- Offizieller Beitrag
Daphne stand in der Brandung und schaute auf das Meer hinaus. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, aber welche Wahl blieb ihr denn, als dort zu sein?! Sie hatte lange Zeit darüber nachgedacht, was sie tun sollte, aber es ließ nur einen Entschluss zu. Sie sollte genau dort sein! Rhenus hatte ihr gesagt, dass sie eine Schlacht zu schlagen hatte, Isidora, dass das Meer eine Gefahr barg, sie aber immer an ihrer Seite sein würde. Sie sollte einen alten Fluch beenden, das war ihre Aufgabe und deswegen hatte man ihr die Kräfte gegeben. Noch mehr, als die Angst vor dem Meer, fürchtete sie jedoch den Moment, wenn Daryk bemerkte, dass sie ihn hereingelegt und den Schlüssel für den Geheimgang entwendet hatte. Betreten schloss sie ihre Augen und warf ihre Stirn in Falten. „Es tut mir leid. Verzeih´mir, aber ich kann nicht zulassen … Das ist meine Bürde!“, konnte sie sich nur gedanklich bei ihm entschuldigen. Auch tat es ihr leid, dass sie ihren anderen Freunden nichts davon gesagt hatte. Aber sie alle hatten gerade erst einen Krieg hinter sich gebracht und wie konnte sie von ihnen verlangen, sich gleich in den nächsten zu stürzen? Diese Frauen hatten ihren Namen gerufen, dass hatte sie deutlich hören können, als sie begannen zu singen. Daphne erinnerte das an die Wale, die sich im Frühjahr immer in der Bucht einfanden und trotz des Mangels an Fischen, unangetastet blieben. Geradezu hypnotisch wirkten die Klänge in jener Zeit auf alle. Man sah in ihnen Glücksboten und je lauter sie sangen, desto reicher würden sich die Gefilde mit Nahrung und Perlen füllen. Die Fischfrauen, die Daphne all die Jahre für Legenden oder Sagengestalten gehalten hatte, wirkten aber nicht wie Boten des Glücks, vielmehr brachten sie den Tod. Und doch … etwas in ihr verriet, dass sie ihnen ähnlicher war, als sie es zuvor vermutet hatte.
Wie am Abend davor, zog sie ihre Stiefel aus, aber warf sie an den Strand. Die Hose hochzukrempeln ersparte sie sich, denn sie würde viel weiter ins Wasser gehen als zuvor. Noch einmal zog sie sich die Corsage über ihre Bluse fest, tastete nach dem Dolch an ihrer Hüfte und setzte einen Fuß vor den anderen.
Sie merkte, wie sie von selbst Kraft aus den kleinen Wellen zog, die gegen ihre Beine schwappten und blieb stehen, als ihr das Wasser bis zur Hüfte reichte.
Die Temperatur des Wassers machte ihr nichts aus zu dieser Jahreszeit, lediglich der kalte Wind peitschte ihr um das Gesicht und löste ihr das Band aus den Haaren, der den geflochtenen Zopf zusammenhielt. Schlingernd flog das rote Band hinfort und verlor sich zwischen den Wellen. Die Prinzessin atmete tief durch, während sie sich dann ein paar Strähnen aus ihrem Gesicht fischte und hinter ihr Ohr klemmte. Die Stille begann ihr die Luft abzuschnüren. Es war eines, einem Feind gegenüberzustehen, aber etwas anderes, auf einen zu warten und nicht zu wissen, wo er lauerte. Wie eine schwarze Oberfläche breitete sich der Wasserteppich vor ihr aus und reflektierte an diesem Tag nicht einmal den Wolken verhangenen Himmel. Sie musste ihren ganzen Mut zusammennehmen, um überhaupt an den Horizont schauen zu können.
„Ich weiß, dass ihr da seid!“, schrie sie mit zittriger Stimme. „Zeigt euch!“
Jeder Wimpernschlag dauerte gefühlt ein Leben. Daphne spürte, wie sich in weiter Entfernung etwas im Wasser bewegte. Sie spürte es einfach, als wollte das Meer sie warnen. Und kaum schaute sie erneut auf, durchbrachen die Köpfe die Oberfläche und schauten mit blau leuchtenden Augen in ihre Richtung. Ihr Herz blieb fast stehen und konnte sich nicht entscheiden, ob es stolpern oder rasend schnell schlagen wollte. Es hämmerte gegen ihre Brust und Schwindel überkam sie kurz. Als reichte diese markerschütternde Furcht nicht bereits, durchbrach der Ruf ihres Namens die eiskalte Luft. Die Kreaturen in der Ferne fauchten im Chor und fuhren zum Ursprung der Stimme herum, ebenso wie Daphne.
