Helios III (Arbeitstitel)

Es gibt 493 Antworten in diesem Thema, welches 145.744 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. September 2023 um 09:17) ist von Mephistoria.

  • Wie immer ein großes Dankeschön an @Kyelia, @Schreibfeder und alle anderen, die es gelesen und/oder kommentiert haben. Die Weiber werden noch für genug Wirbel sorgen, das verspreche ich euch. ^^
    @El Lobo, ich kenne die Geschichte von SOL nicht, habe es aber mal nachgeschlagen. Kling ähnlich. Aber da ich SOL nicht kenne, ist alles, was Parallelen aufweisen sollte, nicht von mir beabsichtigt. :D

    [ KAPITEL 3-DAS DUELL-TEIL 9 ]


    “Hal, gehst du schon mal voraus?”, fragte ich sie zögerlich, als wir gerade vor deren Quartier standen. Mit verwundertem Blick starrte sie mir tief in die Augen und begab sich langsamen Schrittes den Gang entlang. Unsere Hände weit ausgestreckt, ließ ich sanft ihre Finger von meinen gleiten und nickte ihr zuversichtlich zu.
    “Ja, gut”, erwiderte sie zögerlich und schritt langsamen Fußes davon. Alle paar Meter drehte sie sich zu uns um und setzte jedesmal ein ernsteres Gesicht auf. Unsere Kolleginnen schauten sehr ihr irritiert und nachdenklich hinterher. Ich ließ sie ungern gehen, aber es musste sein. Ich wollte nochmal kurz mit ihnen unter sechs Augen sprechen. Sie fühlten sich etwas überrumpelt, als ich gleich mit der Tür in die Wohnung fiel und sie direkt auf Kror ansprach: “Kror hat mir gedroht!”
    “Was hat er?”, fragten sie im Chor und starrten mich mit tellergroßen Augen an. Val suchte die Wand, sie musste sich abstützen. Es schien sie äußerst mitgenommen zu haben, obwohl ich noch gar nichts weiter erzählt hatte.
    “Was hat er gesagt, Sam?”
    “Ich soll mich von Valery fernhalten und mich mit Hal zufriedengeben.”
    “Ja, aber das machst du doch”, ertönte aus Hiars Mund und ihre Hand wanderte langsam zu meiner Schulter. “Sam, Kror ist ein fetter Warzenfrosch! Was der quakt, hat meistens keine Bedeutung.”
    “Was meinst du?”, fragte ich stirnrunzelnd. “Also für mich kommt er schon sehr konsequent und ehrlich rüber.”
    “Ihr habt euch geprügelt, nicht wahr?”, ertönte sofort aus Vals Richtung und rief in mir großes Erstaunen hervor.
    “Ja, wir haben uns geprügelt. Oder wir sind zumindest aneinandergeraten. Aber woher wusstest du das? Oder war das nur eine Ahnung?”
    “Naja, er geriet auch oft mit Jamal an die Fronten. Das war ja auch der Grund, warum sie schlussendlich versetzt werden wollten. Ich hätte nicht gedacht, dass Kror dich gleich am ersten Tag so angreifen würde.”
    “Wie bitte!?”, stieß ich empört heraus und schlug die Hände überm Kopf zusammen. Das konnte ich nun aber wirklich glauben. Obwohl es an sich schon offensichtlich war. Aber das aus Vals Mund zu hören, war echt nicht schön. “Warum hast du mich nicht schon auf der Arbeit oder wenigstens in der Kantine vorgewarnt? Weiß du, wie es mir vorhin erging, unter der Dusche und danach? Hätte ich schon vorher gewusst, dass er dich meinte und nicht Hiar, hätte ich dich strikt gemieden.”
    “Ja, Sam, konnte ich doch auch nicht wissen”, raunte sie mir reuend entgegen und senkte beschämt den Kopf. Hiar schaute mir tief in die Augen und sprach mit kräftiger Stimme. “Lass dich nicht von ihm einschüchtern, Sam! Valery ist nur der Anfang. Wir alle hassen ihn, auf die ein oder andere Art. Selbst Uru hasst ihn jetzt.”
    Wütend stieß ich ihre Hand hinweg und sie gleich mit. “Was das immer soll? Wenn ihr alle ihn so sehr hasst, warum sagt ihr es ihm dann nicht einfach? Warum soll ich jetzt sein Prügelsack sein?”
    “Weil es ihn nicht interessiert, Sam! Er braucht mal eine richtige Abreibung, von einem ganzen Kerl! So wie du halt einer bist.”
    “Was, ich?”, stieß ich äußerst verwundert heraus und winkte dankend ab. “Seht mich an. Ich bin so schmächtig wie Lin und genauso schwächlich. Der rammt mich doch ungespitzt in den Stahlboden hier.”
    Val verdrehte stöhnend und schnaufend die Augen. “Jeder hat eine Schwachstelle, Sam. Sogar Kror hat eine. Auch wenn man sie auf dem ersten Blick vielleicht nicht erkennen kann. Lass dir irgendwas einfallen.”
    Sofort öffnete sie die Tür und trat ein. Hiar klopfte mir noch leicht auf die Schulter und begab sich dann ebenfalls zur Tür. Für mich war das Gespräch aber eigentlich noch nicht beendet. So leicht ließ ich mich diesmal nicht abschieben. “Zuerst sagt ihr mir, was mit Hal geschehen soll! Wenn ihr schon nicht mir helfen wollt, dann kümmert euch wenigstens um Hal.”
    “Sam, beruhige dich wieder.”
    “Ja, Sam, mach dir keinen kopf um nichts. Wir finden das auch äußerst bescheiden, dass ihr gleich am ersten Tag so angeranzt wurdet.”
    “Hiar hat recht, Sam. Wir Frauen werden uns schon um deine geliebte Hal kümmern. Hab da mal keine Angst.”
    “Und das mit Kror wird auch schon werden, Sam. Kopf geradeaus, Blick zur Zukunft hingewandt und stets lächeln.”
    Und schon waren sie in ihrem Quartier verschwunden. Nun stand ich hier im Hauptkorridor, wie abgestellt und vergessen. Mein Blick wanderte rüber zu unserem Quartier, das ich geradeso noch erkennen konnte. Die leicht gebogene Decke und das spärliche Licht krümmten optisch den Raum und ließen alles sehr unscharf wirken. Zwar war stets alles statisch und einheitlich, aber diese vielen kleinen Details und Ecken prasselten unermüdlich auf mich ein. Jedem erging das schon mal so, wie mir gerade. Dieses unbeholfene Verlorenfühlen in der unendlichen Weite dieses gigantischen Stahlkolosses. Ein Gefühl von Einsamkeit. Als wäre alles, was man erlebt und tut, einfach belanglos.
    Natürlich genoss ich mein Leben auf der Arche. Und ich mochte das Schiff auch, wie auch die Besatzung und die Beziehungen untereinander. Aber bei solchen kleingeistigen Aktionen könnte ich jedesmal ein Loch in den Rumpf schlagen und hoffen, dass die richtigen Leute ins All geschleudert würden. Aber es war nur Wunschdenken und in keinster Weise realistisch. Und womöglich hätte es eher mich erwischt, anstatt Kror.
    Nachdem ich mich nun gedanklich etwas abreagiert hatte, machte ich mich auf dem Weg zu Hal. Sie wartete bestimmt schon auf mich, auch wen mich das nicht wirklich interessierte. Seelenruhig schlenderte ich den Korridor entlang, links ein Geländer und rechts mal ein Pfeiler. Ich zählte die Deckenlampen ab, welche auch wieder nur die Gleichheit des Ganzen auf perverse Art zeigten. Ich merkte schon. Ein freier Tag war bitternötig. Aber die Hälfte war bereits geschafft. Nur noch vier weitere Tage und dann einen für mich allein. Sofern ich es bis dahin überleben würde.
    Ich musste mir irgendwas einfallen lassen, womit ich mir eine Freude machen könnte. Irgendwas, das genug ablenkte, um die nächsten neun Tage zu überstehen. Hal war ja auch noch da, echt toll...
    “Mal sehen, wie es sich entwickeln würde”, dachte ich mir so, “vielleicht erbarme ich mich auch und verbringe mit Hal meinen freien Tag.”

    Nachdenklich stand ich vor unserer Tür, nahm langsam die ID-Karte hervor und atmete erstmal tief durch. Autorisiert! Wenig euphorisch betrat ich unser Quartier, den Blick dabei leicht gesenkt gehalten.
    “Ich bin jetzt da, Hal”, rief ich und begab mich zum Spind. Hal lag bereits im Bett und erwiderte nur knapp. Meinen Pyjama hervor genommen und mich halb am Ausziehen, beugte sie sich hoch und schaute mich musternd an. War mir schon etwas unangenehm, wie sie mit ihren glitzernden Augen meinen Körper beäugelte und mich sichtlich damit schneller auszuziehen versuchte. Aber wie schon bereits erwähnt, ließ ich mich nicht von ihr drängeln. Bei keiner Situation.
    Um mich von ihren leicht verliebten Blicken loszureißen, begab ich mich mit freiem Oberkörper zu meinem Bett und zog mich da weiter um. Doch kaum saß ich und hatte meine Schuhe ausgezogen, linste sie auch schon hinunter und krallte ihre Finger an der Leiter fest. Noch ein Stück und sie wäre hinuntergestürzt. War ja auch nicht unbedingt was Neues bei ihr.
    Ich zog mich nicht weiter um, das war mir echt unangenehm. “Hal, Kopf hinauf!”
    “Was, Sam?”
    “Ich will mich umziehen und das ohne deine Blicke.”
    “Okay”, stieß sie schnaufend aus und riss ihren Kopf wieder hinauf. Ich wartete noch einen Moment, nichts geschah, zog mich dann also weiter um. Hose aus, Unterwäsche dazu und schnell in den Pyjama geschlüpft. Meiner passte perfekt, wie eh und je. Warum ihrer zu eng war, wusste ich echt nicht. War aber auch nicht weiter störend. Solange wir nicht in einem Bett schliefen, war mir das egal.

