die sind die schlimmsten.”
    “Mach dir nichts draus. Greys sind auch nicht reinlicher.”
    “Ja!” Gelächter brach auch. “Du hattest auch grad das Pech, dass dem Grey schlecht war. Ich hätte mich gleich mit übergeben, nachdem er sich übergeben hatte.”

    Schnaufend schnappte ich mir meine Hose und ging zu den Duschen. Der Dampf des heißen Wassers hüllte den ganzen Raum in dichten Nebel ein und perlte langsam an den kühleren Wänden ab. Es rauschte ohrenbetäubend und ein beißender Geruch von Desinfektionsmittel, vermischt mit Seife und Schweiß, lag in der Luft. Das Geschrei, der sich unterhaltenden Kerle, übertönte dies nur bedingt.
    Es war eher ein feiner Sprühnebel, wie Wasser, welcher aus den Brausen herausspritzte. Sanft hüllte er mich ein und benetzte zart meine Haut. Der klebrige Schweiß und das schmierige Öl gingen damit ganz leicht ab. Wie ein Hauch von Nichts umschloss er meine Poren. Trocken blieb ich nicht. Aber triefend nass war ich auch nicht. Eher so leicht berieselt, oder angefeuchtet.
    Nur wenige Glaswände fungierten als optische Raumteiler, was eher der Ästhetik diente und weniger dem Zweck. Vielleicht auch mal zum Abstützen, oder als Führungshilfe.
    Ich suchte mir einen freien Platz und genoss diesen Augenblick der Wonne. Es kribbelte leicht auf meiner Haut, was unter den richtigen Bedingungen auch schon mal zu einem stärkeren Gefühl werden konnte. Doch das Bewusstwerden, dass man hier nicht allein war, unterband dies meistens schon vorher. Trotzdem musste man sich nicht schämen, falls es doch mal passieren sollte. Niemand ist perfekt.
    Genüsslich ließ ich mir das brühende Wasser übers Gesicht laufen und träumte vor mich hin. Ein Chima gesellte sich zu mir und begutachtete mich eingehend. Sein selbstgefälliger Gesichtsausdruck, beim Anblick meines besten Stückes, sprach Bände. Chima waren deutlich besser bestückt wie wir Menschen, und prahlten zu gerne damit. Aber Größe ist ja bekanntlich nicht alles.

    “Und wie war dein Tag?”, fragte er mich kurz und knapp.

    “Ganz gut”, stieß ich zurückhalten heraus. “Ich bekam eine Chima zugeteilt. Gut, sie war nur zur Hälfte Chima.”

    “Und gefällt sie dir? Also ist das Arbeiten angenehm mit ihr?”

    Da musste ich kurz schweigen und in mich kehren. Die Wahrheit könnte nun nämlich falsch aufgefasst werden. Und dies wollte ich nicht riskieren. “Sie hatte Aspekte einer Chima. Es war erträglich, sag ich mal so. Es ging alles gut und sie war auch ganz zufrieden mit mir.”

    “Das ist schön zu hören. Wir Chima wissen selber, dass wir schnell zur Aggression neigen. Aber das ist unsere Natur. Und dies könnt selbst ihr nicht in zweihundert Jahren wegzüchten.”

    Da schmunzelte ich. “Habe ich persönlich auch nicht vor. Ihr gefallt mir so. Ich kenne euch nur so. Eher würdet ihr unsere Physiologie verändern können, wie umgekehrt. Ihr seid ein Teil von uns und eigentlich sind wir auch gar nicht so verschieden.”

    Er drehte sich zu mir um und sprach nun etwas direkter. “Ein Rat, von Chima zu Mensch. Wenn wir nackt sind, sind wir erträglich.”

    Wie auch immer er das meinte, ich nahm es mir zu Herzen. Aber jetzt hatte ich mich auch genug geduscht. Noch reinlicher konnte ich nicht werden. Und meine Hose war auch wieder sauber.
    “Ich bin dann mal weg. Danke nochmals, für die ruhige Unterhaltung.”

    Ich verließ die Duschen, trocknete mich ab und band mir das Handtuch um die Hüfte. Meine Hose konnte ich ja so nun nicht anziehen. Da würde ich mich noch erkälten und zwangsläufig krank werden. Und glaubt mir, dies wollte hier keiner riskieren.
    Da hatten die Frauen natürlich gleich was zu gucken, als ich tippelnd über den Korridor lief. Sie konnten es sich auch nicht verkneifen, mir am Tuch zu ziehen. Aber gekonnt schlug ich sanft deren Hände weg und kam unberührt an.
    ID-Karte durch den Schlitz ziehen, kurz warten, bis mein Name erschien, und dann konnte ich mein Zimmer betreten. Kaum war ich drinnen, ertönte auch schon Miris Stimme.

    Guten Abend, Samuel. Wie ist es dir ergangen?

    “Guten Abend, Miri. Ganz gut, denke ich. Hat sich schon mein Mittbewohner bei dir gemeldet?”

    Nein Samuel. Es ist keine Registrierung durchgeführt worden. Hast du irgendwelche Wünsche?

    “Ja, Miri. Könntest du etwas Musik einblenden? Klassische Musik. Mozart, erste Sinfonie.”

    Und sie blendete sie ein. Herrlich, diese Musik. Da hatten unsere Vorfahren wahrlich ein Händchen für. Wer auch immer dieser Mozart war, er musste ein Genie gewesen sein! Das klingt auch so echt und natürlich. Mein Herz ging auf. Da ließ es sich entspannen.
    Sofort legte ich meine Hose zum Trocknen über den Stuhl und zog mir anschließend meinen Pyjama an. Der war natürlich auch schwarz. Anschließend legte ich mich ins untere Bett und genoss weiter die Musik.
    “Miri, wie spät ist es zur Zeit?”

    Es ist exakt 21:48 Uhr, gemessen am Nullmeridian des Planeten XV Novus.

    Ich schloss die Augen und ließ die Klänge weiter auf mich wirken. Kurz darauf öffnete jemand die Tür mit lautem Getöse und trat ein. Das war bestimmt mein Zimmergenosse. Sofort begrüßte ich ihn. “Guten Abend. Es macht dir doch nichts aus, dass ich unten schlafe, oder?”

    “Guten Morgen. Nein, ich schlafe gerne oben.”

    Verdutzt schaute ich drein. Die Stimme kannte ich doch. Kurz blickte ich zur Tür und da sah ich sie tatsächlich. Hal Mellins. Ich habe sie zuerst nicht erkannt, wegen den kurzen Haaren. Aber sie war es. Das konnte jetzt nicht wahr sein, oder? Wer wollte mich hier bloß bestrafen?

    “Was?”, quälte ich mir fragend heraus.

    “Ich schlafe gerne oben, habe ich gesagt. Miri, wie spät ist es zur Zeit auf der Helios II?”

    Es ist exakt 6:00 Uhr auf der Helios II. In 1 Stunde 49 Minuten und 45 Sekunden werden die Zeiten aller drei Archen synchronisiert. Die exakte Zeit beträgt dann 0:00:00 Uhr.

    “I.C.D stummschalten”, unterbrach ich Miri und Hal sofort. Sie drehte sich um und erschrak bei meinem Anblick.
    “Samuel, du? Sind wir jetzt...”

    “Ja, es scheint so, Hal! Wir sind Zellengenossen. Also bitte hab ein wenig Respekt und nimm...”

    Sofort unterbrach sie mich. “Miri, ich wünsche Musik. Es gibt einen Grund zum Feiern.”

    Es läuft bereits Musik. Soll das Lied gewechselt werden?

    “Das kann sich doch keiner anhören, was hier läuft. Da schläft man ja nebenbei ein. Elektronische Musik, wünsche ich. Sonnenwind.”

    Wie du es wünschst.

    Kaum erklangen die ersten Töne, fing sie auch schon an, rhythmisch dazu zu tanzen. Schwungvoll wippten ihre Hände im Takt und die Füße gleich mit. Ich fand das gar nicht amüsant. Sie konnte doch nicht einfach irgendwas bestimmen.
    Gut, die Musikauswahl war nicht das Problem, ich mochte das auch ganz gerne. Aber sie hätte mich doch wenigstens mal vorher fragen können!

    “Ich finde es schön, dass wir zusammen auf einem Zimmer sind”, sagte sie und räumte im Takt zur Musik ihren Spind ein. “Miri, bitte die Musik etwas lauter stellen.”

    Kurz blickte sie zu mir rüber. “Normalerweise stehe ich nicht so auf elektronische Musik von eurem Heimatplaneten. Aber dieses Lied ist echt gut. Eine wirklich gute Interpretation von kosmischen Klängen.”

    Sie wandte sich wieder ihren Sachen zu und holte ihren Pyjama hervor. Ebenfalls schwarz und mit dem Wappen des Schiffes gekennzeichnet. Wir bekommen die gesamte Kleidung einheitlich abgestimmt. Wenn man es so betrachtet, ist das schon etwas langweilig.

    “Miri, bitte das Lied wechseln. Roter Zwerg” Und zu diesen Rhythmen zog sie sich dann um. Langsam und sehr anrüchig, möchte man behaupten. Etwas irritierte mich das schon, wie Hal ihre Hüften kreisen ließ und sich mit ihren Fingern zärtlich über den Bauch fuhr.

    Ich versuchte nicht hinzuschauen. Aber es reizte mich schon, eine Chima mal nackt zu sehen. Sie sollen ja wirklich extrem gut aussehen.

    “Darf ich dich Sam nennen, da wir jetzt Zellengenossen sind?”, fragte sie mich und tänzelte ein wenig herum. Sie bekam irgendwie den Pyjama nicht über ihre Hüften. Und dann kam sie an mein Bett und drehte mir den Rücken zu.

