Das Williams-Adam-Vermächtnis

Es gibt 176 Antworten in diesem Thema, welches 67.205 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. März 2017 um 15:27) ist von Rainbow.

  • Ich fand den Teil sehr gelungen, es war alles da, was man braucht :) . Den Kerl im Zentrum der Wetterphänomene zu suchen, ist ein guter Plan. Vor allem aber gibt es der Geschichte ein wenig mehr Fantasy-Feeling. Ein bisschen schade ist es nur, dass die Wetterphänomene bisher nur am Rande eine Rolle gespielt haben. Man hätte sie in der bisherigen Geschichte schon ein wenig in den Vordergrund holen können. Aber auch so, wie es ist, ist es gut.
    Viele Grüße
    Dinteyra

    • Offizieller Beitrag

    Kapitel 35
    Fund

    Tom betrachtete die weiße Plane eine ganze Weile, unter der die Überreste eines einstmals lebendigen Menschen lagen. Bisher hatte er es nicht zu Stande gebracht, darunter zu schauen und einen Blick zu riskieren, ob es sich wirklich, um die verschwundene Tiffany Morgan handelte. Stattdessen hatte er sich damit abgelenkt, die alte Fabrikhalle am Rande von Bexley zu untersuchen. Das Gelände lag nicht weit von den letzten Häusern entfernt, aber wohl weit genug, damit niemand die verzweifelten Schreie hören konnte. Und von denen, da war er sich sicher, hatte es viele gegeben. Das Blut, das teilweise durch die halbe Halle verteilt worden war, zeugte von den Qualen, die das Opfer vor seinem Tod noch hatte durchstehen müssen. Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld, dabei gingen sie von gerade einmal zwei Beteiligten aus. Wenn er sich das Ausmaß so ansah, war sich Tom aber nicht mehr so sicher. Kein einzelner Mensch war dazu in der Lage.
    Die Spurensicherung schien ebenfalls verzweifelt damit beschäftigt zu sein, keinen möglichen Beweis zu vergessen. Ein Wunder, dass sie wussten, wo sie anfangen sollten.
    „Sparks, kann ich Ihnen helfen? Sie sehen nicht gut aus.“ Finley McCarthy bedachte ihn besorgt. Bis eben hatte der Ermittler, der neben seiner Partnerin Marci Stanley und Grace, ebenfalls zu seinem Team gehörte, mit einem der Männer der Spurensicherung gesprochen, und sich genau erklären lassen, wie die Leiche gefunden wurde. Tom musste es nicht hören, um zu wissen, dass es kein erfreulicher Anblick gewesen war.
    „Alles super“, knurrte Sparks. Da hatte er Grace extra im Präsidium gelassen, damit sie in ihren jungen Jahren noch nicht mit einer solchen Abscheulichkeit konfrontiert wurde; und dann hatten Marci und Finley schon hier gestanden, als er ankam. „Dieser Kerl raubt mir nur noch den letzten Nerv!“
    Mit diesen Worten beugte er sich nach unten und griff entschieden nach der Plastikplane. Ein wenig zog er sie in die Höhe, gerade so weit, dass er das Gesicht der Toten erkennen konnte.
    „Dieser Klon muss komplett den Verstand verloren haben“, kommentierte Finley hinter ihm. Der rundliche Ermittler beugte sich an ihm vorbei und betrachtete das völlig entstellte Gesicht der Frau aus kritischen Augen, ehe er sich wieder abwandte und etwas auf seinem Handy notierte - wohl, um sich dem Anblick nicht länger auszusetzen. Was genau Finley tippte, wusste Tom nicht und für den Moment war ihm auch egal, dass der Polizist dieses neutechnische Zeug für seine Aufzeichnungen benutzte. Zu sehr brannten sich seine Augen in das tote Fleisch. Überall zeichneten sich Schnitte ab, von Blut verklebt und zum Teil wieder zusammengenäht. Der Mund war zu einem Joker-Lächeln zerschnitten und die Augen chirurgisch aus ihren Höhlen entfernt, soweit er das als Leihe beurteilen konnte.
    Sein Blick glitt kurz tiefer, aber auch am restlichen Körper sah es kaum besser aus. Der Bauch bot einen überflüssigen Blick ins Innere und auch hier wurden Gliedmaßen abgetrennt und notdürftig wieder angeflickt. Kein Wunder, dass ihr Blut durch die halbe Halle geflogen war.
    Betreten, deckte Tom Tiffany wieder ab. Sie war nicht nur getötet, sondern regelrecht hingerichtet und gefoltert worden. Es bestand kein Zweifel, dass es zwischen ihrem und dem Tod der anderen Frauen einen Unterschied gab. Der Killer hatte seinen Spaß an ihr ausgekostet. Seinen kranken Spaß. Es fragte sich nur warum. Persönliches Interesse?
    „Soll ich Mr. Morgan kontaktieren?“, fragte McCarthy mit leiser Stimme.
    Am liebsten hätte Sparks den Kopf geschüttelt. Nein, Tiffanys Mann wollte er diesen Anblick gern ersparen, aber leider kamen sie nicht darumherum. Er hatte ein Recht es zu sehen, zu erfahren, was mit seiner Frau passiert war.
    „Nein, ich werde das schon übernehmen.“ Es war immer wieder ein schreckliches Gefühl, einem Menschen zu sagen, dass selbst die Polizei nichts mehr hatte ausrichten können, dass sie zu spät gekommen waren und nur noch den Tod der Gesuchten feststellen konnten. Den Zorn des Zurückgebliebenen wollte er Finley ersparen. „Rufen Sie lieber im Präsidium an und fragen Grace, ob sie mit diesem Wissenschaftler Fortschritte gemacht hat. Sie haben über eine Möglichkeit debattiert, den Kerl ausfindig zu machen. Und sagen Sie Stanley Bescheid, dass sie die Umgebung auf den Kopf stellen sollen, vielleicht ist er noch in der Nähe.“
    Finley hob einen Finger. „Aber sie haben schon alles abgesucht.“
    „Dann sollen sie nochmal suchen!“ Sparks zückte sein Handy und stapfte wütend aus der Fabrik. Der Anblick von Tiffanys Überresten hatte selbst ihn als alten Hasen völlig aus dem Konzept gebracht.