    Nachdem ich mich umgezogen hatte und meine Klamotten ordentlich gefaltet auf meinem Stuhl ruhten, legte ich mich ins Bett und machte es mir bequem. Sofern ich es mit meinen Gedanken an den heutigen Tag bequem haben konnte.
    Kaum eine Minute später linste sie wieder zu mir runter und stemmte sich gekonnt mit ihren Armen an den Leitersprossen ab. Sah schon etwas ulkig aus, wie sie da kopfüber baumelte und ihre Augen zwischen den Bettstreben und der eisernen Aufstiegsmöglichkeit hindurch funkelten.
    “Samuel, darf ich kurz zu dir kommen?”, fragte sie zögerlich und wollte sich schon halb verdreht zu mir hinab begeben. Ich nickte leicht zu mir hin und richtete mich auf. Und was tat sie? Ein wenig irritiert war ich über ihre äußerst merkwürdige Akrobatiknummer an der Leiter. So halb im Liegen, fast schon verdrillt, rutschte sie langsam über die Bettkante und konnte sich geradeso noch am Rahmen festhalten, bevor sie kopfüber hinabgestürzt wäre. Ihr linkes Bein verklemmte sich zwischen den unteren Sprossen und leicht taumelnd hüpfte sie zu mir ins Bett und zerrte mit einer halbherzig gekonnten Drehung das Bein wieder hinaus. Ich schüttelte einfach nur den Kopf. Sowas unbeholfenes und sinnfreies. Leicht errötet, eher violett, waren ihre Wangen und schmollend blickte sie zu ihrer Rechten, dort, wo nur ein kleiner Spalt uns beide trennte.
    “Da hab ich wohl mal kurz nicht aufgepasst und bin doch glatt weggerutscht”, meinte sie und lächelte mir zögerlich aus dem Mundwinkel zu. Ich verdrehte nur die Augen und ruckte zurück an die Wand.
    “Was willst du, Hal?”
    Sie ruckte auch mit zu mir und schmiegte sich sanft an mich. “Nicht, dass es mich was angeht, aber was habt ihr drei gerade so getrieben?”
    Verwundert schaute ich zu ihr rüber. “Ist das nicht egal, Hal? Und außerdem haben wir uns nur ganz normal unterhalten über was.”
    “Ich glaube es dir doch, Samuel. Aber pass gut auf dich auf, ja? Ich habe nämlich so das Gefühl, als wäre Valery schon ein wenig verschossen in dich.”
    “Bist du wahnsinnig?”, erwiderte ich lautstark. “Was du für einen Unsinn redest, Hal? Du bist nur eifersüchtig, wegen nichts!”
    Da machte sie ein schnippisches Gesicht. “Das ist gar nicht wahr...Ich bin überhaupt nicht eifersüchtig. Warum sollte ich das denn auch sein?”
    Schief schaute ich sie ungläubig an. “Acht Frauen und du fühlst dich nicht bedroht von denen? Das glaube ich dir nicht, Hal.”
    Nachdenklich wirkte sie nun, oder zumindest weniger spontan. Starr richtete sich ihr Blick auf meine Schuhe, die ihr vermutlich nur als Fixpunkt dienten. Ich wich immer weiter von ihr weg, wäre beinahe auch aus dem Bett gefallen.

    “Ach, lass uns jetzt schlafen gehen, Sam”, stieß sie trocken heraus und kroch aus meinem Bett. Das irritierte mich sehr. Denn eigentlich wollte sie ja was von mir und hörte dann doch schon wieder auf, mit mir zu interagieren. Aber wer verstand denn Hal überhaupt? Und irgendwie war ich auch ganz froh, dass sie wieder in ihr Bett zurückging. Dann hatte ich wenigesten die Decke wieder ganz für mich allein. Sofort mummelte ich mich ein und bereitete mich auf die Nacht vor. Allein Hals unruhiges Rucken und Wälzen in ihrem Bett störte die endlich erhoffte Ruhe. Was trieb die bloß immer da oben, was so anstrengend sein musste, dass sie schnaufte und stöhnte? Obwohl... Eigentlich wollte ich es doch nicht wissen.

    “Gute Nacht, Sam. Träume was schönes.”

    Noch einmal kurz durchatmen. “Gute Nacht, Hal.”

  • Ähm... so genau will ich auch nicht wissen, was Hal da oben in ihrem Bett treibt 8|
    Naja wie dem auch sei xD
    Aber wegen Kror hätte man Sam wirklich ruhig mal warnen können... die Leute auf deinem Schiff werden mir immer unsympathischer

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

    • Offizieller Beitrag

    Weiß du, wie es mir vorhin erging, unter der Dusche und danach? Hätte ich schon vorher gewusst, dass er dich meinte und nicht Hiar, hätte ich dich strickt gemieden.”

    strikt

    Ach Sam. Er tut mir immer mehr leid. Jetzt hat er fast nur Frauen und Kror, der wahrscheinlich das größte Problem ist. Und Hal, die da wer weiß was in ihrem Bett veranstaltet. So ein Haufen Chaoten. 8|
    Ich an Sams Stelle würde am nächsten tag wohl gar nicht erst aufstehen. :D

    LG, Kyelia

  • Wie immer ein recht großes Dankeschön, @Kyelia, @Schreibfeder, @Miri, für die Korrekturen und Kommentare, wie auch Überlegungen und Denkweisen. Glaubt mir, in meinen Gedanken macht Hal genug "Unsinn" in ihrem Bett. ;)
    Leider müsst ihr euch noch etwas gedulden, um den besonderen "Flair" dieser Gruppe zu erfahren.


    [ KAPITEL 3-DAS DUELL-TEIL 10 ]


    [ 6020 n. Chr. Tag 6 Helios III ]

    Guten Morgen, Hal Mellins. Guten Morgen, Samuel. Es ist 5:00 Uhr, gemessen am Nullmeridian vom Planeten XV Novus. Habt ihr gut geschlafen?

    “Guten Morgen, Miri”, drang aus dem oberen Bett hervor, mir ebenso den Tag einläutend. Erst nach einigen Momenten realisierte ich, dass Miri wieder online war. Oder besser gesagt, dass Miri überhaupt mal offline war. Man gewöhnte sich so schnell an sie und vermisste sie eigentlich erst dann, wenn man Zeit für sie hatte. Doch gestern war einfach soviel passiert, dass sie unser geringstes Problem war.
    Halb dösend erwiderte ich beiden Frauen: “Guten Morgen, Miri und Hal.”

    Um 5:30 Uhr beginnt eure Schicht. Ich wünsche euch einen angenehmen Arbeitstag.

    “Danke Miri. Ich wünsche dir auch einen angenehmen Tag.” Und schon kletterte Hal aus dem Bett und die Leiter hinab. Auf der letzten Sprosse wartete sie kurz, blickte zu mir, den halb verschlafenen Kollegen, und grüßte mich auch nochmal. Ich nickte nur leicht und drehte mich wieder um.

    “Sam, wir müssen zur Arbeit”, sagte sie und stakste leichtfüßig zum Spind, den sie ebenso beschwingt öffnete. Ich schenkte ihr erstmal keine Aufmerksamkeit, weil ich ehrlich gesagt noch etwas verstört war, wegen dem Gestrigen. Und hätte ich sie jetzt womöglich halbnackt herumtänzeln gesehen, hätte ich für nichts garantieren können.

    “Samuel, wir müssen gleich los”, sprach sie erneut zu mir und kam an mein Bett. Laut meinem Empfinden hatte ich aber noch ein paar Minuten, bevor es zeitlich kritisch geworden wäre. Schniefend und räuspernd stand sie da und starrte mich bestimmt gerade intensiv an. Sie war so nervig!
    “Hal, gehe doch schon mal los! Ich komme sofort nach.”
    Kurze Stille...
    “Nagut, dann gehe ich schon mal los. Aber beeile dich bitte.” Sie machte kehrt, ging zur Tür, öffnete diese und schloss sie wieder etwas verzögert. Dann drehte ich mich gemächlich um und analysierte erstmal die Umgebung. Sie war wirklich gegangen.
    Dann wollte ich mich auch mal auf einen neuen Arbeitstag vorbereiten. Pyjama aus- und Klamotten anziehen. In die Schuhe schlüpfen, zubinden und mir meinen Kommunikator schnappen. Wenigstens und hoffentlich konnten wir ihn heute wieder benutzen. Das würde mit Sicherheit meine Arbeit deutlich vereinfachen. Und für Hal war dies auch förderlicher. Da sie ja heute, wie Zell es gestern provokant behaupt hatte, die Arbeit an den Blankets alleine bewerkstelligen können müsste. Wenn ich sie gewesen wäre, hätte ich nun draußen gestanden und würde eingehend die Grundfunktionen und Aufgaben nachlesen.

    Ich überprüfte meinen Kommunikator, der ja immer noch ausgeschalten war. Zum Glück kamen keine unerwünschten Nachrichten mehr rein. Und auch sonst schien er sogar ein Update erhalten zu haben. Sah schon mal vielversprechend aus, auf dem ersten Blick. Aber genug davon. Jetzt musste ich wirklich dringend los zur Arbeit. Es war schon schrecklich genug, dass wir gestern zu spät waren. Noch einen Tag wollte ich das nicht riskieren.
    Ich öffnete die Tür und trat heraus. Und wen sah ich da, links neben mir? Hal Mellins, wie sie gerade tatsächlich mit ihrem Kommunikator rumhantierte. Ich war erstaunt! Und sie wirkte sogar noch sehr vertieft in ihre Sache. Ich gesellte mich zu ihr und tippte sie vorsichtig an.
    “Hal, wollen wir los?”
    Sie schreckte auf und blickte mich leicht verwirrt an. Dann verdunkelte sie wieder ihr Display und klemmte ihn sich unter die Achsel. “Ja, lass uns gehen. Wir sind schon spät dran.”

    Wir beeilten uns, da die Zeit rannte. Aber für ein Gespräch nebenbei war immer ein Moment da. “Was hast du denn gerade so schönes am Kommu gemacht, Hal?”
    “Ich habe mir nochmal das mit den Blankets angesehen. Und ich glaube, es jetzt zu verstehen.”
    “Das ist schön, Hal”, meinte ich zufrieden und klopfte ihr leicht auf den Rücken. “Es freut mich, dass ich dich anscheinend doch auf den richtigen Weg gebracht habe. Der Wille zählt.”
    “Um ehrlich zu sein”, murmelte sie leise mir entgegen, “habe ich dein Gewirr von gestern nicht wirklich verstanden.”
    Da fiel mir die Kinnlade runter. Das machte mich schon etwas traurig. Dabei hatte ich es ihr so einfach wie möglich erklärt. Ich dachte echt, ich hatte ihr damit geholfen. Aber anscheinend gab ich ihr nur einen Denkanstoß, sich nicht meiner Hilfe anzunehmen.
    Wie dem auch war. Ich war froh, dass sie Selbstinitiative ergriff und sich damit beschäftigte. Vielleicht würde dies auch Zell beeindrucken. Mich auf jeden Fall schon.