    “Kannst du mir mal helfen? Der ist so eng.”

    Sie strak mir ihren Po regelrecht ins Gesicht und zerrte verkrampft am Baumwollstoff.

    “Miri, schalte die Musik ab. Hal, was soll das? Hörst du mal auf damit? Ziehe dich gefälligst im Bett an, oder nimm den Spind als Sichtschutz.”

    Perplex schaute sie mich an und ging ein paar Schritte zurück. “Was meinst du, Samuel? Ich kann doch nicht nackt schlafen.”

    “Wäre aber einfacher für mich. Ich meine, muss das sein? Bist du immer so tollpatschig und konfus?”

    Stirnrunzelnd schüttelte sie den Kopf und ging wieder zu ihrem Spind.

    “Du sprichst in Rätseln, Samuel. Ich habe mich doch nur umgezogen. Das machst du doch auch hier.”

    “Ja, aber bestimmt nicht vor dir”, grummelte ich und drehte mich zur Wand.

    “Dann schlafe ich eben nackt, wenn das dir lieber ist.” Und schon lag ihr Pyjama wieder im Spind und sie anschließend im Bett.

    “Miri, wie spät ist es?”

    Es ist 22:05 Uhr.

    “Wann müssen Samuel und ich morgen aufstehen?”

    Um 5:30 Uhr ist Beginn.

    “Danke, Miri. Wecke uns um exakt fünf Uhr... Gute Nacht, Sam?”

    “Gute Nacht, Hal! Miri, bitte das Licht ausschalten.”


    LG:
    Zarkaras Jade
    ______________________________________________________________________________________________________________________
    Immortalis Secreta-Unsterbliche Geheimnisse

    • Offizieller Beitrag

    Da ist jemand von seiner Zimmergenossenwahl ja hellauf begeistert. Aber vielleicht lernt er sie ja noch mögen, wobei ich sagen muß, dass ich sie ebenfalls ziemlich nervig und aufdringlich finde.
    Erstaunlich finde ich nur, dass es auf dem Schiff scheinbar okay ist, wenn die männliche Besatzung mit den weiblichen ein Quartier teilt. Da hätten sie auch die Duschen nicht trennen müssen. ^^

    LG, Kyelia

  • Stimmt, @Kyelia, das mit den Duschen dachte ich mir hinterher auch xD Zumal die Kabinen ja nicht viel Privatsphäre zulassen. Ich habe da so den Eindruck einer Ein-Zimmer-Wohnung.

    Die beiden Teile haben mir wesentlich besser gefallen, als der davor. Besonders der Mix aus Infos zur Station und trotzdem Fokus auf Sam und Hal. Die Entwicklung mit den beiden amüsiert mich :D

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • HI :D

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    Station 13/4E. Links die Weibchen und rechts die Männchen. Überlege es dir noch mal. Noch hast du die Chance dazu.”

    Denn Station 14/4E war am anderen Ende. Was für ein sinnloser Aufbau das doch war.

    Oben 13 unten latscht er nach 14?

    habe ich persönlich auch nicht vor.

    groß

    Sie konnten es sich auch nicht verkneifen, mir am Tuch zu ziehen. Aber gekonnt schlug ich sanft deren Hände weg und kam unberührt an.

    LOL ... was geht auf deinen Raumschiffen ab XD

    Guten Abend. Es macht dir doch nichts aus, dass ich unten schlafe, oder?”

    Guten Morgen. Nein, ich schlafe gerne oben.”

    Achja und eine Frage: Wann hat sie Hal die Haare geschnitten?
    Und warum gibt's keine Geschlechter getrennten Zimmer?
    Obwohl ... kann man da auch zusammen wohnen und wie macht man das wenn man in einer festen Partnerschaft lebt?
    Oder gibt es sowas nicht?
    Okay so viel zum Thema EINE Frage *lach*

    Naja wie dem auch sei :D
    ich freue mich auf mehr :D

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Danke, @Kyelia, @Wysenfelder und @Miri, für eure Kommentare, Korrekturen und euer Feedback. :)

    Schön, dass es euch bis jetzt so gut gefällt. Kurz etwas zu Miris Korrekturen. Ja, es muss Station 13/4E sein. Habe mich da im Schreibwahn selbst veralbert und die Zahl vertauscht. Bei so vielen Abteilungen und Stationen komme sogar ich manchmal durcheinander. ^^
    Und am Ende, dass er "Guten Abend", aber sie "Guten Morgen" sagt, war beabsichtigt. Um ihre quirlige Art und Verwirrtheit etwas näher zu bringen. Ihr Biorhythmus ist noch auf die Helios II eingestellt und dort war es zu dieser Zeit noch Morgen. Also sagt sie aus Unbedachtheit "Guten Morgen". Kam vielleicht nicht so rüber.


    Eure Fragen sind wirklich gut und berechtigt.

    Gut, das mit den Haaren ist mir dann selbst aufgefallen. Werde es vermutlich noch irgendwo dazwischenquetschen.

    Geschlechter getrennte Duschen: Ich selbst war am Überlegen, ob es auch zusammen gehen würde. Aber das hätte dann in meinen Augen zu starken Konflikten geführt. Frauen können sehr zickig sein. *Sich selbst eine Ohrfeige gebend*

    Geschlechter getrennte Zimmer, Ja, Nein?: Eindeutig...Auch! Um dieses Thema besser zu erläutern, muss man sich die Frage stellen: "Was ist mit Fortpflanzung und Arterhalt?"
    Die Quartieraufteilung bestimmen nicht die Abteilungsleiter und auch nicht die Offiziere. Die ganz "wichtigen" Leute entscheiden das, wer mit wem zusammenkommt. Das ist eine Art Partnerbörse. Der Genpool ist auf die 1,6 Milliarden Personen beschränkt. Um Inzest zu vermeiden, bestimmen die Wissenschaftler, anhand von vielen Faktoren, wer mit wem kompatibel ist. Also Erbgut; Persönlichkeit; Politischer Rang; etc.
    Leider weiß das das Volk nicht! An sich stirbt niemand dort einsam, weil jeder einen Partner zugewiesen kriegt.
    Damit ist vermutlich auch deine Frage, bezüglich fester Partnerschaft, beantwortet...Miri.


    Wie dem auch sei. Hier ist der erste Part des zweiten Kapitels. ;)

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    [ KAPITEL 2-WER IST SLEVIN?-TEIL 1 ]


    [ 6020 n. Chr. Tag 3 Helios III ]

    Gestern Abend bekam ich vom Abteilungsleiter offiziell bestätigt, dass Hal meine Partnerin ist. Ich wollte das natürlich nicht wahrhaben und beschwerte mich sofort bei ihm, in gewissenhaftem Masse. Doch es wurde so vereinbart und beschlossen. Und ich konnte es nicht ändern. Also akzeptierte ich diese geistreiche Entscheidung.
    Den ganzen Tag lang über versuchte ich krampfhaft, mich daran zu gewöhnen. Doch Mellins machte es mir nicht einfach.
    Jetzt ist es Sechs Uhr Morgens auf der Helios III und wir haben bereits unseren Dienst angetreten. Zu meiner Überraschung hatte Hal Mellins sich heute eigenständig bereiterklärt, den oberen Generator zu überwachen. Auch sonst übernahm sie viel Verantwortung und scheute sich nicht mehr so sehr, mir auch mal Anweisungen zu geben. Wobei ich diese nur geringfügig befolgte, weil ich es einfach besser wusste.
    Wir hatten gestern ein klärendes Gespräch, während und nach der Arbeitszeit. Ich erläuterte ihr meinen Standpunkt und mein Denken über sie. Ich schätzte sie sehr, aber wollte ihr nur bedingt vertrauen. Ihr äußeres Erscheinungsbild war sehr ansprechend und verleitete schnell zur Nachsicht. Ihre Vorgeschichte interessierte mich nicht wirklich, da wir nur Kollegen waren. Wenn ich eine Beziehung mit ihr führen wollte, dann wäre es von Bedeutung. Und bis jetzt kam mir dies noch nicht mal annähernd in den Sinn. Gegen eine Chima hatte ich nichts. Aber anstrengend stellte ich es mir schon vor. Darum sollte sie versuchen, sich nichts zu erhoffen. Das würde sie nur noch trauriger machen.

    “Samuel, erhöhe mal deine Stromstärke um fünfzig Ampere. Ich möchte was versuchen.”

    Verdutzt schaute ich auf meinen Monitor. “Wieso denn, Hal? Bei mir ist alles im Normalbereich.”

    “Tue es einfach. Vertraue mir doch mal. Ich möchte was versuchen.”

    Und da wurde ich hellhörig. “Was genau willst du versuchen? Warum soll ich meine Feldstärke erhöhen? Die ist so schon leicht über dem Sollwert.”

    “Ich will wissen, ob sich die Feldstärken potenzieren. Vielleicht können wir dann etwas Energie einsparen und es somit kosteneffizienter machen.”

    Ich grübelte. Wie meinte sie das jetzt? Wieso sollte man mit mehr Verbrauch am Ende doch weniger Energie verschwenden? “Hal, erkläre mir das mal etwas genauer. Ich weiß nicht, worauf du hinaus willst.”

    Mit entnerven Stöhnen erwiderte sie. “Wenn wir es schaffen, das eine Magnetfeld so weit zu drosseln, dass es von dem anderen beeinflusst wird, können wir vielleicht auch das Feldgitter nach unseren Belieben beeinflussen.”

