Ausschnitt aus dem Tag eines Hexenmeisters [Kurzgeschichte]

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 3.247 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. Dezember 2021 um 06:43) ist von Tarani.

  • Hab mich mal an ein Genre gewagt, das ich bisher so ganz ausgespart habe. Das humoristische Fantastische.
    Ich habe mich dagegen entschieden, dem Protagonisten einen Namen zugeben, gedanklich kann man das aber natürlich machen. Beispielhaft möglich wäre da so etwas wie Erdokhan.

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    Es war ein Tag wie jeder andere. Gelangweilt starrte der schwarzhaarige Mann die Wand an, die sich auf der gegenüberliegenden Seite der Halle empor streckte. Eine unnachgiebige dunkle Wand aus Granit. Er rutschte etwas auf seinem Sitz aus schwarzem Marmor herum, ehe er eine angenehmere Position fand.
    Warum war in dieser verdammten Festung eigentlich kein einziges Sitzkissen aufzutreiben? Er selbst hätte ja schon längst einen der gefangenen Elfen Textilarbeiten anfertigen lassen, aber nein, seine Berater mussten ja darauf bestehen, die Spitzohren in irgendwelchen Schmieden oder Steinbrüchen zu verheizen. Er bemerkte bereits, wie sein Rücken nach stundenlangem Sitzen auf diesem bescheuerten Thron zu schmerzen begann.
    Und das alles nur wegen der verflixten Traditionen. Was musste auch irgendein Hexenmeister vor ihm auf die unsägliche Idee gekommen sein, dass ein finsterer Herrscher sich nur mit Dunkelheit und Härte umgeben dürfe.
    Entnervt wedelte der Mann mit der Hand und pulverisierte den Ork vor sich. Die quiekende Stimme der Abscheulichkeit hatte ohnehin begonnen, ihn in den Wahnsinn zu treiben, während er sich alle Mühe gegeben hatte, den Bericht der Kreatur über irgendwelche Plünderungen in irgendwelchen unbedeutenden Menschensiedlungen zu überhören.
    Das war noch so ein Punkt. Warum durfte ein Bösewicht sich nur mit Gefolgsleuten umgeben, die mindestens dreimal so hässlich waren?
    Eigentlich käme ihm jetzt so ein selbsternannter Held gelegen, mit dem er sich amüsieren könnte. Der letzte, den er in den Staub getreten hatte, war bestimmt schon siebzig Jahre her. Ach, das waren noch Zeiten. Damals hatte es noch echte Kämpfe gegeben. Und Gelage, und weichere Throne, und vierlagiges Toilettenpapier.
    Wehmütig betrachtete er das überlebensgroße Wandgemälde seiner selbst, das, in einen stilvollen Mantel - natürlich schwarz - gehüllt, auf der Schädelpyramide erschlagener Feinde thronte. Kurzerhand beschloss er, dass die zwei Dutzend verbleibenden Orks, die sich bemüht unauffällig an den Wänden der Halle drückten, dieses Anblicks nicht würdig waren. Und da er als ordentlicher Hexenmeister auf fiese Beschlüsse ja auch Taten folgen lassen musste, verfeinerten vierundzwanzig magische Blitze später ebenso viele angekokelte Leichen das Aroma des Thronsaals.
    Mit sich und der Welt im Reinen, stand der unangefochtene dunkle Herrscher von seinem unbequemen Thron auf und schritt majestätisch durch die Halle. Es gab doch nichts besseres, als sich im Glanze der eigenen Macht zu sonnen.
    Am anderen Ende angekommen, ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen und schüttelte angesichts des Chaos missbilligend den Kopf. Er würde wohl denjenigen, der für die Reinigung des Thronsaals zuständig war, töten müssen. Hier war ja alles voller Asche und verbrannter Orkleichen.
    Aber das musste wohl noch ein Weilchen warten, denn seine innere Uhr sagte ihm, dass es inzwischen kurz vor Mitternacht sein musste. Also höchste Zeit um einer weiteren Tradition Folge zu leisten, sich unter das Volk zu mischen und ein wenig den verrückten bösen Herrscher zu mimen. Ein zartes Lächeln erfasste die – natürlich schwarzen – Lippen des Hexenmeisters, denn er liebte Rollenspiele.

    :wizard:

    Einmal editiert, zuletzt von Kelamith (16. Juli 2016 um 23:34)

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    Was musste auch irgendein Hexenmeister vor ihm auf die unsägliche Idee gekommen sein, dass ein finsterer Herrscher sich nur mit Dunkelheit und Härte umgeben dürfe.

    kommen

    Der letzte, den er in den Staub getreten hatte, war bestimmt schon 70 Jahre her.

    ausschreiben

    Wehmütig betrachtete er das überlebensgroße Wandgemälde seiner selbst, das, in einen stilvollen Mantel - natürlich schwarz - gehüllt, auf der Schädelpyramide erschlagener Feinde thronte.

    auf dem er (sonst bezieht sich der Rest des Satzes auf das Gemälde und nicht auf sein Abbild)

    Kurzerhand beschloss er, dass die zwei Dutzend verbleibenden Orks, die sich bemüht unauffällig an den Wänden der Halle drückten, dieses Anblicks nicht würdig waren.

    verbliebenen, die Wände

    Mit sich und der Welt im reinen, stand der unangefochtene dunkle Herrscher von seinem unbequemen Thron auf und schritt majestätisch durch die Halle

    groß?

    Es gab doch nichts besseres, als sich im Angesicht der eigenen Macht zu sonnen.
    Am anderen Ende angekommen, ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen und schüttelte angesichts des Chaos missbilligend den Kopf.

    Wiederholung

    Aber das musste wohl noch ein Weilchen warten, denn seine innere Uhr sagte ihm, dass es inzwischen kurz vor Mitternacht sein musste.

    Wiederholung

    Ich hab an einigen Stellen gut lachen müssen :thumbsup: , auch wenn ich mit den Orks gleich Mitleid hatte...
    Trotzdem fühle ich mich ein wenig an den Hexenmeister aus Alos Lichtbringer erinnert (von dem ich ein großer Fan bin)...
    Mag am gleichen Titel liegen und daran, dass man Bösewichter so schön durch den Kakao ziehen kann. ;)

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

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    ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen und schüttelte angesichts des Chaos missbilligend den Kopf.

    Ich bin mir leider nicht ganz sicher, aber ich glaube hinter Chaos muss muss ein Apostroph wegen dem "des" davor. Wie gesagt bin mir aber nicht sicher. :hmm:

    Was noch verändert werden müste, hat melli schon erwähnt. ^^

    Ansonsten bin auch ich hellauf begeistert von der kleinen Story! XD :thumbup:

    Der Schlüssel zu einer fremden Welt ist das Lesen...
    ...die Tür zu ihr ist das Buch...
    ...das Land dahinter sind die Wörter...
    ...und der Weg dahin sind meine Gedanken und meine unendliche Phantasie.

  • Danke euch beiden für eure Rückmeldungen ^^

    kommen
    Bist du sicher? Die ganze Geschichte ist ja im Präteritum, demzufolge müsste die Vergangenheit in der Geschichte ja im Plusquamperfekt stehen.

    Wiederholung
    Liegt leider an der Zeitform. Wüsste nicht, wie ich das umgehen sollte und dabei den Sinngehalt aufrecht erhalte.

    Ich bin mir leider nicht ganz sicher, aber ich glaube hinter Chaos muss muss ein Apostroph wegen dem "des" davor. Wie gesagt bin mir aber nicht sicher.

    War mir selber unsicher. Habs nachgelesen, Duden sagt nein.

  • Moin!

    Ich hol die Geschichte mal zurück xD

    Dem Genre bist du wirklich gerecht geworden, ich hab mich köstlich amüsiert. Vor allem ist es dir gelungen, Sympathie und Mitgefühl für den bösen Hexenmeister zu wecken. Der Ärmste. Kein Kissen unterm Hintern und noch nicht mal vierlagiges Klopapier! Wie kann die Welt so grausam sein!

    Eine Stelle hat mich ein wenig irritiert:

    Wehmütig betrachtete er das überlebensgroße Wandgemälde seiner selbst, das, in einen stilvollen Mantel - natürlich schwarz - gehüllt, auf der Schädelpyramide erschlagener Feinde thronte.

    Mir ist klar, dass das Gemälde ihn im Mantel zeigt, aber die Formulierung klingt so, als sei das Gemälde selbst in einen Mantel gehüllt ...

    Das ist aber auch das Einzige, was ich zu meckern habe.

    Ich hatte sehr viel Vergnügen an deiner kleinen Geschichte!

    LG

    Tarani