    Wir erblickten sie schon aus der Ferne, geduldig darauf wartend, hinein gelassen zu werden. Valery erspähte uns auch sofort und winkte leicht aus der Hüfte. Kurz darauf schaute auch Hiar zu uns rüber und begrüßte uns ebenso andeutend. Beschwingt marschierte sie ihnen mit großen Schritten entgegen, mich schon fast ignorierend. Ich schloss an und lief ihr, nun wirklich etwas unheimlich, parasitenhaft aufdringlich hinterher. Und ich konnte es mir leider auch nicht verkneifen, ihr dabei auf den Hintern zu schauen. Wenigstens noch eine kurze Augenweide, bevor der Ernst losgehen würde.

    Streng blickte Zell uns an und deutete mit seinem Kopf zu seiner Rechten. Ich schloss auf und nahm sofort diesen Platz ein, damit Hal hinter mich konnte und so bei Val stand. Kror räusperte sich spöttisch und musterte unser beider Körper. Irgendwas passte ihm schon wieder nicht. Bestimmt fragte er sich gerade, was wohl nach seiner Abwesenheit gestern noch so vorgefallen war. Ich konnte ihn beruhigen, aber das hätte er sowieso nicht wahrgenommen. Zell drehte seinen Kopf ruckartig zu ihm um und gab nur ein tiefes Knurren von sich, kaum wahrnehmbar. Das erregte Urus Aufmerksamkeit, worauf sie Kror einen flüchtigen Kuss auf die Wange gab. Schnell schien wieder alles vergessen zu sein und alle richteten ihre Blicke geradeaus.
    Ein Klappern war zu hören, die Tür wurde uns geöffnet. Es war ein Mensch, Mitte Dreißig, der uns empfang. Die hatten es gut, unsere Leute von der Nachtschicht. Die hatten einen Menschen als Vorgesetzten. Und er wirkte auch sehr nett und zuvorkommend. Schön geordnet und paarweise gingen wir hinein, ich leider mit Kror zusammen. Und er konnte es sich nicht verkneifen, mir gleich mal beim Passieren der Tür den Arm in die Rippen zu stoßen. Es kam sehr überraschend, ich zuckte schreckhaft zusammen. Hal schob sofort leicht von hinten, mir dabei sanft an den Hintern fassend.
    Als alle drinnen waren, suchten sich die Partner wieder und wir beide stellten uns etwas abseits von den anderen. Ein lautes Rumsen ertönte, gefolgt von dem noch viel lauteren Einrasten der Magnetspangen.
    Zell unterhielt sich während der Wartezeit kurz mit seinem Gleichgestellten. Ob halt alles in Ordnung sei und wie es mit seiner Frau lief und solche Sachen.
    “Keine Probleme, alles bestens”, meinte dieser nur und nickte fleißig wie eine Gründotterraupe auf einem Ast. Ansonsten geschah eigentlich nichts. Alle anderen unterhielten sich eher flüsternd, bis gar nicht. Und wir beide kommunizierten auch nur über die Augen. Sie wusste, dass es gleich Ernst wurde. Und genauso wusste ich auch, dass neun Stunden ganz schön lang sein konnten. Ihre Augen waren echt schön. Das leuchtende Gelb schien meine Sehrezeptoren stark zu stimulieren, was mich unterbewusst dazu zwang, sie weiterhin anzustarren. Ganz so, als wäre ich sehnsüchtig verlangend nach Diesen.
    Ach, was ich mal wieder für einen Unsinn rede. Ich sollte mich nicht immer den sinnlosen Gelüsten hingeben, die sowieso nur instinktiv gesteuert waren. Das würde doch zu nichts führen, außer Kontrollverlust und Peinlichkeit.

    Die Anzeige sprang um, wir konnten passieren. Schlagartig legte sich ein Hebel in meinem Kopf um und schaltete auf strikte Arbeit und Gehorsamkeit. Hal wurde sichtlich nervös und atmete tief ein und aus. Unsere beiden Ulknudeln legten noch schell ein kleines Tippeltänzchen hin und schlossen dann zu den anderen auf, die bereits wieder paarweise eine Schlange bildeten.
    Die Tür war offen und wir nahmen unsere Positionen ein. Echt nett sowas, dass ich mal gleich zwei Ingenieuren die Hand geben durfte, um sie in den Feierabend zu schicken. Ein wenig perplex schauten sie schon, als sie mich da so ganz allein rumhantieren sahen. Aber Zell machte Druck und scheuchte sie energisch zum Dekontaminationsraum. Hal gesellte sich gleich mit zu Kror und wurde sofort mit in die Arbeit eingebunden. Um ganz genau zu sein, tat Kror erstmal nichts und überließ ihr die Arbeit. Unbeholfen war sie natürlich und ließ unkoordiniert ihre Hände über die Anzeigen schweifen, dabei immer zögerlich auf ihren Kommunikator schielend. Hiar und Val schritten an mir vorbei und kniffen mir doch prompt in die Wange.
    “Was war das denn gerade?”, fragte ich mich und blickte ihnen kurz hinterher. Aber ich durfte mich nicht ablenken lassen, da die Zeit jetzt schon bereits wieder drängte. Ich war im Überzug mit den Tanks und wollte eigentlich schon längst am zweiten tätig sein. Auch wenn der Übergang einigermaßen fließend vonstatten ging, musste sich erst eine gewisse Grundroutine einstellen. Ich hatte diese noch nicht gefunden. Verständlich, am zweiten Tag.
    Und Hals anfängliche Euphorie suchte auch schnell das Weite, als Kror ihr etwas näher auf den Leib rückte. Ich konnte es immer nur betonen, wie schöner es doch für uns alle gewesen wäre, wenn sie auch bei der Arbeit an meiner Seite gewesen wäre. Aber Zell blieb stur, was einerseits auch verständlich war. Er hatte weitaus mehr Erfahrung wie ich und Hal zusammen. Und er hatte bestimmt schon genügend Problemfälle behandeln müssen. Nur hoffte ich wirklich innig, dass Kror sie nicht schädigen würde.
    Denn die Aussagen von den Mädels gestern gaben mir schon zu Denken. Es musste ja einen Grund geben, warum sie fast alle mit ihm was hatten und nun nicht mehr. Nagut, es war klar, dass es an ihm lag. Aber trotzdem konnten die mir nicht sagen, dass die ihn früher nett und sympathisch fanden.
    Genau dies machte mir zu schaffen. Es bestand wirklich die Gefahr, dass Hal sich sozusagen in ihren Feind verlieben würde. Aber wollte ich dies eigentlich verhindern, wenn es so kommen sollte? Das brachte mir echt zu Denken. Grübelei und Unschlüssigkeit...

    “Du kannst es ja immer noch nicht!”, vernahm mein Ohr aus nicht allzu weiter Ferne. “Das darf doch nicht wahr sein, Hal!”, brüllte Zell durch den Raum, Hal dabei grimmig anschauend. Und unsere Vorgänger waren gerade so erst im Vorraum verschwunden.

    “Aber ich habe es wirklich versucht, Zell”, erwiderte Hal und nahm augenblicklich Abwehrhaltung ein. Kror lachte spöttisch und sagte: “Versuchen ist nicht genug, Mellins!”
    Zell nickte leicht, ihm somit zustimmend. “Versuche allein führen nicht zum Sieg. Manchmal ist eben etwas mehr Initiative erforderlich.”
    Sein Blick wanderte zu mir hinauf. “Habe ich dir nicht angewiesen, dass du ihr helfen sollst?”
    “Ja, hast du”, antwortete ich nickend. “Ich habe es versucht, ihr zu erklären. Aber wenn es nun mal nicht ihr Milieu ist, kann ich nicht viel machen.”
    “Dumme Ausreden! Jeder kann das erlernen. Und ist das nicht eigentlich Grundvoraussetzung, für die Anstellung im Reaktor?”
    Erwartungsvoll blickte er zu Hal, die ihm darauf sofort Parole bot: “Nicht, wenn man es per inoffiziellen, außerordentlichen Gerichtsbeschluss umgehen kann und ein Elternteil Offizier mit besonderem Status ist.”
    Da staunte er nicht schlecht. Und alle anderen erstrecht. Niemand machte auch nur irgendein Geräusch. Also ich fand das schon sehr mutig und dumm zugleich, was Hal tat.
    Ihr hätte doch bewusst sein müssen, dass Zell nun umso wütender auf sie wurde. Stolzen Blickes widmete Hal sich dann wieder ihrer Arbeit. Aber man konnte an Zells Gesichtsausdruck sehen, dass es gleich Krawalle geben würde.
    Kror lachte. Dabei verschluckte er sich fast am eigenen Speichel. “Du bist so armselig, Hal”, entgegnete er ihr und machte ihr gegenüber eine abfällige Geste.
    Mit weit nach unten gestemmten Fäusten drängte Zell sich direkt neben sie und schrie ihr mit aller Kraft direkt ins Ohr. Es war so laut, dass sogar ich, hier hinten, vor Schmerzen zusammenzuckte.
    “Willst du mich verspotten!? Mache gefälligst deine Arbeit und sei still!”
    Kror kriegte sich gar nicht mehr ein und feixte jaulend frech, wie eine Kröte. Und genauso ekelhaft benahm er sich auch.

    “Willst du wissen, was ich von deinem dummen Gerichtsbeschluss halte!?” Sein Kopf schwoll richtig violett an, so zornig war er. Und es verfehlte nicht sein Ziel. Hal, anfänglich noch dummdreist und frech, war nun klitzeklein und höriger als ein Sklave. Jedes seiner folgenden Worte ließ sie immer mehr in die Knie gehen, was vermutlich auch am Geschrei liegen konnte. Und was taten die anderen? Nicht natürlich. Wie schon gestern waren nur Kror und Zia mit aktiv und stichelten fleißig gegen sie.
    “Es ist mir völlig egal, wie dumm du bist, Hal! Es interessiert mich nicht den Polyp, wer deine Mutter ist! Und wenn wir alle hier wegen deiner Arroganz und Dummheit verrecken, ist das eben so! Benimm dich endlich deinem Rang entsprechend!”

    Sein Blick wanderte langsam zu Kror hin, der sich fast schon auf dem Boden kugelte vor Lachen. Mit ebenso grimmigem Gesichtsausdruck erwiderte er nun ihm: “Und du hörst auch endlich auf mit den Faxen, Kror! Auch wenn du deutlich mehr wert bist, wie Hal, ist das noch lange kein Grund, dich über sie lustig zu machen! Anstatt dich über sie auszulassen, könntest du ihr ja mal helfen.”

