- Offizieller Beitrag
Seit Stunden murmelte Aras den Zauber vor sich hin, welcher Daryk laut Aussage des Herzogs „unaufhaltbar“ machen sollte. Daryk fühlte sich tatsächlich grandios. Er spürte, dass irgendetwas anders war als vor dem Zauber, aber konnte nicht sagen, was es genau war. Entspannt stand der Hüne in seiner schwarzen Rüstung zwischen den Bauern Ymilburgs, welche der Speerphalanx der Nordmänner Rückhalt geben sollte. Die untrainierten Männer mit ihren Mistgabeln und schnell geschmiedeten Schwertern, zitterten teilweise und sahen nicht aus, als wären sie der Aufgabe auch nur annähernd gewachsen. Neben ihm stand ein Junge, vielleicht siebzehn Jahre alt, der wie gebannt die Mauer anstarrte. Er erinnerte Daryk an seine eigene erste Schlacht im Schnee seiner Heimat. Damals gerade sechzehn Jahre alt, hatte Daryk nach kurzer Ausbildung Speer und Schild in die Hand gedrückt bekommen und war auf seine Feinde zumarschiert. Bereits damals ohne Angst und ohne Zögern, denn er war sich sicher, dass Xhar über ihn wachte und so war es scheinbar auch. Er sollte sich beweisen in den nächsten Tagen und das würde er!
Der Einschlag des Rammbocks in das Stadttor riss Daryk aus seinen Gedanken und lies den Jungen neben ihm zusammenzucken. Hektisch versuchten Männer die Mauer zu verlassen als der zweite Einschlag das Tor aufbrach und Torhaus in sich zusammenfiel. Sofort ging der Schildwall in Stellung und richtete die Speere in Richtung des zerstörten Mauerteils. Die Bauern drängten sich dicht hinter die Nordmänner um zu verhindern, dass einfallende Gegner die Phalanx verschieben konnten. Auch der Junge neben ihm kam seiner Pflicht nach und stemmte seinen Körper in die Menge. Ein etwas älterer Bauer vor Daryk aber versuchte seine Position zu verlassen und zu fliehen. Daryk stellte sich ihm in den Weg und zeigte wortlos nach vorne zum Platz des Bauern. Dieser hatte offensichtlich mehr Angst vor dem schwarzen Ritter als vor den anrückenden Feinden und fügte sich in sein Schicksal.
Die ersten Fußsoldaten Bornholms bahnten sich ihren Weg durch den Schutt und stürmten ohne größere Ordnung auf den Schildwall zu. Die Nordmänner ließen ihre Speere vorschnellen und fällten die ersten Feinde ohne größere Probleme. Gelangweilt von seiner Position in den hinteren Reihen, bahnte sich Daryk einen Weg durch die Bauern, welche ihn ungehindert passieren ließen. Erst, als er direkt hinter den Reihen der Speerträger stand, blieb er stehen und hob seine Waffe. Mit der Zeit gelang es einigen der feindlichen Soldaten, die Speerspitzen zu überwinden, und die Schilde anzugreifen. Langsam tat sich eine Lücke in den Reihen der Verteidiger auf und Daryk trat schnell nach vorn, um sie zu schließen.
Er hatte das Gefühl am richtigen Ort zu sein, denn hier konnte er sein, was er war – ein Krieger. Schon immer hatte er sich bei Kämpfen wohler gefühlt, als er vor anderen Menschen zugeben wollte und schon immer hatte er das Gefühl gehabt, dafür geboren worden zu sein. Die letzte Nacht, die Begegnung mit Xhar, hatte ihn nur weiter bestätigt. Daryks Platz war hier. Auf dem Schlachtfeld. Allerding schlich sich noch ein anderes Gefühl in sein Unterbewusstsein. Es war Sorge. Sorge um seine Freunde, die sich ebenfalls irgendwo mitten in einer Schlacht befanden. Sofort spürte er Aras Zauber wirken und fühlte sich schwach und krank. Schnell umklammerte er seine Waffe fester, verdrängte die Angst um die Anderen und konzentrierte sich ganz auf die nahenden Feinde. Der Zweifel war vergessen und er konzentrierte sich ganz auf die Worte seines Gottes: „Beweise dich in den kommenden Tagen. Dein Wille muss ungebrochen bleiben!“, hatte Xhar von ihm gefordert. Da kam auch schon der erste Soldat auf ihn zu gerannt und wollte die vermeintliche Lücke nutzen um den Wall zu durchbrechen. Mit einem kräftigen Stoß trieb Daryk ihm den Stoßdorn seiner Mordaxt durch das Kettenhemd zwischen die Rippen. Schreiend hing der Mann an Daryks Waffe und wurde sofort von mehreren Speeren der Nordmänner durchbohrt. Dies ließ alle Zweifel und alle Ablenkung aus Daryks Bewusstsein schwinden. Es gab nur noch diese Schlacht, nur noch diesen Moment, nur noch den nächsten Gegner.
Der Staub des zerstörten Torhauses versperrte die Sicht auf die heranstürmenden Feinde und so konnte Daryk nur die sehen, die bereits durch das Loch geklettert waren. Immer mehr Männer drängten sich durch das Loch und immer mehr fielen den Speeren und Pfeilen, die alle paar Sekunden von der Mauer flogen, zum Opfer.
Ein Soldat schaffte es irgendwie, bis in Daryks Reichweite vorzudringen, und Daryks Stoß in sein Gesicht auszuweichen. Daryk zog die Waffe zurück und hakte den Bart der Axt in den Nacken des Mannes ein. Mit einem kräftigen Ruck trieb er die untere Spitze der Klinge in den Hals seines Opfers, welches nach vorne gerissen wurde und leblos liegen blieb.
Dann näherten sich einige Soldaten mit Schilden. Sie kämpften sich durch den Staub und Schutt und stürmten auf die Verteidiger los. All seine Kraft legte Daryk in den ersten Stoß, welcher das Schild eines Feindes traf und durchbohrte. Er spürte, wie der Dorn in den Arm des schreienden Mannes eindrang, zog die Waffe schnell zurück und hakte die in das Schild ein. Erneut zog er kräftig am Schaft der Axt, was dem Feind das Schild entriss und ihn schutzlos dastehen ließ. Sofort schickte Daryk einen weiteren Stoß gegen den Schutzlosen, welcher dessen Leben schnell beendete.
Erneut riss Daryk seine Waffe zurück und richtete sie gegen den nächsten Feind. Dieser kam aber gar nicht in den Genuss, Daryks Klinge spüren zu dürfen, sondern fiel, einen Pfeil im Hals steckend, röchelnd zu Boden. Ein weiterer Mann war wohl von Aras Schockwelle getroffen worden und Flog in hohem Bogen durch die Luft.
Unter seinem Helm grinsend ging Daryk einen Schritt nach vorne und wandte sich seinem nächsten Opfer zu. Der Mann verteidigte sich besser und lies den Stoß am Schild an sich vorbei gleiten. Auch verhinderte er, dass Daryk seine Waffe in das Schild einhaken konnte, lies dabei aber viel Platz um seine Beine. Der Hüne angelte mit der Axt nach den Beinen des Angreifers und brachte ihn so zu Fall. Auf dem Rücken liegend hatte der Gefallene Daryks mächtigem Hieb nichts entgegenzusetzen.
Kurz schien der Ansturm von Bornholms Armee schwächer zu werden, dann sah Daryk, wie Jaris wild gestikulierend auf der Mauer stand. Sein Schwert hatte wohl auch einigen Männern das Leben gekostet und war blutüberströmt.
„Daryk! Oger!“, rief der Halbelf ihm zu.
„Haha, sehr witzig!“, winkte Daryk ab, aber Jaris schüttelte vehement den Kopf und schrie: „Nein! Da sind Oger!“
Verwirrt blickte Daryk zurück zum zerstörten Tor und erkannte eine riesenhafte Gestalt, welche sich langsam durch den Staub abzeichnete. Tatsächlich schob ein Monster seinen Körper durch das Loch. Ein drei Meter großes Ungetüm, bewaffnet mit einer Holzkeule, die selbst Daryk nicht hätte heben können, rannte auf den Schildwall zu. Aber schon nach wenigen Schritten blieb der Oger mit erhobener Waffe stehen und erstarrte zu Eis. Verdutzt starrte Daryk das Wesen an und fragte sich was passiert war, da zerplatzte die Eisskulptur in tausende Splitter, als ein weiterer Oger hindurchrannte. Das Zweite Ungetüm wurde nicht von seltsamen Frostzaubern gestoppt und pflügte ungebremst durch den Schildwall. Männer, Schilde und Speere flogen umher und die Phalanx löste sich auf. „Rückzug!“, konnte man irgendjemanden rufen hören und sofort begannen alle sich in die Straßen der Stadt zurückzuziehen, während eine große Anzahl feindlicher Soldaten in die Stadt strömten.
Bauern wie Soldaten strömten an Daryk vorbei, welcher sich aber selbst nicht vom Fleck rührte. Er blieb wo er war und starrte den Oger an, der noch immer Menschen durch die Luft schleuderte und von den Pfeilen, die ihn tragen gänzlich unbeeindruckt schien. Die dicke Haut des Ogers musste wie eine Rüstung wirken und ein tieferes eindringen der Pfeile verhindern. Als das Monster ihn bemerkte brüllte es ihn an und schien ihm Angst machen zu wollen. Daryk grunzte verächtlich unter seinem Helm und dachte gar nicht daran sich einschüchtern zu lassen. Er nahm seine Waffe in beide Hände und bereitete sich auf den Kampf seines Lebens vor.
Die anderen Soldaten schienen keine gesteigerte Lust zu haben, sich mit dem Hünen anzulegen und überließen ihn gerne dem Oger. Das Biest rannte auf Dark zu, hob seine Keule und schmetterte sie an sie Stelle, an der der Ritter gerade noch gestanden hatte. Mit einem schnellen Schritt war Daryk dem Angriff ausgewichen und stieß mit seiner Axt nach der Hand des Ogers. Im Gegensatz zu den Pfeilen war Daryks Angriff in der Lage, die Haut des Ogers zu durchdringen. Brüllen ließ dieser die Keule fallen und schlug mit der anderen Hand nach Daryk. Erneut wich dieser aus und lies die Axt auf den Rücken des Ungetüms niedergehen. Dieses reagierte mit einem gewaltigen Rückhandschlag, welcher Daryk an der Brust traf und einige Meter durch die Luft fliegen ließ. Der Aufprall raubte Daryk kurz den Atem, aber er weigerte sich aufzugeben und rappelte sich auf. Seine Waffe hatte er nicht losgelassen und so stellte er sich stabil hin und richtete die Spitze der Waffe in Richtung des Ogers. Das mit nur begrenzter Intelligenz gesegnete Wesen dachte nicht daran seine Waffe wiederaufzuheben, sondern stürmte auf den schwarzen Ritter zu. Erneut wich Daryk dem Oger aus und stieß den Dorn der Axt in dessen Fleisch. Dann drehte er sich um und kletterte auf das Dach des Hauses hinter ihm. Unter ihm auf der Straße begann das Biest wütend zu brüllen und um sich zu schlagen. Daryk betrachtete das Schauspiel amüsiert und schätzte den Abstand zum Oger ab. Etwa fünf Meter. Mit seinem Höhenvorteil sollte das in Reichweite sein. Er drehte seine Axt um, sodass der Dorn nach unten zeigte nahm Anlauf über das Dach und sprintete zur Kante des Daches, wo er sich kräftig abstieß und in Richtung des Biests sprang. Sofort schenkte der Oger ihm wieder seine volle Aufmerksamkeit und hob die Arme. Mit voller Wucht traf Daryk auf das Monster, welches es aber schaffte ihn in der Luft zu fangen. Allerdings war Daryk zu schwer und sein Angriff zu kräftig, sodass sich der Dorn der Mordaxt tief in die Schulter des Ogers bohrte. Kurz brüllte der Oger auf, bevor er Daryk mit einem Ruck von seiner Waffe trennte, welche in seiner Schulter stecken blieb, und mit einer halben Drehung in Richtung eines andern Gebäudes schleuderte.
Er meinte seinen Namen zu hören als er krachend eines der Fenster durchbrach und hart auf dem Esstisch des Wohnhauses aufschlug, welcher natürlich auf der Stelle nachgab und zusammenbrach. Er gönnte sich eine Sekunde Atempause, bevor er sich aus den Holzsplittern freikämpfte und sich fragte, warum er keine Schmerzen spürte. Ob das an Aras Zauber lag? Als er durch das Loch in der Wand blickte, durch das er gekommen war erkannte er, wie der Oger die Axt aus seiner Schulter zog, auf den Boden warf und in Richtung des Hauses marschierte.
Der Oger und machte sich daran, das Loch in der Wand soweit aufzubrechen, dass er hindurchpasste.
Nachdem er seine Hauptwaffe verloren hatte, zog er den Dolch aus seinem Stiefel und machte sich wieder bereit für einen Angriff.
Da das Loch in der Wand noch zu klein war, begann das Monster, mehr und mehr von der Wand wegzureißen, sodass das Dach bedenklich zu knarzen begann. Daryk erkannte seine Chance und stellte sich vor einen Stützbalken in der Mitte des Raumes. Endlich hatte der Oger die Wand durchbrochen und betrat das Haus. Wieder rannte er auf Daryk zu, der sich kurz vor dem Einschlag des massiven Körpers durch einen Sprung zur Seite aus dem Weg des Biests rettete. Das anstürmende Ungetüm durchbrach den Stützbalken, das ohnehin schon geschwächte Dach brach zusammen und begrub Mann und Monster unter sich.