Es gibt 62 Antworten in diesem Thema, welches 22.391 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (27. September 2018 um 10:15) ist von Klimbim.

  • Cosima klatschte vergnügt in die Hände.
    "Du hast einen Karren? Das ist ja super! Ich könnte ihn holen, ich -"
    Unter ihnen schrien sich die Soldaten Befehle zu und rannten in unterschiedliche Richtungen davon. Sie versuchten anscheinend, eine andere Aufstiegsmöglichkeit für das Dach zu finden.
    "Ich kann ihn nicht holen", verbesserte Cosima sich. Sie hatte Adelle zur Flucht verholfen, die wären bestimmt auch nicht begeistert, wenn sie durch die Stadt spazierte.

    "Hat hier jemand nach einem Helden verlangt?"

    Adelle, Cosima und die Katze drehten sich um - an einer Regenrinne hing ein junger Mann und versuchte anscheinend den Eindruck zu erwecken, dass er dort gerne hing und nirgends anders lieber wäre.

    Niemand antwortete ihm.

    "Keine Sorge, ich helfe gerne holden Jungfrauen in Nöten. Wartet hier, ich erledige den Rest." Der Fremde blickte sich kurz stirnrunzelnd um, ließ dann die Regenrinne los und fiel unsanft auf seinen Hintern.
    Cosima kicherte leise und wollte elegant neben ihm landen - vergaß dabei allerdings ihr eigenes Ungeschick. Ihr Hintern platzierte sich direkt neben dem den Fremden.
    Dieser sprang sogleich auf, richtete sich selbstbewusst auf und zog Cosima an einer Hand wieder hoch.
    "Nana, das überlassen wir wohl lieber den Profis. Grämt euch nicht, nicht jeder kann die Eleganz eines Prinzen an den Tag legen.. so wie ich." Er schenkte ihr ein Prinz-Charming-Lächeln und lief dann in eine Richtung davon, wahrscheinlich um den Karren zu holen.
    "Cosi, der läuft doch in die falsche...", krächzte Mumpitz.
    Cosima seufzte und rannte dem Fremden hinterher.
    Eingebildeter Schnösel!

    Sometimes, you read a book and it fills you with this weird evangelical zeal, and you become convinced that the shattered world will never be put back together unless and until all living humans read the book.

    • Offizieller Beitrag

    Adelle schaute noch verwirrter drein.
    "Da haben wir den Trottel vom Dienst!", sprach sie zum Kater, der mindestens genauso überrascht aussah. Zumindest hatte er seine Ohren spitz aufgestellt und die Magierin glaubte ein Kopfschütteln gesehen zu haben.

    "Und was sollte überhaupt dieses holde Jungfrauen-Getue? Wenn ich eins mit Sicherheit weiß, dann, dass ich Scorpion bin!"
    Die junge Frau zwinkerte der Katze verstohlen zu. Irgendwie beruhigte es Adelle, dass dieses Tier sie verstehen und sogar antworten konnte.
    "Ich glaube, Kater, wir sollten die beiden aus sicherer Entfernung beobachten, was meinst du?"
    Richtungsweisend nickte Adelle in die entgegengesetzte Richtung, in welche die anderen beiden Helden verschwunden waren. An der Regenrinne warf sie wieder ein paar Samen hinunter, aus denen Ranken schossen, welche eine Leiter für die Magierin formten.
    "Ich springe von keinem Dach!", murmelte sie dabei und schaute sich um.
    Es waren keine Wachen zu sehen, also konnte sie ihren Weg fortsetzen.
    Unten angekommen schaute sie wartend nach oben.

  • Einen Karren zu finden konnte nicht so schwer sein. Es gab immer jemanden, der den Karren in den Dreck fuhr und diese Stadt war so schmutzig, dass an jeder Ecke einer sein musste.
    Tiligan setzte energisch einen Fuß vor den anderen, während er versuchte den Eindruck zu erwecken, dass er schwebte.
    "Ihr müsst mir nicht folgen. Ich schaff das schon allein." Er wandte sich zu der jungen Frau um, die ihm folgte. "Ist doch nur da vorne rechts ... und dann links ..."
    Er versuchte möglichst sicher zu wirken, aber hier sah für ihn alles gleich aus. Es gab so gut wie nichts, an dem er sich orientieren konnte.
    Er beschleunigte seine Schritte, um entschlossen auszusehen.
    Wieso tat er das eigentlich? Wegen zwei Frauen auf einem Dach? Und einer Katze? Die Katze war groß gewesen und irgendwie ... seltsam.
    Sie alle waren seltsam! Wer er hier der einzige Normale?
    Kopfschüttelnd bog er links ab und stieß mit einer Wache zusammen. "Was zum ... oh, hallo. Euch habe ich gesucht, helft mir bitte."
    Die Wache stieß ihn weg und verschränkt wütend die Arme vor der Brust. "Was ist?"
    "Eine Hexe. Da war eine Hexe, sie hat so Blätterzeug und sone Samen, dann hat sie die geworfen und es sind Blumen gesprossen und Bäume und alles war grün und ... es war schrecklich. Sie hat irgendwelche Sprüche gemurmelt und mit den Händen herumgewedelt. Sie war total aggressiv und ..."
    "Wo ist sie?" Die Wache hatte die Hand an den Griff seiner Waffe gelegt und sein Blick verfinsterte nicht nur sich, sondern auch seine unmittelbare Umgebung.
    "Sie ist dort entlang, glaube ich!" Tiligan deutete nach rechts den Weg hinunter.
    Zum Glück fragte sich die Wache nicht, woher er das wissen konnte, wenn er gerade erst aus einer ganz anderen Richtung gekommen war und rannte los.
    Tiligan atmete auf.

    Manchmal flüstert der Wind eine Legende,
    bevor die Geschichte sie zu schreiben vermag.

    Hört das Flüstern:

    Der Orden der Geweihten

  • Cosima folgte dem Fremden genervt. Wenn das so weiterging, sind sie bald dreimal im Kreis gelaufen und dem Karren trotzdem keinen Schritt näher gekommen. Sie wollte ihm das gerade zurufen, als er um die Ecke bog und anscheinend eine Wache traf. Cosi bleib angewurzelt stehen, wenn der Fremde sich jetzt verplapperte...
    Aber sie fürchtete sich umsonst. Vielleicht war er doch nicht ganz so dumm, wie sie ihn momentan einschätzte, zumindest wurde er die Wache los und schickte sie sogar in die falsche Richtung.
    Eine neue Taktik war angesagt.

    "Danke, dass du Adelle nicht verraten hast. Wie klug du die Wache überlistet hast, das wäre mir nicht eingefallen. Jetzt willst du bestimmt nach rechts, oder? Richtung Karren? Du hast ja so einen guten Orientierungssinn, ich wäre hier aufgeschmissen!"
    Mumpitz machte auf ihrer Schulter Geräusche zwischen Belustigung und Ungläubigkeit. Cosima ignorierte ihn. Stattdessen lotse sie den Fremden durch Ausrufe wie: "Jetzt wäre ich beinahe links gegangen, wie gut, dass du schon in die andere Richtung wolltest!" zielsicher durch die Stadt. Sie war sich nicht sicher, ob ihm bewusst war, was sie da tat und einen zu großen Stolz hatte oder ob er es wirklich nicht mitbekam.

    Egal wie, hauptsache sie kamen an dem Karren an, genau wie Adelle es gesagt hatte. Nur - dort stand bereits jemand.
    Cosima kniff ihre Augen zusammen, um die Gestalten besser erkennen zu können und atmete erleichtert auf, als Mumpitz sagte: "Deine neue Freundin und dieses... Tier... warten anscheinend schon auf uns."

    Er hatte Recht. Anscheinend waren sie des Wartens leid gewesen und wollten helfen, den Karren zu holen. Dass Cosima und der Fremde erst eine Weltreise im Kreis veranstalten mussten, konnten sie natürlich nicht wissen.

    "Entschuldigt, wir sind unterwegs auf Wachen gestoßen und 'jemand' hier hatte Probleme mit der Orientierung. Lasst uns schnell aufbrechen, bevor noch einer von uns erwischt wird."

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    • Offizieller Beitrag

    "Ich bin ganz deiner Meinung!", gab Adelle der jungen Frau recht und beäugte den Herrn hinter ihr, der leicht abwesend schien.
    Tagträumte er etwa? Sie konnte sich vorstellen, dass dieser edle Herr Probleme hatte sich zu orientieren. Ihm fehlte vermutlich sein Haus und Hofdiener, der ihm die Richtung weiste und die Schuhe anzog.
    Aber sie durften nicht noch mehr Zeit verlieren.
    Die Magierin schaute sich um und begab sich dann auf die Rückseite ihres Karrens. Versteckt unter Stoff, und einer Holzplatte, besaß der überdachte Wagen einen doppelten Boden, denn wie gesagt, Adelle war nicht das erste Mal in Schwierigkeiten geraten.
    "Wir beide sollten uns hier drin verstecken", sprach die Magierin an die Diebin gewandt, "während der strahlende Held in schimmliger Rüstung den Karren aus der Stadt herausbringt. Der Platz sollte vollkommen genügen und ersticken werden wir wegen den Luftlöchern auch nicht."
    Noch einmal überprüfte sie die Gegend, ob nicht ein paar Wachen herumschlichen und stieg dann in den Wagen. Warten blickte sie die junge Frau an und rückte beiseite.
    Der Kater konnte wohl unbedenklich auf dem Kutschbock Platz nehmen oder im hinteren Bereich.
    "Heh, Prinz Wolkenguck von Passnichauf", blaffte Adelle den augenscheinlichen Ritter an, der grinsend dastand und immer noch aussah, als malte er sich schon seine zukünftigen Heldentaten aus, bei denen er sich sicherlich verlaufen würde.
    "Es wäre sehr nett, wenn du den Deckel zumachen würdest!"

  • Wieso mache ich das, fragte Tiligan sich, während er den Deckel schloss.
    Er konnte sie einfach an die Wachen verraten, vielleicht sogar ein Kopfgeld bekommen und eine Belobigung, die er seinem Vater zeigen konnte.
    Er schmunzelte, als er sich auf den Kutschbock niederließ und langsam losfuhr. Hier waren die Straßen gut gepflastert, aber es gab Nebengassen ... Sie hatten sich über ihn lustig gemacht und das war nicht das, wonach er sich sehnte - da hätte er auch Zuhause bleiben können. Tiligan lenkte den Wagen in eine Seitengasse und ließ das Zugtier beschleunigen. "Festhalten!", rief er den Mitfahrern zu und blickte zu der Katze. "Was ist deine Aufgabe hier?"
    Die Straße wurde schlechter, die Löcher tiefer und die Fahrt immer ungemütlicher. Tiligan hielt das aus, denn er wusste, dass es anderen schlechter ging als ihm. Als er annahm, dass sie die Lektion gelernt hatten, lenkte er den Karren wieder auf eine der Hauptstraßen in Richtung Tor.
    "Pass doch auf!" Der Schrei war auf ein Klirren gefolgt und Tiligan blickte auf einen Scherbenhaufen, der sich von ihm entfernte. Also ... er entfernte sich vom Schwerbenhaufen.
    "Verzeiht", rief er, sich seiner Herkunft bewusst und winkte der wütenden Hausfrau freundlich zu.

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  • Ginster war verwirrt. Er versuchte krampfhaft, auf dem wackligen Kutschbock eine einigermassen erhabene Körperhaltung zu bewahren, aber, auch wenn er es nie jemandem gestanden hätte, bei Kutschfahrten auf holprigen Strassen wurde ihm immer schlecht. Er hasste es einfach. Der nervöse, ungeschickt lenkende Ritter neben ihm verbesserte die Situation auch nicht.
    Hinter ihm hörte er leises Fluchen aus dem doppelten Boden, sowie ein entsetztes "Schhht!".

    Soeben wurde nochmals ein Stand überfahren, einer voller Früchte. Reife Melonen kullerten über die Strasse und zerplatzen hin und wieder. Fluchen und Geschrei wurde laut.
    Na toll, dachte sich der Kater. Das würde wieder die Wachen anlocken. Sollte er vom Karren springen? Wohl die beste Idee. Er blickte über den Rand und zog den Kopf beim anblick des vorbeirasenden Kopfsteinpflasters entsetzt wieder zurück. Keine Option.

    Also bleibt nur noch eins.
    GIB GAS, DU NARR


    "You know what the big problem is in telling fantasy and reality apart? They're both ridiculous."

    - Twelve

    • Offizieller Beitrag

    Adelle und Cosima wurden gut durchgeschüttelt. Die Diebin entschuldigte sich immer wieder bei der Magierin, wenn diese halb in ihrem üppigen Dekolletee hing, genauso wie Adelle um Verzeihung bat, wenn ihr Ellenbogen in Cosimas Rippen landete. Die beiden konnten aber jeweils gar nichts dafür, denn es lag an dem rassanten Fahrer.
    Die Magierin hoffte, dass ihre beiden Pferde dabei unverletzt blieben. Sie dachte sich schon tausende Bestrafungen für den Ritter aus. Ihre beste Idee war, dass sie ihn fesseln wollte und Bambus durch seinen Rücken wachsen lassen würde, langsam und qualvoll. Er sollte verrecken, wenn auch nur ein einziges Tier sich einen Splitter einfuhr.
    Sie fluchte, schimpfte, Cosima hatte schon recht, als sie meinte, dass dies ihnen nicht weiterhalf.
    Noch einmal kam eine scharfe Kurve und die beiden Frauen wurden umhergeschleudert, wobei auch bei der Diebin die Wutader wuchs.
    Die beiden Frauen waren sich einig.
    Das tat er mir Absicht!
    Und der Schmalspurheld würde es bereuen ...

  • Tiligans Fahrstil besserte sich, als er für sich entschied, dass er sich genug gerächt hatte. Ein triumphierendes Lächeln beherrschte sein Gesicht, als er die Pferde etwas abbremmste und gemächlich auf das Stadttor zuhielt. Die Wachen kontrollierten gerade ein Ochsengespann und unterhielten sich mit dem Eigentümer, der wild gestikulierend irgendetwas abstritt. Tiligan hielt sicherheitshalber etwas Abstand. Er sah zu der Katze neben sich. Sie würde ihn nicht unbedingt glaubwürdiger erscheinen lassen.
    "Hast du einen Tipp?", fragte er die Katze und kratzte sich nervös hinterm Ohr.
    Ich spreche mit einer Katze ...
    Er stieg vom Kutschbock, ging zu den Pferden und fragte. "Habt ihr einen Tipp für mich?"
    Er musste zusehen, wie die Wachen den Karren des Händlers vor ihm durchsuchten und allerlei Gemüse und billiges Tuch durch die Gegend wirbelte. Sie fanden offenbar nichts, ließen den Mann jedoch auch nicht in Ruhe, löcherten ihn mit Fragen.
    "Ist es denn?", Tiligan trat näher und alle drehten sich zu ihm um. "Das ist doch nicht wahr! Gibts dich auch noch? Unglaublich, komm her, alter Freund."
    Er nahm den völlig verdutzten Händler in die Arme, der es zögerlich erwiderte. Die ehemals wertvollen Gewänder Tiligans schienen zumindest etwas Eindruck zu schinden.
    "Wir müssen unbedingt ein Bier zusammen trinken. Fährst du auch nach Zaundorf? Unglaublich. Dann komm, ich habe viel zu erzählen. Warte, ich hole meinen Wagen. Ihr seid doch durch hier, oder?", wandte Tiligan sich an die völlig überrumpelten Wächter. "Wollt ihr mitkommen? Ich lade euch ein. Freunde meines Freundes sind mir stets willkommen."
    "Nein, Sir. Vielen Dank. Wir dürfen nicht. Aber heute abend ..." Er grinste seinem Kollegen zu.
    Tiligan lachte. "Ich bin erst in zwei tagen wieder hier. Den Abend lade ich euch ein. Bist du dabei?"
    Er klopfte dem Händler auf die Schultern und dieser nickte eifrigt.
    "Das ist doch gut. Ich wünsch euch einen angenehmen Tag. Haltet nach doppelten Böden ausschau. In Felsklamm, meiner Heimat, haben die das dauernd versucht."
    "Ihr seid aus Felsklamm?" Der Wächter wirkte überrascht.
    "Natürlich. Wo bekommt man sonst solche Schwerter her?" Tiligan zog den Umhang etwas zur Seite und gab den Blick auf eine elegante Waffe frei.
    Die Wachen staunten.
    "Wir müssen jetzt aber wirklich los. Wir reden in Ruhe bei einem Humpen", sagte Tiligan schlichtweg und wirkte als rechne er mit Allem, aber nicht damit, dass man ihn durchsuchen würde. Vielleicht war es diese Selbstsicherheit, vielleicht seine Herkunft und die Geschichten, die sich um Krieger aus Felsklamm rankten, vielleicht aber auch einfach das Inaussichtstellen eines Humpen Biers, was ihm die unbehelligte Weiterfahrt beschehrte.
    So wurde sogar die Katze auf seinem Kutschbock nur kurz verirrt betrachtet und sie ließen die Stadt hinter sich.


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  • Ginsters Gleichgültigkeit war nur halb gespielt- Ihm wäre es leicht gefallen, den Kutschbock mit einem Fachen zu verlassen und seines Weges zu ziehen. Aber er war neugierig, darum war er froh, dass der Mann sie so geschickt aus der Klemme gezogen hatte. Es verblüffte ihn, dass offenbar alle drei Menschen es als nichts Besonderes sahen, dass er reden konnte. Er musste wissen, wer diese Leute waren.

    Die nächsten zehn Minuten der Fahrt verliefen ruhig, bis unter ihnen ein Geklopfe losging.
    "Ich vermute mal, die Damen möchten an die frische Luft."
    Der Junge schenkte der Katze einen langen, nicht einzuschätzenden Blick, und fuhr dann an den Strassenrand, um die Mädchen zu befreien. Ginster folgte ihm. Das wollte er nicht verpassen.


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  • Eigentlich sollte Cosima vor Wut kochen. Eigentlich hatten sie und Adelle bereits geklärt, wer von ihnen diesen Idioten festhielt und wer auf sein Gesicht einschlagen durfte - und am besten auch noch auf andere Körperstellen. Doch nachdem er sie - durchaus gekonnt, wie Cosima zugeben musste - aus der Stadt herausgebracht hatte, hatte sich die Wut in eine kleine Ecke ihres Körpers zurückgezogen.

    "Also, danke. Denke ich...", sagte Cosima und machte ein entschuldigendes Gesicht in Richtung Adelle. Diese zuckte nur mit den Schultern, entweder war sie ebenfalls nicht mehr so sauer oder sie hob sich das Gefühl für eine bessere Gelegenheit auf.

    "Ich glaube, wir haben uns größtenteils noch gar nicht vorgestellt. Ich weiß nur, dass sie", Cosima fuchtelte mit der Hand zu ihrer Umschmeißerin, "Adelle heißt. Ich bin Cosima. Das da hier", jetzt deutete sie auf ihren treuen Begleiter, "ist mein Rabe Mumpitz. Er ist manchmal etwas vorlaut, aber eigentlich eine liebe Seele."
    Alle starrten verwirrt abwechselnd auf Cosimas Schulter und in ihr Gesicht. Der Kater sah dabei so aus, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wie unhöflich.
    "Ähm... und, wie heißt ihr zwei?"

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  • Tiligan strich sich das Haar zurück und setzte ein süffisantes Grinsen auf.
    "So", sagte er und stieg vom Kutschbock. "Hat doch super geklappt."
    Er öffnete den doppelten Boden und ließ die Damen aussteigen. Sie wirkten innerlich zerrissen, als wüssten sie nicht, ob sie dankbar oder wütend sein sollten. Neben Mordlust war auch eine geringe Anerkennung in den Mienen der Frauen zu erkennen.
    Eine von ihnen dankte ihm gar, was er mit einer galanten Verbeugung annahm. Dann fragte diese nach seinem Namen.
    "Tiligan." Erneut verbeugte er sich und als er wieder hochkam fügte er hinzu. "Tiligan von Felsklamm."
    Er rechnete damit, dass sich ihre Augen weiteten, als er ihnen seine edle Herkunft offenbarte, aber er wurde enttäuscht. Das nahm irgendwie auch seiner hochtrabenden Verbeugung die Wirkung und zog sie ein wenig in die Lächerlichkeit.
    "Nun denn." Er kratzte sich am Kopf und sah sich um. "Wir sind draußen. Was machen wir denn jetzt? Ich hab Zeit. Und Hunger."

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  • Auch der Kater war hinter dem Mann, der offenbar Tilligan hiess, zu den beiden Mädchen stolziert. Er legte auf die Frage hin den Kopf schief und sagte: "Nennt mich Ginster. Was die Zeit angeht, hatte ich davon noch nie zu wenig. Hunger hingegen plagt mich kaum - ich hatte eine erfolgreiche Nacht."

    Adelle strahlte ihn an, was ihn nur noch misstrauischer machte. Spielten sie mit ihm? Was hatten sie vor?

    Die Hexe holte in diesem Augenblick Luft und sagte: "Also, ich finde ja,...


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    • Offizieller Beitrag

    "... es großartig, dass wir uns alle einander vorstellen, aber wie soll es weitergehen?", sprach Adelle mit einem gespielt freudigem Grinsen im Gesicht, welcher von ihrem sarkastischen Unterton unterstrichen wurde.
    "Ich habe schon immer davon geträumt mit einem sprechenden Riesenkater, einem hölzernen Möchtegernadligen und einer ..." Sie wandte ihren Blick Cosima zu, die ihr, trotz ihres imaginären Vogels, den sie für Adelle auch an anderer Stelle hatte, am Normalsten vorkam.
    "Was bist du eigentlich?"
    Wie erwähnt, Adelle tat sich schwer mit Höflichkeiten und anderen Menschen. Natürlich froh über die geglückte Flucht aus der Stadt, brachte sie ein knappes "Trotzdem Danke" hervor.
    Wobei sie dann ihre Augen weit aufriss und Tilligan zur Seite stieß.
    "Meine Pflanzen ... Meine ...", schimpfte Adelle und schaute in den Karren. Überall lagen Blumenzwiebeln herum, Samen waren auf dem hölzernen Boden verstreut und einer ihrer Pfanzkübel fehlte, welcher wohl bei der rasanten Fahrt aus dem Wagen gefallen sein musste. Mürbe fuhr sie sich über ihr Gesicht und zog dabei ihre Lider weit nach unten.
    "Das ist eine Katastrophe. Veilchen bei Tomaten ... Hyazinthen bei Rosen."
    Mit buchstäblich Feuer in ihren Augen wandte sie sich dem Mann zu, der dies zu verantworten hatte.
    "Ich hoffe Ihr seid adlig genug, um mir das zu ersetzen! Das ist mein Lebensunterhalt! UND WENN HIER NOCH EINER DAS WORT MIT "H" ERWÄHNT, LASSE ICH IHM BAMBUS DURCH DEN RÜCKEN WACHSEN!"
    Das Wort hatte gerade gar keiner erwähnt, aber die Magiern meinte zu wissen, was alle dachten. Immerhin regte sie sich über ein paar Blumen auf.
    In diesem Moment konnte man aus den Gesichtern der anwesenden lesen, dass ...

  • "Ich habe schon immer davon geträumt mit einem sprechenden Riesenkater, einem hölzernen Möchtegernadligen und einer... Was bist du eigentlich?", fragte Adelle an Cosima gewandt.
    Cosima wollte schon antworten, dass sie eine Diebin aus dem Wald dort drüben sei, als ihr Mumpitz mit enormer Kraft ins Ohr piekste.
    "Ich bin eine AAAAAAU..." Sie starrte empört auf ihren Raben, der mit zusammengekniffenen Schnabel hektisch den Kopf schüttelte. Vielleicht hatte er Recht... wer würde schon mit einer Diebin reisen und ihr vertrauen? Vor allem wenn rauskam, dass sie ihren Kumpanen im Stich gelassen hatte.
    "Ich bin eine Au...genärztin", improvisierte Cosima und betete inständig, dass sich niemals jemand von den anderen ein Messer ins Auge rammte und auf ihre Hilfe vertraute.

    Adelle sah sie abschätzend von oben bis unten an - dreckig, in schlichter und getragener Kleidung, eindeutig keine Augenärztin.
    "Ich hatte heute frei und ziehe mich in meiner Freizeit gerne bequem an", schnappte Cosima beleidigt und seufzte erleichtert, als sich Adelle wieder anderen Sachen zuwandte: ihrer zerstörten Hexenkräuterküche.
    Sie flippte gradezu aus, brüllte alle an und sah dabei sehr gefährlich aus.

    "Sexy Hexi", murmelte Mumpitz in Cosimas Ohr, welche mühsam ein Kichern unterdrückte. Sie konnte aus den Gesichtern der Anwesenden lesen, dass ihnen nicht nach Lachen zumute war - einer hungrig, eine wütend, einer... gelangweilt? Genervt? Schwer zu sagen bei dem überheblichen, aber durchaus süßen Katzengesicht.

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  • Tiligan hörte garnicht mehr zu. Er dachte viel mehr darüber nach, welches H-Wort dieses laute, nervige Weib wohl meinte.
    "Hyazinthen?", fragte er in die Runde und erntete überraschte Blicke, in denen er Mitleid zu entdecken schien.
    Offenbar hatte er falsch gelegen.
    "Hunger? Hölzern?", versuchte er es weiter. "Was meinst du denn? Was? Was? Drück dich doch mal genauer aus, Hexe!"
    Die Überraschung blieb, das Mitleid wuchs. Beinahe konnte er sehen, wie sich das Bewusstsein des Katers zurücklehnte und eine Tüte Popcorn aufriss.

    Selbst die Katze sieht von unten auf mich herab, schallte Tiligan sich selbst.
    Er versuchte die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu lenken. "Ha, eine Augenärztin. Immer gut sojemanden dabei zu haben. Bei uns in Felsklamm haben wir auch so einen. Nennt sich der "Blinde Seher". Sehr netter Typ ... eine wenig ... komisch, aber der hat so manchem das Augenlicht ... ich bin still."
    Offenbar hatte er etwas Falsches gesagt. Mal wieder. Das konnte ja heiter werden.

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  • Alles klar. Er war hier unter Irren. Das erklärte auch, warum sie ihn so widerstandslos akzeptierten, was noch kein normal denkender Mensch je getan hatte. Eigentlich, so fand Ginster, war das hier gar nicht so schlecht. Er genoss es regelrecht, sein zu können, was er war- und in dieser Truppe war er nicht das einzige schwarze Schaf.

    Also beschloss er, zumindest vorerst bei den drei zu bleiben. Grade schien sich ein Streit anzubahnen, die temperamentvolle Frau, die Kräuterhexe oder was sie war, war kurz davor, zu explodieren.

    "Äh... Hört mal ... Ich will euch Turteltauben ja nicht unterbrechen, aber es wird bald Mittag und damit heiss wie im Ofen. Was haltet ihr davon, wenn wir da rüber gehen, um im Wald die wärmsten Stunden abzuwarten?" Er wies mit dem Kopf zu einem kleinen Wäldchen. "Es hat meines Wissens auch einen Bach da. Für die Pferde und so..."


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  • Cosima, die gerade die Pferde sanft am Hals tätschelte, rutsche vor Schreck ab (oder hoch?) und landete mit dem Zeigefinger in der Nase. Nüster. Egal, es war schleimig und eklig. Dem Pferd schien es auch nicht zu gefallen, es wieherte entrüstet und lehnte sich weit weg von ihr.
    "In den WALD? Zu einem BACH?", japste Cosima, wobei ihre Stimme bei den letzten Wörtern in die Höhe schnellte.

    Das war eine Katastrophe. Ein Fiasko. Ein UNDING. Sicher, der Bach war ein paar Meter lang, aber die Wahrscheinlichlkeit war groß, dass sie jemanden aus ihrer Bande treffen würden. Es war bestimmt schon jemand auf der Suche nach ihr und Kain. Und selbst wenn die Möglichkeit besteht, dass niemand aus diesem Irrenhaufen sie deswegen verurteilen würde, so würde doch bestimmt ihr Anführer Larson nicht sehr begeistert davon sein, dass sie
    a) Kain zurückgelassen hat und er
    b) gefangen wurde und sie
    c) mit einem Haufen Irrer unterwegs war und sie diese
    d) zu ihrem Versteck geführt hatte (denn so würde es aussehen) und sie offensichtlich
    e) die Bande verlassen wollte wie einst ihre Eltern.

    Das waren eine Menge Buchstaben.

    "Ich... ich hab gehört da soll es spuken... und... es ist dunkel und kalt... Das ist nichts für uns. Lasst uns lieber der Straße in die nächste Stadt folgen, das kann doch nicht so weit sein." Cosima sprach mit ihrer bittensten Stimme, die sie hatte und guckte alle der Reihe nach mit einem Hundeblick an.
    "Vergiss die Diebe nicht, die einen jederzeit überfallen könnten", krächzte Mumpitz und klang dabei leider nicht ganz so ernst, wie Cosima sich das gewünscht hätte.
    "Ja, er hat Recht! Denkt an die Diebe, sie würden euch ausrauben und gefangen nehmen, umbringen oder noch schlimmer", sie wandte sich an Adelle, "deine Pflanzen als Gewürz für ihr Gulasch benutzen."

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    Adelle beruhigte sich wieder und mahnte sich selbst zu dem Satz:

    "Es sind nur Planzen! Es sind nur Pflanzen!"

    Dann schaute sie Cosima an, die einen panischen Gesichtsausdruck aufgelegt hatte. Sie erklärte allen, dass der Bach und der Wald eine ganz schlechte Idee war. Es gab in diesem Moment nur zwei Mögleichkeiten; entweder hatte die junge Frau fürchterliche Angst vor Dieben, oder sie verbarg etwas, aber was das war, interessierte Adelle nicht wirklich. Jeder hatte sein Päckchen zu tragen und sie wollte nicht plötzlich menschliches Interesse heucheln. Nichtsdestotrotz, um ihrer einzigen, weiblichen Kumpanin einen Gefallen zu tun, stemmte sie ihre Hände in die Hüfte und schüttelte mit dem Kopf. Denn sollte die junge Frau sich wirklich vor diebischen Gesindel fürchten, und vermutlich kannte sie sich besser in dieser Umgebung als die Magierin, dann wollte sie dies nicht herausfordern.
    "Wald schön und gut", erklärte die Magiern deshalb, "aber ich glaube nicht, dass das mein Karren und seine mittelmäßigen Holzreifen mitmachen. Er schafft es nicht durch das Unterholz oder langfristig über unbefestigte Straßen. Wenn wir nicht riskieren wollen, dass uns die Räder überholen, stimme ich Cosimas Vorschlag mit der nächsten Ortschaft zu."

    Der Kater rollte offensichtlich mit den Augen. Ob er Adelles Einwand oder die übertriebene Besorgnis von Cosima damit wortlich kommentierte blieb sein Geheimnis. Thiligan dachte ganz klar nach. Wahrschienlich wog er ab, wo er am schnellsten etwas zu essen herbekommen würde. Bach oder Dorf?
    Adelle fragte sich schon die ganze Zeit, ob dieser hochgestochene Schnösel nicht auch mit einem Pferd unterwegs war. Sie wollte und konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mann eine weite Reise machte und das bloß zu Fuß. Denn immerhin schien er aus gutem Hause zu sein?!
    "Ich bin für die Straße! Wie sieht es mit euch beiden aus?", fragte die Magiern dann an die anderen beiden gewandt. "Bei einem unentschieden zählt meine Stimme doppelt. Es ist immerhin mein Karren, der ansonsten droht zerstört zu werden, wenn niemand einen sicheren Weg zum Fluss kennt."

    Den letzten Satz hätte sich Adelle eigentlich auch sparen können, denn wenn sie alle zählen konnten, wussten sie, dass die Straße eindeutig entschieden war.

  • "Meinetwegen", maunzte der Kater genervt. Diese Hexe war ja mal frech! Nochmals auf den Kutschbock steigen würde er allerdings nicht mehr.
    "Dann lasst uns gehen." Er war etwas eingeschnappt und stolzierte nun mit zuckender Schwanzspitze davon, Richtung Osten. Hinter ihm zuckten die drei mit den Schultern und stiegen auf den Wagen, der Junge etwas baff, einfach so übergangen zu sein.

    Schon bald verliess er die heissen Pflastersteine und ging auf dem etwas angenehmeren Gras. Dies war kein Wetter zum Wandern oder sonst wie unterwegs sein! Ein Kater seines Schlages müsste jetzt irgendwo auf einer gemütlichen Terrasse oder einem Baum liegen und die heissen Stunden verfaulenzen. Und abends dann auf die Jagd gehen. Oder mit anderen Katern kämpfen.
    Aber nein, jetzt ging er hier Richtung Osten, die Sonne heiss auf seinem Rücken und Strassenstaub auf der Nase. Toll.
    Seine Begleiter, die gleich hinter ihm auf der Kutsche sassen, waren ebenfalls ziemlich still.

    Ginster dachte nach. Was sollte in der nächsten Ortschaft aus ihnen werden?


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