Rael: Das mit dem Stall war gut. Den Satz muss ich killen. Daran hatte ich echt nicht gedacht. Was den Feldwebel anging. Ich fand den Rang eigentlich recht altmodisch. Mein Problem ist nur, dass ich kein französisch oder englisch-klingenden Rang haben wollte. Also weder Leutnant, noch Lieutenant, noch Sergeant...noch sonstiges.
@Wysenfelder: Hätten sie einen Bogen gezückt und einen Pfeil aufgelegt, wäre das wohl sehr auffällig gewesen. Aber du hast richtig bemerkt, dass die Weißgardisten keine Bögen benutzen. Das hat aber seinen Sinn, wird später genauer erklärt, zm Teil schon im übernächsten Teil.
Jetzt folgt erstmal der letzte Teil des Gefechtes.
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Ich wusste genau, dass ich nicht allen ausweichen konnte. Pfeile zischten durch die Luft. Einer der Reiter ging mitsamt seinem Pferd zu Boden. Doch die letzten drei kamen durch.
Der ersten Lanzenspitze konnte ich mit Müh und Not ausweichen, doch die zweite bohrte sich in die Brust meiner Stute. Die nur leicht gepolsterte Schabracke bot keinerlei Schutz vor dem wuchtigen Angriff. Schrill kreischend stieg mein Pferd auf die Hinterläufe und brach dann wiehernd zusammen. Ich schlug hart auf dem Boden auf und rollte mich sofort ab. Einigermaßen unverletzt stand ich wieder auf, doch darauf hatte der dritte Reiter nur gewartet. Er hatte sich etwas zurückfallen lassen und kam erst jetzt auf mich zu. Der Sturz hatte mich angeschlagen. Ich konnte die Gefahr nicht richtig einschätzen und zögerte einen Moment zu lang. Seine Lanzenspitze war nur eine Armlänge von mir entfernt, als ich ein Schatten wahrnahm, der mich umriss. Während die Spitze mich um Haaresbreite verfehlte, hörte ich ein lautes Stöhnen und irgendwer verkrampfte sich in meinen Kettenpanzer. Dann war alles vorbei.
Ich sah, wie Ordenshell den Mann köpfte und wohl schon die anderen beiden Reiter ausgeschaltet hatte. Erst dann konnte ich mir einen groben Überblick über die Lage verschaffen.
Auf dem nadelübersäten Waldweg lagen überall Leichen verstreut. Keines trug das Grün von Tannenberg, wie ich zu meiner Erleichterung feststellte. Die letzten vier königlichen Soldaten warteten außerhalb der Pfeilschussweite. Doch sie zögerten noch. Sie ritten nicht einfach davon. Der Grund wurde mir schlagartig klar, als ich meinen Blick weiterwandern ließ. Mirta hatte den Feldmeister Augenhell gefangen genommen, hatte ihn in die Knie gezwungen und hielt ihm ihr Schwert an die Kehle.
Ich spukte Blut aus. Beim Sturz hatte ich mir auf die Zunge gebissen. Dann warf ich einen Blick nach unten. Mein Herz drohte einen Moment stillzustehen, als ich Lydia vor mir liegen sah. Durch ihr Kettenhemd sickerte langsam Blut. Sie musste sich zwischen die Soldaten gemischt haben, als wir losgeritten sind und ich hatte es nicht gemerkt.
Ich fluchte laut und wollte sofort nach Helmbruch rufen, doch er war schon zur Stelle. Seiner Haltung zur urteilen, hätte er mich fast über den Haufen gerannt. Bei Verwundeten neigte er zu einer Art Tunnelblick.
Innerhalb weniger Herzschläge hatten wir das Mädchen umgedreht und sahen uns die üble Verletzung an. Die Rüstung hatte dem Lanzenangriff die größte Wucht genommen, doch die Kettenglieder dennoch durchschlagen. Die Wunde ging tief und blutete stark.
„Kommst du zurecht?“, fragte ich meinen Heiler und der nickte nur schroff. Ich stieß ihm aufmunternd gegen die Schulter und rannte humpelnd zur Burg. Der Abwurf vom Pferd hatte mir einige Blessuren eingebracht, aber ich fühlte mich so, als wenn ich sie verdient hätte.
Als ich Mirta passierte, wollte sie die Klinge sinken lassen, doch ein kurzes Kopfschütteln sorgte dafür, dass sie ihre starre Haltung sogleich wieder aufnahm.
Kahn eilte mir vom Tor entgegen und ich gab ihm umgehend neue Befehle: „Holt sofort die Trage und bringt Lydia nach oben. Bornhelm soll runter in den Kerker und Willaar raufholen. Und Marta soll sich um Sun kümmern.“
Lydias Mutter neigte zum Durchdrehen, wenn es um ihre Tochter ging und mein Zeugwart war da nicht viel besser. Helmbruch brauchte jedoch ein freies Arbeitsfeld, also musste ich die schnellstmöglich voneinander trennen.
Die Gedanken meines härtesten Veteranen gingen offensichtlich in dieselbe Richtung und ich hörte seine laute Stimme im Hof herumbrüllen. Er würde meine Befehle wortwörtlich ausführen lassen, das war sicher. Ich warf einen Blick zurück und vergewisserte mich, dass die vier Reiter noch genau da standen, wo sie vorerst bleiben sollten. Auch Helmbruch tat bereits alles, um Lydias Leben zu retten und ich sah, wie er das Mädchen bereits fachkundig verarztete. Er trug immer eine Tasche mit Verbandszeug und Kräutern mit sich herum.
Ich schmeckte Gallenflüssigkeit, als ich das Schlachtfeld näher betrachtete. Aus meiner Stute ragte noch immer die Lanze, überall lagen Leichen und tote Tiere, der Waldboden war zerwühlt, abgebrochene Pfeile lagen dazwischen und vereinzelnd standen Pferde neben ihren erschlagenden Herrn und stupsten diese von Zeit zu Zeit mit der Nase an.
Ich hasste es zu töten. Es war unnatürlich und ein Bruch der Schöpfung. Ich wusste auch, dass Markmann genauso darüber dachte. Er stand nur wenige Schritte von mir entfernt und betete. Es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, ihn dabei zu unterbrechen.