Was lest ihr gerade? (Non-Fantasy)

Es gibt 796 Antworten in diesem Thema, welches 178.871 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (14. Februar 2025 um 00:01) ist von Der Wanderer.

  • Also das hab ich so gar nicht als Message des Buchs gesehen, zumindest nicht so simplistisch. Eher als: Als Frau muss sie in Hollywood eine Bitch sein. Ich sehe da schon einen großen Unterschied.

    Ich meine hier weniger Evelyn als vielmehr Monique - die ist naemlich nicht in Hollywood und auch in einer spaeteren Zeit die - eigentlich - anders funktioniert als das fruehe Hollywood - aber die Message die ich sehe ist halt dass es positiv ist wenn Monique sich von Evelyns Herangehensweise inspirieren laesst.

  • „Unruly“ von David Mitchell


    [… Spoiler Alert: King Arthur didn’t exist. That’s the headline. It’s a disappointing start, I know, but it’s an early sign of how tricky history can be ...]

    Wem David Mitchell als Autor (Cloud Atlas, Chaos uvm.) jetzt nichts sagt, kennt ihn vielleicht aus dem englischen und schwarzhumorigen Mitchell und Webb-Gag: "Are we the baddies?", in dem zwei deutsche Soldaten ihre Uniformen mal genauer unter die Lupe nehmen.

    [… history is about who we collectively are and how we feel about it. It’s one of the attempted answers to the great human question: WHAT THE HELL IS GOING ON?]

    In seinem Buch zieht David mit dem gleichen britischen Humor sein Heimatland und dessen Obsession mit Königen herrlich-informativ durch den Kakao. Denn das ach so majestätische und traditionelle "Vereinigte Königreich" war ziemlich lange nämlich eins: absolut nicht einig und ein echt beschissener Ort zum Leben. Alt wurde man nicht, denn nach dem Untergang der Römer kamen die Angelsachsen, die Wikinger und dazwischen hat man sich einfach aus Gewohnheit die Köpfe eingeschlagen. Das, was man heute als England versteht, hat eine ziemliche PR hinter sich. Es wurde lange nur von Blut, Spucke und Gemetzel zusammengehalten. Und das noch bevor sich der erste Größenwahnsinnige ein rundes Ding mit Zacken auf den Kopf gesetzt hat.

    [You may have heard that King Edward II died when someone pushed a red-hot poker up his bottom...]

    Ich habe Unruly sehr genossen. Es ist informativ, aber niemals trocken. Der gute alte David schafft es, einen bis zum Schluss zu amüsieren, während man eine Menge über Könige, Verschwörungen, Gier und die Unplanbarkeit des Lebens lernt. Geschichte ist kein trockenes Schulfach über längst tote Leute, sondern allgegenwärtig. Heute ist das gestern von morgen.

    Absoluter Tipp für jeden, der Spaß an (verrückter) Geschichte hat.

  • Living Earth: Outline of the Geology of Iceland von Ari Trausti Guðmundsson

    Wie der Buchtitel eigentlich schon sagt - ein Sachbuch ueber die Geologie von Island. Ich bin recht spaet zur Geologie gekommen, die meiste Zeit meines Lebens hat mich das nicht so interessiert, aber als ich angefangen habe fuer SciFi Exoplaneten zu recherchieren habe ich mich da in einiges vertieft um besser zu verstehen wie und warum sich Landschaften formen.

    Seit unserem Urlaub dort kann ich mich auch als Islandfan outen, insofern kommen da jetzt zwei Dinge zusammen die mein Interesse finden.

    Obwohl es als populaerwissenschaftliches Buch vermarktet wird sind grade die ersten Teile ohne Vorwissen eigentlich nicht zu machen - was Begriffe wie 'dyke', 'intrusive rock', 'gabbro', 'isostasis' etc.bedeuten wird nicht erklaert, ein Grundwissen in Vulkanologie und Mineralogie bringt man entweder mit oder liest es nebenbei nach, sonst ist der Einstieg sehr hart.

    Dafuer bekommt man auch einiges an Erkenntnissen geboten wie eine eigentlich komplett vulkanische und sehr junge Landschaft geformt wird und wie unterschiedlich vulkanische Aktivitaet sich eigentlich austoben kann. Um die Haelfte rum, wenn's dann um Gletscher und Erosion geht wird die Sache auch einfacher zu lesen.