    Augenblicklich verstummte sein grässliches Lachen und er setzte ein äußerst ernstes Gesicht auf. Gar schon grimmig, möchte man meinen. Leicht unbeholfen stand er neben Hal und hielt sich leicht stützend am Display fest. Sein Blick schwenkte zwischen diesen drei Punkten hin und her.

    “Was du da so blöd glotzt?”, fragte Zell. “Dass Hal unkonzentriert ist, kann ich noch verkraften. Aber von Dir habe ich mehr Disziplin erwartet!”

    “Ja, Zell, du hast recht”, meinte er nur ganz mürrisch und steckte seinen Kopf mit ihr zusammen. Zögerlich schlich er seinen Arm um ihren Rücken und packte vorsichtig ihre Schulter. Hal schien das sehr zu irritieren. Und mich erst.

    “So innig müsst ihr nun auch nicht gleich werden”, sagte Zell augenrollend und führte seinen Rundgang fort. Er kam zu mir hinauf, langsam und schwerfällig. Es war ihm anzusehen, dass ihn was bedrückte. Und es schien nicht nur Hal zu sein.

  • Komische Zustände bei dir an Bord ...
    Kror macht sich an Hal ran,obwohl er sie eben noch verspottet hat ... ich hoffe der kommt nicht auf dumne Gedanken ... bzw kriegt dann gehörig eins auf's Maul ...
    Aber immerhin hat Zell ihn auch ermahnt auch wenn das für meinen Geachmack heftiger hätte sein können...

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Ich weiß nicht, ob du @Raels Geschichte liest, aber eure Geschichten erinnern mich immer aneinander.

    Irgendwie haben auf der Helios alle einen totalen Dachschaden und man kann nur staunen, wie bescheuert jeder ist. So ziemlich jeder ist zum Reinschlagen gemacht.

    Mich wundert nur, ob Sam auf der anderen Raumstation nicht so etwas erlebt hat und warum. Falls das mal gesagt wurde, hab ich es vergessen xD

    "Sehe ich aus wie einer, der Geld für einen Blumentopf ausgibt, in den schon die Pharaonen gepisst haben?"

  • Zell lässt Druck nach unten ab. Eine Eigenschaft die ich bei Vorgesetzten hasse, nur leider weit verbreitet ist.
    Kror ist ein Idiot, da haben die Mädels echt recht.
    Sam ist auf jeden Fall ein guter Arbeiter. Dementsprechend wird er auch eingesetzt.

    In der Abteilung hat keiner tatsächlich das Zeug für eine Beförderung.
    Wenn Zell weg ist, dürften die einen neuen Abteilungschef bekommen.

    Spoiler anzeigen

    Kror räsuperte sich spöttisch und musterte unser beider Körper.

    *räusperte

    Und wir beide kommunizierten auch nur über die Augen. Sie wusste, dass es gleich Ernst wurde. Und genauso wusste ich auch, dass neun Stunden ganz schön lang sein konnten. Ihre Augen waren echt schön. Das leuchtende Gelb schien meine Sehrezeptoren stark zu stimulieren, was mich unterbewusst dazu zwang, sie weiterhin anzustarren. Ganz so, als wäre ich sehnsüchtig verlangend nach Diesen.
    Ach, was ich mal wieder für einen Unsinn rede. Ich sollte mich nicht immer den sinnlosen Gelüsten hingeben, die sowieso nur instinktiv gesteuert waren. Das würde doch zu nichts führen, außer Kontrollverlust und Peinlichkeit.

    Hier in dem Abschnitt, wird nicht hundertprozent klar, wer gemeint ist. Ich gehe mal von Sam und Hal aus, aber da Sam auch ein Auge auf Val und Hiar geworfen hat ... naja.

    Da staunte er nicht schlecht. Und alle anderen erstrecht.

    erst recht. (auseinander)

    Aber man konnte an Zells Gesichtsausdruck sehen, dass es gleich Krawalle geben würde.

    *Krawall

    • Offizieller Beitrag

    Ich werde aus den ganzen Gestalten nicht schlau. Die sind doch alle Irre. Dass Zell Hal gleich derart zusammen staucht. Nun gut, der Job, den sie dort machen, ist sehr wichtig und da darf nichts falsch gehen, aber wenn es ihr nun mal schwer fällt, ist das so und durch brüllen wird es kaum besser werden. Und dass nun Kror ihr auch noch helfen soll und er sich einfach kackdreist an sie heranmacht, gefällt mir noch weniger. :hmm: Einfach irre...

    LG, Kyelia

  • Irgendwie haben auf der Helios alle einen totalen Dachschaden und man kann nur staunen, wie bescheuert jeder ist. So ziemlich jeder ist zum Reinschlagen gemacht.

    Ich finde so ein paar bekloppte brauchst doch immer. Bei Jade und mir sinds halt nen paar mehr^^

    Das idealisieren in Geschichten von klassichen gut und bösen Charackteren kann auf Dauer auch ziemlich langweilig sein. Wertvorstellungen einer anderen Welt müssen ja nicht zwingend unseren gleichen.
    So nen paar Graue Zwischenzonen, bissl wahnsinn und Beklopptheit, machen das ganze doch erst interessant^^

    Wobei bei solchen Sachen die Nachvollziehbarkeit und die Konsequenz des Handels des Charackters sehr sehr wichtig ist. Weils sonst wirds schnell unglaubwürdig.

    Ich bin hier leider nicht up to date, und habe ein paar Kapitel verpasst, (nur das letzte gelesen) Kann also nichts zur chrackterentwicklung sagen. Musste aber während des Textes ein paar mal schmunzeln^^

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Danke @Schreibfeder, @Miri @Kyelia @Wysenfelder und @Rael, für die wiedermal schönen Kommentare und Korrekturen.
    Herrlich, wie ihr alle immer mehr gegen die seid und besonders Kror nicht ausstehen könnt. :D
    Aber bedenkt bitte eines bei der Sache! Es ist kein Einzelfall! Es sind ~ 600 Millionen Individuen auf der Helios III. Und es ist nicht überall Friede-Freude-Eierkuchen.

    Was mir aufgefallen ist. Wenn ich Hals Hals erwähnen müsste, würde ich vermutlich Mellins´ Hals schreiben. ^^
    Und Rael---> Deine Protagonistin heißt Selena und meine Serena. :P


    [ KAPITEL 3-DAS DUELL-TEIL 11 ]


    Ich arbeitete munter weiter, ihm aber trotzdem angemessene Aufmerksamkeit schenkend. Mir war bewusst, dass er sehen wollte, wie gewissenhaft und ehrlich ich arbeite. Doch sein autoritäres Auftreten war sehr einschüchternd, was geradezu perfekter Nährboden für Fehler war. Es herrschte durchgängige Anspannung bei uns allen, die manchmal echt erdrückend war. Man musste sich immer bewusst machen, wie gefährlich die Arbeit am Reaktor war. Und dass es keine Fehler verzieh.
    Andererseits war dies hier natürlich eine der sichersten Einrichtungen überhaupt und grobe Fahrlässigkeit war gar nicht erzielbar. Selbst Slevin hätte nicht mal hier etwas so stark verändern können, dass es zu einem Supergau gekommen wäre. Eher hätten sämtliche Sicherheitsprotokolle gegriffen und den Reaktor schon frühzeitig heruntergefahren.
    Nur eine kleine Manipulation der externen Systeme, was nur analog möglich war, hätte die D-T-Tanks sofort abgeschaltet und somit die komplette Anlage.
    Aber um dies jemals durchführen zu können, müsste man bekanntlich zuerst drei Grundvorraussetzungen erfüllen. Nämlich dem Reaktor offiziell zugeteilt sein, die komplette Gruppe hinter sich haben und einen externen Port entwickeln, der mit den Systemen kompatibel ist. Denn sämtliche Anschlüsse hier dienen nur für die Kommunikatoren, welche aber auch nur einen einseitigen Datenaustausch ermöglichten. Darüberhinauskonnte man nur in einem festgelegten Bereich Veränderungen vornehmen. Alle Werte außerhalb dieses Bereichs würden strickt vom System geregelt werden.
    Und außerdem würde, bei einem kompletten Systemausfall aller Anlagen und Reaktoren, die Besatzung innerhalb weniger Stunden sterben. Die Anwesenden in der unmittelbaren Umgebung des manipulierten Reaktors dabei sofort.
    Also um es kurz zu fassen. Die geläufigen Fehler, die man hier machen kann, sind nicht tödlich, aber energie- und zeitfressend. Es ist die sicherte Anlage, aber doch so tödlich.

    Was machte Zell jetzt? Er stellte sich neben mich und starrte nur auf den Kommunikator. Ich fühlte mich unsicher in meinem Tun. Wenn ich nun einen Fehler machen würde?

    “Du könntest deine Arbeitsschritte noch weiter optimieren”, flüsterte er mir heimlich ins Ohr und zeigte auf den Monitor. Ich ging einen Schritt zur Seite, um ihm Platz zu machen. Irgendwie kam mir das grad sehr merkwürdig vor. Egal was er vorhatte, ich hatte das Gefühl, ich sollte mal aufpassen. Und was tat er da nun? Er stellte die Werte ein, er machte meine Arbeit? Wie bitte? Wie kam es zu dem Wandel?
    Aber er machte es so schnell. Ich kam kaum hinterher mit den Augen, so schnell wechselte er zwischen den einzelnen Reitern und Optionen. Und kaum nach zwanzig Sekunden war er auch schon fertig. Ich überprüfte seine Arbeit, weil es mir einfach zu schnell und oberflächlich vorkam. Aber es stimmte alles. Im Gegenteil. Es war sogar noch präziser, als meine Messungen und Einstellungen.

