Auf der Spur ...

Es gibt 316 Antworten in diesem Thema, welches 83.900 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. Januar 2019 um 01:37) ist von Korus.

  • Am nächsten Morgen wachte der Henker mal wieder völlig verkatert auf.
    Er trank einfach zu viel … dessen war er sich bewusst und schlimmer war, dass er gestern Abend nicht mal einen Grund zum Trinken gehabt hatte.
    Wiederwillig schob er den Gedanken beiseite und nahm sich fest vor die Finger in nächster Zeit vom Alkohol zu lassen. Einen dauerbetrunkenen „Söldner“ könnte schließlich keiner gebrauchen.
    Er ging und erfrischte sich in der Tränke der Tiere, die in einer Ecke des Stalles stand. Solange ihn keiner dabei beobachtete, machte es ihm nichts aus. Um sich ein öffentliches Bad zu suchen fühlte er sich nicht in der Lage.
    Anschließend kam er gewissenhaft seiner Pflicht nach und versorgte die Pferde mit Hafer und Wasser und striegelte sie. Selbst über Nacht und hier im Stall, hatte sich der Staub der Stadt in den Fellen der Tiere niedergelassen.
    Die Tür knarrte und eine in einen dunklen Mantel gehüllte Gestalt trat ein. Gyahara.
    „Ah, hier bist du“, sagte sie. „Wir suchen dich schon überall. San hat einen Dedektiv gefunden und Keios will, dass wir uns alle zur Befragung im Schankraum des Gasthauses einfinden.“
    „Hmmm“, brummelte Casper, dem Gyaharas Redefluss gehörig auf den Kopf schlug.
    „Weißt du, was wir dem Dedektiv erzählen wollen? Wie können schlecht sagen, dass wir aus Jariam geflohen sind, weil wir einem Dieb zur Flucht verholfen haben.“
    „Gute Frage.“ Schlagartig war Casper hellwach. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. „Naja ein Henker und eine Totengräberin passen gut zusammen. Wir könnten ein Unternehmen gegründet haben. Das ist schief gelaufen, also haben wir bei Keios angeheuert.“
    „Das könnte klappen“, sagte die Totengräberin nachdenklich und rieb sich das Kinn. Dabei rutschte ihre Kapuze ein Stück zurück und gab den Blick auf ihre Augen frei. Die Augäpfel waren schwarz, die Pupillen Feuerrot mit goldenen Sprenkeln darin. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung blieb Caspers Blick an ihnen hängen.
    „Sag mal, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du echt faszinierende Augen hast?“, platzte es aus ihm heraus.
    Verdammter Restalkohol!

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    - F. Scott Fitzgerald

    • Offizieller Beitrag

    Bewegungslos und als wäre ihr Körper gefroren, starrte Gyahara den Henker mit weit aufgerissenen Augen an. Was hatte er gerade gesagt? Tatsächlich glaubte sie, Stroh in den Ohren zu haben, aber im Gegensatz zu ihren Augen, konnte sie sich auf ihre Ohren immer verlassen. Jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher. Oder aber der Mann erlaubte sich einen Scherz mit ihr. Allerdings wirkte dieser im Moment ebenso geschockt wie sie, denn er öffnete zwar den Mund, schloss ihn aber wieder, ehe ein weiteres Wort herauspurzeln konnte. Die Alkoholfahne roch sie jedoch trotzdem. Der Henker musste am Abend einiges getrunken haben - wovon wohl auch seine leichte Art zu reden herrührte.
    Gyahara entspannte sich etwas, als sie diese Erkenntnis von ihrem imaginären Baum der Weisheit pflückte.
    "Nein, das hat noch keiner gesagt. Bisher sind alle vor mir weggerannt, bevor sie mir in die Augen hätten sehen können", gab sie unsicher von sich. Für sie war das Gespräch damit beendet, weshalb sie sich umdrehen und verschwinden wollte. Wie peinlich.
    Ihre Bewegungen waren jedoch so hektisch und steif, dass sie ungeschickt über die Türschwelle stolperte, anstatt darüber hinwegzusteigen. Sie verlor den Halt und in ihrer Panik griff sie zum Erstbesten, das sie in die Hände bekam, damit sie nicht vornüber fiel. Die Stange zum Befestigen der Pferde gab allerdings unter ihrem Griff nach und das letzte, dass sie realisierte, bevor sie mit dem Boden Bekanntschaft machte, war der erschrockene Ausruf von Casper. Der Henker griff nach ihr, schien jedoch auch über irgendwas zu stolpern, denn Momente später lagen beide auf dem Pflaster. Die Peinlichkeit dieser Situation trieb Gyahara augenblicklich das Blut ins Gesicht. Zittrig richtete sie sich wieder auf.
    "Tut mir leid, das war keine Absicht", entschuldigte sie sich. Der Henker setzte sich ebenfalls auf und begann dunkel zu lachen, was die Dämonin das Gesicht verziehen ließ. Betreten kratzte sie sich aufgrund seiner Reaktion am Hinterkopf. Sie wollte etwas sagen, wusste aber nicht was. Wahrscheinlich wäre auch nur gequirlter Käse aus ihr herausgekommen.
    Also rang sie sich lediglich zu einem schüchternen Lächeln durch und hoffte inständig, dass es dem Henker reichen würde. Casper erhob sich immer noch breit grinsend.
    "Wir sollten vielleicht zu den anderen gehen, bevor ich noch etwas sage, was dich dazu animiert uns beide zu Fall zu bringen", meinte er dann und schloss den Stall der Pferde. Gyahara sah ihm dabei zu.
    "Das klingt nach einem guten Plan", stimmte sie zu, "Geschäftspartner."
    Gemeinsam überquerten sie den Hof und betraten anschließend den Schankraum. Dort saßen die anderen bereits an einem Tisch verteilt, sogar Neneve war wieder aufgetaucht, nachdem sie die ganze Nacht verschollen gewesen war. Zwischen ihnen hockte ein Mann mittleren Alters mit Barrett und Mantel. Er musste der Detektiv sein. Sofort verabschiedete sich ihr Herzschlag mit einem müden Winken. Was wäre, wenn der Mann herausfand, dass die beiden gelogen hatten? Wenn er merkte, dass sie einem Dieb geholfen hatten? Oder wenn er sie zwang, ihre Kapuze abzulegen? Sie wollte keines ihrer Geheimnisse in dieser Runde preisgeben. Das konnte unmöglich gut ausgehen.
    Die Dämonen erwischte sich dabei, wie sie sich in Gedanken zurück zu der Situation von eben im Stall zurückwünschte. Diese war ihr im Nachhinein deutlich angenehmer gewesen.
    Angespannt setzten sie sich mit an den Tisch.

  • Neneve hatte sich bereits vor einer Weile an den Tisch gesetzt um dem Lärm der Menschen außerhalb entfliehen zu können. Schließlich war einer der Soldaten gehetzt in den Raum mit den hölzernen Wandvertäfelungen geeilt und hatte sie einen Moment zögernd angesehen. Stumm sah Neneve ihn fragend an und wartete auf eine Antwort.
    Der Detektiv - er wünscht um Einlass“. Neneve hätte sich beinahe an dem klaren Wasser, das sie sich eben erst ins Wasser gekippt hatte, verschluckt.
    Fast hätte sie gefragt: „Was für ein Detektiv denn?
    Doch sie konnte sich beherrschen und verlangte stattdessen: „Dann führe ihn gefälligst hinauf. Und hole die anderen auch, sie sollen sofort erscheinen. Sag ihnen, wer nicht in wenigen Augenblicken hier am Tisch sitzt, ist die längste Zeit Söldner für Fürst Keios gewesen.

    Nun, so kam es also, dass sich ihre kleine Gruppe an den dunkelbraunen, hölzernen Tisch quetschte und den Detektiv fragend ansah. Neneve wusste inzwischen, dass sie diesem Menschen genauso wenig trauen würde, wie den anderen. Dafür war sein Blick zu scharf und wachsam. Nein, er wirkte nicht wie ein Dummkopf. Und obwohl Neneve keinen Grund dafür hatte, fühlte sie sich von ihm verunsichert.
    Als endlich auch der Rattenfänger und der Umhang eintraten, räusperte sie sich jedoch pflichtbewusst und begann die Unterhaltung: „Nun, wir sind nun vollzählig. Wollen sie nun beginnen?
    Der Detektiv schien so etwas erwartet zu haben und erklärte sein Vorgehen: „Also, ich werde zuerst die gesamte Situation von Ihnen allen wissen und werde sie dann einzeln befragen“. Er verschränkte seine Hände ineinander und sah jedem anwesenden scharf in die Augen.
    Auch Neneve sah sich die anderen etwas genauer an. Bereits bei ihrem Eintreten war ihr der Geruch von Angst und Misstrauen entgegen geschlagen, sodass sie nicht überrascht war, als sie Zeichen für Unruhe sah. Der Rattenfänger knete seine riesigen Pranken und fuhr sich hin und wieder durch seinen struppigen Bart, der Umhang zog seine Kapuze noch weiter ins Gesicht. Der Jüngling versuchte sein Unbehagen am meisten zu unterdrücken, aber trotzdem konnte Neneve sehen, wie er gedankenverloren mehrmals auf der Unterlippe kaute. Sogar der letzte in ihrer Runde, der Bote, fuhr sich des Öfteren über die Arme und machte ein verbissenes Gesicht.
    Langsam begann sich Neneve zu entspannen und lehnte sich zurück. Was sollte ihr schließlich passieren? Sie war eine Elfe, eine Königsbotin dazu, sie war für den Detektiv unwichtig.

    Bis eben hatte der Detektiv geschwiegen, doch nun räusperte er sich und begann: „Nun, die äußeren Umstände kenne ich ja bereits. Nun würde ich gerne wissen, ob Ihnen allen noch etwas Anderes, Merkwürdiges aufgefallen ist. Bedenken Sie, alles ist wichtig.“ Schweigen. Neneve hatte auch nichts anderes erwartet.
    Plötzlich sah der Detektiv sie direkt an und fragte: „Ihnen vielleicht?“ Neneve schreckte auf und sah ihn stirnrunzelnd an.
    Was sollte mir denn aufgefallen sein? Meiner Meinung nach könnte jeder der Verräter sein. Auch den Soldaten des Fürsten würde ich nicht über den Weg trauen.“ Wütend verschränkte Neneve die Arme und funkelte den Detektiv an.
    Die Miene des Detektivs verhärtete sich: „Und wie sieht es mit Ihnen selbst aus?“. Er machte ein unschuldiges Gesicht, doch Neneve platze beinahe vor Wut.
    Ich habe diese Bemerkung eben überhört. Was hätte ich, ICH, denn bitte davon, wenn der Fürst angegriffen wird? Ich unterstehe der elfischen Königin und sonst niemandem. Mich gehen diese menschlichen Verstrickungen absolut gar nichts an. Dann wären Sie ja ein wahrscheinlicherer Kandidat. Sie sind wohl völlig übergeschnappt! Eine Unverschämtheit ist das!“ Mit diesen Worten sprang Neneve auf, sodass ihr Stuhl scheppernd zu Boden fiel. Sie warf ihre Haare über die Schulter und rauschte zornig aus dem Raum. Ein perfekter Abgang, wie sie fand.


    Glem mig
    Og la' vær' at fiks' et smadret glas
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    Se frem, vi ka' hurtigt ende rundt i ring
    Ærligt, var vi kun bundet sammen af drømmene

  • Cifer sah Neneve überrascht hinterher. Einerseits hätte er sich so etwas bereits schon von ihr denken können, andererseits war es doch unerwartet gekommen, wenn man die Situation bedachte. Sie schien wohl wirklich rein gar nichts von der menschlichen Gesellschaft und deren Berufen zu halten. Nachdem die Tür hinter der Elfe ins Schloss gefallen war, herrschte wieder Stille im Raum. "Hmm... äußerst Verdächtig." murmelte der Detektiv. "Andererseits... fast schon zu verdächtig. Außer das gehört zur Tarnung dazu"... Irgendjemand räusperte sich und schien den Detektiv damit aus seinen Gedanken zu reißen. "Nun denn" Er rieb sich die Hände. "Fangen wir doch mit Ihnen an." meinte er und deutete auf Cifer. Die Anderen verließen den Raum. Der Gestaltenwandler bemühte sich, entspannt zu wirken, während ihn der Detektiv mit wachsamen Augen musterte. Es verging unangenehm viel Zeit, bis er schließlich das Wort ergriff."Sie waren also der Bote, der den vergifteten Brief überbrachte." "Ja." "Wer übergab ihnen den Brief?" " Ich weiß es leider nicht. Die Person trug eine Kapuze" "Verzeihen sie die Frage, aber sie wirken auf mich nicht, als ob sie für diesen Beruf geschaffen wären. Ist das ihre einzige Einkommensquelle?" Er hatte das Gefühl, dass der Mann ihn schon durchschaut hatte, seit er den Raum betreten hatte. "Na ja, für den Beruf eines Auftragsmörders bin ich auch nicht geschaffen, da müssten sie schon..." Cifer biss sich auf die Zunge, bevor er vorschlagen konnte, er solle den Henker fragen. Er hatte es nicht nötig, das Gespräch auf ihn zu lenken. "Ich müsste was bitte?" "Sie müssten schon sehr verzweifelt sein, bevor sie mich anheuern." Er lächelte und der Andere gab einen humorlosen Lacher von sich. "Also, da sie ablenken, nehme ich an, das sie nicht gerne über ihre anderen Nebenberufe sprechen. Wie auch immer.... erscheint ihnen einer ihrer Mitreisenden vielleicht seltsam, oder neben der Spur? Ich weiß, sie kennen sich noch nicht lange aber..." Die seltsamsten, die ihm einfielen waren die Elfe und Gyhara, aber er schüttelte den Kopf. "Ganz sicher? Was immer sie sagen, wird diesen Raum nicht verlassen." Da war natürlich noch San, der ziemlich oft zu verschwinden schien und den Caspar gerettet hatte. Cifer wusste nicht, für was man den Jungen hinrichten wollte, er hatte noch nie einen Dieb gesehen, den man den Kopf abgehackt hatte. Die Hand vielleicht, oder eine öffentliche Auspeitschung, aber eine Hinrichtung? "Nein niemand" Ja, der Junge war mysteriös, aber ganz bestimmt niemand, der die Fäden bei einer Verschwörung zog und der Gestaltwandler hatte nicht vor, ihn in Schwierigkeiten zu bringen.Cifer erwiderte den durchbohrenden Blick des Detektives für einige Minuten, dann nickte dieser. "Gut, schicken sie mir den Nächsten bitte rein." Etwas erleichtert trat er nach draußen, im Gang wartete San. Ob er gelauscht hatte? Er klopfte ihm im Vorbeigehen auf die Schulter "Viel Spaß da drin."

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  • Sedar unterdrückt mühsam die Aufregung. Er hatte keine Zeit mehr gehabt um mit Casper und Gyahara zu sprechen. Er würde wohl improvisieren müssen und hoffen, dass die anderen beiden nichts widersprüchliches von sich gaben. Als er die Tür öffnete und in denRaum trat, erwartete ihn John schon mit einem freundlichen Lächeln.
    "San", begrüßte er ihn, "Schön euch zu sehen." Das Lächeln schien, als wäre es für einen alten Freund bestimmt, doch die Augen schienen tiefer in sein inneres zu sehen, als er es für möglich gehalten hätte.
    "Mir wurde gesagt, ihr kamt mit Gyahara und Casper zu der Reisegesellschaft", begann der Detektiv noch bevor sich Sedar auf einen der Stühle hatte setzen können.
    "Ja", bestätigte er knapp.

    "Und ihr habt euch als Söldner ausgegeben", bohrte John nach.
    "Ja", wiederholte Sedar sich.
    "Aber das stimmte nicht."
    "Nein." Der Detektiv fixierte ihn eine Weile, dann lehnte er sich zurück, als sei ihm ein Gedanke gekommen.
    "Wieso?", fragte er schlicht.
    "Nun ja. Ansonsten hätten wir wohl kaum mit dem Fürsten reisen können. Außerdem können wir alle ein wenig kämpfen. Nur weil wir zuvor keine Söldner waren, hieß das doch nicht, dass wir keine werden könnten, oder?" Eine kurze Pause entstand.
    "Ich denke das hieß es nicht", stimmte der Detektiv ihm schließlich zu. Dann beugte er sich vor um etwas auf einem Blatt, das er vor sich liegen hatte, herumzukritzeln. Er hielt die Hand so, dass Sedar nicht sehen konnte, was er da schrieb. Er hätte es ohnehin nicht lesen können, doch so wusste er, dass es nicht zwingend nur gutes war und er keineswegs außer Verdacht war.
    "Schickt bitte den nächsten herein", beendete der Detektiv daraufhin unvermittelt das Gespräch. Sedar glotzte ihn einen kurzen Moment ungläubig an. Keine Fragen über seine Herkunft, keine über sein Zusammentreffen mit Gyahara und Casper. Beinahe hätte ihn Erleichterung übereilt, doch dann bemerkte er, dass John sein Blick aufgefallen war.
    "Ich will mir zuerst einen kurzen Überblick machen. Die restlichen Fragen kommen später", erklärte der Detektiv ihm und Sedar fühlte sich ertappt. Schnell stand er auf und ging zu Tür. Den durchdringenden Blick des Detektivs in seinem Rücken spürend.