    Alles in allem - was fuer Fans, einem nebenbei interessierten Leser wuerde ich es nicht nahelegen.

  • Gerade abgebrochen:

    Howard Hughes (by Michael Drosnin)

    Da war mir nach knapp hundert Seiten leider viel zu viel Boulevardjournalismus mit im Boot. Der Stil auch mehr so auf "Ich enthülle jetzt mal ein großes Geheimnis" getrimmt. Dazu negativ für mich: Wenn immer wieder dürftige, allgemein bekannte Fakten in kurzer Zeit wiederholt werden, hat der betreffende Autor auch meistens nicht mehr viel in der Hand. Manches muß ich nicht lesen, auch wenn man es mir als Bestseller verkaufen möchte...

    3/10

  • Ich lese gerade "Survival of the Richest" von Douglas Rushkoff. Er schildert darin die unterschiedlichen Methoden von Milliardären, einen möglichen Zivilisationskollaps überleben zu wollen.

    Sehr interessant ist dabei folgende Episode, die er schildert.

    Er soll vor Geschäftsleuten reden. Thema: Wie wirken sich wissenschaftliche Neuerungen - KI, CRISPR - auf Investitionsmöglichkeiten aus.

    Sie fahren ihn zu einem abgelegenen Luxus-Ressort.

    Dort erwarten ihn fünf, sechs Milliardäre, die nach kurzem Geplänkel nur eines wissen wollten:

    Wenn sie sich denn in ihre Luxus-Survival-Bunkenanlagen zurückgezogen hätten, wie könnten sie sich gegen ihre eigenen Wachmannschaften wehren, die sie gegen die hungrigen Massen der postapokalyptischen Welt schützen sollen? Schließlich hätten die die Waffen. Vielleicht gegen Kampfroboter austauschen?

    Wenn so reiche, mächtige und gut informierte Leute derlei Pläne erwägen, sollte das zu denken geben.

  • Ich habe mir "Die Wim Hof Methode" gebraucht gekauft und lese das jetzt. Es versucht den Spagat zwischen anekdotischer Biografie, wissenschaftlich fundierter Anleitung und esoterischer Selbstermächtigung & "Volksheilung". Da ich auf letzteres immer allergisch reagiere und ersteres wild hin und herhüpft, bin ich bisher vor allem vom Schreibstil enttäuscht. Vermutlich hätte man den Text auch auf 10 Seiten zusammenkürzen können, ohne etwas vom Inhalt zu verlieren. Vielleicht ist auch bei der Übersetzung einiges verloren gegangen, denn zu einer Atemübung (!) steht abschließend "Versuchen Sie solche Experiemente nicht zuhause" :hmm: Naja...

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Ich habe mir "Die Wim Hof Methode" gebraucht gekauft und lese das jetzt

    Nachdem ich sowas von keine Ahnung hatte was das ist, musste google ran. Und was lese ich da auf der Website?

    For most of our evolutionary history, a merciless natural environment automatically did this for us: sub-zero temperatures, howling winds and hungry wolves kept our muscles and veins supple, and our minds sharp and clear.

    Und ich dachte immer in Afrika (da wo sich die meiste Entwicklungsgeschichte von homo sapiens halt so abgespielt hat) ist es warm...:D

  • Ich habe neulich The Day of the Owl von Leonardo Sciascia gelesen. Das Buch war ein Wichtelgeschenk und angenehm kurz (122 Seiten).

    Es handelt sich dabei um einen literarischen Krimi. Schauplatz ist Sizilien, Sciascia ist natürlich Italiener und ich habe eine Übersetzung gelesen. 'Literarischer' Krimi bedeutet in diesem Fall, dass der Plot auch ein Aufhänger ist, um die Korruption und mafiösen Strukturen auf Sizilien in Szene zu setzen. Da Sciascia den Text lange immer weiter gekürzt hat, ist er so ziemlich auf seine Essenz eingedampft worden und hat kaum Fett an sich. Eine ziemliche Leistung, das Ergebnis kann sich sehen (lesen?) lassen.

    Worum geht's im Plot? An einem Morgen wird an einer Bushaltestelle ein Mann erschossen - und niemand hat etwas gesehen. 'Ach echt? Hier hat es Schüsse gegeben?' In dieser Art sind manche Reaktionen von Augenzeugen, wenn die Polizei sie befragt. Stattdessen schreiben aber erstaunlich viele anonyme Briefe ... Und während alle von der Mafia wissen, glauben die oberen Politiker nicht an sowas. Was sollte eine Mafia überhaupt sein? Sie sähen nur rechtschaffene Leute mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.

    Spannend zu lesen, gerade weil der Plot und die Themen eng verzahnt sind und nicht das eine das Alibi für das andere sein muss.

    Gibt es auch auf Deutsch. Wie es sich da liest, weiß ich leider nicht.

    Häupter auf meine Asche!

  • Gerade mal wieder ueber Stupid White Men von Michael Moore gestolpert.

    Es geht- in sehr satirischem Ton - um den Zustand der USA nach der 'Wahl' (tatsaechlich stellte sich ja nachher raus dass Al Gore in Florida doch mehr Stimmen hatte) von George W. Bush. Themen sind die enge Verquickung von Business und Politik im Kabinett von Bush, die enge Verquickung von Business-Interessen und Schulbildung durch coporate sponsoring, die enge Verquickung von Business-Interessen mit Rassismus,...

    Moore hat es gnadenlos auf corporate America abgesehen und teilt da durchaus in alle Richtungen aus - auch die Demokraten bekommen ihr Fett ab.

    Etwas melancholisch wird man beim Lesen wenn er in einem offenen Brief an Bush fragt, ob Bush eigentlich a) auf erwachsenem Niveau lesen kann b) die Aussage 'in den letzten 25 Jahren wegen keiner Straftat verurteilt' bedeutet dass es zuvor eine gab und c) ob Bush Alkoholiker ist.

    Das waren Zeiten, als es einem Praesidenten noch peinlich sein konnte, eine Verurteilung vor 30 Jahren gehabt zu haben - oder wo man ihm nicht zuschauen durfte wie er stolz einen Demenztest bestanden hatte...

  • Merlyns Vermächtnis von Douglas Monroe

    Irgendwie eines der schoensten Buecher ueber Magie die ich kenne - es ist eine Einfuehrung in die Welt des (Neo? Neo!)-Druidentums in Gestalt eines Romans ueber die Jugendjahre von Arthur als Lehrling Merlins. Die Kombination finde ich sehr geglueckt - die einzelnen Episoden sind jede auf ihre Art stimmungsvoll, spannend und regen zum Nachdenken an.

    Ich habe - beim ersten Lesen vor vielen Jahren vor allem - viel darueber recherchiert wie historisch akkurat das alles ist - aka, was haben die Druiden wirklich gemacht wenn sie nicht in einem kleinen gallischen Dorf Zaubertrank gebraut haben?

    Nun ist die echte keltische Ueberlieferung ein... Chaos. Es gibt kein geschlossenes mythologisches System, selbst in der nett editierten Variante sind die einzelnen Sagen noch recht wirr und wirken eher durch die Bilder als durch den Plot, manche Themen finden sich gemeinsam in irischen und walisischer Mythologie, andere widersprechen sich eher, viel ist dann durch das kommende Christentum das das Aufschreiben uebernommen hat verzerrt oder nur als Echo in lokalen Erzaehlungen mit dem stille-Post Effekt wahrzunehmen,...

    Bei Monroe finden sich z.B. Ideen die recht klar aus der mystischen Kabbala kommen (persoenlich habe ich gewisse Zweifel dass das je sehr druidisch war...) neben klar keltischem, die Druiden stehen als maennlicher Orden in einem Kontrast zu den Hexen von Avalon (mag so gewesen sein) und Merlin ist sehr walisisch gepraegt - was insofern Sinn ergibt dass Arthur ein Held in einem walisischen Epos war lange bevor er zum Ideal des mittelalterlichen Rittertums wurde.

    Aber auf der anderen Seite - vielleicht waren die Druiden damals auch so flexibel wie Wicca das heute noch macht - 'wir machen das bei uns im Coven so, weil es fuer uns funktioniert' schreiben die Farrars da - und es findet sich eine aehnliche bunte Mischung von Ideen aus verschiedenen Ecken wie bei Monroe - nicht jeder scheint den Bedarf nach einer geschlossenen Kosmologie zu kennen.

    Unuebertroffen finde ich Monroe halt in der Art wie er es einfach macht die Ideen zu erleben die er ausbreiten will. Unter all den Buechern zu solchen Themenkreisen die ich kenne ist das Werk wirklich deswegen einzigartig.

  • Ich stöbere noch einmal in dem sehr schönen "Handbuch für Zeitreisende" von Kathrin Passig und Aleks Scholz.

    Die Autoren tun so, als ob Zeitreisen schon zur Verfügung stünden, empfehlen Reiseziele und erteilen praktische Ratschläge.

    Kostprobe aus dem Kapitel "Im Reich der Dinosaurier":

    "Für viele Reisewillige fangen die Probleme schon bei der Planung an: Der Wunsch der Kinder, die Ferien bei den Dinos zu verbringen, ist groß, aber noch größer ist der Wunsch der Reiseanbieter, Rechtsstreitigkeiten und Schmerzensgeldzahlungen zu vermeiden - etwa weil eine Familie mit weniger Kindern aus dem Urlaub zurückkehrt, als sie dorthin mitgebracht hat."

    Oder aus "Durchs wilde Pleistozän":

    "Das Pleistozän bietet ideale Bedingungen für eine große Auswahl an Outdoraktivitäten.

    Es ist kalt, im Mittel zehn Grad kälter als heute. Berücksichtigen Sie das beim Kauf von Schlafsäcken - was heute als Schlafsack für drei Jahreszeiten durchgeht, können Sie in der Eiszeit allenfalls im Hochsommer verwenden."

    Zeitparadoxa sind kein Problem, denn - so die in pseudoernsthaftem Ton vorgetragene pseudowissenschaftliche Erklärung-,es bliebe die gewohnte Version der Vergangenheit unberührt. Vielmehr entstünde mit jeder Zeitreise ein neue Version. In der könne man zwar bleiben, aber bei der Rückreise lande man immer in der unveränderten Gegenwart.

    Es bringt also nichts, in der Vergangenheit der Mutter Dieter Bohlens Verhütungsmittel einzuflößen. Das bewahrt nicht davor, zu Hause von der "Cherry Cherry Lady" akustisch empfangen zu werden.

    Zu den empfohlenen Reisezielen zählt übrigens auch die DDR.

    Erster Satz des entsprechenden Abschnitts: Man muss nicht in die ferne Vergangenheit reisen, um fremde, bizarre Welten zu entdecken.

    Ich füge hinzu: Dafür reicht es auch heutzutage, die Nachrichten einzuschalten.

  • Seit ich angefangen habe, in der Straba auf dem Weg zur und von der Arbeit zu lesen, schaffe ich viel mehr ^^

    Aktuell "Herr Boning geht baden" von Wigald Boning. Er berichtet über sein Vorhaben, 365 Tage lang jeden Tag schwimmen zu gehen - draußen unter freiem Himmel, egal was für ein Gewässer, bei jedem Wetter. Bisher trifft "nett" als Bewertung ganz gut zu. Es ist schon interessant zu lesen, welche Überlegungen in der Planungsphase Herr Boning angestellt hat. Auch manche Erlebnisse sind durchaus bereichernd, aber irgendwie ist mir der Stil zu viel belangloses Sprachspiel. Vielleicht muss ich mal meine Erwartungshaltung bei dieser Art von Buch ändern :hmm:

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Mein letztes Buch war eher leichte Literatur. "Lügen haben hübsche Beine" von Nell Dixon.

    Beim Buchtitel, Cover und Klappentext dachte ich mir nur: "Ohnöö, eine Truckbetrügerin die nicht mehr lügen kann. Wird bestimmt irgendeine peinliche Posse."

    Ich habe trotzdem reingelesen und wurde positiv überrascht. So der Marke "Beurteile nicht ein Buch nach seinen Einband."

    Es ist ein sehr angenehmes Buch mit äußerst liebenswerten, glaubhaften und realistischen Charakteren. Es gibt hier keine Peinlichkeiten, es ist nüchtern beschrieben. Die Beschreibungen sind gut, der Schreibstil sehr angenehm. Charaktere agieren völlig normal und nachvollziehbar. Sie recherchieren, geben diese Infos der Polizei weiter und versuchen sich aus allen Gefährlichen herauszuhalten, selbst als es persönlich wird. Selbst die Liebensgeschichten sind sehr angenehm zu lesen. Eher in Richtung "netter Flirt". Das wildeste ist ein sanfter Kuss.

    Okay, am Ende versuchen sie den Antagonisten in eine Falle laufen zu lassen, aber selbst da spielen sie nicht den Helden. Also hat es mich echt positiv überrascht.

  • Ausgelesen:

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    Mit Erscheinjahr 2018 ist das Buch vielleicht nicht mehr topaktuell zum Thema, gibt aber doch einen guten Überblick über die Entstehung islamistischer Parallelgesellschaften in Deutschland. Fand ich insofern interessant, als daß jetzt gerade mal wieder diejenigen passend zur vorgezogenen Bundestagswahl lautstark mit der Absicht werben, die Probleme lösen zu wollen, die hauptsächlich unter ihrer eigenen Ägide entstanden sind.

    Dr. Ralph Ghadban, ehemaliger Sozialarbeiter in den Brennpunkten von Berlin und als Migrationsforscher seit den 1990er Jahren tätig gibt einen guten Überblick darüber, welche Ursachen den heutigen Problemen zugrunde liegen, die in manchen Städten hierzulande zu "NoGo-Areas" geführt haben, ist eher pessimistisch gestimmt, was zu einer schnellen Lösung des Problems führen könnte, entlässt nach der Lektüre den Leser aber auch nicht mit einem "jetzt hamma den Salat!", sondern durchaus konstruktiven Vorschlägen.

    Zur Verstärkung des eigenen Wissensbackgrounds zum Thema empfehlenswert.

  • Gründtliche Beschreibung der Kunst des Fechtens von Joachim Meyer

    Ein illustriertes Fechtbuch von 1570 - interessant ist der Uebergang von Fiore (1409) wo es tatsaechlich um Ueberleben im Kampf geht - wie schmutzig auch immer die Tricks sind - ueber die Liechtenauer-Schueler zu Meyer wo Fechten schon ein Sport ist - Stiche mit dem Langschwert macht man zu der Zeit gar nicht mehr so recht, Verletzungsrisiko ist anscheinend zu hoch.

    Ich wollte das schon laenger mal lesen, der aktuelle Grund ist eine Diskussion die ich im letzten Training hatte ob bestimmte Techniken nun eher modern Turnier-angepasst sind oder historisch belegt - Meyer war sozusagen die letzte Hoffnung meiner Gegenueber, aber generell - Meyer hat eine aehnliche Perspektive auf Taktik wie ich:)

    Lesen laesst sich das Ganze recht gut - das Deutsch ist altertuemlich aber gut verstaendlich und didaktisch ist das Werk - anders als die Liechtenauer-Zettel - schon eher modern und systematisch. Als Einstieg fuer interessierte also deutlich leichter als aeltere Werke zu empfehlen.

  • Ausgelesen:

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    Eine "Netzkarte" war in den 70-80er Jahren in der BRD sowas wie ein "Rundum glücklich" - Bahnticket. Damit konnte man bundesweit alle Züge und ÖVP-Verkehrsmittel unbegrenzt benutzen.

    In Nadolny's erstem Roman reist sein Alter Ego auf der Suche nach sich und dem Sinn seines Daseins kreuz und quer durch die alte Republik, verliebt sich und trennt sich wieder, besucht oskure Orte und völlig unbekannte Kleinstädte, um am Ende wieder dahin zurückzukehren, woher er aufgebrochen ist.

    Was mir am Buch sehr gefallen hat: Die vielen kleinen treffsicheren Beobachtungen, die Details der Ortsbeschreibungen und vor allem die regelmäßigen Spitzen. Beispiel:


    Die Netzkarte ist nicht mehr, was sie war. Der Schaffner, statt ehrerbietig die Urkunde zu betrachten, faßt mich scharf ins Auge. Statt eine Verbeugung anzudeuten, fragt er rundweg: "Bis wohin fahren Sie mit?"

    Ich: "Das weiß ich nicht." - "Wann wissen Sie es Denn?" - "Wenn ich aussteige." - "Das ist schwierig, wegen der Statistik". - "Also gut, dann fahre ich eben bis - Flensburg!"

    Do not lean out. Wenn ich mich nun während der Fahrt zu weit hinauslehnen würde? Es geschähe ihm recht, für solche Fälle gibt es in seiner Statistik bestimmt keine Rubrik.

    Ratzeburg. Hier laufen alle mit Geigen- oder Cellokästen herum. Wahrscheinlich wird ununterbrochen Hausmusik gemacht.


    Empfehle ich mal als gute Zwischendurchlektüre. Vor allem, weil es einen guten Überblick über die Art gibt, wie unser Land in dieser Zeit tickte.