    „Das hat er gesagt?“, fragte Evie. Ungläubig betrachtete sie Bumblebee.
    „Ja.“ Nick bewegte lediglich den Kopf zur Bestätigung. Er saß zwischen Joey und Carl auf der Kante des Bettes in dem Hotelzimmer, in dem sich die beiden Reporter niedergelassen hatten. Synchron folgten ihre Blicke der Journalistin auf ihrem Weg durch den Raum. Unruhig lief sie auf und ab und warf immer wieder die Arme in die Luft.
    „Das ist doch Blödsinn!“, beschwerte sie sich. „Kein Mensch kann das Wetter kontrollieren!“
    „Jahrzehntelang hat es auch keiner geschafft, einen lebensfähigen künstlichen Menschen zu erschaffen, der nicht die Intelligenz einer Zuckerrübe hat“, mischte sich Joey ein, wofür er sofort einen genervten Blick seitens seiner Kollegin erntete. „Ich meine ja nur", ruderte der Mann zurück.
    „Joey hat recht“, fuhr Nick dazwischen. „Niemand außer den Beteiligten weiß, was die beiden in diesem Labor zusammengerührt haben. Aber wir wissen, dass es ihnen gelungen ist, Klone herzustellen. BB ist der lebende Beweis dafür.“ Er machte eine ausschweifende Handbewegung zu Carls Abbild, der nur bescheiden nickte. „Und wer kann schon sagen, was sie dabei für Mutationen provoziert haben?“
    Evie blieb kurz stehen und betrachtete ihren Freund kritisch, ehe sie ungeduldig weiterlief.
    „Wo leben wir? In einem Fantasy-Roman? Sowas dürfte nicht möglich sein.“
    Joey und Nick warfen sich unschlüssige Blicke zu und zuckten die Schultern. Keiner von ihnen beiden wusste so recht, was er darauf antworten sollte. Evie hatte nicht unrecht. Es war unmöglich.
    „Einzig Mia weiß noch, was sie da angerichtet haben“, meinte Nick. Er unterdrückte das Stechen in seiner Brust, als bei der Erwähnung des Namens seiner einstmals besten Freundin, auch die Erinnerung an Anna zurückkehrte.
    „Und die sitzt komplett gestört in einer Anstalt“, ranzte Evie. „Zurecht!“
    „Ist sie wirklich so unzurechnungsfähig?“, fragte Joey an Nick gewandt. „Vielleicht kann man sie doch befragen. Sie kennt vielleicht einen Weg den Typen aufzuhalten.“
    Evie stoppte und kam dann mit viel Schwung auf den Journalisten zugelaufen. Das Gesicht zu einer grimmigen Maske verzogen, lehnte sie sich zu ihm und stierte ihm in die Augen.
    „Auf gar keinen Fall werden wir dieses Miststück um Rat fragen!“, zischte sie und tippte bei jedem Wort gegen die Brust ihres Gegenübers. „Sie hat dieses Ding erschaffen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Sie ist irre und von allen guten Geistern verlassen! Nein, wir werden uns keinen Rat von einer Gestörten holen.“
    „Evie, es geht um das Leben von hunderten Frauen“, platzte Nick heraus. Auch er war nicht sonderlich begeistert von Joeys Vorschlag, aber Mia zu fragen, war von allen Möglichkeiten, die ihnen noch blieben, sicher nicht die schlechteste. „Und wer weiß, was dieser Kerl gerade mit Tiffany anstellt. Es ist wichtig, dass wir sie finden, und zwar lebendig.“
    Evie stellte sich wieder gerade hin, nahm den Blick aber nicht von den Männern.
    „Vielleicht sollten wir Ben anrufen“, mischte sich nun auch Carl ein. Bisher hatte er nur still neben ihnen gesessen und zugehört, wohl, um den Sinn des Gespräches überhaupt erst zu erfassen, hatte er wahrscheinlich schon wieder vergessen, warum sie hier waren. „Er ist noch in Bristol.“
    „Fall du mir nicht auch noch in den Rücken!“, stieß die Journalistin genervt aus. Sie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und die Schläfen und atmete dann einige Male tief ein und aus.
    „Ich werde mich darum kümmern.“ Nick erhob sich und marschierte aus dem Zimmer. Er wollte allein mit Ben reden. Evie war schon sauer genug, nun noch in ihrer Gegenwart über Mia zu fachsimpeln, machte es sicher nicht besser.

  • Spoiler anzeigen

    Der Mund war zu einem Joker-Lächeln zerschnitten und die Augen chirurgisch aus ihren Höhlen entfernt, soweit er das als Leihe beurteilen konnte.
    Sein Blick glitt kurz tiefer, aber auch am festlichen Körper sah es kaum besser aus.

