Gefangen in den Banden der Familie

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.132 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. Oktober 2015 um 13:46) ist von Lunvinel.

  • Wilien war froh das deine Schwester Fabina dabei war. Ihn langweilten diese gesitteten Spaziergänge zu denen seine Mutter ihn zwang, um seiner möglichen Zukünftigen Gandela Barion Kinshafel den Hof zu machen. Fabina musste als Anstandsdame mitgehen, und sie tat es sogar gerne. Sie wünschte ihrem Bruder eine glückliche Ehe und war stets bemüht, auf diesen Sparziergängen eine angenehme Unterhaltung zu pflegen.
    "Wilien ist sehr erfolgreich als Dozent. Ich bin mir sicher, er wird bald einen Novizen zugewiesen bekommen. Er wird viel von Wilien lernen können." erzählte Fabina.
    "Muss man als Dozent auch eine Uniform tragen, so wie die Novizen?" frage Gandela und schaute dabei fast schon schmachten zu Wilien hinauf. Er war ein Kopf großer als sie.
    Er ging in der Mitte der Dreiergruppe. Es wäre im lieber gewesen, wenn Fabina seinen Platz hätte. Aber seine Schwester wollte, dass Gandela immer ihn sehen konnte, auch wenn sie sich mit ihr unterhielt.
    "Nein, wir sind in der Art unserer Roben frei." antwortete er klapp. Ihn langweilte das Gespräch.
    Auch wenn Fabina versuchte die Unterhaltung auf Themen zu lenken, die er mochte, schaffte es Gandela, sie wieder auf etwas Banales und Unwichtiges zu lenken. Er fragte sich, wie seine Mutter nur glauben konnte, das Gandela ihn interessieren könnte. Ihr Haus war weder von Bedeutung, noch hatte sie eine Ausbildung, sodass Sie ihn wenigstens vom Intellekt reizen könnte. Ihre einzigen Vorzüge waren ihre liebliche Erscheinung. Sie war erst 18, hatte blonde Locken, war klein und zierlich, mit reizvollen Kurven. Aber sobald sie den Mund aufmachte, wünschte er sich, er wäre wo anders.
    Wilien schaute zu seiner Schwester und verdrehte die Augen so, dass sie verstand, dass er genug hatte. Gandela war jetzt das dritte Mädchen in letzten zwei Monaten, mit der er ein oder mehrere Spaziergänge machen musste. Für die kleinen Familien war er ein sehr begehrter Junggeselle. Er musste die Tatsache akzeptieren, dass seine Mutter erst Ruhe geben würde, wenn er verheiratet war. Er sollte sich viel aktiver damit befassen, sich selber seine Begleitung für die Spaziergänge auszusuchen.
    Sie waren jetzt auf dem Springbrunnenplatz vor dem Rathaus angekommen. Das hieß, dass er erst die Hälfte des Spaziergangs absolviert hatte. Jetzt mussten sie noch zurück zu dem Anwesen der Kinstal in dem Gandela zu Besuch war. Ihre Familie hatte in Weretwach kein eigenes Anwesen. Sie wohnte bei dem Bruder ihrer Mutter.
    "Schau doch, wie die Vögel am Brunnen trinken!" rief Gandela.
    "Ich sollte auf dem Rückweg einen zügigen Schritt angeben", dachte Wilien, "damit das hier schnell vorbei ist."