    “Es ist schön, dass du es nochmal kontrolliert hast, aber es war unnötig”, meinte er flüsternd und setzte wiedermal seinen Rundgang fort. Ich war immer noch vollkommen perplex. Doch es blieb keine Zeit, diesem Gedanken weiterhin Aufmerksamkeit zu schenken. Ich musste zum nächsten Tank, meine Arbeit verrichten. Hiar und Val machten sofort Platz, als er kam und schauten ihm ebenfalls gespannt zu. Doch er blieb nur kurz und überließ ihnen schon nach knapp einer Minute wieder die Anlage.
    “Hast du eigentlich Geschwister, Samuel?”, fragte er mich, als er wieder zu mir kam. Ich war kurzzeitig verwirrt, nachdem er dies äußerte. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Nagut, ich wusste es schon. Aber ich kam mir so dumm vor, weil ich ihm nicht direkt geantwortet habe.
    “Nein, ich bin Einzelkind.”
    “Schön, das gefällt mir.” Kaum gesagt, wanderte sein Blick wieder zu Hal hinunter. Es schien alles in Ordnung zu sein. Kror schikanierte sie nicht und sie wirkte auch sehr vertieft in die Arbeit. Zwar musste sie alles alleine machen, aber das war noch zu verkraften, solange ihr nichts weiter angetan wurde.
    “Kriege sie bitte in den Griff“, flüsterte er mir zu und ging langsam zur Treppe. Ich nickte nur zögerlich, aus reiner Höflichkeit und weniger vor Ernst. Mir war es egal, wie er es auffassen würde, hauptsache er ließ mich weitestgehend in Ruhe. Und Hal natürlich.
    Aber nun wieder an die Arbeit. Kror guckte schon wieder böse. Aber wann tat er das mal nicht? Eigentlich interessierte er mich herzlich wenig. Auf ihn konnte ich getrost verzichten. Aber andererseits war er mir wirklich im Weg, um hier glücklich zu werden.
    Was er wohl dachte, was wir in seiner Abwesenheit gemacht haben? Ich hätte mich sehr mies gefühlt, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre. Nicht mies, weil ich die Biege gemacht hätte, sondern weil ich sie nicht weiter hätte kontrollieren könnten.
    Uru hatte es ihm bestimmt gesagt, was abging. Sie, als seine aktuelle Freundin, ebenfalls nun etwas beleidigt, hatte ihm mit Sicherheit Feuer unterm Hintern gemacht...

    Oh, eine Nachricht. Von Serena Tallow. Das überraschte mich. Oder vielleicht auch nicht. Käme drauf an, was der Inhalt war.
    Ich ermutigte mich, etwas fixer zu arbeiten und somit ein wenig Zeit gutzumachen. Ich wollte die Nachricht unbedingt schnellstmöglich lesen. Keine Ahnung, warum. Neugier; Hoffnung; Sehnsucht?

    # Wo bist du? #

    Was meinte sie? Wo sollte ich denn sein? Natürlich auf Arbeit... Achso, ich Olm! Leicht schüttelte ich mir selbst den Kopf vor lauter Dummheit. Wir wurden ja versetzt. Das konnte sie nicht wissen.
    Ich war schon so vertieft in meine Arbeit, dass ich einfach alles andere vollkommen vergessen hatte. Mitchel wusste auch noch nicht Bescheid und meine Eltern ebenso nicht. Obwohl... Doch, die könnten es bereits erfahren haben.
    Aber Serena eben nicht. Was mich jetzt wieder ärgerte, wo mir es erneut in den Sinn gekommen ist.
    # Wir wurden versetzt. #

    “Samuel!”, raunte mir von Oben entgegen. Sofort schloss ich das Fenster und schaute hinauf.
    “Wenn das Zell sieht...”, flüsterte Hiar mir hinweisend zu und senkte ihren Blick. Ich nickte verstehend und kümmerte mich wieder um das Wesentliche. Hiar hatte vollkommen recht. Ich sollte während der Arbeit nichts privates erledigen. Die anderen taten das auch nicht...

    Plötzlich polterte es laut! Sofort wanderte mein Blick zu Hal. Echt schon bedenklich, dass sie die erste Vermutung war. Andererseits war es auch wieder wegen ihr. Sie ließ mal wieder ihren Kommunikator fallen. Ob Kror da vielleicht mitgewirkt hatte? Es war nicht ganz auszuschließen.

    “Hal, was soll das?”, brüllte Zell sie sofort an und stampfte mit schweren Schritten auf sie zu. Vorsichtig, aber fix, hob sie ihn wieder auf und versteckte ihn unter ihrer von Zell abgewandten Achsel. Kror nahm Abstand, so als wäre er unschuldig, unparteiisch. Jeder wusste, dass dem nicht so sein konnte.

    “Ich habe es genau gesehen, Hal!”, murrte er, die Faust in die hohle Hand schlagend. “Du warst mal wieder unkonzentriert!”

    “Aber ich war das nicht!”, kam ihm frech entgegen. “Kror hat mich weggedrängt und da...”
    “Diskutiere nicht! Du warst unachtsam, mehr nicht!”
    “Aber es war nicht gänzlich meine Schuld.”
    “Ich habe dir die Regeln erklärt, Hal! Disziplin und Ordnung.”
    “Dann erkläre das mal Kror. Er ist doch hier der Einzige, der sich nicht an die Regeln hält.”
    “Es reicht mir langsam! Benimm dich endlich und höre auf, hier rumzublödeln!”

    Störrisch glotzten sie sich gegenseitig an. Zell, ganz aggressiv und heftig schnaufend, Hal dagegen schnippisch und gleichgültig säuselnd. Kror stand daneben und grinste ihnen frech entgegen, als wäre es ein VR-Film.
    Mutig, Mellins. Aber doch so naiv. Als ob sie jemals was gegen ihn hätte ausrichten können. Und was brachte sie eigentlich plötzlich zu so viel Widerstand? Natürlich war ich auf Hals Seite, egal wer nun schuld war. Wenn man überhaupt mal eine gute Argumentation haben würde, weshalb hier nun eigentlich irgendwer wegen irgendwas schuld sein sollte. Für mich war das alles hier nur Schikane und Hetze.
    Aber andererseits klang es am gestrigen Abend so heraus, dass Zell früher nicht so war. Oder er zumindest erst vor kurzem so wurde. Doch warum ließ er dann seine offensichtliche Wut an ihr aus? Schon klar, dass sie Nervpotential hatte, aber es war kein Grund, sie deswegen mit sinnlosem Stress zu nerven. Anstatt sich mit ihr zu streiten, sollte er sich lieber mal mit dieser Thematik auseinandersetzen. Die Frage, warum sie alleine arbeiten sollte, obwohl Kror zur Verfügung stand, war grundlegend.
    Es war mir schon bewusst, dass er womöglich bald nicht mehr bei uns war. Aber warum sollte er sich dann selbst das Leben schwerer machen und uns die Schuld dafür geben? Vor allem mit dem Krieg hatten wir persönlich nichts mehr zu tun, oder werden es nicht.
    Ging nun schon was vorwärts bei ihnen? Nein, nicht wirklich. Seit gefühlten fünf Minuten starrten sie sich jetzt bereits an, ohne Unterbrechung. Hal beeindruckte mich sehr damit. Wenn sie stur war, dann aber richtig. Und bei ihm traf sie auf den Richtigen, um sich nonverbal zu streiten.
    Sie taten nichts weiter, außer sich anstarren und gegenseitig anschnaufen. Nur die Beinstellungen wechselten sie, aufgrund der Unbequemlichkeit. Die Greys, neutral wie Wasser, schenkten ihnen nicht mal zu Beginn Aufmerksamkeit. Umso nüchterner waren sie jetzt. Ob das überhaupt noch ginge?

    Oh, jetzt schien sich was zu tun. Hal wirkte unkonzentrierter. Nun schien es spannend zu werden. Ich fieberte mit ihr, auch wenn der Sieger schon feststand. Seine Lippen begannen zu zucken, er war kurz vorm Lächeln. Hal schloss ganz langsam die Augen und atmete tief durch. Und dann grinste er wie ein aufgedunsener Kugelfisch. Und gleichsam beknackt sah er auch aus.

    “Wie auch immer”, sprach sie gleichgültig und drehte sich zum Monitor um, ihm den Rücken zuwendend. Und das anfängliche Kugelfischgesicht wanderte nun allmählich Richtung Boden. Da staunten beide nicht schlecht, wie eiskalt sie dies beendete. Und Zell verstummte einfach. Er schien echt baff gewesen zu sein.
    Ich konnte es nicht leugnen, ich feixte innerlich. Ein erster Sieg für Hal. Das war schön. Und endlich blieb es auch mal etwas ruhiger. Zumindest die nächsten Stunden bis zur Pause. Zell ging, wie gestern, das Essen holen, während Zia mal wieder auf uns aufpasste. Und Hal war wieder ihr erstes und einziges Ziel.
    Doch heute gab es keine Mundschelle. Vermutlich hatte Zell sie gestern nochmal zurechtgewiesen. Zumindest wäre das angebracht gewesen, bei so viel Dreistigkeit und Arroganz. Streng war Zias Blick auf Hal gerichtet und verfolgte jeden Schritt von ihr. Richtend wie eine Lehrerin schaute sie und diktierte ihr mit finsterem Blick die Anweisungen. Auch wenn Hal sich nun etwas behauptet hatte, war sie trotzdem immer noch an letzter Stelle der Autoritätsleiter. Ich war nur dicht über ihr und besaß kaum mehr Einfluss. Welche Stellung die anderen hier genau hatten, war schwer festzulegen, da sie sich alle sehr passiv verhielten und lieber einsteckten, anstatt auszuteilen. Aber bis jetzt konnte ich eigentlich noch gar nicht so viel über sie alle urteilen, dafür kannten wir uns noch zu wenig. Aber immerhin schienen sie nichts gegen Hal und ihre Familie zu haben. Das beruhigte mich schon mal.
    Mellins versuchte nicht mit ihnen in Konflikt zu geraten und erledigte munter ihre Arbeit. Auch wenn sie es nur schwer begriff und viel in ihrem Kommunikator schaute. Und genau dies war der Punkt, den ich nicht verstand. Dies war unlogisch. Sogar für einen Chima. Es glich einer gewollten Sabotage.

  • Und Rael---> Deine Protagonistin heißt Selena und meine Serena.

    Nope.. meine heisst auch Serena :)

    Mir war es egal, wie er es auffassen würde, Hauptsache er ließ mich weitestgehend in Ruhe. Und Hal natürlich.

    Punkt?

    “Samuel!”, raunte mir von Oben entgegen. Sofort schloss ich das Fenster und schaute hinauf.

    raunte er mich von oben entgegen?

    Kror ist nen Idiot, aber ich find den lustig^^

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Serena scheint ja ein sehr geläufiger Name für euch zu sein. ^^

    Der Teil gefiel mir gut. So langsam kommt Stimmung zwischen deinen Protagonisten auf. :D

    Spoiler anzeigen

    Darüberhinaus konnte man nur in einem festgelegten Bereich

    auseinander

    Die Anwesenden in der unmittelbaren Umgebung, des manipulierten Reaktors dabei sofort.

    Kommasetzung sieht irgendwie falsch aus.

    ch war kurzzeitig verwirrt, nachdem er dies äußerste.

    *äußerte (ein s zu viel)

    Mir war es egal, wie er es auffassen würde, Hauptsache er ließ mich weitestgehend in Ruhe.