    O.M.G... Ich fand die ersten Sätze schon super spannend als Einleitung und man war sofort drin in der Szene. Irgendwie sogar etwas mehr drin, als man es sein wollte. Und dann hebt er tatsächlich die Plane an.. wtf. Krass was der mit ihr gemacht hat. Das ist unvorstellbar. Ich hoffe sie hat davon nicht soviel mitbekommen. Aber das glaube ich irgendwie nicht.
    Wie wollen die das bitte ihrem Mann erklären?
    Oh man, die müssen den echt mal fassen langsam..

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Sorry, dass ich erst jetzt kommentiere, aber ich hänge im Augenblick immer wieder hinterher, was die Geschichten betrifft. Deswegen seht es mir bitte nach.

    So aber nun zur Geschichte. Der Abschnitt ist dir gut gelungen. Es war mal wieder ein ekliges Bild, dass du uns beschert hast, aber dennoch konnte man die Reaktionen der Polizisten nachvollziehen, dass sie langsam aber sich die Schnauze voll haben von dem Killer. Der Abschnitt mit Evie, war dagegen wieder etwas auflockernder auch wenn es immer noch um ein ernstes Thema ging.
    Bin gespannt wie es weiter gehen wird :)

    xoxo
    Kisa

  • Ihr mögt Detailbeschreibungen oder? ^^' ich bin wohl zu zart besaitet, mir wurde beim Lesen leicht übel ^^ heißt,euch sind die Beschreibungen gelungen.
    Ist ja schon abartig, Menschen zu töten aber sie unnötig zu quälen - das geht mir unter die Haut