    2 Mal editiert, zuletzt von Lunvinel (4. Oktober 2015 um 19:55)

  • Hjsa Verion Thilan stöhnte genervt auf und blickte sehnsüchtig aus dem Fenster ihres Arbeitszimmers. Draußen war ein recht schöner Tag, wenn auch etwas kühl, und sie wünschte sich sehnsüchtig einfach nach draußen.
    Aber sie hatte Verpflichtungen, denen sie sich nicht entziehen konnte. Sie warf erneut einen Blick auf das Papier vor sich und drehte gelangweilt die Schreibfeder in ihren Fingern. Das Arbeitszimmer war nicht besonders groß und ziemlich staubig. Hier drinnen lagen zu viele wichtige Papiere, als das man einen Bediensteten hier herein hätte lassen können.
    Und weder Hjsa noch sonst wer aus ihrer Familie, war besonders gut im putzen. Auch wenn sie sich selbst eingestehen musste, dass sie ihre Bettstatt in den Steppen stets akkurat saubergehalten hatte.
    Das konnte aber gut daran liegen, dass sie in den Teilen von Hui unterwegs war, wo selbst die Gelehrten der Steppe sich den Militär unterordnen mussten. Was wiederum bedeutete, dass selbst eine hochwohlgeborende Adelige bei Sonnenaufgang aufstehen und sich militärischer Disziplin unterwerfen musste.
    Sie dachte jedoch nicht im Traum daran, dieses Zimmer aufzuräumen. Die weniger wichtigen Papiere lagen in den Regalen, einige Bücher, die meistens Abrechnungsbücher waren, lagen meist daneben. Irgendeiner ihrer Vorfahren hatte hier tatsächlich mal eine gewisse Ordnung eingefügt, aber das war vermutlich zu Zeiten, wo die Familie Thilan noch respektabel war und einen Sitz im Rat innehatte.
    Da ihr Bruder in wenigen Wochen eintreffen wollte, wäre das dann seine Aufgabe. Sicher, sie sollte ihn unterstützen, aber ihre Aufgaben waren vielmehr diplomatischer Natur. Sie sollte herausfinden, welche Adelshäuser zu welchen Häusern Verbindungen pflegte, welche Häuser der Familie Thilan wohlgesonnen waren und welche Adeligen ihren Bruder mit ihrer Stimme in den Rat bewegen könnten.
    Selbstverständlich sollte sie bei letzteren nachhelfen, so viel sie konnte. Zwar bezweifelte Hjsa das sie dazu fähig war, aber Verion Thilan hatte sie nicht umsonst so nachdrücklich hierher beordert, wenn er nicht davon überzeugt sei, das sie der Aufgabe gewachsen war.
    Möglich, aber eigentlich unwahrscheinlich war natürlich, dass ihre Mutter da die Finger im Spiel hatte. Sie war eine Intrigantin, was ebenfalls ein Grund war, weshalb sie so wenig Kontakt wie möglich zu ihr hielt.
    Jedoch glaube Hjsa nicht, dass ihr Zweig der Familie tatsächlich so viel Einfluss auf das Oberhaupt hatte. Auch wenn es ihre Mutter sicher ändern würde, wenn sie die Möglichkeit sah.
    Allerdings täuschte sie sich, wenn sie der Meinung war, dass sich Geron ebenfalls so leicht von ihr manipulieren lässe. Sie mochte ihren Bruder zu sehr, als das sie das glauben könnte.
    Plötzlich durchzuckte sie eine Idee, wie sie das Beste aus den Tag machen konnte. Sie warf sich ihr Obergewand über und zog den Zimmerschlüssel aus einer Schublade. Dann warf sie einen Blick auf das Pergament vor sich. Sie hatte es hinbekommen, die Feder quer übers Papier zu werfen und eine Spur aus Tinte hinterlassen.
    Papier war teuer und obwohl ihre Familie Geld genug hatte, hatte sie sich in der Steppe Sparsamkeit angewöhnt. Ordentlich schob sie die Schreibfeder wieder zurück ins Tintenglas, bevor sie den halbfertigen Brief mit einen Kohlestift einsteckte.
    Wenn sie ihre Idee richtig umsetzte, brauchte sie ohnehin etwas zum notieren.