    *hauptsache (klein)

    Was er wohl dachte, was wir in seiner Abwesenheit gemacht haben? Ich hätte mich sehr mies gefühlt, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre. Nicht mies, weil ich die Biege gemacht hätte, sondern weil ich sie nicht weiter hätte kontrollieren könnten.
    Uru hatte es ihm bestimmt gesagt, was abging. Sie, als seine aktuelle Freundin, ebenfalls nun etwas beleidigt, hatte ihm mit Sicherheit Feuer unterm Hintern gemacht...

    Was du hier in den Satz meinst, ist nicht so ganz klar geworden. Ist damit der Vorabend gemeint?

    Ich sollte während der Arbeit nichts privates erledigen.

    Ich bin ernsthaft am überlegen, ob "Privates" nicht groß geschrieben wird.

    Und bei ihm traf sie auf den richtigen, um sich nonverbal zu streiten.

    *Richtigen (groß)

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde mal sagen, dass sich Hal nun zumindest ein wenig (wenn auch fast keinen) Respekt verschafft hat, obgleich die Sache auch sehr leicht nach hinten hätte losgehen können. Aber schon genial, was sich Sam immer für Gedanken um Hal macht. Immer ein schützendes Auge auf sie geworfen, aber im Grunde kann er ihr eigentlich nicht helfen. Aber wie er selbst so schön meinte, hat er selbst nichts zu sagen.
    Tja, bin gespannt, wie es weiter geht. Scheinbar hat Zell ja auch noch eine friedliche Seite. ^^

    LG, Kyelia

  • Danke @Rael, @Kyelia, @Schreibfeder und @Miri, für die wiedermal schönen Kommentare und Korrekturen. Ich verspreche euch, der darauffolgende Part wird um einiges Interessanter. Aber der hier muss leider noch dazwischen. Auch wenn die Übergänge vielleicht etwas abgehackt sein sollten, habe ich versucht, es nicht langweilig zu gestallten.
    Viel Spaß beim Lesen.

    [ KAPITEL 3-DAS DUELL-TEIL 12 ]


    Zell kam endlich wieder. Es erregte mich nämlich sehr, Hal so leiden zu sehen. Auch wenn er vielleicht ein eiskalter Kerl von Chima war, hatte er doch was sehr herzliches an sich, was ich aber nur schwer deuten konnte. Wenigstens kümmerte er sich dann wieder um Hal und überreichte sogar ihr als erstes die Ration. Alle bekamen ihre Portionen und was Zell dann sagte, irritierte nicht nur mich und Hal. Er befahl uns, eine Pause einzulegen. Fünf Minuten gab er uns Zeit. Und von denen erntete er erstmal zwei Minuten lang verwirrte Blicke. Hal, naiv und ungeniert, fing dann als Erste munter an, sich den Riegel schmecken zu lassen. Naja, über Geschmack ließ sich bekanntlich streiten.
    Zia gefiel dies natürlich nicht sehr besonders und wollte sie sofort zurechtweisen, aber Zell war sofort zur Stelle und ging dazwischen. “Ich habe gesagt, ihr sollt essen. Es werden doch wohl mal fünf Minuten Zeit drinnen sein, um sich zu stärken.”
    “Aber wir haben noch nie eine freiwillige Pause eingelegt”, erwiderte sie ihrem Gatten.
    “Dann wird es eben heute mal so sein.”
    “Schwachsinn”, raunte es ihm aus Krors Richtung entgegen, gefolgt von einem schnippischen Seufzer. Hektisch riss Zell den Kopf rum und setzte ein ernstes Gesicht auf. “Schwachsinnigkeit existiert nicht. Das ist eine Illusion, Kror.”
    “Ich meinte auch nicht das Krankheitsbild, sondern die Aktion hier!”
    “Wenn du die Aktion als Schwachsinn empfindest, dann fühle dich hiermit aus dieser ausgeschlossen”, erwiderte Takin ihm grimmig.
    “Einfach nur unfähig...”
    “Hüte deine Zunge, Kror...”
    Ein finsterer Blick von beiden und die Grummelkröte verstummte wieder. Hal ignorierte diese Diskussion gekonnt und biss beherzt in ihren Algenriegel. Gewohnt dicke Backen machte sie und kaute hochbeinig vor sich hin. Krümeln war nicht gänzlich zu vermeiden, was schon sehr ekelhaft aussah, wie einzelne Bröckchen aus ihrem Mund fielen und die Gerätschaften beschmutzten. Sie sollte sich wirklich mal Manieren beibringen lassen. So würde sie niemals einen Kuss von jemandem ergattern.

    Zell bemerkte das und wirkte natürlich nicht sehr erfreut darüber. So lieb er doch eben noch war, so rasend wurde er nun wieder. Hal wusste anscheinend schon während des Essens ihren Riegels, dass sie sich jetzt erneut Ärger eingehandelt hatte. War es ihm zu verübeln? Nicht wirklich. Immerhin beschmutzte sie technische Geräte, die leicht hätten Schaden dadurch nehmen können. Ich drücke ihr die Daumen, dass es gut gehen würde, was auch immer mit ihr gleich geschehen möge.

    “Ich kann es nicht glauben! Selbst beim Nahrung aufnehmen bist du eine Katastrophe!”

    Hal senkte beschämt den Kopf und wischte halbherzig die Krümel vom Pult. Nun war es auch zu spät, meine Liebste.

    “Jetzt ist es vorbei! Nun ist meine Geduld wirklich zu ende!” Ruckartig zerrte er sie weg von den Geräten und stampfte mit ihr zur Tür.
    “Du kommst jetzt mit!”, brüllte er sie an und stellte sie wie einen Pfeiler neben dem Display ab. Sie tat nichts und aß weiter die letzten Bröckchen ihrer Mahlzeit. Was hätte sie denn auch sonst tun sollen?
    Alle schauten gespannt zu ihnen. Anscheinend war es sogar den anderen neu, was Zell vorhatte. Hal wich nicht von der Stelle, was auch zu raten war.
    “Das ist ja wohl...”, grummelte er, unterbrach sich selbst mit Schweigen und murrte weiter. “Sowas ekelhaftes...”
    “Es ist aber nicht so, dass ich es mit Absicht mache, Zell.”
    “Halt den Mund, Hal! Bei dir wirkt alles wie Absicht, was nicht normal ist.”
    “Also alles, oder wie?”, fragte Kror frech und mampfte fleißig weiter seinen Riegel. Er war auch nicht gerade eine Augenweide beim Essen, aber leider doch ansehnlicher als Hal. Schade, dass sie gerade in so einer Sache so abstoßend wirken konnte.

    Zell öffnete die Tür und führte sie hinein. Anschließend blickte er kurz zu Zia und verschloss sie wieder hinter sich. Kaum war sie zu, hallte auch schon ein gedämpftes Schreien durch diese zu uns hinüber. Oh, wie ich mit ihr litt. Die Wände waren so schon schallisoliert und trotzdem vernahmen wir Klänge und Geräusche. Hoffentlich würde er sie nur anschreien und nicht handgreiflich werden. Jetzt wäre ich am liebsten zur Tür gestürmt und hätte sie geöffnet, um Hal beizustehen.
    Auch wenn die Frauen hier sich als mitfühlend und parteiisch ausgegeben hatten, waren sie auf Arbeit wie Neutronen. Klein, unscheinlich und nicht von Relevanz. Was gedachten die, tun zu wollen? Wann wollten die Hal helfen? Abends immer, für zwei Stunden? Oder unter der Dusche? Das brachte doch mal gar nichts. Hier auf Arbeit mussten sie ansetzen und eine Revolte planen.
    Zia rückte wieder an erste Stelle. Sie war nun unsere Vorgesetzte. Das machte die Sache noch viel unangenehmer. Denn nun ging es hier richtig rund. Der erste Gang, den sie tat, war zu mir. Kritisierten konnte sie eigentlich nichts, da ich gewissenhaft arbeitete. Aber weit gefehlt. Gerade jetzt, weil Hal nicht da war, wurde ich das Opfer. Val warnte mich kurz vor, was aber zu spät von mir wahrgenommen wurde. Mit grimmigem Blick stellte Zia sich neben mich und musterte meinen Körper. Ihre Hand streckte sie mir entgegen und sprach herrisch: “Kommunikator vorzeigen.”
    Verwundert linste ich zu ihr hin, tat es dann aber unverzüglich. “Alles im Normbereich.”
    Das interessierte sie aber gar nicht. Vielmehr lag sie Wert darauf, sich ihn einfach zu nehmen. Fest umpackten ihre Finger ihn und rissen ihn mir aus den Händen. Da machte ich aber große Augen. Unverschämt fand ich das. Solche Dreistigkeit gehörte verboten.

    “Wer ist das?”, fragte sie mich. Ich verstand es nicht. Wen meinte sie? Das war mein Kommunikator, was denn sonst?
    Leicht kippte sie ihn und tippte mit dem Finger auf die Nachrichtenreiter. “Wer ist Serena Tallow?”
    “Was?”, fragte ich stirnrunzelnd. “Was geht dich das an? Das ist privat.”
    “Auf Arbeit gibt es nichts privates...”
    “Schon klar, Zia”, erwiderte ich spöttisch hüstelnd.
    “Wenn ich dich noch einmal dabei erwische, wie du privates erledigst, ist der Kommunikator weg.”
    “Was? Willst du mich veralbern? Du kannst mir nicht meine persönlichen Sachen wegnehmen, nur weil es dir gerade danach beliebt.”
    “Natürlich kann ich das”, erwiderte sie prompt und reichte ihn mir zurück. “Beschränke deine Nachrichten auf die Freizeit. Das stört nämlich das Arbeitsklima.”

    Arbeitsklima? Jetzt machte sie sich aber sowas von lächerlich. Als wenn man das noch mehr stören könnte. Ich fragte mich echt, ob das in jedem Reaktor so dumm war, wie hier. Und Zia war sowieso nicht ganz bei Sinnen. Es war offensichtlich, dass sie was gegen Neulinge hatte.
    Ich beließ es dabei und akzeptierte ihre übertriebenen Forderungen und Anweisungen. Lieber nicht mit ihr anlegen. Das gäbe nur Ärger. “Ja gut, ich schreibe ihr nicht mehr. Und wenn es jetzt keine weiteren Probleme gibt, dann wünsche ich bitte Ruhe.”