    Da staunte ich nicht schlecht. Da stand ich wohl gerade sehr auf dem Schlauch. Denn was sie sagte, war gar nicht so dumm. “Hal Mellins, du beeindruckst mich. Das könnte funktionieren. Aber da müssen unsere Berechnungen absolut perfekt sein. Soll ich die lieber alleine übernehmen?”

    Sofort nahm ich die von ihr gewünschten Veränderungen vor und notierte die neuen Felddaten.

    “Und was sagst du? Reicht der Anstieg für die erste Messung?”

    “Ja, ich denke schon. Jetzt erhöhst du die Stromstärke um hundert, dann zweihundert und vierhundert Ampere. Nach jeder Veränderung notieren wir die neuen Daten und dann machen wir das selbe bei dir.”

    Gesagt, getan. Wir führten das Experiment durch und fügten anschließend die Messdaten in ein Diagramm ein. Es sah vielversprechend aus, auf dem ersten Blick. Aber für genauere Prognosen, müsste ich erst noch ein paar Rechnungen durchführen und diese mit der Datenbank abgleichen.
    Ich war wirklich stolz auf Hal. Dass sie bereits nach drei Tagen solche tollen Ideen hatte und diese auch eigenständig umsetzte, war echt bemerkenswert. Sie war eben doch nicht so lernbehindert, wie ich zuerst vermutete. Sie konnte es, musste sich halt nur überwinden.

    “Danke Samuel, dass du meinen Vorschlag akzeptiert hast. Das finde ich wirklich sehr nett von dir.” Freude und Zufriedenheit strahlte ihre Stimme aus. Das machte mich gleichermaßen glücklich, dass ich ihr damit eine Freude machte. Wobei es für mich selbstverständlich war, schließlich war es ein guter Vorschlag. Jede Verbesserung, egal von wem sie auch kommt, war ein weiterer Fortschritt.

    Ich bekam wieder eine Nachricht von diesem Slevin. # Hal Mellins? O.M.G! Du armer Tropf! #

    Warum sollte ich ein armer Tropf sein? Sie war doch ganz nett. Und dumm war sie auch nicht. Also ich verstand nicht, wo das Problem lag.
    Ich könnte ihm ja mal zurückschreiben und fragen, was sein Problem war. Aber sollte ich mich wirklich damit befassen? Vielleicht wollte er das ja auch grad bezwecken, mit seinen Nachrichten. Ich ließ es erstmal auf sich beruhen und widmete mich wieder der Arbeit.
    Doch sofort wurde ich erneut unterbrochen. Es polterte über mir. Aufschreckend blickte ich sofort hinauf und sah Hal breitbeinig am Boden liegen. “Hal, geht es dir gut? Was ist denn nun schon wieder passiert?”

    “Nichts, Samuel. Ich bin nur weggerutscht. Alles in Ordnung. Brauchst nichts vermerken.”

    Ich schnaufte ironisch. “Lohnt sich doch sowieso nicht, es zu vermerken. Aber bei dir ist wirklich alles in Ordnung? Soll ich rauf kommen?”

    Energischer wurde ihr Ton! “Nein, Sam! Bleibe du mal ruhig unten. Ich brauche deine Hilfe nicht.”

    Na wenn sie das meinte, wollte ich sie auch nicht weiter mit meiner Hilfe belästigen. Sie übertrieb es sowieso maßlos, mit ihren ständigen Stürzen und Unfällen! Gestern zum Beispiel klemmte sie sich ihren kleinen Finger am Bodengitter ein. Wie auch immer das geht. Wenn es einer schaffte, dann war es Hal Mellins.

    Kaum war sie wieder auf den Beinen, schien sie auch schon wieder was angestellt zu haben. Zumindest wedelte sie energisch mit den Armen rum und starrte mich erwartungsvoll an.

    “Sam, wir haben Besuch. Kommst du mal schnell?”

    Ich blickte weiter nach links, in Richtung Tür. Dort stand ein junger Mann, kaum älter wie ich. Schwarze Klamotten, etwas untersetzt und ein richtiges Mondgesicht.
    Sofort begab ich mich hinauf und fragte schon auf der Treppe, was sein Anliegen war.

    “Seid ihr Hal Mellins und Samuel?”

    “Ja, sind wir”, erwiderte ich zögerlich. Hal ging einen Schritt zurück und machte ein leicht betrübtes Gesicht. Warum tat sie das? Ich stutzte. “Und was machst du hier? Sollst du uns eine Nachricht überbringen?”

    Er haderte. “Jein. Ich habe heute meinen freien Tag und wollte diesen mal dazu nutzen, etwas mehr über die anderen hier auf dieser Ebene zu erfahren. Darf ich das?”

    Provokativ hielt er seinen Kommunikator vor sich und drehte sich zu mir um. Ich schaute kurz zu Mellins. Sie nickte zögerlich und streichelte zaghaft ihre Unterarme. Mit rollenden Augen entgegnete ich dem Burschen: “Aber nicht lange und nur ein paar Fragen.”

    Er war einverstanden und ich ging kurz mit zu Hal, als seelische Unterstützung. Sonst würde sie wieder hinstürzen und uns beide blamieren. Denn ganz so egal war sie mir nun doch nicht.

    “Wie lange seid ihr schon auf der Helios III?”

    “Heute ist unser dritter Tag”, sprachen wir im Chor, Hal weniger energisch.

    “Schön! Und wieso seid gerade ihr beiden Partner?”

    Wir beide schauten uns tief in die Augen und schwiegen einen Moment. Echt blöde Frage, fand ich. “Weil wir uns so gut ergänzen?”

    Der Bub schaute etwas skeptisch und zuckte dann gleichgültig mit den Schultern. “Macht Sinn. Und wie gefällt euch eigentlich die Arbeit hier auf der Helios III? Wie ist Hal im Bett?”

    “Sehr gut... Wie bitte, was?”

    Hal machte große Augen. “Was wird das hier? Was fällt dir ein, uns so zu belästigen!”

    “Leicht rumzukriegen ist sie ja. Also ich würde gerne mal...”

    “Ich...was? Verschwinde! Sofort!” Handgreiflich wurde ich und schubste ihn zur Tür zurück. Wild mit den Armen fuchtelnd hantierte er mit seinem Kommunikator herum und versuchte zugleich mich wegzudrängen. “Verbringe deine Freizeit wo anders, du Spinner!”

    “Ich hab doch nur...”

    “Zu viel hast du! Verschwinde!”

    “Hal, kriege ich ein Küsschen von dir?”

    “Ich glaube wohl! Hau ab!”

    “Hal, bitte lächeln!” Und er machte ein Foto von ihr, wie sie ihm gerade den ausgestreckten Mittelfinger zeigte. Nun war er zufrieden und rannte unverzüglich davon. Beinahe wäre er sogar noch hingestürzt, so stürmisch war er unterwegs. Ihre Augen begannen zu tränen. Etwas verbittert schaute sie aus.

    “Hal, was ist los? Was weinst du jetzt? Ist das so schrecklich für dich?”

    Sie winkte ab. “Lass mich in Ruhe. Du verstehst das sowieso nicht.”

    Aber ich konnte sie nicht in Ruhe lassen, so traurig wie sie wirkte. Mich störte es nämlich sehr, wenn sie hier so rum jammerte. “Jetzt kriege dich mal wieder ein! Vergiss diesen Typen! Ignoriere ihn einfach und widme dich wieder deiner Arbeit.”

    Schniefend drehte sie sich zur Maschine und arbeitete weiter. Auch wenn sie immer noch etwas irritiert und angespannt wirkte. Doch darauf konnte und wollte ich keine Rücksicht nehmen. Wir hatten schließlich große Verantwortung und mussten immer funktionieren. Genauso wie die Maschinen eben.
    Eine Weile blieb ich noch hier oben und beobachtete sie intensiv. Sie erledigte ihre Arbeit gewissenhaft und eigenständig. Das war mir Befriedigung genug, um mich nun auch wieder zu meine Maschine zu begeben.
    Wir überprüften die Sicherheitseinrichtungen, indem wir eine Depolarisation simulieren ließen. Diese Option war schon vorprogrammiert im Rechner zu finden. Man musste nur seine Zugangsdaten eingeben und die gewünschte, und erlaubte, Option auswählen.
    Hal zögerte anfangs, weil sie nicht wusste, ob es ihr erlaubt war. Aber sie arbeitete an den Magnetspulen, wurde hier zugeteilt und war meine Partnerin. Alles Faktoren, die sie dazu berechtigte.
    Es war nur eine Simulation, also fand keine wirkliche Depolarisation statt. Der Vorteil dabei war, dass man die Maschinen und Besatzung schonte. Dafür verbrauchte es aber deutlich mehr Energie.
    Eigentlich führte man diese deshalb nur durch, wenn man sich absolut sicher ist, dass etwas nicht intakt war. In unserem Fall war alles in Ordnung, was wiederum auch schlecht war. Vermerken mussten wir sie allemal.


    LG:
    Zarkaras Jade
    ______________________________________________________________________________________________________________________
    Immortalis Secreta-Unsterbliche Geheimnisse

  • Sehr gut erklärt, das mit der Partnerwahl. Klingt echt interessant. Da hat sich jemand Gedanken gemacht xD

    Der Text hat mir wieder gut gefallen, auch wenn die Handlung noch nicht so in Fahrt kommt. Nur zwei Dinge:
    Die Dialoge wirken arg gestellt. Mal schreibst du sehr umgangssprachlich und mal wieder übermäßig höflich. Das ist in sich noch nicht stimmig, rein stilistisch gesehen. Das bemerke ich übrigens schon von Anfang an xD Wollt's halt mal loswerden. Sind aber nur Kleinigkeiten.