„Komm nicht näher!“, antwortete sie Daryk, der über den Rundweg zum Strand gerannt kam.
Daryk blieb stehen und schaute zwischen ihr und den Gestalten im Wasser hin und her.
„Komm da raus!“, rief er ihr zu, aber Daphne wusste, dass das nicht möglich war. Wenn sie es nicht versuchte, würde sich in Delyveih nie etwas ändern. Deshalb schaute sie ihn an und schüttelte den Kopf.
„Deswegen holte man mich zurück“, erklärte sie. „Deswegen bin ich wieder hier. Das ist das, was ich zu erledigen habe. Das, was Rhenus von mir verlangt zu tun.“
Der Hüne materialisierte seine Waffe und Rüstung, ließ den Helm aber noch aus, um Daphne direkt anschauen zu können, während er furchtlos auf sie zulief.
„Aber nicht allein!“, bestimmte ihre Leibwache.
„Du kannst nicht schwimmen“, dementierte die Prinzessin sein Vorhaben. „Mit voller Rüstung erstrecht nicht!“
„Dann lass zu zu uns kommen!“, widersprach Daryk und verwies auf die Kreaturen, die wieder anfingen sich zu nähern.
„Rhenus sagte, Calypso würde gegen mich verwenden, was mir wichtig ist. Es ist zu gefährlich und deswegen bin ich alleine gegangen. Du solltest nicht bleiben!“
Der Ritter lächelte bloß und rief in diesem Moment seinen Helm.
„Lass sie nicht allein“, murmelte er kaum hörbar, weshalb Daphne ihn leicht fragend ansah. Die seltsamen Frauen kamen immer näher und erhoben sich schlussendlich aus dem Wasser. Teils nackt standen sie da, ihre Haut unnatürlich grün verfärbt und von Muscheln bewachsen, wie der alte Rumpf eines Schiffes. Kiemen an ihren Hälsen zeigten, warum sie sich so lange unter Wasser verbergen konnten. Wieder fauchten sie, was wohl mehr dem Ritter galt, als Daphne und legte somit ihre spitzen Zähne frei.
„Das sind wohl Frauen, die dir diesmal nicht allzu wohlgesonnen sind wie sonst“, witzelte die Prinzessin verunsichert.
„Hmm“, brummelte der Hüne und wandte sich den Frauen zu. Er blieb neben Daphne stehen und ergriff seine Waffe mit beiden Händen – bereit zum Angriff oder zur Verteidigung. Aber aus irgendeinem Grund hielten die Frauen inne.
„Boar, sind die hässlich!“, erklang es urplötzlich hinter ihnen und als sich beide umdrehten, standen die fünf Namenlosen, so wie ihre Freunde, am Strand und sahen die Gestalten ebenfalls aus Wasser ragen. Sören schulterte nach seiner weitreichenden Erkenntnis sein Breitschwert und fügte hinzu: „Zählen die noch als Frauen oder … Ich schlage ungern welche.“
„Nein, nein“, beruhigte ihn Theical. „Das ist wie mit Vampiren. Auch wenn weiblich, das zählt nicht, sobald sie einen fressen wollen.“
„K-Könnten wir versuchen eines lebendig zu fangen?“, warf Aras ein. „Ich würde gerne eines dieser … Dinger studieren.“
„Studieren nennst du das, ja?“, vergewisserte sich Thyra grinsend und auch die fünf Namenlosen schauten den Herzog skeptisch an.
„Ja, studieren“, bestätigte Aras noch einmal. „Ich schlafe nicht mit allem, was Brüste hat!“
„Vorrangig wollen wir diese Damen von ihrem Leid erlösen“, ergänzte Jaris und zog sein Schwert. „Sie waren auch mal Menschen.“
Nun wanderte der fragende Blick zum Söldner.
„Erkläre ich euch später!“
„Was macht ihr hier?“, schrie Daphne ihren Freunden und Brüdern zu.
„Dir helfen! Eine Person gegen über hundert ist reichlich unfair“, stellte Theical klar.
