Gehstock und Federn

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 4.088 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (28. Oktober 2017 um 21:34) ist von Windweber.

  • Hier mein zweites Gedicht :3
    Jetzt sogar mit Satzzeichen und Groß- und Kleinschreibung ^^

    Gehstock und Federn

    Leidenschaftslos der Himmel sich wiegt
    über dem staubgrauen Wolkenmeer,
    das verbirgt die Tiefsee in grün.
    Das Glitzern und Treiben seh' Ich nicht mehr.

    Mein einziger Begleiter, der Gehstock,
    meine Krücke und Last zugleich.
    Sein eisiger, kalter Ruf mich lockt
    zu betreten des Geistes Reich.

    Angst Ich vor langer Zeit verlor,
    kehrt wieder, jetzt als Lebensretter.
    Trotz Warnung steig' Ich empor,
    doch halte ein zu schnell zu klettern,
    Nur weil der Wunsch zu fliegen log.

    Die Federfinger streck' ich aus,
    nehme Anlauf und hole aus.
    Ich werfe mich in die Luft
    und weiche aus des Todes Ruf.

    Der Stock in meiner Hand weist mir den Weg.
    Ich folge ihm und lass' mich führen.
    Er zwingt mich zu stürzen, doch es ist schon zu spät.
    Ich landete und ließ ihn liegen,
    um mich zu erheben und wieder zu fliegen.

    I'm at the start of a pretty big downer

  • Ich versuche mich einmal daran, etwas dazu zu sagen. ^^
    Wie du weißt, bin ich selbst ein ziemlicher Amateur.

    Leidenschaftslos der Himmel sich wiegt
    über dem staubgrauen Wolkenmeer,
    das verbirgt die Tiefsee in grün.
    Das Glitzern und Treiben seh' Ich nicht mehr.

    Hier malst du ein ziemlich tristes Bild. Was die Tiefsee und das Grün zu bedeuten haben, sind dann wohl Interpretationssache. In der Farbsymbolik steht Grün für Leben, für Hoffnung und die Natur. Die Tiefsee... das kann man in vielerlei Weisen auslegen. Stille Wasser sollen tief sein, aber tiefe Wasser sind nicht unbedingt still (Die Beringsee :P ). Andererseits ist da ein Wolkenmeer, die Tiefsee passt also ins Bild. Ich lege mich einmal nicht fest.
    Es scheint um den Verlust von Lebenslust zu gehen (Glitzern und Treiben).

    Mein einziger Begleiter, der Gehstock,
    meine Krücke und Last zugleich.
    Sein eisiger, kalter Ruf mich lockt
    zu betreten des Geistes Reich.

    Der Ruf eine Gehstocks... Ja, warum eigentlich nicht? Klingt im ersten Moment merkwürdig, aber warum nicht? Da ist nur die Frage, was er darstellt. Ohne einen Gehstock kann man, wenn man ihn denn braucht, nur schlecht gehen. Aber wohin ruft er einen? Der Teil mit "des Geistes Reich" macht es (Achtung, Wortwitz!) geradezu gespenstisch ( :D ). Nein, ersthaft. Es wird hier wirklich düster (geht zwar schwärzer, aber es ist düster) . Der Stock scheint böse zu sein, notwendig, dass man gehen kann, aber giftig zugleich.

    Angst Ich vor langer Zeit verlor,
    kehrt wieder, jetzt als Lebensretter.
    Trotz Warnung steig' Ich empor,
    doch halte ein zu schnell zu klettern,
    Nur weil der Wunsch zu fliegen log.

    Angst als Lebensretter? Klingt nach der Angst, die einen vom Selbstmord abhält. Der Wunsch hat gelogen, aber warum steht da "nur"? Es macht für mich ohne dieses Wort mehr Sinn, weil das lyrische Ich dann langsamer klettert, gerade weil der Wunsch log. Dieses Wort bringt mich jedenfalls ins Schwimmen, vielleicht hast du es ohne das Wort gemeint?

    Die Federfinger streck' ich aus,
    nehme Anlauf und hole aus.
    Ich werfe mich in die Luft
    und weiche aus des Todes Ruf.

    "und weiche aus dem Ruf des Todes"? Es reimt sich an der Stelle so wie so nicht, da kann man den Satz auch gleich angenehmer stellen. Außerdem würde es den Ruf des Todes durch den fehlenden Reim nochmal betonen. Nur ein Vorschlag :D
    Ihm wird also ausgewichen. Das lyr. Ich rettet sich also vor dem Ruf?


    Der Stock in meiner Hand weist mir den Weg.
    Ich folge ihm und lass' mich führen.
    Er zwingt mich zu stürzen, doch es ist schon zu spät.
    Ich landete und ließ ihn liegen,
    um mich zu erheben und wieder zu fliegen.

    Der böse Stock weist noch immer den Weg D: und das lyr Ich folgt auch noch.
    In dem letzten beiden Zeilen änderst du die Zeitform. Auf einmal befindet man sich hinter der vorigen Handlung, das kommt merkwürdig. Ist das Absicht? Was soll es bewirken? Mir erschließt es sich nicht.
    Ansonsten lässt das lyr. Ich den Stock hinter sich. Es befreit sich also von seiner Last. Auf welche Weise auch immer, das wird hier nicht (eindeutig) gesagt.
    Der Solbstmord könnte passiert sein, das lyr. Ich könnte diese Gedanken aber auch einfach hinter sich gelassen haben. Schwierig, aber es soll wohl so sein, richtig? Mit diesem Ende gefällt es mir jedenfalls auch.

    So, da hab ich es mal auseinandergefrickelt. Sicher geht da noch mehr Tiefe von meiner Seite aus, aber ich habe auch gerade nicht die Zeit für mehr. Ansonsten: gut gemacht. :)

    Häupter auf meine Asche!

  • Ein Kopfkinogedicht, wie der alte Mann mit seinem Wanderstab am Meer entlang zieht - ein idyllisches Bild, obgleich die Befindlichkeit der Figur das perfekte Bild etwas trübt und es so erst richtig interessant macht. Und dann - Suizid! Der Sturz von der Klippe. Dann erhebt sich die Seele und fliegt davon. Endlich Freiheit in den Lüften. Warum hast du so lange kein Gedicht mehr geschrieben?