    Außerdem wirkte die Szene mit dem Hal-Fanboy etwas fehl am Platze. Aber vielleicht kommt der Typ ja später noch zum Tragen und im Gesamten passt alles wieder. Das ist halt immer das Problem, wenn man nur abschnittsweise das Zeug lesen kann :) Mach gern weiter, ich bin dabei.

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

    • Offizieller Beitrag

    Das mit der Partnerwahl hat was. Nur, wenn die großen Köpfe vorhaben die menschliche Rasse zu behalten sollten sie vielleicht nicht alle Menschen mit halb Chimas verkuppeln. XD
    Nun zum eigentlichen Teil. Wie auch die letzten fand ich den wieder super.
    Wobei ich mich langsam wirklich frage, worum es in der Geschichte gehen wird. Immer nur von deren Arbeit zu lesen könnte auf Dauer etwas mühselig werden. :rolleyes:
    Ich will dich aber nicht drängen. Lass dir Zeit. ^^

    LG, Kyelia

  • Danke für euer Feedback und eure Anmerkungen. :)

    Die Dialoge wirken arg gestellt.

    Da stimme ich dir zu. Der Anfang wirkt wirklich sehr häuprig. Ich habe bis jetzt auch noch kaum tiefgründige Gefühle eingebaut, merke ich gerade. Aber ich werde mich bemühen, die Dialoge glaubwürdiger und runder zu gestallten. Und auch die Gefühle werden viel detaillierter werden.

    Außerdem wirkte die Szene mit dem Hal-Fanboy etwas fehl am Platze.

    Das mit dem Hal-Fanboy wird noch etwas genauer erklärt. Er wirkte dort fehl am Platze. Aber im Laufe dieses Kapitels wird sich noch so einiges klären. Und auch was Hal Mellins betrifft. ;) Kyelia schrieb:

    Immer nur von deren Arbeit zu lesen könnte auf Dauer etwas mühselig werden.

    Keine Angst! Ich habe nicht vor, ständig nur über deren Arbeit zu berichten. Nur war ich erstmal gezwungen, euch langsam an dies heranzuführen, bevor ich zu den großen Ereignissen komme. Natürlich werden noch viele Szenen mit Arbeit und Wissenschaft folgen, aber auch sehr viele andere.

    Um Inzest zu vermeiden, bestimmen die Wissenschaftler, anhand von vielen Faktoren, wer mit wem kompatibel ist. Also Erbgut; Persönlichkeit; Politischer Rang; etc.

    Leider weiß das das Volk nicht!

    Diese Kontroverse ist ein kleiner Tipp zur Lösung des Rätsels: "Worum wird es in der Geschichte gehen?"
    Aber auch so hoffe ich, dass es euch durchgängig gefallen und zum Nachdenken anregen wird.

    Hier der nächste Part des zweiten Kapitels


    Spoiler anzeigen


    [ KAPITEL 2-WER IST SLEVIN?-TEIL 2 ]


    Als die Pause anrückte, gesellte ich mich näher zu ihr, um sie seelisch wieder etwas aufzubauen. “Hal, hast du dich wieder beruhigt? Du warst ja vorhin sehr aufgewühlt.”

    “Ja, es geht schon wieder. Ich war nur überrascht, wegen dieser dummen Aktion. Eigentlich habe ich nichts gegen solche Späße.”

    “Aber das war schon ziemlich krass, oder?” Erwartungsvoll schaute ich zu ihr rüber.
    Sie stand nur da und strich sich schüchtern über die Arme. “Magst du mich eigentlich? Hast du mich gerne als Partnerin?”

    “Hal, das Thema hatten wir doch gestern schon... Aber mal was anderes. Wie alt bist du eigentlich?”

    “Zweiundzwanzig. Bin ich dir zu jung als Partnerin?”

    “Hal Mellins, es reicht! Du bist gut, so wie du bist. Niemand ist perfekt. Und zweiundzwanzig ist genau richtig.”

    Da kam das hübsche Mädel wieder. Gewohnt frech grinste sie mich an und überreichte uns das Tütenfutter. Sie hakte uns ab und stellte sich provokativ an die Wand. Hal riss sofort die Packung auf und stopfte sich den Riegel komplett in den Mund. Das Mädel machte große Augen und wirkte sehr fasziniert.
    “Isst du immer so...stürmisch?”

    Verdutzt schaute Hal sie an und versuchte krampfhaft zu antworten. Gelang ihr nicht, ist ja wohl klar.

    “Nimm dir doch ein Beispiel an deinem Kollegen Samuel. Er isst langsam und gesittet. Vielleicht würden dich die Leute mehr akzeptieren, wenn du das Essen ruhiger zu dir nehmen würdest.”

    Da wurde Mellins hellhörig und zog eine Schnute. Mit dicken Backen starrte sie mich an und kaute laut schmatzend weiter. Ich fühlte mich angesprochen von Hal, auch wenn sie nichts sagte. Sofort blickte ich zum Mädel und erwiderte ihr.
    “Sie isst nur so schnell, weil sie schnell wieder arbeiten will.”

    “Okay?” Verdutzt schaute sie drein und ihre Augen wanderten ziellos umher. Schweigen brach aus, welches nur von Hals lautem Geschmatze gestört wurde. Ich lenkte mich damit ab, die junge Frau heimlich etwas genauer zu mustern. Sehr schlanke Statur, knackiger Hintern und ziemlich lange Beine. Ihr Gesicht war auch nicht ohne. Schmale Lippen, stupśge Nase und leicht abstehende Ohren. Sah wirklich niedlich aus, in Kombination mit den kurzen Haaren. Und dieses Outfit betonte ihre Kurven umso besser.

    Und plötzlich starrte sie mich an. Erwartungsvoll neigte sie leicht ihren Kopf und grinste. “Hast du gefunden, wonach du suchst?”

    “Kurven”, rutschte mir so raus.

    Große Augen machte sie da. “Na, wie auch immer. Ich gehe dann mal lieber.”

    Was war das denn gerade? Kurven? Ich Dussel, so dumm und peinlich!
    Und gerade wollte sie wieder gehen, da streckte ich meine Hand vorsichtig nach ihr aus und sagte: “Ach, wie ist eigentlich dein Name?”

    Sie drehte sich, schaute kurz verdutzt und sagte anschließend: “Du bist mir sympathisch genug. Mein Name ist Serena Tallow.”
    Und weg war sie. Hal stieß mich kräftig an und wischte mit ihrer Hand vorm Gesicht rum. Ich verstand ihr Problem nicht. Was störte sie denn nun schon wieder? Man dürfte doch wohl mal flirten, oder nicht?
    Sie murrte und nahm ihren Kommunikator zur Hand. Erstaunt wirkte sie urplötzlich, tippte energisch darauf herum und drehte mir den Rücken zu. “Dieser Bastard!”, flüsterte sie äußerst leise und ging ein paar Schritte weiter weg.
    Sekunden später bekam ich eine Nachricht. Schon wieder dieser Slevin?

    # Sie stinkt nach Fisch! #

    Was sollte das? Wer stinkt nach Fisch? Und wie stinkt ein Fisch eigentlich, wenn er so stinken sollte, wie er es meinte? So langsam glaubte ich wirklich, ich sollte dem mal etwas genauer nachgehen. Sofort ging ich die Treppe hinunter und stellte mich vor meine Maschine. Heimlich schrieb ich ihm eine kurze...
    Moment mal...Nachrichtenfilter? Echt jetzt? Ich konnte ihn nicht mal anschreiben? Vielleicht ließ sich ja sein Profil öffnen.
    # Slevin 3876001609 #
    Seine Registrierungsnummer tauchte nicht in der Datenbank der Helios III auf. Und einsehen konnte ich seinen Avatar auch nicht. Er blockte vehement alles ab. Vielleicht konnte ich ja den Nachrichtenverlauf zurückverfolgen und ihn somit erreichen. Zugriff verweigert? Wollte der mich verarschen? Schien ein sehr vorsichtiger zu sein.

    “Samuel, ich schicke dir mal ein paar Messdaten. Gleichst du die mal mit deinen ab und sendest mir die Auswertung zurück?”

    “Was? Achja...” So schnell kann man in Gedanken versinken. Ich sollte mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren und nicht Phantomen nachjagen. Soll der Slevin doch verschollen bleiben und mich nicht weiter kümmern. Da beschäftigte ich mich eben mit Serena Tallow. Die war auch leichter zu erhaschen. “So Hal, noch was?”

    “Erstmal nicht, Sam! Danke vielmals, für die Auswertung. Danke, dass du mir vertraust.”

    “Nicht zweifeln. Du machst dein Ding und...” Neue Nachricht von Slevin?
    # Lasse dich nicht auf sie ein! Sie ist gemeingefährlich! #

    Also langsam nervte es wirklich. Was hatte er nur gegen Hal Mellins? War er etwa sowas wie ihr Ex? Also falls dem so sein sollte, dann erklärte dies so einiges. Ich glaube, ich blockiere ihn nun auch erstmal. Das störte nämlich beim Arbeiten.

    # Serena Tallow #
    Drei aufgelistet auf der Helios III. Waffenkammer; Waffenlabor; Kantine. Konnte nur die letzte sein. Dann will ich mal die Verknüpfung privat abspeichern. Hal musste ja nicht alles wissen, was ich tat. Das war natürlich alles nur rein der Interesse halber. Um Kontakte zu knüpfen.

