"Eigentlich sind wir fein raus, weil nur Jaris dem Befehl dieses Saftbeutels untersteht!", antwortete Thyra schließlich wütend. Sie konnte nicht begreifen, wie sie ohne jegliche Beweise einfach irgendwelche Frauen töten sollten, selbst wenn es stimmte, was Aras sagte. Allerdings würde sie dem Herzog auch zutrauen, dass er irgendwen vom leib haben wollte, dessen Nase ihm gerade nicht passte und genau deshalb war sie so zögerlich, auch wenn ihr der Gedanke an Vampire nicht behagte.
Jaris schnaubte. "Ihr reist mit. Ihre werdet euch das die ganze Fahrt anhören müssen. Außerdem wird euch dann bei jeder Kleinigkeit vorschicken, wenn ihr jetzt seinen Befehl missachtet."
Jais hatte recht. So leicht würden sie aus der Nummer nicht raus kommen.
"Wie lange ist es noch bis Sonnenuntergang?", fragte sie plötzlich.
Theic zog eine Augenbraue hoch, war mit Thyras Gedankensprüngen aber schon vertraut. "Drei Stunden."
"Gebt mir eine davon und verpsrecht mir bis dahin nichts zu unternehmen ...", bat sie die anderen.
"Was hast du vor?", fragte Jaris und richtete sich auf.
"Tut es einfach, ich will sehen was ich rausfinden kann", antwortete Thyra und verschwand aus dem kleinen Raum. Sie wollte die Jungs nicht dabei haben, denn sie begab sich auf Jagd, wenn auch eine andere als sie gewohnt war.
Sie hatte sich durch die Stadt gefragt. Die Leute waren sehr verhalten mit ihren Angaben gewesen und hatten immer wieder gefragt, was sie bei dem Kloster wolle. Niemand schien gerne über dieses Kloster oder die Frauen zu reden oder wenn nur hinter vorgehaltener Hand. Dann war sie auf ein junges, blondes Mädchen gestoßen. Sie hatte Thyra in den Schatten einer Türe gezogen und ihr dann von dem Orden der beiden Frauen vorgeschwärmt. Sie hatte Thyra erzählt, dass es heute Nacht so weit sei und sie eine Schwester werden sollte. ihre Eltern wollten sie davon abhalten, doch sie sei der Überzeugung, dass diese Frauen die Macht besaßen die Welt zu verändern und die Männer zu unterjochen. Thyra musste bei diesen Worten ein grinsen unterdrücken und bedankte sich stattdessen artig für die Informationen und eine Wegbeschreibung.
Und nun stand sie vor dem großen Gebäude. Es schien eine Kathedrale zu sein. Aus düsterem Stein errichtet mit zahllosen Erkern, Türmchen, Bögen und Säulen. Auf den reich verzierten Dachkanten standen hässliche Wasserspeier, die sich grau empor hoben und den königsblauen Himmel farblos erscheinen ließen. Ein großer Platz umgab das Kloster, welches nicht nur düster und bedrohlich, sondern auch verfallen und verstaubt wirkte, beinahe geisterhaft.
Auf dem platz war nichts los, nicht eine Person wagte sich in die Nähe des imposanten Gebäudes, selbst die Obdachlosen zogen weit entferntere Straßen vor, obwohl es in näherer Umgebung einige leer stehende Gebäude gab.
Kein gutes Zeichen. Die Jägerin sah sich skeptisch um und schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter.
Leisen Fußes näherte sie sich dem riesigen Portal. ihr war bewusst, dass es keinen Sinn hatte zu schleichen, denn sie war auf dem offenen Platz mehr als genau zu erkennen, dennoch verlieh es ihr ein Gefühl von Sicherheit.
Kurz bevor sie die breite und kurze Treppe hinauf zu dem Portal erreichte schwang es auf und eine wunderschöne junge Frau öffnete ihr die Tür.
Thyra wusste ganz genau, dass sie lieber die Beine in die Hand nehmen sollte, doch der Blick dieser klaren, wunderschönen grünen Augen zog sie magisch an.
Das hellbraune Haar der Frau fiel seidig und einem Wasserfall gleich über ihre Schulter. darin waren dicke und dünne Zöpfe geflochten. Die geschwungenen Lippen lächelten freundlich, als Thyra sich vorsichtig näherte.
Nun trat die Frau gänzlich ins Licht und offenbarte ein hellgrünes Gewand mit kunstvollen Bestickungen.
Thyra erreichte die Frau, welche ihr zärtlich die Hand über die Wange gleiten ließ.
"Willkommen", sagte sie mit einer Stimme, die glockengleich klang und fasste Thyra an der Hand. Diese wollte zurückweichen, doch de Frau hielt sie mit übermächtiger Kraft fest.
Die Jägerin ließ in das Dunkel der Kathedrale ziehen und als die Tür zuschlug drückte die Frau ihr einen Kuss auf die Lippen, der von Hitze, Hingabe und Versprechungen nur so übersprudelte.
"Bald, meine kleine Jägerin, wirst du eine der unseren", flüsterte das überirdische Wesen an ihren Ohr. Thyra fragte sich nicht voher sie wusste, dass sie Jägerin war, alles in ihr schrie danach diesen Kuss erneut zu spüren.
Das Wesen führte sie tiefer und tiefer in die Kathedrale und zeigte ihr dann einen Raum, in dem lediglich ein Himmelbett mit purpurfarbenem Baldachin stand.
"Hier wirst du deine Weihe empfangen. Du riechst nach Zimt und Vanille. Dein Blut wird köstlich sein", redete die Frau weiter und leckte sich über die Lippen. Dann übersäte die Thyras Halsbeuge mit heißen Küssen, die die Jägerin seufzend in die Kissen sinken ließ und aller Verwirrung und Panik über das eben Gehörte erstickte. "Es dauert nicht mehr lange."
Mit diesen Worten ließ die Frau von ihr ab und verschwand aus dem Raum.
Der Bann brach gerade rechtzeitig, damit Thyra das Drehen eines Schlüssels im Schloss hören konnte.