    Einen kurzen Augenblick würdigte sie mir noch und ging dann wieder runter zu ihrer Station. Was für eine schwachsinnige Aktion das gerade war. Und als wenn ich der Einzige hier wäre, der das machte. Wenn ich wetten würde, dann würde ich behaupten, dass gerade sie besonders viel Dreck am Stecken hatte. Immer sind es die, die sich am schlimmsten aufführen.
    Aber wenigstens blieb es dann zwischen uns die restlichen Stunden ganz ruhig. Ich ignorierte alle Nachrichten und privaten Sachen und widmete mich voll und ganz der Arbeit. Nicht wegen Zia oder Zell, sondern wegen Hal und mir. Denn sie galt es zu schützen, egal wie. Zia war sicherlich auch so eine Kandidatin, die mit Freuden jedes noch so kleine Manko auf die Goldwaage legen würde. Krors dumme Blicke musste ich leider weiterhin ertragen. Und mir war klar, dass diese folgenden allein auf die vermeintliche Freundschaft mit Valery bezogen waren. Um Hal musste er sich ja nun erstmal keinen Kopf machen, da sie ja mit Zell beschäftigt war.

    Unsere Schicht war zu Ende und erst dann kamen Zell und Hal wieder zu uns. Zusammen mit unseren Nachfolgern kamen sie. Aufgeregt suchte ich mit ihr Augenkontakt, doch sie blieb auf Zell fixiert. Was war dort bloß geschehen?
    Und irgendwie wirkte sie gar nicht betrübt oder ängstlich. Sogar ein Lächeln hatte sie auf den zarten Lippen. Entweder hatte Zell ihr eine gründliche Gehirnwäsche verabreicht, oder sie vertrugen sich irgendwie. Gute vier Stunden waren sie dort drinnen. Durchgängig angeschrieen hatte er sie mit Sicherheit nicht. Aber eine Versöhnung? Und in welchem Maße? Ich wollte nun nichts theoretisieren, aber ganz geheuer war mir das nicht.
    Ich wurde abgelöst und konnte mich endlich zu ihr gesellen. Ich stapfte zu ihr und instinktiv wanderte ihre Hand mir entgegen. Ich packte sie am Unterarm und wollte sie mit zur Seite ziehen. Doch sie blieb bei Zell und machte keine Anstalten, dort wegzugehen.

    “Hal, ist alles in Ordnung?”, fragte ich besorgt und schaute ihr tief in die Augen. Ein wenig tränten sie, aber ansonsten war nur Freude und Zufriedenheit zu sehen. Und auch sonst machte sie einen ruhigen Eindruck.
    “Ja, Sam, mir geht es gut”, sagte sie und nickte leicht. Dann schaute sie kurz zu Zell, der sich derweilen mit dem anderen Vorgesetzten und Zia unterhielt, wandte aber sofort wieder ihren Blick mir zu.
    Wir gingen hinein in den Raum und bereiteten uns auf den Feierabend vor. Ich zählte kurz durch. Alle waren da. Wieder bildeten sich kleine Grüppchen, diesmal wir beide mit bei Zell und Zia. Auch wenn ich sie überhaupt nicht mochte. Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
    Aber alle merkten, dass diese scheinbare Unterweisung womöglich einen anderen Kern besaß. Wir wussten ja nicht, was sich genau abspielte. Wir könnten es nur erahnen.
    Kror war heute etwas abseits und beobachtete genau die Meute mit seinen stechend orangenen Augen. Er schmiedete womöglich geheime Pläne, wie er mich nachher unter der Dusche heimtückisch zusammenschlagen könnte. Oder vielleicht für heute Abend, wenn, sofern ich Lust dazu hatte, wir uns wieder treffen würden. Schweigende Stille manifestierte sich im Raum und ließ jede noch so kleine Anomalie als Tücke und List wirken. Jeder kurze Augenkontakt untereinander führte bei mir zu Misstrauen. Auch wenn sie es vielleicht nur als gewöhnliche Geste meinten.
    Und vor allem Chu starrte die ganze Zeit lang in meine Richtung. Sie war auch so eine Kandidatin, aus der man nicht schlau wurde. Eben ein Grey.

    Endlich war die Anzeige grün. Heute kam es mir besonders lange vor. Lag aber bestimmt nur an dem Stress und der Unzufriedenheit im Allgemeinen.
    Schnell raus hier und zur Kantine. Ich hatte Hunger und Hal ebenso. Zweierpärchen bildeten wir, wie die Partner waren und los ging es.
    Ein reges Treiben herrschte, wie bekannt, in den Korridoren und Gängen. Schon logisch, wenn jede Station an die 500 Mitglieder zählte. Einer von Vielen. Unwichtig für die Masse, wichtig für den Einzelnen. Es würde nicht mal sonderlich auffallen, wenn mal jemand verschwinden würde. Zumindest so lange nicht, bis der Quartierpartner es melden würde. Ein Wunder, dass man bei nur zehn Zentimeter dicken Zwischenwänden die Nachbarn kaum wahrnahm. Auch wenn diese laut Musik hörten, schnarchten, oder andere Aktivitäten durchführten.

    • Offizieller Beitrag

    So auch wieder etwas weitergelesen und muss sagen Hal kommt mir vor, wie der Prügelknabe, auch wenn es eine Frau ist.
    Die Arme tut mir leid und nun is sie doch Sams Bettgenossin, eh, Zimmergenossin. Die Gestalten, die da an Bord rumrennen, kommen einen fast schon unprofessionell vor und ich weiß nicht, ob ich mich auf einem Raumschiff sicher fühlen würde, welches von so Leuten gesteuert werden würde. Was ich von diesem Kror halten soll, weiß ich noch nicht :hmm:
    Wirkt auch ziemlich unsymphatisch ... Aber die Liste an Protas wächst.
    Eine gute Geschichte bisher, auch wenn mich Sam immer wieder überrascht. Einmal so, dann wieder so ...
    Aber das kennt man von sich selbst ^^

  • Okay, was da passiert, ist jetzt schwer zu deuten. Die Motivationsgründe werden auch alle seltsamer. Zumindest werden die Charaktere vielschichtiger und interessanter. Das ist dir gut gelungen. ;)

    Spoiler anzeigen

    Zell kam endlich wieder. Es erregte mich nämlich sehr, Hal so leiden zu sehen.

    Ich glaube nicht, dass du dies so meinst, wie man es da lesen könnte. :D

    Hal, naiv und ungeniert, fing dann als erste munter an,

    *Erste

    “Schwachsinn”, raunte ihm aus Krors Richtung entgegen

    "Raunte es ihm..."

    “Ich meinte auch nicht das Krankheitsbild sondern die Aktion hier!”

    ...bild, sondern

    ”, erwiderte Takin ihm grimmig.

    Kurze Frage:
    Wer ist Takim?

    Ich zahlte kurz durch.

    zählte

  • @Jennagon, ja, es sind nun mehr Protagonisten. Aber ich versuche, es nicht allzu kompliziert zu machen mit den Namen. Die Charaktere sind optisch und gefühlsmäßig unterschiedlich, was es an sich relativ einfach macht, sie auseinander zu halten.

    Kurze Frage:

    Wer ist Takim?

    Zell Takin ist gemeint. Ich wollte nicht immer Zell und Vorgesetzter schreiben, darum habe ich einmal Takin verwendet. Auch wenn Zia ebenfalls Takin heißt, ist sie in diesem Fall nicht an der Konversation beteiligt.


    Zell kam endlich wieder. Es erregte mich nämlich sehr, Hal so leiden zu sehen.

    Ist mir auch aufgefallen. Mir ist aber kein ähnlich kurz gehaltener Satz eingefallen, der es besser beschreiben würde. Schon klar, dass nicht diese "positive" Erregung gemeint ist, sondern die "negative".


    [ KAPITEL 3-DAS DUELL-TEIL 13 ]


    Was für ein langer Weg das heute war. Zwar immer der gleiche, aber heute versperrten so viele Idioten einfach mal die Kreuzungen und Abbiegungen. Wären es keine Chima gewesen, hätte ich die schon längst zusammengestaucht.
    Treppe hinauf, ein Gang links, dann Treppe hinab und vier Korridore rechts, dann zwei links. Station um Station kämpften wir uns vor, in der Hoffnung, keine allzu lange Schlange in der Kantine vorzufinden.
    In der Ferne vernahmen wir schon die ersten Geräusche dieser und stimmten uns allmählich drauf ein. Hal wurde schon ganz quirlig vor lauter Hunger.
    Es war keine lange Schlange, wir verpassten den ersten großen Andrang. Darum dauerte es auch nur wenige Minuten, bis wir an der Reihe waren. Zell und Zia vor, die anderen hinter uns. Chu rückte auf und stieß mir vehement das Tablett in die Seite. Sehr penetrant und aufdringlich fand ich das. Chu benahm sich gestern schon ziemlich ungewöhnlich für einen Grey.
    Und nun fühlte ich mich wieder etwas verpflichtet, der Rassenallgemeinheit einen Gefallen zu tun und ihr meinen Respekt zu zeigen. Ich empfand es halt als unhöflich in Gegenwart von Greys deren Schwäche offenkundig aufzuzeigen. Da kamen Fleisch und andere feste Nahrung einem Spott gleich. Also nahm ich mir wieder eine Schale voll Suppe und dazu etwas Reis mit violettem Algensalat. Als Dessert wählte ich süße Reisbällchen mit Traubensaft. Und noch eine Flasche Wasser dazu. Lecker!
    Was sich meine bessere Hälfte als Hauptzutat ausgesucht hatte, muss ich nicht weiter erörtern. Da aß eindeutig die Chima.

    “Wo wollen wir uns hinsetzen?”, fragte sie und schaute sich aufmerksam um. Recht viel frei, aber doch so schwer zu entscheiden.
    “Vielleicht mit zu Zell?”, meinte sie dann weiter und blickte aus dem Augenwinkel zu mir rüber. Ich schüttelte leicht den Kopf. Das wollte ich nicht wirklich. Zumindest jetzt noch nicht.
    “Lass uns dort drüben hinsetzen.” Ich zeigte zur Bank neben der Gruppe Greys, wo bereits ein junger Mann saß. Sie stimmte zu, das war ihr ganz recht. Also schlenderten wir los, begrüßten ihn kurz und setzten uns dazu. Er schaute nur kurz auf, runzelte die Stirn und aß weiter seinen klebrigen Reis. Ungefähr in Hals Alter war er optisch und kein reinrassiger Mensch. Aber auch kein Halbchima. Eher nur ein Viertelchima oder Achtel, mit rudimentären Zügen eines Greys. Ja, auch Männer können Greygene besitzen. Wenn man sie über Generationen hin weiter vererbt ist das möglich, wenn auch sehr selten. Wobei selten bei 1,5 Milliarden Individuen auch relativ ist. Er hatte graue Haut, grüne Augen und anthrazitfarbige Lippen. Und die Nase war auch etwas kürzer wie bei uns reinrassigen Menschen. Aber ansonsten war er menschlicher Natur.