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    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    San kam aus dem Raum gelaufen und gab den im Gang Stehenden einen Wink, dass der nächste hineingehen sollte. Seufzend stieß sich Gyahara von der Wand ab.
    "Bringen wir es hinter uns", meinte sie. Sie war selbst etwas verwundert, wie einfach es ihr aus dem Mund kam, obwohl sie innerlich fast platzte.
    Sie schloss die Tür hinter sich und sah auf den Mann am Tisch. Freundlich lächelte er und bot ihr den Stuhl gegenüber an.
    "Gyahara, wenn ich richtig liege?"
    Die Dämonin nickte stupide und ließ sich fallen.
    "Wollt Ihr die Kapuze nicht lieber abnehmen?"
    Einen Moment wollte Gyahara widersprechen und ihm klar machen, dass sie darauf keine Lust hatte. Allerdings blitzte in den Augen des Mannes etwas auf, das ihr verriet, dass er es auch so herausfinden würde. Sie atmete rief durch und schob sich den Stoff vom Kopf. Der Detektiv nickte nur und notierte etwas auf einem Blatt. Er wirkte kein Stück überrascht, als hatte er es schon vorher gewusst. Vermutlich war ihre Entscheidung also richtig gewesen. Hätte sie die Kapuze aufbehalten, wäre ihre Glaubwürdigkeit stark gesunken.
    "Ihr seid mit Casper und San auf die Gruppe um den Fürsten gestoßen?"
    "Ja."
    "Ihr kennt die Gruppe also noch nicht sehr lang?"
    "Nein."
    "Glaubt Ihr Cifer hat den Anschlag auf den Fürsten geplant?"

    Gyahara hätte gern gesagt, dass sie es nicht glaubte, aber dafür kannte sie den Mann noch zu wenig. Allerdings schien er mehr Probleme mit sich selbst zu haben, als auf die Idee zu kommen, einen Fürsten zu vergiften.
    "Er wirkt nicht so", meinte sie schließlich. Die Bemerkung war mehr als schwammig, aber besser als nichts. Sie wollte niemanden ohne Grund in Schwierigkeiten bringen, auch wenn sie keinem traute. Aber den Verdacht von jemandem zu lenken, stand ihr auch nicht zu.
    Der Detektiv nickte.
    "Glaubt Ihr jemand anderes hatte etwas damit zu tun?"
    Gyahara zuckte die Schultern.
    "Ich kenne sie nicht, da kann ich das auch nicht beurteilen."
    Wieder notierte der Detektiv eifrig. Gyahara war nicht in der Lage zu sagen, ob dies gut oder schlecht war. Sie erkannte sowieso nur verschwommene Linien und lesen konnte sie auch nicht.
    "Und dass Ihr diesen Mantel tragt, liegt nur daran, dass Ihr befürchtet, die anderen würden Euch verseuchen?"

    Ungläubig starrte Gyahara den Mann an. Er war unheimlich und scheinbar wusste er mehr über sie, als sie es wollte. Das gefiel ihr nicht.
    "Ja" , gab sie knapp von sich.
    "Es liegt also nicht daran, dass Ihr die vermummte Gestalt ward, die Cifer den Umschlag gab?"
    Nun dämmerte Gyahara auf was der Mann hinaus wollte, aber diesen Schuh zog sie sich nicht an.
    "So win Blödsinn!", fuhr sie ihn aufgebracht an. "Was hätte ich davon? Ich kenne den Kerl ja nicht mal. Geschweige denn habe ich eine Ahnung, von was er überhaupt Fürst ist. Ich hätte keinen Grund ihn umbringen zu wollen."
    Der Detektiv musterte sie lang und ruhig, als schien er ihre laute Stimme gar nicht zu hören.
    "Ich verstehe"
    , sagte er dann. "Damit wären wir fertig, es wäre nett, wenn Ihr den nächsten hereinschicken könntet."
    Gyahara ließ sich das nicht zweimal sagen. Wütend stemmte sie die Hände auf den Tisch und marschierte zur Tür. Beinahe hätte sie dabei vergessen, ihre Kapuze wieder überzuziehen. Gerade noch so verschwand ihr Gesicht im Schatten des Stoffes, als sie auf den Gang trat.

  • Casper sah Gyahra wütend aus dem Raum stürmen.
    Sie winkte ihm nur unwirsch zu, was er als Aufforderung verstand sich von der Wand abzustoßen und nun seinerseits in den Raum zu treten.
    Der Detektiv empfing ihm mit einem professionellen Lächeln, aber Casper merkte sofort, dass seinen Blicken nichts entging.
    "Und sie sind?", fragte er.
    "Casper."
    "Nun Casper ... schwarze Kleidung, große Axt, ich nehme an sie sind Henker?"
    Er nickte. Clever kombiniert, Mister Offensichtlich...
    "Sie kennen sich mit dem Töten also aus?"
    Casper musterte ihn verständnislos. "Äh ... das ist mein Job?"
    "Also hätten sie durchaus die Fähigkeiten den Fürsten umzubringen." Es war eine Feststellung, die er sich gleich darauf notierte.
    "Moment mal", lenkte Casper ein. "Sicher kann ich töten, aber falls sie noch nie auf einer Hinrichtung waren: Wir Henker tragen die Axt nicht zu Spaß. Vergiften wäre dem sensationsgeilen Pöbel schließlich zu langweilig."
    Der Detektiv sah auf und fixierte ihn.
    "Sie meinen also, sie kennen sich mit Pflanzen nichts aus?"
    "Nicht so gut wie ein Assassine."
    "Und dennoch haben Sie den Soldaten geheilt. Hatten Sie ein schlechtes Gewissen, weil es den Falschen erwischt hat?"
    Die bohrenden Unterstellungen gingen Casper langsam wirklich auf die Nerven, doch er versuchte ruhig zu bleiben.
    "Ich weiß nicht was in ihrem Kopf vorgeht, aber ich bin auf meine Axt und diverse Foltermethoden spezialisiert. Ein Henker hat nun mal nicht so großes Ansehen, dass er sich in jedem x-beliebigen Geschäft was zu essen kaufen könnte. Mit der Zeit lernt man, was man essen und was nicht und was gegen welche Symptome hilft. Weiterhin war ich zu dem Zeitpunkt als man Cifer den Brief übergeben hat mit allen anderen im Lager. Außerdem habe ich nicht das geringste Motiv meinen neuen Arbeitgeber umzubringen. Wäre ich ja schön doof. Vielleicht sollten Sie von fadenscheinigen Unterstellungen zu seriösen Ermittlungen wechseln. Schönen Tag auch."
    Mit diesen Worten sprang Casper auf und verschwand aus dem Raum.
    Zugegeben: Das mit dem ruhig hatte nicht so ganz funktioniert, aber er war es satt für alles die Schuld tragen zu müssen. Er hatte zwei Menschen das Leben gerettet und der Dank waren unhaltbare Verdächtigungen. Vielleicht hätte er mit dem nett sein gar nicht erst anfangen sollen ...

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  • Sedar saß in dem kleinem Zimmer, dass der Fürst für sie angemietet hatte und dass er sich mit Casper, Gyahara und Neneve teilen sollte. Die drei Soldaten waren in einem anderem untergebracht. Die Einrichtung bastand im wesentlichen aus vier Betten und einem kleinem Tisch, auf dem eine Holzschüssel mit Wasser stand. Luxus war anders, doch es war bereits mehr als Sedar gewohnt war. Mit einem Ruck wurde die Holztür aufgestoßen und Gyahara stürmte herein.
    "Ist das zu fassen", fragte sie niemand bestimmtes im Raum. "Er kann doch nicht einfach wild mit Beschuldigungen um sich werfen." Hinter ihr folgte Casper, der ebenfalls einen wütenden Ausdruck auf seinem sonst so sanftmütigem Gesicht zur Schau trug.
    "Oder einen Henker mit einem Assassinen gleichsetzen", stimmte er zu. Sedar musterte die beiden. Offenbar waren die Fragen, die ihnen gestellt wurden wesentlich brisanter als die, die ihm gestellt wurden. Er wusste nicht recht, ob er das als gut oder schlecht bewerten sollte. Jedoch war dies für den Moment nicht weiter wichtig, da sich ihm hier eine Gelegenheit bot, die er bereits gefürchtet hatte. Zum ersten mal seit ihrer Ankunft in Jerigo war er mit dem Henker und der Frau gemeinsam. Es wurde wohl wieder einmal Zeit für Lügen und Betrug.
    "Was habt ihr ihm wegen unserer Geschichte erzählt?", fragte er frei heraus. Wen er mit ihm meinte, brauchte er nicht weiter zu erläutern.
    "Noch gar nichts", grummelte Casper. "Danach hat er nicht gefragt."
    "Aber das wird er noch", ergänzte Gyahara.
    "Wir werden ihm erzählen, dass wir Geschäftspartner sind", klärte Casper ihn auf.
    "Und das wir uns selbstständig gemacht haben", führte Gyahara fort.
    "Als Henker und Totengräberin", beendete Casper den Dialog. Sedar warf verstohlene Blicke auf beide. Sie schienen sich auffällig gut zu verstehen. Wollten sie ihre Tarnung als Geschäftspartner unterstreichen? Außerdem wusste er nun was Gyahara beruflich machte, falls dies nicht auch erfunden war, aber er wüsste nichts was dagegen sprechen sollte. Nicht, dass es ihn stören würde. Irgendjemand musste diese Arbeit ja machen und er hatte nun wirklich kein Recht sich darüber ein Urteil zu erlauben. Immerhin hatte er schon genug Leichen produziert, was mit Sicherheit wesentlich verwerflicher war. Aber es war schon witzig. Ein Henker, eine Totengräberin und ein Assassine. Vielleicht sollte er fragen, ob er in ihr kleinen Geschäft einsteigen könnte.
    "Ich bin euch zufällig über den Weg gelaufen und weil ich keinen Job und ihr keine Aufträge hattet, haben wir uns als Söldner zusammen getan", schlug Sedar vor. Gyahara und Casper nickten.
    "Und weshalb warst du auf der Durchreise", fragte die Totengräberin. Sedar zuckte leicht zusammen. Er hatte für einen Moment gehofft, niemand würde diese Frage stellen, aber vermutlich war es ohnehin besser, wenn sie dem Detektiv gegenüber seine Geschichte bestätigen könnten. Also musste er jetzt wohl auch seine einzigen Freunde anlügen, die er seit Jahren gefunden hatte.
    "Meine Eltern sind vor ein paar Jahren gestorben", begann er. Soweit war es nicht einmal eine vollkommene Lüge, da er seine Eltern ja wirklich verloren hatte, wenn auch nicht durch den Tod. "Seitdem schlage ich mich eben so durch. Mein Schwert stammte von meinem Vater, der es wohl einmal beim Würfelspielen gewonnen hat. Mehr habe ich nicht mehr von ihnen und mehr gibt es auch nicht über mich zu erzählen. Jariam war eine Stadt von vielen, in der ich Arbeit und Essen gesucht habe. Zu Stehlen war der letzte Ausweg und da ich niemanden berauben wollte, dem es schadet, bin ich auf dem Hinrichtungsplatz gelandet." Sein Gewissen begehrte auf, als er das Mitgefühl in den Augen des Henkers sah, welches er nicht verdient hatte. Gyaharas Augen konnte er wenigstens nicht sehen, doch auch sie sagte nichts. Er würde damit leben müssen. Sein Schicksal vertrug sich nicht mit der Wahrheit.

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    Aldous Huxley

  • Cifer hatte sich in den tagsüber großteils leeren Schankraum der Taverne zurückgezogen und hockte an einem der vielen leeren Tische. Er spielte ein bisschen mit seinen Würfeln herum um sich von dem allgemein unangenehmen Gefühl in seiner rechten Seite abzulenken. Die Würfel zeigten, zu niemandes Überraschung bei jedem Wurf die gleichen Zahlen und irgendwann packte er sie doch wieder weg. Wenn der Detektiv sich endlich mit seinem Ergebnis meldete, würde er hier wegkommen, aber nach der vergangenen Nacht wusste er nicht, ob er die Gruppe schon verlassen wollte. Soweit er wusste, waren jetzt alle befragt worden, bis auf die Elfe, die noch nicht wieder aufgetaucht war. Im Moment beriet sich der Ermittler gerade mit dem Fürsten in seiner Kammer. Die drei Soldaten saßen in einer anderen Ecke und plauderten mit der jungen Schankmaid. An ihren Blicken konnte er allerdings erkennen, dass sie mehr im Sinn hatten als plaudern. Na? Wir hängen wohl immer noch hier rum? Ich dachte du wolltest zu den Elfen? Cifer ignorierte den Schatten und bedeutete dem Wirt, ihm noch ein Bier zu bringen. Ich kann es nicht erwarten, dein Gesicht zu sehen, wenn du herausfindest, dass du mich nicht so einfach loswirst, wie deine alten Freunde. Aber er konnte reden so viel er wollte. Cifer wusste, dass er sich davor fürchtete. Warum wolltest du dann, dass ich in Jerigo bleibe? murmelte er leise, aber nicht leise genug, wie er am verwirrten Gesicht des Wirtes erkennen konnte. Die Antwort erfuhr er nicht, da in diesem Moment die anderen drei Söldner den Raum betraten und sich zu ihm gesellten. Was sie wohl beredet hatten? "Sagt mal, euch fehlen doch noch Söldner, oder? fragte der Gestaltwandler. "Warum willst du dich anheuern lassen?" fragte Gyahara. "Bist du nicht Bote?" "Nun ja, soweit ich weiß ist von euch auch keiner ein echter Söldner." erwiderte er. Er konnte Caspars schuldbewussten Blick sehen und beeilte sich hinzuzufügen. "Natürlich bleibt das unter uns. Ich denke nur, ich habe auch eine Chance verdient." Außerdem wärst du lieber in einer Gruppe unterwegs, als nur mit mir.

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    Einmal editiert, zuletzt von Korus (15. Mai 2016 um 13:45)

  • Neneve hatte sich seit der Eskapade mit dem Detektiv nicht mehr blicken lassen. Sie war wütend - wütend auf sich und auf den Detektiv mit seinen dummen Fragen. Wie hatte sie sich nur so ins Bockshorn jagen lassen? Sie wusste, dass sie sehr aufbrausend war, doch sie hatte eigentlich vorgehabt, sich unauffällig zu verhalten. Doch der Detektiv, der wohl seinen Namen völlig zu Unrecht besaß, hatte sie mit seinem durchbohrenden Blick nervös gemacht.
    So saß Neneve nun am Rande des Hafens, ließ die Beine baumeln und sah zu dem Wasser darunter. Neben ihr erklangen seemännische Rufe, die sie nicht zu verstehen vermochte. Während Neneve so da saß und mit den beiden Ketten an ihrem Arm spielte, dachte sie an den früheren Träger einer davon zurück. Hondu. Noch immer, nach all der Zeit, verursachte sein Namen ein Ziehen in ihrem Bauch und trieb ihr Tränen in die Augen. Was er wohl dazu gesagt hätte, wenn er von ihrer peinlichen und verzwickten Situation erfahren hätte? Neneve musste lächeln. Er hätte vermutlich angefangen zu lachen und sich mit ihr ausreichend über den Mensch lustig gemacht.
    Sie war immer wieder von ihm verblüfft gewesen, wie er nie zornig oder gar ausfallend geworden war, sondern immer das Positive gesehen hatte.
    Der wird dich so schnell nicht mehr belästigen“, hätte er wohl grinsend erwidert.

    Ein Schauer lief über Neneves Rücken. Es war nicht gut, über die Vergangenheit nachzudenken, das wusste sie. Um sich abzulenken griff sie nach dem Brief, der der Schreiber für sie verfasst hatte. Neneve selbst konnte weder schreiben noch lesen. Wozu auch? Im elfischen Königreich konnte man sich mit der Stimme verständigen und brauchte keine stille Sprache. Nur wenige Elfen beherrschten die der Menschen, eigentlich nur diejenigen, die am Hofe der Königin arbeiteten.
    So konnte sie auch nicht überprüfen, ob der Schreiber tatsächlich das aufgeschrieben hatte, was sie ihm diktiert hatte. Sie musste ihm vertrauen, und das behagte ihr gar nicht. Natürlich wäre es einfach gewesen, einfach die anderen Begleiter ihrer kleinen Truppe um Hilfe zu bitten, aber Neneve sträubte sich mit allem, was sie hatte, dagegen. Nein, niemals würde sie sich so erniedrigen.


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    Gyahara hatte noch lang mit den drei Männern an einem Tisch gesessen. Nach dem einen oder anderen Bier war sogar eine einigermaßen lebendige Unterhaltung zwischen ihnen entstanden. Sie verzichteten gegenseitig darauf, sich nach der Vergangenheit zu befragen oder zu löchern. Scheinbar hatte jeder von ihnen seine Geheimnisse und Gyahara war auch nicht sehr scharf darauf die Geschichte von jedem zu erfahren. Sie hatte sich lang nicht mehr so gut unterhalten, weshalb sie es einfach hinnahm.
    So plauderten sie gerade über lustige Ereignisse oder Personen, denen sie im Laufe ihres Lebens begegnet waren, als der Fürst mit dem Detektiv in den Schankraum zurückkam. Der Edelmann sah sich kurz um, dann sagte er etwas zu dem Detektiv, was diesem nur ein Kopfnicken entlockte. Gyahara war sich nicht sicher, aber sie glaubte, dass es um die immer noch abwesende Elfe ging. Wenn sie genau darüber nachdachte, dann konnte sie Neneves Ausbruch am Vormittag sogar verstehen. Schließlich hatte der Detektiv auch sie beschuldigt, etwas mit dem Giftanschlag zu tun zu haben und auch sie war wütend geworden. Die Elfe hatten allen Grund sich darüber aufzuregen. Allerdings warf es sicherlich kein besseres Bild auf sie, wenn sie sich nun für den restlichen Tag verkrümelte.
    Der Fürst und der Detektiv setzten sich an einen separaten Tisch, weg von ihnen und von den Soldaten. Scheinbar wollten sie zu Mittag essen. Oder irgendwas dergleichen. Wahrscheinlicher war, dass der fremde Kerl sie nur weiter beobachten wollte und nur darauf wartete, dass sie einen Fehler begingen.
    Gyahara drehte sich weg, spürte aber immer noch den unangenehmen Blick des Detektives in ihrem Rücken. Die entspannte Stimmung, die bisher geherrscht hatte, war nun auf ein kleines Maß zusammengeschrumpft. Und offenbar ging es den Männern ähnlich, denn diese hatten aufgehört zu reden und sahen auf ihre Bierkrüge.

  • Casper seufzte. Das Auftauchen des Detektivs hatte alles kaputt gemacht. Es war ein schöner Mittag gewesen. Selbst die Soldaten hatten sich ihm gegenüber eingekriegt und sich nicht mehr so albern benommen. Jetzt starrten sie alle nur noch in ihre Krüge und ließen das Bier schal werden.
    Irgendwann fasste er sich ein Herz, klopfte beim Aufstehen drei Mal auf das Holz dee Tischplatte und nickte unverbindlich, als er ging.
    Die anderen schienen nur darauf gewartet zu haben, dass einer den Anfang machte, denn hastig folgten sie seinem Beispiel.
    Sie Soldaten verkrümelten sich in ihr Zimmer und die anderen landeten, als hätten sie es abgesprochen, gemeinsam vor der Tür des Gasthauses?
    "Kommt, wir gehen die Vorräte aufstocken", schlug Cifer mit einem Seitenblick auf seinen Flachmann vor. Die anderen waren einverstanden. "Vielleicht treiben wir sogar Neneve irgendwo auf", tat San seine Gedanken kund.
    So machten sie sich auf den Weg ins Gedränge der fremden Stadt.

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    - F. Scott Fitzgerald

  • Auf dem Marktplatz den sie schließlich erreichten, herrschte reges Treiben. Von der Elfe war keine Spur zu sehen aber Cifer bezweifelte irgendwie, dass sie sich zwischen so vielen Menschen wohl gefühlt hätte. Und selbst wenn sie da war, wäre sie in der Masse einfach untergegangen. Sie passierten den Stand eines Trankzutatenhändlers und der Besitzer des Standes versuchte Gyahara in ein Geschäft zu verwickeln, wie viel sie für den Vogel haben wolle, der sie begleitete. Krähenfüße waren bei einigen Trankmischern sehr beliebt wie Cifer nur zu gut wusste. Er schenkte dem Gespräch eher halbherzig Beachtung und ließ seinen Blick über die restlichen Angebote des Mannes schweifen. Die meisten Gläser waren mit seltsamen Kräutern und Blumen gefüllt, möglich, dass Caspar einige von ihnen kannte, aber Cifer konnte mit ihnen nichts anfangen. Andere Gläser waren mit seltsamen Kuriositäten gefüllt, in einem hockten sogar winzige Feen, ihre zarten Flügel wirkten eingerissen und geknittert, sie schimmerten schwach. Aber von ihrem Äußeren durfte man sich nicht täuschen lassen, der Gestaltwandler kannte die kleinen Biester und ihre spitzen zu Zähne. Er wandte sich von dem Stand ab und ließ seinen Blick weiter durch die Menge schweifen. Neneve war noch immer nicht zu sehen, dafür erkannte er ein anderes bekanntes Gesicht in der Menge. Einen der Männer von letzter Nacht. Der Andere entdeckte ihn im selben Momen und aus seinem Gesichtsausdruck konnte Cifer schließen, dass er nicht besonders glücklich war, ihn zu sehen. Mist! "Wir sehen uns in ein paar Stunden am Hafen" konnte er San, welcher ihm am nächsten stand, gerade noch zu murmeln, dann packte ihn der Mann auch schon und presste ihn gegen den Stützbalken des Standes. "Du. Ich will mein Geld wiederhaben!" Cifer tastete schwitzend auf dem Tisch hinter sich nach den Gläsern. "Ihr ... ihr wollt also noch eine Runde spielen, ja?" "Du hast mich betrogen!" "Vielleicht seid ihr einfach.. ein schlechter Verlierer. Aber ich würde euch ein Chance geben, dass Geld zurück zu g...." Der Mann war inzwischen rot angelaufen." Ach ja?! wie kommt es dann, dass ich nach dem Spiel fünf Steine mehr hatte, als vorher?!" Endlich bekamm er eines der Gläser zu fassen und zog dem Mann eins damit über, welcher ihn, mehr vor Überraschung, als vor Schmerz, losließ. Anscheinend hatte er die Feen erwischt, die sich jetzt aus den Überresten des Glases aufrappelten und den Mann wie ein wütender Schwarm Hornissen zu attackieren begann. Cifer tauchte in der Menge unter, bevor vielleicht noch Freunde des Mannes auftauchten, hinter sich das Geschrei des Mannes und des Zutatenhändlers. Am anderen Ende des Platzes tauchte er in eine der Gassen unter, allerdings hörte er nicht auf zu laufen, bevor er den Hafen erreichte.

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    GNU Terry Pratchett

  • Neneve war immer noch mit dem Blatt Papier in ihrer Hand beschäftigt, als jemand sie anstieß und sie beinahe in das tosende Wasser unter ihr gefallen wäre. Nur ihre Flügel stoppten ihren Fall und fast wäre das Papierstück – DAS kostbare Papierstück von den Wellen zerfressen worden. Zitternd klammerten sich ihre Finger darum, während Neneve sich mit einem wütenden Gesichtsausdruck wieder auf den Rand setzte und den Störenfried anfunkelte. Dann erschrak sie, denn es war niemand anderes als der Bote, der den scheußlichen Brief gebracht hatte. Er war überhaupt der Grund für diesen Schlamassel, in den sie geraten waren.
    Könnt Ihr nicht aufpassen?“, fuhr sie ihn an.
    Ihr Gesprächspartner sah sie erschrocken an, dann stammelte er: „En…entschuldigung“. Neneve verkniff sich eine weitere Bemerkung, sondern beschränkte sich auf ein finsteres Anstarren.
    Was macht Ihr hier?“, fragte Neneve dann und zog eine Augenbraue nach oben. Dabei schob sie die Hand mit dem Brief unauffällig hinter den Rücken. Ihr Gegenüber zögerte einen Augenblick, wechselte irritierende Blicke mit dem Pflaster der Straße.
    Nichts besonderes“, erwiderte er dann, „die Stadt erkunden“.
    Aha“, murmelte Neneve und durchbohrte ihn mit ihren Blicken. Das war ja wohl eine der schlechtesten Ausreden, die sie jemals gehört hatte. Stadterkundung, also wirklich. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein?


    Glem mig
    Og la' vær' at fiks' et smadret glas
    Min hånd ville stadig mærke revnerne

    Se frem, vi ka' hurtigt ende rundt i ring
    Ærligt, var vi kun bundet sammen af drømmene

  • Sedar wandte sich durch den Menschenstrom. Er hatte lange nach einem Grund gesucht ein wenig allein zu sein. Die Behauptung die Stadt auf eigene Faust zu erkunden war ihm erst zuletzt eingefallen, obwohl es bei weitem die offensichtlichste war. Gedankenverloren ließ er den Blick über die Stände wandern. Nicht, dass es ihn ernsthaft interessiert hätte, was sie feilboten, aber es lenkte ihn doch ein wenig von den Fragen ab, die in seinem Innersten rumorten. Wie sollte es, nur einmal angenommen, dass ihn dieser Detektiv nicht zuvor enttarnte, nach Jerigo weitergehen. Er hatte sich entschlossen die Gruppe nicht aus den Augen zu lassen, bevor sie nicht mehr in Gefahr war. So viel war er Casper und Gyahara schuldig. Und doch war er auch noch nie so nah daran gewesen ernsthaft zu überlegen, ob er die Wahrheit sagen sollte. Das bereitete ihm Kopfschmerzen.
    Die paar Stunden, bis sie sich am Hafen treffen wollten, vergingen wie im Flug. Die Sonne hatte kaum den Horizont berührt, als Gyahara, Casper, der Fremde und Sedar zusammen an einen der unzähligen Docks standen. Sedar konnte ein wenig Staunen aufgrund der schieren Menge an Masten und Segeln, die sich vor ihm empor reckten, nicht verhehlen. Er hatte zwar schon Schiffe gesehen, jedoch nicht so große und bei weitem nicht so viele an einem Ort. Gerade wollte er einwerfen, dass sie vielleicht zurück zum Gasthaus gehen sollten, bevor es dunkel wurde, als Casper vorschlug, sie könnten ja eine der Kneipen besuchen, die er gestern gefunden hatte. Die anderen stimmten begeistert zu und so blieb Sedar nicht viel anderes übrig, als ihnen zu folgen. Der Henker führte sie durch ein Gewirr von zahlreichen Gassen, in denen sich noch der Fischgestank vom Hafen festgesetzt hatte. Mit jedem Schritt, den sie sich vom Wasser entfernten wurde der Gestank geringer, was jedoch nicht hieß, dass es begann besser zu riechen. Schließlich hielt der bullige Mann vor einem altem verkommenen Gebäude. Die Farbe der Tür war längst abgesplittert, vielleicht war sie einmal grün gewesen, die Fensterläden waren so mit Ruß verschmiert, dass Sedar ein paar Sekunden brauchte, um zu erkennen, dass die Läden keinesfalls geschlossen waren und das Schild, dessen Aufschrift er auch nicht hätte entziffern können, wenn er lesen könnte, hing halb herunter und wurde allenfalls noch von ein zwei Nägeln an der Wand gehalten. Er hatte gedacht die Unterkunft, in der er John den Detektiv aufgespürt hatte, wäre die Spitze eines ihm unbekannten Eisberges gewesen, doch das vor ihm übertraf sie noch um Längen. Mit einem kräftigen Schwung stieß Casper die Tür auf, so dass Sedar fürchtete sie könne aus den Angeln fallen.

    Lärm schien ihn zu umhüllen wie das Meer einen Schiffbrüchigen, der aufgegeben hatte, überall wo Sedar auch hinsah, sah er Matrosen, die laut und alles andere als deutlich Seemannslieder grölten, und ein penetranter Geruch nach Bier lag in der Luft. Sedar saß an einem der Tische und starrte misstrauisch auf die braune Flüssigkeit in dem Krug vor ihm. In seinem ganzen Leben hatte er noch kein Bier getrunken, geschweige denn einen Schluck Alkohol. Bis vor zwei Jahren hätte er allein bei dem Wort Alkohol den Kopf schief gelegt und gefragt, was das überhaupt sei. Casper hieb im mit seiner Pranke gegen den Rücken, so fest, dass sie Kopf beinahe in ebenjenem Bierkrug gelandet wäre.
    "Komm schon", ermutigte er ihn mit einem leichtem Lallen und hob seinen eigenen, fünfte Krug Bier. "Probier doch mal." Sedar sah ihn misstrauisch an. Der Henker erwiderte seinen Blick schmunzelnd. Ihn schien Sedars Unerfahrenheit zu amüsieren. Solange sie ihm nicht seltsam erschien. Gyahara war derweil in ein Gespräch mit dem Fremden vertieft, der ihr offensichtlich versuchte ein ziemlich kompliziert aussehendes Kartenspiel beizubringen. Er sah wieder auf seinen Krug. Er hatte das Gebräu zwar noch nie selbst probiert, jedoch gesehen, was es mit anderen machte. Das Lallen war nur der Anfang. Orientierungslosigkeit und Gleichgewichtsstörungen kämen hinzu. Der Albtraum für jeden Krieger. Andererseits hatte er in seinen Jahren in der Enklave genug verpasst. Zeit ein paar Alltäglichkeiten zu entdecken. Kurz entschlossen hob er den Krug und setzte ihn an die Lippen.

    "Wusstest du eigentlich, dass ich eigentlich nicht San sondern Sedar heiße", fragte Sedar den Henker. Er war sich nicht ganz sicher in seiner Wortwahl oder ob er dasselbe ausgesprochen hatte, was er gedacht hatte. Das laute Lachen, in das Casper verfiel, war ihm auch keine Hilfe.
    "Nein wirklich. Ich bin Sedar der Assassine, habe den Großteil meines Lebens in einer abgelegenen Enklave verbracht und viele Menschen getötet", fügte er pikiert hinzu. Sehr zur Erheiterung des Riesens. Am nächsten Morgen würde er mit Sicherheit dankbar sein, dass Casper seine Worte für einen Scherz hielt, doch jetzt war er eher beleidigt.
    "Hey, dass ist nicht lustig", behauptete er. "Für den Tod von so vielen Menschen verantwortlich zu sein." Diese Aussage schien Casper aus irgendeinem Grund besonders witzig zu finden.
    "Und das versuchst du mir weiszumachen. Einem Henker." Sedar wollte gerade versuchen zu erklären, dass er das ganze Ernst gemeint hatte, als er von einem Matrosen auf die Beine gezerrt wurde, der ihn wohl als Teil der spontan gebildeten Gesangsgruppe für Seemanns- und Volkslieder sah.
    "Weshalb habe ich mir nochmal Sorgen gemacht", fragte er sich, während er sich mühte mitzusingen, obwohl er doch den Text nicht kannte. Doch sein vom Alkohol geschwächtes Gehirn vermochte es nicht ihm darauf eine Antwort zu liefern und deshalb vergaß er die Frage einfach.

    Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.

    Aldous Huxley

  • Casper erwachte zu seinem Erstaunen nicht von einem starken Kater gequält.
    Das konnte nur eines bedeuten: Er musste sich irgendwo auf dem Weg zwischen Taverne und Gaststätte übergeben haben.
    "Heiliger Bimbam! Ich sollte weniger trinken ..." Fahrig strich er sich die Haare glatt und taumelte schlaftrunken zu der Schüssel mit Wasser, die auf einer kleinen kommode stand und wusch sich.
    Hinter ihm hörte er den ruhigen Atem seiner gestrigen Gefährten. Selbst San schien ordentlich Spaß gehabt zu haben, obwohl er Anlaufschwierigkeiten gehabt hatte. Belustigt drehte er sich um. Das Tolle daran keinen Kater zu haben war, sich über den von anderen lustig machen zu können.
    Man, man, man! Ich hätte schon viel eher gehen sollen!
    Gut gelaunt machte er sich zu den Pferden auf. um sie versorgen und anschließend ein deftiges Katerfrühstück für alle springen zu lassen. Das Geld hatte er jetzt auch noch locker. Irgendwie musste er sich für den Spaß bedanken, den die drei ihm bescherten. Es schien als würde er die ganzen verlorenen Jahre nachholen.

    Er saß schon im Schankraum ihrers Gasthauses, als Gyahara zusammen mit San die Treppe hinunter kam
    Die Totengräberin wirkte sicher auf den Beinen und lachte als sie ihn erblickte. San hingegen wurde von ihr gestützt und sah so aus, als würde er am liebsten sterben.
    "Wo ist Cifer?", fragte er, während die anderen beiden sich setzten.
    "Schläft noch", antwortete Gyahara knapp und machte sich über die Leckereien her, die vor Casper auf dem tisch standen.
    Casper schob dem Jungen einen großen Teller Rührei mit Speck zu.
    "Das hilft." Er lächelte.
    "Ich werde nie wieder was trinken...", grummelte San und aß in kleinen Happen und den Kopf auf eine Hand gestützt. "Können die hier nicht alle einfach mal leise sein?"
    Casper musterte San. Jetzt wo er ihn so sah erinnerte er sich an das, was der Kleine ihm gestern im Suff erzählt hatte.
    Alkohol tat Wahrheit kund, aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass San, der bei einem einfachen Diebstahl gefasst und beinahe hingerichtet worden war, ein Assassine sein sollte, der bereits mehrere Menschen auf dem Gewissen hatte.
    San schien zu merken, dass Casper ihn musterte, denn er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
    Gyahara unterbrach die unangenehme Situation.
    "Mal sehen was der Detektiv heute zu bieten hat."
    Casper ließ die Gedanken an San fallen. Er hatte sicher nur einen Henker beeindrucken wollen.
    "Darauf bin ich auch gespannt."

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    - F. Scott Fitzgerald

    • Offizieller Beitrag

    Gyahara war nicht entgangen, dass sich San aus irgendeinem Grund nervös verhielt und Casper ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Leider konnte sie nicht sagen ob es etwas mit dem vergangenen Abend zu tun hatte, oder nicht. Dafür hatte sie zu wenig auf die beiden geachtet. Eigentlich war sie die halbe Nacht damit beschäftigt, sich von Cifer irgendein Kartenspiel erklären zu lassen, dessen Regel sie bereits wieder vergessen hatte. Das kam davon, wenn man versuchte etwas in einen schwammigen, vom Alkohol getränkten Geist einzuprügeln.
    "Darauf bin ich auch gespannt", meinte Casper. Gyahara musste kurz überlegen, was der Mann damit meinte, bis ihr wieder einfiel, dass sie selbst auch etwas gesagt hatte. Zwar hatte sie keinen Kater, aber er Alkohol benebelte immer noch ihre Sinne.
    "Hat denn Neneve über haupt schon mit ihm gesprochen?" San hing immer noch mehr auf seinem Stuhl, als was er saß und strich sich mit der Hand über das Gesicht. Immerhin schienen seine Gedanken wieder einigermaßen frei.
    "Ich weiß nicht", antwortete ihm Casper. "Ich habe sie gestern den ganzen Tag nicht mehr gesehen."
    "Wenn sie noch immer nicht mit ihm gesprochen hat, dann werden wir heute wohl auch noch kein Ergebnis erhalten",
    grummelte Gyahara. Der Gedanke gefiel ihr nicht. Es bedeutete, dass sie weiterhin in der Stadt festsaßen. Und der Detektiv ihnen an den Fersen klebte. Vielleicht sollte einmal jemand mit der Elfe reden und ihr klar machen, dass sie mit dem Mann reden musste. Ansonsten war sie nur noch verdächtiger. Klar, die Dämonin konnte den Kerl auch nicht leiden, aber ihn anzubrüllen und sich dann vor ihm verstecken, war sicher auch keine zufriedenstellende Lösung. Wo sollte sie allerdings anfangen zu suchen? Die Elfe hatte nicht bei ihnen geschlafen und war deshalb auch sicherlich nicht in dem Gasthaus zu finden. Aber außerhalb der Stadt hatte sie sicherlich auch nicht geschlafen. Etwas unsicher blickte sich Gyahara um und überlegte, wo sie anfangen könnte.

  • Als der Gestaltwandler erwachte, merkte er, dass er allein im ZImmer war. Draußen sangen schon die Vögel und auf den Straßem schien auch schon reges Treiben zu herrschen. Er fühlte sich überraschenderweise nur leicht verkatert nach letzter Nacht. Zumindest tat sein Kopf nicht ganz so weh, wie er es wohl nach all dem Alkohol sollte. Ein beißender Schmerz durchfuhr seinen Körper im nächsten Moment, als er aufstehen wollte und er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut aufzuschreien. Das war offensichtlich keine Nachwirkung des Biers. Im Nachhinein war es wohl garnicht mal so schlecht, dass niemand anderes im Raum war, dachte Cifer, als er zuckend und schwitzend im Bett lag. Er entdeckte seinen Mantel, den er nicht weit von seinem Bett abgelegt hatte, die Flasche mit dem Schmerzmittel lugte leicht aus der Tasche hervor, blieb allerdings außerhalb seiner Reichweite, als er den zitternden Arm danach ausstreckte. Erschöpft ließ er sich ganz in die liegende Position zurückfallen und ließ den Anfall über sich ergehen.

    Etwas steif ließ er sich zu seinen Mitreisenden an den Tisch fallen. Sie hatten bereits gefrühstückt, waren aber so freundlich gewesen, ihm etwas übrig zu lassen. Er hatte sich beim Brunnen hinter der Taverne gewaschen, nachdem er sich übergeben hatte, aber er musste wohl immer noch wie der wandelnde Tod aussehen, so wie ihn die Anderen musterten, während er eilig die letzten Reste Rührei und Speck hinunterwürgte. "Na, gut geschlafen?" fragte ihn der Henker schmunzelnd. Cifer starrte ihn aus blutunterlaufenen Augen an und brachte dann doch irgendwie ein Grinsen zustande."Wie ein Kleinkind. Nicht die Sorte die dauernd schreit, die Andere. Und ihr, mein Freund?" er zuckte mit den Schultern. "Ich kann mich nicht beklagen, im Gegensatz zu ihm." meinte er mit einer Geste Richtung San, der seinen Kopf auf seinen verschränkten Armen auf dem Tisch gelagert hatte und bei jedem Geräusch das Gesicht verzog. Es hatte ihn wohl hart erwischt. "Wie gehts jetzt weiter?" fragte Cifer etwas ernster. "Verlässt die Karawane bald die Stadt?" Er wusste, dass der Detektiv noch mitten in seinen Ermittlungen sein musste, aber hier solange fest zu sitzen machte ihn fertig. Heute hatte er die Krankheit fast schon an seinem Herz nagen fühlen können und er wollte nicht seine letzten Tage in diesem Drecksloch von Stadt verbringen. "Wir haben überlegt, Neneve zu suchen." antwortete Gyahara neben ihm. Wenn ihr die letzte Nacht zugesetzt hatte, so ließ sie sich es nicht anmerken. "Es könnte dem Detektiv bei seinen Ermittlungen helfen, wenn er sie auch endlich befragt." Die Elfe also. Cifer erinnerte sich, sie flüchtig getroffen zu haben, nur wo. Vielleicht hatte der Alkohol bei ihm ja doch mehr Spuren hinterlassen. So viel hatte er auch seit mindestens zwei Jahren nicht mehr getrunken. "Ich glaube ich habe sie gestern gesehen..... im Hafen.... oder zumindest irgendwo in der Gegend." meinte er nach einiger Überlegung. "Dann sollten wir da mit der Suche beginnen. " erwiderte die Vermummte und erhob sich.

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  • Sein Schädel fühlte sich an als beherberge er eine stampfende Herde von Miniaturnashörnern. Jedes Geräusch, das er hörte, jedes Wort, das jemand sagte, klang in seinen Ohren lauter als das Hämmern in einer Schmiede. Zu guter letzt fühlte sich auch sein Magen an, als bestünde er vollkommen aus Wasser. Sedar ließ ein Stöhnen vernehmen und versuchte sich in seinem Stuhl aufzurichten. Es gelang ihm nicht also sackte er wieder zusammen. Wie hatte er nur so viel trinken können. Vorsichtig kaute er auf einem Stück Brot herum. Nun gut. Jemand hätte ihm auch mal die Folgen von Alkoholkonsum nennen können.
    Zusätzlich zu alledem war er sich nach dem Durchsuchen der wenigen herumwirbelnden Erinnerungsfetzen, die seinem Gehirn vom gestrigen Abend noch geblieben waren, ziemlich sicher, dass er Casper ein paar Dinge erzählt hatte, die er lieber nicht gesagt hätte. Zum Glück hatte der Henker es offensichtlich als Scherz aufgefasst, sonst säßen sie nicht so friedlich zusammen an einem Tisch. Es hätte natürlich auch an der verheerenden Wirkung von Alkohol liegen können, die Sedar gerade am eigenen Leib erfuhr, doch seltsamerweise schien Casper der einzige - abgesehen von Gyahara, die immer noch leicht angetrunken wirkte - zu sein, dem es an diesem wirklich Morgen gut ging. Vielleicht war das Übung. Dem Fremden erging es ähnlich wie ihm, wenn auch in einer schwächeren Ausführung. Sie unterhielten sich über irgendetwas, das mit dem Detektiv und der Elfe zu tun hatte. Sedar hätte wohl zuhören sollen, doch er brachte es einfach nicht fertig sich auf irgendetwas anderes als das Brummen in seinem Schädel zu konzentrieren. Plötzlich standen jedoch alle geschlossen auf und schickten sich an zu gehen. Sedar schaffte es sich vom Stuhl zu erheben. Dabei fühlte er allerdings immer noch das Schwindelgefühl vom letztem Abend, wenn auch in abgeschwächter Form. Hoffentlich hieß das, dass es in Kürze ganz verschwunden sein würde. Er wollte sich gerade zur Treppe wenden um zurück ins Zimmer zu gehen, doch dann bemerkte er, dass die anderen sich in Richtung Tür bewegten.
    "Sonnenlicht... großartige Idee", grummelte er leise.
    "Geht es dir irgendwie nicht gut San?", fragte Casper hinter ihm unschuldig. "Oder sollte ich lieber sagen Sedar, der Meisterassassine." Sedar, der Assassine - woher der Henker das Meister hatte, wusste er nicht -, zuckte zusammen, wenn es auch teilweise an der schieren Lautstärke, in der die Frage gestellt wurde, lag. Sie malträtierte nicht nur seine Trommelfelder, sondern sorgte auch dafür, dass jeder in der Gaststube die Worte hören könnte. Zum Glück schien sich keiner für sie zu interessieren. Gyahara und der Fremde - der Mann hatte ihm gestern seinen Namen genannt, aber der gehörte zu den Dingen, die dem Alkohol zum Opfer gefallen waren - standen bereits an der Tür und warteten, während der Rest der Gäste dermaßen in das Frühstück vertieft war, dass man wohl ein Feuer hätte legen können und die Panik erst nach dem Verspeisen des letzten Ei aufgekommen wäre. Trotzdem musste er der Sache ein Ende bereiten, bevor sie schlimmeres auslöste.
    "Hör zu", begann er. "Das mit diesem Assassinenmist ist dem Alkohol zuzuschreiben. Nichts davon entsprach der Wahrheit."
    "Natürlich", bestätigte der Henker sofort und Sedar musste sich einen erleichterten Seufzer verkneifen. "Nicht einmal der Detektiv würde dir sowas abkaufen, außer vielleicht, wenn er genauso betrunken wie du gestern wäre." Sedar ignorierte den Seitenhieb, immerhin hatte er ihn verdient, und hoffte stattdessen, dass Casper recht behalten.
    "Vielleicht solltest du dich lieber etwas hinlegen", schlug der große Mann ihm vor. Statt sich weiterhin über seinen Zustand zu amüsieren blickte er ihn jetzt mit echtem Mitleid an. "Ich weiß noch als ich meinen ersten Kater hatte. Mein Vater hat wochenlang nach dem verschwundenem Bierfass gesucht. Zum Glück hat er mir die Geschichte mit der Magenverstimmung abgekauft." Sedar beschloss nicht weiter nachzufragen, sondern nickte erleichtert. Hinlegen klang wirklich besser als nach draußen zu gehen, also wünschte er dem Henker viel Glück bei was auch immer er und die anderen vor hatten und wandte sich zur Treppe, die zu ihrem Zimmer führt.
    "Bis später Meisterassassine", rief ihm Casper noch nach. Sedar verzog das Gesicht. Egal was er sagte, das würde ihn noch länger begleiten.
    "Nie wieder", dachte er, als er sich endlich in sein Bett fallen ließ. Er würde keinen Schluck Alkohol mehr anrühren. Und Bier schon gar nicht.

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    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    Sie machten sich also erneut auf den Weg zum Hafen. Es war nicht schwer durch das Menschengewirr das Meer auszumachen. Der salzige Geruch und der Gestank nach altem Fisch lag in der Luft und wurde immer stärker, je weiter die sich dem Hafen näherten.
    "Ich glaube nicht, dass wir sie hier finden", überlegte Casper, als sie das offene Meer und die unzähligen Schiffe vor sich hatten. Er sah sich um und Gyahara tat es ihm gleich.
    "Ich glaube auch nicht, dass sie die ganze Nacht hier verbracht hat."
    "Aber vielleicht kam sie zurück?",
    meinte Cifer. Und da standen sie, unschlüssig, an welchem Ende sie anfangen sollten, wenn die Hoffnung, die Elfe am Hafen zu finden, immer weiter sank.
    Schließlich liefen sie geschlossen nach links, als hatten sie es abgesprochen. Gyahara sah sich aufmerksam um und spitzte ihre Ohren, um ja jedes kleine Geräusch sofort mitzubekommen. Doch der Lärm machte es ihr nicht einfacher, etwas Bestimmtes zu hören. Überall liefen Seeleute und Händler umher, die Waren verluden und ihre Schiffe für die Weiterfahrt vorbereiteten. Es war ein wildes Durcheinander, in dem jeder versuchte den anderen zu übertönen.
    "Sie mag ruhig Orte, oder?", meinte nach einiger Zeit Casper. Der Henker war stehen geblieben und sah über die Köpfe aller Umstehenden hinweg. Gyahara und Cifer nickten nur stupide. Bisher hatten sie die Elfe zumindest nicht anders kennengelernt. Genau wie jeder von ihnen hatte sie es immer vorgezogen, ihre Zeit irgendwo allein, abgeschottet von allen anderen zu verbringen.
    "Du meinst, wir werden sie hier nicht finden", schlussfolgerte Cifer.
    Jetzt, wo sie es erwähnten, ergab es Sinn. Im Hafen war vielleicht am Abend und in der Nacht nichts los, aber jetzt war es beinahe genauso voll wie in der Stadtmitte.
    "Und wo wollen wir dann suchen?" Gyahara legte den Kopf abwechselnd von ihrer rechte Schulter auf die linke und wieder zurück. "Ein ruhiger Ort ... ", überlegte sie dabei laut.
    "Irgendwo, wo es vielleicht auch Pflanzen gibt", vervollständigte Casper ihren Gedankengang.
    "Glaubt ihr, dass es in dieser Stadt so etwas wie einen Park gibt oder auch nur größere Gärten?"
    Gyahara hob die Augenbrauen, auch, wenn ihre Mitstreiter das wohl nicht sehen konnten. Die Idee klang nicht schlecht.
    "Das lässt sich herausfinden." Kurzentschlossen marschierte Casper auf einen der Männer zu, der dabei half Kisten von einem Schiff zu tragen. Gyahara und Cifer blieben zurück und beobachtete wie der Henker mit dem Fremden ins Gespräch kam. Der Mann nickte und zeigte dann mit dem Finger in die Stadt. Casper schien sich zu bedanken, dann kam er zurück.
    "Der Mann meinte, dass es im Adelsviertel so etwas wie einen Park gibt. Ein größerer Garten, aber der steht unter Privatbesitz eines großen Restaurants."
    "Das wird Neneve nicht stören",
    meinte Gyahara. "Also schauen wir dort mal nach." Die beiden Männer nickten ob ihres Vorschlages und gemeinsam liefen sie in die beschriebene Richtung.

    Tatsächlich dauerte es nicht lang, bis sie die ersten Bäume hinter einer imposanten Mauer erkennen konnten. Etwas unschlüssig blieben sie vor dem Steinwall stehen. Es war offensichtlich, dass niemand wollte, dass man die Anlage betrat, es sei denn, dieser jemand war dazu befugt.
    Casper war es letztendlich, der sich streckte, den Rand der Mauer faste und sich dann über den Rand zog - gerade so weit, dass er in den Garten blicken konnte. Bei ihm sah es leicht aus und als machte er das mit Leichtigkeit. Dabei wirkte die Mauer gute zwei Meter hoch. Gyahara hätte es ihm gern gleich getan, aber schon eine Person, die verquert an einer Mauer hing, war auffällig genug.
    "Und?", rief sie stattdessen zu dem Bärtigen hinauf.
    "Ich glaube, wir haben sie gefunden", meinte er nur und ließ sich wieder auf die Füße fallen. "Sie sitzt in einem der Bäume weiter hinten im Garten."
    "Und wie kommen wir da hinein? Sie werden uns ganz sicher nicht mit offenen Armen begrüßen"
    , argumentierte Cifer. "Zumindest nicht in unserem Aufzug. Wir sehen ja nicht gerade so aus, als würden wir dort viel Geld lassen."
    "Recht hast du, aber scheinbar haben sie gerade nicht geöffnet. Der ganze Garten ist leer und nur unbenutzte Tische stehen umher."
    "Und Neneve wird auch nicht um Erlaubnis gebeten haben, ob sie eintreten darf, oder nicht", stimmte Gyahara den Worten des Henkers zu.
    "Sie sitzt an einem der Bäume, ziemlich nah an der Mauer. Wenn wir weiter laufen und die Mauer umrunden, dann müssten wir den Garten nicht mal betreten." Casper zeigte die Straße hinab. Die Totengräberin zuckte die Schultern. Ihr war es nur recht. Sich in einer fremden Stadt unbeliebt zu machen, war nicht ihr Ziel gewesen und so konnte sie zumindest keiner belangen. Dass sie wegen Beihilfe zur Flucht eines zum Tode Verurteilten geholfen hatte, reichte für die nächsten Jahre. Wobei es sie jetzt auch nicht als sonderlich schlimm empfunden hätte, hätten sie den Garten betreten. Sie wollten schließlich nichts zerstören, sondern nur nachsehen. Obwohl ... Pflanzen und sie waren noch nie gute Freunde gewesen.

    Sie schlichen an der Mauer entlang und bogen an einer Kreuzung nach links ab, um ihr weiter zu folgen. Scheinbar war der ganze Garten viereckig eingezäumt, um keinen Menschen unerlaubten Zutritt zu gewähren.
    An der vermutlich richtigen Stelle, zog sich Casper erneut an der Mauer empor. Die Dämonin sah sich um. Sie befanden sich an einer vom städtischen Treiben abgewandten Seite und außer ihnen war niemand in der ganzen Gasse zu sehen. Nur das angrenzende Herrenhaus und eine weitere Mauer waren zu erkennen. Kurzentschlossen nahm sie etwas Anlauf und zog ihr Gewicht ebenfalls an der Mauer hoch. Was sollte schon passieren?
    Sofort streifte ihr Blick mehrere grüne Bäume und andere bunte Farben, deren Umrisse jedoch in der Weitläufigkeit des Gartes verschwanden. Wahrscheinlich waren es Blumen oder blühende Büsche. Ihre Augen waren schlicht zu schlecht, um Näheres zu erkennen. Nur eine weiße Hausfassade zog noch für einen Moment ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    Dann sah sie sich suchend um. Vom Boden aus durch das dichte Blattwerk der Bäume nur schwer zu erkennen, konnte man die Elfe von der Mauer aus nur unschwer übersehen. Sie hockte entspannt auf einem Ast. Wobei entspannt nicht der richtige Ausdruck war. Kaum, dass sie Casper und Gyahara sah, schien sich ihre Laune zu ändern. Und das ganz sicher nicht zum Positiven.
    "Wir müssen reden", meinte die Totengräberin so freundlich wie sie es über die Lippen brachte.