Es gibt 62 Antworten in diesem Thema, welches 22.174 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (27. September 2018 um 10:15) ist von Klimbim.

  • Cosima runzelte verwundert die Stirn. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie gerade Zeuge eines ausgesprochen großen Anfalls von Dummheit war oder ob Kain in den letzten Minuten einen großen Schlag auf den Kopf bekommen hatte und gar nichts dafür konnte, dass er den einfachsten Plan nicht befolgte.
    Sie steckten mitten in einem Raub. Larson, der Anführer ihrer Räuberbande, hatte den Auftrag ein ganz sicheres Ding genannt. Cosi hatte ihm nur zustimmen können.
    Sie war es gewöhnt, einem unmöglich zu knackendes Haus seinen Schwachpunkt zu entlocken, einen Einbruch durchzuführen, noch während die Besitzer in der Stube saßen oder ihre Kollegen an Heeren von Wachpersonal bei den reichen Säcken vorbeizubekommen.

    Dieser Auftrag war ein Klacks dagegen. Eine durch viele Scheidungen gut dastehende Frau hatte Larson beauftragt, ihren letzten Ehering von ihrem Exmann zu klauen, der sich weigerte, ihn ihr zurückzugeben. Das Haus besaß keine Sicherheitsvorkehrungen, die Gegend war abgelegen vom Markt und das Haus stand in einer besonders verwinkelten Gasse. Noch dazu war niemand daheim.
    Aus diesem Grund waren nur Cosima und Kain losgezogen: Sie hielt draußen Wache, während er durch ein Fenster stieg und nach wenigen Sekunden wieder rauskommen sollte. Was er nicht tat. Anstatt den Ring von der Kommode zu packen und zu verschwinden, fing der Idiot tatsächlich an, das kleine Haus nach noch mehr Wertgegenständen zu durchsuchen.
    Cosima seufzte genervt auf. Wegen seiner Habgier konnte sie Kain am wenigstens von allen leiden, aber kein anderer wollte den weiten Weg nach Hunsrück für einen kleinen Ring zurücklegen.

    "Kain! Hör sofort auf damit und komm da raus", zischte Cosi durch das noch offen stehende Fenster. Ihre Auftraggeberin hatte ihr nur ein Zeitfenster von 10 Minuten garantiert, indem sie ihren Exmann auf dem Heimweg aufhalten wollte. Eigentlich mehr als genug, würde dieser Trottel nicht...

    RUMMS

    Cosima starrte einige Sekunden entsetzt durch das Fenster. Sie wusste nicht, wie und sie wusste auch nicht, wieso. Aber Kain hatte einen massiven Tisch umgeworfen. Es war ein lauter Schlag in der sonst so stillen Straße.
    Schon hörte sie Stimmen und Schritte aus dem Nachbarhaus.

    "Kain, hau ab, HAU AB!", rief Cosima - sie musste nicht mehr darauf achten, nicht entdeckt zu werden. Genauso wenig fühlte sie sich in der Verpflichtung, den größten Trottel des Universums bei der Flucht zu helfen.

    Sie drehte sich um und rannte so schnell sie konnte.

    Sometimes, you read a book and it fills you with this weird evangelical zeal, and you become convinced that the shattered world will never be put back together unless and until all living humans read the book.

    Einmal editiert, zuletzt von Phi (19. Februar 2016 um 10:23)

  • Ginster döste auf einem Verandasessel im edleren Stadtviertel in der Nachmittagssonne. Sein Magen war angenehm gefüllt, nachdem er bei einer alten, wohlhabenden Dame um etwas Sahne gebettelt und tatsächlich eine Taube aus der Luft gefangen hatte - ein Kunststück, das ihm nur selten gelang. So blöd die Viecher immer in die Gegend glotzten, so schlau waren sie trotz allem.

    Geniesserisch drehte er sich auf den Rücken, liess die warmen Strahlen auf seinen Bauch scheinen und überlegte sich, was er heute Nacht anstellen sollte. Abgesehen davon, dass er ohnehin Nachtaktiv war, schlief er überhaupt nicht gerne, da er oft von unschönen Träumen geplagt wurde. Beim Dösen liess sich das eher vermeiden.

    Er könnte sich beim Fleischermarkt umsehen. Da blieb immer etwas liegen. Die örtlichen Strassenkatzen waren zwar verschlagen, würden aber gegen seine Grösse nicht ankommen. Ein wohliger Schauer liess Ginster kurz schnurren, als er an ein frisches Pferde- oder Rindsschnitzel dachte...