    “Chu kommt”, sagte Hal nüchtern und begann in ihrem Salat rumzustochern. Ich realisierte es nur halb und löffelte fleißig die köstliche Suppe. Der junge Mann schaute auf und lehnte sich ängstlich zurück.

    “Warum so ängstlich?”, fragte ich ihn verwundert. “Neu hier?”
    Er nickte zögerlich und starrte neben mich. “Heute ist mein erster Arbeitstag. Das ist alles so gewaltig hier.”
    “Oh ja, das stimmt. Wo hast du gelernt? Und als was bist du eingeteilt?”
    Er schwieg und ruckte etwas näher heran. Chu kam tatsächlich zu uns und setzte sich neben ihn. Das schien ihn also so zu verunsichern.
    “Also vor Greys brauchst du keine Angst haben”, sagte Hal und lächelte ihm freundlich zu.
    “Ich weiß. Meine Kollegin ist auch Grey, was es ja so schwierig macht.”
    Da machten wir große Augen. Ein Nichtgrey und ein Grey arbeiten zusammen? Das konnte nur schiefgehen. Ich hatte ja schon Probleme mit einer Halbchima und die konnte wenigstens sprechen.
    “Wie handhabt ihr das denn? Also mit dem Kommunizieren.”
    “Zeichensprache, Telepathie und über Kommunikatoren.”
    “Du kannst Zeichensprache?”, fragte Hal weiter, sich dabei ein Stück Fleisch in den Rachen schiebend. Chu starrte sie neutralen Blickes an und spitzte die so schon verengten Lippen noch etwas mehr.
    “Ist das eure Kollegin?”, fragte er und deutete zu Chu hin. “Ich heiße übrigens Carl ..., einundzwanzig Jahre alt.”

    “Schön dich kennenzulernen, Carl. Das ist Chu, Samuel und meine Wenigkeit Hal.” Mit einem zögerlichen Handschlag besiegelten sie es.
    “Du machst Telepathie, Carl?”, fragte ich interessiert und er nickte prompt. “Ist das nicht gefährlich?” Und er nickte erneut. “Aber wieso machst du es dann?”
    “Weil meine Kollegin es mir vorgeschlagen hat. Es erleichtert ihr das Kommunizierten mit mir. Das geht schneller, meint sie.”

    Chu legte augenblicklich den Zeigefinger an die Schläfe und schaute zu mir rüber. Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im Kopf, gefolgt von unzähligen Stimmen. Aber eine war präsenter: “Im offenen Kanal ist es für euch tödlich.”
    Es war eine undefinierbare Stimmlage. Alles verzerrt und mechanisch, aber doch deutlich genug, um es zu verstehen.
    Dann verschwanden die Stimmen, wie auch der Kopfschmerz, wenn auch nicht ganz. “Im privaten Kanal ist es erträglicher.”
    Die Verbindung riss ab und ich kehrte gedanklich wieder zurück. Mein Blick wanderte zu Chu hin, welche mich dümmlich sabbernd anglotzte.
    “Sam, geht es dir gut?”, hallte mir von links entgegen, eine Berührung am Hals folgte zugleich. “Du hast Nasenbluten, Sam.”
    “Was?” Ich führte meine Hand zur Nase und leicht benetzte Blut die Finger. “Chu hat mit mir telepathisch kommuniziert. Das war mein erstes Mal.”
    “Das ist nicht witzig, Chu!”, entgegnete Hal ihr wütend und zückte die Gabel. “Das machst du nie wieder, verstanden?”
    Chu nickte einvernehmlich und reichte mir sogleich die Hand. Ich verzieh ihr, sie konnte es nicht böse gemeint haben. Und das musste ich berücksichtigen. Außerdem war ich ja schon irgendwie dran selber schuld. Meine Signale waren uneindeutig.

    “Wo ist denn deine Partnerin, Carl?”
    Zögerlich zeigte er zum Tisch nebenan. Dort saßen ja die Greys. “Die äußerste links. Die immerzu hierher schaut. Chin heißt sie.”

    Ein äußerst junges Geschöpf, möchte man behaupten. Das Aussehen ist leicht zu beschreiben und doch so kompliziert zu deuten. Die Greys sahen sich einfach alle viel zu ähnlich, um sie genau zu unterscheiden. Warum ich Chu von Lin unterscheiden konnte, lag allein an Chus dunkelgrauem Fleck über dem rechten Auge, kaum größer als mein Daumen. Und natürlich an der ID-Karte.

    “Sie sieht doch ganz nett aus”, meinte Hal ungeniert. “Gehe doch mit zu ihr rüber. Sie würde sich bestimmt sehr darüber freuen.”

    “Ich weiß nicht so recht. Was ist, wenn ich denen nicht gut genug bin? Oder wenn ich unerwünscht bin?”

    Da schmunzelten wir alle drei erstmal kräftig. “Du hast noch nicht sehr viel mit Greys zutun gehabt, wie es scheint.”
    “Greys können keine negativen Gefühle empfinden, Carl.”
    “Das weiß ich. Aber ich habe Angst.”
    “Wovor sollst du Angst haben, Carl? Das sind Greys.” Hal stellte dieselbe Frage. Aber er senkte nur beschämt den Kopf und stocherte im Essen herum. Nun meldete sich Chu. Sie nahm den Kommunikator zur Hand, stellte ihn auf Lautsprecher und ließ übersetzen.
    Ihn beschäftigen die intimeren Gefühle. Er will sich nicht unnötig blamieren.

    Da schnaufte er tief. “Das meine ich. Greys sind taktlos.”
    Da musste ich ihm wirklich mal recht geben. Das war wirklich sehr unhöflich von unserer Kollegin. “Das hättest du mir jetzt aber auch per Telepathie mitteilen können.”
    Dann hätte es dir aber Schmerzen bereitet, Samuel.
    Augenrollend erwiderte Hal: “Und so hat es jetzt ihm Schmerzen bereitet.”
    Das verstehe ich nicht, tippte Chu ein. Er wirkt sehr schmerzfrei.
    “Warum bist du überhaupt hier, Chu?”, fragte ich mal ganz provokant. “Und jetzt sage nicht, weil du hier arbeitest.”

    Da guckte sie nur dümmlich in der Gegend rum und legte langsam den Kommunikator zur Seite. Keine Antwort kam. Weder über eine Nachricht, noch per Gedankenkraft.
    Und das machte mich nun auch wiederum etwas stutzig. Denn Schweigen, wenn sie was gefragt wurden, taten sie normalerweise nie. Vielleicht war ja der Wunderkasten wieder kaputt.

    “Gut, ich mache es.” Augenblicklich erhob er sich vom Stuhl, nahm das Tablett und stapfte langsam zum Nachbartisch hinüber. Kaum zwei Schritte gegangen kam auch schon Val zu uns rüber. Beschwingt wie ein Regenwurm ringelte sie sich durch die Reihen und Tische. Carl saß drüben etwas unbeholfen und Val nun neben mir auf der Tischkante. Ihr Blick wanderte zum Knaben rüber, gefolgt von einem angedeuteten Pfeifen und Zwinkern.
    “Auch ein ganz Süßer.”

    Ich war empört! Ekelhaft fand ich das. “Auch?”
    “Auch wie zweihundert andere auf meiner Station”, erwiderte sie schmatzend und rollte genervt mit den Augen. Chu, eben noch ganz passiv, fing nun an zu feixen, was Val wiederum umso mehr nervte. “Leute, ja..?”
    “Die Wortwahl, Valery, die macht’s.”
    “Mhm die Wortwahl, die Macht’s mhm”, äffte sie mich nach. “Wen das interessiert?”
    Hal schniefte nur gleichgültig und zeigte mit der Messerspitze auf mich. Und da kugelte Chu sich noch viel mehr, unterstützend schön laut mit der flachen Hand auf den Tisch hauend.

    “Val, komm zur Sache. Was willst du?”
    “Was denn wohl, Sam?”
    “Wir werden sehen, Valery, wir werden sehen”, meinte ich entnervt. “Es kommt drauf an, wie ich nachher drauf bin.”
    Sie grübelte und ließ ihren Blick mal wieder über die Tische wandern. “Ja gut, dann mal sehen.” Und weg war sie wieder, Chu gleich mitnehmend.
    Endlich konnten wir mal unter uns sein. Gute zehn Stunden musste ich die jetzt bereits ertragen, da konnte ich wohl mal ein wenig Freizeit verlangen. Und nun hatte ich auch endlich Zeit, Hal auszuhorchen. Auf die Gefahr hinaus, dass sie mich nun hassen würde, fragte ich: “Was ist eigentlich vorhin passiert?”

    “Was genau meinst du?”, stutzte sie nur und stopfte sich weiter das Essen in den Mund.
    “Mit Zell im Dekontaminationsraum”, sprach ich weiter und schaute sie erwartungsvoll an. Irgendwas musste ja schließlich geschehen sein in den vier Stunden, die sie dort allein waren.
    Laut schmatzend erwiderte sie neutral: “Nichts Besonderes.”
    “Nichts Besonderes? Das glaube ich dir nicht, Hal. Wenn du eins besonders schlecht kannst, dann ist es lügen.”
    “Och, nerve mich nicht! Er hat mich einfach nur zurechtgewiesen und nichts weiter.”
    “Willst du darüber reden, Hal?”, fragte ich leicht besorgt. Sie wirkte schon etwas angespannt. “Das macht es leichter für uns beide, wenn wir uns unsere Probleme mitteilen.”

  • Zwar immer der gleiche, aber heute versperrten so viele Idioten einfach mal die Kreuzungen und Abbiegungen. Wären es keine Chima gewesen, hätte ich die schon längst zusammengestaucht.

    Eins, zwei, drei,...Massenschlägerei. :D
    Yeah, guter Teil. Der arme Sam. :D
    Tja, da hat er wohl zu wenig Ahnung von den Besonderheiten der anderen Rassen. Naja, dafür ist er halt ein hervorragender Ingenieur. ^^

    Spoiler anzeigen

    Hal stellte die selbe Frage.

    *dieselbe

    Carl dass drüben, etwas unbeholfen und Val nun neben mir, auf der Tischkante.

    Der Satz ist dir ein wenig verunglückt.

    “Auch ein ganz süßer.”

    *Süßer.

    “Mhm die Wortwahl, die Macht’s mhm”, äffte sie mich nach. “Wen das interessiert?”

    Vielleicht baust du hier den Satz etwas um. Ein paar Satzzeichen oder so.