    Die nächsten Stunden verliefen wieder sehr entspannend und ohne Zwischenfälle. Wir interagierten und kooperierten, analysierten und werteten aus. Keine unerwünschten Nachrichten, keine zweifelnde Hal Mellins und keine durchgeknallten Freaks.
    Das Schichtende rückte näher und wir machten wieder unser Frage-Antwort-Spiel. Das festigte ihr Wissen und brachte uns gedanklich näher zusammen. Auch wenn es sie schon etwas aufregte, dass ich ihr Löcher in den Bauch fragte.
    Unsere Ablösung kam. Doch heute entschloss ich mich, Hal nicht allein zurück zu lassen. Ich wollte mich heute mal erbarmen und mit ihr gemeinsam in die Kantine gehen. Wohlwissend, dass ihre Manieren zu wünschen übrig ließen und sie langsam zum Gespött mutierte.

    “Danke, Samuel”, sagte sie, während wir gerade das letzte Schott passierten und in Richtung Station 63/4E marschierten. Irritiert war ich ein wenig. Wofür dankte sie mir denn ständig? Bekam sie etwa nie Aufmerksamkeit von ihren Eltern? Oder freute sie sich wirklich so sehr über jede kleine Höflichkeit?

    “Willst du heute mal Fleisch probieren? Also ich esse das gerne. Ist mal eine Abwechslung zu dem ständigen Grünzeug.” Hungrig rieb sie sich schon den Bauch.

    “Hal, soll ich dir mal erklären, wie das produziert wird? Mal sehen, ob du es dann immer noch essen willst.”

    Stöhnend erwiderte sie: “Ich weiß selber, dass das im Labor gezüchtet wird. Darum ist es ja auch so zart und saftig.”

    “Wohl eher wabbelig und schleimig. Fakt ist, dass es synthetisch ist. Es ist kein echtes Fleisch. Zu gerne würde ich mal echtes Fleisch essen.”

    “Da kannst du aber lange warten, Sam! Obwohl... Echtes Fleisch könntest du schon bekommen.” Frech grinste sie.

    Doch ich schwieg dazu und schaute sie nur angewidert an. Solche Kommentare verdienten keine Antwort. Und gerade sie sollte es lassen, mich so plump anzumachen. Eine Beziehung unter Kollegen kann einfach nicht gut gehen.

    “Wie auch immer, Sam. Lass uns was essen und dann sehen wir weiter.”

    Angekommen, stellten wir uns an und warteten geduldig, bis wir an der Reihe waren. Einige Leute guckten uns seltsam, wenn nicht sogar schon schelmisch, an. Ganz so, als wären wir beide Kuriositäten. Hal war dies egal, solange ich in ihrer Nähe war. Mich störte das schon eher. Weil sie sich dadurch wichtig fühlte und mich unbewusst abwertete.
    Sie war mir immer noch etwas suspekt und ich wurde nur langsam mit ihr warm.
    Ich reichte ihr ein Tablett und nahm mir auch eines. Heute wollte ich mal die Suppe nehmen. Dazu etwas Brot und Gurkensalat. Gerade war ich an der Reihe, da bemerkte ich, wie sie schon wieder über uns redeten.

    “Zieh dir mal die beiden rein. Echt mal ein Armutszeugnis.”
    “Ist das nicht diese eine?”
    “Gut geölt?”
    Leises Gelächter brach aus. “Aber der ist doch mal total nichts wert. Dass er sich überhaupt mit ihr hier blicken lässt?”

    Hal fühlte sich auch schon etwas belästigt und bedroht. Selbst die Bedienung schaute leicht angewidert zu den beiden rüber. Und dann drängelten und schubsten die auch noch! Es reichte mir gewaltig. Dass sie was gegen Hal hatten, war noch gerade so zu verzeihen. Aber dass sie was gegen uns beide und unsere Beziehung zueinander hatten, war absolut inakzeptabel! Grimmig schaute ich sie beide an. “Ihr wisst schon, dass ich anwesend bin?”

    “Ja! Und?” Spott!

    Drohend tippte ich dem dümmeren von beiden auf die Brust und blickte ihn finster an. “Hab mal etwas Respekt! Sie ist vielleicht nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber dafür hat sie Anstand und keine Vorurteile! Gerade wir Menschen sollten den anderen Spezies gegenüber ein Vorbild sein. Immerhin sind wir daran schuld, dass sie nun hier sind. Wenn es schon was an ihr auszusetzen gibt, dann nur, dass sie nicht deine Partnerin ist!”

    Alle blickten gespannt auf uns drei. Was passierte wohl als nächstes? Rauferei, Wortgefecht, Totschweigen? Die Bedienung ließ vor lauter Anspannung langsam die Suppe von der Kelle rieseln und Hals Schale, voll Gurkensalat, wurde unbedacht von ihrem Ellenbogen weggedrängt. Der Bub starrte mich nur dümmlich mit offenem Mund an und ließ seine Fingerkuppen ängstlich am ergriffenen Tablettrand tänzeln. Sein unterbelichteter Freund linste zaghaft über dessen Schulter und stieß leise ein “Sorry” heraus.
    Mellins griff vorsichtig nach meiner drohenden Hand und zog sie zu sich hin. Ich solle mich wieder beruhigen, meinte sie flüsternd und schmiegte sich langsam an meinen Rücken. Ich beruhigte mich wieder und wandte mich Hal zu. Wir packten weiter Essen auf unsere Tabletts und suchten uns einen freien Platz.
    Die einst zahllosen Blicke, welche auf uns gerichtet waren, suchten sich nun neue Ziele. Das Getuschel war nicht gänzlich dezimiert. Mich störte es an sich nicht, dass sie sich über uns beide die Mäuler zerrissen. Aber dass sie es vor unseren Augen taten.

    Stolz blickte Hal auf mich, während sie genüsslich ihre Suppe löffelte. Ich dagegen fühlte mich nicht stolz. Zu viele Gedanken kreisten in meinem Kopf herum, die Hal als Inhalt hatten. Sie war mir nett und sympathisch, aber trotzdem wusste ich nichts über sie. Alle anderen schienen deutlich mehr über Mellins zu wissen, obwohl sie nicht mit ihr zusammen abhängen. Ganz so, als wäre sie eine Berühmtheit. War Hal berühmt? Waren die anderen etwa nur neidisch? Neidisch auf ihr liebliches Lächeln und die schönen Augen? Ist es die Chima in ihr?
    Es musste einen Zusammenhang geben, zwischen Hal Mellins und Slevin. Und was hätte ich damit zu tun?

    Bitte verzeiht mir, wenn irgendeine "digitale" Anrede oder Nachricht mal nicht kursiv ist. Manchmal übersieht man das.

    LG:
    Zarkaras Jade

  • Hey Jade ^^

    Da kam das hübsche Mädel wieder. Gewohnt frech grinste sie mich an und überreichte uns das Tütenfutter. Sie harkte uns ab und stellte sich provokativ an die Wand.

    weiß: hakte, harkte kommt von harken, den Garten zum Beispiel ^^
    Gelb: hier könntest du am Übergang feilen. Ich dachte erst: WTF? Welches Mädel? XD

    Danke erst mal für die Infos oben :)
    ich dachte mir schon, dass es damit zu tun hat ^^
    Eine sehr interessante Idee, wie die Beziehungen und den ganzen Kram und so beschreibst ^^
    Was mich etwas irritiert sind die ständig schwankenden Gefühle von Samuel für Hal.
    Mal geht sie ihm tierisch auf die Eier, mal findet er sie super und dann dreht er sich doch wieder nach einer anderen um 8|
    Bin mal gespannt, wer oder was sich hinter diesem Slevin verbirgt ^^ scheint ja ein kleiner Stalker zu sein xD

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Ich hab den Teil schon gestern gelesen, aber da war ich zu müde, um etwas zu kommentieren xD
    Jetzt hat Miri mir das mit dem plötzlich auftauchenden Mädel vorweg genommen. Das war wirklich etwas abrupt und wenn ich es heute so lese, klingt es wie in einer Schularbeit :D

    Ein toller Auftritt von Sam, als er sich und Hal verteidigt. Aber irgendwie muss sie ja eine seltsame Vergangenheit haben, wenn sie keiner leiden kann. Ich an seiner Stelle hätte sie dazu längst etwas gefragt.

    Übrigens wird toll Spannung aufgebaut mit den Nachrichten, die keinen Ursprung haben. Sehr nice.

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Spoiler anzeigen

    Ich hab einen Fehler gefunden. Teil 1.7 war das glaub ich. ;)

    Doch beides zweites können nur wenige von uns und ersteres wollen wir nicht.

    Ich liebe gute SciFi-Geschichten und das ist auf jeden Fall eine. Hat richtig Spaß gemacht hier zu lesen. Ich werde auch auf jeden Fall dabei bleiben. ^^

    Was die Geschlechtertrennung anbelangt ist es genau richtig geschrieben. Das hat einfach nur gesellschaftliche Gründe. ;)

    Nur eine Frage habe ich: Wenn es doch SciFi ist, warum ist es dann Non-Fantasy? Gehört das nicht eher in den "sonstige Fantasy" Bereich?

  • Danke für euer Feedback, @Wysenfelder, @Miri. Und herzlich willkommen, @Schreibfeder. :)
    Ja, verwechsel ich jedesmal. Harkte, hakte, hackte :D
    Richtig, muss eigentlich in "sonstige Fantasy" rein. Muss ich nochmal Alopex oder Jennagon drauf ansprechen. Und ganz höflich fragen. :)

    Anbei der nächste Part.

    [ KAPITEL 2-WER IST SLEVIN?-TEIL 3 ]


    “Ist hier noch frei?”, unterbrach mich jemand in meinem Gedankengang. Es war Michel, der mit vollem Tablett erwartungsvoll zu mir blickte. Hal, leicht irritiert, stocherte neben dem Salat ins Leere und führte die leere Gabel zu ihrem Mund. Das gekonnte Farbspiel zwischen dem satten Gurkengrün und ihren violetten Lippen, ließ mich für einen Sekundenbruchteil in eine andere Welt versinken, bevor ich wieder von Mitchel in die Realität zurückgeholt wurde. “Samuel, ist der Platz besetzt? Darf ich mich setzen?”

    Ich nickte. “Ja, komm ran. Freunde dürfen sich immer zu mir gesellen.”

    Sofort nahm er neben mir platz und begann, sich das Brot zu belegen. Schwarzer Gromissalat, Tomatenscheiben, Kürbis-Pesto und etwas Synthesefleisch. Dazu gab es Algensalat mit Tofu. Wir alle drei tranken Mineralwasser dazu.

    “Entschuldigung nochmals, wegen neulich”, entgegnete er Hal reuebewusst. “Ich hätte dich nicht wegen den Haaren so angreifen sollen. Manchmal rede ich einfach, ohne drüber nachzudenken.”

    Sie verzieh ihm. Auch sie sei nicht ganz unschuldig daran gewesen. Schließlich war es Vorschrift.

    Jetzt klinkte ich mich auch mal mit ein. Es hatte keinen Zweck, es weiter hinauszuzögern. “Hal, kennst du einen gewissen Slevin?”

    Sie zögerte, ihre Gabel ruhte in der Luft. Ein leises Stöhnen drang hinter ihren Lippen hervor, welches sie sofort wieder verschluckte. “Nein! Ich kenne keinen Slevin.”

    Mitchel erwiderte: “Dein Zögern sagte aber was anderes.”

    “Das Essen ist so scharf!”, grummelte sie uns boshaft entgegen. “Man darf doch wohl noch mal Luft schnappen, oder nicht?”

    “Mellins, wenn du Probleme hast, dann rede mit mir!”, erwiderte ich und schaute ihr tief in die Augen. Ungewissheit drückten sie aus. Leichte Angst zeigte die makellose Iris. Hal litt innerlich, ich spürte es. Sehr wohl kannte sie einen Slevin.

    “Ich bin nicht gezwungen, mich vor euch zu rechtfertigen! Kümmere du dich lieber um deine Serena Tallow!” Ruckartig sprang sie auf, nahm ihr Tablett und stampfte davon. Nichtmal aufgegessen hatte sie.

    “Ist die immer so schwierig?”, fragte Mitchel und biss genüsslich in sein gut belegtes Brot. Ich blickte ihr hinterher, zum Tresen, die Wand entlang und anschließend zur Tür. Dort verschwand sie aus meinen Augen und ebenso etwas aus meinem Gemüt.

    “Also wenn die bei der Arbeit auch so ist, dann aber mein herzlichstes Beileid”, floss gleichgültig aus seinem übervollen Mund.

    “Jetzt fang du auch noch damit an!”, entgegnete ich mürrisch und erhob mich ebenfalls, ihr bestenfalls folgen könnend.

    Verwundert blickte er mir hinterher. “Serena Tallow?”

    Mit strammen Schritt brachte ich das Tablett weg und stürmte gehend zur Tür hinaus. Und nun begann ich wieder zu zweifeln. Wollte ich sie eigentlich einholen? Oder sollte ich dies überhaupt? Hätte ich, an Hals Stelle, es so gewollt und toleriert? Und wo wäre sie nun eigentlich?
    Bestimmt auf dem Weg zu den Duschen. Es gab nur einen Weg, den sie nehmen konnte. Und der führte zu allen Stationen. Systematisches Absuchen, oder sofortige Vermutung? Ich hatte nur wenige Optionen. Davon abgesehen konnte ich es jetzt sowieso nur geringfügig beeinflussen.
    Warum musste es ausgerechnet Hal sein? Wir waren offizielle Partner. Wenn wir uns nicht vertrauen können und uns voneinander distanzierten, wirkt sich das schlecht auf die Arbeitsmoral aus. Zwangsläufig leidet die Sicherheit darunter.
    Angespannt und erwartungsvoll betrat ich unser Quartier. Doch sie war nicht hier. Was nun? War es von Nöten, hier zu verharren? In der Hoffnung, dass sie bald kommen würde. Oder hatte ich das eigentlich vor, sie hier zu erwarten?
    Ich wollte mit ihr sprechen. Aber nicht so plump, wie eben in der Kantine. Dort war eindeutig zu viel Trubel, Spott und Ignoranz. Ich musste zur Ruhe kommen und uns beiden nun erstmal wieder etwas Freiraum lassen.
    Samuel! Beruhige dich wieder. Du warst doch noch nie so aufgewühlt wegen einer Frau. War Hal es wirklich wert?
    Nein, war sie nicht. Tief durchatmen und mal an nichts denken. Jetzt erstmal duschen und dann sehe ich weiter.
    Ich schnappte mir mein Handtuch und stapfte los. Wie gewohnt glotzten die notgeilen Mannen den Frauen stieläugig hinterher und sabberten sich imaginär voll. Mein Blick schweifte nur kurz zu der Frauendusche rüber. Etwas Anregung holen, aber nicht mehr. Man flirtet im Vorbeigehen.
    Leicht erschöpf von der Triebsucht meinesgleichen erreichte ich den Umkleideraum. Gut gefüllt war er und ich konnte nur schwer einen Platz ausfindig machen. Großes Gedränge und Gewusel. Das laute Rauschen des Wassers war bis zum Eingang zu hören. Doch nur schwer konnte es den Stimmen der Männermeute trotzen.
    Dort war etwas frei, ausgerechnet zwischen zwei Chima. Ein gewöhnlicher und ein Schwarzhäutiger. Die Schwarzhäutigen gehören auch der Rasse Chima an. Aber ähnlich, wie bei uns Menschen, gibt es auch dort vererbliche Unterschiede.
    Ich zögerte noch. Denn diese beiden Exemplare sahen nicht gerade gut gelaunt aus. Auch wenn Chima generell sehr streitlustig waren. Ich hatte keine Angst, sondern nur Respekt.
    Leider wartete ich ziemlich lange dort, mitten im Gang, und versperrte den anderen etwas den Weg. Aber nirgendwo anders wurde was frei. Dass die auch immer alle so lange duschen mussten.
    Die beiden Fischköpfe schauten mich erwartungsvoll an und der eine deutete leicht auf den leeren Platz neben sich. Noch immer zögerte ich, überwand mich dann aber doch. Vorsichtig drängelte ich mich zwischen sie beide und legte behutsam mein Handtuch nieder. Sie musterten mich und schoben ihre Klamotten etwas zur Seite.

    “Danke vielmals”, flüsterte ich ihnen respektvoll entgegen. Nur langsam zog ich meine Kleidungsstücke einzeln aus und legte sie ordentlich gefaltet auf die Bank. Und dann geschah es. Unsere Hände berührten sich. Meine und die des Schwarzen. Sich räuspernd blickte er in meine Richtung und bäumte sich dann vor mir auf. Ich ließ meinen Blick gesenkt und versuchte nicht weiter aufzufallen.
    Er packte mich am Kopf und drehte ihn ruckartig zu sich um. Ich wehrte mich nicht. Es hätte nichts gebracht. Und nun hatte ich wirklich Angst. Ein zweites Mal, dass ich mit einem Chima auf der Helios III in Konflikt geriet.

    “Mach das noch einmal und deine Hand ist gebrochen!”, murrte er mich an und blickte anschließen zu seinesgleichen rüber. Ein imaginäres Wortgefecht begann. Und ich mittendrin, statt nur dabei. Er rüttelte an meinem Kopf und Arm und der andere am der anderen seitlichen Extremität. Ein Für und Wider begann, ohne Worte, ohne Geräusche. Allein durch Zerren und Drücken wollten sie, durch mich die Oberhand gewinnen.
    Mir war das so peinlich. Und das tat so weh! Ich bangte um meine Arme und betete für meinen Kopf. Wer war nun gegen wen, und warum eigentlich? Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, so sehr rüttelten sie mich durch. Und was taten die anderen Leute? Nichts taten sie. Es war halt Gang und Gäbe. Wenn Chima wütend waren, dann waren sie eben mal wütend. Da war es egal, auf wen oder was sie wütend waren. Sie folgten ihrem Urinstinkt.

    “Bitte sehr, du hast gewonnen!”, fauchte der schwarze und überließ mich dem gemütlicheren. Schnell zog er seine Unterhose aus und verschwand in Richtung Duschraum. Ich wusste jetzt nicht so recht, ob ich mich nun bei meinem vermeintlichen Retter bedanken sollte, oder vielleicht doch fürchten. Wer, als Durchschnittsarbeiter, wusste denn schon, was sich so den ganzen Tag in deren Köpfen abspielte? Laut den Berichten bedeutete ein Sieg bei den Chima immer eine Beanspruchung der Beute. War ich nun seine Beute? Oder zählte das nicht bei Menschen?
    Er zeigte auf meine bereits abgelegte Kleidung und sprach: “Soll das jetzt alles sein, was du ausziehen willst?”

