Auf der Spur ...

Es gibt 316 Antworten in diesem Thema, welches 83.859 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. Januar 2019 um 01:37) ist von Korus.

  • Am nächsten morgen brach die Gruppe früh auf, wie der Fürst es gewünscht hatte. Den Zustand seiner beiden verletzten Söldner schien der Mann dabei völlig zu ignorieren. "Dann besorgen wir eben Pferde." meinte er nur stur, als der Henker und die Elfe ihn darauf ansprachen."Die Festung an der Grenze ist ohnehin nur einen Tag entfernt, dann könnt ihr ihnen einen richtigen Arzt besorgen." Damit machte sich die Truppe auf den Weg. Neneve beschwerte sich den Großteil des Morgens über den sturen Mann und dass sie in dieser kleinen Gruppe wenig Chancen hätten, wenn die Angreifer sie wieder aufspürten. Wer weiß, vielleicht waren sie auch nie wirklich verschwunden und warteten nur darauf, dass sie etwas dummes taten. Wie zum Beispiel dem einsamen Pfad der Küste entlang zu folgen. Cifer hoffte nur, dass sie bald ankamen. Je eher sie den Herrschersitz des Fürsten erreichten um so eher konnten sie in Richtung Elfenstadt aufbrechen. Ein kleiner Teil von ihm hoffte vielleicht sogar, dass sie die Verletzten dort zurücklassen würden um schneller voranzukommen, oder dass die Anderen ohnehin einen anderen Weg einschlugen. Auch wenn sie angenehme Gesellschaft waren, heute war wieder einer dieser Tage an dem ihm klar war, dass er sich keine Verzögerungen leisten konnte, dass die letzten Tage bereits zu viel Zeit gekostet hatten. Allerdings sah es nicht so aus, als ob Neneve sie allein lassen würde, bevor sie sicher war, dass es den Beiden halbwegs gut ging. Irgendetwas hatte sich in ihr verändert, seit sie im Elfenreich waren, sie war gesprächiger und auch freundlicher und Cifer glaubte sogar, sie ein- zweimal lachen gehört zu haben. Jetzt ritt sie auf ihrem Hirsch vor ihm und blickte immer wieder wachsam zu San hinüber, der bereits etwas frischer wirkte, auch wenn er etwas schief auf seinem Pferd saß und ab und zu zusammenzuckte, wenn tiefer hängende Äste der Bäume seine Schulter streiften.

    Es war eine angenehme Abwechslung zu reiten, aber nach einem weiteren schmerzvollen Anfall an diesem Morgen fiel es Cifer mit jeder Minute die sich der Pfad hinzog schwerer, sich im Sattel zu halten. Falls sie angegriffen werden würden, war er wahrscheinlich genau so wenig eine Hilfe wie Gyahara oder San. Andererseits, wann war er je wirklich eine Hilfe gewesen? Neben ihm keuchte die Vermummte auf ihrem Pferd leicht. Sie mit ihren Verletzungen zum Reiten zu zwingen war keine gute Idee gewesen, auch wenn sie selbst nur trotzig behauptet hatte, es würde schon gehen. Wenn ihre Nähte inzwischen nicht aufgeplatzt waren, so würden sie es sicher irgendwann im Laufe des Tages tun. Er hörte eine Weile zu, wie sie immer wieder unterdrückt keuchte. Irgendwann suchte er seine Flasche heraus und bot sie ihr an. "...Ich meine ich weiß nicht viel über Dämonen..." Zumindest nicht über solche wie sie."... aber ich denke nicht dass es dich umbringen wird oder so." Sie lehnte jedoch nur ab."Nein danke, aber es geht mir guark.." der Satz ging in einem weiteren Keuchen unter. Cifer zog die Flasche zurück, nahm selber einen Schluck und musterte sie mit hochgezogener Augenbraue."Sicher? Ich mache selten solche Angebote, außerdem blendet es den Schmerz aus." Sie wandte die Kapuzenöffnung nun ihm zu. "Warum brauchst du es überhaupt?" fragte sie, wahrscheinlich um vom Thema abzulenken. "Wie schon gesagt, es hilft gegen Schmerzen." erwiderte er schulterzuckend und hielt ihr das Schmerzmittel noch einmal hin. Etwas widerwillig nahm die Dämonin doch einen Schluck, kurz darauf bekam sie einen Hustenanfall und fuhr sich mit der Hand in die Kapuze, wahrscheinlich um sich den Mund abzuwischen. "Ich weiß, der Geschmack ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig." meinte der Gestaltwandler ein Lächeln unterdrückend, in entschuldigendem Ton als er die Flasche zurücknahm. "Naja, ich bin froh über alles, was nicht diese widerliche Salbe ist." sagte Gyahara und wirkte schon ein wenig erleichtert. Cifer überlegte, ob er San auch etwas anbieten sollte, aber dann erinnerte er sich, wie schlecht der Junge auf das letzte Mal auf Alkohol reagiert hatte und immerhin war das Mittel um einiges stärker.

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    GNU Terry Pratchett

  • Casper saß auf seinem alten Klepper.
    Er hatte Bedenken, dass der alte Gaul die schwierige Straße an der Küste entlang unbeschadet überstehen würde, aber der Fürst hatte zum Erbrechen nicht mehr Geld ausgeben wollen als nötig.
    Als hätte der Weichling nicht eh schon genug ...
    So war Casper nichts anderes übrig geblieben, als sich auf den alten Rücken von Franz zu schwingen, wenn er mit den anderen mithalten wollte. Eigentlich war er viel zu schwer für das Tier, aber bis jetzt hatte Franz tapfer durch gehalten.
    Nach einer kleinen Pause am Wegesrand, in der der Fürst ununterbrochen gezetert hatte, dass die Luft zu salzig, die Sonne zu heiß und die Truppe zu langsam sei, hatte sich der Henker trotz allem entschlossen Franz am Zügel zu nehmen und ihm erstmal nur noch sein Gepäck zuzumuten. So bildete er die Nachhut und musste sich ganz schön sputen mit der Gruppe mithalten zu können.
    Bald bog der Pfad ins Landesinnere ab. Das sandige Ufer wich erst saftigen Wiesen und schließlich schattenspenden Bäumen. Sofort verstummte Keios und genoss den grünen Schatten der Bäume.
    Die Sonne stand schon dicht über dem Horizont, als er Neneve rufen hörte: "Seht!"
    Casper streckte sich, um über die anderen schauen zu können, die ja noch auf ihren Pferden saßen. Tatsächlich. Im matten Zwielicht des Waldes waren gelbe und grüne Lichter zu erkennen. Es sah ähnlich aus, wie die Hafenstadt bei Nacht. Zierlich und mit geschwungenen Giebeln, ragten die Gebäude zwischen den Bäumen in die Höhe. Man konnte hier noch mehr den elfischen Einschlag erkennen, als am Hafen. Selbst die Leute kleideten sich ähnlich wie das fremde Volk. Der ein oder andere Elf wohnte sogar unter ihnen.
    Aber wie zu erwarten hatte Keios keinen Sinn für die Schönheit der fremden Kultur. Anfällig schnaubte er, als er die bewundernden Blicke seiner Begleiter sah, aber ein Blick zu Neneve bewog ihn lieber den Mund zu halten.
    Casper beschleunigte seine Schritte und schloss zu der Elfe auf.
    "Habt ihr hier Ärzte?", fragte er.
    "Die Besten!", verkündete die Kriegerin stolz. "Unsere Schneider sind übrigens auch sehr fähig", fügte sie mit Blick auf Caspers Hemd hinzu. Er trug, nachdem er sein neues, weißes für Gyahara zerrissen hatte, wieder sein verschlissenes Henkersoberteil.
    Casper nahm ihren Seitenhieb mit Humor und grinste. "Ich glaube die Schneider der Stadt werden mit uns ein Vermögen verdienen."

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

    • Offizieller Beitrag

    Gyahara betrachtete die Häuser und die fremden Menschen und Elfen. Liebend gern hätte sie sich alles genauer angesehen, aber dafür hätten die Umstände nicht schlimmer sein können. Das blöde Tier unter ihrem Hintern bewegte sich schon den ganzen Ritt über derart steif, dass sie das Gefühl hatte auf einem Steinblock zu sitzen, dessen Gang kaum härter sein konnte. Bei jedem Schritt, den der Gaul machte, wurde sie regelrecht in die Luft geschleudert. Da machte es die Tatsache nicht besser, dass sie nur wenig vom Reiten verstand.
    Sie versuchte den Schmerz ihrer Wunde auszublenden. Es waren nur noch ein paar Meter und sie musste tapfer durchhalten. Dann würde sie abspringen, den Boden küssen und hoffen, dass die Nähte der Verletzung nicht geplatzt waren.
    "Wie geht's dir?", fragte Neneve. Gyahara schreckte etwas zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie die Elfe an sie herangeritten war. Sie hatte bisher die Gruppe auf ihrem Hirsch angeführt, doch nun ritt der Elf vor ihnen, der sie seid der anderen Stadt begleitete.
    "Gut", meinte sie nur. Sie wollte kein Mitleid an den falschen Stellen und schon gar nicht wollte sie für schwach gehalten werden. Nicht von Neneve und auch von sonst keinem aus der Gruppe. Dass sie verwundet wurde, lag nur an der Überzahl der Kerle. Sie hatte nicht einmal die Gelegenheit sich zu wehren.
    "Casper hat schon gefragt", sprach Neneve, "es gibt hier die besten Ärzte. Lasse dich untersuchen." Sie deutete hinter sich, wo Cifer und San auf ihren Gäulen ritten. "Und nimm die beiden gleich mit."
    Die Elfe setzte sich wieder an die Spitze der Gruppe, bevor Gyahara etwas sagen konnte. Doch sie blieb sowieso stumm, als ihr ein großes Gebäude in die Augen stach. Da sie genau darauf zuritten, nahm sie an, dass es sich dabei um ihr Ziel handeln musste.
    Das Anwesen ragte prunkvoll, aber nicht aufwendiger gebaut als alle anderen Häuser der Stadt, empor. Ein großer Platz, der mit Bäumen und Blumen übersäht war, zierte den Bereich davor. Es wirkte einladend und deutete auf die Verbundenheit mit der Natur hin. Der elfische war schlichtweg kaum zu übersehen.
    Sie hielten auf dem Platz, direkt vor dem Gebäude und sofort eilten zweijunge Männer herbei, die Kwios aus dem Sattel halfen.
    Gyahara hievte sich ebenfalls vom Pferderücken. Für den Moment widerstand sie dem Drang, dem Tier gegen das Bein zu treten. In ihrem Umfeld, mit den ganzen naturliebenden Elfen, keine gute Idee. Und das Pferd konnte nichts dafür. Es war ihre schlechte Laune und ihre Verletzung, die ihr noch den letzten Nerv raubten.
    Ein Mann trat aus der breiten Flügeltür des Anwesens auf den Hof. Genau wie die beiden Burschen, die Keios aus dem Sattel halfen, schien auch er menschlich zu sein.
    Der Mann verbeugte sich und begann auf den Fürsten einzureden.
    Gyahara nutzte die Gelegenheit und stellte sich neben den Henker, der sich noch begeistert die Umgebung ansah.
    "Wegen gestern tut mir leid", murmelte sie. "Ich habe überreagiert. Du kannst ja nichts für den Überfall." Gyahara sprach nicht weiter. Sie hasste es, sich für Sachen zu entschuldigen. Es klang immer so dämlich.
    "Schon okay", meinte Casper. Das typische Lächeln huschte über sein Gesicht.
    "Folgt mir", sagte der alte Mann und winkte sie dann durch die Gänge des neuen Herrschaftssitzes.

  • Casper musterte Gyahara von der Seite. Sie hatte die Hand auf ihre Wunde am Bauch gelegt. Gerade wollte er fragen, ob er ihr die Stufen zum Tor hinauf helfen sollte, sah dann aber ihren verbissenen Gesichtsausdruck und verkniff sich die Frage. Sie hatte sich gerade entschuldigt, das wollte er nicht wieder kaputt machend. Schulterzuckend trat er nach San und Cifer durch den Torbogen in das Innere des Anwesens.
    Sie kamen in eine großzügig angelegte Halle. In der Mitte sprudelte leise ein kleiner Springbrunnen. Schmale Stufen mit eleganten Geländern führten in den nächsten Stock. Gänge gingen nur rechts und links ab. Die Tür ihnen gegenüber stand offen und gab den Blick auf einen kunstvoll angelegten Rosengarten frei. Rote Rosen rankten sich die Säulen hinauf, die den Säulengang, der einmal ringsherum führte, stützen. Weiße und rosane Rosen wuchsen stilvoll zwischen gelben und hier uns da erkannte er sogar mattes hellblau.
    Fasziniert starrte er durch die Tür in den Garten und bemerkte erst, dass die anderen weiter gegangen waren, als er das leise Knarzen von Holzdielen über seinem Kopf vernahm. Seine Freunde waren schon in der Galerie angekommen, von der mehrere Gänge und Türen abzweigten. Hastig beeilte er sich den anderen hinterher zu kommen. Unter seinem Gewicht ächzten die Dielen noch mehr und der alte Mann musterte ihn abfällig und bleib dabei stehen.
    Menschen ... schien er zu denken, dabei war er selbst einer. Mit einem letzten missbilligenden Blick an Casper setzte er zu Erklärungen an: "Euer Platzhalter, Fürst Keios ..." Der Fürst ließ den Mann nicht ausreden. "Was denn für ein Platzhalter?! ICH bin hier der Fürst."
    "Einer musste sich nach dem Ableben ihres Vorgängers um die Geschicke der Stadt kümmern, bis Ihr eintrefft", erklärte ihr Führer kühl. "Jedenfalls übernimmt das traditionell der Stadtälteste. Er heißt Elrion. Ich bitte euch", er warf einen vielsagenden Blick in die Runde, "ihm mit genügend Respekt zu begegnen."

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  • Sedar betrat etwas nach dem Fürsten in den Raum. Er wollte nicht respektlos wirken, obgleich der wunderbaren Schönheit, die ihn umgab. Er war schon in großen Villen gewesen, mit Marmor und Kunstwerken an jeder Ecke, doch noch nie war er in so einem Gemäuer gewesen. In dem Rosen sich zwischen Wandbehängen emporrankten. In welchem Wasser die grob behauenen Wände hinablief und ein sanftes Plätschern hervorrief, das von der hohen Decke wiederhallte. Nicht alles war glatt und es war auch nicht alles vollkommen. Doch gerade in dieser Unvollkommenheit lag die Perfektion. Das Zimmer in das er trat war nicht so glamourös. Hier waren die Wände aus Marmor, jedoch schlicht und ohne jegliche Verzierung. Das einzige Möbelstück war ein großer Holztisch, hinter dem ein einfacher Stuhl stand. Auf diesem saß ein Elf.

    Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.

    Aldous Huxley

  • Als Neneve in den Raum getreten war, machte sie eine halbherzige Verbeugung. Natürlich beschämte sie es, dass es die anderen ihr nicht gleich taten - weswegen sie Casper, der neben ihr stand, in die Rippen boxte -, aber gleichzeitig wollte sie auch nicht zu unterwürfig wirken. Dieser Elf hatte zwar eine Machtposition, doch diese würde er ohnehin gleich wieder verlieren.
    "Was soll das?", fragte der Fürst recht barsch. In der Zwischenzeit war der Elf aufgestanden und zu ihnen hinüber gegangen. Sein Blick war arrogant, ohne Zweifel, aber irgendwie kam Nyneve das Gesicht bekannt vor. Oder erinnerte er sie nur an jemanden von Zuhause?
    "Schön, dass Ihr nun Euren Weg hierher gefunden habt", begann der Elf ohne auf Fürst Keios' Aussage einzugehen. Dann wandte er sich an Neneve. "Aber wie ich sehe, hatte Ihr einen elfischen Begleitschutz." Dabei zwinkerte er ihr unverhohlen zu. Die Elfe konnte ihn nur fassungslos ansehen. Was erdreistete der sich denn? Sie war eine Königsbotin, kein einfacher BEGLEITSCHUTZ! Seine Blicke glitten auch über die anderen, blieben zuerst an Cifer, dann an Gyahara hängen.
    "Und wie kommt Ihr zu diesen ungewöhnlichen Reisebegleitern?", spottete er dann. Neneve platze beinahe. Zuerst einmal beleidigte er sie, da er von ihnen als Reisebegleiter sprach, und dann beschimpfte er auch noch auf diese Weise die Vier.
    "Nun...", wollte der Fürst anführen.
    Doch Neneve unterbrach ihn direkt und fügte hinzu: "Das ist eine lange Geschichte. Zu lange, wenn Ihr versteht. Wir sollten langsam zum Hauptpunkt kommen, findet Ihr nicht? Es gibt nämlich eine ... Umstände die unseren Weg noch zusätzlich erschwert haben. Und diesen Missgeschicken müssen meine Sölder und ich nun noch genauer analysieren. Wir wollen schließlich Unruhen in diesem neuen Staat vermeiden, oder?" Angriffslustig sah sie den Elfen an, der seinen Besuchern noch immer nicht seinen Namen verraten hatte.
    "Es gab Probleme? Hierher? Das kann ich doch kaum glauben. Und wo sind überhaupt die restlichen Soldaten, die ich Euch, Fürst Keios, übermittelt habe?" Damit wandte er sich wieder an den rechtmäßigen Herrscher und verschränkte die Arme. Der Fürst reagierte nicht sofort, sondern hielt Bickkontakt mit seinen "Mitreisenden". Casper zuckte nur mit den Schultern, während Gyahara noch immer damit beschäftigt war, sich unter dem Mantel zu verkriechen. Neneve musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Der Elf hatte bereits bei ihrem Eintritt erkannt, wer da vor ihm stand. Cifer stand einige Schritt hinter ihnen und wirkte, als würde er liebend gerne den Raum auf direktem Wege wieder verlassen. San schien immernoch die Umgebung zu betrachten, zumindest war er offenbar auch nicht an einer Beteiligung an der Diskussion interessiert.
    "Die waren von Euch?", fragte er dann jedoch unverhohlen. Der Elf nickte nur abschätzig. Offenbar redete er nicht mit Menschen, die seiner Meinung nach unter seinem Stand waren. Neneve konnte sich nur schwer zusammenreißen. Was für ein eingebildeter, ignoranter Trottel!


    Glem mig
    Og la' vær' at fiks' et smadret glas
    Min hånd ville stadig mærke revnerne

    Se frem, vi ka' hurtigt ende rundt i ring
    Ærligt, var vi kun bundet sammen af drømmene

  • Cifer runzelte die Stirn. Dass der Elf so offen bestätigte, dass er die Soldaten gestellt hatte hieß dass er entweder wirklich vollkommen ahnungslos war, oder aber, dass er in diesem Komplott mit drin steckte. Sein Blick war arrogant aber da lag auch noch etwas hartes in seinen Augen, war er vielleicht verärgert, den Fürsten lebend vor sich zu sehen? San wollte gerade noch etwas sagen, als ihm Keios ins Wort fiel. "Nun, dafür ist später noch genug Zeit. Ich möchte jetzt meinen rechtmäßigen Platz einnehmen und ich denke, meine Begleiter möchten sich auch lieber ausruhen." meinte er etwas hastig. Elrion nickte und erhob sich, wenn auch etwas widerwillig. "Wie ihr wünscht. Wenn ihr Rat benötigt, scheut euch nicht, mich aufzusuchen." Er hielt noch einmal inne und ließ seinen Blick über die kleine Gruppe die mit dem Fürsten gekommen war schweifen. "Ich werde euch auch eine richtige Garde stellen. Einige eurer elfischen Untertanen könnten es missverstehen, wenn ihr euch fast ausschließlich mit menschlichen Söldnern umgebt." "Vielen Dank, aber ich wähle selbst, wenn ich einstelle." erwiderte der Fürst etwas trotzig, doch der Elf war bereits durch die Tür verschwunden. Damit war die Audienz wohl beendet, die Gruppe zerstreute sich. Cifer überlegte, ob es an der Zeit war, zu verschwinden. Neneve hatte gemeint, dass sie den Angriffen auf den Grund gehen sollten, was für ihn so klang, als ob sie erst einmal nicht weiterreisen würde. Zeit also, sich eine Wegbeschreibung zu verschaffen und die Stadt von der Luft aus zu suchen. Dann können wir endlich diese Idioten loswerden, ein einzelner Mensch nervt mich schon genug. Der Gestaltwandler wollte gerade dem Elfen zu folgen, als ihn der Fürst noch einmal zurückrief. "Cifer, kommt bitte noch einmal her." Er unterdrückte ein Seufzen und wandte sich noch einmal um. Keios hatte sich inzwischen auf dem Platz niedergelassen, den der Elf verlassen hatte, sein Blick war besorgt, was nichts gutes heißen konnte. Er drückte ihm eine kleine Schriftrolle in die Hand. "Da ist kein Gift drin oder?" scherzte Cifer obwohl er eigentlich gar nicht in der Stimmung war. "Bringt das auf direktem Weg zum Taubenschlag am Nordturm." meinte der Mann ohne auf den Kommentar einzugehen. "Eigentlich wollte ich gerade kündigen, außerdem gab es auf dem Gelände auch einen." Der Fürst schüttelte den Kopf. "Nehmt den am Nordturm, hier sind.... " er räusperte sich ."Egal, geht einfach, keine Umwege. Der Taubenwärter dort weiß, was er damit zu tun hat. Seht zu dass euch niemand folgt." der letzte Satz klang beinahe paranoid. "Und wenn ihr Neneve trefft, sagt ihr ich muss mit ihr reden." Cifer nickte, wenn auch wiederwillig.Wahrscheinlich war die Elfe schon lange irgendwo in der Stadt verschunden und er würde sich sicher nicht die Mühe machen stundenlang nach ihr zu suchen."In Ordnung" Ich liefere die Nachricht ab, dann bin ich hier weg.

    Tatsächlich jedoch fand er die Elfe nur ein paar Räume weiter, als er ihr vom Fürsten erzählte stöhnte sie nur. "Kann dieser Mann denn nicht einmal alleine denken?" dennoch ging sie. Cifer konnte ihre Frustration mit dem Mann verstehen. Er war schon so nicht besonders sympatisch und Cifer hatte nicht halb so viel Zeit mit ihm verbringen müssen wie sie. Bist du jetzt seine private Brieftaube, oder wollen wir lieber in eine Taverne verschwinden? Du solltest dich in deinen letzten Tagen nicht so herum hetzen lassen. meinte der Schatten, als er den Hof überquerte "Es sind schon seit drei Jahren meine letzten Tage..." meinte er leise, es war trotzdem nicht gerade sein Lieblingsthema. "Und ich bin niemandes Brieftaube!" fügte er hinzu. "Ich dachte genau dass wären Boten." meinte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Als er sich umwandte, fragte er sich, wie sich ein so großer Kerl wie Caspar so leicht an ihn anschleichen konnte. Vielleicht wurde er ja wirklich langsam so alt, wie er aussah. "Ich mache auch anderes Zeug, wenn es Geld bringt. Zum Beispiel mich ein paar verrückten Söldnern anschließen. Wo hast du die anderen Beiden gelassen?" Der Söldner zuckte mit den Schultern "Gyahara und San wollten einen Arzt suchen, ich glaube Neneve hat sie ein Stück begleitet. Wohin gehst du." Cifer hielt die Schriftrolle hoch."Brieftaube spielen." Er fragte nicht, wie es den Verletzten ging. Wenn Caspar nicht bei Gyahara war, schwebte sie vermutlich auch nicht mehr in Lebensgefahr. Das oder sie hatte ihn weggejagt, damit er ihr nicht beim sterben zusah. "Ich komme mit, ich wollte sowieso einen Schneider suchen." meinte der Henker lachend."Jetzt habe ich bald aus jeder Stadt ein Kleidungstück als Erinnerung. Und ich denke eine neuer Mantel würde dir auch nicht Schaden." Cifer wollte den Mann abwimmeln, aber ihm fehlten plötzlich die Worte. Er nickte nur. "Vielleicht finden wir später auch ein paar Elfen die ein bisschen Feiern wollen..." meinte Caspar fröhlich, als sie die gepflasterte Straße entlang liefen."Was glaubst du? Machen Elfen gutes Bier?".

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    • Offizieller Beitrag

    Einen Arzt. Natürlich. Als würde sie sich wirklich einen Arzt suchen.
    Gyahara schob die Hände in die Manteltaschen und zog den Hals zwischen die Schultern, weshalb ihre Haltung leicht gebückt wirkte. Als würde sie sich nochmal zu so einem Quacksalber begeben. Sie hatte schon den Aufhalt in der ersten elfischen Stadt versäumt, weil sie ihrer eigenen Dummheit wegen, auf dem Schiff geblieben war. Das würde sie sich nicht noch einmal antun. Sie wollte auch endlich mal die Schönheit einer solchen Stadt genießen. Und nicht nur Arzträume von innen sehen. Solang sie laufen konnte, war alles in Ordnung und nachdem sie von diesem Gaul runter war, spürte sie die Wunde fast nicht mehr. Aufgeplatzt war dieses Mistding schließlich nicht, also gab es keinen Grund einen Arzt zu suchen. Sie würde einfach am Abend eine Taverne aufsuchen und sich dort den Schmerz wegtrinken. Alkohol betäubte noch am Besten. Dank ihrer Schnellheilung dürfte die Wunde auch bald Geschichte sein. Sie gab ihr höchstens noch drei Tage, dann würde sie nichts mehr spüren.
    Gyahara hob den Blick, als sie lautes Reden hörte. Sie hatte die enge Gasse verlassen, durch die sie die ganze Zeit gelaufen war und befand sich nun am rande eines kleines Platzes. Beinahe wirkte er, wie eine Lichtung in Mitten der mit Grün bewachsenen Häuser. Schlingpflanzen und Rosenranken verbanden die Häuser die Straße hinunter über den ganzen Platz hinweg und wirkten beinahe wie ein Dach. Das Licht brach kegelweise ein und in jedem Lichtfleck, stand ein kleiner Stand, an dem Menschen und auch Elfen ihre Waren anboten. Offenbar hatte sie den Marktplatz gefunden. Das Geld, um sich großartig etwas zu kaufen, hatte sie zwar nicht, aber vielleicht konnte sie sich zumindest etwas umsehen. Und zu sehen gab es viel. Über Pflanzen und Kräuter zu Waffen und magischen Gegenständen war alles dabei. Wobei es auch hier Händler gab, bei denen man wohl nur Schrott für sein Verdientes bekam.

    Die Dämonin schlenderte mehrere Stunden über den Markt und die restliche Stadt, bis sie mit dem Untergehen der Sonne eine kleine Taverne fand, die nahe des Anwesens lag, von dem aus Fürst Keios von nun regieren sollte. Wobei sich Gyahara dabei noch nicht einmal so sicher war. Bisher fand sie lediglich, dass sich der Elf, Elrion, oder wie er hieß, seinen Platz wohl eher nicht so leicht aufgeben wollte. Er hatte zumindest nicht den Anschein gemacht, als wollte er Keios an der Spitze des Reiches sehen. irgendwas an ihm , fand sie komisch und sie fragte sie, ob es den anderen genauso ging.
    Gyahara ließ sich mit diesen Gedanken am Tresen nieder und orderte ein Bier. Die Wirtin, eine hochgewachsene Elfe, bedachte sie kurz mit einem kritischen Blick ehe sie ihr ein gelbes Gebräu vor die Nase stellte. Erst als die Totengräberin die Farbe und die etwas dickflüssigere Konsistenz des Biers bemerkte, sah sie sich etwas im Schankraum um.
    er war beinahe kreisrund und besaß im oberen Drittel große Fenster, durch die bequem ein Mensch, oder eben ein Elf, gepasst hätte. Alles war in marmornen Steinen gehalten und auch hier floss Wasser an den Wänden entlang und wässerte die unzähligen Hänge- und Kletterpflanzen. Eine solche gepflegte Taverne hatte Gyahara noch nie gewesen. Sie kannte nur diese dunklen Löcher aus ihrer Heimat und das hier war weit von einem solchen Drecksloch entfernt.

  • Casper hatte mit Cifer tatsächlich einen menschlichen Schneider finden können. Nicht, dass die elfischen nichts taugen würden, aber sie waren schlichtweg zu teuer. Aber als Casper sein neues weinrotes Hemd anzog, merkte er, dass der Mensch bei den Elfen gelernt haben musste. Es war schlicht und saß wie angegossen. Cifer hatte sich zunächst etwas gescheut, sich schlussendlich aber doch zu einem neuen Umhang überreden lassen. Auch der saß wie eine Eins.
    "Vielen Dank!", freute sich Casper und gab dem Schneider sein Geld. Auch Cifer bezahlte seinen Umhang, dann traten sie hinaus in die belebten Straßen der Stadt und machten sich auf die Suche nach einer Taverne. Sie fanden einige, aber nichts was Casper zusagte. Die Wirtshäuser waren zu ordentlich, zu fein. Hier könnte man sich doch keinen anständig hinter die Binde kippen ... enttäuscht verschlug es Casper also zum Hafen. Matrosen wussten immer noch am besten wie man feiert; auf sie setzte der Henker seine letzten Hoffnungen.
    Sie schlenderten also durch das Hafenviertel, an Scheunen, Lagerhallen und Warenstapeln vorbei. Das Wasser plätscherte in der sternenklaren Nacht gegen die Kaimauer und reflektierte das Licht des Mondes.
    Ein schmaler Streifen Licht fiel auf das Kopfsteinpflaster und erregte Casper Aufmerksamkeit. Wer war so spät in der Nacht noch am Arbeiten?
    Leise mit Gesten bedeutete er Cifer ihm zu folgen. Der Henker linste durch den Spalt in das Lagerhaus hinein. Der Innenraum war von Fackeln erhellt. Zwischen Kisten, Fässern und Truhen saßen 13 Männer. Einer redete. "Wir müssen ihn aus dem Weg schaffen. Die Stadt darf nicht an einen Menschen fallen!"
    Casper sog scharf die Luft ein und drehte sich zu Cifer um. Sie hatten den Verschwörungsring gefunden. Was sollten sie tun? Zu zweit gegen 13 waren sie machtlos.

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  • Sedar stand stirnrunzelnd vor dem großem Gebäude zu dem die Elfe ihn geschickt hatte. Gyahara war, kaum dass sie außer Sichtweite Neneves waren, murmelnd, dass sie sie sich einen Ort suchen wollte, an dem sie richtige Medizin bekommen würde, umgedreht und hatte ihn allein hier stehen lassen. Sedar konnte sich keinen Reim darauf machen. Medizin gab es doch bei einem Arzt, oder? Kannte Gyahara vielleicht eine andere, bessere Praxis in dieser Stadt? Hätte er ihr vielleicht besser folgen sollen?
    Da ihn die Grübeleien über ihr seltsames Verhalten nicht weiterbrachten, betrat er stattdessen das Gebäude durch die angelehnte Tür und stand augenblicklich in einem großem Raum, der durch die vielen Fenster lichtdurchflutet war. An einer Seite befand sich eine niedrige Theke, über die die kleingewachsene Elfe gerade noch blicken konnte.
    "Kann ich dir helfen", fragte sie mit hoher, jedoch nicht piepsiger Stimme, freiheraus.
    "Ähh... Ja", antwortete Sedar schließlich nachdem er sie einige Sekunden lang perplex angestarrt hatte. Mit knappen Worten erklärte er ihr, dass er verletzt war und wo er das war, jedoch nicht die Ursache dafür. Es schien sie jedoch nicht weiter zu interessieren. Ohne ihn um Geld zu bitten führte sie ihn darauf hin in ein anderes Zimmer mit einem Bett, Regalen mit unzähligen Fläschchen und Beuteln und einem freundlich lächelnden Arzt, der zwar ebenfalls ein Elf, jedoch ungleich größer als seine Mitarbeiterin. Vermutlich würde man ihn dann nach der Behandlung zur Kasse bitten. Allzu viel hatte er nicht dabei. Nun, mehr nehmen, als er hatte, konnten sie wohl kaum.
    Der Arzt wies ihn an sich auf das Bett zu legen und sein Hemd auszuziehen. Angesichts der vielen alten und neuen Narben zog er eine Augenbraue hoch, fragte jedoch nicht weiter nach. Stattdessen gab er ihm ein Mittel, das seltsamerweise nach Zitrone schmeckte. Während er die begann die Verbände zu wechseln fühlte Sedar wie der Fluss aus Schmerz zu einem Rinnsal versickerte. Zum einen war er erleichtert, doch andererseits spürte er auch einen Schwindel, der ihn wehrlos machte. Er drehte seinen Kopf zum Arzt, um ihn zu bitten ihm ein Gegenmittel zu geben. Aller Schmerz der Welt war besser als sich nicht verteidigen zu können.
    "Keine Sorge. In einer halben Stunde fühlst du dich wieder ganz normal", antwortete der Elf, der seinen Blick wohl richtig gedeutet hatte.
    "Du wirst nicht einmal das Bewusstsein ganz verl..." Plötzlich zuckte er zusammen und unterbrach seinen Satz. Aus seiner Brust ragte jetzt die Spitze eines Messers. Rot von seinem Blut. Augenblicklich wurde seine Haut aschfahl und er brach zusammen. Dahinter kam ein Mann ganz in Schwarz gekleidet zum Vorschein, der das blutige Messer noch immer in der Hand hielt. Augenblicklich wollte Sedar zurückweichen, eines seiner Messer ziehen. Doch in dem Moment in dem er sich anschickte sich zu bewegen begann seine gesamte Welt sich zu drehen und gleichzeitig legte sich kalter scharfer Stahl an seine Kehle.
    "Keine Sorge", sagte die Stimme vor ihm. Sedar blinzelte und seine verschwommene Sicht begann sich wieder zusammenzusetzen. Der Mann vor ihm lächelte ihn an, doch in seinem Lächeln lag kein Anzeichen von Wärme oder Mitleid. "Der Elf ist nicht tot. Noch nicht. Vielleicht überlebt er sogar, wenn ein Arzt ihn innerhalb der nächsten Minuten findet." Er lachte über das, was er gesagt hatte. Sedar zitterte vor Zorn. Natürlich war ihm klar, dass der Arzt das hier kaum überstehen würde. So würde er nur ein wenig mehr leiden. Dieser Mann, der nichts mit ihm zu tun gehabt hatte und der jetzt dafür sterben musste, dass er in seine Praxis gekommen war. Er war schuld. Nur zu gerne hätte er sich befreit, um auf seinen Gegenüber loszugehen, ihm sein Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, doch die Klinge an seinem Hals drückte immer fester zu, sodass er bereits die ersten Bluttropfen spürte, die an die Luft drangen. Einen Millimeter weiter und es würde aus seiner Hauptschlagader quellen wie ein unbändiger reißender Fluss. Ironischerweise spürte er dank dem Mittel immer noch keinen Schmerz.
    Jetzt packten ihn kräftige Hände und zwangen seinen Mund auf. Irgendeine Flüssigkeit rann in seinen Mund, die wie auch das Mittel nach Zitrone schmeckte. Noch mehr Beruhigungsmittel. Sein Blickfeld füllte sich langsam mit Schwärze auf, während er verzweifelt versuchte um sich zu schlagen. Messer an seiner Kehle hin oder her. Doch seine Muskeln gehorchten ihm bereits nicht mehr.
    "Am Ende gehörst du der Enklave Sedar. Ob nun dein Geist oder nur dein Körper", hörte er noch. Dann fiel er.

    Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.

    Aldous Huxley

  • Cifer warf noch einen Blick in den Lagerraum, wo die Verschwörer sich noch immer unterhielten, dann einen zu Caspar, welcher ihn fragend anblickte, dann wandte er sich um und schlenderte den Hafen entlang weiter. Er hatte vorgehabt, mit dem Henker ein paar Krüge Met, oder was auch immer man hier trank, zu leeren und zu verschwinden, sobald der Andere halbwegs dicht war. Den Brief hatte er abgeliefert, also hatte er in dieser Stadt auch nichts mehr zu tun und dieser Fürst und seine Meuchelmörder konnten ihn mal kreuzweise. "He, was machst du?" rief Caspar ihm leise hinterher. Er zuckte mit den Schultern. "Na was wohl, ich suche mir ein paar Matrosen und lasse mich mit ihnen voll laufen." "Aber die Verschwörer..." Der Mann hatte ihn jetzt eingeholt und sich ihm ihm in den Weg gestellt. Der Gestaltwandler musste ein paar Schritte zurücktreten um ihm ins Gesicht blicken zu können. "Nicht jeder der sich über die Regierung beschwert ist gleich ein Verschwörer. Wahrscheinlich sind das nur ein paar harmlose Großmäuler." Der große Mann sah kein bisschen überzeugter aus. "Und selbst wenn du sie lieber der Wache melden würdest, du hast ja nicht mal ihre Namen." Cifer deutete an Caspar vorbei." Also gehn wir jetzt was trinken oder nicht?" er wollte sich an dem Mann vorbeischieben, als dieser ihn plötzlich packte und in die schattige Nische eines Türbogens zog. Der Gestaltwandler wollte protestieren, aber Caspar zeigte auf den Lichtstrahl der aus dem Lagerhaus fiel. Er war breiter geworden und eine Gestalt trat aus dem Tor, dicht gefolgt von einer Anderen. "Onkel, was ist los? Wir sind noch nicht fertig." meinte eine helle Stimme deren Besitzer noch nicht sehr alt sein konnte. "Es geht einfach nicht Harmund." meinte eine Stimme, die etwas tiefer klang, wenn auch nicht sehr. "Das wovon ihr sprecht... das..das..." "Wir haben schon oft darüber gesprochen, dass er verschwinden muss. Stört es dich erst jetzt Onkel, wo du die Klinge selber führen müsstest?" erwiderte der Jüngere, etwas trotzig."Natürlich nicht." der ältere klang entrüstet."Aber es wäre besser gewesen, wenn er unterwegs gestorben wäre. Wenn er hier stirbt... in unserer Stadt...umgeben von Mauern. Die Menschen suchen immer nach Gründen, einen Krieg vom Zaun zu brechen... das kann ich nicht verantworten."

    Die beiden Gestalten standen jetzt am Hafenbecken. Cifer war sich sicher, dass einer der Beiden sie mit etwas Pech entdecken würde, wenn sie sich umdrehten. Sein neuer dunkler Mantel war dunkel, aber er ließ ihn nicht mit den Schatten verschmelzen und Caspars große Gestalt war nicht gerade unauffällig. Der jüngere der Beiden trat ein paar Kiesel ins Wasser. "Elrion sagt, er kämpft gerne tausend Kriege, wenn es die Stadt befreien würde und ich werde das auch tun. Dann werde ich zum Helden, wie Vater." Er musste tatsächlich noch sehr jung sein, dachte Cifer. Der Ältere seufzte." Elrion ist ein Narr und ein gefährlicher noch dazu. Ich hätte mich von ihm nie zu dem hier überzeugen lassen sollen." "Ach ja?! Und warum bist du dann hier, Onkel? Zum spionieren?" fragte der Junge verärgert."Ich dachte, ich könnte etwas ändern, aber nicht in diese Richtung." meinte der Ältere traurig. Die Gestalt wandte sich zum gehen. "sag den Anderen, dass sie es besser lassen, sonst liefere ich der Stadtwache eine Liste mit den Namen der Verschwörer." Als er sich umwandte, fiel sein Blick genau auf die beiden Gestalten im Schatten. Doch bevor er etwas sagen konnte, zuckte der Mann zusammen und sank auf die Knie. Ein Strom Blut quoll aus seiner Kehle, wo der Jüngere ein Messer hindurch gestoßen hatte. "Tut mir Leid. Onkel." murmelte er, dann stieß er den Toten ins Hafenbecken. Dann wandte er sich um und verschwand wieder im Lager, die Tür schloss er diesmal ganz. Caspar und Cifer verharrten noch einige Sekunden im Türbogen, mit klopfendem Herzen. Nach einer Weile meinte der Henker leise."Wenigstens haben wir jetzt einen Namen. Elrion."

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  • Als Neneve den Raum betrat, den der Fürst jetzt sein Eigen nennen durfte, wäre sie am liebsten gleich wieder gegangen. War sie seine Beraterin? Dafür war ihr Lohn aber ein wenig zu niedrig.
    "Ja?!", fragte sie daher recht ungehalten, während sie sich auf den Stuhl gegenüber dem seinigen Fallen ließ. Wenigstens war es ein elfischer Stuhl, sodass es keine Rückenlehne gab, die ihre Flügel zerquetschte.
    "Guten Tag, Hoheit. Was kann ich für Euch tun?", ätzte der Fürst sogleich. Neneve zog währenddessen nur eine Augenbrauen nach oben und verschränkte die Arme.
    Keios machte eine missbilligende Grimasse, ehe er den Zweck ihres Kommens verriet: "Wie du..." Die Elfe räusperte verhalten. Nur weil er jetzt Herrscher einer Stadt war, hieß das noch lange nicht, dass er sie duzen durfte. "Wie Ihr wisst, ist dies eine Stadt, die überwiegend von Elfen dominiert wird. Daher ist mir zu Ohren gekommen, dass die Mehrzahl der Bevölkerung nicht damit einverstanden ist, dass ich, ein Mensch, über ihnen stehe."
    "Das ist wohl kaum verwunderlich. Dieses Land war seit Urzeiten in elfischer Hand. Zudem sind die Beziehungen zwischen meinem und Eurem Volk ... schwierig. Vermutlich wurde Euch deswegen diese Stadt anvertraut, als eine Geste des Vertrauen. Dies zu beurteilen, steht mir zwar nicht zu, doch es ist offensichtlich, dass die Elfen sich dies nicht einfach bieten lassen. Also ... was wollt Ihr nun von mir?" Neneve sah den Fürsten eindringlich an. Dieser räusperte sich.
    "Ihr seid zurzeit die einzige Elfe, der ich mehr oder weniger über den Weg trauen kann. Daher bitte ich Euch, dass Ihr Euch ein wenig umhört. Das dürfte für Euch doch kein Problem werden, oder?" Neneve schüttelte langsam den Kopf. Bat er sie gerade, ihr eigenes Volk zu verraten?
    "Ich will nur, dass Ihr mögliche Verschwörungen aufdeckt bzw. mir mitteilt. Im Moment fürchte ich, dass mein Leben keine Münze wert ist." Neneve sah ihn verständnislos an.
    "Weshalb habt Ihr dann diese Position übernommen?" Der Fürst schwieg beinah verlegen.
    "Soll ich raten? Macht. Und Geld. Das hat Euch dazu bewogen, hier zu regieren. Ich vermute, zuerst ward Ihr geschmeichelt, dass Euch eine solche Stellung übertragen wurde. Vielleicht wurde Euch ja nicht einmal gesagt, dass Ihr über eine Grenzstadt am Reich der Elfen regieren würdet", erwiderte Neneve unverhohlen. Erneut räusperte sich der Mensch.
    "Ist es nicht egal, wieso ich hierhergekommen bin? Zumindest bin ich zurzeit in Schwierigkeiten und benötige Eure Hilfe. Ansonsten werde ich Eurer Königin wohl mitteilen lassen müssen, dass Eure Arbeit nicht zufriedenstellend war." Neneve sah ihn fassungslos an. Erpresste er sie gerade? Widerwillig nickte sie und stand auf. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum und warf die Tür hinter sich donnernd zu. Was für ein intriganter, kleiner Mistkerl!
    Missmutig sah sie sich um, dann ging sie zu ihrem Zimmer. Ob die anderen noch da waren? Aber Neneve klopfte gar nicht an deren Türen, sondern verließ auf schnellstem Wege den Palast. Sie benötigte dringend frische Luft, und auch die elfische Umgebung konnte sie im Moment nicht beruhigen. Draußen angelangt sah sie sich zweifelnd um. Sie war genauso fremd hier wie die anderen auch. Da sah sie den Elfen, Aegnor, auf sich zukommen. Der fehlte ihr ja geradenoch.
    "Ja?", fragte sie daher im selben Ton, den sie auch dem Fürsten engegengebracht hatte.
    "Ich dachte, ich führe Euch ein wenig rum. Ihr habt unsere schöne Stadt doch ebenfalls noch nicht besucht, oder?" Damit grinste er sie dämlich an. Na toll, dachte Neneve, das wird ja toll. Sie konnte sich wirklich besseres vorstellen, als sich mit ihm abzugeben.
    "Ich wollte eigentlich nach meinen Tieren sehen...", murmelte sie daher.
    "Keine Sorge, die werden gerade gehegt und gepflegt. Teilweise waren sie ja ziemlich mitgenommen. Doch keine Bange, wir peppeln sie gerade wieder auf." Mist
    "Nun gut, vielleicht könnt Ihr mir tatsächlich helfen. Ich suche einen Arzt, um nach meinen Söldnern zu sehen. Eine davon war schwer verletzt, ich würde gerne wissen, ob es ihr besser geht." Der Elf nickte, nicht ohne ein bedauernde Miene zu ziehen. Doch dann führte er sie zu einem großen Haus, das elfische Heilung schon von weitem erahnen ließ. Neneve bedeutete Aegnor, draußen auf sie zu warten, während sie es betrat."Ist hier jemand? Kuuuundschaft!", rief Neneve, als sie den Warteraum leer vorfand. Doch nichts erklang. Daher ging sie auf eine Tür zu, die offenbar in einen der Behandlungsräume führte. Vielleicht war ja hier jemand zu finden. Als sie klopfte und keine Antwort bekam, drückte sie den Türknauf nach unten. Leicht überrascht öffnete sie die Tür. Nicht abgeschlossen?
    Doch als sie den am Boden liegenden, halb toten elfischen Heiler sah, erschrak sie. Hektisch rannte sie zu ihm, überprüfte seinen Atem. Schwach, sehr flach. Dann hechtete sie nach draußen und wieß Aegnor an, sofort Hilfe zu holen. Ausnahmsweise tat er dies auch sogleich, ohne weitere Fragen zu stellen. Sogleich sprang sie zurück zu dem Arzt.
    "Könnt Ihr mich hören?", fragte sie.
    "Sie...sie haben ihn mitgenommen", murmelte er.
    "Wen hat wer geholt? Bitte, denkt nach", flüsterte Neneve, während sie seinen Kopf anhob.
    "Männer, nicht elfisch. Mehr weiß ich nicht..." Ein Hustenanfall unterbrach ihn.
    "Wer war Euer Patient?", fragte die Elfe hektisch weiter.
    "Einen jungen Kerl, auch ein Mensch. Verband....Narben", seine Stimme verstummte. Neneve sah ihn panisch an.
    "He! Nicht einschlafen!", rief sie noch, doch dann fiel sein Kopf zur Seite und aller Schmerz und alle Last schien von ihm abzufallen. Neneve schluckte. Der arme Elf. Er war vielleicht 300 Jahre alt geworden.
    "San also", murmelte sie und ihr Gesicht verfinsterte sich. Die Chancen, dass er noch lebte, waren nicht sonderlich hoch...


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    • Offizieller Beitrag

    Als Gyahara das Gasthaus verließ, war die Stadt gänzlich in Dunkelheit getaucht. Nur einige seltsame Lichter erhellten noch die Straßen. Das Honigbier hatte seine Wirkung sehr schnell gezeigt und auch die Schmerzen gedämpft. Sie fühlte sich so gut, wie lang nicht mehr. Alle Sorgen schienen von ihr abgefallen und den Boden spürte sie fast nicht mehr unter ihren Füßen. Ganz, als würde sie ebenso wie die Elfen durch die Gassen schweben.
    Ein wenig verwirrt, schlug sie den Weg zum Anwesen des Fürsten ein. Und nun nur noch hinlegen und den Rausch ausschlafen.
    Als sie der Gasse zum Palast folgte, fielen ihr eine Gestalten in die Augen. Ihrem benebelten Gedanken war es zu verschulden, dass sie den großen Kerl erst nicht erkannte. Erst beim Näherkommen, realisierte sie, dass es sich um Casper handelte. Der Mann schien es eilig zu haben, denn seine Schritte waren straff und zielgerichtet.
    "Casper!", rief sie beschwipst in seine Richtung und machte durch ein Winken auf sich aufmerksam, als Casper sich nur irritiert umsah.
    Gyahara versuchte schnell zu ihm aufzuholen, doch ein langer Schritt endete nur in einem unkontrolliertem Taumeln. So schlimm war es noch nie nach einem Abend in einer Taverne gewesen, zumindest geradeaus hatte sie immer laufen können. Entweder machte das Honigbier mehr her, oder ihr hatte jemand etwas ins Getränk gekippt. Oder aber sie war schlicht und ergreifend zu schwach nach dem Blutverlust und der Verletzung.
    "Gyahara, bin ich froh dich zusehen", meinte der Henker. "Geht es dir gut?" Er legte besorgt den Kopf zur Seite.
    "Klar, ich habe nur die Wunden betäubt." Gyahara musterte den Mann. Er machte einen gestressten und nervösen Eindruck. Und bei einem Mann seiner Größe hatte das schon etwas zu bedeuten, so schnell machte ihm keiner Angst. "Was ist?", fragte sie ihn deshalb.
    Caspers Blick huschte in Richtung des Palastes, als wäre ihm soeben etwas Wichtiges eingefallen.
    "Wir müssen mit dem Fürsten reden", meinte er.
    "Keios?", fragte Gyahara nach, die in ihrem Zustand den Ernst der Lage nicht verstand. Selbst die Aufregung des Mannes ging zum Teil an ihm vorbei.
    "Ja", meinte Casper dann leise. Er sah sich um, dann lief er weiter. Sorge stand ihm im Gesicht, als fürchtete er ungebetene Zuhörer. "Hier in der Stadt geht etwas vor. Und ich glaube, es hat mit Fürst Keios Position zu tun. Jemand will sie ihm vielleicht abspenstig machen."
    In Gyaharas Kopf ratterte es, als sich die Nachricht durch das Gewirr ihrer Gedanken fraß.
    "Eine Verschwörung?", fragte sie, nun ebenfalls flüsternd.
    "Ich weiß nicht, aber wir sollten es jemandem erzählen."
    Die Dämonin nickte zögernd. Ein Teil ihrer wohltuenden Nebelwand fiel von ihr ab. Wenn es stimmte, was er sagte, dann hatten sie es vielleicht schon wieder mit einem Verrat zu tun. Diesmal aber wohl nicht aus ihren Reihen, sonst wäre Casper wohl kaum einfach auf dem Weg zurück zum Palast, oder hätte es ihr einfach mitgeteilt. Diesmal schien es vom Volk der Stadt auszugehen. Eine von Elfen bewohnte Stadt, mit ein paar Menschen war wohl kaum dazu bereit, einen Menschen auf dem Thron zu haben. Zumindest konnte sie sich durchaus vorstellen, dass es Gegner gab. Allerdings fragte sie sich, was es sie anging. Den Fürsten hatten sie abgeliefert.
    "Wieso mischst du dich eigentlich in die Sache ein?", fragte sie deshalb. "Damit wirfst du dich nur selbst zwischen die Fronten. Der Fürst ist sicher angekommen, der Rest ist nicht unser Problem. Zumal es das eigentlich nie war."
    "Das heißt, du willst auch nicht helfen?", fragte Casper. Niedergeschlagen sah er sie an.
    "Auch?"
    "Cifer will sich ebenfalls nicht einmischen.Er ist am Hafen etwas Trinken gegangen."

    Gyahara zuckte die Schultern. "Das sollten wir auch machen. Wir haben wegen dieses Clowns alle schon genug einstecken müssen, und ich wüsste nicht, was mich dazu treiben sollte, ihm zu helfen." Sie verschränkte die Arme und sah den Größeren von der Seite missbilligend an. Sie fand es zwar schön, dass der Henker ein so großes Herz hatte und helfen wollte, aber sie sah den Sinn dahinter einfach nicht.
    "Aber findest du es nicht auch ungerecht, dass man ihn vielleicht vom Thron stoßen will?", setzte Casper an.
    "Nicht wirklich, denn wenn ich ehrlich bin, kann ich die Elfen hier verstehen. Wer will schon so eine Witzfigur auf dem Thron? Bisher hat er mehr Schwierigkeiten zustande gebracht, als abgewandt." Der schöne Alkoholnebel hatte sich nun völlig verzogen, sodass sie wieder normal denken und handeln konnte. Leider bedeutete das auch, dass die Schmerzen zurückkehrten. Immer noch abgeschwächt, aber wieder deutlich spürbar.
    "Du hilfst also nicht?", vergewisserte sich der Henker noch einmal.
    "Nein."
    Sie hatten inzwischen den Vorhof des Anwesens erreicht und Gyahara wollte sich gerade von Casper trennen, als man nach ihnen rief. Neneve kam auf sie zu und wirkte komplett außer Atem.
    "San ... ", brachte sie hervor. "Er ist verschwunden."
    "Verschwunden?"
    , fragte Casper nach.
    "Ja", meinte Neneve. Ihre Stimme klang nun viel gefasster. "Einige Männer haben den Arzt ermordet, bei dem er sich hat behandeln lassen. Bevor er der Arzt letzten Atemzug getätigt hat, konnte er noch berichten, dass die Männer San mit sich genommen haben."
    Gyahara lauschte auf. Sie hatten ihn mit sich genommen? Aber warum? Konnten es vielleicht die gleichen Männer sein, die sie auch schon auf dem Schiff angegriffen hatten? War San nicht auch von ihnen überrascht und niedergerungen worden?
    Die angebliche Verschwörung und das Auftauchen dieser Männer. Das war wohl kaum ein Zufall. Aber was wollten sie dann von San? Er war wohl kaum ein Druckmittel gegenüber dem Fürsten. Nein, das musste anders zusammenhängen.
    Unschlüssig sah sie zu Casper.
    "Wir müssen mit Fürst Keios reden, ich habe am Hafen etwas belauscht", meinte der Henker. "Und dann müssen wir San finden."
    Er beeilte sich und marschierte mit langen Schritten durch den Gang. Gyahara blieb an Ort und Stelle stehen , ebenso wie Neneve. Sie war sich unsicher, ob sie nun doch helfen, oder sich einfach verkrümmeln sollte. San tat ihr zwar schon leid, aber der Fürst konnte ihr wirklich gestohlen bleiben. Aber was sollten sie schon machen, um San zurückzuholen. Wenn es wirklich die Männer vom Schiff waren, dann konnten sie nur schwer etwas ausrichten. Sie waren schlichtweg zu stark.

  • Casper drehte sich zu den anderen beiden um und seufzte.
    Genervt warf er die Hände in die Luft. "Ihr habt ja recht. San ist ein guter Freund und wichtiger. Aber wer sollte ihn schon entführt haben?" Krampfhaft überlegte er. "Okay ich gehe zu Keios und sage ihm, er soll sich vor Elton in Acht nehmen ... dann komme ich sofort und suche San mit euch."
    Neneve hob eine Augenbraue in die Höhe. Sie als Elfe fühlte sich dem Fürsten erst Recht nicht verpflichtet, auch wenn sie, im Gegensatz zu Gyahara, hin und her gerissen wirkte. Aber Casper war der erste der seufzend nachgab. "Habt ihr denn wenigstens eine Spur?" Er hoffte, dass die Verschwörer sich noch eine Nacht Zeit lassen würden.
    Gyahara und Neneve sahen sich betreten an.
    "Also nein", schlussfolgerte der Henker. "Vielleicht können wir uns beim Arzt nochmal dort umsehen", schlug die Dämonin vor.

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Sedar schlug die Augen auf und schreckte hoch. Augenblicklich fuhr seine Hand zu dem Beutel an seinem Gürtel, in dem er immer eine kleine Auswahl an Messern und die Kette trug. Sie griffen ins Leere und tasteten dann nur über das nackte Leder des Gürtels an dem sich kein Beutel befand. Natürlich nicht. Sie hatten ihn ihm abgenommen. Er atmete tief durch um die aufkeimende Panik zurückzudrängen, welche ihm sicher nicht helfen würde, und sah sich um. Er lag in einem dunklen Raum. Der Boden war aus rauem Holz und das einzige Licht drang durch Spalten von unten her durch die Dielen. Er befand sich also in einem oberen Stockwerk irgendeines Gebäudes. Ganz leise konnte er Stimmen wahrnehmen. Geräusche von Schritten und vom Schärfen eines Messers oder Schwertes. Sollte er vielleicht um Hilfe schreien? Vermutlich würde das einzig seine Entführer darüber informieren, dass er wach war. Vorsichtig kroch er über den Boden. Es war schon verwunderlich, dass sie ihn nicht gefesselt hatten. Sicher. Ihnen war klar, dass er sich davon befreien würde, notfalls indem er sich einen, mehrere Finger oder sogar das Handgelenk brach, doch er hätte zumindest den Versuch erwartet. Zumal es ihn Zeit gekostet hätte. Überhaupt war er überrascht, dass er sich in einem so gutem Zustand befand, ohne Brüche, weitere Verletzungen oder zumindest weitere Drogen, die ihn ungefährlich gemacht hätten. Tatsächlich fühlte er sich sogar durch den tiefen Schlaf, in den ihn das Mittel versetzt hatte, ungewöhnlich ausgeruht. Nur sein Rücken schmerzte etwas von der Nacht auf dem hartem Boden. Entweder sie hielten ihn für harmlos oder sie brauchten ihn für irgendetwas.
    Endlich hatte er einen der Spalte erreicht und presste, in der Hoffnung irgendetwas zu erkennen, eines seiner Augen davor. Für den ersten Moment schmerzte das Licht in seiner mittlerweile die Dunkelheit gewöhnte Pupille, doch dann klärte sich seine Sicht und er sah hinab auf einen nur spärlich eingerichteten Raum, in dem sich zwei Männer gegenüber standen. Von ihnen kamen auch die leisen Stimmen, die von hier aus verständlich geworden waren.
    "Vergesst nicht, dass es eure Attentäter waren, die versagt haben", sagte der Mann in der dunklen Kleidung, der offensichtlich zur Enklave gehörte. "Ihr hättet uns viel eher arrangieren sollen." Seine Stimme klang jedoch älter, als die derer, die Sedar entführt hatten. Vielleicht sogar ein Meister? Der Gedanke war beunruhigend.
    "Das tut jetzt nichts mehr zur Sache", antwortete der andere, welcher die zierliche Gestalt, die Flügel und die Ohren eines Elfs hatte. Auch das Gesicht kam Sedar bekannt vor. "Die Frage ist jetzt, wie ihr plant den Verdacht von mir abzulenken. Hätte Keios sich auf dem Weg beseitigen lassen, wäre es einfach gewesen das ganze als einen Raubüberfall abzutun. Aber hier in meiner Stadt. In meinem Schloss." Aus seiner Stimme sprach die Verachtung für den Fürsten.
    "Elrion", viel es ihm wie Schuppen von den Augen. Dieses verräterische Spitzohr war für den ganzen Schlammassel hier verantwortlich. Und wofür? Für ein bisschen Macht?
    "Lasst das unsere Sorge sein", erwiderte der schwarz gekleidete abwehrend.
    "Vergesst nicht, dass ich euch bezahle", fuhr ihn der Stadthalter an. "Wer sagt mir, dass ihr es nicht vergeigt, wie eure Vorgänger." Einen Moment lang schwieg der Attentäter. Er schien sich zu überlegen, ob das Geld, dass sie hierfür bekamen, ausreichte, um diese Beleidigung, diesen Zweifel an ihren Fähigkeiten, ungesühnt zu lassen.
    "Ich sagte ja schon, wir sind keine Amateure, wie die, die ihr zuvor angeheuert habt", antwortete er schließlich doch. Elrion musste wirklich gut zahlen. "Und was unsere Herangehensweise angeht. Nur soviel. Wir haben einen Sündenbock beschafft. Jemanden, der schon als Königsmörder bekannt ist. Jeder Staat hat ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, die Wache ist bereits informiert, dass er sich in der Stadt befindet, und das beste ist, dass Keios ihn selbst mitgebracht hat." Sedar schluckte. Deshalb war er hier, deshalb war er unversehrt und deshalb war er auch nicht gefesselt worden. Ein Assassine würde schließlich kaum mit gebrochenem Handgelenk zuschlagen. Man würde ihn hier finden. Nichts würde darauf hindeuten, dass er hier festgehalten wurde, und niemand würde auch nur einen Deut auf das geben, was er zu sagen hatte. Es würde so aussehen, als stecke er hinter den Attentätern, die den Fürsten auf der Reise schon töten wollten, und als diese keinen Erfolg gehabt hatten, hätte er sich eben entschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Die anderen könnten nur sagen, dass er kurz vor dem Mordanschlag plötzlich fort gewesen war, und dass der Fürst von einer Person in der Kleidung und mit den Waffen umgebracht worden war, die man später in seinem Rucksack finden würde. Nichts würde auf Auftraggeber oder Mittäter hindeuten. Einfach ein Wahnsinniger, der gerne Chaos stiftete.
    "Viel wichtiger", fuhr der Mann der Enklave fort, "ist, ob ihr die Bezahlung bereit habt."
    "Viertausend Goldstücke und jedes Jahr", Elrion zögerte kurz, "fünf Kinder elfischer Abstammung, die in eurer Enklave ausgebildet werden und für die ihr Zeit meiner Herrschaft nicht verfolgt werdet." Ohne einen Laut zu machen erhob Sedar sich. Er hatte genug gehören. Abscheulich wie dieser Elf sich und die Bewohner dieser Stadt verkaufte nur um selbst an die Macht zu kommen. Er musste das alles irgendwie verhindern. Schritt für Schritt um bloß niemanden auf sich aufmerksam schlich er zur Tür und zog daran. Natürlich war sie fest verschlossen. Mehrmals tastete er sich an der Wand entlang auf der Suche nach irgendeiner Schwachstelle. Kein einziges Mal hatte er Erfolg. Schließlich ließ er sich in der Mitte des Raumes, dort wo er aufgewacht war, wieder auf den Boden sinken und vergrub den Kopf in den Händen. Er war erledigt. Endgültig. Und nun würde er nicht mal für einen Mord hängen, den er selbst begangen hatte.

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    Aldous Huxley

  • Der Met den er in der kleinen von Matrosen besetzten Taverne bekam schien stärker zu sein als normales Bier. Und obwohl Cifer viel trank normalerweise achtete er dennoch darauf wie viel. Hier hingegen hatte er den Überblick schon eine Weile verloren. Dennoch war es bei weitem nicht so viel wie vor ein paar Jahren noch, als er Schenken und Tavernen nur so lange verließ, bis er wieder irgendwo ein paar Münzen aufgetrieben hatte. Und Cifer hatte sich geschworen es nicht wieder so weit kommen zu lassen solange er noch Hoffnung hatte. Wenigstens hatte es einen Vorteil. Vor ein paar Stunden hatte der Schatten noch versucht, ihn irgendwie neugierig auf diese Verschwörung zu machen, aber inzwischen hatte er ihn schon mit Alkohol ausgeblendet. "Ihr solltet wirklich nicht zu Fuß in die Hauptstadt reisen." Meinte der Matrose neben ihm besorgt. Er und seine Mannschaft fuhren anscheinend einen Fluss hinauf bis zur Hauptstadt, aber sie würden diesen Monat wohl nicht mehr ablegen."Die Elfen im Hinterland bauen nur spärlich Straßen, in den Wäldern leben viele wilde Tiere und leider auch Banditen. Oder ihr verlauft euch. Dieses Land ist gefährlich für Menschen die es nicht kennen." Waren das nicht die meisten Länder?"Ich muss nich laufen, ich kann fliegen." Erwiderte Cifer lachend. Der Matrose zog eine Augenbraue hoch und musterte ihn jetzt noch besorgter. "Na wie Ihr meint." Meinte er schließlich achselzuckend.
    Als Cifer ein wenig später nach draußen trat, schien es, als würde ihm die kühle Nachtluft einen Schlag verpassen. Die ersten Sonnenstrahlen krochen bereits über die Stadt und er entschied, dass es Zeit zum Aufbruch war. Auch wenn er wahrscheinlich nur ein paar Meilen kommen würde bevor er vor Müdigkeit abstürzte, oder gegen einen Baum flog. Um ihn herum schien sich alles zu drehen. 'Nett' meinte plötzlich der Schatten hinter ihm. Als Cifer sich umwandte, spielte die Gestalt an ein paar Fahndungsplakaten herum und setzte den Gesuchten die darauf abgebildet waren mit den Fingern Hörnchen auf. Wahrscheinlich hätte er es einfach ignorieren sollen, schließlich war es der Schatten der ihn darauf Aufmerksam gemacht hatte, aber da hatte er das abgebildete Gesicht schon erkannt. Er torkelte darauf zu und riss den Zettel etwas unbeholfen ab und starrte es perplex an. Wer auch immer San abgebildet hatte, hatte gute Arbeit geleistet, auch wenn er versucht hatte dem Jungen einen eher untypisch grimmigen Gesichtsausdruck zu verpassen. Anscheinend hatte er irgendeinen König auf dem Gewissen. Vermutlich hätte er den Zettel einfach im Hafen versenken sollen, was kümmerte es ihn, was der Junge so trieb? Andererseits hatte sein letzter Mord einen Krieg ausgelöst. Was wenn er so etwas ähnliches auch hier plante? Wahrscheinlich spann sein betrunkenes Gehirn hier nur irgendwelche Verschwörungstheorien, trotzdem war es vielleicht besser jemandem davon zu erzählen. Er rollte das Blatt zusammen und ließ es in seinem neuen Mantel verschwinden. Götter er schien wirklich nur blöde Ideen zu haben, wenn er zu viel trank. Der Rabe erhob sich torkelnd ein paar Minuten später über die leeren Straßen der Stadt, vielleicht war Gyahara noch bei dem Arzt. Auch wenn er dort wahrscheinlich auch San sehen würde, oder Sedar, wie er auf dem Zettel genannt wurde. Kein schöner Gedanke.
    Fühlte es sich so an, einmal zu versuchen das Richtige zu tun?

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    Einmal editiert, zuletzt von Korus (18. August 2016 um 20:36)

  • Neneve sah den Henker missmutig an. Nicht nur, dass er es wagte, sie - SIE - herumzukommandieren, sondern verkündete ebenfalls nur schlechte Nachrichten.
    "Gut, du gehst zu diesem eingeblasenen Kerl. Gyahara und ich werden den Heiler aufsuchen. Du kannst dann ja nachkommen", grummelte sie recht frostig. Sie wirbelte zu der Dämonin herum. "Es sei denn, Ihr seid der Ansicht, dass das unter Eurer Würde ist", zischte sie dann. Nachdem diese sie nur irritiert unter der Kapuze heraus anstarrte, knurrte Neneve: "Bist du ... seid Ihr etwa tatsächlich der Meinung, nicht bereits in diesen Konflikt mit hinein geraten zu sein?! Wir stecken alle knietief mit drin. Die gesamte Bevölkerung sieht in uns Verbündete von Fürst Keios. Und er wird Euch alle nicht einfach gehen lassen. Oder habt ihr bereits euren Lohn erhalten?!" - Sie sah beide zornig an. Nachdem beide betreten schwiegen, polterte sie weiter: "Er hat euch - genauso wie mich auch - vollkommen in der Hand. Er ist jetzt der HERRSCHER über diese Stadt. Wie habt ihr ihn denn bereits kennengelernt? Als netten Großvater, der nur das Beste für alle will? Nein, seht ihr. Solange er uns braucht, wird er uns auch nicht gehen lassen. Und was wäre euch lieber? Von den Wachen bei einer Flucht geschnappt zu werden und im Kerker zu verrotten oder ihn glauben zu lassen, dass wir ihm helfen. Vermutlich wird er ohnehin nicht die nächsten Tage überleben, seine Chancen sind nicht unbedingt die höchsten." Neneve war immer leiser geworden, als fürchtete sie, dass jemand ihnen zuhörte.
    "Und deswegen wäre es besser, sich jetzt nicht einzumischen. Wenn er stirbt, werden die Elfen sicherlich nicht mit der Wimper zucken, uns zu töten", erwiderte Gyahara zornig, "Ihr seid eine von denen, Euch werden sie nicht töten. Aber was ist mit uns anderen? Glaubt Ihr, dass irgendjemand sich um mein Schicksal kümmert?" Neneve schwieg resigniert.
    "Wir sollten zum Haus des Heilers gehen", murmelte sie dann geschlagen. Die andere nickte. Dann trennten sie sich von Casper.

    Schweigend kamen sie schließlich zu ihrem Ziel.
    "Hatte der Heiler keine Helferin? Jemand, der ihm die Patienten hineinschickte und sich um geschäftliche Dinge kümmerte", murmelte die Elfe mehr zu sich selbst.
    "Vielleicht wurde sie ebenfalls verschleppt?", mutmaßte Gyahara.
    "Unwahrscheinlich", erwiderte Neneve, während sie das Haus betraten. "Was läge denen denn an einer einfachen Elfe?"
    "Was läge denen an San?" Neneve runzelte die Stirn. Ihr gefiel es nicht, dass die Dämonin auf einen Gedanken gekommen war, den sie noch nicht angeführt hatte.
    "Vielleicht, weil er nicht der ist, der er vorgibt, zu sein." Erschrocken drehten sich die beiden Frauen um. Doch es war Cifer, der auf diese Weise schwer atmend am Türrahmen lehnte.
    "Was meinst du damit?", fragte Gyahara unter ihrem Mantel heraus.
    "Ich glaube, ich habe etwas, was euch interessieren dürfte", meinte er. Neneve zog die rechte Braue nach oben, das linke Auge kniff sie leicht zusammen. Dann ging sie forschen Schrittes auf ihn zu.
    "Wenn das ein dummer Scherz ist, wirst du es bereuen!", zischte sie.


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    Cifer zeigte ihnen ein Blatt Papier mit einer Zeichnung darauf. Gyahara musste bis auf einen Schritt an den Mann herantreten und sich nah an den Papierfetzen heranlehnen, um etwas zu erkennen. Es handelte sich um eine Art Steckbrief mit einer Zeichnung von San. Erschrocken riss sie Cifer das Papier aus der Hand.
    "San wird gesucht?", entfuhr es ihr.
    "Sedar", verbesserte Cifer kühl. Gyahara runzelte erst die Stirn, weil sie nicht verstand, schließlich konnte sie kein Wort lesen und wusste demnach auch nicht, was auf dem Zettel stand. "Er hat einen König ermordet und wird seither gesucht", fügte der Mann noch hinzu, als er ihre Verwirrung bemerkte.
    "Dann wollte er Keios töten?", warf die Dämonin in die Runde. San oder Sedar oder wie er nun hieß, hatte immer etwas vor ihnen verborgen, dem war sie sich von Anfang an sicher gewesen. Aber jeder von ihnen hatte seine Geheimnisse, weshalb ihr das immer egal war. Das es jedoch so schlimm war, hatte sie sich nicht vorstellen können. Allerdings konnte sie sich wirklich nicht vorstellen, dass der junge Mann dem Fürsten ans Leder wollte. Sie wusste langsam nicht mehr, wem sie trauen konnte und wem nicht.
    "Das glaube ich nicht", mischte sich zu ihrer Überraschung Neneve ein. Die Elfe schien den ersten Anflug ihrer Wut überwunden zu haben und stand nun leicht betreten neben der Tür.
    Gyahara wollte etwas erwidern, der Elfe die Meinung geigen, aber eigentlich glaube oder hoffte sie auch nicht, dass San etwas mit der Sache zu tun hatte.
    "Was macht dich so sicher?", wollte Cifer wissen. Der Mann hatte das Haus inzwischen betreten und sich auf einem Stuhl niedergelassen. Er machte den Eindruck, als wäre er stundenlang umhergerannt.
    "Ich weiß es nicht, aber der Arzt hat mit in seinen letzten Atemzügen gesagt, dass San oder Sedar entführt wurde. Von schwarzen Gestalten."
    "Vielleicht gehört das zum Plan, damit wir versuchen ihm zu helfen und dann fett in den Hintern getreten bekommen", grummelte Gyahara. Ihr wurde das langsam alles zu viel. Wäre sie nur damals nie von ihrer Familie weg und in die Stadt gezogen, dann hätte sie auch nicht fliehen müssen und würde nun nicht in der Enge sitzen. Es war wirklich schwer zu sagen, was sie jetzt machen sollten. Was war die klügste Entscheidung? Ganz klar die Flucht. Raus aus der Stadt und alles hinter sich lassen. Diese Entscheidung war von Menschlichkeit jedoch weit entfernt. Auf der anderen Seite war ihr der Fürst immer noch egal. Sie hatten sich schon oft genug in Schwierigkeiten gebracht und ihren Lohn dafür hatten sie noch immer nicht.
    "Was machen wir jetzt?" Neneve schien verwirrt zu sein. Hin und her gerissen, zwischen helfen und ignorieren.
    "Ich werde das einzig vernünftige machen und aus der Stadt verschwinden, solange es noch geht", meinte Cifer. Er erhob sich wieder.
    "Und wir sollten das auch machen", stimmte die Dämonin zu. "Ohne Cifer und San sind wir nur noch zu dritt. Wir können sowieso nichts ausrichten. Wir wissen nicht einmal, wie viele Verschwörer es überhaupt sind." Sie überlegte einen Moment. "Und wenn es wirklich diese schwarz gekleideten Typen sind, die mich auch schon auf dem Schiff angegriffen haben, dann hätten wir zu dritt nicht mal gegen einen von denen eine Chance. Die Sache ist viel zu groß für uns."
    "Bitte", knurrte Neneve, "dann verschwindet doch. Ich bleibe jedenfalls. Mir ist es zuwider, dass ein Mensch auf dem Thron sitzt, aber es war ein Anlieger meiner Königin." Die Elfe blickte sie noch einmal finster an, dann lief sie eine Treppe nach oben, wohl in das Behandlungszimmer.
    Einen Moment überlegte Gyahara, ob sie ihr nachsollte. Aber was sollten sie schon machen? Nichts, was ihr einfiel, würde sie auch nur im Ansatz weiterbringen. Egal, in welche Richtung sie es drehte, am Ende liefen sie immer mit dem Tod Hand in Hand. Aber Neneve hatte mit ihrer Aussage auch nicht ganz Unrecht gehabt. Sie steckten alle schon ziemlich tief in der Sache. Jeder hatte gesehen, wie sie mit Keios in die Stadt gekommen waren, sicherlich auch die Verschwörer und wenn San etwas mit denen zu tun hatte, dann wussten sie es sowieso schon. Nun noch unbeschadet aus der Situation zu entfliehen, grenzte an Unmöglichkeit. Außerdem war Casper noch bei Keios und hatte von allem keine Ahnung.
    Gemeinsam mit Cifer verließ sie das kleine Haus. Sie folgten den mittlerweile dunklen Gassen und hofften damit aus der Stadt herauszukommen.
    Ein Rascheln ließ die Dämonin jedoch schon bald wieder unruhig werden. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber ihr gutes Gehört vernahm eindeutig das Knistern von Stoff, der fast lautlos an Stein rieb. Fast, als würde sich jemand an den Hauswänden entlangschieben.
    "Cifer", murmelte sie so leise wie möglich, "wir werden verfolgt."
    "Diese schwarzen Männer?", fragte er ebenso flüsternd.
    "Ich glaube nicht. Die habe ich auf dem Schiff nicht gehört." Sie bogen um eine Ecke, weshalb Gyahara unauffällig einen Blick über die Schulter werfen konnte. Gerade sah sie noch, wie eine dunkle Gestalt im Schatten eines Gebäudes verschwand.

  • Casper gefiel die ganze Sache ganz und gar nicht.
    Neneve, Gyahara und er hatten sich so ... schwammig getrennt.
    Keiner schien eine genaue Ahnung zu haben, was sie nun tun sollten und einig waren sie sich sowieso nicht. Er merkte zu seiner Überraschung, wie er die Einsamkeit zu vermissen begann. Ständige Interaktion mit Menschen ... oder Elfen war anstrengend, zeitraubend und nervig. Er rollte mit den Augen. Er musste Keios erzählen, vor wem er sich in Acht nehmen musste und dann so schnell wie möglich die anderen finden. Es musste doch einen Weg geben, mit dem alle glücklich waren ...
    "Was willst du?!", riss ihn eine unfreundliche Stimme aus seinen Gedanken.
    Er hob den Kopf und merkte, dass er ohne zu klopfen in Keios Gemach getreten war. Die Tür hatte offen gestanden. Erschrocken sah er den Fürsten an und stammelte ein: "Verzeiht Herr."
    "Jaja, blabla, was willst du?", wiederholte sein Gegenüber die Frage noch unfreundlicher.
    Casper straffte die Schultern und richtete sich bewusst auf, sodass er Keios um einiges überragte. Er merkte, wie er den Stolz des Mannes verletzte, aber er hielt wenigstens den Mund.
    "Wir wissen nun, wer der Drahtzieher der ganzen Anschläge ist und wer Eure Soldaten zum Mord an Euch angestiftet hat."
    "Ist das so?" Schnippisch musterte der Fürst ihn.
    Casper ignorierte seinen Blick und schloss die Tür. Das musste nun wirklich nicht jeder mitkriegen. Er hatte keine Beweise und eine Anschuldigung gegen den Stadthalter war wohl alles andere als harmlos.
    "Es ist Elrion."
    Fassungslos betrachtete Keios ihn, aber als er merkte, dass der Henker es ernst meinte, brach er in schallendes Gelächter aus. "Dieser Elf? ich bitte dich! Er sollte die Stadt verwalten bis der Würdenträger eingetroffen ist. Das bin ich und fertig. Der Mann war sich der Tatsache sehr bewusst."
    Casper, nun seinerseits fassungslos, fragte sich, ob Keios gerade auf dem Klo gewesen war, als Gott die Hirne verteilt hatte. Er atmete tief durch und versuchte freundlich zu bleiben.
    "Und genau das ist sein Motiv! Die Elfen wollen keinen Menschen als Herrscher und Elrion hätte nach euch direkt Anspruch auf die Stadt. Er würde Macht bekommen und das Volk einen Elfen. Zwei Fliegen mit einer Klappe."
    "Und wenn das Volk wirklich so dringend einen Elfen auf dem Thron will, wieso hat ihre Königin dann MIR den Thron zugesprochen??"
    Casper fehlten die Worte. Seine Arroganz verwandelte sich in Verblendung. Er wollte einfach nicht auf das hören, was man ihm sagte.
    Vielleicht hat er aber auch einfach Angst davor, dass es real wird, wenn er sich eingesteht ... schoss es Casper durch den Kopf. Er und sein guter Wille. Er seufzte. "Ich habe euch gewarnt", sagte er nur. "Nehmt Euch sich bei Elrion in acht." Der Henker drehte sich um und verschwand durch die zierliche Tür, die ihn klobig und unbeholfen wirken ließ.

    Keios hatte nichts mehr gesagt, als er den Raum verlassen hatte und so hatte er gehofft, dass seine Botschaft angekommen war. Er gedachte nicht seine Freunde im Stich zu lassen und für Keios Babysitter zu spielen. Langsam wurde es Zeit, dass der Mann lernte auf eigenen Beinen zu stehen, sonst war die Sorge der Elfen dieser Stadt berechtigt.
    Er hastete durch die Straßen der Stadt. Mittlerweile hatte die Sonne ihren Zenit schon überschritten. Besorgt blickte er sich um. Die Nacht rückte immer näher ...
    Er bog um eine Ecke und stieß beinahe mit Neneve zusammen. Hastig wich er zurück, die Elfe zog erschrocken ihr Schwert, steckte es aber wieder weg als sie ihn erkennte. Einzig die Anspannung ihrer Liefermuskeln verriet ihren Unmut.
    "Pass doch auf!", fuhr sie ihn an.
    "Tschuldigung", murmelte Casper. "Gibt's was Neues?"
    "Allerdings!", sagte die Elfe und reckte das Kinn. "San heißt offensichtlich Sedar. Er hat laut seinem Steckbrief einen König ermordet und damit einen Krieg ausgelöst."
    Erinnerungen an den Abend in der Taverne durchzuckten Casper, aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
    "Er hat uns belogen!", fuhr die Elfe aufgebracht fort. "Trotzdem glaube ich nicht, dass er Keios umbringen wollte." Nachdenklich legte sie die Stirn in Falten. "Der Arzt sagte, er sei entführt worden, von schwarzen, vermummten Gestalten."
    Casper blickte ruckartig auf. "Gestern Abend, auf der Suche nach einer Taverne, habe ich etwas Verdächtiges am Hafen beobachten können. ich konnte hören wie Elrions Name fiel und dass sie schon einen Plan hatten den Fürsten verschwinden zu lassen. Einer weigerte sich, den haben sie einfach abgestochen", sprudelte es aus ihm heraus.
    "Zeig mir wo!", forderte Neneve, die ihm aufmerksam zugehört hatte. Ihr Blick sagte allerdings Warum hast du das nicht früher erzählt?!

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Es dauerte Stunden, bis jemand kam. Stunden in denen Sedar neben der Tür gehockt und still abgewartet hatte. Inzwischen taten ihm alle Knochen und Gelenke weh. Die vergangene Nacht auf dem harten Holzfußboden trug nicht gerade lindernd dazu bei. Dann aber hörte er ein leises Knirschen von jenseits der Tür. Das Geräusch, das ein Schuh machte, wenn er auf eine lockere Diele tritt. Sekunden später hörte er das Klirren eines Schlüssels und den kräftigen Ruck eines Riegels, der zur Seite geschoben wurde. Sedar wartete erst gar nicht bis die Tür ganz aufgeschwungen war. Der Trick das eigene Verschwinden vorzutäuschen, indem man hinter der offenen Tür wartete, und dann von hinten anzugreifen oder zu verschwinden, sobald der Wärter den Raum suchend betreten hatte, funktionierte wohl kaum bei dieser Art der Gegner. Also sprang er, die Augen wegen dem plötzlich hereinflutendem Licht fest zusammengepresst, direkt auf den hereinkommenden zu, legte den Arm um dessen Hals und schob sich hinter ihn in dem Versuch ihn zu würgen. Dummerweise war er nur ein 19 Jähriger, der den ganzen Tag nichts gegessen oder getrunken hatte, während sein Gegner mindestens ein paar Jahre älter war und vermutlich eine überaus stärkende Mahlzeit hinter sich hatte. Zwei Hände griffen nach Sedars Arm und zogen ihn von dem Hals weg. Schwungvoll warf der Assassine ihn über den eigenen Körper und schleuderte ihn wieder in den Raum hinein, der sein Gefängnis war. Sedar bekam noch gerade so die Beine unter seinen Körper bevor er landete, sonst wäre der Aufprall wohl weitaus schmerzhafter gewesen, doch auch so verlor er wertvolle Zeit, während er seinen Körper ausbalancieren und sich umdrehen musste. Er sah gerade noch wie etwas silbrig glitzerndes auf ihn zuschoss, dann drehte er sich wieder zur Seite, diesmal um dem Geschoss zu entgehen. Mehr aus Reflex als aus einer überlegten Handlung heraus griff er nach dem Geschoss, dass schemenhaft an ihm vorbei flitzte, und war selbst überrascht als sich seine Finger tatsächlich um einen Gegenstand aus Metall legten. Den Schwung ausnutzend vollendete er die Drehung und ließ den Wurfstern in dem Augenblick los, in dem die Hoffnung irgendetwas zu treffen seiner Meinung nach am größten war. Tatsächlich hörte er den dumpfen Aufprall, der unmöglich von einer scharfen Klinge stammte, die sich in Holz bohrte. Sein Angreifer stand mit großen Augen vor ihm, die Hände über seine Brust gelegt, dunkle Flüssigkeit, die sich von seiner schwarzen Kleidung löste und auf den Boden tropfte. Sie hinterließ dunkle Spuren. Dann verdrehte der Mann die Augen und sank hintenüber.
    "Bravo", sagte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Ein Klatschen vermischte sich mit dem Geräusch des aufprallendem Körpers. Sedar zuckte zusammen und drehte sich um die eigene Achse. Vor ihm stand der Mann, der sich mit Elrion unterhalten hatte. Dahinter standen zwei weitere dunkle Gestalten. Ein Meister und zwei weitere Gesellen. Seine Flucht war bereits zu Ende, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Aber was hatte er schon erwartet.
    "Ich sehe du hast nichts von deiner Ausbildung verlernt", fügte der Meister hinzu. "Zu schade, dass du sie kein weiteres Mal einsetzen wirst." Sedar wünschte sich, er hätte den Wurfstern noch um ihn sich selbst in die Kehle zu graben. Aber diese Chance hatte er wohl vertan.

    Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.

    Aldous Huxley