  • Kapitel 36
    Dr. Miller


    Ben saß in seinem schwarzen BMW und war mal wieder auf dem Weg in die Klinik.
    Nicht, um Mia zu besuchen. Diesmal hatte er sich bei ihrem Arzt direkt einen Termin geben lassen. Er konnte unmöglich nochmal so stochern wie beim letzten Mal, zumal es ihn wirklich Charme und Überredungskunst gekostet hatte, dass der Arzt ihn nach seiner letzter Aktion überhaupt ins Haus lassen wollte.
    Mühsam versuchte er sich auf den dichten Verkehr zu konzentrieren und sich nicht von seinen wirren Gedanken ablenken zu lassen.
    Nick hatte erzählt, dass der Klon wahrscheinlich das Wetter kontrollieren konnte - und das Mia ihnen vielleicht sagen konnte, wie man ihn aufhielt. Deswegen musste er zuerst mit dem Arzt sprechen. Er musste ihm erklären, dass es um Leben und Tod ging und dass er Antworten von Mia brauchte und dass er ihm helfen sollte, diese möglichst klar zu erhalten.
    Etwas ungestüm kam er auf dem Parkplatz zum Stehen. Kiesel spritzten auf und knallten gegen den Lack seines Autos. Es war ihm egal. Ohne Zeit zu verschwenden, stieg er aus, schlug die Tür ins Schloss und verriegelte den Sportwagen, während er schon auf dem Weg zum Haupteingang war. Die Schwester an der Rezeption lächelte ihm freundlich zu, doch als sie ihn erkannte, wurde ihre Miene ein Bild von frostiger Höflichkeit.
    "Mister Flynn", grüßte sie ihn.
    "Hey, hallo ... ähm, ich habe einen Termin mit Doktor Miller." Unsicher strich er sich durch sein dunkles Haar. Eine Geste, die er zwar nicht berechnend einsetzte, ihm aber die Frauenherzen zutrug. Bei der Schwester funktionierte es allerdings nicht. Ohne ein weiteres Wort klickte sie sich durch ihren PC und nickte schließlich. "Sie sind zu früh."
    "Ich ... ähm weiß. Es ist dringend."
    "Bitte warten Sie." Sie deutete unterkühlt auf eine Sitzreihe an der gegenüberliegenden Wand. Normalerweise hatten sie ein Wartezimmer oder Aufenthaltsraum, aber die Schwester schien ihn nicht mehr alleine durch das Gebäude laufen lassen zu wollen. Ben konnte einen Blick in den Garten werfen und auf die Bank, auf der Mia immer saß. Heute konnte er sie nirgends ausmachen, obwohl die Sonne schien und es ein sehr heißer Spätsommertag war. Nervös wischte er sich den Schweiß von der Stirn und tippte mit dem Fuß auf den Boden, bis ihm die Schwester einen entnervten Blick zuwarf.
    Endlich - nach einer schieren Ewigkeit, wie es dem Anwalt vorkam - betrat Dr. Miller das Foyer. Er war ein junger Mann, vielleicht Ende zwanzig, einen Tick jünger als Ben selbst. Er wirkte dynamisch und frisch, aber trotz seines geringen Alters kompetent und autoritär. Die Schwester am Empfang warf ihm einen Blick zu, der erklärte, warum sie auf Ben nicht angesprungen war, aber Dr. Miller schien es nicht zu bemerken. Hastig wischte Ben seine vor Nervosität feuchte Hand an seiner Anzughose ab und reichte sie Miller.
    "Guten Tag, was kann ich für Sie tun?" Das Lächeln des Doktors war echt, dennoch spürte Ben eine gewisse Voreingenommenheit. Dass er Mia so bedrängt hatte, schien bei niemandem einen guten Eindruck hinterlassen zu haben. Ben konnte nicht verhindern, dass er vor Scham rot anlief.
    "Könnte ich bitte unter vier Augen mit Ihnen sprechen?"
    Der Arzt nickte und bedeutete ihm zu folgen. Sie bogen in einen Gang, in dem Ben zuvor noch nie gewesen war. Hier befanden sich die Büros, Medikamentenlager und Pausenräume des Personals. An der dritten Tür blieb Miller stehen und schloss die Tür auf. Der billige Aufkleber, der signalisierte, dass dies das Büro von Dr. Miller war, war zerkratzt und an einigen Stellen eingerissen.
    Das Büro selbst war ein heller Raum, in freundlichem Hellgelb gestrichen. Vor dem Fenster stand ein wuchtiger Schreibtisch, der trotz seines antiken Aussehens zu dem jungen Arzt passte. Dahinter stand ein stinknormaler Bürostuhl und davor zwei nüchtern, moderne Stühle für Besucher.
    "Setzen Sie sich", bot Miller Ben einen der Stühle an und ließ sich selbst in seinen eigenen sinken. "Kaffee? Tee?"
    "Nein, danke." Ben schüttelte bekräftigend den Kopf.
    "Was kann ich für Sie tun?", wiederholte er seine Frage von vorhin. Er machte es Ben auch nicht gerade einfach. Miller wusste ganz genau, dass er wegen Mia hier war.
    "Ich muss mit einer Ihrer Patientinnen reden."
    "Mrs. Adam nehme ich an." Der Arzt lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Ben rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und nickte.
    "Und was verleitet Sie zu der Annahme, dass ich Sie noch einmal in die Näher meiner Patientin lasse?"
    "Das ist es ja:Das müssen Sie gar nicht", versuchte Ben zu erklären. Der Arzt zog misstrauisch eine Augenbraue in die Höhe.
    Ben fragte sich augenblicklich, was er sich dabei gedacht hatte, mit dem Arzt darüber zu reden. Klone, die das Wetter kontrollierten, das klang selbst in seinen Ohren absurd. Ben seufzte tief.
    Die Gesichtszüge des Arztes glätteten sich und wurden ein wenig freundlicher.
    "Was liegt Ihnen auf dem Herzen?"
    "Sie würden es ja doch nicht glauben. Tut mir leid, dass ich Ihre Zeit in Anspruch genommen habe." Er würde Nick einfach sagen, dass aus Mia nichts herauszubekommen gewesen war.
    Jetzt grinste Dr. Miller. "Ich arbeite in einer Psychatrie. Meinen Sie nicht, ich kann selbst entscheiden, was ich glaube und was nicht?"
    Ben, der sich erhoben hatte, um zu gehen, ließ sich wieder auf seinen Platz sinken.
    "Bitte unterbrechen Sie mich nicht", bat er. Stilles Einverständnis lag im Blick Millers und so begann Ben nun doch zu erzählen. Von den Morden in London, wie Evie hin gereist war, von den Klonen, die Mia und Anna geschaffen hatten und das einer davon durch London zog und Frauen mordete und offenkundig das Wetter kontrollieren konnte.
    Als er endete schwieg Dr. Miller eine ganze Weile und betrachtete sein Gegenüber eingehen. Ben fiel es schwer zu sagen, was der Arzt nun dachte. "Ich glaube Ihnen", entschied er schließlich. Ben atmete erleichtert aus. "Warum?"
    "Das mit den Klonen hat damals zwar in der Zeitung gestanden, wurde aber als Unsinn abgetan. Was ich von Mrs. Adam und ihrem Wesen allerdings kennen gelernt habe, traue ich ihr zu, Klone geschaffen zu haben. Das mit dem Wetter klingt allerdings ziemlich phantastisch, dennoch konnte ich ihn ihren Zügen kein Anzeichen von Lüge sehen und die Ader an ihrem Hals verriet keinen beschleunigten Puls. Entweder Sie sind ein guter Lügner, oder Sie sagen die Wahrheit."
    Ben war beeindruckt. "Sie können gerne die Polizei in London anrufen", setzte er trotzdem hinterher.
    "Nicht nötig", winkte der Arzt ab. "Mir erschließt sich allerdings nicht, was ich für Sie tun könnte."
    "Nun Mia ist die Einzige, die uns sagen kann, wie man den Klon aufhalten kann. Ich hatte gehofft, Sie könnten sie befragen ...?"
    Miller nickte bedenklich. "Ich werden sehen, was ich aus ihr rausholen kann."
    Ben entdeckte in den Augen des jungen Arztes den selben Ehrgeiz und die selbe Neugierde, die er auch des Öfteren in Mias wahrgenommen hatte. Ein kalter Schauer überlief ihn, bis ihm auffiel, dass im Blick Millers kein Wahnsinn lag. Das war das Geheimnisvolle gewesen, was er nie hatte benennen können und was Mia so interessant für ihn gemacht hatte. Er schüttelte den Kopf über seine eigene Dummheit.
    "Wann?", fragte er.
    "Jetzt sofort. Es scheint mir dringend."

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Diesmal nicht, um Mia zu besuchen. Er hatte sich diesmal bei ihrem Arzt direkt einen Termin geben lassen.

    "Mister Flynn", grüßte (sie) ihn.

    (sie)

    Jetzt grinste Dr. Miller. "Ich arbeite in einer Psychatrie. Meinen Sie nicht, ich kann selbst entscheiden, was ich glaube und was nicht?"

    Den Satz fand ich super. Ich glaube, der beschreibt ganz gut, was der Arzt sich da den ganzen Tag anhören darf. Auch interessant fand ich, wie ihr beschrieben habt, dass er keine Lüge erkennen konnte. Gut mitgedacht, daher kommt es überhaupt nicht plump rüber, dass der Arzt so schnell einwilligt, ganz im Gegenteil. Tolle Szene!
    Ja, dann hoffe ich mal, dass er etwas aus ihr herausbekommt und sie endlich einen Weg finden, den Klon aufzuhalten, bevor der weiter mordet.

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Der Teil gefiel mir sehr gut :thumbup: . Ich fand den Psychiater eigentlich ganz symphatisch. Dass er das mit dem Wetter "phantastisch" nennt, kann ich nachvollziehen ^^.
    Dann bin ich mal gespannt, ob er etwas herausfinden kann. Ich denke schon und hoffe, dass wir dann auch einiges über diese merkwürdigen Fähigkeiten der Klone erfahren. Frag mich nämlich wirklich, wie das mit dem Wetter funktionieren soll :)

  • Sorry das ich den Teil erst heute gelesen habe und auch erst jetzt den Kommentar verfasse. Irgendwie war mir der neue Abschnitt in dieser Geschichte vollkommen durch die Finger gegangen.

    Ich finde den Teil gut geschrieben und auch der Dr. ist gut getroffen, wenn du mich fragst. Die Szene ist klasse geschrieben und ich bin mal gespannt was Nick auf Mia herausbekommen wird :D

    xoxo
    Kisa

    • Offizieller Beitrag

    Kapitel 37


    Mia sah sich fasziniert in dem kleinen Raum um. Er war nichts Besonderes, aber besser als das Kämmerlein, das sie ihr Eigen nennen und das sie seit Tagen nicht verlassen durfte.
    Es gab grüne Wände, die mit einem weißen Streifen ungefähr auf Kopfhöhe abgesetzt waren. Zwei Fenster ließen ihren Blick direkt in einen grünen Garten schweifen und das Sonnenlicht fiel herein. Es schien ein schöner Tag zu sein.
    Sie vermisste ihr Haus in den Hills. Die weiten Wiesen und die Schafe, die auf den Weiden grasten und immer im ungünstigsten Moment die Straßen kreuzten. Anna hatte sich darüber immer beschwert und wie eine Wilde gehupt. Einmal war sie sogar aus ihrem geliebten Bristol ausgestiegen und hatte versucht, eines der Tiere mit den Händen von der Straße zu schieben. Gelungen war es ihr nicht, aber dafür hatte Mia ihren Spaß gehabt.
    Ein Lächeln zierte ihre Lippen. Sie vermisste Anna. In der ganzen Zeit, die sie nun schon hier saß, hatte die Psychologin sie nicht einmal besucht. Waren sie etwa keine Freunde mehr? Wegen der Sachen, die passiert waren? Hatten sie sich gestritten und sie wusste es gar nicht mehr? Das waren nur einige der Fragen, die ihr im Kopf herumgeisterten. Sie hatte noch so viele weitere, aber Antworten darauf fand sie keine.
    Ob sie jemanden fragen konnte, ob sie an diesem schönen Tag nach draußen durfte? Vielleicht sogar zu Anna?
    Gerade als ihre Gedanken darum schwirrten, was sie machen würde, wenn sie diesen Laden verlassen hatte, betrat ein Mann im weißen Kittel und einem feinen Anzug den kleinen Raum. Er lächelte freundlich, stellte sich mit Miller vor und fragte sie, wie es ihr ging und was sie bisher mit ihrem Tag gemacht hatte, bevor er sich auf die andere Seite des Holztisches setzte.
    Mia rutschte etwas auf dem Stuhl herum, begab sich in eine kippelnde Position und wandte den Blick hinaus in den grünen Garten. Gern hätte sie ausgespuckt. Wie sollte es ihr gut gehen, wenn man ihr alles genommen hatte? Es gab keinen Grund, dass man sie hier gefangen hielt. Sie hatte zwischen den ganzen verwirrten Menschen nichts zu suchen. Sie hatte die Welt verändern wollen, aber das ließ sie noch lange nicht an einer Krankheit leiden.
    Der Arzt schien sich von ihrer ausbleibenden Antwort nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Er schlug eine Akte auf, die er vor sich auf dem Tisch ausbreitete und las einige Sachen im Geiste. Zumindest verrieten ihr das seine Augen, die von rechts nach links über das Papier wanderten. Die Aufmerksamkeit scheinbar weiter aus dem Fenster gerichtet, beobachtete sie in dessen Spiegelung jede einzelne Bewegung des Mannes. Es gefiel ihr nicht, wie er das Gespräch begonnen hatte.
    „Weißt du, mich hat jemand gebeten, mit dir zu reden“, sprach der Arzt mit ruhiger Stimme. Es lag keinerlei Aggression in ihr, kein Vorwurf und keine Belustigung. Nur Freundlichkeit und etwas, das Mia nicht bestimmen konnte. Dazu zierte ein sachtes Lächeln seine jungen Züge und ließen ihn beinahe attraktiv aussehen. Es waren diese Männer, vor denen Anna immer gewarnt hatte. Es waren diejenigen, bei denen das Herz schnell einen Sprung machte. Ein Grund mehr ihn nicht anzusehen.
    Mia wandte ihren Blick weiterhin ab und machte keine Anstalten, ihm zu antworten. Stattdessen beobachtete sie einen kleinen Vogel, der auf dem Fenstersims saß und laut genug zwitscherte, dass man es bis in den Raum hören konnte. Es klang als verspottete er sie. Er war frei, konnte fliegen, wohin er wollte, aber sie saß hier und musste sich das Gerede dieses Mannes anhören.
    „Mia“ begann er, „ich darf dich doch so nennen oder?“
    Für einen kurzen Moment nahm Mia die Augen von dem Park und musterte den Arzt abschätzig. Sie zuckte die Schultern. Sollte er doch machen, was er wollte. So schnell würde er wohl sowieso nicht aufgeben.
    „Sehr schön.“ Wieder dieses Lächeln. „Dann darf ich dir auch ein paar Fragen stellen?“
    Sollte er ihr doch Fragen stellen. Das würde er auch, wenn sie verneinen würde. Ob sie jedoch antwortete, lag ganz bei ihr.
    „Darf ich zuerst?“, bohrte sie nach und lehnte sich etwas über den Tisch. Aus neugierigen Augen musterte sie den Mann, der sich nicht anmerken ließ, worüber er nachdachte. Anna hätte es aber sicher dennoch herausgefunden.
    „Gern“, meinte Dr. Miller.
    „Wann darf ich gehen?“
    „Sobald wir hier fertig sind, wird dich eine der Schwestern zurück auf dein Zimmer begleiten.“
    Mia schüttelte entschlossen den Kopf.
    „Nein, nicht in mein Zimmer, nach draußen, raus aus dieser Anstalt. Ich bin doch nicht krank, ich bin gesund.“ Sie lächelte. „Heute ist so ein schöner Tag und ich muss in diesem muffigen Raum sitzen.“ Mit ausgestrecktem Arm deutete sie zum Fenster hinaus. Der Arzt folgte ihrer Bewegung und grinste erneut.
    „Wenn du meine Fragen beantwortest, werde ich meine Beziehungen spielen lassen.“ Er wackelte mit den Brauen. „Auf mich hören hier einige, sicher lässt man dich dann wieder nach draußen.“
    Es war nicht das, was Mia hören wollte. Sie wollte nicht nur nach draußen, sie wollte nach Hause. Außerdem war sie sicher, dass es sich lediglich um einen Trick handelte, damit sie sprach. Aber es war der einzige Strohhalm, an den sie sich klammern konnte. Die einzige Chance in die Freiheit zu kommen.
    „Einverstanden“, meinte die deshalb und nickte eifrig. Sie streckte die Hand über den Tisch und wartete, dass der Arzt einschlug. „Versprochen?“, fragte sie, als er ihre Hand nur überrascht musterte. Ein zufriedener Glanz trat in die Augen des Arztes und freundlich erwiderte er die Geste.
    „Versprochen.“
    Mia nickte noch einmal. Diesmal in die Richtung der Akte, die immer noch auf dem Tisch lag. Umso schneller er seine Fragen stellte, desto schnell wusste sie, ob der Mann sein Versprechen hielt.
    Miller löste den Griff und fuhr mit der Hand über die einzelnen Seiten der Akte. Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. Wo zuvor noch Zuversicht war, mischte sich nun Zweifel in seine Stimme.
    „Wahrscheinlich hast du in letzter Zeit keinen Zugang mehr zu irgendwelchen Medien gehabt, aber ich bin mir sicher, du hast von den seltsamen Todesfällen in London gehört.“
    „Ja“, kommentierte Mia schlicht. Das konnte unmöglich alles sein, was er wissen wollte. Aber was erwartete er von ihr zu erfahren? Sie hatte damit wohl kaum etwas zu tun und polizeiliche Beratungen waren auch nicht ihr Fachgebiet.
    „Jemand meinte, du wüsstest mehr darüber“, erklang es dennoch zaghaft.
    Mia runzelte die Stirn.
    „Ich?“ Sie lachte, als der Arzt nickte.
    „Mittlerweile geht man davon aus, dass wohl eines deiner“, er machte eine Pause, als suchte er nach den richtigen Worten, „Experimente, etwas damit zu tun hätten.“
    Von was sprach der Mann? Etwa von ihren Kindern? Von ihren künstlichen Sprössling, denen sie das Leben geschenkt hatte? Wie konnte er es wagen, diese als Experimente zu bezeichnen? Dieses Wort grenzte an eine Beleidigung und es verglich diese wunderbaren Geschöpfe mit etwas Primitiven.
    Mia schluckte ihre Wut hinunter. Sie durfte nicht durchdrehen, musste ruhig bleiben, damit man sie nach draußen ließ.
    Einen haltsuchenden Blick warf sie aus dem Fenster, dann drehte sie sich wieder zu Dr. Miller.
    „Die Wetterphänomene“, schlussfolgerte sie trocken. Davon hatte sie noch erfahren. Das hatte sie im Fernsehen gesehen. Plötzliche Stürme, die überall auftauchten und Nebel, den die Meteorologen nicht erklären konnten. Ihre Kinder hatten diese Fähigkeiten viel besser ausgebaut, als sie zu Beginn gehofft hatte. Anna hatte nie an diesen Erfolg geglaubt. Wie gern würde Mia ihr das nun um die Ohren klatschen.
    Miller nickte. „Die Polizei glaubt, das hätte einen Zusammenhang.“ Seine Augen musterten sie, verfolgten jedes Zucken, das sie machte. Beinahe schien es ihr, als würde er direkt durch sie hindurchblicken.
    „Möglich.“ Mia sah nicht ein, diesem Mann alles zu verraten.
    „Und sie glauben auch, du wüsstest, wie man ihn aufhalten kann.“ Millers Stimme bekam etwas Zuversichtliches.
    Mia jedoch lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
    „Nein“, meinte sie kühl. Ihre Kinder waren als Supersoldaten geplant gewesen, die ihr helfen sollten, die Welt zu verändern. Natürlich hatten sie Schwächen, das hatte jeder, aber sie würde damit niemals prahlen. In ihren Augen waren sie perfekt.
    „Du lügst“, sprach Miller. „Das kann in sehen.“
    Mia wandte den Blick ab, hinaus aus dem Fenster.
    „Eine Mutter verrät niemals die Schwächen ihrer Kinder und lässt zu, dass andere sie verletzen.“ Trotz schwang ihren Worten nach. „Sie sind verwundbar wie jeder andere auch, aber ich werde euch nicht helfen, sie zu fangen.“ Sie lachte kurz, ob ihres Hinweises. „Fragt doch Anna, wenn ihr Hilfe braucht.“
    „Du willst uns also nicht helfen, habe ich das richtig verstanden?“
    Mia nickte, woraufhin sich Miller erhob und seine Akte zusammenklappte.
    „Schade“, meinte er. Er winkte in Richtung einer der Wände. Es saß wohl ein Wachmann dahinter und hatte ihr Gespräch durch eine einseitig durchsichtige Wand beobachtet.
    „Was ist mit unserem Deal?“, wollte Mia wissen.
    „Der ist geplatzt“, sprach der Arzt und das Lächeln war aus seinem Gesicht gewichen. Mia dagegen blies die Wangen auf.
    „Das ist nicht fair! Sie haben versprochen, mich rauszulassen, wenn ich die Fragen beantworte! Das habe ich gemacht.“
    Dr. Miller lief auf die Tür zu und wartete dort auf ein Summen, kaum dass es ertönte, drückte er die Klinke und setzte einen Schritt auf einen kühlen weißen Gang. Er drehte sich noch einmal zurück und ein trauriger Ausdruck lag in seinem Gesicht. „Das stimmt.“
    Damit verschwand er und ließ Mia allein zurück. Diese wollte sich erheben und ihm nacheilen, doch etwas hinderte sie daran. Als sie einen Blick nach unten riskierte, erkannte sie eine solide Kette, die auf Höhe des Knöchels angebracht war und ihr Bein mit dem Tisch verband. Gleiches galt für die andere Seite. Ein wenig ruckelte sie daran, doch die Kette gab nicht nach.
    „Komm zurück! Du hast es versprochen!“, schrie sie so laut sie konnte. Wütend schlug sie mit der Faust auf den Tisch. Ein metallischer Klang bremste sie ein wenig in ihrem Zorn. Stattdessen traten Tränen aus ihren Augen, als sie auf einen Aluminiumtisch starrte, der mit unzähligen Schrauben am Boden fixiert war. Hinter einem Schleier aus salziger Flüssigkeit erkannte sie eine blanke Wand, die vor Jahren einmal einen samtigen Weißton gehabt haben musste und nun eher an ein zu helles Grau erinnerte. Der Park war verschwunden und auch die Fenster waren weg. Der Raum war dunkel und wurde lediglich von einer weißgelben Lampe erhellt.
    Panik keimte in ihr auf.
    „Du hast es versprochen, du Mistkerl!“, jammerte sie nur noch und sackte kraftlos auf dem Tisch zusammen. „Ich bin nicht verrückt.“

  • Nun ja, sie hat nicht alle seine Fragen beantwortet. Aber doch einige. Ich bin gespannt, ob er sich damit zufrieden gibt. Wahrscheinlich könnte er noch mehr aus ihr herauskitzeln, wenn er sich Mühe gibt und ein bisschen geschickt vorgeht.
    Man merkt, ihr habt euch viel Mühe gegeben, diesen Teil aus Mias Sicht zu schreiben und es ist euch gut gelungen. :thumbup:
    Die arme hat ganz schön was durchgemacht. Im ersten Teil war sie ja auch schon irgendwie irre, aber jetzt erkennt man sie kaum wieder. Und offensichtlich bildet sie sich Dinge ein - wie sie ihre Umgebung sieht. Was war echt? Das, was sie zuerst gesehen hat oder das vom Ende? Ich glaube, sie hatte am Ende vielleicht eine Erinnerung an den Ort, an dem sie ihre Klone gefangen hatte. Die hatten ja auch keine guten Bedingungen. Bekommt sie vielleicht sogar ein schlechtes Gewissen?
    Ich würde gerne noch weitere Einblicke in Mias Gedankenwelt bekommen. Hoffentlich kommt das nochmal vor. :)

    • Offizieller Beitrag

    Noch ein kleiner Teil zwischendurch

    London

    Er lief durch die Straßen der überfüllten Stadt, die Hände tief in den Taschen vergraben und die Kapuze weit ins Gesicht gezogen. Er beobachtete sie, beobachtete alle, die an ihm vorbeiliefen. Doch nicht einer nahm ihn wahr. Jeder ging seinen Erledigungen nach, als wäre in den letzten Wochen nichts Übles passiert. Es ärgerte ihn. Da machte er sich die Mühe, befreite die Menschen von diesen Hexen und Dämonen und dennoch, niemand würdigte seine Taten.
    Aber spätestens wenn die neusten Bilder an die Presse gingen, würden ihn die Menschen endlich beachten.
    Er formte seine Hand zur Faust.
    Sie würden endlich erkennen, dass er das Richtige tat. Dass er allen eine Arbeit abnahm, die nur er erledigen konnte. Nur er wusste, wie diese fleischgewordenen Teufel aussahen. Und auch die Ärztin war nur ein weiterer von ihnen gewesen. Hinterlistig, arrogant, widerwärtig … verführerisch.
    Der Klon blieb stehen und schloss für einen Moment die Augen und beruhigte seine Atmung. Seine Schritte waren immer schneller und länger geworden und auch der Puls rannte förmlich. Allein, wenn er an ihre Schreie und ihre vor Angst geweiteten Augen dachte. Er legte eine Hand um die Trophäen in seinen Taschen.
    Ehe sich jemand über den plötzlich stehen gebliebenen Mann wundern konnte, setzte er sich wieder in Bewegung und bog in eine der vielen engen Seitengassen ab. Auch hier wimmelte es von Menschen. Von Touristen, die eifrig Bilder schossen und sich in fremden Sprachen über irgendwelche Belanglosigkeiten unterhielten. Eine der Frauen, die fröhlich für Urlaubsfotos posierten, stach ihm dabei besonders in die Augen. Groß, schlank und blonde Haare. Sie sah genauso aus. Ein weiterer Dämon?
    Er reihte sich in die Reisegruppe ein, die einem jungen Herrn mit einem Fähnchen nachrannten und ihm wohl nur mit halbem Ohr zuhörten. Die meisten dieser großen Gruppe hörten die Worte wohl nicht einmal. Dennoch sahen sie sich interessiert die Architektur an, auf die der Fremdenführer zeigte.
    Unauffällig näherte er sich der Frau, tat so, als würde er zur Gruppe gehören.
    Aufmerksam verfolgte er jede ihrer Bewegungen. Wie sie die Arme hob, wie sie sich umsah, und wie sie ihre Haare elegant in den Nacken warf. Wie sie blinzelte und wie sie sich Hin und Wieder den Rock zurechtstreifte, wenn dieser vom Wind aufgewirbelt wurde. Er musterte die schlanken Beine und die straffe und junge Figur– sie musste Sport betreiben. Vielleicht Schwimmen.
    Ihre ganze Körpersprache spiegelte Stärke wider.
    Sie bemerkte seinen Blick und drehte sich in seine Richtung. Ein erst unsicherer Blick, dann strahlte sie über das ganze Gesicht – ehrlich, freundlich, schüchtern.
    Er reagierte nicht, grüßte nicht zurück, sondern wandte sich nur stumm ab und ließ sich ans Ende der Gruppe fallen.
    Sie war kein Dämon. Kein Teufel. Die grünen Augen sprachen von Wärme, von Vertrauen.



    Wenn es ein Buch gibt, das du wirklich lesen willst, aber das noch nicht geschrieben wurde, dann musst du es selbst schreiben.
    - Toni Morrison -

  • Interessante Gedankengänge schilderst du da. So langsam bekomme ich den Gedanken, dass auch der Killer nach einem bestimmten Kodex vorgeht... ich bin ja mal gespannt wer sein nächstes Opfer wird. Ich fand es aber sehr gut dargestellt, dass du bzw. er die kleine Blonde hat leben lassen und nicht schon wieder auf qualvolle Weise umgebracht hat.
    Ich warte dann mal neugierig darauf wann und wie es weiter gehen wird :stick:

    xoxo
    Kisa

  • Die grünen Augen sprachen von Wärme, von Vertrauen.

    Und was lernen wir daraus? Fremde leute immer nett anlächeln, weil könnte ein kranker Massenmörder sein, der dich sonst für einen Dämonen hält, entführt, ausweidet und naja.. und so weiter.. Merke ich mir :D
    Bin auf jeden Fall froh, dass er die nicht mitgenommen hat .^^ Glück gehabt!

    2 Schöne Teile. Das Kapitel mit Mia war nicht schlecht, fands nur schade, dass der Arzt so schnell aufgegeben hatte. Aber vl. gehört das ja zu seiner Strategie. Diese Anna, die erwähnt wurde.. die ist doch tot oder? Vl. habe ich das aber auch falsch in Erinnerung ?! :D

    :!: Fantasy, weil sich die unglaublichste aller Welten in unserem Kopf befindet... :!:

  • Ich hab`s geschafft...jääää!
    Endlich bin ich am Ende angelangt und kann den weiteren Verlauf eurer Geschichte hautnah miterleben... :)
    Leider werde ich mich jetzt wohl mit Wartezeiten abfinden müssen...es war so schön, in einem durchlesen zu können.
    Hier nur eine Kleinigkeit, die mir in Kapitel 32 aufgefallen war:

    Sparks spricht hier von der "Befehlsgewalt". Ich glaube, ich würde das eher als weisungsbefugt bezeichnen oder er könnte sagen: "Solange ich dir Ermittlungen leite,.....blabla...wird es das nicht geben" Befehlsgewalt klingt eher nach Militär, oder sowas.

    Ansonsten alles supi...freue mich, wenn`s weitergeht...

    Viele Grüße,
    Rainbow