  • Wilien, Fabina und Gandela saßen noch eine Weile auf einer Bank, und betrachteten den Springbrunnen. Wieder war er in der Mitte. Gandela erzählte dabei von dem Garten ihres Elternhauses. Wie schön und wie groß er war, und das ihre Familie zwei Gärtner beschäftigten, um ihn in Stand zu halten. Wilien merkte, dass sie das ländliche Anwesen ihrer Eltern vermisste.
    "Das Anwesen meines Onkels hat nur einen sehr kleinen Garten. Das ist von Blumenbeeten umrahmt. In der Mitte ist eine kleine Rasenfläche. Groß genug für einen Tisch und 4 Stühle und ein wenig Platz um drumrum laufen zu können. Diesen Garten kann meine Tante alleine pflegen." erzählte Gandela.
    "Selbst ihr Onkel ist arm, wenn er seine Frau im Garten arbeiten lässt und keine Bediensteten dafür hat." dachte Wilien.
    Er reagierte nicht weiter darauf, sondern ließ Gandela einfach weiter reden. Auch Fabina hat es aufgegeben, die Unterhaltung zu lenken.
    "Es wird spät." sagte Wilien und stand auf. Die Frauen folgten seinem Beispiel.
    Wilien wählte eine Abkürzung. Er führte nicht an den guten Geschäften und belebten Straßen entlang. Er wollte so schnell wie möglich Gandela nach Hause bringen und sie am liebsten nie wieder sehen. Dabei wählte er auch Straßen, in die sich nur wenige Adlige verirrten. Es waren enge schmutzige Gassen, die zwischen den breiteren als Abkürzung genutzt werden konnten. Für einen Sparziergang mit einer Dame waren sie auf jeden Fall unangemessen.
    Zudem gab er auch einen schnelleren Schritt vor. Selbst die dumme Gandela merkte nun, dass er ihre Gesellschaft ganz und gar nicht genoss. Sie wurde still. Was auch daran lag, dass sie ihren Atem brauchte, um mit ihren kurzen Beinen Schritt halten zu können.
    Als sie eine Weite so schweigend voran schritten, bekam Wilien ein schlechtes Gewissen. Er war wütend auf Gandela, aber eigentlich könnte sie nichts dafür. Sie war auch nur ein Spielball ihrer Familie, die tat, was ihr geheißen wurde. Er mäßigte das Tempo. Gandela blieb weiterhin still, und Wilien war ihr dankbar dafür.
    Am Anwesen der Kinstal angekommen, wand sich Wilien an Gandela: "Ich hoffe, ihr findet einen stattlichen Mann, der euch in sein großes Anwesen mit einem reichen Garten bringen wird. Damit wird er euch viel glücklicher machen, als ich es mit meinen wenigen Mittel in Weretwach je könnte. Aber ich freue mich, dass euch kennen gelernt habe." Zum Abschied gab er ihr noch einen Handkuss auf den Handschuh.
    Der letzte Satz war nicht einmal gelogen. Sie hat ihm die Augen geöffnet: Meine Mutter würde nie Ruhe geben, bis er verheiratet war. Und sie würde noch schlimmere Begleitungen für ihn aussuchen, wenn er nicht bald eine Entscheidung traf. Er traue ihr sogar zu, dass sie ihn zwangsverheiraten oder - noch schlimmer - ihn enterben würde.
    Er musste versuchen, das Beste aus seinem Los zu machen, bevor er auch das verlor.

    5 Mal editiert, zuletzt von Lunvinel (18. Oktober 2015 um 20:32)

  • Hjsa eilte mit leisen Sohlen aus dem Arbeitszimmer, sperrte das schwere Schloss ab und schlich über den Teppich im schmalen Flur weiter. Sie achtete genau darauf, dass sie nicht die Bohlen betrat, die so elendig knarrten. Ansonsten wäre ihr Haushofmeister innerhalb von zwei Herzschlägen am anderen Flurende. Und das mit einer schier endlosen Liste von Dingen, die sie noch für das Haus tun sollte.
    Verion Thilan hatte eine große Summe aufgeboten, um das Haus wieder in einen neuen Glanz erstrahlen zu lassen, aber Hjsa hielt das für eine obzöne Geldverschwendung. Es war einfach nur lächerlich, denn mit den Geld könnte man drei Grenzbefestigungen in der Steppe bauen und unterhalten.
    Noch immer leise ging sie in die große Einganghalle, mit den reich verzierten Decken und Wänden. Wuchtige Holzbalken, die mit Edelmetallen und kunstvollen Malereien verziert wurden, schraubten sich zwei Stockwerke weit in die Höhe. Die Decke war ein Meisterwerk der Schnitzkunst und die Wände kunstvoll bemalt. Die Eingangshalle strahlte noch immer die Macht und den Reichtum aus, den ihre Familie einst hatte. Beides besaßen sie schon lange nicht mehr, aber Hjsa wusste, wie verzweifelt einige sich diese alten Zeiten zurückwünschten. Allen voran ihre Mutter.
    Sie schüttelte sich und eilte mit schnellen Schritten durch die Halle. Sollte Herten, ihr Haushofmeister, sie jetzt noch sehen, war sie schneller verschwunden, als er den Mund aufmachen konnte. Eilig öffnete sie die übermannshohe Tür und betrat den Garten. Neben dem Eingang sah sie zwei Soldaten ihrer Leibgarde, beziehungsweise der Leibgarde denjenigen, der das Haus bewohnte. Da Hjsa die einzige Adelige der Familie im Haus war, hatte sie nun auch plötzlich gute dreißig Leibwächter zur Verfügung,- ohne auch nur einen davon zu benötigen.
    Ohne ein Wort zu sagen, denn schließlich könnte Herten sie noch immer hören, trug sie eine kurze Notiz ins Wachbuch, wo sie hingehen würde und wann sie wieder zurück sein wollte und ging los.
    Der Garten empfing sie dicht, grün und verwinkelt. Sie liebte ihn so. Hier konnte sie stets die Illusion des Gefühles haben, das man sie tatsächlich nicht sehen und in Ruhe lassen würde. Auch wenn sie wusste, wie trügerisch der Gedanke war. Der Garten war groß, aber nicht so groß, dass sie sich tatsächlich länger als zwei Minuten in ihr verstecken könnte. Sie fand es ungemein praktisch, das niemand in der Familie in der Vergangeheit Geld in das Anwesen stecken wollte, denn so konnte der Garten vor sich hin wildern, ohne ständig von Gärtnern zerstückelt zu werden.
    Sie wusste aber, wie sehr dies Herten zuwider war, aber er hatte noch nicht den Fehler gemacht, das gegenüber Hjsa zu erwähnen. Er war feinfühlig genug und zu sehr in seine Stellung verliebt, als das er nicht ahnen könnte, das Hjsa ihn dann vermutlich hochkantig rauswerfen lassen würde.
    Schnell eilte sie auf der Straße, nickte den beiden Wächtern am Eingang freundlich zu und betrat die Straße. Überall standen weitere Anwesen und sie ging mit schnellen Schritten in Richtung des Hafens.
    Nach einer Weile wurden die Anwesen etwas kleiner und unbedeutener, aber der Kleinadel blühte zur Zeit in Weretwach. SIe sah selbst, wie ein junger Adeliger sich von einer jungen Adeligen förmlich verabschiedete. Und ein paar Anwesen weiter, war eine ganze Armada von Handwerken an einen anderen Haus beschäftigt. Ein weiteres Stück die Straße rauf, sah sie eine nagelneue Fassade an einen Haus, dessen arkane Mster auf einen adeligen Magier zurückzuführen war.
    Aber nichts davon war ihr Ziel. Mit sicheren Schritt ging sie in eine kleine Nebengasse rein und roch auf einmal die Seeluft des Hafens.

