Hallo erstmal. Ich habe mich nun entschlossen, selbst einmal eine Geschichte hier reinzustellen. Ich würde mich sehr über Lob und Kritik freuen. Ich sende jetzt erst einmal den Prolog und die erste Seite meiner Geschichte, um euch einen kleinen Vorgeschmack zu geben. Mehr gibt es eigentlich auch nicht zu sagen und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
LG Nyneve.
Prolog
Sie hetzte den Weg entlang, der sich direkt vor ihren Füßen erstreckte, ohne genauer hinzuschauen. Dafür fehlte ihr die Zeit. Zu viel davon hatte sie bereits vergeudet. Aber was war Zeit eigentlich? Für jeden bedeutete diese etwas anderes. Den Jungfeen konnte oftmals gar nicht genug vergehen, damit sie so bald wie möglich wieder mit ihren Freunden über die Wiesen stoben konnten. Für ältere Feen, die bereits viele Sommer auf ihren Rücken wie eine unausweichliche, starre Last spürten, verging sie viel zu schnell. So viel hatten sie noch vor, so viel wollten sie noch erreichen.
Doch ihr fehlten in diesem Augenblick sowohl die Nerven, als auch der Atem, um die Definition der Zeit zu verändern. Sie hetzte weiter, immer tiefer in den Wald, der sich vor ihr erstreckte und sie wie die ausgebreiteten Arme eines Vertrauten umschlang. Es wäre leichter gewesen, zu fliegen, doch ihr Zustand war noch nicht stabil und sie fühlte sich zu schwach, um sich auf die eigenen Flügel zu verlassen. Sie wusste, dass sie die fragenden Gesichter und fehlenden Antworten hinter sich gelassen hatte, doch das Gefühl der Einsamkeit und der Angst blieben wie ein bitterer Geschmack.
Erst viel später hielt sie japsend an und lehnte sich gegen die Rinde einer alten Ulme. Es war ein schöner Baum, besaß einen geraden Stamm und seine grün leuchtenden Blätter gaben beruhigende Worte von sich.
Sie hatte es hinter sich gelassen, sie wusste, dass sie nicht mehr zurückkehren konnte. Sie hatte sie alleine gelassen, doch fühlte sie sich auf sonderbare Weise befreit. Nun stand ihren Plänen nichts mehr im Wege, niemand hinderte sie mehr daran. Keine Vorschriften, keine Fragen und vor allem keine Antworten mehr. Sie war frei. Und das war alles, was zählte.
Kapitel 1
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Wohl kaum jemand kennt die wahre Geschichte, wieso die Feen und Elfen ihren jahrhundertelangen Streit ruhen ließen. Es war für beide Völker eine schwierige Entscheidung, denn wie viel Blut war schon in den Schlachten geflossen? Wie viele Tränen waren über Wangen geronnen und wie viele tapfere Krieger hatten ihr Leben für ihr Land gelassen? Zu viele, war wohl die einzige, ehrliche Antwort, die jeder verschwieg und dennoch jeder kannte. Viele waren des Krieges müde und wollten nur noch in Frieden ihr Leben leben. Inzwischen wusste keiner mehr genau, wieso der Krieg ausgebrochen war, doch es ging um die Ehre und da verstand keines der beiden Völker Spaß. Ich erinnere mich noch genau, an den Tag, als Sìne zu mir geflogen kam und mir erzählte, dass unsere Königin Adair Herzenklang und die Königin der Elfen einen Vertrag unterschrieben hatten. Zu diesem Zeitpunkt wusste keiner von uns, was genau ein Vertrag war. Wie auch, ein solcher Vertrag wurde bis zu diesem Tag noch nie ins Auge fasst. Die Führer beider Völker waren wohl der Ansicht gewesen, dass man mit dem Feind nicht verhandeln konnte. Es war ein Wort, ein Begriff für etwas, das man sich noch nicht vorstellen konnte. Dieser Tag wird mir wohl immer im Gedächtnis bleiben.
Es war ein milder Frühlingstag und die Sonne warf Muster durch das Blätterdach auf das letzte Laub des vergangen Herbsts. Ihre bunten Farben hatten einem matten, sumpfigen Braunton weichen müssen und es hatte anfangs sehr trostlos gewirkt. Doch da nun die ersten Krokusse, Hyazinthen und Osterglocken aus den Blättern gedrückt hatten und ihre noch zarten und verletzlichen Halme herauslugten, sah es schon wieder nach Hoffnung aus.
Ich hatte mich hoch oben in der Baumkrone eines mächtigen, alten Baumes auf einen breiten Ast gesetzt und lauschte einem Reh mit seinem Kitz, das an der Rinde knabberte. Das Kitz hatte, wie seine Mutter, ein regenbogenfarbenes Fell und seine winzigen Hörner hatten schon eine typische Drehung, wie sie für die cervus et iris, oder einfach auch Rebohi genannt, so stereotypisch waren. Der Hirsch, der etwas weiter entfernt von den beiden stand, hatte ein Geweih wie riesige, ineinander verschlungene Äste. Er beobachtete die beiden argwöhnig und blickte immer wieder nervös in alle Richtungen. In wenigen Wochen würde er die kleine Familie wieder verlassen und zurück in den hohen Norden ziehen um im nächsten Jahr in der Brunftzeit wieder den beschwerlichen Weg hierher zu begehen um bei seiner neuen Familie bis in den Frühling zu bleiben.
Neben mir krabbelte ein kleiner Käfer mit einem gelb schimmernden Panzer auf meinen Arm und von dort weiter auf meinen Zeigefinger. Ich konnte das kleine Maul erkennen, mit dem er immer die Knospen abfraß und auch die winzigen Fühler, die meine Fingerkuppe abtasteten. Doch dieses Stillleben wurde von Sìne urplötzlich unterbrochen. Sie flatterte, für ihre Verhältnisse aufgeregt – für alle anderen vermutlich wie eine hysterische Hummel -, mit den Flügeln und landete mir gegenüber auf dem Baum. Der Käfer, gestört von dem großen Flugobjekt, hob den Kopf und flog brummend davon.
Sìne war sehr groß für eine Fee und hatte feuerrote Haare, in dem nicht selten ein Vogel sich ein Nest gebaut hatte. Ihre Haut war extrem bleich und übersät mit Sommersprossen, die in diesem Moment glühten wie Funken eines Lagerfeuers.
„Ich habe Neuigkeiten!“, stieß sie schrill hervor und atmete heftig auf.
Während ich sie fragend ansah, spürte ich etwas warmes, braunes, das sich auf meine Schulter legte. Es war mein treuer Weggefährte, den nichts zu erschüttern schien und der nur mit dem Hinterteil voran etwas gegen seinen Willen tat. Sìne, ein wenig aus ihrem Konzept gebracht, stierte den kakaobraunen Fleck neben meinem Ohr an. Wegen ihrem entgeisterten Blick breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus, das Sìne wieder in die Realität zurück brachte.
„Du hast also immer noch dieses Fellbüschel am Backen?“ Sìne kicherte, als hätte sie den Witz des Jahrhunderts gemacht, wurde dann aber verlegen, da sie keine Regung in meinem Gesicht erkennen konnte und fuhr dann fort: „Du hattest Recht. Adair und diese Tibanna haben tatsächlich einen Pakt geschlossen“.
„Das war ja zu erwarten“, murmelte ich langsam und blickte gen Himmel. Dort zog sich gerade eine schneeweiße Wolke über die Sonne und verdunkelte die Umgebung kurzzeitig.
„Aber das können die doch nicht machen!“ Sìne spukte diese Worte wie einen üblen Geschmack hervor und das Reh hob den Kopf. Ich hielt beschwichtigend die Hand in die Höhe und es graste friedlich weiter.
„Die Königin ist sich sicher bewusst, was das bedeutet. Aber gegen die Alben sind die Elfen ein Klacks!“, fuhr ich sie vielleicht ein wenig zu barsch an. Im Gegenteil zu der allgemeinen Meinung sind Alben und Elfen nicht dasselbe, denn Elfen haben die ehrenhafte Aufgabe, sich um die Flora zu kümmern, wohingegen die Alben ihre pure Lust an Grausamkeit auslebten. Jahrhundertelang war man der Auffassung, dass die Alben endgültig in ihre tiefschwarzen Löcher zurückgekrochen waren und uns endlich in Ruhe ließen. Doch dies war wohl nur eine Wunschvorstellung, denn seit einiger Zeit berichteten Späher von schwarzen Stellen in den Wäldern und toten Bäumen, die eindeutig auf die Anwesenheit von Alben hindeuteten. Allerdings hatte man noch keinen Alb angetroffen, weshalb man vermutete, dass Pandora, die Anführerin der Alben, ihre Untertanen zu einer großen Schlacht zusammenrief. Genau dies erklärte ich auch Sìne, die damit enttäuscht und beleidigt davonflog. Veikko sah mich vorwurfsvoll an und ich versuchte mich zu verteidigen: „Was denn?! Sie hat es doch darauf angelegt! Immer bildet sie sich eine Meinung, obwohl sie doch gar nichts darüber weiß!“
„Musstest du sie so vor den Kopf stellen?“ Veikko blickte mir direkt in die Augen und ich fühlte mich irgendwie mies.
Doch dann huschte ein amüsierter Glanz über seine dunklen Augen und er leckte mir dir Hand. Ich vergrub mein Gesicht in seinem Fell und atmete seinen süßlichen Duft, der mich immer an Lindenhonig mit seinem extrem süßen, aber fruchtigem und leicht minzigem Geschmack erinnerte, ein. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder den Kopf hob und mich umsah. Inzwischen war die Sonne schon in die Nähe der Gebirgswipfel in weiter Ferne gewandert. „Komm“, murmelte ich sanft, „wir müssen nach Hause.“
Veikko breitete seine braunen, mit Federn besetzten Flügel aus und hob sich von dem Ast ab. Veikko war ein alter, nordischer Name, der so viel wie „Bruder“ bedeutet. Er selbst gehörte zu einer seltenen Abart von Hunden, die grob betrachtet auch wie solche aussahen. Doch bei genauerem Hinsehen erkannte man die falkenartigen Flügel und die extrem spitzen Krallen, die er nach Belieben ausstrecken oder wieder einfahren konnte. Außerdem besaß er zwei längliche, spitz zulaufende Fangzähne wie die einer Schlange, mit denen er nicht selten andere Feen erschreckte. Mein Weggefährte war er nun seit fast fünf Sommern und so wie es aussah, würde ich auch noch lange seine Anwesenheit genießen können. Ich breitete also meine schmetterlingshaften Flügel aus und erhob mich sanft in den marineblauen Himmel empor. Als wir schon eine Weile schweigend nebeneinander hergeflogen waren, tauchte ein kleiner blauer Vogel mit einem schwarzen Schnabel neben mir auf.
„Na?“, fragte ich zärtlich, „was ist denn, Mondauge?“ Ich breitete meinen Arm aus, sodass sich Mondauge müde setzen konnte.
„Mein…Baum, mein Zuhause…er ist…verkohlt…unbewohnbar…rußig…tot“. Ich sah ihn erschrocken und fassungslos an.
„WAS?! Das kann doch nicht wahr sein. Die Alben? Hier bei uns?“ Meine Stimme hatte die Tonlage um einige Höhen gewechselt, wodurch ich fast hysterisch klang.
„Was ist mit Klatschmohn und Eberesche?“, wollte Veikko mit seiner ruhigen, tiefen Stimme wissen.
„Da!“, erwiderte Mondauge und deutete hinter sich. Tatsächlich, ein paar Meter von uns entfernt konnte man zwei rote Flecke erkennen, der eine feuerrote, der andere mehr ins weinrote gehend. Ich stoppte vorsichtig, sodass Mondauge vor Schreck nicht herunterfiel und so warteten wir auf die beiden. Schließlich setzten sie sich ebenfalls erschöpft auf meine Schultern und während sie uns ihre Sichtweise erneut erzählten, flogen wir weiter. Nachdem sie geendet hatten und ich eine geraume Zeit verstreichen ließ, erklärte ich: „Wir werden zu Adair fliegen müssen…“
Die drei Vögel stöhnten auf und ich musste lächeln.
„Ihr habt es doch wirklich am besten. Ihr müsst euch nur festhalten“. Das Schloss war fast zwei Sonnenaufgänge von unserem Standpunkt entfernt und auch für eine Fee eine extrem weite Strecke. Auch Veikko nickte bestätigend, beließ es aber auch dabei.
„Alles zurücklassen?“, fragte Klatschmohn leise und ängstlich.
„Was lässt du denn zurück? Einen verkohlten Baum? Einen TOTEN Baum?“ In Veikkos Stimme schwang eine enorme Portion Sarkasmus mit, die für ihn so markant war. Vielleicht lag es an ihr und an seiner ironischen Art, dass er immer ruhig blieb und nie die Gewalt über seine Stimme verlor.