So, nachdem ich mich jetzt ein Weilchen hier im Forum herumgetrieben habe, habe ich beschlossen, meine Nicht-Fantasy-Geschichte hier hochzuladen. Hauptsächlich, weil es hier so viele toller Leute gibt, die echt hilfreiches Feedback geben. Die Arbeit an meiner Fantasy-Story geht natürlich weiter, aber wenn ihr wissen wollt, ob meine Storys was für euch sind, könnt ihr ja mal hier reinlesen.
Ich freue mich sehr über Verbesserungsvorschläge! Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen wünscht Unor!
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Kapitel 1: EIN FREMDES ZIMMER
Ich erwachte mitten in der Nacht in einem unbequemen Bett. Die Laken waren zerwühlt und mein nackter Oberkörper klebte am Leintuch. Mein Herz raste, doch konnte ich nicht sagen, warum. Ein Albtraum womöglich?
Ich setzte mich auf und rieb mir den Schlaf aus den Augen. In dem Zimmer war es stockfinster und es roch seltsam synthetisch. Möbel gab es kaum. Zwischen meinem Bett und einem zweiten, das unter dem Fenster stand, befand sich ein kleiner Abstelltisch. Am anderen Ende des Raumes, neben der Tür, stand ein großer Schrank. Etwas stimmte nicht. Wo waren meine Kommode und der Schreibtisch mit dem alten Bürostuhl? Wo war meine Spongebob–Uhr aus Kindheitstagen?
Die Zahnräder meines verschlafenen Verstandes drehten sich nur langsam, doch begriff ich schließlich meine Situation. Panik erfüllte mich und ich sprang aus dem Bett. Meine blanken Füße patschten auf dem Linoleumboden, als ich zum Fenster lief. Jemand hatte die Jalousien heruntergelassen. Ich zog sie hoch, doch in dem fremden Zimmer blieb es finster. Kein fahles blaues Mondlicht, keine flackernde Straßenlaterne kam zum Vorschein. Nur noch mehr Dunkelheit.
Mein Herz raste noch schneller und ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich wischte sie mit den Fingern fort, schließlich war ich fünfzehn Jahre alt, kein heulendes Kleinkind und ich durfte nicht die Nerven verlieren.
Ich durchmaß den Raum und ging zur Tür, nur um festzustellen, dass sie verschlossen war. Um sicherzugehen, rüttelte ich am Griff. Nichts. Ich klopfte. Keine Antwort. Das musste ein schlechter Traum sein.
Wieder wollten die Tränen kommen, stattdessen klopfte ich heftiger.Wieder Nichts. Dann, plötzlich, ein Ruf, der vom Gang zu kommen schien und durch die Wand gedämpft wurde. Ich konnte nichts verstehen. Wieder klopfte ich. Noch lauter diesmal.
Ein Kind im Nebenzimmer begann zu weinen, dann: Das Klirren von Schlüssen. Ich war also nicht allein. Jetzt drang Licht durch den schmalen Türspalt. Jemand war dort draußen. Wieder klopfte ich.
Das Klirren wurde lauter und lauter, dann wieder leiser. Die Person musste an der Tür vorbeigegangen sein. Mit einem Ohr an der Wand, horchte ich. Im Nebenzimmer sprach eine Frau. Ihre Worte verstand ich nicht, doch ihre Stimme klang freundlich und beruhigend. Das Weinen hörte auf und die Frau verließ das Zimmer wieder. Schnell klopfte ich an die Tür.
„He!“, sagte ich, „Aufmachen!“.
Ich konnte hören, wie die Frau den Schlüssel ins Schloss steckte und ihn herumdrehte. Unsicher trat ich einen Schritt zurück und die Tür schwang auf. Vor mir stand eine alte Dame. War sie mein Gefängniswärter oder meine Retterin? Sie trug einen weißen Kittel und grüne Hosen. Ihr Gesicht konnte ich nicht erkennen, da das Licht, welches vom Gang ins Zimmer fiel, mich blendete und ihre Vorderseite in Schatten hüllte.
„Was ist denn los?“, fragte sie nicht unfreundlich.
„Wo bin ich?“ Ich versuchte möglichst ruhig zu klingen.
Die Frau seufzte. „Mach dir keine Sorgen. Du musst mit dem Klopfen aufhören, sonst weckst du die anderen, ja?“
„Welche anderen? Wo sind meine Eltern? Ich will nachhause!“, sagte ich gereizt. Wieder wurde ich panisch.
Die Frau wollte mir die Hand auf die Schulter legen, doch ich wich zurück.
„Du kannst noch nicht nachhause. Wir müssen dich noch ein Weilchen bei uns behalten. Geh doch wieder schlafen."
Etwas an dem Ton der Alten gefiel mir nicht.
„Puh, ist es warm hier drinnen“, fuhr sie fort. „Komm, wir machen ein Fenster auf." Sie ging an mir vorbei. Die Tür war sperrangelweit offen. Ich dachte nach. Wenn diese Frau mich hier festhielt, warum ließ sie dann die Tür offen? Glaubte sie, ich würde nicht fliehen?
„Dein Bett ist ja ganz verschwitzt!“, stellte die Frau fest. „Hast du wieder schlecht geträumt?“
Sie sah zu mir. Ihr Blick war freundlich und sie hielt mir eine Hand hin. „Komm“, sagte sie lächelnd, „wir machen ein Fenster auf“.
Ich drehte mich um, rannte zur Tür hinaus und lief einen langen Gang hinab. Zu beiden Seiten rauschten in regelmäßigen Abständen nummerierte Türen an mir vorbei.
„Halt!“, rief die alte Frau besorgt, doch ich stoppte nicht. Sie würde mich niemals einholen, ich war schon im Sportprofil meiner Schule immer der Schnellste gewesen. Am Ende des Ganges hatte ich die Wahl zwischen Aufzug und Treppe. Ein Schild zeigte an, dass ich mich im ersten Stock befand. Ich wählte die Stufen nach unten.
Das Licht im Treppenhaus ging automatisch an, als ich es betrat. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte ich hinunter. Am Fuß der Treppe befand sich ein weiterer Gang, an dessen einen Ende Licht brannte. Ich stürmte darauf zu, war schon fast da, als vor mir eine Tür aufging und ein riesiger Mann heraustrat. Ich versuchte anzuhalten und kehrt zu machen, doch es war zu spät. Mit voller Wucht knallte ich in den Fremden. Dieser schlang sofort seine Arme um mich und hielt mich in eisernem Griff.
Ich trat und strampelte und begann wieder zu weinen. „HILFE!“, schrie ich. „HILFE!“
Die Arme des Fremden ließen sich nicht bewegen. Zwei weitere Männer traten auf den Gang. Einer von ihnen trug einen Pullover und eine Cordhose, der andere eine Weste und Jeans. Der mit der Cordhose beugte sich zu mir herunter. Er trug eine runde Brille und hatte einen grauen Bart. Ich hatte mittlerweile aufgehört zu zappeln, da es ja doch nichts brachte.
„Na sowas“, sagte der Bärtige, „ Da wollte wohl jemand einen kleinen Nachtspaziergang machen, hm?“
Ich wollte den Mann schlagen, doch der stählerne Griff des Riesen machte das unmöglich. Also sagte ich stattdessen: „Ich rufe die Polizei!“
Der Mann mit der Weste schüttelte den Kopf und ging zurück in den Raum, aus dem er gekommen war.
„Du musst dich beruhigen, Arkadius!“, sagte der mit der Cordhose und kniete sich vor mich. Ich blinzelte überrascht, weil er meinen Namen kannte. Nur meine Familie und meine engsten Freunde kannten meinen richtigen Namen.
„Wer sind Sie?“, fragte ich und rührte mich erneut. „Sagen sie diesem Typen, er soll mich loslassen!“
Der Mann lächelte müde und sagte: „Nur, wenn du mir versprichst, ganz ruhig zu bleiben“.
Immer mehr Tränen traten mir in die Augen. „Ich will doch nur nachhause!“, schluchzte ich. Der Mann strich mir über die Wange. Ich wehrte mich nicht.
„Ich weiß. Du musst schreckliches Heimweh haben. Komm, ich bringe dich in dein Zimmer zurück und morgen werden wir in Ruhe darüber reden!“
„Ich will nicht reden. Lassen Sie mich doch nachhause!“ Wieder begann Wut in mir aufzusteigen. Der Griff des Riesen hatte sich gelockert und ich nutze die Gelegenheit, um einen meiner Arme zu befreien. Als er das bemerkte, wollte er mich fester packen, doch ich war schneller. Ich fuhr herum und schlug ihm ins Gesicht, so heftig, das er sich auf den Hintern setzte. Ich sprang auf. Der Cordhosen-Mann wollte sich mir in den Weg stellen, da trat ich ihm mit Schwung in den Schritt. Seine Augen weiteten sich und er ging mit dumpfem Stöhnen zu Boden. Ich hüpfte über ihn und wollte lossprinten, da tauchte der Mann in der Weste vor mir auf. Als ich versuchte, ihm in den Bauch zu boxen, griff er mein Handgelenk und zog mich zu sich.
„Ruhig, es ist doch alles gut!“, sagte er. Ich trat nach ihm.
„Jonathan, hilf mir mal!“
Der Riese, den ich geschlagen hatte, kam herüber, eine Spritze in der Hand. Meine Augen weiteten sich. Sie würden mir Gift spritzen. Sie würden mich töten. Ich zappelte und trat heftiger als jemals zuvor.
Der mit dem Bart griff sich meine Beine. „Stillhalten!“, befahl er. „Wir wollen dich nicht verletzten!“
Der Riese nahm einen meiner Arme und stach zu. Ich spürte nichts. Ich ruckte und zuckte noch eine ganze Weile, dann begannen meine Gliedmaßen schwer zu werden. Ich wurde schläfrig und hörte die Stimmen der anderen nur noch als fernes Dröhnen. Schließlich schien es, als treibe ich in einem Meer aus Milch. Die Welt wurde glasig und träge. Ich wusste nicht, ob die Männer mich noch festhielten, es war mir egal. Ich lag irgendwo und sah die Frau aus dem Zimmer. Sie sah zusammen mit dem Bärtigen auf mich herab.
„Bringen Sie ihn in sein Zimmer zurück!“, sagte der Cordhosen-Mann, „Und schließen Sie die Tür ab!“