  • "Lass uns noch ein wenig zu zweit gehen, Fabian." sagte Wilien zu seiner Schwester.
    Gandela war schon ins Haus gegangen. Sie hat Haltung bewahrt, nachdem Wilien sie zurück gewiesen hatte, und keine Szene gemacht.
    Wilien bot seiner Schwester den Arm an. Und zusammen ging sie die Straße weiter entlang Richtung Hafen.
    "Erzähl mir von Galet." bat er Fabina.
    Galet Jara Windefal war der Ehemann von Fabina. Sie hat ihn vor zwei Jahren geheiratet. Damals war sie 20. Fabina ist das 5. Kind der Bergetgrond. Für den Geschmack seiner Mutter hat sie spät geheiratet. Aber Fabina ist hoffnungslos romantisch und wollte unbedingt auf ihre Große Liebe warten.
    "Ich vermisse ihn sehr." begann Fabina, "Er ist jetzt schon seit sechs Monaten in der Steppe. Ich wünschte er hätte mich mitgenommen."
    "Sei nicht albern, Fabina. Es wäre viel zu gefährlich für dich." meinte Wilien. Galet war ein Gelehrter der Steppe. Wilien mochte ihn.
    "Wann wird er zurück sein?" fragte Wilien.
    "Das konnte er mir in seinem letzten Brief nicht sagen. Aber auch dieser ist jetzt schon zwei Wochen her." antwortete seine Schwester.
    "Ich freue mich immer, wenn du in Weretwach bist." versuche Wilien sie zu trösten. Sie und Galet hatten ein Anwesen am Rande der Steppe von Hiu. Die Familie Windefal war nicht klein. Sie hatte mehrere Grundstücke in der Nähe der Steppe und betrieben vor allem Viehzucht. Aber in Weretwach hatten sie noch kein Anwesen. Fabina hat ihm aber erzählt, dass die Windefal das ändern wollen.
    Während sie sichunterhielten, kamen sie am Hafen an. Dort herrschte reges Treiben. Sie standen auf dem Platz, wo in den Morgenstunden der Fischmarkt stattfindet. Jetzt am Nachmittag waren die Stände schon alle abgebaut. Auf dem Platz standen sie am wenigsten im Weg und konnten trotzdem die Schiffe und das Meer sehen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Lunvinel (18. Oktober 2015 um 20:43)

  • Langsam ging sie die Hafenstraße entlang, manche nannten sie auch die Hafenpromenade, auch wenn für Hjsas Geschmack dafür es zu dreckig war. Überhaupt war die ganze Stadt alles andere als sauber, aber zumindest von den Bettlern blieb sie verschont. Jedermann wusste ja, dass es Adeligen verboten war, sich mit denen der Unterschicht abzugeben und nirgendwo wurde das deutlicher als in Weretwach. Das sorgte immerhin dafür, dass man sie in Ruhe ließ.
    Sofern sie natürlich nicht in die finstersten Gassen reinlief. Dieben und Gesetzloses war es egal, ob sie adelig war oder nicht. Die "Geschäftsbeziehung" dauerte meist nur wenige Sekunden an.
    Aber diese Gassen waren nun wirklich nichts, in das sie reinlaufen wollte, auch wenn ihr eigentliches Ziel bei Herten sicherlich einen Herzriss verursachen würde, wüsste er etwas darüber.
    Mit strammen Schritten betrat sie eine der unangenehmen, aber immerhin bürgerlichen Schenken der Stadt. Das unterste Niveau, was ihren Stand nach erlaubt war. Als sie den langgestreckten Raum durch die offene Tür betrat, hörte sie schon kehliges Gelächter von mindestens einen halben Dutzend Minenwächtern. Rauen Burschen ohne Sinn für Anstand und Benehmen. Nach einen kurzen Blick zum Wirt, der stumm den Kopf schüttelte, verließ sie die Taverne wieder.
    Zum Glück musste sie nicht lange gehen und zwei Häuser weiter betrat sie geduckt die nächste Schenke, in der sich ein Trupp Stadtwachen vergnügten. An der Hafenstraße reihten sich die Tavernen dicht an dicht und zogen jeden Seemann, der Landurlaub bekam, die Münzen aus der Tasche.
    Und Hjsa wusste, das es hier noch eine andere Währung gab, und die bestand aus Informationen. Und die man mit puren Gold aufwiegen konnte, wenn jemand wie Hjsa diese haben wollte.
    Das ausgerechnet Stadtwachen hier sich aufhielten, machte Hjsa den Job schon fast zu leicht, denn niemand wusste mehr schmutzige Details über den Adel, als die Hüter des Gesetzes. Zumindest niemand, zu den sie hingehen durfte. Sicherlich gab es Straßenratten, die mir noch widerlicheren Geheimnissen hausieren gehen konnten, aber die waren ihr zum Glück verboten.
    Sie ging zum Tresen und bestellte sich ein gutes Bier. Nicht das verwässerte, gepanschte Zeug, das einige wie Wasser trinken konnten, sondern gute Ware. Für Hjsa war das Bier nur Mittel zum Zweck, denn zuerst wollte sie den Stadtwachen zuhören, ob die nicht ein paar schmutzige Geheimnisse austauschten, bevor sie den Wirt oder die Soldaten mit klingender Münze zum reden brachte.
    Aber selbst das wollte sie möglichst hochwertig haben.
    Wüsste allerdings ihre Köchin oder ihr Vorkoster davon, dass sie hier minderwertiges Bier aus ungewaschenen Krügen trinken wollte, an das schon hunderte andere Lippen hingen, würden sie wohl augenblicklich tot umkippen.
    Bei ihrer Mutter hatte diese Taktik leider nicht geklappt.

  • Wilien und Fabina standen am Geländer des Fischmarktplatzes, dass zum Meer hier lag. Die Straße vor ihnen lag fast 2 Meter tiefer. Sie hatten einen schönen Blick auf den Hafen und das Meer.
    Nachdem sie eine Weile den Ausblick genossen unterbrach Fabina das Schweigen: "Was willst du als nächstes tun?"
    Willien lies sich Zeit bevor er Antwortete: "Übermorgen geben die Grondwalls einen Ball. Ich werde die Gästeliste in Erfahrung bringen. Vielleicht finde ich darüber eine Braut."
    "Du musst nicht auf ihre Familie achten, Wilien. Mutter würde jede Braut akzeptieren, solange sie deinen Namen annimmt.", meine Fabina.
    "Du weißt, dass mir das wichtig ist." erwiderte Wilien.
    "Aber du wirst mit ihr und nicht mit ihrer Familie leben müssen. Du weißt, dass Mutter es nicht erlauben würde, wenn du ihre Familie verlässt.", ermahnte ihn Fabina. Sie sprach mit Willien nicht mehr von "unserer Familie". Sie war jetzt eine Windefal. Und auch wenn sie als junge Braut ihre Familie noch oft besuchte, war sie keine von Ihnen mehr. Sie hatte in der Familie Bergetgrond kein Stimmrecht mehr. Und wenn ihre Familie zu einem Ball eingeladen wurde, dann galt diese Einladung nicht ihr.