    Da rumste es im Haus nebenan gewaltig. Sofort begann der Hund, nachdem dieser Sessel hier roch, an zu bellen, und Stimmen auf der Strasse wurden laut. Neugierig drehte sich Ginster wieder auf den Bauch und sprang auf die Verandabrüstung. Der Köter würde ihn hier eh nicht weiterschlafen lassen.
    Auf der Strasse unter ihm rannte eine Gestalt, während jemand im Haus nebenan fluchte. Armer Kerl. Wurde wohl ausgeraubt.

    Weil er nichts besseres zu tun hatte, beschloss Ginster, der flüchtigen Person mal zu folgen.


    "You know what the big problem is in telling fantasy and reality apart? They're both ridiculous."

    - Twelve

    • Offizieller Beitrag

    Adelle stand vor einem Trümmerhaufen.
    Sie war gerade engagiert worden, den Garten der Brockheimers, einem wohlhabenden Händlerehepaares, wieder in Ordnung zu bringen, da diese einen großen Empfang geben wollten. Anscheinend hatte das Ehepaar vor, sich beim ländlichen Adel einzuschmeicheln und eines ihrer Kinder so in deren Kreise zu bringen.
    Obwohl das Anwesen, mit seinen hohen Mauern, am Rand der Stadt gelegen war, wirkte es geradezu städtisch, da dort alle nervös herumrannten.
    Die junge Magierin stemmte ihre Arme in die Hüfte und konnte nur mit dem Kopf schütteln. Wenn der Garten nicht vor Wildwuchs strotzte, dann stachen einem die toten Pflanzen ins Auge.
    Ein Labyrinth aus Buchsbäumen hatte die Hausherrin am Ende ihres Gartens, dort wo der Hintereingang zum Grundstück war, verlangt und Rosen in allen Farben und Variationen.
    Aber erst einmal musste Adelle herausfinden, warum dort an manchen Stellen nichts wuchs.
    Sie klappte ihre Ledertasche auf und nahm mehrere Flüssigkeiten heraus, samt einem leeren Glasfläschchen und mischte etwas zusammen, dann nahm sie eine Messerspitze Erde und rührte sie darunter. Die Flüssigkeit färbte sich sofort rot und Adelle nickte verständlich.

    "Hab´ ich es mir doch gedacht", murmelte sie dabei.
    "Wie sieht es aus?", erklang gleichzeitig eine hohe und nervig klingende Stimme hinter ihr. Diese Stimme gehörte der Hausherrin, welche ihr schon mehrfach hintergeschwänzelt war, um sicher zu gehen, dass Adelle alles verstanden hatte und brav ihrer Arbeit nachkam.
    "Der Boden ist zu sauer!", fachsimpelte die junge Magierin. "Ich muss ihn erst mit etwas Asche neutralisieren, ansonsten stirbt hier wieder alles, was ich pflanze."
    "Zu sauer?", fragte die Hausherrin, welche sich den Stoff an ihrem teuren, dunkelblauen Samtkleid zurechtzupfte.
    "Ja, zu sauer. Ihre Wachleute müssen aufhören in die Büsche zu pinkeln."

    Erschrocken blickte die Dame mit ihren kantigen Gesichtszügen die Magierin an. Wahrscheinlich wollte sie sagen, dass das niemand tat, aber Adelle hielt ihr nur die Flasche mit der roten Flüssigkeit vor. Als Adelle auf einfache Holzasche aus einem Kamin bestand, lachte die die Hausherrin nur und verwies auf die Stallungen. Dort sollte sie eine Schippe und Eimer finden, womit sie sich im Herrenhaus bedienen konnte.

    "Ich soll mir die Asche holen?", kam der Magierin erstaunt über die Lippen. "Haben Sie dafür nicht Hausdiener?"
    "Die sind alle mit dem Empfang beschäftigt. Wenn Sie Asche wollen, müssen Sie sich diese selbst holen."

    Nach dieser Zurechtweisung ging die Dame wieder und ließ Adelle mit erstauntem Gesicht zurück.
    Das würde ihre Arbeit dort weiterhin hinauszögern, worauf sie eigentlich gar keine Lust hatte, aber es half nichts.
    Die Bezahlung war so gut, dass sich Adelle dazu genötigt fühlte die Asche zu besorgen und lief deshalb mit hängenden Schultern Richtung Scheune, die sich an der südlichen Außenmauer des Anwesens befand.

  • Cosima blieb schlitternd hinter einer Mauer am Stadtrand stehen. Sie presste sich die Hände in die Hüfte, um das Seitenstechen lindern zu können und holte japsend Luft. Zwar war sie eine ausdauernde Läuferin, eine Verfolgungsjagd durch die gesamte Stadt war aber selbst ihr zu viel.
    Sie lugte vorsichtig um die Ecke in die richtung, aus der sie gekommen war. Die Straße lag verlassen da, anscheinend hatte sie ihre Verfolger abschütteln können.

    Cosima hörte Flügelschlagen und blickte erwartungsvoll auf. Ihr Rabe Mumpitz ließ sich auf ihrer Schulter nieder und knabberte liebevoll an ihrem Ohr.
    "Sie sind falsch abgebogen und laufen jetzt weg von uns", teilte er ihr krächzend mit.
    Die Diebin gluckste erleichtert auf und ließ sich gegen die Mauer sinken.
    "Freu dich nicht zu früh - was wird Larson dazu sagen, dass du Kain zurückgelassen hast?", fragte Mumpitz.
    "Wenn ich ihm erzähle, wie er alles wegen seiner Habgier ruiniert hat, wird Larson es verstehen"
    Cosima klang zuversichtlicher, als sie sich fühlte. Jemanden zurückzulassen, um seine eigene Haut zu retten, wurde in der Bande nicht akzeptiert. Es würde mehr als eine einfache Erklärung brauchen, um sich da rauszureden.

    Plötzlich schrie sie laut auf - auf die Mülltonne, die gleich neben ihr stand, war soeben ein riesiger Kater gesprungen und blickte sie nun aus zwei unterschiedlich farbenen Augen an.
    "Äääh... kusch!", sagte Cosima und fuchtelte mit ihren Händen in richtung der Riesenkatze, um sie zu vertreiben. Mumpitz konnte andere Tiere, Katzen im Besonderen, nicht ausstehen. Er trippelte bereits nervös auf ihrer Schulter herum und krächzte einmal laut.
    Die Katze jedoch ließ sich nicht beirren und starrte sie weiter an. Cosi runzelte die Stirn, drehte sich um und ging nun deutlich langsamer als vorher auf der Flucht zu den Stadttoren.

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    • Offizieller Beitrag

    In der Scheune angekommen, lehnte Adelle mit ihrem Ohr an der Außenwand, denn sie hatte einen Aufschrei vernommen, welcher aber rasch wieder abgeklungen war.
    Es schien nichts Schlimmes passiert zu sein. Vermutlich hatte sich jemand erschreckt.
    Sich erneut ihrer Arbeit widmend, drehte sie sich um und hielt nach einer Schippe Ausschau.
    Sie fand auch eine, eingebettet in einem Vorhang aus Spinnweben.

    "Warum nur ...", dachte Adelle. "Warum?"

    Vorsichtig untersuchte sie das Arbeitsgerät, welches sie brauchte und zog es etwas aus der Ecke, in der es stand.

    "Igitt", fluchte sie dabei leise.

    Aber zu ihrem Glück, schien die Achtbeinerbehausung verlassen zu sein. Mutig löste sie die klebrigen Fäden von der Schippe und ergriff den Eimer, der gleich daneben stand.
    Als sie aus der Scheune trat, traf sie fast der Schlag.
    Gerade noch hatte sie der Hausherrin gesagt, dass der Boden schlichtweg zu sauer war und im nächsten Moment erleichterte sich der nächste, nach Wachmann aussehende Herr, in den Büschen, die Adelle zuvor mühselig angelegt hatte.
    Mit festen Griff umklammerte sie den Stiel der Schippe und zog mürrisch ihre geschwungenen Brauen ins Gesicht.

    "Meine Pflänzchen werden von Mutter Natur gegossen! Ich werde dir zeigen, wie sich meine Lieblinge fühlen ..."

    Mit festen Schritten bewegte sie sich auf den Herren zu und holte wütend mit der Schippe aus ...

  • Ginster neigte den Kopf und betrachtete das vor sich hin murmelnde Mädchen interessiert, wie es davonging. Sie gehörte also zu Larson. Ein kleinerer Bandenchef auf dem aufsteigenden Ast. Man hörte immer wieder von ihm, wenn man die Ohren offen hielt. Er könnte ihr folgen und so das Versteck ausfindig machen.
    Wozu auch immer. RICHTIG wäre natürlich, es dann den Behörden zu melden.

    Die nicht zuhören würden - er war eine Katze. Und als solche neugierig. Er beschloss soeben, dem seltsamen Mädchen zu folgen, als auf der anderen Strassenseite wieder ein Gezeter losging. Ginster wusste, dass sich dort ein ziemlich verwilderter Garten befand. Er erledigte dort gerne seine Geschäfte.
    Vielleicht war jemand in ein solches getreten. Das musste er sehen!


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  • Tlilgan war gelangweilt. Das war nichts Neues, aber diese Art von Langweile hatte etwas gefährliches an sich: Sie verführte zu unbedachten Handlungen.
    Er strich seinen, mittlerweile mehrfach notdürftig geflickten Mantel zurecht und sah sich auf dem kleinen Marktplatz um. Es gab keine große Auswahl, zum Großteil einfaches Gemüse von den Feldern und Tücher und Stoffe. Immer nur Stoffe, die ganze Stadt schien aus diesem langweiligen Flatterkram zu bestehen. Ein echter Mann trug Metall!
    Er stieß sich von der Hauswand ab und hielt auf eine der Hauptstraßen zu, die tiefer in die Stadt führte, als es plötzlich einen kleinen Tumult gab. Irgendetwas geschah auf der Straße, was die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zog. Tiligan schob sich an einigen vorbei und erkannte einige Stadtwachen, die einen gefesselten Mann in ihrer Mitte hatten.
    "Wenn ich es Euch doch sage. Ich habe ihn nur besucht."
    "Durchs Fenster?", fragte einer der Soldaten trocken.
    Ein Einbrecher, dachte Tiligan und musterte den Mann eingehend. Es gab also doch etwas interessantes in dieser langweiligen Stadt.
    Aber ein einzelner Einbrecher? Das war unüblich. Normalerweise waren es mindestens zwei, damit einer Schmiere stehen konnte - und beim Tragen helfen. War der andere entkommen?
    Tiligan trat zur Seite und ließ die Männer passieren.
    Kopfgeldjäger, dachte er flüchtig, das wär doch die richtige Aufgabe für einen strahlenden Helden wie mich.

    Manchmal flüstert der Wind eine Legende,
    bevor die Geschichte sie zu schreiben vermag.

    Hört das Flüstern:

    Der Orden der Geweihten

    2 Mal editiert, zuletzt von Geweihter (23. Februar 2016 um 11:54) aus folgendem Grund: Tiligan denkt jetzt kursiv ... Tiligan bekommt 5 Intelligänse Edit: Wörtliche Rede -> Fett. Tiligan erhält +2 Gewichtspunkte

    • Offizieller Beitrag

    Aber kaum hatte Adelle ausgeholt, drehte sich der Wachmann um.
    Verwirrt starrte er die junge Frau vor sich an, die in ihrer Schlagposition verweilte und dann verlegen grinste.

    "Wolltet Ihr mich schlagen?"
    "Ehm, nein!", stotterte Adelle und ließ die Schippe sinken. "Ich wollte die Biene schlagen, welche auf Eurem Kopf saß und drohte Euch zu stechen."
    "WACHEN!", schrie der Mann augenblicklich los und Adelle zuckte zusammen.

    Wieder einmal hatte sie sich einen Auftrag damit versammelt, dass sie ihr Temperament nicht zügeln konnte.
    Das war nicht das erste Mal. Sie kam mit Menschen einfach nicht zurecht.
    Einen Wachmann zu schlagen galt als Verbrechen, denn immerhin sollten diese für die Sicherheit sorgen.
    Ob einfache Wache eines Anwesens oder die Stadtwache, die Männer machten dabei keinen Unterschied.

    Adelle schmiss die Schippe hin und rannte davon, der Wachmann hinter ihr her.
    Eilig zog sie ein paar Samen aus dem Beutel an ihrem Gürtel und verstreute diese hinter sich, woraufhin umgehend Buchsbäume aus dem Boden schossen, welche den keifenden Wachmann zu Fall brachten.

    "Haltet diese Hexe auf!", rief der am Bodenliegende seinen Kameraden zu.

    Adelle hielt auf den Hinterausgang des Grundstücks zu, welcher wegen den Lieferanten offen stand.
    Sie umfasste das metallene Tor, schwang sich hinaus und rannte weiter.
    Immer wieder blickte sie zurück, beobachtete die Männer, die ihr folgten, so dass sie aus Versehen ungebremst in eine Person rannte.

  • Tiligan behielt die Menschen um sich herum im Auge. Vielleicht war einer von ihnen der andere Einbrecher. Zwar freuten sich einige von ihnen nahezu diebisch über die Ergreifung des Mannes oder brachten ihren Unmut über seine Tat lautstark zum Ausdruck, aber niemand fiel ihm auf.
    Eine ungemein große Katze lief in Richtung eines verwilderten Gartens, aber eine Katze als Einbrecher?
    Tiligan wandte sich ab, als ein Ruf nach der Wache erklang. Doch keine so uninteressante Stadt, dachte er sich und schob sich durch die Menschenmenge in Richtung Garten, aus dem der Schrei gekommen sein mochte.
    "Haltet diese Hexe auf!" Erklang es und Tiligan lächelt. Eine Hexe? Jetzt wurde es endlich mal spannend.

    Manchmal flüstert der Wind eine Legende,
    bevor die Geschichte sie zu schreiben vermag.

    Hört das Flüstern:

    Der Orden der Geweihten

  • Cosima blieb wie angewurzelt stehen. Sie war noch nicht weit gekommen, als sie vom Markt aufgeregte Rufe hörte. Sie meinte, das Wort "Dieb" öfters aus den wütenden Stimmen zu hören.
    Ihr Herz rutschte ihr in die Hose - sie war der festen Überzeugung gewesen, dass Kain durch eine Hintertür oder ein anderes Fenster hatte erwischen können. Sie drehte sich unschlüssig um.

    "Das ist nicht dein Ernst. Du magst ihn nichtmal! Rette deine Haut und überlass ihn sein Schicksal", redete Mumpitz auf sie ein.
    "Aber..." Cosi überlegte. Was "aber"? Aber er war ein Bandenmitglied? Aber Larson würde sie köpfen?
    Ich gucke es mir einfach nur näher an. Ich kann immernoch abhauen, wenn ich nichts ausrichten kann.

    Sie näherte sich vorsichtig dem Marktplatz. Kain, dieser Idiot, versuchte tatsächlich der Wache weiszumachen, dass er den Mann nur besuchen wollte. Cosima seufzte und schüttelte den Kopf. Hier kam jede Hilfe zu spät, sowohl intelektuell als auch in Bezug auf seine Festnahme.

    Halb erleichtert, halb schuldbewusst wandte sie sich wieder zum gehen.
    Weit kam sie allerdings nicht, denn eine Frau rammte sie mit voller Wucht und riss sie mit zu Boden.

    "He, hast du keine Augen im Kopf?", rief Cosima wütend. Sie schubbste die Fremde von sich runter und rappelte sich mühsam auf.
    Schon kamen weitere Wachen angerannt und brüllten nach einer Hexe. Dem panischen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war ihre Umwerferin damit gemeint.

    "Was machst du denn da?", rief Mumpitz entsetzt in ihr Ohr, als sie ohne zu überlegen die Hand der Fremden packte, sie vom Boden hochzog und, weiterhin die Hand umklammernd, mit ihr Hals über Kopf wegrannte.
    "Ich bereinige mein Karma", schnaufte Cosima als Antwort und bog scharf rechts ab.

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  • Amüsiert beobachtete Ginster das wirre Geschehen von der hohen Gartenmauer aus. Während von links Wachen kamen, die den Dieb wieder jagten, der sich soeben losreissen und im Gewusel verschwinden konnte, hatte sich seine Helfershelferin die Hexe geschnappt und rannte mit ihr im Schlepptau Richtung Markt. Alles zeterte und schrie und bellte...

    Bellte?
    Ginster erschrak zu Tode, als der gigantische Wachhund mit sabbernden Lefzen vom Herrenhaus her auf ihn zu rannte. Er schätzte ab. Ja. Mit dem Tempo würde der Köter es wahrscheinlich schaffen, über die Mauer zu springen.
    Ginster fauchte laut seinen Protest und floh ebenfalls.
    Richtung Markt.


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    Adelle wusste kaum, wie ihr geschah, als die junge Frau ihre Hand ergriff und sie mit sich zog.
    Das war ihr ja noch nie passiert.

    "Fremde Hilfe", dachte sich die Magierin. "Faszinierend."

    Sie konnte nicht bestreiten, dass sie alle Mühe damit hatte Schritt zu halten. Die Beine der Fremden überschlugen sich geradezu, während Adelle nicht ganz so flink unterwegs war.
    Und als die Frau dann noch scharf rechts abbog, befürchtete die Magierin, dass sie geradeaus in einen Marktstand fliegen würde, aber an der Hand, wurde sie natürlich mitgerissen.
    Sie passierten Menschen, schoben sich an den Besuchern des Marktes vorbei und schlichen sich wieder von diesem davon.
    Seitenstechen war alles, was Adelle noch spürte und das Brennen ihrer Lunge.
    Als die Frau vor ihr erneut in eine lange, schmale Gasse abbog, musste sie pausieren. Sie konnte nicht mehr. Dort war vorerst Ende für sie.
    Kurzerhand riss sie sich los und drehte sich um.
    Hektisch wühlte sie in den Beuteln an ihrem Gürtel, welchen sie um ihr grünes Kleid gebunden hatte.

    "Nein, das sind Rosen, Margeriten, Buchsbaum ... Wo sind sie denn?", murmelte sie, während die junge Frau hinter ihr vermutlich darüber nachdachte, ob sie weiterrennen oder bei ihr stehenbleiben sollte.
    "Ah, da sind sie ja!"

    Adelle warf erneut Samen auf den schlecht gepflasterten Weg der Seitengasse und schloss ihre Augen. Sie hörte die Rufe der Wachmänner, durfte sich aber nicht aus der Ruhe bringen lassen.
    Leise murmelte sie Worte und fuhr mit ihren Händen in den Himmel, ehe sie mit ihrem rechten Fuß aufstampfte.
    Danach schoss ein Rankengewächs aus den breiten Fugen des Kopfsteinpflasters und ließ sich von ihren hin und herbewegenden Händen lenken. Damit versperrte Adelle den ankommenden Wachmännern zunächst den Weg.

    "Wir sollten weiter", fuhr sie zu der jungen Frau herum. "Schwerter und Pflanzen vertragen sich nicht allzu lange."

  • Cosima blieb stehen und beobachtete das Mädchen mit offenem Mund.
    Mumpitz schien nicht weniger erstaunt: "Cosi, sie ist TATSÄCHLICH eine Hexe..."
    Sie schluckte schwer und wollte gerade etwas sagen, als sich die Fremde ruckartig zu ihr umdrehte und sie an ihre Verfolger erinnerte.

    Cosima blickte sich suchend um und entdeckte genau das richtige. Sie sprang leichtfüßig auf eine Mülltonne und zog sich dann mit etwas Kraftaufwand auf das Dach eines kleinen Hauses. Sie ließ sich flach hinfallen, beugte sich über den Rand und streckte ihre Hände nach unten.
    "Los, komm zu mir hoch, dann hängen wir sie ab!"

    Ihre Begleiterin stellte sich nicht gerade geschickt an, schaffte es mit Cosis Hilfe aber, ebenfalls auf das Dach zu klettern. Keinen Augenblick zu spät, unten brachen die Wachen gerade durch die Ranken, sahen sich hektisch um und rannten schließlich die Gasse weiter.

    "Na herzlichen Glückwunsch, jetzt bist du mit einer HEXE - einer HEXE - alleine. Du hättest sie ausliefern sollen", flüsterte Mumpitz in ihr Ohr.
    Sie blickte ihn böse an und antwortete: "Hast du sie noch alle? Ich kann doch nicht an einem Tag zwei Leute ins Gefängnis bringen. Außerdem", Cosi wandte sich strahlend zu ihrer Umwerferin, "bist du bestimmt eine total liebe Hexe, nicht?"

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  • Entsetzt starrte Ginster auf die Ranken, die direkt vor ihm aus dem nackten Boden schossen. Was zum Henker? Er drehte sich um, sah den riesigen Wachhund, gefolgt von einer Meute mordlustiger Hexenjäger, knurrend auf sich zurennen. Er sass fest. Blieb nur noch eins...

    "AUS! PLATZ! BÖSER HUND!" Dieser hielt tatsächlich schlitternd an und betrachtete seine Beute in verwirrter Faszination. Ginster ergriff seine Chance, schlug mit ausgefahrenen Krallen nach der Hundenase, nahm Anlauf und kletterte mühselig den Ranken nach nach oben, um über das nächste Hausdach zu entkommen. Glück gehabt.


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    Adelle blickte verwirrt drein, als die junge Frau neben ihr, erst mit sich selbst sprach, aber dann sich ihr zuwandte.

    "Führt sie Selbstgespräche?", dachte die Magierin.

    Naja, wer im Kerker saß, sollte nicht die Freien auslachen, denn immerhin führte Adelle auch Gespräche mit ihren Pflanzen und Tierfreunden. Da besaß sie zwar ein Gegenüber, aber die Unterhaltungen verliefen auch meist einseitig.
    Nichtsdestotrotz streckte sie der jungen Frau ihre Hand freundlich entgegen.
    Sie wollte sich ihrer Aufheberin zumindest vorstellen.

    "Mein Name ist Adelle, Adelle vom Buchenhof. Und nein, ich bin keine Hexe, aber eine Magierin."


    Während sie auf die Erwiderung ihres Handgrußes wartete, sah sie im Augenwinkel einen, recht groß geratenen, Kater, der ebenso gehetzt aussah wie sie. Immer wieder zurückblickend, spazierte dieser über das Dach, auf dem die beiden Frauen saßen.

  • Interessiert folgte Tiligan dem Mob, den eine wütende Frau drohend schwenkte. Immer wieder war das Wort Hexe zu hören. Von diesen alten Waschweibern, die nie eine Bedieungsanleitung zu einem Besen gelesen hatten, hatte Tiligan bisher nur Geschichten gehört. In seiner Heimat gab es dergleichen nicht. Ironisch, dass eine Hexe von einem wütenden Mob aufgeknüpft werden würde.


    Tiligan ließ sich etwas zurückfallen und nahm eine Seitengasse, die mit Müll und anderem Unrat besudelt war. Er kannte den allgemeinen Aufbau von Städten, das hatte er damals im Unterricht über Strategie und Taktik gelernt. Es war ein interessantes Thema gewesen, wenn auch nur, damit er immer den passenden Fluchtweg vor wütenden Vätern oder Ehemännern hatte. Seinem überlegenen Navigationssinn war es zu verdanken, dass ihn nie jemand erwischt oder auch nur identifiziert hatte.
    Er joggte weiter, bog rechts ab und dann links und wieder ... Wo war er?
    Tiligan kratzte sich am Kopf, lief weiter, folgte einer breiteren Straße, dann einer weiteren Gasse und auf einmal sah er, wie sich eine Horde wütender Wachen durch ... ein Gebüsch schlugen, das mitten in der Gasse emporgeschossen war. Was zum ...

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    Hört das Flüstern:

    Der Orden der Geweihten

  • Ginster erschrak fürchterlich, als er die beiden Frauen auf dem Dach bemerkte. Die Diebin und die Hexe. Beide wirkten etwas ... nunja, verwirrt.
    Unter ihnen bellte und zeterte es. Ginster sah über den Dachrand und blickte auf die Meute, die sich teils im Gestrüpp befand, teils versuchte, die Wand emporzuklettern, sich teils bereits begann, gegenseitig die Nase einzuschlagen.
    Was für eine Stadt.

    Er fasste den Beschluss, dass es an der Zeit wäre, sie zu verlassen. Was am einfachsten in einem der Marktkarren geschehen würde.

    "Na du? Was für ein grosser Bursche du bist! Wirkst mir ganz wie eine Wildkatze..." Entsetzt drehte sich Ginster um, als die Hexe plötzlich strahlend aufsprang und mit aufgestreckten Armen auf ihn zukam. Es überraschte ihn zwar, dass sie offenbar sofort erkannt hatte, was genau er war, aber seiner Meinung nach sollte sie in diesem Falle auch wissen, dass Wildkatzen keine Kuscheltiere sind. Ginster schon gar nicht.
    "Wo kommst du denn her...?, begann sie und wollte soeben seine Ohren Kraulen. Ginster fauchte.
    [b]"Bestimmt nicht aus dem Streichelzoo, Gnädigste. Nimm deine Pfoten da weg!"


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  • Cosima blieb ruckartig stehen.
    Sie war gerade dabei gewesen, Adelle wieder an der Hand zu packen und weg von den Wachen, weg von dem Kampf und weg von dem süßen Kätzchen zu zerren, auf das ihr von ihr auserkorener Schützling begeistert zuging. Hatte sie gerade nichts anderes im Kopf, als knuddeln zu wollen? Auch wenn diese Wildkatze wirklich knuffig aussah...
    Bevor Cosima Adelles Hand allerdings zu fassen bekam, zischte eben jene Knuff-Katze: "Bestimmt nicht aus dem Streichelzoo, Gnädigste. Nimm deine Pfoten da weg!"

    Eine sprechende Riesenkatze.
    Cosima starrte das Tier kurz an, zuckte dann mit den Schultern und sagte: "Die Pfoten hast wohl eher du hier, oder nicht? Wir können eh nicht bleiben, um dich zu streicheln, wir müssen hier verschwinden!" Bei den letzten Worten wandte sie sich an Adelle und versuchte mahnend zu klingen. Sie schien Cosima aber nichtmal gehört zu haben, sie starrte nur vollkommen entgeistert diese Katze an und war dabei in ihrer Bewegung wie festgefroren.

    Die Katze schien gleichzeitig verärgert und verwirrt zu sein.
    "Als ob ich sehnlichst darauf warte, von euren dreckigen Patschehänden berührt zu werden." Sie lachte etwas pikiert auf. "Stört es dich gar nicht, dass ein Tier mit dir redet?" Sie schien die Frage nur widerwillig zu stellen, als ob es ihr nicht behagte, zuzugeben, dass sie irgendetwas an Cosima interessierte. Die Neugier schien aber gesiegt zu haben.

    "Wieso sollte es mich stören? Mumpitz hier", Cosi deutete auf ihre Schulter und stach dabei fast ihren Finger in Mumpitz' Auge, "redet ja schließlich auch, oder?"

    Dieser meldete sich auch gleich zu Wort: "Immer diese Katzen mit ihrer Hochmut, als ob sie die einzigen wären, die mit der Gabe der Sprache beschenkt worden sind... eingebildetes Pack!"

    "Mumpitz! So spricht man nicht von Fremden!", empörte sich Cosima. An die Katze gewandt fuhr sie fort: "Verzeih, er ist heute etwas schlecht gelaunt. Du bist bestimmt eine sehr nette Katze und gar nicht hochmütig."

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  • Eine Art entsetzte Faszination erfasste Ginster und er legte den Kopf schief. Die hatte definitiv einen Knall.

    Es ist bekannt, dass Katzen sich zu solchen Menschen hingezogen fühlen. Nicht umsonst sind es die verrückten alten Tanten, die jeweils von ganzen Rudeln von Stubentigern umgeben sind. Die Hexe, die ob seiner Worte erschrocken zurückgewichen war, sah ebenfalls verwirrt zwischen den beiden hin und her.

    Der Kater setzte sich hin und versuchte, möglichst elegant zu erscheinen, als er sagte: "Nun, auch mir ist daran gelegen, die Stadt zu verlassen. Ich dachte dabei an eine Mitfahrgelegenheit auf einem der Lieferkarren. Vielleicht wollt ihr euch mir anschliessen?

    Die Hexe schwieg noch immer mit riesigen Augen, die Diebin hingegen nickte nur freundlich und sagte: "Was meinst du, Mumpitz? Klingt nach einem Plan."

    Er wollte es sich kaum eingestehen, aber Ginster war irgendwie dankbar, dass sie ihn als so etwas ... normales sah.


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    • Offizieller Beitrag

    "Jetzt war ist es passiert", dachte sich Adelle, "Jetzt hab ich entgültig meinen Verstand verloren! Ob man ihn wiederfinden kann?"
    Da stand sie vor den beiden, die darüber sprachen, dass sie zusammen weiterreisen wollten.
    Ein sprechender Kater und eine Irre, die mit ihrer Schulter sprach. Fehlte nur noch ein Vollpfosten.
    Wo war sie dort wieder hineingeraten? Sie wollte doch bloß ihrer Arbeit nachgehen und nicht einen Verein der Kuriositäten aufmachen.
    Adelle war nur erleichtert, dass auch die Fremde vor ihr das Tier gehört hatte. Als Magierin war es ihr nicht fremd, dass Zauber so etwas bei einem Tier bewirken konnten, aber gesehen hatte sie es noch nie. Ob der Kater verhext ... verzaubert, verzaubert worden war?

    Adelle hasste das Wort mit "H". Es war ein Schimpfwort für Frauen ihrer Zunft.
    Und eigentlich reagierte sie sehr gereizt darauf, wenn man sie als solches bezeichnete, aber in der Eile, der Not, der Verwirrung und wegen ... wegen allem einfach, sah sie diesmal darüber hinweg.

    "So", setzte sie aus ihrer Starre heraus an. "Mit einem Karren also?"
    Überrascht fuhren Cosima und der Kater zu ihr herum. Vermutlich dachten sie, dass "Es" ja doch reden kann, nachdem der Großteil ihres Gesprächs an der Magierin vorbeigegangen war. Verständlich, wenn man die Situation betrachtete.
    "Da brauchen wir nicht lange zu suchen. Ich bin eine fahrende Magierin und da ich nicht glaube, dass ich hier noch etwas zu tun habe, können wir meinen nehmen. Meine beiden Pferde, Karlheinz und Hans Diether, sind eingespannt. Denn irgendwie muss ich ja meine ganzen Werkzeuge, Samen und Utensilien transportieren. Wir haben allerdings ein kleines Problem; er steht vor dem Grundstück, von wo ich kam. Ich werde ihn nicht holen können. Irgendwelche Freiwilligen?"