Bael spürte genau, dass sie die Grenzen zum Kriegsgebiet überschritten hatten. Es gab keinen Wegweiser, keinen Grenzstein oder irgendetwas ähnliches, dass ihn darauf hätte vorbereiten können. Er sah keine Schlachtfelder, keine verstümmelten Leichen und auch keinen grausamen Feind.
Stattdessen erhob sich links von ihnen ein grüner Wald, dessen Blätter sich dem Sog des Herbstes bisher widersetzt hatten und vor Leben strotzten. Täglich brachten die Jäger der Truppe frisches Wild zu den Köchen, sodass die Vorratswagen sich füllten, anstatt sich zu leeren. Trotz des Überflusses hatte der Sergant die Rationen natürlich nicht erhöhen lassen, aber dafür gab es wenigstens eine reiche Auswahl an Dörrfleisch.
Auch rechts von ihnen wies kaum etwas auf den Krieg hin. Saftiges Ackerland erstreckte sich über die gerodeten Hügel und rahmte einen klaren See ein, unter dessen Oberfläche es vor Leben regelrecht wimmeln musste. Die hellen Weizen standen in voller Blüte und wogten im sanften Wind hin und her. Die warme Herbstsonne tat ihr übriges, um die wohlige Illusion des Friedens aufrecht zu erhalten.
Aber sie hatten die unsichtbare Grenze bereits überschritten.
Bael lies sich von der friedvollen Umgebung nicht täuschen. Es herrschte Krieg und sie waren bereits mitten drin. Ein schwarzer Fleck tauchte zwischen den Weizenfeldern auf und wurde beständig größer, je näher sie ihm kamen. Bald erkannte Bael die ausgebrannten Gerippe eines Bauernhauses. Vereinzelt stieg immer noch Rauch aus den verkohlten Ruinen auf. Der Hof war erst vor kurzem niedergebrannt.
Ein kleiner Reitertrupp brach aus der Formation aus und näherte sich den Überresten des Bauernhofes. Achtlos trieben die Soldaten ihre Pferde durch die tapfer aufragenden Weizen und zertrampelten dabei viele der wehrlosen Pflanzen. Sie zerstörten die Illusion des Friedens. Traurig wendete sich Bael ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf den grünen Wald.
Doch auch hier hatte der Krieg Einzug erhalten. Eine schwer gepanzerte Kavallarieeinheit ritt gerade an den Bäumen vorbei, um sich an die Spitze des Heerzuges zu begeben. Ihre polierten Panzer Panzer glitzerten angriffslustig in der Sonne, während ihre heruntergeklappten Visiere Kampfbereitschaft andeuteten. Kaum waren sie vorüber, tauchte zwischen den Bäumen eine Gruppe Kundschafter auf, die vorausgeschickt worden waren um den Feind zu finden.
„Die Pause ist vorbei, Bursche“, rief Meister Hembrandt energisch aus dem inneren der fahrenden Schmiede seinem Lehrling zu, „Auf uns wartet viel Arbeit.“
Mehr als ein gemurmeltes „Ja, Meister.“ brachte Bael nicht heraus und wendete sich von dem Kriegstheater ab. Er machte sich keine Illusionen.