„Außerdem haben wir doch vorgestern bewiesen, wie stark wir zusammen sind“, fügte Thyra hinzu und rief ihren Bogen.
Auf einen Schlag tauchten die schwarzhaarigen Frauen aus dem Wasser auf und stürmten auf die Gruppe zu. Daryk schob Daphne hinter sich und schlug der ersten, die ihnen zu nahe kam, den Kopf vom Hals. Schlammiges, altes Blut spritze gegen die schwarze Rüstung und es roch nach modrigem Holz.
„Zurück zum Strand!“, befahl der Leibwächter und stieß Daphne an. Dort, wo sie standen, waren sie ein zu leichtes Ziel, auch wenn Thyra ihnen mit ihren Pfeilen, etwas Raum verschaffte. Gerade, als Daphne ihren nackten Fuß aus dem Wasser setzen wollte, wurde sie von etwas am anderen festgehalten und zu Fall gebracht. Nicht einmal eine Schrecksekunde ließ man ihr, als sie an Daryk vorbei, ins Meer zurückgezogen wurde. In einem großen Bogen wurde sie in die Luft befördert, wo sie noch kurz ihren Namen hören konnte, aber dann übertönte alles die auftürmenden Wassermassen um sie herum, als sie eintauchte. Dort, wo sie gelandet war, konnte Daryk ihr nicht hin folgen ohne unterzugehen. Überall um sie herum war aufgewirbeltes Wasser und ließ kaum keinen weitreichenden Blick zu. Nur, dass ein Schatten sie umkreiste, konnte sie erkennen. Daphne brauchte einen Moment, um festzustellen, wo oben und wo unten war, aber als sie die Sonne über sich entdeckte, schwamm sie genau darauf zu. Schnell tauchte sie auf und erkannte, dass bereits ein Kampf losgebrochen war. Jeder, ihre Brüder und ihre Freunde, kämpften gegen die Kreaturen, die Calypso auf sie losgelassen hatte. Eilig wollte sie wieder zum Ufer, aber bevor sie auch nur einen Zug darauf zumachen konnte, türmte sich eine Welle vor ihr auf und offenbarte eine schwarzhaarige Frau. Lediglich bekleidet mit einen Fischernetz, so wie sie es aus ihrem Traum kannte.
„Wo willst du denn hin?“, fauchte sie mit ernster Stimme. Die Ähnlichkeit mit ihr war unverkennbar. Die Gesichtszüge alleine reichten aus, um eine Verwandtschaft zu offenbaren, nur, dass Calypso älter war als sie. Mit großen Augen musterte sie die einstige Herzogin, wobei sie es tunlichst vermied, sich die Furcht anmerken zu lassen.
„Zurück ans Ufer“, antwortete Daphne und spuckte etwas Wasser aus.
„Zu deinen Freunden? Nein, nein, du bleibst hier, wo du hingehörst.“
„Nein, danke!“, maulte Daphne und richtete Wasser vor sich auf, um eine Mauer zwischen ihr und der Hexe zu bauen.
„Du bleibst hier!“, schrie Calypso nun hinter ihr her und vernichtete mit einer Armbewegung Daphnes Barriere. Blitzschnell konnte sich die Frau durch das Wasser bewegen, verflüssigte sich und gewann wieder an Form. Wesentlich schneller, als Daphne dies beherrschte.
„Was willst du von ihnen?“, brüllte Calypso. „Sie sind Betrüger und gierig, lebendig und doch sterben sie täglich ein Stück. Mit mir kannst du lernen, ewig zu leben. Du bist wie ich, von Rhenus auserwählt sein Reich wieder herzustellen.“
Daphne drehte sich um und schaute der Frau in ihre hellblau, fast weiß leuchtenden Augen.
„Ich glaube nicht, dass Rhenus das hier will. Sonst hätte er mich nicht geschickt, um dir den Garaus zu machen.“
„Er ist nur ein Mann, falsch wie alle anderen auch.“
„Und wieder, nein danke!“
Calypso ließ die Prinzessin nicht gehen und machte einen Satz nach vorn. Die Hände Calypsos veränderten sich auf einmal, das konnte die junge Frau im Augenwinkel sehen. Mit ihren krallenartigen Fingern hielt sie Daphne fest und versenkte diese tief in ihrer Wade. Ein lauter Schrei entwich der Prinzessin und reflexartig trat sie nach hinten und damit der Hexe mitten ins Gesicht. Es brachte nichts wie ein normaler Mensch zu schwimmen und, obwohl ungeübt in ihren Kräften, stieß sich Daphne von der Wasseroberfläche ab. Als sei es fester Untergrund, gewann sie Halt unter sich und richtete sich auf, während die Wunde verheilte.
„Rhenus hat dich verändert wie mich, wir sind gleich. Verschwende diese Kräfte nicht“, erklärte Calypso und stand direkt vor Daphne, die nur höhnisch lachte.
„Wir sind ja so überhaupt nicht gleich“, protestierte die Prinzessin. „Du bist geisteskrank und ich vielleicht manchmal etwas von Sinnen. Das ist ein Unterschied.“
Fauchend schlug Calypso nach Daphne, die den Krallen mit einer leichten Rückwärtsbewegung auswich. Auf dem Wasser zu stehen, war wie auf einem Brett im Wellengang zu balancieren. Das erste Mal seit langem, kamen Daphne ihre alten Fähigkeiten ungemein nützlich vor.
Immer wieder fuhren die spitzen Fingernägel der totgeglaubten Herzogin an Daphnes Gesicht vorbei oder streifen sie gar, aber die Verletzungen verschwanden, ehe sich die Prinzessin ernsthaft über sie Gedanken machen musste. Zur Gegenwehr ergriff sie den Dolch an ihrer Hüfte und zog ihn aus der Halterung, um ihn schützend vor sich zu halten. Hinzukamen die Wassertentakel, die aus ihren Armbeugen flossen.
„Wie niedlich“, spottete Calypso. „Glaubst du, du kannst dich mit deiner Unerfahrenheit gegen mich zur Wehr setzen?“
„Versuchen kann ich es!“
„Das ist reine Zeitverschwendung. Das Ende ist ohnehin, dass du dich zu uns gesellst. Wir sind deine Familie. Wir alle!“
Daphne ließ ihren Blick schweifen und erkannte erst jetzt, dass all ihre Sklavinnen vom Aussehen her Parallelen aufwiesen. Das war also aus den verschwundenen Prinzessinnen geworden. Handlanger der Herzogin.
„Ich werde mich“, prophezeite Daphne trocken, „mit allen Mitteln gegen dich wehren!“
„Eine Herausforderung, aber leider umsonst. Das haben sie alle versucht. Du weißt doch; Blut ist dicker als Wasser!“
Nach diesen Worten, griff Calypso erneut Daphne an und diese wehrte ihre Krallen mit dem Dolch ab, bevor sie die Wassersträngen versuchte um deren Hals zu wickeln. Auch bei der Herzogin verheilten die Wunden viel zu schnell, als dass sie irgendwelche Auswirkungen zeigen konnten. Schneller noch als bei ihr.
Auch Calypso rief Wasser herbei, nur dass ihre Arme vollständig daraus bestanden und die Form annahmen, die sie wollte. Es standen Jahrhunderte lange Erfahrung gegen Daphne. Urplötzlich bereute sie, dass sie nicht härter trainiert hatte, um herauszufinden, was sie alles konnte oder ihre vorhandenen Fähigkeiten auszubauen. Darauf hatte sie sich vorbereiten sollen, aber nun war es zu spät. Wirbelsturmartig erhob sich das Nass um Daphne und verbarg sie im Auge.
„Spielen wir jetzt verstecken?“, moserte die Hexe und umkreiste die Prinzessin. Mit schlagendem Herzen verfolgte Daphne den Schatten und behielt ihre verteidigende Körperhaltung bei. Mit einem lauten, sirenenähnlichen Schrei, durchstieß Calypso den Wassersturm und Daphne wich ihr seitlich aus. Mit ihrer freien, linken Hand hielt sie die rechte von Calypso fest und versenkte den Dolch zwischen deren Rippen. So schnell sie konnte, drehte sie sich vor die aufschreiende Frau und trat sie gezielt gegen den Oberkörper. Die Hexe flog rücklings aus dem Wasserwirbel und Daphne folgte ihr. Mit ihren Tentakeln umschloss sie die Herzogin und schleuderte diese in die Luft, um sie mehrfach auf die Wasseroberfläche zu schlagen. Doch bevor Daphne sich über ihre Gegenwehr freuen konnte, verflüssigte sich Calypso und verschwand in den Wellen. Leicht außer Atem drehte sich Daphne einmal im Kreis, aber nichts war zu sehen. Ohne lange nachzudenken, fokussierte die Prinzessin ihre Freunde am Strand und bewegte sich umgehend auf sie zu. Alle kämpften gegen die vielen, gefallenen Prinzessinnen, deren laute Schreie die Meeresluft erfüllten. Vielleicht hatte sie der Herzogin für einen Moment einen Schlag versetzt und konnte zu allen aufschließen.
So schnell sie ihren Beine über das Wasser trugen, rannte Daphne auf die Küste zu, ohne den Halt auf dem unebenen Untergrund zu verlieren. Sie schaute nicht zurück und entdeckte Daryk unweit von Jaris und Aras. Wenn Wasser nicht gegen Wasser ankam, dann vielleicht Feuer und Blitz. Alleine konnte sie diese Schlacht nicht gewinnen, das wusste sie nun.
Gerade, als sie deren Namen schreien wollte, erhob sich etwas aus ihrem Schatten heraus. Wieder türmte sich eine Welle hinter ihr auf und diesmal riss es ihr die Beine weg, so dass sie stürzte und in die Fluten fiel. Das Salzwasser wirbelte sie weiter und kaum spürte sie den sandigen Boden unter ihren Fingern, ergriff eine Hand ihre Kehle und zog sie rauf.
„Du kannst nicht weglaufen!“, fauchte Calypso und drehte Daphne Richtung Strand.
„Sieh sie dir noch ein letztes Mal an, Prinzessin. Wie sie kämpfen und sich wehren, wie sie dich verteidigen.“
Die Herzogin presste Daphne an sich, während ihre Krallen in ihre Wange und in den Hals schnitten.
„Sie werden dir schon zeigen, wer hier stärker ist!“, murmelte Daphne mutig. „Du kannst sie nicht alle besiegen!“
„Das werde ich auch nicht“, gestand die Hexe. „Das wirst du erledigen!“
Plötzlich spürte die Prinzessin einen immensen Schmerz zwischen Schulter und Hals. Calypso biss ihr tief in das Fleisch und ließ dann lachend von ihr ab. Daphnes Hand schnellte zur Wunde und die gleiche, stinkende Flüssigkeit befand sich an ihren Fingerspitzen, wie jenes, das Anstelle von Blut aus den Sklavinnen floss.
„Was ...“, setzte die Prinzessin verwirrt an, bevor ihre Stimme versagte und ihr Körper sich wie gelähmt anfühlte.
„Versuch dich dagegen zu wehren, meine Tochter. Du wirst sehen, das gleiche Gift wie deine Mutter einst zu spüren bekam, wenn auch nicht vollständig, weil sie nicht unseres Blutes ist, wird auch dein Herz erkalten lassen.“
„Meine Mutter?“, brachte Daphne kaum noch heraus.
„Es war ein Fehler dich mir wegzunehmen, wo sie dich doch schon im Meer geboren hatte und hier wirst du auch dein Ende finden, wenn du mir nicht gehorchst.“
Ein Flüstern machte sich in Daphnes Kopf breit, welches immer lauter wurde, je mehr sich Calypsos Gift in ihr ausbreitete. Sie konnte sich weder bewegen noch irgendwelche Magie wirken. Somit heilte die Wunde auch nicht.
„Versuche dich nicht dagegen zu wehren, es ist ohnehin zwecklos“, zischte Calypso kalt und drehte ihren wehrlosen Körper ihren Freunden zu. „Es endet immer auf die gleiche Weise und nun kenne ich auch dein Herz, was es mir unlängst leichter macht, sie alle zu vernichten!“
Nur noch stockend konnte Daphne atmen und es war, als würde sie von Wellen hin und her geschleudert werden. Hunderte Stimmen schreiten in ihrem Inneren und sie schaffte es kaum noch ihre eigene zu hören. Es war ein unerträglicher Lärm, lauter, als alles, was Daphne jemals gehört hat. Sie wollte schreien, aber kein Laut wich über ihre Lippen. Wie ein Stein fühlte sich ihr Körper dabei an und versank gefühlt in den Fluten des Meeres, auch wenn sie im seichteren Wasser stand. Alles, was sie noch wahrnahm war, wie das Gift sich durch ihre Adern arbeitete, unfähig sich gegen die Stimmen, die alle ihre Zweifel und Ängste hervorhoben, zu wehren.