    Ich schaute verdutzt und schüttelte leicht den Kopf. Mein Blick schwenkte augenblicklich zu den Duschen. Eine Rauferei zwischen zwei Chima, der schwarze war einer von ihnen. Sie schlugen und traten sich! Schwere Fausthiebe und Ellenbogenparaden erfolgten. Die anderen machten Platz und ließen den beiden Freiraum für ihren Instinkt. Ich hatte schon ein wenig Angst. Zwar war ich weit genug weg von ihnen und nah genug am Eingang, aber Flucht besänftigte noch nie einen Chima.
    Lautes Geschrei und Gestöhne hallten durch die Räume, betäubend die anderen anwesenden zum Verharren zwingend. Sie bissen und kratzten sich. Sie betatschten sich gegenseitig mit ihren schwimmhautdurchzogenen Händen und zielten auf die Hüftknochen, mit ihren dort befindlichen Kiemen. Dies bereitete besonders heftige Schmerzen und war eine der empfindlichsten Stellen an ihren sonst so mächtigen und stämmigen Körpern.
    Eine Hand umschlang mich sanft, gefolgt von einem Flüstern, direkt in mein Ohr. “Bleib bei mir und dir wird nichts geschehen. Er ist schon den ganzen Tag lang gereizt.”

    “Warum?”, fragte ich zögerlich und schmiegte mich unbewusst an ihn.

    “Sein Vorgesetzter hat ihn zurechtgewiesen, nachdem er seinem Kollegen fast den Arm gebrochen hatte. Sein Vorgesetzter ist auch ein Mensch, verstehst du?”

    Bleich wurde ich im Gesicht. Beinahe hätte er mir den Arm gebrochen, wäre nicht der andere Chima gewesen. Sehr ernst war die Situation für mich unbewusst gewesen. Das hätte wirklich schmerzhafter enden können.
    Ironischerweise bezwang der, anfänglich schwächer wirkende, blaue Chima den gereizten schwarzen. Wenn auch nur mit großer Mühe und Hinterlist. Aber was sollte man schon erwarten, von solchen Wesen?
    Stolz vom Sieg schlenderte der blaue Chima zu seinen Sachen, schnappte sie sich und lief dann völlig nackt hinaus. Die Leute staunten nicht schlecht, als sie dies sahen. Also nicht den Nudisten, sondern den Verlierer. Dieser raufte sich nochmal kurz seine Haarstoppeln und verließ dann ebenfalls den Duschraum. Mein temporärer neuer Freund nahm mich an die Seite und streckte seine Hand weit nach vorn. Ohne weitere Worte schnappte sich der Besiegte seine Klamotten und verließ ebenfalls nackt die Umkleide.
    Kaum waren sie beide verschwunden, kehrte die Normalität wieder ein und alle widmeten sich wieder ihren Dingen. Ich zog mich weiter aus und legte meine Sachen etwas weiter zur Seite.

    • Offizieller Beitrag

    “Mach das noch einmal und du deine Hand ist gebrochen!”,

    Was sind das denn für Zustände auf der Helios III? ich bekomme so langsam das Gefühl, dass das nicht nur an den Chima und ihrer Persönlichkeit liegt, sondern an der Tatsache, dass die dort alle ständig auf einander hocken. Mir kommt der Platz nämlich dennoch sehr knapp bemessen vor. So viele Lebewesen auf begrenztem Platz. Das kann nur zu Konflikten führen. :hmm:

    LG, Kyelia

  • Ja stimmt, sehr raues Klima. Irgendwie natürlich, aber irgendwie auch... undurchdacht? Wer verpackt Milliarden Menschen in eine Raumstation, ohne für die Einhaltung der Regeln zu sorgen?
    Klar, bei uns ist auch nicht gleich bei jeder Schlägerei ein Cop zur Stelle, aber das Ganze wirkt für mich bisher wie eine Knastserie. Ja, das trifft meine Gedanken ganz gut. Gemeinsames essen, rumpöbeln an der Essensausgabe, Männerdusche mit Stressmachern.
    Hat was von einem Zwangslager.
    Aber echt mal was anderes zu lesen :thumbup:

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Ja, aber es macht Sinn. Man muss eine große Gruppe von Menschen (und Aliens) in einen großen Raumschiff zufriedenstellen. Auf engsten Raum zusammengedrängte Menschen sind logischerweise recht aggressiv (und bei anderen Spezies tritt das noch stärker zu neige). Also gibt man ihnen den Freiraum den sie brauchen, als eine Art Ventil für den Stress.
    Solange die Arbeit darunter nicht leidet, versteht sich.

    Bis jetzt habe ich keine Fehler in der Geschichte gefunden, auch keine von der technisch-wissenschaftlichen Sichtweise. ^^

  • Wie ich sehe, haben die Chima ja schon ihre ersten "Fans" ;)
    Seid froh, dass sie sich bis jetzt nur in der Gemeinschaftsdusche auf die Fresse hauen. :D
    Aber keine Angst, es ist dort nicht überall wie im Knast.

    Ich poste jetzt den vierten Part und vielleicht morgen dann schon den fünften.


    [ KAPITEL 2-WER IST SLEVIN?-TEIL 4 ]


    “Warum muss eure Spezies immer so laut sein?”, fragte er mich und schnaufte leicht genervt. Er meinte die drei jungen Kerle, unweit neben uns. Die haben schon die ganze Zeit über, wo ich hier war, gelacht und gejault. Frechfröhlich und ungehemmt. Selbst von der Klopperei ließen die sich nicht beeindrucken. Ich selbst beachtete die gar nicht so recht. Die waren mir zu blöd. Kein Grund, sich mit solchem Gesocks zu beschäftigen.

    “Nicht mal hier hat man seine Ruhe!”, sprach er weiter und schaute mich erwartungsvoll an. “Oder was meinst du dazu?”

    Leise antwortete ich nur: “Wir sind humorvoll, meistens zumindest.”

    “Soll das heißen, wir Chima sind das etwa nicht?” Etwas grimmig blickte er mich an. Abermals senkte ich meinen Kopf, um seinen Zorn nicht sehen zu müssen.

    “Doch, ihr seid auch humorvoll. Ich meine nur, dass wir uns über viele kleine Dinge freuen können. Dinge, die für andere eher unbedeutend sind.”

    “Da könnest du recht haben”, entgegnete mir der Chima grübelnd. “Seit einer Stunde geht das übrigens schon so.”

    “Echt jetzt? Und um was geht es da? Was ist da so witzig?”

    Tief schnaufend und holte er seinen Kommunikator hervor und öffnete ein Video, welches ihm als Nachricht zugesendet wurde. “Hier, schau es dir an. Sehr geschmacklos. Also genau das richtige für deine Spezies.”

    Was sah ich da, auf dem Video? Es sah aus, wie die Umkleide in der Frauendusche. Zwei junge Mädels hockten auf der Bank und unterhielten sich über irgendwas.
    Sie ist weg. Jetzt, schnell!
    Sie sprangen auf und liefen durch den Raum, zu einem Wäschestapel hin. Die eine schnappte sich den grünen Pullover, während die andere eine Flasche aufschraubte. Dann schütteten sie den Inhalt, Maschinenöl, in den Pullover. Ordentlich gefaltet, legten sie ihn wieder hin.

    Ein äußerst fieser Streich. Sehr gemein und keinesfalls witzig. Das fand sogar ich, als Mensch, geschmacklos.

    Sie kommt.
    Und dann ging ein Mädel zu dem Wäschestapel und zog sich an. Das Mädel kam mir irgendwie bekannt vor. Und dann zog es den Pullover über den Kopf, und das ganze Öl lief ihr triefend über Gesicht und Oberkörper. Die Weiber kicherten und jubelten. Das Mädchen kreischte und schrie, als würde es sterben.
    Ich hielt das Video an und schaute etwas genauer hin. Blondes Haar; blaue Haut; violette Lippen. Das war Hal Mellins!

    Sofort legte ich den Kommunikator beiseite. “Lösche das. Sofort!”

    Etwas verwundert schaute er mich an und fühlte sich sofort beleidigt und angegriffen. “Sag mal, geht es noch? Höre auf, mir Befehle zu erteilen! Wir haben den gleichen Rang, also bin ich dir sowieso übergestellt!”

    “Das weiß ich. Ich kenne dieses Fräulein auf dem Video. Das ist meine Zellengenossin.”

    Große Augen machte er. “Die Halbchima? Das glaube ich dir nicht! Das ist unmöglich!”

    “Natürlich ist das möglich. Das ist Hal Mellins. Woher hast du das Video?”

    Sofort entriss er mir den Kommunikator und hielt mich mit seiner Hand auf Abstand. “Halte dich zurück, Mensch! Ich lösche es, versprochen. Aber das wird trotzdem nichts bewirken. Das Video ist öffentlich und wurde an jeden geschickt. Keine Ahnung, warum du das nicht erhalten hast.”

    Meine Kinnlade fiel runter. Ich wurde kreidebleich. “Öffentlich? Von wem ist das? Warum stellt das jemand öffentlich? Das ist würdelos!”

    Hektisch schweifte sein Blick umher. “Beruhige dich wieder, Mensch”, raunte er mir entgegen und drückte mich sanft, an der Schulter packend, auf die Bank. Ich wollte mich aber nicht beruhigen. Immerhin war darauf Hal zu sehen. Er sprach zu mir, ganz aufgeregt. “Wir machen es jetzt so. Ich lösche es, weil ich es geschmacklos finde. Dann gehen wir gemeinsam duschen und unterhalten uns darüber. Du erklärst mir, wer die Frau ist und was dich daran so stört. Ist jetzt wieder gut?”

    “Ja, es geht wieder. Aber...”
    “Kein aber! Schau zu, ich lösche es jetzt. Lass uns nun duschen gehen.”

    Er legte seine Sachen auf meine und wir gingen gemeinsam zu den Duschen. Den ganzen Weg lang über starrte ich auf seine leicht zuckenden Kiemen. Sehr faszinieren fand ich das. Doch auch sein restlicher Körper war äußerst interessant. Diese Fischköpfe waren so viel anderen wie wir, aber uns doch so ähnlich.
    Wir begaben uns in die hinterste Ecke, um dort etwas ungestörter zu sein. Er schien schon etwas den Ernst der Lage begriffen zu haben. Sonst wäre er nicht so schnell darauf eingegangen. Langsam ließ ich mir den sanften Sprühnebel über meinen Körper laufen und versuchte nicht mehr an dieses dumme Video zu denken. Es verwirrte mich und machte mich geistig verrückt. Nicht der Streich an sich war es, der mich aggressiv machte. Sondern vielmehr die Tatsache, dass Hal das Opfer war. Und warum sie ausgerechnet das Opfer war.
    Aber anderseits konnte ich es nun auch nicht mehr verhindern. Vermutlich hatten es bereits über eine Milliarde angesehen und sich prächtig darüber amüsiert.
    Ich konnte meine Tränen nicht gänzlich zurückhalten. Zu sehr griff es in meine sekundäre Privatsphäre ein. Und wie es nun wohl Hal erging? Was ist, wenn sie nun gerade in diesem Moment in der Frauendusche war und die anderen Frauen sie nun ebenso schikanierten?
    Der Chima stieß mich sanft an und riss mich aus meiner Gedankenwelt.
    “Erzähl mir doch nun mal etwas mehr über diese Frau Mellins. Wer genau ist sie?”

    Verwirrt schaute ich drein, fing mich dann aber schnell wieder. “Um ehrlich zu sein, weiß ich das selbst kaum. Gut, sie ist meine Arbeitspartnerin. Aber irgendwie scheinen alle anderen sie mehr zu kennen, wie ich.”

    “Stammt sie vielleicht aus einer Familie mit wichtigen Personen? Offiziere oder Wissenschaftler? Hast du sie schon mal gefragt, wer ihre Eltern sind?”

    Ich schüttelte den Kopf. “Nein, das hat mich bis jetzt noch gar nicht interessiert. Und ich weiß auch nicht, ob mich das was angeht. Aber was soll denn an ihr so besonderes sein?”

    “Hal Mellins...” Er grübelte. “In irgendeinem Zusammenhang habe ich solch einen ähnlichen Namen schon mal gehört.”

    Das irritierte mich nun schon etwas. Zuerst kannte er sie nicht und nun meinte, er sie doch zu kennen. Oder wie? Und wieso dieses Video? Ich meine, was bringt es einem? Warum sollte man bewusst eine fremde Person so demütigen? Das Video war anscheinend öffentlich, also frei zugänglich. Wer würde einen Nutzen daraus ziehen, dies zu tun?
    Und dann kam es mir in den Sinn, wie ein Geistesblitz! Vielleicht war es ja dieser Slevin? Ich hatte ihn ja geblockt und bekam vielleicht deswegen diese Video nicht zugesendet. War es etwa doch ihr Exfreund und wollte sich an ihr rächen? Wurde sie vielleicht wegen ihm auf die Helios III versetzt? Sie schwärmte ja schon die ganze Zeit davon, wie schön es doch dort drüben war.

    Er stupste mich an. Etwas wütend wirkte er. “Hörst du zu? Ich versuche dir zu helfen und du versinkst in deinen Gedanken. Ich glaube, ihre Mutter hieß auch Mellins. Kann mich aber auch irren.”

    “Ich verstehe nicht recht. Was bringt mir denn der Name ihrer Mutter, wenn ich nicht mal sie kenne? Und selbst wenn. Ich kann wohl kaum nach Mellins suchen und hoffen, ihr Profil an Anhieb zu finden.”

    Er lachte beherzt. “Warum denn nicht? Was ist daran so verkehrt? Wenn du mehr über sie erfahren willst, aber zu feige zum Fragen bist, dann mache es heimlich und hinterrücks.”

    Das kam mir aber nicht richtig vor. Der Gedanke war nicht schlecht. Aber sollte ich wirklich dafür Zeit aufbringen? Und außerdem war es doch gar nicht so, dass ich zu feige dafür war. Hal hat doch abgeblockt und mich zurückgewiesen. “Ich kann doch nicht einfach in die Profile fremder schauen, nur um deren Probleme zu erfahren.”

    Und da lachte er erneut. “Das ist nicht dein Ernst, oder? Ich schaue täglich in die Profile anderer. Das ist wie eine Befreiung für mich, mal zu erfahren, was in anderen Abteilungen so abgeht.”

    “Meinst du wirklich, ich sollte mal nach Hal Mellins Profil suchen? Und was ist, wenn ich unerwünschte Details erfahre?”

    Ungläubig schaute er mich an. “Wenn du dich davor stäubst, dann lass es gleich. Ich verstehe eure Gedankengänge nicht! Ihr Menschen seid immer so konfus und nachdenklich! Bei uns Chima ist das viel unkomplizierter. Wenn wir was wollen, dann nehmen wir es uns einfach. Ist doch egal, ob sich zwei oder zwanzig darüber Gedanken machen.”

    “Du könntest wirklich recht haben. Nicht das Video ist der Schlüssel zu diesem Rätsel, sondern Hal Mellins selbst. Ich denke, ich werde sofort losgehen und mich damit beschäftigen. Aber eine Frage habe ich trotzdem noch.”

    Er schaute interessiert. “Sprich geschwind, Mensch!”

    “Warum genau hast du dich bereiterklärt, mir zu helfen? Das ist doch gar nicht eure Art, uns Menschen einfach so zu helfen.”

    Er bat mich etwas näher heran. Ich zögerte leicht, aber vertraute ihm dann doch irgendwie. Er streckte mir seinen Kopf entgegen und flüsterte mir ins Ohr. “Chima sind es nicht gewohnt, dass Menschen sich über sie solche großen Gedanken machen. Fühle dich vorerst als akzeptiert, in meinen Augen. Aber nun will ich doch mal gerne etwas allein sein. Gehe schnell, bevor sich meine Einstellung dir gegenüber doch noch ändert.”

    Einvernehmlich stimmte ich zu und begab mich sofort aus dem Raum. Auch wenn er anfänglich sehr zuvorkommend und mitfühlend wirkte, konnte er trotzdem schnell seinen Gemütszustand ändern. Ich blieb ein Mensch und er blieb ein Chima. Nur hoffte ich innerlich schon, dass er mehr bewirken könnte.
    Ich ging zu meinen Sachen, legte des Chimas vorsichtig beiseite und zog mich langsam an. Die Kerle hatten immer noch mit diesem Video zu tun und amüsierten sich prächtig darüber. Anscheinend hatten sie sonst nicht viel zu lachen. Denn so lustig war diese Szene nun auch wieder nicht, dass man sich daran über eine Stunde lang ergötzen konnte. Anlegen wollte ich mich auch nicht mit denen. Sie waren in der Überzahl und so schon wie auf Droge, durch dieses ständige Gelache. Ich versuchte nicht hinzuhören und schnell von hier zu verschwinden. Je schneller ich auf meinem Zimmer war, umso schneller konnte ich auch Hal Mellins nachgehen.
    Draußen ging ich nochmal schnell gegenüber und gesellte mir kurz zu den notgeilen Männern, welche imaginär sabbernd dem anderen Geschlecht hinterherschauten. Hier schien alles normal zu sein. Kein exzessives Geschrei, oder lautes Gelächter. Hoffentlich war wirklich alles in Ordnung bei ihr. Ich bangte, aber konnte ihr dort nun wirklich nicht helfen. Dies war die verbotene Zone.
    Also ging ich weiter, zu unserem Quartier. Sie ließ sich nicht blicken, sie war nicht in der Nähe. Und das Warten und Zögern vor der Tür ließ mich auch schon etwas lächerlich wirken. Einige starrten mich schon an, weil ich dümmlich davor stand und nichts tat, außer sie anzustarren.

    Guten Abend, Samuel. Wie war dein Tag?

    “Guten Abend, Miri. Sehr anstrengend, leider.” Sofort schloss ich wieder die Tür hinter mir.

    Ich vernehme leicht gestresste Subtöne in deiner Stimme. Wünschst du eine Aufmunterung?

    “Nein, danke. Ich wünsche nur etwas Ruhe, Miri. Bitte melde mir sofort Bericht, wenn Hal Mellins sich anmeldet.”

    Ich werde dir verbal Bericht erstatten, sobald Hal Mellins das Quartier betreten will.
    ______________________________________________________________________________________________________________________
    Soll ich für die Zukunft Videos etwas abtrennen? (farblich?)

    • Offizieller Beitrag

    Oha Hal ist also in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, wegen eines dummen Videos. Ziemlich gemein sowas und das dann auch noch an alle weiter zu schicken ist einfach nur erbärmlich. Ich frage mich wirklich, wer Hal ist und was sie zu verbergen hat, dass es sich lohnt sie zum Gespött zu machen. Und wer ist dieser Slevin? Hoffentlich packt Hal diesbezüglich endlich mal aus. :hmm:

    LG, Kyelia

  • Wer Slevin ist, wird Hal jetzt wohl mal ausplaudern müssen. Oder was es allgemein mit ihren Problemem auf sich hat. Ich erwarte, dass Sam sie jetzt mal ausfragt, denn sie häuft ja ordentlich Geheimnisse an.

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Alta das ist voll fies ...
    Cyber Mobbing gibt's dann also immer noch -.-
    Aber immerhin weiß Sam jetzt woher das Video kommt, was aber nicht unbedingt heißen muss, dass Slevin was mit Hal zu tun hatte.
    Sam hat ihn geblockt, vielleicht war dass der einzige Weg Sams Aufmerksam erneut auf sich selbst zu richten?
    Und wer Hal jetzt genau ist würde ich auch gerne mal wissen ^^
    Bin gespannt wie es weiter geht :D

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald