Auf der Spur ...

Es gibt 316 Antworten in diesem Thema, welches 84.094 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. Januar 2019 um 01:37) ist von Korus.

  • Sie liefen über einen Marktplatz, weil sie dachten, dass sie im Gedränge vielleicht einen Blick auf ihren Verfolger werfen könnten, oder dass dieser sie vielleicht aus den Augen verlor, doch keines von beidem war der Fall und in dieser Menge von Elfen, deren Gesichter sich alle so ähnelten fühlte sich Cifer auf einmal seltsam bedroht. Ob es Neneve zwischen Menschen genauso gegangen war? "Was jetzt?" fragte die Vermummte neben ihm "Hören kann ich ihn in dem Gedränge auch nicht.". Die Sonne würde schon bald wieder untergehen und er war den ganzen Tag nur herumgelaufen und geflogen, wenn sie jetzt angegriffen werden würden, würde er sich wahrscheinlich nicht einmal die Mühe machen, weg zu laufen. Cifer ließ seinen Blick über den Platz schweifen, bis er an einer Taverne hängenblieb. "Da lang." murmelte er. In der Taverne war es warm und roch nach Essen und dem Gestaltwandler wurde schmerzlich bewusst, dass er sich seit einem Tag von nichts als Met ernährt hatte. Trotzdem war es nicht sehr ratsam, etwas zu essen, solange sie verfolgt wurden. Die Beiden ließen sich in einer rankenüberwucherten Ecke in der Taverne nieder und behielten die Tür im Blick. Sie mussten nicht lange warten, bis ein Elf in einem braunen Mantel eintrat. Er ließ seinen Blick fast verstohlen durch die Taverne gleiten, blieb ein paar Sekunden an den Beiden in der Ecke hängen und wanderte weiter. Doch anstatt zu bleiben und sie weiter zu beobachten, drehte er sich um und verschwand wieder nach draußen. Die Beiden Verfolgten blickten sich ratlos an und Cifer griff wieder zu seiner Flasche, allerdings eher aus Gewohnheit, als wegen Schmerzen. "Nichts selbst mitgebrachtes." fuhr ihn die Wirtin an, eine grobe Elfe mit eindeutig menschlichen Einschlägen."Bestellt oder verschwindet." Es hätte allerdings ohnehin nichts gebracht, da seine Flasche leer war. Vielleicht war es ja doch gut, dass er noch nicht aufgebrochen war. Sich so durch die Wildnis zu schlagen, hätte wohl nicht gut geendet. Sie bestellten zwei Met, doch bevor die Wirtin mit den Getränken zurückkam, bedeutete Cifer Gyahara, ihm die Treppe hinauf zu folgen. Oben gingen sie in ein noch unbesetztes Zimmer, wo es ruhiger war.

    "Wir sitzen in der Falle." meinte die Vermummte die sich auf einem der Betten niederließ, während der Gestaltwandler das Fenster öffnete und in den Hinterhof hinunter blickte."Oder hast du irgendwo einen Hinterausgang gesehen?" Er schüttelte den Kopf. Natürlich wäre es für ihn kein Problem gewesen zu entkommen, aber bei seinem Pech würde er dem Verfolger wahrscheinlich auf dem nächsten Markt wieder in die Arme springen. Natürlich könnte er zu Abwechslung auch mal Glück haben, aber hätte er das je gehabt, dann hätte er nicht lernen müssen beim Glücksspiel zu betrügen, oder? Er lehnte sich etwas weiter aus dem Fenster, aber der Hof lag in der Abendsonne leer unter ihm. "Ich könnte mal vorne nachsehen ob er noch da ist." meinte Cifer. "Denkst du er hat die schwere Aufgabe , einen alten Säufer und eine vermummte Frau zu finden aufgegeben, nach dem sie spurlos in einem eintürigen Gasthaus verschwunden sind?" Er konnte fast spüren, wie sie die Augen unter der Kapuze verdrehte. "Hey, ich bin nicht alt." erwiderte Cifer gespielt beleidigt und begann, im Zimmer auf und ab zu schreiten. "Am besten wäre es, wenn wir ihn in eine Falle locken könnten, dann würden wir wenigstens erfahren, was er wil." überlegte Gyahara gerade, als unten Stimmen laut wurden. Kurz darauf hörten sie schwere Schritte auf der Treppe und im nächsten Moment riss ein Elf die Zimmertür auf, nicht ihr Verfolger, sondern ein völlig Fremder in Wachenrüstung. "Ihr seit die Begleiter des Fürsten." es war keine Frage und bevor einer der Beiden etwas sagen konnte, fuhr er schon fort."Elrion will euch und den Rest der Gruppe sehen, wir werden euch eskortieren." "Elrion?" fragte Gyahara misstrauisch, während Cifer sich ein Stück Richtung Fenster schob. Etwas war hier ganz und gar nicht in Ordnung."Seit wann hat Elrion den Befehl über die Wache?" "Seit Fürst Keios tot ist." erwiderte der Wächter kalt und legte die Hand auf seinen Schwertgriff."Jetzt kommt, oder muss an diesem traurigen Tag noch mehr Blut vergossen werden?"

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    GNU Terry Pratchett

    • Offizieller Beitrag

    Gyahara starrte erst den Mann vor sich an, dann glitt ihr Blick zu Cifer.
    Der Fürst sollte tot sein? Das konnte unmöglich der Wahrheit entsprechen, denn Casper wollte doch zu ihm gehen. Das würde bedeuten, dass er entweder schon zuvor nicht mehr am Leben war, oder Casper nun selbst in Schwierigkeiten steckte. Aber die Wache hatte den Henker nicht mit einem Wort erwähnt. Nein, irgendetwas stimmte hier nicht. Schon allein, wie der Mann die Tatsachen auf den Tisch knallte. Seine Worte standen im starken Kontrast zu seiner Haltung. Er schien nicht wirklich Mitleid zu empfinden. Ebenso wie sie. Der Tod des Fürsten, wenn es denn so war, konnte ihr eigentlich egal sein. Der Kerl hatte sie ja nicht einmal dafür bezahlt, dass sie ihn begleitet hatten.
    "Warum will man uns sehen?", fragte sie, anstatt der Aufforderung nachzukommen. Sie hatte nicht unbedingt das Bedürfnis, wieder zurückzugehen, oder besser gesagt: jetzt erst recht nicht. Ob der Fürst nun tot war, oder nicht, spielte keine Rolle, sie wurden so eben in etwas hineingezogen, aus dem sie sich eigentlich hatte raushalten wollen. Ob es ausreichte, wenn sie dies dem Mann sagte?
    "Das wurde mir nicht gesagt, nur, dass wir euch begleiten sollen, weil Elrion euch dringend sehen will", gab die Wache kalt von sich. Das Wörtchen "dringend" betonte er dabei so fordernd, dass klar wurde, dass er keine Widerrede duldete.
    Genervt ergab sich Gyahara und lief aus dem Zimmer hinaus. Sich nun zur Wehr zu setzen, hatte wohl wenig Sinn. Sie mussten einen besseren Moment abpassen. Allerdings hatte sie gleichfalls das Gefühl sich nun direkt in die Höhle des Löwen zu begeben. Jedenfalls, so schien es, saßen sie in er Verschwörung schon viel tiefer, als sie gedacht hatte. Ihr Fluchtversuch kam viel zu spät. Sie hätten die Stadt niemals zusammen mit dem Fürsten betreten dürfen. Nun waren sie genauso der Feind, wie der Adlige selbst. Nur, weil sie ihn begleitet hatten.
    Vielleicht interpretierte sie auch nur viel zu viel in die Sache hinein und man wollte ihnen gar nichts Schlimmes. Vielleicht wollte Elrion wirklich nur eine nette Plauderei mit ihnen führen und ihnen etwas mehr über den Tod des Fürsten erzählen.
    Auf dem Flur sah sich Gyahara mit drei weiteren Wachen konfrontiert. Es verdeutlichte ihr noch einmal, dass es besser war, den Männern erst einmal zu folgen und keinen Widerstand zu leisten. Sie selbst war verletzt und Cifer sah auch nicht aus wie das blühende Leben. Zur Zeit konnten sie nicht viel ausrichten und mussten einfach hoffen, dass man ihnen nicht ans Leder wollte. Eventuell konnten sie sogar einen Deal aushandeln, der sie unbeschadet aus der Stadt fliehen ließ. Denn mal ehrlich, was kümmerte sie schon der Fürst? Oder das Verhältnis zwischen den Menschen und Elfen? Sie war weder das eine noch das andere. Ihre Rasse wollte keines der beiden Völker unbedingt in seiner Mitte haben.

  • Neneve hatte sich noch einmal gründlich in dem Behandlungszimmer des Heilers umgesehen. Doch viel mehr als eine braune, bereits getrocknete Blutlache offerierte ihr der Raum auch nicht. Niedergeschlagen beugte sie sich über das ehemalige Bett, das inzwischen zu einer Behandlungsliege umfunktioniert war, und beäugte es. Dann warf sie dem Bereich darunter ebenfalls noch einen Blick zu. Sie wollte bereits seufzend aufgeben, als sie stutzte. Ganz hinten, direkt an der Wand, konnte sie etwas erkennen. Umständlich bückte sie sich, darauf bedacht, sich nicht schmutziger zu machen, als irgend möglich. Als sie das Objekt in Händen hielt und sich auf das Bett gesetzt hatte, stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen.
    Es war ein Glas, leer, aber winzige Tröpfchen befanden sich noch am Boden des Gefäßes. Vorsichtig berührte Neneve mit dem Finger eines davon und roch daran. Ein leichter Geruch von Zitrone stieg ihr in die Nase. Zitrone? Die Elfe überlegte. Was konnte das sein? Sie schluckte noch einmal, ehe sie sich dazu zwang, es zu probieren. Auch der Geschmack erinnerte sie an diese Frucht. Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Dieses Mittel wurde auch in der königlichen Stadt benutzt, um Schmerzen zu lindern. Es war gut möglich, dass der Arzt es San oder Sedar, wie er offenbar hieß, gegeben hatte. Möglicherweise jedoch auch dem Patienten davor. Doch Neneve war davon überzeugt, dass es für den Jüngling bestimmt gewesen war.
    Daher stand sie auf und sah sich nach etwas um, mit dem sie das Glas transportieren konnte. Als ihr Blick auf einen dünnen Leinenbeutel fiel, griff sie hastisch danach und verstaute das Gefäß darin. Keine Sekunde zu früh. Denn vor ihr tauchten zwei städtliche Wachsoldaten mit gezückten Waffen auf.
    "Was soll das?", fragte sie scharf. "Habt ihr etwas mit dem Verschwinden meines Söldners zu tun?", fügte sie etwas zu schnell hinzu. Damit wollte sie davon ablenken, dass sie einfach in ein fremdes Haus gegangen war. Doch die Soldaten schienen dem keine Beachtung zu schenken.
    "Seid Ihr Neneve Thalion, Königsbotin aus Raguna, geschickt von Königin Zumina?", fragte der eine blechern.
    "Ja, wieso? Wer will das wissen?", schnauzte sie.
    "Ich fürchte, Ihr müsst mitkommen und es selbst sehen", erwiderte er. Neneve verschränkte die Arme.
    "Und was, wenn ich das nicht mache? Wollt Ihr mich mit Euren lächerlichen Waffen verängstigen? Ist das Euer Ernst?" Demonstrativ zog sie eine Augenbraue nach oben.
    "Wenn es sein muss, verursachen diese 'lächerlichen Waffen' erheblichen Schaden", antwortete er. Die zweite Wache schwieg weiterhin eisern.
    "Etwa auch mir?" Der Soldat räusperte sich und sah sie missmutig an. Offenbar wollte er diese Sache schnell erledigt wissen.
    "Stadthalter Elrion möchte sich mit Euch unterhalten", gab er sich dann jedoch geschlagen. Ihr Titel schien ihn zurückzuschrecken. Er konnte ja nicht wissen, was die Königin mit ihr anstellen würde, wenn sie erfuhr, dass sie tief in dem Konflikt zwischen Menschen und Elfen steckte. Das war schließlich nicht ihre Aufgabe gewesen. Und ihre Mission war mit Keios' Betreten der Stadt beendet. Jetzt stand sie genau genommen nicht mehr unter ihrem Schutz.
    "Worüber will er mit mir reden?", fauchte Neneve. Diese Gedanken hatten sie noch wütender gemacht.
    "Das kann ich Euch, mit Verlaub, nicht sagen." Neneve runzelte die Stirn. Entweder wusste er wirklich nichts, oder ein guter Akteur war an ihm verloren gegangen.
    "Nun gut, ich werde Elrion aufsuchen. Aber erst will ich wissen, seit wann er wieder den Befehl über die Soldaten hat und wieso Ihr in 'Stadthalter' nennt." Die Wache schien mit sich zu ringen.
    "Das kann ich Euch nicht sagen, ansonsten verliere ich meine Arbeit." Nun verschränkte auch er die Arme.
    "Ehrlich gesagt ist das nicht mein Problem", zischte Neneve, "aber gut, ich werde mitgehen. Aber nur unter der Bedingung, dass ihr beide mir in gebührendem Abstand folgt. Ich bin schließlich kein Schwerverbrecher!"


    Glem mig
    Og la' vær' at fiks' et smadret glas
    Min hånd ville stadig mærke revnerne

    Se frem, vi ka' hurtigt ende rundt i ring
    Ærligt, var vi kun bundet sammen af drømmene

  • Casper stand ratlos herum. Er wusste nicht wo die anderen waren, nich was eigentlich überhaupt los war ... Er wusste nur, dass San weg war und diesmal wirklich in der Scheiße steckte. Der Henker wusste, dass der Junge keine Hilfe nötig hatte - zumindest im Normalfall - aber je länger er darüber nachdachte, desto mehr fühlte er sich verantwortlich, dass San oder Sedar oder wie auch immer nichts geschah. Entschlossen nahm er seine Axt vom Rücken und machte sich auf den weg zum Lagerhaus am Hafen.
    Bei Gott, er würde nicht noch einmal zusehen, wie einer der wenigen Menschen starb, die ihm was bedeuteten!
    Die Erinnerung an heißes Feuer, frenetische Rufe von Menschen und gequälte Schmerzensschreie tauchten aus den Untiefen seines Bewusstseins auf. Er wollte schreien, vernichten, ja zum ersten Mal in seinem Leben WOLLTE er töten. Er beschleunigte seine Schritte und erreichte das Lagerhaus. Es war abgesperrt, eine Kette und ein großes Schloss verhängten die Tür. Casper zögerte keine Sekunde und zerschlug die Kette mit einem mächtigen Hieb.
    Knarren schwang die Tür auf und gab den Blick auf eine leere Lagerhalle frei. Er trat ein und sah eine Treppe, die noch oben führte. Zielsicher steuerte er darauf zu, da kamen ihm schon zwei Männer entgegen. Ihre Flügel verrieten sie als Elfen und innerlich dankte er Gott, dass er nicht auf Sans Gleichen traf.
    Wütend sprintete er die letzten Meter auf die Männer zu und holte aus. Seine Axt zischte am ersten knapp vorbei, trotzdem brachte sein unvermittelter Angriff ihn aus der Fassung und Casper schlug erneut zu. Ein Schrei, eine abgetrennte Hand, dann brennender Schmerz in der Schulter. Casper hatte den Zweiten aus den Augen gelassen und bezahlte nun mit einem Treffer an der Schulter. Wütend fuhr er herum. Keine Sekunde zu früh. Seine Reflexe rissen die Axt nach oben, sodass er den nächsten Hieb anfing.
    "Verdammt das ist das dritte Hemd innert einer Woche!", brüllte er den Mann an. "Sehe ich aus wie Krösus?!" Er ließ die Axt am Schwert hinab gleiten, sodass sie wieder frei kam. Der Elf holte erneut aus, aber Casper warf sich gegen seine Brust. Gemeinsam gingen sie zu Boden. Irgendwie bekam er mit, wie der zweite sich berappelte und eingreifen wollte. Der Elf schaffte es die Knie anzuziehen und Casper von sich zu stoßen. Der Henker rollte sich ungeschickt ab und sah sie dem Handlosen gegenüber. Ohne Umschweife rammte er ihm die Breitseite der Axt an den Kopf. Die Augen des Elfen drehten sich nach hinten und er versank in Bewusstlosigkeit. Ein Zischen warnte ihn vor dem Hieb des anderen. Er sprang zur Seite, fuhr herum und schwang blind seine Waffe. Blut spritze ihm auf die Hände. Der Elf stand vor ihm und starrte erst ungläubig ihn, dann seinen aufgeschlitzten Brustkorb an. Endlich brach er zusammen.
    Casper war entsetzt. Nicht darüber, dass er getötet hatte - das hatte er oft getan - sondern darüber, dass es ihm Erleichterung, ja Genugtuung, verschaffte. Hastig fegte er den Gedanken beiseite und spurtete die Treppe hoch. Er fand einen langen Gang mit vielen Türen. Vom Adrenalin des Kampfes noch gepuscht, begann er sie der Reihe nach einzutreten. Hinter der fünften hockte ein zerfleddert und müde aussehender San.
    Casper ging auf ihn zu und reichte ihm die Hand.

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Am Palast trafen sie auf eine weitere Gruppe Wachen, welche wohl Neneve hergebracht hatte. Sie standen etwas abseits der Elfe beäugten sie aber dennoch misstrauisch. Cifer konnte sich kaum an den Weg von der Taverne bis durch die Gärten erinnern, der Schmerz in seinem hatte irgendwo auf der Treppe des Gasthauses angefangen und ihn seither so gequält, dass er sich nur darauf konzentrieren konnte, nicht ohnmächtig zu werden. Dass die Wachen sie so schnell vorangetrieben hatte, war auch nicht wirklich gut für ihn gewesen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass er seit Tagen nicht wirklich geschlafen oder viel gegessen hatte. Es hört gleich auf. versuchte er sich einzureden. Es ist gleich wieder in Ordnung. "Ach wirklich?. Woher weißt du, dass du nicht gerade stirbst?" Seine Stimme fühlte sich an, als würde ihm jemand Nägel in die Schädeldecke treiben. "Wie der andere Idiot. Oder vielleicht bist du schon tot. Wie weißt du, dass du nicht schon in der Hölle bist, oder wo auch immer ihr Menschen glaubt, wo ihr landet. Wenn Gyahara oder eine der Wachen unterwegs über den Fürsten gesprochen hatten, so war es ihm vollkommen entgangen, aber er glaubte nicht, dass die Männer noch mehr Details herausrücken würden. Er lehnte sich an die Mauer und sie warteten für ein paar Minuten, die sich zu Stunden hin zu ziehen schienen, bis schließlich noch zwei Wachen auftauchten. Der, der sie hergebracht hatte rief etwas von einem Henker, und Cifer brauchte einige Sekunden um zu merken, dass es wohl um Caspar ging, doch einer der beiden Anderen schüttelte nur mit dem Kopf. "Der taucht schon wieder auf." meinte einer von Neneves Begleitern nur, dann bedeutete er ihnen, nach drinnen zu gehen.

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  • Sedar schreckte auf, als sich die Tür schabend öffnete, und erwatete seine Wärter oder wenigstens die Wachen, die gekommen waren, um ihn für einen Mord zu verhaften, den er nicht begangen hatte. Doch es war kein anderer als Casper. Der hünenhafte Henker, dessen Hemd mit Blut verschmiert war, reichte ihm die Hand, die Sedar nach einem Augenblick des Zögerns annahm.
    "Was... Wieso", setzte er an, musste dann jedoch abbrechen um sich zu sammeln.
    "Wie hast du mich gefunden", fragte er schließlich.
    "In dieser Lagerhalle haben sich Elrions Handlanger getroffen", antwortete der Henker mit finsterem Gesichtsausdruck, während er ihm aufhielf. "Sedar also?" Der Assassine runzelte die Stirn. Natürlich war das, was die Enklave in der Stadt verbreitet hatte, auch bei seinen Gefährten angekommen. Wie viel wussten sie? Die Fragen waren Casper deutlich ins Gesicht geschrieben. Er hatte so viele Menschen umgebracht. Wie sollte er den anderen Gegenüber nur eine vernünftige Entschuldigung finden, wenn er seine Taten nicht einmal vor sich selbst rechtfertigen konnte. Er beschloss das Ganze fürs Erste auf sich beruhen zu lassen - die anderen konnten ihn immer noch verdammen, wenn Zeit dafür war - und folgte dem Henker durch die Tür nach draußen. Sedar atmete erleichtert auf, als die mehr oder minder frische Luft des Hafens durch seine Lungen strömte. Endlich war er wieder frei. Jedenfalls für den Augenblick. Nach dem kurzem unbedachtem Augenblick, den er sich gegönnt hatte, sah er sich um. Er stand tatsächlich am Rande des Wassers, Schiffsmasten ragten nur Meter vor ihm in die Höhe. Die Nacht war mittlerweile dem Morgen gewichen. Er hatte wohl beinahe einen Tag in seinem Gefängnis verbracht. Es war ihm wie Wochen vorgekommen.
    "Was jetzt?", fragte er sich. Auf ihrem Weg waren sie zweien seiner Wachen begegnet. Es waren Elfen, die in ihrem eigenem Blut da lagen. Vermutlich hatten die Mitglieder der Enklave längst die Stadt verlassen. Wenn sie Glück hatten. Jedoch hieße das auch, dass der Fürst längst tot war.
    "Wo sind die anderen?", wandte er sich an den Henker.
    "Keine Ahnung", antwortete Casper. "Sie sind ein paar Spuren nachgegangen. Vermutlich sind mittlerweile alle wieder zum Palast zurückgekehrt. Wir sollten auch da hin und alles klären."
    "Auf keinen Fall", unterbrach Sedar ihn. Falls Keios wirklich tot war, wären die Wachen sicherlich aufgeschreckt wie eine Gruppe tobender Hühner und sie würden ihn, den mutmaßlichen Mörder des Fürsten, sicher nicht mit Tee und Keksen begrüßen. Zumindest sofern sie ihn denn sahen. "Beziehungsweise doch, aber ich gehe allein. Du versteckst dich irgendwo."
    "Ich verkrieche mich nicht", begehrte der Henker wütend auf und stemmte die Armen in die Hüften. Sedar sah sich erschrocken um, ob jemand auf sie aufmerksam geworden war, doch zum Glück querten die Matrosen und sonstigen Leute genauso unbeeindruckt ihren Weg wie zuvor.
    "Und wieso solltest du alleine gehen. Du stehst in dem Verdacht den Fürsten ermorden zu wollen", fuhr der Hüne fort und zögerte dann einen Augenblick. Sedar sah wie sich der Griff um seine Axt verstärkte. "Oder planst du das tatsächlich."
    "Ich bezweifle, dass ich damit noch Erfolg hätte", antwortete der Assassine vage, entschloss sich dann aber doch Casper von seiner Unschuld - zumindest in diesem Fall - zu überzeugen zu versuchen. Zu wichtig war er in diesem Moment als womöglich letzter verbliebener Freund, nicht zuletzt, da es Sedar kränkte ihn an ihm zweifeln zu sehen. So berechtigt diese Zweifel auch sein mochten. "Die Männer in Schwarz haben mich gefangen genommen. Bitte glaub mir! Sie müssten Keios bereits umgebracht haben und wollen es nun mir zuschieben. Ich muss alleine gehen, da wir zu zweit zu sehr auffallen würden. Wir müssen jedoch trotzdem die anderen finden, da wir alleine kaum aus dieser Stadt heraus kommen würden."
    "Dir den Mord anhängen?", fragte Casper, dessen Mitleid für den toten Fürsten - falls er ihm denn glaubte - sich in Grenzen zu halten schien. "Willst du behaupten all die anderen Dinge, wie dem Mord an diesem König und werweißschon noch wem, sind auch alle gelogen." Sedar zuckte unmerklich zusammen. Hatte die Enklave ihm denn keines seiner schmutzigen Geheimnisse gelassen? Nun. Wieso sollte sie auch und in gewisser Weise war Sedar auch dankbar dafür. Wenigstens hatten jetzt die Lügen und falschen Geschichten ein Ende.
    "Ich bitte dich", begann er vorsichtig. "Ich werde euch alles erzählen. Irgendwann! Nur nicht jetzt, wenn jede Sekunde eine Truppe Stadtwachen um die Ecke biegen könnte um mich aus meinem Gefängnis zu holen." Trotz seiner Erleichterung war er froh dieses Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Der Henker schien einen Moment zu überlegen. Einen Moment in dem Sedar sein Herz laut pochen und sein Blut in seinen Ohren rauschen hören konnte. Dann nickte der Hüne schließlich.
    "In Ordnung", antwortete er und Sedar fiel ein Stein vom Herzen. "Aber ich komme trotzdem mit. Ich kann ebenfalls unauffällig sein und es geht immerhin auch um meine Freunde, falls du das vergessen hast." Er schob den Kiefer trotzig vor und starrte ihn herausfordernd an. Sedar überlegte einen Moment wie er den Henker überzeugen konnte, von seiner Entscheidung abzulassen. Er bezweifelte, dass irgendjemand diesen Riesen nicht übersehen könnte, doch darauf würde Casper kaum hören.
    "Okay", gab er sich schließlich geschlagen. "Wir gehen zusammen. Aber denk daran: Niemand darf uns sehen."
    "Abgesehen davon", wechselte er das Thema. "Was ist mit dem ganzen Blut. Bist du verletzt." Er deutete auf des Henkers Hemd bzw. auf das Blut an diesem.
    "Nur ein Kratzer an der Schulter." Casper zuckte mit den Achseln.
    "Das meiste davon ist nicht meins", meinte er beruhigend, als er Sedars Blick bemerkte. Sie gingen gemeinsam Richtung Palast.

    Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.

    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    Man führte sie durch die hellen Gänge, wieder in die Halle mit dem Thron. Auf dem Platz saß niemand und nur Elrion und zwei weitere Elfen befanden sich in der großen Räumlichkeit. Elrion stand an einem Tisch und sah er auf, als er sie kommen hörte.
    Sein Gesicht enthielt eine Spur Traurigkeit, was jedoch keinen sonderlich ehrlichen Eindruck machte. Als er sie erkannte, mischte sich Zorn in das elfische Gesicht. Diese Emotion wirkte schon eher echt.
    "Da seid ihr ja", gab er mit beherrschter Stimme von sich. Er reckte das Kinn etwas in die Höhe und wandte sich dann mit dem ganzen Körper zu ihnen um. Auf Gyahara wirkte der Kerl noch viel arroganter, als bei ihrer ersten Begegnung, aber er schien sich Mühe zu geben, dass dies nicht zu schnell Anmerkung fand.
    "Ja", moserte Neneve, "und es wär schön, wenn uns endlich jemand sagt, warum wir hier sind." Sie verschränkte trotzig die Arme und sah den älteren Elf eindringlich an. Etwas an ihrer Haltung verriet, dass sie kein Wort der Ablenkung mehr dulden würde. Offensichtlich wusste sie nicht mehr, als Gyahara oder Cifer.
    "Das sage ich euch gern", begann Elrion mit einer Stimme, als wollte er ihnen eine lange Geschichte erzählen. Doch anstatt er weitersprach, hob er einen Zettel vom Tisch und hielt in in die Höhe, damit sie ihn sehen konnten. Die Dämonin erkannte sofort das untypisch verzogene Gesicht von San. Es war dieser Steckbrief, den sie schon einmal gesehen hatte. "Dieser Mann", sprach Elrion, "hat den Fürsten Keios umgebracht. Vor ein paar Minuten erst. Die Wachen haben ihn auf frischer Tat ertappt und ihn auf der Flucht gestellt."
    Gyahara verschränkte nun ebenfalls die Arme und formte die Augen zu Schlitzen. Der Fürst war also wirklich tot? Das ging schnell.
    "Fürst Keios ist tot?", fragte Neneve noch einmal nach. "Und San ... Sedar ist schuld?" Es schien, als wollte sie ihren Ohren nicht trauen.
    Elrion sah sie alle drei eine Weile abwechselnd an, bevor er spöttisch lachte.
    "Als wäre das eine Neuigkeit für euch!" Sein lachen erstarb und er zeigte dem dem Finger auf sie drei. "Ihr seid mit ihm zusammen gereist und keiner von euch Söldnern war in Keios Nähe, als es passiert ist. Es ist also offensichtlich, dass ihr mit dem Ableben des Fürsten etwas zu tun habt!"
    Gyahara wollte erst scharf die Luft einziehen, dann wurde ihr aber klar, dass sie diese Anschuldigung keineswegs überraschte. Es war klar gewesen, dass man sie in die Sache mit hineinzog. Ob Sedar nun an der Verschwörung beteiligt war, oder nicht. Sie fragte sich nur, was Elrion mit diesem Schmierentheater genau bezwecken wollte.
    "Das ist ja wohl nicht Euer Ernst!", giftete Neneve dem Elfen ins Gesicht. "Ihr bezichtigt mich, einen Auftrag der Königin falsch ausgeführt und sie damit hintergangen zu haben?"
    Elrion senkte bemitleidend den Kopf, bevor er mit ernster Miene wieder zu ihnen blickte.
    "Es ist unumstößlich, dass auch Ihr nicht bei Keios ward, als das passiert ist!", sprach er, "Es lässt also keine anderen Schlüsse zu." Er nahm die Augen von ihnen und richtete seine nächsten Worte an die umstehenden Soldaten. "Sie haben sich gegen den neuen Fürsten verschworen und sind an seinem Tod ebenso schuld, wie der Mörder selbst. Wir dürfen seinen Tod nicht ungestraft lassen. Bringt sie weg!"
    "Wir haben uns mit ihm gegen Keios verschworen?",
    schnaufte Neneve. "Es ist wohl eher so, dass ihr derjenige seid, der Grund hatte, ihn loszuwerden. Wir wissen von Eurem Plan." Elrion machte ein bedauerndes Gesicht und legte eine Hand auf die Brust.
    "Welchen Grund hätte ich schon?", fragte er. "Ich sollte die Stadt verwalten, bis er kommt, das habe ich getan und ich habe meinen Platz geräumt, als er kam. Es war der Wunsch der Königin, dass Menschen und Elfen in dieser Stadt zusammenleben. Ihr aber seid seit Wochen mit diesen zwielichtigen Gestalten unterwegs gewesen. Wahrscheinlich habt ihr das alles geplant, um den ZUsammenschluss der Menschen und Elfen zu verhindern, Neneve Thalion. Ich weiß um Eure Ablehnung gegenüber den Menschen."
    Die Elfe blies die Wangen auf, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, hielt Gyahara sie zurück. Das hatte keinen Sinn. Elrion hatte das alles durchgeplant und wohl auf jedes ihrer Argumente eine passende Antwort gefunden. Sie würden sich nur noch weiter verdächtig machen, wenn sie sich nun verteidigten und alles wiederlegt wurde. Sie wusste, sie hätten aus der Stadt fliehen sollen, aber wollte ihr jemand glauben? Nein. Jetzt mussten sie anders an die Sache herangehen. Casper war noch frei, und vielleicht konnten sie ihn warnen, das er nicht auch in die Hände Elrions fiel, oder er sich etwas ausdenken konnte, um ihrer aller Unschuld zu beweisen. Aber wie sollten sie ihm sagen, wo sie steckten?
    "Führt sie ab und sperrt sie ein, bis wir ein gerechtes Urteil für sie finden", befahl Elrion. Gyahara konnte sich schon vorstellen, wie dieses Urteil aussehen würde. Und diesmal war Casper sicherlich nicht der Henker...
    Kaum hatte der Elf seine Worte ausgesprochen, wurde sie auch schon an den Händen gepackt und aus dem Raum geschleift.
    "Wir müssen irgendwie Casper hiervon erzählen", flüsterte sie zu Neneve. Dabei fiel ihr Blick jedoch auf Cifer, der sich gegen die Griffe der Männer fast gar nicht mehr zu wehren schien. Er war erschöpft und wirkte noch viel kränklicher als sonst. "Und zwar, bevor wir alle sterben oder er hier auftaucht und sich ebenfalls fangen lässt." In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie und Neneve waren momentan die Einzige, die sich verteidigen konnte. Auch, wenn man der Elfe das Schwert abgenommen hatte und sie verletzt war. Sollten sie eine Flucht riskieren?

  • Es war dunkel. Und stinkig. Die feuchten Wände verströmten einen modrigen Geruch, der Neneve Tränen in die Augen trieb. Was war mit Vargas und Aikana? Die beiden waren nun in die Hände ihrer Feinde gefallen. Sie würden doch gleich den Soldaten zum Fraß vorgeworfen werden, weil sie nicht mehr unter ihrem Schutz standen. Es war zum Haare raufen.
    "Wenn wir nur hier raus kämen", seufzte sie daher. Ihr Blick wanderte in dem engen Raum umher, den sie sich mit Gyahara und Cifer teilen musste. Dann hefteten sich ihre Augen an die vergitterte Öffnung hoch über ihrem Kopf. Es waren gut und gerne drei Schritt. Und dummerweise hatte man ihre Flügel zusammengebunden. Ein Entkommen shien unmöglich. Nicht einmal drei völlig gesunde Wesen hätten es geschafft, sich gegenseitig dort empor zu kämpfen. Wie sah es dann erst mit angeschlagenen aus?
    Dennoch war es ein unnötiges Risiko, das die Elfen auf diese Weise eingingen. Es sei denn, dort draußen, weit von den Gittern entfernt, befände sich noch etwas viel Grausigeres. Vorsichtig lief Neneve zu der gegenüberliegenden Seite des Raums und streckte sich, doch sie konnte nichts sehen.
    "Verdammt", grummelte sie nur. Missmutig sah sie zu den anderen beiden. Doch Cifer war in der Ecke gekauert, seine Gesichtsfarbe war einem ungesunden Grauton gewichen. Hastig sah sich die Elfe weiter um. Sie mussten hier schnellstens raus, sonst konnte sie für nichts mehr garantieren.
    "Hat einer von euch etwas dabei, was er nicht mehr braucht?", fragte sie vorsichtig. Die beiden anderen sahen sie nur verständislos an. Dann nickte Cifer jedoch langsam und richtete seinen Blick auf seine Kleidung. Schnell huschte sie zu ihm.
    "Eine leere Flasche", murmelte er. Die Elfe runzelte die Stirn. Ihre Hände waren, wie die der anderen, im Rücken zusammengebunden.
    "Mist", fluchte sie weiter. Da trat Gyahara zu ihnen.
    "Was willst du damit?", fragte sie.
    "Ich will einfach nur wissen, wieso dieser Raum eine Fluchtmöglichkeit hat. Und ich vermute, dass sich dahin irgendetwas versteckt. Ich kann nur nichts sehen", erklärte Neneve.
    "Was sollte sich dahinter den verstecken?", wollte Gyahara weiter wissen. Die Elfe zuckte mit den Schultern.
    "Ich habe keine Ahnung. Vielleicht noch etwas viel Schlimmeres als und hinter dieser Tür befindet. Und bevor ich mir Gedanken über mögliche Fluchtwege mache, will ich zuerst einmal wissen, wo er mich hinführt." Die Dämonin verschränkte die Arme.
    "Ist das dein Ernst? Selbst wenn sich dahinter eine Blümchenwiese befindet, wird uns das nichts nützen, solange wir da nicht mal hochkommen." Neneve knirschte mit den Zähnen.
    "Ich weiß doch auch nicht. Aber irgendetwas müssen wir doch tun. Oder Casper tappt auch in die Falle. Und dann stecken wir echt in der Patsche. Dann wandern wir auf direktem Wege zum Henker!" Neneve ließ sich an der Wand neben Cifer hinabsinken. Ihre Nerven lagen blank. Eigentlich hatte sie noch nicht vor zu sterben.


    Glem mig
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    Se frem, vi ka' hurtigt ende rundt i ring
    Ærligt, var vi kun bundet sammen af drømmene

  • Casper schlich mit San durch die Gassen der Stadt. Es war gar nicht so einfach sich im Verborgenen zu halten.
    Vielleicht hatte San Recht gehabt und es wäre besser gewesen, wenn er zurück geblieben wäre, aber er konnte seine Freunde nicht im Stich lassen. Außerdem war ihm schleierhaft was San ausrichten oder bezwecken wollte, wenn er da alleine aufkreuzte. Sicher, er hatte einiges auf dem Kasten, aber sein Zustand war auch schon mal besser gewesen.
    je länger er darüber nachdachte, desto mehr Zweifel kamen ihm an der ganzen Geschichte.
    San - oder Sedar - mochte ja vielleicht ein Assassine sein, der tatsächlich mal einen König ermordet hatte, aber in dem Zusammenhang gab das Ganze einfach keinen Sinn. Er hatte auf der ganzen Reise hier her mehr als genug Zeit gehabt den Fürsten umzubringen, wenn er es denn wirklich gewollt hätte. Und Casper konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was der Junge davon hätte ... außer vielleicht die Welt um einen Hohlkopf erleichtert zu haben.
    Viel mehr machte es Sinn, dass Elrion sein Amt nicht abgeben und San etwas anhängen wollte. Und das Tolle daran, zumindest für Elrion, war, dass er alle anderen mit einbuchten konnte. Alle Zeugen, die das Gegenteil beweisen könnten und nebenbei stände er bei Zumina, der Elfenkönig hoch im Anseheh, weil er eine "Verräterin" in ihren Reihen entlarvt hatte.
    Casper seufzte. Das war doch zum Mäuse melken!
    Plötzlich spürte er Sans Hand auf der Brust und blieb stehen. Der Junge hatte ihn ohne zurückzublicken gestoppt und spähte um eine Ecke. Casper duckte sich ein wenig und versuchte ebenfalls etwas zu erkennen.
    Neneve, Gyahara und Cifer umringt von Wachen, wurden abgeführt! Verdammt!
    Der Henker zog San zurück in den Schatten der Hauswand. "Was machen wir jetzt? Einfach reinspazieren können wir nicht mehr."
    "Ich kann schon", meinte San.
    "Einen Teufel wirst du tun!", brauste Casper auf. "Du bist mehr tot als lebendig."
    San seufzte und gab nach. Der Junge wusste genauso gut wie Casper, dass er alleine nichts ausrichten konnte.
    "Was schlägst du vor?", fragte er nach einer Weile.
    Casper überlegte fieberhaft. "Ich glaube, dass wir keine Chance haben gegen sie zu kämpfen, also müssen wir die anderen irgendwie befreien und uns dann -" "An die Königin der Elfen wenden und um Hilfe bitten", beendete San seinen Satz. Casper nickte.
    "Mit ihrer Hilfe könnten wir uns mit Elrion anlegen, aber im Moment haben wir einen ganze Stadt im Rücken."
    "Dann brauchen wir den Grundriss des Schlosses, um herauszufinden, wo die Kerker liegen ...", spann San die Überlegungen fort.
    Das war ein Problem das Casper nicht bedacht hatte. Ihn verließ der Mut, aber San grinste plötzlich verwegen.
    "Jede Stadt hat ein schlechtes Viertel. Mit etwas Geld finden wir sicherlich jemanden, der uns einen Plan zeichnen kann."
    Auch Caspers Miene erhellte sich nun. "Das klingt gut, aber man darf uns nicht erkennen ... wir brauchen eine brauchbare Verkleidung ..."

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    - F. Scott Fitzgerald

  • Das hier war schlimmer, als auf dem Schiff, weitaus schlimmer. Cifer fühlte die Seile kaum, die ihm trotz der Ärmel darüber die Arme aufscheuerten. "Woher wissen wir, dass sie Caspar nicht inzwischen geschnappt haben?" fragte Gyhara während Cifer in Gedanken seine wenigen Habseligkeiten durchging. Es fiel ihm schwer sich darauf zu konzentrieren aber es lenkte ihn immerhin ein wenig von den Schmerzen in seinem Arm und jetzt auch in seiner Brust ab. "Und wohin haben sie San gebracht? Glaubst du er ist tot?" Sein Herz schien in seiner Brust zu flattern, wie ein Vogel der in einem viel zu kleinen Käfig verzweifelt mit den Flügeln schlug. Die Waffen hatte man ihnen natürlich abgenommen und eine der Wachen hatte sich auch seinen Geldbeutel geschnappt, seine nutzlose leere Flasche und das noch nutzlosere fast leere Buch in dem er sich bis jetzt erst ein paar Notizen gemacht hatte, hatte er jedoch noch. Außerdem die Würfel in seinem Ärmel, wie er sich nach ein paar weiteren Sekunden erinnerte. Aber irgendetwas fehlte noch. Neneve und Gyahara sprachen weiter über Fluchtwege und ihre verschollenen Kameraden. Ich wette sie lassen dich sowieso zurück Cifer. meinte der Schatten und klang dabei schon fast mitleidig. Du bist eine Last, sieh es ein, das haben schon deine Eltern erkannt, als sie dich in den Krieg geschickt haben. er hätte gerne widersprochen, dass es nur die Entscheidung des Mannes seiner Mutter gewesen war, aber seine Kehle fühlte sich zu trocken zum sprechen an und er hatte einfach nicht die Kraft einen Streit mit einem Wesen anzufangen, das die anderen Beiden nicht einmal hören konnten. Trotzdem reichte es, um ihn ein paar Sekunden an seine Eltern zu erinnern. Zu dem Mann der ihn großgezogen hatte, hatte Cifer ohnehin nie ein gutes Verhältnis gehabt und er hatte es ihm früh ausgeprügelt ihn mit Vater anzusprechen. Seine Mutter hatte er immer ein wenig vermisst, aber inzwischen war sie bestimmt ohnehin tot. Wie die meisten Menschen denen er je nahe gestanden hatte. Der Gestaltwandler versuchte wieder, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, bevor er tiefer in weitere unangenehme Erinnerungen abrutschen konnte. Er versuchte, sich ein wenig aufrechter hinzusetzen, stöhnte aber nur und lagerte seine Stirn auf den angewinkelten Knien ab. Plötzlich fiel ihm auch wieder ein, was er vergessenen hatte. Natürlich bestand die Wahrscheinlichkeit, dass die anderen Beiden ihn hier zurückließen wenn sei wirklich den Ausgang fanden, aber Cifer hoffte, sie doch gut genug zu kennen um zu wissen, dass diese Wahrscheinlichkeit sehr klein war. Außerdem würden sie andernfalls sowieso alle verrecken, wenn sie nicht bald hier rauskamen. "Der Dolch.. In meinem Stiefel." brachte er schließlich heraus, so leise, dass er eine Sekunde zweifelte, ob die Beiden ihn gehört hatten. Doch Neneve wandte ihm den Kopf zu."Was? Und damit kommst du jetzt?" fragte sie etwas zu gereizt aber er war kaum in der Verfassung, es der Elfe übel zu nehmen. Das dieser Aufrag so ein Ende nahm hatte sie sich sicher nicht gedacht. Er schaute wieder auf und brachte irgendwie ein schwaches Grinsen zustande."Du hast nur gefragt... was ich nicht mehr brauche." murmelte er, bevor eine weitere Welle von Schmerz durch seinen Körper jagte und er wieder das Gesicht verzog.

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  • Die Luft war stickig und trug den unverkennbaren Geruch nach Schweiß und Schmutz. Durch die zugezogenen Läden drang nicht einmal das Licht der Straßenlaternen und die kleine traurige Öllampe, die in der Mitte des Zimmers von der Decke hing, half kaum über diesen Umstand hinweg. Trotzdem war der Schankraum gut besucht. Jeder der Tische war prall gefüllt, so dass einige Gäste sich behelfsmäßig um den Tresen drängten, in der Hoffnung, dass sie einen Tisch bekämen, bevor sie zu viel getrunken hätten um noch kontrolliert zu stehen. Dummerweise machten die meisten der sitzenden Gäste nicht den Eindruck, als planten sie, dieses Etablissement noch vor Sonnenaufgang zu verlassen, während bei dem Rest berechtigte Zweifel bestanden, ob sie ihren Platz je wieder aus eigener Kraft verlassen könnten.
    "Und was bietet ihr mir als Gegenleistung an", fragte der kleine hakennasige Mann, der selbst für den Folterknecht, der er war, viel zu schäbig aussah. Er saß Sedar und Casper, die wohl auch durch die bullige Erscheinung des Henkers gepaart mit der scharf glitzernden Schneide dessen Axt an diesen Sitzplatz gekommen waren, gegenüber und sah sie gierig an. Sedar holte das kleine Säckchen, welches er in Neneves Zimmer gefunden hatte, hervor und zeigte dem mit aufgerissenen Augen starrendem Folterknecht das goldene Funkeln in dessen Innerem. Langsam ließ er drei der Münzen auf den Tisch fallen. Er hoffte inständig Neneve würde nicht allzu erbost darüber sein, dass sie einfach ihr Geld ausgaben. Immerhin taten sie es zu ihrer und ihrer restlichen Gefährten Rettung.
    Sedar hatte sich dann doch noch zu einem kleinem Ausflug ins Innere des Palasts hindurchgerungen, bei dem er zwar nicht das Gefängnis seiner Gefährten, wohl aber seine und ihre Ausrüstung in ihren Zimmern, deren Standort er ja kannte, gefunden hatte. Somit war immerhin das Verkleiden kein Problem gewesen. Sedar hatte seine Assassinenkleidung und Casper bedeckte sein Gesicht behelfsmäßig mit einer Kapuze. Kurz danach hatten sie sich auch noch einmal das Lagerhaus, in dem er gefangen gehalten worden war, genauer angesehen und auch den Rest seiner Waffen sowie seinen heißgeliebten Beutel entdeckt. Nur die Tiere der Elfe hatten sie nicht befreien können, diese wären jedoch auch zu auffällig für einen Rettungsversuch gewesen. Vielleicht ließe sich da etwas auf der schlussendlichen Flucht machen, doch soweit mussten sie erstmal kommen.
    "Drei Münzen", rief ihr Gegenüber gespielt entsetzt aus, obwohl ihm sichtlich bewusst war, welche große Summe das war. Immerhin hatte er pures Gold vor sich, soweit Sedar das beurteilen konnte. "Bedenkt das Risiko, das ich hierbei eingehe. Und mein schlechtes Gewissen, wegen dem Verrat an meinem Stadthalter und Arbeitgeber. Glaubt ihr drei lächerliche Münzen könnten es beruhigen." Sedar seufzte und ließ eine Vierte dazu fallen. Für Spielchen hatte er schlicht keine Zeit. Der Folterknecht tat einen Moment so, als müsse er überlegen, um ihnen eventuell eine weitere Münze aus den Rippen zu leiern, besann sich dann jedoch, riss die Vier, die er schon hatte, schnell an sich und ließ sie in einer Tasche in seinem Umhang verschwinden. Sedar bemerkte die vielen Blicke in ihre Richtung von vielen dubiosen Gestalten. Die Hakennase würde heute Nacht sicherlich überfallen werden. Genau wie sie auch, wenn sie sich nicht vorsahen.
    "Du hast dein Geld, jetzt beschreibe uns endlich den Weg", knurrte Casper, was den kleinen Mann kurz zusammenzucken ließ. Es war unübersehbar wen von ihnen beiden er furchteinflößender fand. Trotz Sedars schwarzer Kleidung und seiner Maske. Mit einem weiteren nervösen Blick in Richtung des Henkers beugte sich der Folterknecht schließlich vor und begann ihnen leise den Weg zu beschreiben, den sie zu den Kerkern nehmen mussten.
    "Es gibt drei Abschnitte", erklärte er. "Im Ersten befinden sich die gewöhnlichen Gefängnisse. Weiträumig und luxuriös, im Gegensatz zu den anderen beiden. Im Zweiten befinden sich dann schon die Unterkünfte für unsere schwierigen Gäste. Dort sind auch viel mehr Wachen und die Schlösser sind so gut wie unüberwindbar. Ihr solltet hoffen, dass eure Freunde nicht dort sind."
    "Und im Letztem", fragte Sedar, besorgt was er wohl für eine Antwort bekommen würde.
    "Keine Ahnung", erwiderte Hakennase und zuckte zurück, als er den Blick bemerkte, mit dem ihn Casper bedachte. "Ich habe wirklich keine Ahnung. Nur eine handvoll Wachen hat dort Zutritt. Die meisten Insassen, die dort hineinkommen, habe ich nie wiedergesehen. Und wenn, dann ist der Anblick wirklich nicht schön." Der kleine Mann erschauerte, als ihm einfiel, dass ihm genau das drohte, wenn jemand herausfand, dass er ihnen geholfen hatte.
    "Verzeiht, aber mehr kann ich euch wirklich nicht sagen", beendete er seine Erzählung und stand auf. "Und wenn ihr gefasst wurdet, rate ich euch kein Wort von mir zu sagen. Immerhin werde ich derjenige sein, der euch foltert." Die Drohung verpuffte sichtlich, da seine Stimme mitten im Satz zu zittern begann. Er drehte sich um und hastete aus der Taverne. Sechs Gestalten von den umliegenden Tischen standen zeitgleich auf und folgten ihm. Sie hatten wohl das Gold gesehen. Es war unwahrscheinlich, dass Hakennase morgen noch in der Lage sein würde, sie zu foltern.
    "Wenn ihr gefasst wurdet,...", dachte Sedar besorgt an dessen Worte. Nicht falls sondern wenn. Keine sehr schöne Aussicht.
    Er und Casper warfen sich denselben beunruhigten Blick zu. Ihnen beiden war klar in welchem der drei Abschnitten ihre Gefährten stecken würden. Sie standen auf und verließen ebenfalls das Gasthaus. Im Augenwinkel sah Sedar schon ihre Verfolger, die scharf auf den Beutel voller Gold waren, den sie eben gut sichtbar für alle gezeigt hatten. Draußen angekommen zog er Casper sofort in eine kleine Seitengasse und drückte sich mit ihm in den Schatten. Auf der Hauptstraße hörten sie Schritte und Stimmen, die sich leise berieten, wo die beiden Männer mit dem vielem Geld wohl waren. Den Schritten zufolge teilten sie sich auf und entfernten sich schnell. Erleichtert atmete Sedar auf. Die erste Hürde war überstanden. Jetzt mussten sie nur noch in einen gut gesicherten Palast eindringen, sich in einen streng bewachten Kerker schleichen und natürlich auch die geheimnissvollen Gefahren in Abschnitt Drei überwinden. Danach hatten sie dann immerhin nur noch die hektische Flucht aus einer Stadt in Aufruhr und mit Sicherheit sehr aufmerksamen Stadtwachen vor sich. Ein wahres Kinderspiel...

    Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.

    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    Neneve versuchte vergeblich das Schloss mit Cifers Dolch zu knacken, während Gyahara sie nur missbilligend ansah. So einfach ließ sich ein solches Schloss eben nicht öffnen. Das hatte Gyahara von Anfang an gesagt, aber die Elfe hatte nicht hören wollen. Zugern hätte sie nun diesen Ich-habe-es-die-ja-gesagt-Moment ausgekostet, aber es wäre ihr lieber gewesen, sie hätte sich geirrt.
    "Ich will einfach nicht glauben, dass wir rein gar nichts machen können", stieß Neneve aus. Gyahara wusste, was sie meinte, ihr ging es genauso.
    Neben ihr hustete Cifer erneut. Die Anfälle schienen sich zu häufen. Wenn sie nicht bald aus dem Kerker kamen, und einen Arzt fanden, dann wars das mit ihm. Er schien von Minute zu Minute mehr seiner Krankheit zu verfallen.
    Sie stützte seinen Kopf an ihrer Schulter und lehnte sich an die kalte Steinwand. Zu gern würde sie etwas für ihn tun, dochihre Kräfte waren nicht stark genug, um Krankheit und Tod aufzuhalten. Weder bei Tieren und erst recht nicht bei Menschen. So konnnte lediglich hier sitzen und ihn bei Bewusstsein halten.
    "Ich hoffe nur, Casper kommt nicht auf blöde Ideen", sprach sie einen anderen Gedanken laut aus. "Wenn sie ihn nicht schon geschnappt haben, machen sie es spätestens, wenn er versucht, uns zu befreien."
    Sie glaubte nicht wirklich an diesen Gedanken, aber es bereitete ihr Erleichterung zu hoffen, dass der Henker keinen Blödsinn plante und irgendwo in Sicherheit war. Und wo auch immer San angeblieben war...
    Auch, wenn es ihr in der jetzigen Situation schwer fiel, dem Mann zu vertrauen, hoffte sie doch, dass er bei Casper war und ihm dumme Ideen ausredete.
    Ich hätte nie erwartet, dass es einmal so mit mir enden wird." Neneve setzte sich neben sie und ließ den Dolch zu Boden gleiten.
    "Immerhin kann dir keiner vorwerfen, du hättest deinen Auftrag nicht rechtens beendet", versuchte Gyahara die Situation zu lockern und sich etwas die Langeweile zu vertreiben.
    Neneve schwieg erst und die Dämonin glaubte schon, nun etwas Falsches gesagt zu haben, da schlug die Elfe mit der Faust gegen den dreckigen Steinboden.
    "Dieser Verräter! Er hat den Wunsch der Königin in den Wind geschossen und ich kann ihr nicht einmal davon berichten." Sie starrte wütend an die gegenüberliegende Wand. "Ich schwöre, wenn ich hier rauskomme, dann wird er meinen Zorn spüren."
    "Wäre es nicht besser, die Königin in dem Fall erst zu informieren? Wir paar Leute können wohl nichts ausrichten."
    Gyahara sah zu Cifer. "Mit einem Verletzten erst gar nicht."

  • Cifer wusste nicht wann oder wie aber irgendwann musste er wohl eingeschlafen sein, oder besser gesagt, dass Bewusstsein verloren haben. Er erinnerte sich nicht an Träume nur an ein Gefühl, als würde er fallen, was eher seltsam als wirklich beunruhigend war wenn man bedachte, dass er davor schon seit Jahren keine Angst mehr hatte. Allerdings erfuhr er nicht, was am Ende dieses Sturzes wartete, hastige Stimmen, ein klapperndes metallisches Geräusch sowie das Gefühl, dass ihm jemand seinen Dolch zurück in den Stiefel steckte rissen ihn aus seinem schlafähnlichem Zustand. Die vermummte neben ihm stieß ihn leicht an und lenkte seinen Blick auf die Zellentür, welche nun offen stand und sein erster verrückter Gedanke war es, dass die Elfe es wohl wirklich geschafft haben musste, das Schloss aufzubrechen. Verabschiede dich schon mal von ihnen. Sie haben selber gesagt, dass sie keine Verletzten brauchen können. Der Gedanke, dass sie ihn zurücklassen würden schmerzte ihn irgendwie, aber Cifer versuchte sich einzureden, dass er es auch selbst schaffen würde, er musste nur hochkommen. Nur seltsam dass Neneve und Gyahara nicht weggingen. Die Elfe war ein Stück von der Tür zurückgewichen und hatte Kampfhaltung eingenommen, bereit sich auf den nächsten Unglücklichen zu stürzen, der durch diese Tür trat und auch die Dämonin starrte gebannt nach draußen und schien den Atem anzuhalten. Eine Wache trat ein, ein großer Kerl der sich am Türbogen fast den Helm anstieß und die Hand drohend auf dem Schwertgriff liegen hatte. Wollte Elrion sie hinrichten lassen für den Mord? Wollte er sie der Familie des Fürstens als Attentäter präsentieren, um weitere Kriege zu verhindern? So abwegig war dieser Gedanke gar nicht. "Kommt mit." meinte der Wächter aber es klang nicht wirklich wie ein Befehl. "Caspar?" fragte plötzlich Gyahara neben ihm. Cifer hätte sich irren können, aber ihre Stimme klang fast ein bisschen höher als sonst. "Was zur Hölle machst du hier? Willst du dich umbringen?" fuhr sie ihn jedoch im nächsten Moment an, was den Wächter fast ein wenig zurückweichen ließ. Bei näherer Betrachtung merkte man, dass dem großen Mann die Rüstung wohl nicht ganz zu passen schien. "Ein einfaches Danke hätte es auch getan." meinte eine weitere Stimme aus der Dunkelheit und ein anderer Wächter lehnte mit einer Fackel in der Hand in die Tür. "San, was..? begann Neneve, doch der Assassine unterbrach sie. "Später. Jetzt seid leise und kommt mit. Eure Sachen haben wir draußen versteckt."

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  • Geduckt hasteten sie durch die Gänge - nicht, dass das bei Casper etwas bringen würde, aber Vorsicht war besser als Nachsicht.
    San lief vorn und kundschaftete die Gänge aus, dann kamen Neneve und Gyahara. Casper bildete die Nachhut. Er hatte sich Cifer auf die Schultern geladen. Der arme Kerl hatte ihm erstmal den Rücken vollgekotzt, als Casper ihn etwas zu schwungvoll hochgehoben hatte. Ihm musste es wirklich schlecht gehen. Der Mann hatte zuerst darauf bestanden alleine zu gehen, doch als er immer wieder taumelnd gegen die Wand gestolpert war, hatte Casper ihn sich einfach geschnappt.
    In dieser kuriosen Konstellation machte sich die Gruppe nun auf zu fliehen, in der Hoffnung, dass sie Zumina erreichen würden, ehe es ein Bote oder gar Elrion selbst tat.
    Wo sie gerade dabei waren ... vielleicht sollten sie noch ein paar Pferde mitgehen lassen. Franz könnte sicher mithalten, wenn er nur ein wenig Gepäck tragen musste ...
    "Pssst." Der Laut riss Casper aus seinen Gedanken und sofort war er hell wach. San spähte um eine Ecke.
    "Was ist?", hörte der Henker Neneve fragen und schob Cifer ein wenig höher auf seiner Schulter.

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  • Neneve drückte sich eng an die Wand und wagte kaum zu atmen. Sollte hier ihre Flucht bereits wieder zu Ende sein? Als San sich umdrehte, konnte sie erkennen, das es Schwierigkeiten geben würde.
    "Wie viele?", fragte sie daher leise. Woher sie die Nerven aufbrachte, nicht gleich panisch wegzurennen, konnte sie selbst nicht sagen. Es schien beinahe, als hätte ihr Verstand für wenige Augenblicke die Oberhand übernommen. San streckte drei Finger in die Höhe, mit der anderen Hand signalisierte er, dass sie leise sein sollten. Fiebrig starrten sich die fünf daraufhin an. Sollten sie sie wirklich angreifen? Es würde sicherlich einen höllischen Lärm machen, der auch von anderen Wachen gehört werden musste. Die Chance, auf diese Weise zu entkommen, war mehr als gering.
    "Was machen wir jetzt?", flüsterte Gyahara unter ihrem Mantel. Es schien, als sei ihr Gesicht darunter noch finsterer als sonst. Neneve rieb sich die Stirn, während Casper eine missmutige Fratze schnitt.
    "Es gibt keinen anderen Weg", murmelte San schließlich. "Das ist der einzige Weg hier raus."
    "Warum kann nicht einmal etwas funktionieren? Warum?", flüsterte Neneve und hätte am liebsten ihren Kopf gegen die Wand gehauen. Es war doch zum Mäusemelken! Apropo Mäuse... was war eigentlich mit Lovia? Und Aiana und Vargas? Hoffentlich hatten sie letzteren nicht schon... Neneve schüttelte den Kopf. Nicht daran denken! Bloß nicht daran denken!
    "Nun ja, das wäre ja eine Sicherheitslücke", grummelte Gyahara reichlich spät. Neneve verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Sie war inzwischen viel zu aufgeregt, um überhaupt noch zu irgendetwas zu gebrauchen zu sein. Wie in Trance drehte sie an ihren Armbändern.
    "Wir warten ab. Vielleicht ergibt sich ja eine Gelegenheit...", murmelte Casper. In diesem Augenblick hörten sie blecherne Schritte, die sich ihrem Versteck näherten.


    Glem mig
    Og la' vær' at fiks' et smadret glas
    Min hånd ville stadig mærke revnerne

    Se frem, vi ka' hurtigt ende rundt i ring
    Ærligt, var vi kun bundet sammen af drømmene

  • Sedar atmete flach und leise. Es fehlte gerade noch, dass die Wachen wegen eines Luftzuges auf sie aufmerksam wurden. Das Geräusch von eisenbeschlagenen Stiefeln auf Stein hallte bei jedem ihrer Schritte durch den Gang. Sie näherten sich der Ecke, hinter der die Gruppe kauerte. Besorgt musterte er seine Begleiter. Cifer war nur noch ein Häufchen Elend, das sich Casper wie einen Sack Korn über die Schulter geworfen hatte, Gyahara verbarg jegliche Regung unter ihrer Kapuze, doch sie drückte sich gegen die Wand, als hoffe sie, sie könne in sie hinein fallen und verschwinden, Neneve stand verhältnismäßig ruhig neben ihm, doch ihr Gesicht war blass und ihre Augen irrten umher, als suchten sie verzweifelt einen Ausweg. Sedar unterdrückte ein Seufzen. Er zweifelte nicht an der Kampfkraft seiner Freunde - sofern sie dies überhaupt noch oder je gewesen waren -, aber es würde garantiert einen Höllenlärm machen. Bei einem Frontalangriff würden sie nie alle drei erledigen, bevor einer zu der Gelegenheit käme um Hilfe zu rufen. Sie brauchten einen Plan. Eine Ablenkung. Schritt für Schritt kamen die Wachen näher. Er glaubte bereits ihren Gestank, der von jahrelanger Waschabsenz herrührte, in der Nase brennen zu fühlen. Mit geballten Fäusten presste er sich ein wenig fester gegen die Wand, straffte sich und zog zwei Dolche hervor. Vielleicht könnte er die ersten Beiden durch gezielte Würfe ausschalten, während die anderen über den Dritten herfielen. Er hätte die Soldaten lieber leben lassen, schließlich waren sie nur zur falschen Zeit am falschen Ort, aber irgendetwas mussten sie tun. Besser als die Wachen einfach in sie hineinrennen zu lassen. Er umklammerte die Griffe seiner Dolche, spannte sich innerlich, bereit wie die Sehne eines Bogens hervorzuschnellen. Dann blieben die Schritte plötzlich aus.
    "Habt ihr das gehört", fragte eine der Wachen laut. Sedar zögerte. Meinte er sie?
    "Was gehört?", fragte eine andere.
    "Aua", rief plötzlich der dritte aus und man hörte das Geräusch einer Hand die auf Haut traf. "Was war denn das?"
    "Was war was?"
    "Irgendwas hat mich gebissen."
    "Mach dich nicht lächer... Au." Einer der Stiefel traf mit einem hörbaren Klirren auf den Boden als trat jemand nach etwas.
    "Was zum Teufel ist das?"
    Das war sie. Die Gelegenheit. Er wusste nicht was, aber irgendetwas lenkte die Wachen ab, und egal was es war, es war gut. Schnell ließ er die Dolche in seinen Taschen verschwinden. Schon genug Blut war geflossen. In der Hoffnung die anderen würden dasselbe denken, stürmte er hinter der Ecke hervor. Die drei Soldaten standen im Kreis und sahen auf den Boden. Keiner schien ihn bemerkt zu haben. Erst als er seine linke Hand von hinten auf den Mund eines der Wachmänner presste, sahen sie auf. Der, der direkt ihm gegenüber stand, öffnete panisch den Mund. Sedar sprang, den Arm immer noch um den Hals des anderen Mannes gelegt, in die Luft und trat ihm mit dem rechten Fuß gegen den Kehlkopf. Mit aufgerissenen Augen stolperte sein Opfer rückwärts und fasste sich nach Luft schnappend an den Hals. Währenddessen hatten Neneve und Gyahara die Gunst des Moments erfasst und waren ebenfalls aus ihrem Versteck gesprungen. Der dritte Wachmann lag bereits betäubt am Boden, bevor Sedar sich zu ihm umdrehen konnte. Den Ersten, den er immer noch umklammert hatte, hielt er weiter fest, bis der Körper erschlaffte und der Mann ohnmächtig in seinen Armen lag. Verhältnismäßig ruhig ließ er ihn zu Boden gleiten, nur um sich dann dem letztem Verbliebenen zuzuwenden, der auf die Knie gesunken war, mittlerweile jedoch wieder einzelne Laute hervorbrachte. Mit einem gezielten Schlag gegen die Schläfe schickte er auch ihn schlafen, bevor der Soldat wieder genug Luft für einen handfesten Schrei zusammenbekam. Unterdessen war Casper, der ja immer noch Cifer trug und deshalb nicht am Kampf hatte teilnehmen können, ebenfalls auf den Gang getreten. Misstrauisch hielt er den Blick auf das Ende des Flures. Die nächste Biegung hinter der jeden Augenblick die aufgescheuchten Gardisten hervorspringen könnten. Für einen Moment blieben sie alle still und lauschten. Doch keine trampelnden Schritte, keine alarmierten Rufe erklangen. Offensichtlich hatte niemand das hier gehört.
    "Lovia", rief Neneve plötzlich aus, was sie alle, selbst die Elfe, zum zusammenzucken brachte. Vor ihren Füßen stand eine kleine Maus mit Flügeln, die die Königsbotin energisch anquickte. Offensichtlich verdankten sie die Ablenkung ihr. Neneve ließ sich auf ein Knie gleiten und ließ die Maus auf ihre Hand klettern, um sie dann vor ihr Gesicht zu halten. Zum ersten mal seit Tagen offenbarte ihr strenges Gesicht wieder mal ein Lächeln.
    "Wir sollten weiter", erinnerte Sedar die anderen, auch wenn er nur ungern der Spielverderber war. "Wir sollten zu den Ställen, um ein paar Pferde zu stehlen. Dort steht auch dein Hirsch." Augenblicklich verschwand das Lächeln von Neneves Gesicht, während sie erleichtert ausatmete, nur um dann von zorngeprägten Falten ersetzt zu werden.
    "Natürlich bist du auch noch ein lausiger Pferdedieb und warum hast du mir das mit Vargas nicht früher erzählt", herrschte sie ihn an. Sedar sah verwirrt zu ihr auf. Weshalb war sie jetzt wütend auf ihn. Sicher sie hatte genug Gründe, aber könnte sie damit nicht warten, bis sie dieses Schloss verlassen hatten. Und am besten auch die Stadt.
    "Wir brauchen die Pferde zur Flucht, weil ihr Besitzer uns umbringen will, um seine Machenschaften zu verbergen. Du kannst sie ja gerne später mit einem Entschuldigungsschreiben zurückschicken. Und im Kerker war nicht unbedingt die Zeit für eine ausführliche Besprechung."
    "Weißt du wenigstens wie es Aiana geht", fauchte die Elfe zurück ohne näher auf seine Worte einzugehen.
    "Der Wölfin? Keine Ahnung. Aber was ich weiß ist, dass wir schnellstens hier weg sollten, sonst wird keiner von uns es je erfahren.

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    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    Gyahara lauschte in die Dunkelheit. Entfernt waren Schritte zu hören, die sich aber nicht in ihrem Gang befanden. Wahrscheinlich bewachte jemand die Tür aus dem Kerker heraus oder jemand lief im Wachraum auf und ab.
    "Der Weg scheint einigermaßen frei zu sein", teilte sie ihre Gedanken mit. "Aber ich höre noch Wachen, die wahrscheinlich die Eingänge bewachen." Sedar nickte, wandte sich von der Elfe ab und schlich sich auf die nächste Ecke zu. Er lugte darum und gab dann ein Zeichen, dass sie folgen konnten.
    Gyahara warf Neneve und Casper einen Blick zu. Wenn man sie erwischte, saßen sie alle und mit Cifer konnten sie nicht kämpfen, oder sonderlich weit flüchten. Selbst der Henker würde irgendwann schlapp machen.
    Energisch schüttelte sie den Kopf. Sie musste aufhören immer alles negativ zu sehen. Vielleicht gelang die Flucht einfacher, als sie dachte. Ein leise Stimme begann in ihrem Hinterkopf zu lachen, und machte sich über dieses Denken lustig.
    "Komm", hörte sie Casper flüstert.
    Die Dämon atmete durch und lief den anderen dann nach.
    Die Gänge lagen in völliger Dunkelheit, aber es war ruhig. Zwar kamen die Schritte von metallenen Schuhen immer näher, aber nicht, man ihnen entgegenlief, sondern, weil sie sich augenscheinlich dem Ausgang näherten. Und tatsächlich als sie um die nächste Ecke lunzten, konnten sie das Flackern einer Feuerquelle erkennen - wahrscheinlich eine Fackel.
    Der Gang war lang und mit Sicherheit würde man sie sehen, bevor sie auch nur den ersten Schlag tätigen konnten. Es würde Lärm verursachen.
    Sie sah zu Casper, der Cifer auf seiner Schulter zurechtrückte, bereit loszulaufen, wenn es sein musste. Aber gab es keinen anderen Weg?
    "Wir müssten es in die Stadt schaffen, ab da haben wir mehr Platz, und Versteckmöglichkeiten. Wir könnten untertauchen und einfach der Stadt verschwinden", meinte Neneve mit leiser Stimme.
    "Wenn wir kopflos angreifen, werden wir Lärm veranstalten", gab Sedar zu bedenken.
    Gyahara zog die Handschuhe aus und spreizte ihre Krallen.
    "Nicht, wenn wir schnell genug sind. Wir haben nicht ewig Zeit uns einen Plan zu überlegen. Wichtig ist, dass die zuerst flüchten, die nicht kämpfen können." Sie sah zu Casper und Cifer. "Wir anderen müssen versuchen, uns den Mob vom Hals zu halten." Neneve zog den Dolch, was Gyahara als Zeichen sah, dass sie ähnlich dachte. "Oder traust du dir als Assassine nicht zu, diese Typen schnell kampfunfähig zu machen?" Sie wartete auf eine Antwort, es kam jedoch keine. Stattdessen sah Sedar wieder um die Ecke und nickte nur.
    "Du wartest hier!", forderte die Elfe von Casper und schlich sich als erste in den Gang. Auf leisen Sohlen, sich nah an der Wand haltend rückten auch Gyahara und Sedar nach. Dank ihrer dunklen Kleidung konnten sie die wenige Dunkelheit noch nutzen, doch sehr lang nützte diese ihnen nichts. Der erste Wachmann hatte sich in ihre Richtung gedreht und wandte sich zu den anderen um. Ein kurzer Blick zu Neneve und Sedar reichte und sie lösten sich von der Wand. Mit schnellen Bewegungen huschten sie durch den Gang.
    Nicht schnell genug, um die Gegner zu erwischen, ehe sie ihre Waffen zogen, aber doch schnell genug, um sie daran zu hindern, nach Verstärkung zu rufen.
    Gyahara duckte sich unter einem Schwerthieb hindurch und trat dem Soldaten mit aller Kraft in die Kniekehlen. Die Rüstung verbeulte sich und ächzend ging er in die Knie. Mit den Krallen fuhr sie durch seinen Handschuh, als würde sie Butter schneiden, und schlug ihm so das Schwert aus der Hand, ehe Sedar ihn ins Reich der Träume schickte. Seinem Gegner war es ebenso ergangen und eben sah Gyahara noch, wie Neneves Gegenüber erst die Hose und dann ebenfalls das Bewusstsein verlor. Zurück blieb ein einzelner Soldat, der aus vollem Leib nach Verstärkung brüllte. Er wollte fliehen, wurde aber von Casper aufgehalten und zu Boden befördert. Es gab keinen Zweifel daran, dass es in wenigen Sekunden nur so vor Soldaten wimmeln würde, den Ruf konnte niemand überhört haben.
    "Habe ich nicht gesagt, du sollst warten?", maulte Neneve. Casper zuckte die Schultern.
    "Dafür ist jetzt keine Zeit! Wir müssen weiter", meinte Gyahara, während Sedar schon die Tür aufstieß.
    "Nur noch zwei Treppen und die Eingangshalle", meinte er, "das müsste doch zu machen sein."

  • Da die Schreie der Wache wahrscheinlich im ganzen Schloss zu hören gewesen waren, entschied sich die Truppe für einfach rennen.
    Sie sprinteten los. Casper versucht Cifer auf seiner Schulter möglichst ruhig zu halten, konnte aber nicht verhindern, dass seine Schulter immer wieder in seinen Bauch stieß. Er spürte etwas Warmes und Flüssiges seinen Rück hinabrinnen.
    Ein Schauder überlief den Henker, aber er hielt nicht inne, als er den anderen zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinab folgte.
    Wie nicht anders zu erwarten, hatten sich in der Eingangshalle schon ein paar Soldaten versammelt, aber durch ihre Sprinteinlage, hatten sie zeitlich so viel Vorsprung, dass sie sich den Weg noch freikämpfen konnten.
    Casper sah, wie San noch im Laufen zwei Wurfsterne zückte und warf. Sie trafen zwei überraschte Soldaten in den Kniekehlen. Schreiend gingen sie zu Boden. Die nächsten zwei hatte Neneves Schwertknauf niedergestreckt, ehe sie begriffen, was geschehen war.
    Gyahara bediente sich ihrer Krallen, um die Soldaten auf Distanz zu halten und jeder achtete darauf niemanden zu töten.
    Adrenalin in Caspers Adern vermittelte ihm das Gefühl von Lebendigkeit. Er fühlte sich gut. Ein Team, das scheinbar ohne Absprache funktionierte. Er hatte noch nie zu einem Team gehört.
    Im allgemeinen Durcheinander gelang es der Truppe das doppelflüglige Portal Richtung Freiheit zu erreichen und hindurch zu schlüpfen. Hinter ihnen hörte Casper weitere Wachen um die Ecke schliddern. Sie hielten nicht inne, sondern rannten blind Richtung der Ställe. Gyahara und San rissen blindlinks die ersten Türen auf und jagten die Tiere mit einem kräftigen Schlag auf den Hintern hinaus. Verstört preschten sie durch die Tür und zerstreuten den geordneten Ansturm der Wachen. Vier Tiere hielten sie zurück, während Neneve zur letzten Box sprintete und dort tatsächlich Vargas fand. Ihrem erleichterten Aufschrei nach, schien es ihm gut zu gehen. Sie befreite auch Franz und tatsächlich hockte auch Aiana in einer der Boxen. Das Reiben von Metall auf Metall warnte Casper im letzten Moment. Er fuhr herum und konnte der Tödlichkeit der feindlichen Klinge ausweichen. Dennoch zog sich ein breiter Riss durch sein Hemd und ein roter Striemen über seine Brust. Er heulte auf und San sprang ihm zur Seite.
    "Auf ein Pferd!", brüllte er, während er den Soldaten bewusstlos schlug. Der Enge des Durchgangs war es zu verdanken, dass nie mehr als zwei Soldaten gleichzeitig angreifen konnten und Neneve und San leichtes Spiel hatten, bis alle auf ihren Pferden saßen.
    Casper hievte Cifer auf ein Pferd und kletterte dahinter auf den Rücken. Er spürte wie es ächzte, weil die Last von zwei Männern zu groß für es war.
    "Tur mir leid, alter Junge", murmelte er, umfasste mit einer Hand Cifers leblosen Leib und mit der anderen die Mähne des Tieres, dann gab er ihm die Sporen.
    Gefolgt von Gyanhara preschten sie durch den Gang des Stalls. San und Neneve pressten sich an den Rand des Ganges, die Soldaten, die nicht rechtzeitig reagierten, ritten sie einfach über den Haufen. Keinen Wimpernschlag später schossen auch Neneve und San aus dem Stall. Neneve mit Franz und San mit Cifers Pferd am Zügel.
    Aiana rannte vor ihnen.
    Casper spürte schon jetzt, dass sein Pferd nicht lange durchhalten würde. Hoffentlich lang genug.
    "Haltet sie!", brüllte eine wütende Stimme, aber da San und Gyahara alle Pferde in die Freiheit geschickt hatten, würden sie erstmal nicht mit ihnen mithalten können.

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Er erinnerte sich nur an Bruchstücke der Flucht, an sich hinziehende dunkle Gänge, das Klirren von Waffen die aufeinander trafen und aus irgendeinem unbestimmten Grund auch an das verdutzte Gesicht einer Wache am Stadttor, die wohl noch nicht rechtzeitig von dem Ausbruch informiert worden war und nur gerade noch so aus dem Weg springen konnte um nicht von den Pferden niedergetrampelt zu werden. Der Rest waren verschwommenen Grünflächen und undeutliche Geräusche die mal mehr, mal weniger verzerrt waren aber nie ganz klar und an irgendeinem Punkt musste er wohl auch unbewusst angefangen haben irgendeinen zusammenhanglosen Unsinn über Schlachten und brennende Pferde zu plappern, oder eher zu murmeln. Cifer erinnerte sich auch an den Geruch von Erbrochenem und Pisse, aber er war zu beschäftigt mit seinen inneren Eindrücken um sich groß auf das zu konzentrieren, was um ihn herum geschah. Seine Haut schien unter dem Mal zu brennen, sein Blut war wie flüssiges Feuer. Der Schatten war nicht mehr eine Stimme, er schrie ihn aus hundert Kehlen an, mit den Stimmen seiner wenigen Freunde, seiner Mutter, seinen Kameraden. Cifer presste sich die Hände auf die Ohren, aber es half nicht den Lärm auszublenden. Und dann lag er plötzlich wieder auf dem Boden, bis eine große Gestalt auftauchte, deren Statur einem Offizier ähnelte und der Gestaltwandler war sich plötzlich sicher, dass er auch einer war, der ihn hängen wollte, weil er vom Schlachtfeld geflohen war und begann sich zu wehren und zu treten. Er wollte wegfliegen, aber irgendwie wollte sich sein Körper einfach nicht verändern so wie er es gewohnt war und die Stimmen die um ihn herum grölten immer lauter und lauter, während weitere Schatten auftauchten. Und dann war plötzlich alles still und um ihn herum herrschte Dunkelheit.

    Das erste was Cifer wahrnahm, war der ungewöhnlich weiche Untergrund auf dem er lag, das zweite war der ekelerregende Geschmack in seinem Mund. Als er die Augen öffnete fand er sich in einem spärlich beleuchteten kleinen Zimmer wieder. Regentropfen prasselten gegen das Fenster und Blitz erhellte für eine halbe Sekunde den Raum, dicht gefolgt von einem markerschütternden Krachen. Anscheinend war er allein, aber auf einer kleinen Kommode vor dem Bett in dem er lag, lagen ein paar Sachen und erst jetzt wurde er sich bewusst, dass er nur in eine Decke gewickelt war. Er schlüpfte hastig, wenn auch etwas unbeholfen in die dunkelbraune Hose und das helle langärmelige Hemd und verließ den Raum anschließend, wenn auch auf wackeligen Beinen. Was war das für ein Haus? Hatte man sie wieder eingefangen? Nein, das machte keinen Sinn. Hatte man ihn vielleicht hier zurückgelassen? Er wollte nach den Anderen rufen, hatte aber Sorge, wer ihn noch hören konnte, immerhin wirkte dieser Ort nicht verlassen. Schließlich fand er eine Treppe, welche nach unten führte, den Geräuschen von klappernden Geschirr nach zu urteilen, wahrscheinlich eine Küche. Auch Stimmen drangen empor, darunter auch die unverkennbar hohe der Dämonin und er glaubte, auch Caspars Stimme zu erkennen. Der Abstieg gestaltete sich als schwierig, da die Treppe kein Geländer hatte, aber irgendwie schaffte er es schließlich doch in einem Stück nach unten und lehnte sich schnaufend in die Tür. Die Kleine Küche schien der hellste Platz im Haus zu sein und strahlte eine angenehme Wärme aus, von der er erst jetzt merkte, dass er sie oben vermisst hatte. Vier Gestalten hockten an dem breiten Tisch und löffelten eine Art Brei aus Holzschüsseln. Eine Frau, eine Elfe wuselte hinter ihnen am Herd herum, hackte Gemüse und achtete gleichzeitig auf das Feuer im Ofen, während sie fröhlich dahin plapperte. Neneve hockte gegenüber der Tür und bemerkte ihn als erstes und der Art nach zu urteilen wie ihr Gesicht fiel schien er wohl eher wie das Gegenteil vom blühenden Leben zu sein. Sie beendete schnell das Gespräch, dass sie mit der Wirtin geführt hatte. „..Wie auch immer, vielen Dank. Wir wissen deine Hilfe sehr zu schätzen.“ „Aber nicht doch meine Liebe, ich helfe gern ein paar verirrten Reisenden. Das Haus ist sowieso leer, seit mein Sohn in die Stadt gegangen ist.“ Jetzt schienen auch die Anderen Cifer bemerkt zu haben, denn in der Küche war es plötlich sehr still geworden. Gyahara hatte aufgehört zu essen, San oder Sedar, schien auf einmal nicht mehr recht zu wissen wo er hinschauen oder was er mit seinen Händen tun sollte und in Caspars Blick lag etwas mitleidiges. Cifer räusperte sich unangenehm. „Also… was gibt’s zu Essen?“ während er sich neben der Vermummten auf die Bank gleiten ließ, auch wenn er nicht glaubte, dass er im Moment irgendetwas würde bei sich behalten können.

    my name is Cow,
    and wen its nite,
    or wen the moon
    is shiyning brite,
    and all the men
    haf gon to bed -
    i stay up late.
    i lik the bred.


    GNU Terry Pratchett

  • Casper lächelte als er Cifer die Treppe hinunter steigen sah.
    "Na, wie geht's dir, altes Haus?", fragte er und unterdrückte gerade noch rechtzeitig den Impuls ihm auf die Schulter zu klopfen. Stattdessen schob er ihm einen Teller hin. Es war nur ein bisschen Brot eingeweicht in süßer Milch, aber Cifer sah so aus, als würden ihm Speck, Eier und Honigbrot zu sehr auf den Magen schlagen. Der Rothaarige anahm es und probierte zaghaft einen Löffel. "Wo sind wir?", fragte er schließlich, nachdem er vorsichtig geschluckt hatte.
    "Eine befreundete Familie", erklärte Neneve knapp.
    Das stimmte nicht so ganz. Eigentlich hatte Neneve die Elfen überhaupt nicht gekannt. Das Haus des Ehepaars lag einfach nur ziemlich abseits im Wald und sie hatten gehofft, dass noch nichts von dem Tumult aus der Stadt zu ihnen gedrungen war. Dem war nicht so, doch die beiden stellten sich als Gegner Elrions raus, weswegen sie ihnen ohne weitere Fragen Schutz, ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit boten.
    "Geht es Euch besser?" ihre Gastgeberin trat in die Küche. Sie hatte fließendes, braunes Haar. Einzelne Strähnen waren geflochten. Die Lippen hatte sie zu einem ehrlichen Lächeln verzogen und die bunten Gewänder der Elfen sahen an ihr einfach fantastisch aus.
    Ohne eine Antwort von Cifer abzuwarten ging sie zu Casper. "Hier Euer Hemd. Sauber und trocken."
    Der Henker nahm es dankend an. Nur sein Umhang war doch etwas frisch. Außerdem waren hier zu viele Frauen, als dass er sich halbnackt wohl fühlen würde. Hastig streifte er es über und entspannte ein wenig.
    "Wie gehen wir jetzt am besten vor?", fragte San schließlich in die Runde, wobei er sich einen großen Bissen Ei in den Mund schob.
    "Mein Sohn, Enna, kennt sich hier im Wald bestens aus. Er kann euch auf Wildwechseln und verborgenen Pfaden bis an seine Grenze bringen. Von dort müsst ihr allerdings selber zusehen, wie ihr in die Hauptstadt kommt."
    "Das ist mehr, als wir annehmen können", wandte Gyahara ein. Auch Casper war nicht begeistert. Elrion und seine Leute wirkten nicht, als würden Halt vor einem Kinderleben machen.
    Die Elfe lächelte. "Er kann sich sogar unbemerkt an ein Rudel Wölfe schleichen. Macht euch um ihn keine Gedanken."
    Casper sah Gyahara unschlüssig an, die mit den Schultern zuckte, San blickte mit vollem Mund erwartungsvoll in die Runde. Ihm war nicht anzusehen, was er von der ganzen Situation hielt. Cifer war zu sehr mit essen beschäftigt, also war es Neneve, die das Wort ergriff. "Wir haben keine Wahl. Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können. Im Wald wird von Soldaten wimmeln."

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald