Der Sinn des Lebens

Es gibt 460 Antworten in diesem Thema, welches 123.997 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. Januar 2020 um 15:16) ist von RenLi.

  • Hallu RenLi :) hier ein kleines Feedback von jemanden, der nicht so gut darin is :x

    alles gelesen bisher °-°

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    der Prolog is ziemlich mysteriös und was der mit der Geschichte zu tun hat is mir nach wie vor nicht schlüssig :x sone Prologe mag ich persönlich nicht, auch wenn er gut geschrieben war xD
    allerdings hat sich ja aus den kommis irgendwo mal ergeben dass das der Vater war, der entführt wurde... hm... ich bin ein schlechter detektiv q.q

    zu lesen wars bis auf eine Sache alles sehr gut, habs regelrecht verschlungen mit den Augen :P
    allerdings hats länger gedauert als erwartet (1 woche), weil ab dem Moment wo Edwin ins Waisenhaus kam wurde es irgendwie öde und schnöde und ka....las sich sehr zäh D: und hatte einiges an Motivation gekostet da durch zu kommen (4 Tage) o.o

    Jakob, Edwin und Richard gefallen mir sehr gut als Charaktere, wobei der bisherige Stand Richard > Edwin > Jakob is xD also haben mir die Teile mit Richard am besten gefallen :3

    Jakob is irgendwie doof, weil er nich mit Mädels umgehen kann und immer so schnell zornig wird irgendwie im Umgang mit ihnen. Ewdin is total naiv, aber niedlich. Andererseits kann einen die Naivität mit der er an den Tag geht von Zeit zu Zeit auch nerven x.x
    Richard wirkt am sympathischsten, auch wenn er ein ziemlicher Trauerkloß war (verständlich). aber er hat sich halt wieder aufgerafft und lebt sein Leben. Seine Gefühlswelt zu erleben macht Spaß xD

    so.. ich stückel mal ein bisschen zusammen xD sprich überflieg alles kurz und lass ein paar Gedanken zu verschiedenen Teilen da x.x

    Über die Gnosis und deren Glauben zu lesen war ziemlich trocken, aber trotzdem sehr interessant, das hatte es wieder wett gemacht :o

    Das es angekündigt düsterer wurde, kann ich bestätigen. Ein bisschen wenig Action, für meinen Geschmack, aber düster wars xP

    Ziemlich süß wie sich Richard in Sessilia verguckt °-° wobei Sessilia nicht grade ein Name is, den ich mir persönlich merken kann :x

    Hätte nicht gedacht, dass Edwin tatsächlich jagen geht. Hab dann erwartet dass diese kleinen Helfer sterben oder ihm Signale geben, dass das böse war xD

    Dieses vorherige Leben von Edwin mit Anastasia, das ganze ist irgendwie ... krass O.o und dass er sich erinnert... und auch andere Leute wiedererkennt :O

    Und da denkt man mal Richard is der Auserwählte und dann war er nur der Diligo... oder wie der hieß... pfff xD

    btw Gilbert der Brummelbär is auch recht Sympathisch. Nur wenn er zwischen seinen Persönlichkeiten hin und her zwitscht, das is dann irgendwie... komisch xD weil er plötzlich freundlich is o.o *grusel*

    Und ich finde die können mit Edwin echt nicht umgehen im Waisenhaus. Der gehört da nicht hin <.<
    Ein Badass Edwin, der ausm Wald zurückkehrt wäre ein ziemlich starke Wendung... hm...

    Jakobs plötzlicher Entschluss doch wieder nach Lux zu reisen kam ja doch etwas... plötzlich O.o
    nachdem er sich so vehemend dagegen gewehrt hatte D:

    Und Devi... Devi war am anfang irgendwie total Tsundere, was ich irgendwie mochte, aber jetzt wo sie zum halben Dämon wurde is sie gaaanz gewaltig abgerutscht bei mir o.o

    Und dass er nu urplötzlich doch in Asha verliebt war.. kann man machen, traf mich aber kalt von hinten D: fand ich nich so toll xD

    tjaaa, mehr fällt mir im Moment nicht ein xD

    lg Kramurx

  • Hallo zusammen
    Danke fürs Ausharren, nun kommt doch tatsächlich der letzte Teil dieses Kapitels, der Abschied findet seinen Abschluss :)

    Schön einen neuen Leser begrüssen zu dürfen! @Kramurx, da hast du dich ja echt ins Zeug gelegt und einen Lesemarathon hingelegt!

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    @Kramurx
    Cool, dass du alles so in einem Rutsch gelesen hast - eine Woche ist doch echt super! Es hilft ab und zu ein Feedback zu bekommen, das einen Gesamtüberblick kommentiert.
    Ja, der liebe Prolog, oder allgemein, der liebe Anfang. Damit bin ich noch nicht so ganz zufrieden. Die Zeitwechsel sind verwirrend und der Prolog passt nicht ganz zum Rest der Geschichte. Das werde ich noch ändern. Allerdings werden das ziemlich weitgreifende Verädnerungen werden, daran wage ich mich aber erst später, wenn ich mir mehr im Klaren darüber bin, was ich alles neu reinnehmen möchte. Zum beispiel werde ich nicht wie bisher mit Richard beginnen, sondern mit Jakob :) Das wird ein grösseres Überarbeitungsprojekt und muss noch etwas warten. Im Moment konzentriere ich mich mal auf's Weiterschreiben.
    Im Vergleich zu Richard und Edwin ist Jakob tatsächlich härter. Wie du sagst, wird er schnell wütend und so. Da ich selbst nicht so viel Ahnung vom Wütend sein habe, liegt mir sein Charakter nicht so sehr wie die anderen, aber ich finde es wichtig, unterschiedliche Charaktere in meiner Geschichte zu haben - selbstverständlich muss man auch nicht alle gleich mögen. Ich mag Jakob zwar trotz seiner Macken - Macken haben natürlich alle drei, da geht mir Richard schon eher mal auf n Keks, wenn er in seinem Selbstmitleid versinkt und ja, Edwins Naivität kann auch mal nerven, wie du sagst, so haben alle ihre Eigenheiten.
    Anfänglich wollte ich Jakob eigentlich noch etwas 'verkommener' beschreiben. Als guteaussehenden Frauenheld, der mit jeder mal was hat, der sich schnell in Streitereien verwickeln lässt, ein richtiger Krieger, der sich besäuft und so weiter. Aber ich glaub, er ist doch einfach zu süss, als dass ich ihn allzuweit auf diesen 'Abwegen' wandern lassen könnte. Irgendwie schafft er es doch immer, sich zu entschuldigen und bei seinem Streit mit Gansesha hat sogar er das Eis geborchen und den Streit versiegen lassen und nicht Ganesha - weiss nicht, ob das jemandem aufgefallen ist. Grundsätzlich will er sich nicht mit Menschen streiten, vor allem, wenn sie ihm nahe stehen.
    ^^ ich merk grad, dass ich wieder voll dabei bin, meine lieben, süssen Charaktere in Schutz zu nehmen. Wie schon Devi. Natürlich geht es nicht darum, aber ich mag sie halt alle, auch wenn sie mal stänkern. :D aber wie gesagt, niemand muss sie mögen. nur gut, dass sie sich alle noch entwickeln können, oder müssen...
    Die Frage, ob die Stellen mit den Ausführungen über Glaubensformen trocken sind, ist immer wieder präsent. In weiteren Überarbeitungen werde ich versuchen, diese aufzulockern. Ist gar nicht so einfach, aber es gab schon viele Rückmeldungen, dass diese harzig sind.

    Hätte nicht gedacht, dass Edwin tatsächlich jagen geht. Hab dann erwartet dass diese kleinen Helfer sterben oder ihm Signale geben, dass das böse war xD

    das ist ein guter Einwand. Über die Zeit im Wald hab ich tatsächlich auch nur sehr wenig geschrieben. Ich werd mich da nochmals dranhocken müssen. Die Reaktion der kleinen Helfer einzubeziehen ist eine super Idee!

    Und da denkt man mal Richard is der Auserwählte und dann war er nur der Diligo... oder wie der hieß... pfff xD

    Hihii, es ist zwar ein bisschen fies, aber ich mag es, den Leser an der Nase herumzuführen oder im Dunkeln tappen zu lassen. Dann die Auflösung zu bringen und alles ist anders als gedacht, das liebe ich in Romanen. Es soll ja nicht zu vorhersehbar sein :evil::saint:

    Jakobs plötzlicher Entschluss doch wieder nach Lux zu reisen kam ja doch etwas... plötzlich O.o
    nachdem er sich so vehemend dagegen gewehrt hatte D

    das werd ich noch besser einleiten. Ist tatsächlich nicht so realistisch. Und den Badass Edwin streich ich, hab anderes mit ihm vor. In der Zeit, in der ich an Jakob geschrieben habe, hab ich auch am Rest weitergeschreibselt, jedenfalls in meinem Kopf. Da gibt es noch einiges zu tun, am liebsten würd ich an allen Charas gleichzeitig weiterschreiben :D und euch mit neuen Posts bombardieren - nur leider fehlt die liebe Zeit.

    Und Devi... Devi war am anfang irgendwie total Tsundere, was ich irgendwie mochte, aber jetzt wo sie zum halben Dämon wurde is sie gaaanz gewaltig abgerutscht bei mir o.o

    Und dass er nu urplötzlich doch in Asha verliebt war.. kann man machen, traf mich aber kalt von hinten D: fand ich nich so toll xD

    hmmmm. auch auf Asha werd ich wohl noch ein paar Hinweise geben müssen, damit das nicht so plötzlich kommt. Vielleicht als Erklärung, weshlab das für mich Sinn macht: Jakob hat total den Schwester-komplex. Er fühlt sich bei ihr geborgen und unbewusst an seine Schwester erinnert. So im sinne von Ödipus-Komplex, wo sich der Junge in die Mutter und das Mädchen in den Vater verliebt. Rosalie war für Jakob eine Mutter-Figur, welche er bei seiner echten Mutter nicht hatte. Er ist aber auch nicht so krass in Asha verliebt, mehr so halt jugendlicher Eifer-mässig. Das ist für einen Moment lang tragisch, geht aber wieder vorbei. Zuvor war er ein bisschen verliebt in Emilie, die vom Charakter eher an Devi erinnert. Mit diesem Mädchen-Typ hat er eine Art Hass-Liebe-Beziehung, die ihn zwar aufregt, aber auch anzieht.
    Dass Devi besessen ist, wird für den Rest der Geschichte noch wichtig werden. Allerdings ist nicht ihr ganzer Charakter von diesem bösen Geist oder Dämon bestimmt. Ihre - wie du sagst - Tsundere-Art kommt von ihr, nicht vom Dämon. Bisher ist auch noch gar nicht ganz klar, was so sein Dämon/böser Geist eigentlich ist. Das wird sich erst viel später noch wirklich zeigen, denn weder die Vorstellungen der Gnosis, noch die Vorstellungen der Spielleute sind ganz treffend.

    Danke nochmals, dass du deine Gedanken geteilt hast! Ich hoffe, du liest weiter! Wär cool :D


    @Tariq ist voll süss, dass Ganesha dir so gefällt! Ich mag ihn auch, auch wenn er vielleicht etwas idealisiert ist. Ich stell ihn mir ein bisschen wie Winnetou vor. Der reine Wilde oder so ähnlich, mit langen dunklen Haaren, die im Wind wehen, wie er auf seinem Pferd reitet ohne Sattel und Zaumzeg, mit Federn in den Haaren. Ich mag aber vor allem die Beziehung zwischen Jakob und ihm. Sie sind meine Blutsbrüder oder eben Brüder im Geiste, obwohl sie von ganz anderen Kulturen kommen.

    Jakob, Abschied (564 n. Rh.) Teil V
    Jakob gähnte herzhaft. Obwohl Ganesha und er irgendwann doch noch eingeschlafen waren, war er heute hundemüde. Ein gemütliches Frühstück schien ihm jedoch niemand gönnen zu wollen, alle waren in Eile, letzte Vorbereitungen wurden getroffen und die Spielleute, die sich auf Wanderschaft begaben, packten ihre wichtigsten Habseligkeiten zusammen.
    Jakob schaufelte sein Frühstück in sich hinein, während Prema ihm noch einmal erklärte, wie er sich bei der bevorstehenden Abschiedszeremonie zu verhalten hatte. Jakob schwirrte bereits der Kopf, der Alkohol vom Vorabend machte sich bemerkbar. „Warum muss es so kompliziert sein?“, meckerte er und spülte die letzten Essensreste mit Wasser hinunter.
    „So schwierig ist das doch nicht“, entgegnete sie. „Und wenn du mal den Faden verlierst, schau einfach links oder rechts. Wir anderen wissen wie der Hase läuft.“
    Jakob nickte. Darauf würde er sich verlassen müssen, denn sein Gehirn war heute früh ganz und gar nicht aufnahmefähig. In den wenigen Stunden, in welchen er geschlafen hatte, war er von wirren Träumen verfolgt worden. Er konnte sich zwar nicht mehr an deren Inhalt erinnern, jedoch hatten sie einen üblen Nachgeschmack und ein Gefühl der Beklommenheit bei ihm hinterlassen.
    Endlich war alles bereit, die Pferde und Esel bepackt, alle hatten sich voneinander verabschiedet. Devi hatte sich nicht blicken lassen, doch Jakob war sich nicht sicher, ob sie womöglich noch immer im Zelt der Stammesmutter schlief.
    Am nördlichen Rand des Lagers versammelte sich die gesamte Gemeinschaft der Anchin. Wie besprochen stellten sich die Abreisenden mit dem Rücken zum Stamm in einer Reihe nach auf, blickten gegen Süden, in welchen sie bald ziehen würden. War das dort in der Ferne der Flusslauf, welcher die Grenze zu Lux darstellte? Jakob war sich nicht sicher.
    Ein Signalhorn ertönte, der lange, durchdringende Ton ließ Jakobs Brust vibrieren. Shaukat, der Schamane, stimmte einen eigentümlichen Singsang an, der Geruch von verbrannten Kräutern stieg Jakob in die Nase. Trommelklänge setzten ein, hin und wieder erklang das wehleidige Säuseln einer Flöte. Mit jedem Ton des Signalhorns traten die Ausziehenden einen Schritt nach vorne, wobei sich der Abstand zum Stamm vergrößerte. „Dies ist das Zeichen dafür, dass euer Weggehen von den Ahnen, den Geistern und vom gesamten Stamm begleitet wird“, hatte Prema ihm erklärt.
    Mit einem Schlag verstummten die Geräusche, die eintretende Stille wurde nur vom gelegentlichen Schnauben eines Pferdes und vom Wehen des Windes durchbrochen. Schweigend warteten sie, die Blicke der anderen auf den Rücken spürend. Als sich die Stille in die Länge zog, linste Jakob zu Shiv hinüber, der neben ihm stand. Unbewegt stand dieser da, sein Gesicht vermochte er aus dem Augenwinkel nicht zu erkennen. Was wohl in ihm vorging? Ob er traurig war, Asha und seine Familie zurückzulassen?
    Ein gellender Ruf durchbrach seine Gedanken und Jakob bemühte sich, Shiv möglichst schnell auf den Boden zu folgen. Flach legte er sich auf den Bauch in den Staub der Steppe. „Dies ist ein Zeichen für die Verbundenheit mit der Erde, welche unser wahres Zuhause ist, wo auch immer wir uns befinden“, klangen Premas Worte in Jakob nach.
    „Die Steppe ist das Land unserer Ahnen, hier wohnen die Geister im Zeichen der Anchin, hier hin werden wir zurückkehren“, sprachen sie gemeinsam, dann erhoben sie sich wieder.
    „Deinen Geist rufe ich zurück, Prema, geliebte Schwester“, erklang die Stimme eines Spielmannes.
    Jakob wusste, dass Prema sich nun zum Stamm hin umdrehen und zu ihrem Bruder im Geiste gehen durfte. Dieses Ritual beschrieb die bleibende Verbindung zum Stamm, zu welchem die Ausziehenden zurückkehren sollten. Einer nach dem anderen wurde von seinem Geistbruder oder der Geistschwester heimgerufen und Jakob wartete mit wachsender Ungeduld, bis auch Ganesha das Wort an ihn richten würde. „Deinen Geist rufe ich zurück, Jakob, mein geliebter Bruder“, hörte er endlich Ganeshas Stimme.
    Nervös drehte er sich um und blickte der versammelten Gemeinschaft entgegen. Das ohnehin schon bunte Völkchen sah heute besonders farbenfroh aus. Viele hatten sich mit Farbe Verzierungen auf Gesicht und Arme gemalt und bunte Bänder in die Haare geflochten. Ein paar Schritte vor der versammelten Menge stand Ganesha. Mit dem rechten Arm zeigte er direkt in den Himmel hinauf. Jakob wusste, dass er damit die Verbindung zu ihm symbolisierte. Die Handfläche zeigte auf Jakob, sie rief ihn heimwärts. In gebührender Langsamkeit hob nun Jakob seine linke Hand und bewegte sich auf seinen Geistbruder zu. Zu Ganeshas Linken knieten die Paare, die sich bereits gefunden hatten. Bewegungslos verharrten sie, während Jakob auf Ganesha zuschritt und schließlich dicht vor ihm stehenblieb. Er blickte in Ganeshas dunkle Augen und musste sich zwingen, nicht wegzusehen. Selbst mit seinem Blick schien Ganesha ihn an sich binden zu wollen.
    Bin ich nun an der Reihe, etwas zu sagen?, fragte sich Jakob. Ihre Handflächen berührten sich. „Ich habe deinen Ruf gehört und bin zurückgekommen“, sagte Jakob.
    Sie senkten die Hände und legten sie dem jeweils anderen auf die Schulter. „Wie weit auch immer du dich entfernen magst, solltest du selbst den Tod in der Ferne finden, ich werde deinen Geist rufen und er wird mich hören. Damit er zurückfinden kann in den Stamm, der deine Heimat ist.“
    Jakob musste schmunzeln. Ganesha hatte den Text ein wenig abgeändert. Normalerweise würde es heißen: „Damit er den Weg zu seinen Ahnen zurückfinden kann.“ Da Ganesha jedoch wusste, dass Jakob sicherlich nicht zu seinen Ahnen zurückkehren wollte, hatte er diesen Teil für ihn angepasst.
    Ganesha drehte sich zu einem Feuerbecken um. An den Flammen entzündete er eine Fackel. „Dieses Licht begleitet dich auch über den Rand der Erde hinaus und in der tiefsten Finsternis weist sie dir den Weg nach Hause.“ Er steckte sie neben sich in den Boden.
    Nun kommt der Teil mit der Feder, dachte Jakob und zog seine aus seinem Hosenbund hervor. Lange hatte er gesucht, bis er eine gefunden hatte, die seiner Meinung nach zu Ganesha passte. Er senkte den Kopf, während sein Freund ihm die seine in den kurzen Haaren befestigte, dann flocht Jakob ihm seine ins Haar. Dieser Austausch besiegelte ihren Bund. Die Feder, als Symbol für den Geist, der wie ein Vogel frei zu fliegen vermag, sollte die Verbindung von Geschwistern im Geiste aufrecht erhalten.
    Überzeugend echt ahmte Shaukat den Ruf eines Adlers nach, woraufhin die zwei jungen Nomaden in die Knie sanken. Mit wedelndem Adlerflügel tanzte der alte Schamane um die beiden herum, fächerte ihnen Rauch ins Gesicht und beendete das Ritual mit einem weiteren Adlerschrei.
    Ganesha legte seine Stirn an die Jakobs. „Ich bringe dich sicher wieder nach Hause, verlass dich auf mich“, flüsterte er.
    Jakob schluckte trocken. „Ich verlass mich drauf.“
    In dieser Position verharrten sie, bis auch die übrigen Paare das Ritual vollendet hatten. Die Zeit schien unendlich langsam zu verstreichen, doch endlich ertönte wieder das Signalhorn. Mit steifen Gliedern erhoben sich die neuen Geschwister. „Mach dir keine Sorgen – und kümmere dich um Devi“, sagte Jakob noch, dann drehte er sich um und schritt mit den anderen gegen Süden. Nun kam die letzte Prüfung. Und nach dem, was am Vorabend geschehen war, war er sich nicht sicher, ob er sie bestehen würde. Sie alle mussten ihr Pferd herbeirufen. Wenn es kam, durften sie gehen, wenn es dem Ruf seines Reiters jedoch nicht folgte, dann galt dies als ein schlechtes Omen und der Reiter musste beim Stamm bleiben. Normalerweise kommt sie auch ohne dass ich sie rufe, dachte Jakob. Immer außer gestern.
    „Venja!“, rief er nun laut. Die Stute war nicht weit entfernt, bereits gesattelt und bepackt mit dem Nötigsten für die Reise. Er wusste, dass sie ihn hören konnte, doch würde sie kommen? Oder war es doch besser für ihn, hier zu bleiben?
    Jakob sah, wie Shiv seine braune Stute begrüßte, die ohne zu zögern seinem Ruf gefolgt war. Ich überlasse die Entscheidung dir, wenn du denkst, wir sollten gehen, dann komm, beschwor Jakob die Stute. Erst passierte nichts und Jakob dachte schon, sie würde ihn im Stich lassen, doch dann spürte er ein sanftes Stupsen an seinem Hinterkopf. Erschrocken drehte er sich um. „Ist das deine Art von Humor?“, fragte er Venja, die ihm ihren warmen Atem ins Gesicht pustete. „Das heißt wohl, wir gehen“, stellte er mit gemischten Gefühlen fest.
    „Nun komm schon Jakob, keine Sentimentalitäten beim Aufbruch“, rief Raj und Jakob bemerkte, dass die anderen bereits auf ihren Pferden saßen.
    „Ich würde euch auch mit Vorsprung einholen“, entgegnete Jakob und schwang sich auf Venjas Rücken.
    Die Gruppe setzte sich in Bewegung, Jakob schaute zurück auf seine Familie, vorneweg Ganesha, der aufrecht stand und ihm hinterher blickte. Ich komme zurück!

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Wow! RenLi, was für ein cooler Teil :thumbsup: Mir fehlen die Worte...was wohlgemerkt nicht sehr oft passiert. Aber ich finde, dieses ganze Abschiedritual und die Stimmung drumherum hast du ausgezeichnet eingefangen.

    Ganesha legte seine Stirn an die Jakobs. „Ich bringe dich sicher wieder nach Hause, verlass dich auf mich“, flüsterte er.
    Jakob schluckte trocken. „Ich verlass mich drauf.“

    Ohhhh...ist das schööööön! Hier habe ich gerade beim Lesen eine Gänsehaut bekommen ^^ Nach diesem ganzen stimmungsvollen Ritual ist das echt der krönende Abschluss gewesen.

    Obwohl ich auch das Detail mit dem Pferd am Ende noch sehr schön fand...einen kurzen Augenblick spannst du den Leser damit zumindest noch auf die Folter, da es ja doch noch sein könnte, dass Venja ihn im Stich lässt.

    Also, ich bin begeistert :) Und freue mich schon auf den nächsten Teil...

    LG,
    Rainbow

  • @Rainbow hat schon alles gesagt, @RenLi, dem hab ich nichts mehr hinzuzufügen. ;(
    Sehr schön geschrieben, obwohl ausführlich, war es doch keine Sekunde lang zäh oder gar langweilig. Im Gegenteil. Ich hätte noch zehn Seiten so weiter lesen können.
    So. Du hast Ganesha gehört. Bring die beiden also wieder zusammen. Und - lebend bitte. :thumbup:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Hallo zusammen
    Danke für eure aufbauenden Rückmeldungen!!!

    Den nächsten Abschnitt habe ich - geistreich wie ich bin - 'Unterwegs' benannt. Dieser Titel wird sich hoffentlich noch ändern...
    Jakob ist nun übrigens 15 Jahre alt. Richard 14 und arbeitet bereits in Uriels Bart bei seinem 'Onkel' Theodor und Edwin ist 9 und mit Gilbert im Wald unterwegs...


    Jakob, Vorahnungen (564 n. Rh.) Teil I

    Unter stahlblauem Himmel bewegte sich der Reitertrupp der Spielleute weiter östlich am Lauf des Grenzflusses zu Lux hinauf. Bald fanden Prema und Shankar die Stelle, an welcher das Passieren des Flusses ungefährlich war. Shankar, welcher der Älteste der Gruppe war und weitaus am meisten Reisen nach Lux unternommen hatte, trieb sein Pferd den anderen voran in das strömende Wasser hinein. Beunruhigt beobachtete Jakob, wie das Tier folgsam einen Schritt nach dem anderen tat. Bald waren seine dünnen Beine zur Hälfte mit Wasser umspült. Die wissen, was sie tun, sagte er zu sich, doch seine eigene Erfahrung mit diesem Fluss wollte sich nicht aus seinem Bewusstsein dängen lassen. Unruhig richtete er sich im Sattel auf, als der Bauch des Pferdes mit dem Wasser in Berührung kam. Inzwischen waren Kamal und Lal dem Älteren bereits gefolgt. Scherzend streckten sie ihre Füße in die Luft, damit diese bei der Überquerung nicht nass wurden. „Sie könnten stürzen“, stieß Jakob aus, als sie begannen, sich aus Spaß Gegenstände zuzuwerfen.
    „Soll das eine Herausforderung sein?“, rief Raj den beiden zu.
    Ganz offensichtlich störte sich außer Jakob niemand an den Albernheiten der zwei Männer. Im Gegenteil: Raj, der sein Pferd gerade in die Mitte des Flusses lenkte, kniete bereits auf dem Sattel und war im Begriff aufzustehen. „Du kannst beruhigt sein, die machen das oft. Shankar ist bereits auf der anderen Seite, siehst du?“, bemerkte Shiv und deutete auf die andere Seite.
    Jakob atmete tief durch. Shiv hatte recht, der Spielmann war unbeschadet auf dem Trockenen angekommen und auch Lal und Kamal erreichten gerade das Ufer. Um nicht weibisch zu wirken, verkniff Jakob sich einen weiteren Kommentar. Stattdessen gab er Venja zu verstehen, dass sie Premas Pferd in die Fluten folgen sollte. „Du bist schließlich ein Wunderpferd, da kann nichts schiefgehen“, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Ungewohnt steif saß Jakob im Sattel, während unter ihm das Wasser vorbeifloss. Keinem anderen Pferd hätte er diese Aufgabe anvertraut als Venja. Im Gegensatz zu ihm blieb die Stute wunderbar ruhig. Gemächlichen Schrittes bewegte sie sich in das tiefere Gewässer hinein, Jakob zog die Füße an. Es wäre nun ein Leichtes gewesen, die Oberfläche zu berühren, doch Jakob wagte es nicht, die Hände von Venjas Mähne zu lösen. Die anderen machen das ohne jegliche Mühe, nur klopft das Herz bis zum Hals, dachte er vergrault. Als er endlich die gegenüberliegende Seite erreichte, waren seine Hände schweißnass. „Du siehst aus, als hättest du einen bösen Geist gesehen“, witzelte Raj. „Soll ich dir das Gesicht tätscheln? Es sieht aus, als wäre es eingefroren.“
    „Lass das!“, entgegnete Jakob und duckte sich unter dem ausgestreckten Arm des Tänzers hinweg. „Wenn du dich mit mir anlegst, landest du schneller im Fluss als dir lieb ist.“
    Soweit Jakob wusste, war Raj kein besonders begnadeter Kämpfer, zumindest hatte er ihn noch nie mit einer Waffe in der Hand gesehen. Dafür aber musste sich Jakob eingestehen, dass er ein hervorragender Tänzer war.
    Raj grinste. „Ich habe gehört, Chandan hätte einen recht passablen Kämpfer aus dir gemacht. Mal sehen, ob du Ganesha irgendwann das Wasser reichen kannst…“
    Jakob schnaubte. Erst vor kurzem hatte er wieder ein paar harte Hiebe seines Freundes einstecken müssen. Aber wenigstens hatte auch Ganesha ein paar Treffer einstecken müssen. „Das könnte eher geschehen, als du es dir vorstellen kannst“, behauptete Jakob kühn. „Ich werde während der Reise so viel trainieren wie möglich.“
    „Falls du eine Trainingspartnerin brauchst, stehe ich dir gerne zur Verfügung“, anerbot sich Khanna.
    Überrascht drehte sich Jakob zu der feingliedrigen Frau um, die sich in das Gespräch eingemischt hatte. Sie war bestimmt fünf Jahre älter als er, allerdings kleiner und von sehr schmaler Gestalt. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie während eines Übungskampfes gesehen zu haben. „Ich wusste gar nicht, dass du kämpfst“, sagte er verwundert.
    Sie lachte. „In letzter Zeit hatte ich nicht viel Gelegenheit zum Üben. Ich habe mehr Zeit mit Tanzen und Feuerkunst verbracht. Aber es täte mir gut, wieder mehr Zeit für Kampfkunst aufzuwenden. Vielleicht können wir sogar Shiv dazu überreden, dass er uns Gesellschaft leistet. Er war früher einer meiner liebsten Partner.“
    Verdutzt schaute Jakob sich nach Shiv um. Er war der Letzte, der den Fluss noch nicht überquert hatte. „Shiv kann kämpfen? Ich dachte er interessiert sich nicht dafür.“
    „Er ist leider an die Tänzer verloren gegangen“, mischte sich nun auch Rahul ins Gespräch.
    „Was heißt hier verloren gegangen? Er ist ein Gewinn für unsere edle Kunst“, warf Raj dazwischen. „Auch wenn er nicht an meine Fähigkeiten herankommt.“
    „Na klar, wir wissen alle, dass du der Beste bist“, antwortete Rahul und boxte Raj freundschaftlich in den Oberarm.
    „Ich wäre ja gerne bescheidener, aber man muss den Tatsachen nun mal ins Auge sehen“, grinste Raj schelmisch.
    Jakob konnte das übertriebene Getue von Raj manchmal wirklich nicht ausstehen, auch wenn er nicht glaubte, dass er alles ernstmeinte, was er von sich gab. Es nervte ihn trotzdem.
    „Los geht’s! Wir sind vollzählig“, erinnerte Shankar die versammelten Anchin.
    Gemeinsam mit Prema ritt er voraus. Khanna gesellte sich Shiv, worüber Jakob froh war. Er schlug sich nicht gern mit Mädchen. Sie waren viel zu zerbrechlich, als dass er richtig mit ihnen kämpfen konnte. Er wusste zwar inzwischen, dass die Frauen des Nomadenstammes von anderem Format waren, als die aus Lux. Aber wirklich wohl fühlte er sich in einem Zweikampf mit Frauen noch immer nicht. Er zog es vor, sich mit anderen Jungen zu prügeln, am liebsten mit Ganesha.
    Schon wenige Stunden später erspähten sie von Weitem eine erste Siedlung. „Da machen wir Halt. Mal sehen, ob wir willkommen sind“, wies Prema an, die mit Shankar zusammen die Gruppe anleitete.
    Doch als sie näherkamen, mussten sie feststellen, dass die Häuser unbewohnt und verwüstet waren. „Was für ein trauriger Anblick“, stellte Shiv fest. „Weißt du, was das zu bedeuten hat, Jakob?“
    „Wenigstens sind keine Toten hier“, gab Jakob trocken zur Antwort. „Wahrscheinlich konnten die Menschen früh genug fliehen.“
    „Wovor?“
    „Banditen.“ Jakob war froh, dass er sich nicht mehr allzu genau an die Vorkommnisse aus jener Zeit vor zwei Jahren erinnern konnte. „In dieser Gegend sind die Menschen sehr arm, sie können sich nicht wehren.“
    Bedrückt streiften sie zwischen den Häusern hindurch, ohne ein Lebenszeichen zu finden. „Wir werden trotzdem hier übernachten. Es ist besser als an einem ungeschützten Ort“, meinte Shankar. „Vielleicht finden wir irgendwo noch Lebensmittel.“
    „Ist das dein Ernst? In dieser Geisterstätte willst du bleiben? In Häusern habe ich mich noch nie wohlgefühlt. Ich schlafe lieber in meinem Zelt“, protestierte Kamal.
    Die meisten stimmten ihm zu. „Nun gut, dann schlagen wir unser Lager etwas abseits auf“, gab Shankar nach. Also ritten sie noch ein Stück weiter. In dieser Gegend unterschied sich das Land noch nicht groß von der Steppe jenseits des Flusses, doch in der Ferne konnten sie bereits erste Wälder ausmachen.
    Nachdem sie abgestiegen waren, zeigte Rahul Jakob, wie sie ihr Zelt aufzubauen hatten. In den nächsten Monaten sollte dieses ihr neues Zuhause sein. Die kleinen Behausungen waren schnell aufgebaut und leicht, weshalb sie sich sehr gut für die Reise eigneten. Jakob packte seine wenigen Habseligkeiten aus und legte sie im Zelt aus. Dabei fiel etwas aus seiner Decke, was er nicht eingepackt hatte. Verwundert hob er die kleine Holzfigur vom Boden und drehte sie in den Fingern. Ein feines Lederband war daran befestigt, damit man sie wie einen Talisman um den Hals tragen konnte. Er kannte nur jemanden, der solche Figuren zu schnitzen pflegte. Devi. Schmerz füllte seine Brust, während sich seine Hand um den Glücksbringer verkrampfte. Sie musste die Figur noch vor ihrer letzten Begegnung in seinem Gepäck versteckt haben. Nun wurde ihm bewusst, dass er seine Gedanken in den letzten Stunden unbewusst von ihr ferngehalten hatte. Er wusste noch immer nicht, wie er mit der Geschichte über diesen bösen Geist umgehen sollte. Klar ist sie manchmal ein Biest, aber ein Dämon? Glaube ich überhaupt an solche Geschichten? Ist doch alles Unfug!
    Unfähig mit der Konfrontation dieser Möglichkeit umzugehen, wickelte er die Figur schnell in ein Tuch und versteckte sie in seinem Beutel. Ich werde mich später darum kümmern.
    Noch immer etwas durch den Wind, trat Jakob nach draußen. Während die Sonne am Horizont versank, entzündeten sie wie gewohnt ein Lagerfeuer in der Mitte des ungewohnt kleinen Lagers. Die meisten aßen schweigend, denn alle waren erschöpft vom ersten Reisetag und beschäftigt mit Gedanken an die Zurückgeblieben oder die Zeit, die vor ihnen lag. Allmählich verflogen seine düsteren Gedanken und nach dem Essen lehnte er sich zufrieden und mit vollem Bauch zurück. Khanna stimmte summend ein Lied an, Shiv setzte mit ein. Jakob gähnte. Das Feuer warf einen flackernden Schein auf die Gesichter reihum. Es ist fast wie sonst, dachte Jakob müde lächelnd.
    Das Kind auf Kamals Schoss war bereits eingeschlafen. Liebevoll strich Lal über die Stirn des Kleinen und Hari lehnte an Kamals Schulter. Für Jakob war es nach wie vor ein Rätsel, wie diese drei mit dieser Situation zufrieden sein konnten. Soweit er wusste, waren Kamal und Lal schon seit Jahren ein Paar. Dies allein war für Jakob schon unverständlich. Er konnte sich noch immer nicht vorstellen, wie ein Mann einen anderen Mann lieben konnte. Dass Kamal nun auch noch Hari liebte und mit ihr ein Kind in die Welt gesetzt hatte, verstand er jedoch noch viel weniger. Konnte er beide lieben? Und weshalb störten sich Hari und Lal nicht daran, den Mann ihrer Liebe teilen zu müssen? Wie konnten sie so zu dritt mit dem Kind sitzen, augenscheinlich zufrieden und glücklich?
    Undenkbar in Lux, dachte Jakob, legte sich auf den Rücken und sah zu den Sternen hinauf. Wie gestern mit Ganesha. Getragen von der sanften Stimme Khannas glitt er allmählich in einen ruhigen Schlaf über.

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

    Einmal editiert, zuletzt von RenLi (10. Dezember 2018 um 10:59)

  • Hey RenLi,

    hier kommen meine Anmerkungen :)

    Spoiler anzeigen

    Ich finde, du beschreibst das Miteinander der jungen Leute sehr schön. Die Art, wie sie miteinander umgehen und sich gegenseitig auf die Schippe nehmen...es macht einfach Spaß, das zu lesen. Und ganz nebenbei erfährt man immer mal wieder ein paar aufschlussreiche Dinge.Zum Beispiel, dass es Kämpfer und Tänzer gibt. Je nach Fähigkeiten und Neigungen schließt man sich also beizeiten einer bestimmten Gruppe an...das war mir bislang auch neu.
    Man fragt sich, was es mit diesem verwüsteten Dorf auf sich hat. Ob es eine gute Idee ist, da in der Nähe das lager aufzuschlagen? :hmm:

    „Du kannst beruhigt sein, die machen das oft. Shankar ist bereits auf der anderen Seite, siehst du?“, bemerkte Shiv und deutete auf die andere Seite.

    Jakob schnaubte. Erst vor kurzem hatte er wieder ein paar harte Hiebe seines Freundes einstecken müssen. Aber wenigstens hatte auch Ganesha ein paar Treffer einstecken müssen.

    Hier ein paar Wiederholungen ^^

    Khanna gesellte sich ... Shiv, worüber Jakob froh war.

    zu?

    Jakob packte seine wenigen Habseligkeiten aus und legte sie im Zelt aus.

    und legte sie im Zelt vor sich hin..(?)

    Dabei fiel etwas aus seiner Decke, was er nicht eingepackt hatte. Verwundert hob er die kleine Holzfigur vom Boden und drehte sie in den Fingern. Ein feines Lederband war daran befestigt, damit man sie wie einen Talisman um den Hals tragen konnte. Er kannte nur jemanden, der solche Figuren zu schnitzen pflegte. Devi. Schmerz füllte seine Brust, während sich seine Hand um den Glücksbringer verkrampfte. Sie musste die Figur noch vor ihrer letzten Begegnung in seinem Gepäck versteckt haben

    Ohhh...wie schön ^^ Sie hat ihm einen Talisman mitgegeben...

    Liebevoll strich Lal über die Stirn des Kleinen und Hari lehnte an Kamals Schulter. Für Jakob war es nach wie vor ein Rätsel, wie diese drei mit dieser Situation zufrieden sein konnten. Soweit er wusste, waren Kamal und Lal schon seit Jahren ein Paar. Dies allein war für Jakob schon unverständlich. Er konnte sich noch immer nicht vorstellen, wie ein Mann einen anderen Mann lieben konnte. Dass Kamal nun auch noch Hari liebte und mit ihr ein Kind in die Welt gesetzt hatte, verstand er jedoch noch viel weniger. Konnte er beide lieben? Und weshalb störten sich Hari und Lal nicht daran, den Mann ihrer Liebe teilen zu müssen?

    Interessant! Das hatte ich bisher so nicht auf dem Schirm. Erst bin ich über das Kind gestolpert, weil ich nicht gecheckt habe, dass die auch Kinder mitgenommen haben. Hattes du das bisher schon mal erwähnt? Und dann kam die überraschende Beziehungskiste zwischen Kamal, Hari und Lal dazu. Ich frage mich gerade ob ich irgendwas in der Vergangenheit überlesen habe :hmm: Grundsätzlich finde ich es aber total gut, dass du sowas mit reinnimmst, weil es doch irgendwie cool ist, wie selbstverständlich die Menschen dieses Stammes damit umgehen. Und welche Gedanken sich Jakob dazu macht.


    LG,
    Rainbow

  • So, ich hab den neuen Teil jetzt auch gelesen. Wie gewohnt schön geschrieben, mit subtil eingeflochtenen wichtigen Infos über das Leben der Spielleute. Wir haben nun schon so viel über sie erfahren und trotzdem kommt immer noch Neues hinzu. :)
    Hat mir sehr gefallen. Auch der Umgang der Leute miteinander.
    Schwierigkeiten hatte ich mit der großen Anzahl der Personen. Mit Prema, Shiv, Kamal, Lal, Khanna, Rahul, Raj, Shankar, Hari und Jakob ist das eine ganz schön große Gruppe. Nicht einfach zu überblicken für den Leser, weil ja jeder Char doch seine Eigenheiten und besonderen Charakterzüge besitzt. Aber ich hoffe mich daran zu gewöhnen.
    Die Einteilung zwischen Krieger und Tänzer war mir neu. Das hattest du noch nicht erwähnt oder wenn , dann nur so nebenbei, dass es nicht hängengeblieben ist bei mir. Auch das Kamal und Hari ein Kind mit auf die Reise genommen haben, hat mich gewundert. Wie alt ist es in etwa?

    bisschen Kleinkram

    Unter stahlblauem Himmel bewegte sich der Reitertrupp der Spielleute weiter östlich am Lauf des Grenzflusses zu Lux hinauf.

    Worauf bezieht sich "weiter östlich"? Östlich wovon?

    doch seine eigene Erfahrung mit diesem Fluss wollte sich nicht aus seinem Bewusstsein dängen lassen.

    drängen

    kniete bereits auf dem Sattel und war im Begriff aufzustehen. Absatz empfohlen, Char-Wechsel „Du kannst beruhigt sein, die machen das oft.

    Gemächlichen Schrittes bewegte sie sich in das tiefere Gewässer hinein, Jakob zog die Füße an.

    Hier würde ich vom Bauchgefühl her zwei Sätze draus machen.

    Die anderen machen das ohne jegliche Mühe, nur klopft das Herz bis zum Hals, dachte er vergrault.

    Da fehlt ein Wort. Und anstelle von "vergrault", was ja so viel heißt wie "vertrieben", könnte man vielleicht "vergrämt" oder auch "neidisch" schreiben?

    „Er ist leider an die Tänzer verloren gegangen

    „Was heißt hier verloren gegangen?

    2 x verlorengegangen

    auch wenn er nicht glaubte, dass er alles ernstmeinte, was er von sich gab.

    ernst meinte

    dass die Frauen des Nomadenstammes von anderem Format waren,kein Komma als die aus Lux.

    zeigte Rahul Jakob, wie sie ihr Zelt aufzubauen hatten. In den nächsten Monaten sollte dieses ihr neues Zuhause sein. Die kleinen Behausungen waren schnell aufgebaut und leicht,

    Keine echte Wiederholung, aber doch ziemlich ähnlich ...

    Noch immer etwas durch den Wind, trat Jakob nach draußen.

    Das würde ich für eine Formulierung unserer Zeit halten. Vielleicht findest du einen anderen Ausdruck?

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Hi zusammen
    Wie immer seid ihr aufmerksame Leser! :thumbsup:<3

    Spoiler anzeigen

    Erst bin ich über das Kind gestolpert, weil ich nicht gecheckt habe, dass die auch Kinder mitgenommen haben. Hattes du das bisher schon mal erwähnt? Und dann kam die überraschende Beziehungskiste zwischen Kamal, Hari und Lal dazu. Ich frage mich gerade ob ich irgendwas in der Vergangenheit überlesen habe G

    Das sollte ich tatsächlich mal erwähnen, kommt etwas plötzlich. Jakob könnte sich ja darüber innerlich beklagen, weil er findet, dass ein Kind nicht auf so eine Reise gehört. Oder sonst wer - zum Beispiel Raj - macht einen dummen Kommentar...
    Im Gespräch mit Ganesha übers Schwulsein wurde die Beziehung zwischen Lal und Kamal schon mal angesprochen, aber halt nur so am Rande.
    Jakob ist hier und in Sachen Frauenrolle mein Träger von Vorurteilen :) Der Glückliche darf sich mit ganz neuen Weltanschauungen und Normen vertraut machen :D

    Worauf bezieht sich "weiter östlich"? Östlich wovon?

    Weiter östlich des Zeltlagers. Habs jetzt umgeschrieben....

    Schwierigkeiten hatte ich mit der großen Anzahl der Personen. Mit Prema, Shiv, Kamal, Lal, Khanna, Rahul, Raj, Shankar, Hari und Jakob ist das eine ganz schön große Gruppe.

    Das ist allgemein ein kleines Problem in meiner Geschichte, denk ich mal. Alle drei Jungs kommen in grosse Gemeinschaften rein, in welchen sie sozusagen noch niemanden kennen. (Spielleute, Gnosis, Waisenhaus) Klar sucht man da seine kleine Gruppe, aber immer mit denselben Menschen kann man ja auch nicht abhängen... Mal sehen, wie gut ich die neuen einführen kann. Immerhin Prema, Shiv, Raj und Rahul sind schon kurz vorgekommen. Kamal und Lal wurden nur erwähnt...

    Die Einteilung zwischen Krieger und Tänzer war mir neu.

    @Rainbow und @Tariq: das habt ihr beide geschrieben. Bisher hab ich nur mal erwähnt, dass Ganesha sich als Jäger und nicht als Gaukler versteht. Aber ich denk mal, ich werde in der Vergangenheit noch mehr Abschnitte einfügen, um solche Dinge besser darzustellen und auch Jakobs Beziehung zu Devi und Ganesha mehr auszuarbeiten. Die Anchin haben kein fixes System, wer nun welche Aufgabe im Clan hat. Da sind sie sehr tolerant und flexibel. Die meisten haben aber so ihren Hauptzuständigkeitsbereich, sind aber in mehreren Bereichen tätig.
    Viele Kämpfer sind zum Beispiel auch Tänzer oder Akrobaten. Diese drei Aktivitäten sind sehr gut kombinierbar. Manche sind sehr gut im Spielen von Musikinstrumenten, manche beschränken sich auf die Arbeit als Hirten oder auf die Verarbeitung von Produkten und haben nichts mit dem Geschäft als Spielmänner/frauen zu tun. Die Gesellschaft ist sehr vielseitig, das find ich schön bei ihnen...


    übrigens werd ich Ajit im nächsten Kapitel 'einführen'
    er kommt allerdings wieder mal etwas unerwartet, weil ich ihn gerade 'erfunden' habe. Auch ihn werd ich bei der nächsten Bearbeitung viel früher schon reinnehmen. Er ist ein Mitglied von Ganeshas Clique :D

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

    Einmal editiert, zuletzt von RenLi (5. Dezember 2018 um 14:13)

  • Jakob, Vorahnungen (564 n. Rh.) Teil II
    Das Dorf zu durchsuchen hatten sie nicht gewagt. „Das weckt böse Geister“, hatten manche gesagt, also waren sie weitergezogen.
    „Vielleicht hätten wir etwas zu Essen finden können“, zischte Ajit Jakob zu. „Oder wir hätten herausgefunden, wo die Menschen hin sind. Gegen einen Geist kann ich nicht kämpfen, aber falls dies das Werk von Banditen war…“ Entschlossen reckte Ajit die Hand in die Luft, um zu zeigen, wie er mit diesen Barbaren verfahren würde.
    Venja, die bisher etwas hinter ihnen her getrabt war – Jakob führte sie nicht am Stick, denn er wusste, dass sie ihn nicht zurücklassen würde – kam heran und ließ sich von ihrem Reiter an der weichen Nase streicheln.
    „Ich seh dich schon vor mir“, grinste Jakob. „Ajit umzingelt von zwanzig bis an die Zähne bewaffneten Riesenkerlen.“ Er hatte schon oft mit Ajit trainiert, denn wie auch Ganesha gehörten sie zu demselben Freundeskreis. Aber so geschickt wie Ganesha war er bei Weitem nicht.
    „Ich würde sie alle besiegen, keine Sache!“, gab sein Freund an und fuhr mit der Hand durch die Luft, als führte er ein unsichtbares Schwert, mit welchem er ebenso luftreiche Gegner niederstreckte.
    „Es bliebe mir wohl nichts anderes übrig, als dich zu retten“, meinte Jakob.
    „Und dann müsste Ganesha uns beide retten“, setzte Ajit hinzu.
    „Ha! Der könnte zuschauen und das Spektakel genießen“, trumpfte Jakob auf. Wie viel Spaß es doch machen würde, einmal zu sehen, wie er sich in einem echten Kampf schlagen würde.
    Ich bin besser geworden, daran besteht kein Zweifel! Ich bin als echter Krieger nach Lux zurückgekehrt!
    Diese Gedanken beförderten den eigentlichen Grund dieser Reise zurück in sein Bewusstsein. Der Gutsherr. Jakobs Miene verdüsterte sich. Er hörte kaum zu, als Ajit von seinen Kampfparaden weitererzählte.
    Ist es wirklich die Rache, welche dem bösen Geist Einlass in Devis Geist gegeben hat?, fragte er sich und berührte die Satteltasche, in welcher er Devis Anhänger aufbewahrte.
    „He, warum halten wir?“, fragte Ajit und riss Jakob aus seinen Gedanken.
    Tatsächlich waren die anderen stehengeblieben und scharten sich um Shankar. Auch Ajit und Jakob beeilten sich, zu ihrem Anführer zu stoßen. „Was ist los?“, fragte Jakob. Die Aufregung in der Gruppe war nicht zu übersehen.
    „Shankar wurde berührt“, raunte Raj, der für einmal nicht zu spaßen schien. So ernst hatte Jakob den sonst so verspielten Gaukler noch nie gesehen.
    „Was wurde er?“, fragte Jakob nach, doch Raj bedeutete ihm zu schweigen.
    Aller Augen waren auf Shankar gerichtet, der sich die Hände auf die Augen presste und heulende Laute von sich gab. Wehklagend fiel er auf die Erde und riss Grasbüschel aus dem Boden, die er in hohem Bogen in die Luft warf. Einer traf Jakob am Bein, woraufhin der Junge erschrocken einen Schritt zurück machte. Vielleicht ist er von einem bösen Geist besessen, dachte er.
    Als litte er unter Schmerzen wimmerte der Spielmann und schlug mit den Fäusten auf den Boden, dann plötzlich sackte er in sich zusammen und blieb reglos liegen.
    Erst jetzt eilte Prema zu ihm, sprenkelte Wasser über seinen erschlafften Körper. Shiv reichte ihr ein Kräuterbündel, welches sie entzündete und den Rauch in Shankars Gesicht pustete. Der Spielmann begann zu husten, was kein Wunder war, denn den Gestank der Kräuter konnte selbst Jakob riechen. Das würde selbst ein Toter nicht einfach so hinnehmen, dachte er.
    Allmählich schien das Leben in Shankar zurückzukehren. Mit Hilfe von Prema setzte er sich auf und lehnte sich an Shiv, der sich zu ihn kniete. Fürsorglich wischte er Shankar den Schweiß von der Stirn und wartete, bis der Ältere seine Stimme wiedergefunden hatte. „Ich sah Feuer“, begann er mit heiserer Stimme. Jakob schauderte. Es hörte sich an, als wehe ein eisiger Wind über seine Haut, als der Spielmann erzählte. „Ganze Landgebiete, Städte, Wälder, standen in Flammen. Ich sah Menschen, die einander auf grausamste Weise ermordeten, quälten, auffraßen, beschimpften, ausstießen.“ Mit vor Schrecken geweiteten Augen starrte der Mann in die Ferne, während er seine grausige Botschaft verkündete. „Dunkle Geschöpfe, welche die Herzen der Menschen vergifteten. Und dann wieder Feuer. Feuer, das vom Himmel fiel und alles zerstörte. Nichts blieb übrig.“
    Erschöpft sank er zurück, Shiv schloss ihre Arme um ihn, während bittere Tränen über das auf einmal gealterte Gesicht des Mannes flossen. Dann kippte sein Kopf zur Seite.
    „Ist er…?!“, rief jemand erschrocken.
    Prema legte eine Hand an Shankars Hals. „Nein, er ist bewusstlos“, stellte sie fest.
    Eiserne Stille legte sich über die Versammelten. Jakob versuchte in den Augen der Umstehenden eine Erklärung für das Geschehene zu finden, doch schienen alle ebenso erschüttert und ratlos wie er zu sein.
    Langsam erhob sich Prema. Sie atmete tief durch, dann sprach sie mit gefasster Stimme: „Wir sollten nichts überstürzen.“ Sie sah in die Runde. „Wir wissen weder, ob Shankar einen Einblick in die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft erhalten hat, noch ob sich die Ereignisse auf unser Volk ausdehnen werden. Ich schlage vor, wir bauen so bald wie möglich unser Lager auf und besprechen, ob wir zurückkehren sollten, oder nicht.“
    „Lass uns das Lager gleich hier aufschlagen“, schlug Rahul vor.
    „Hier ist kein günstiger Platz!“
    „Wir müssen warten, bis Shankar wieder aufwacht und uns mehr erzählen kann!“
    „Wir sollten sofort umkehren. Amma muss wissen, was vorgefallen ist!“
    Schon redeten alle wild durcheinander, der Kleine begann zu weinen und nicht einmal Prema vermochte die Gruppe zur Ruhe zu bringen. Erfolglos versuchte Jakob in Erfahrung zu bringen, was soeben mit Shankar passiert war, niemand schien sich für seine Fragen zu interessieren.
    Da stieß Venja ihn an der Wange sanft an und auf einmal fühlte er sich, als hätte man ihn unter Wasser getaucht. Die Geräusche um ihn her drangen nur noch gedämpft zu ihm durch und alles schien verlangsamt zu sein. Wie in Trance folgte er ihr in die Mitte der Spielleute. Dort legte sie sich neben Shankar und Shiv auf den Boden, Jakob setzte sich dazu. Nach und nach kehrte Ruhe ein. Als erstes verstummte das Weinen des Kindes, dann die lautesten Stimmen, bis schließlich alle schwiegen.
    „Das macht mir Angst“, sagte Hari und Kamal schloss sie und ihren Sohn in seine Arme.
    „Wir finden heraus, was das heißen soll“, flüsterte er leise.
    „Die Ahnen beschützen uns, sonst hätten sie uns nicht diese Botschaft geschickt“, versicherte Prema.
    Einige nickten, dann setzten sie sich in einen Kreis um Venja und die drei Männer und fassten sich an den Händen. Shiv hielt Jakob eine Hand entgegen, mit der anderen hielt er Shankar. Im feinen Gesicht des Spielmanns sah Jakob die Anspannung, aber auch die liebevolle Zuneigung, welche aus seinen Augen sprach. Ich kann ihm einfach nicht böse sein, dachte Jakob und ergriff die Hand.
    Mit tiefer Stimme begann Prema eines der Lieder, welches sie alle schon so oft zusammen gesungen hatten. Es ist ein Gebet, bemerkte Jakob, während er mitsang. Bisher hatte er nie auf die Bedeutung geachtet. Ein Bitten um Schutz und Geborgenheit.
    Gemeinsam wiegten sie sich im Takt des Liedes hin und her, suchten Halt in der Hand des jeweils nächsten und im Zusammensein in der Gruppe. Jakob legte seine freie Hand an Venjas Flanke und ergab sich dem Gesang, vergaß all seine Fragen, Unsicherheiten und Ängste. Getragen von den Worten, die sein Mund formte, fühlte er sich seltsam leicht und frei. Und als die ersten Tropfen vom Himmel auf seiner Haut landeten, lachte er unwillkürlich auf, reckte sein Gesicht den Wolken entgegen.
    „Vom Himmel fällt Regen“, hauchte Shiv und Jakob sah ein hoffnungsvolles Lächeln über das Gesicht des Spielmanns huschen. Waren das Tränen oder doch eher Regentropfen, die auf seiner Haut schimmerten?

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

    2 Mal editiert, zuletzt von RenLi (10. Dezember 2018 um 14:00)

  • Hey Renli,

    hier meine Anmerkungen :)

    Spoiler anzeigen

    Oh je...das ist aber alles sehr mystisch und Unheil verheißend :) Irgendwie scheinen diese Spielleute über ganz besondere spirituelle Fähigkeiten zu verfügen, wenn nun auch Shankar Visionen hat. Ich sage "auch", weil die Sache mit Devis Besessenheit noch so präsent ist...
    Was mag sich wohl dahinter verbergen? In jedem Fall klingt es nicht gut.

    Ansonsten habe ich noch diese Kleinigkeiten gefunden:

    Er hatte schon oft mit Ajit trainiert, denn auch Ganesha gehörten sie zu demselben Freundeskreis.

    ich glaube, hier stimmt etwas nicht :hmm:

    Entschlossen reckte Ajit die Hand in die Luft, um zu zeigen, wie er mit diesen Barbaren verfahren würde....fuhr mit der Hand durch die Luft, als führte er ein unsichtbares Schwert, mit welchem er ebenso luftreiche Gegner niederstreckte.

    sehr schöne Gesten, doch würde ich das nicht so kurz hintereinander wiederholen...oder vielleicht einfach etwas umformulieren


    Diese Gedanken beförderte den eigentlichen Grund dieser Reise zurück in sein Bewusstsein.

    beförderten (weil es ja die Gedanken sind)


    Ich schlage vor, wir schlagen so bald wie möglich unser Lager auf und besprechen, ob wir zurückkehren sollten, oder nicht.“

    ich würde versuchen, das anders zu formulieren. ...vielleicht: wir bauen so bald wie möglich unser Lager auf (?)


    a stieß Venja ihn an der Wange sanft an und auf einmal fühlte er sich, als hätte man ihn unter Wasser getaucht. Die Geräusche um ihn her drangen nur noch gedämpft zu ihm durch und alles schien verlangsamt zu sein. Wie in Trance folgte er ihr in die Mitte der Spielleute. Dort legte sie sich neben Shankar und Shiv auf den Boden, Jakob setzte sich dazu.

    Die Szene erschien mir etwas seltsam. Ich weiß nicht, ob sich Pferde so einfach irgendwohin legen :hmm:

    „Vom Himmel fällt Regen“, hauchte Shiv und Jakob ... ein hoffnungsvolles Lächeln über das Gesicht des Spielmanns huschen.

    sah (?)

    LG,
    Rainbow

  • Hi Rainbow, die schnel- wie-der-Wind-lesende!
    Unter den Spielleuten gibt es wirklich ein paar besondere Personen. Sie sind auch noch besonders mit der Natur und mit speziellen Wesen verbunden (sie kennen auch die kleinen Naturgeistchen, mit welchen Edwin Kontakt hat). Auch wenn ihre Vorstellung von der Welt nicht sehr komplex sind, verfügen sie doch über ein inneres Wissen, über eine Art von Magie, die zu verkopften Menschen verborgen bleibt.
    Dass Venja sich so seltsam verhält ist beabsichtigt. Sie ist kein normales Pferd. Jakob wäre nicht imstande ein 'normales' Pferd zu bändigen und zu reiten, er ist viel zu ungeschickt - natürlich könnte er es lernen, aber das ginge viel länger. Dass es mit Venja so gut klappt, liegt an ihr. :) Sie durchschaut ihn, kümmert sich um ihn. Obwohl seine Reitkünste nicht gerade hervorragend sind, sondern eher passabel, gleicht sie dieses Manko aus. Das ist für den Leser bis anhin nicht so ersichtlich, weil Jakob das selbst nicht ganz einsieht. Er schätzt seine Reitkünst viel höher ein, als sie tatsächlich sind ^^ Venjas Rolle wird später noch klarer werden.

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    Rumi

  • Hi @RenLi,
    schön, dass du weitergeschrieben hast!

    Spoiler anzeigen


    Ein paar Formulierungen haben mir besonders gefallen.

    Das würde selbst ein Toter nicht einfach so hinnehmen, dachte er.

    Das hier zum Beispiel. Da musste ich schmunzeln. ^^

    „Shankar wurde berührt“

    Und das! Klasse, nur drei Worte, die so viel Tiefe vermitteln. Man hält als Leser buchstäblich den Atem an.
    Dann wird es etwas schwierig für mich, dir zu folgen.

    Da stieß Venja ihn an der Wange sanft an und auf einmal fühlte er sich, als hätte man ihn unter Wasser getaucht. Die Geräusche um ihn her drangen nur noch gedämpft zu ihm durch und alles schien verlangsamt zu sein. Wie in Trance folgte er ihr in die Mitte der Spielleute. Dort legte sie sich neben Shankar und Shiv auf den Boden liegt sie jetzt in der Mitte oder neben Shankar und Shiv (also im Kreis)?, Jakob setzte sich dazu (selbe Frage gilt für Jakob). Nach und nach kehrte Ruhe ein. Als erstes verstummte das Weinen des Kindes, dann die lautesten Stimmen, bis schließlich alle schwiegen.
    „Das macht mir Angst“, sagte Hari und Kamal schloss sie und ihren Sohn in seine Arme. Was meint Hari hier? Shankars Worte oder seine Bewusstlosigkeit, oder die Uneinigkeit oder Venjas Verhalten?

    „Wir finden heraus, was das heißen soll“, flüsterte er leise.
    „Die Ahnen beschützen uns, sonst hätten sie uns nicht diese Botschaft geschickt“, versicherte Prema.
    Einige nickten, dann setzten sie sich in einen Kreis um Venja und die drei Männer und fassten sich an den Händen. Shiv hielt Jakob eine Hand entgegen, mit der anderen hielt er Shankar. Ich dachte bisher, Shiv ist ein "er"? Aber im Text stand: "Erschöpft sank er zurück, Shiv schloss ihre Arme um ihn, während bittere Tränen über das auf einmal gealterte Gesicht des Mannes flossen." Verwechsle ich hier was? Oder ist mit dem "er" Jakob gemeint? Aber der legt ja seine freie Hand an Venjas Flanke. :hmm:
    Es ist echt schwierig, weil man aus deinen Vornamen so überhaupt nicht ableiten kann, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Ich müsste mir mal ein Personenregister erstellen. :D

    Eiserne Stille legte sich über die Versammelten.

    Hier würd ich vielleicht "Eisige Stille" schreiben, ist aber nur ein Vorschlag.
    Ja, sonst ein sehr schöner Part. Viel Emotionen, viel Mystik, schöne Beschreibungen. Bin schon gespannt, was sie nun tun werden.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Hi @Tariq
    Danke für die super Rückmeldung! Ich bin immer froh, wenn ich Ungereimtheiten ausbügeln kann.
    Jakob folgt Venja in die Mitte der Spielleute, die sich alle um Shankar und Shiv versammelt haben - schliesslich geht da die Show ab.
    Dort legt sich Venja hin und Jakob mit dazu. Auf 'magische' Weise schafft es Venja zuerst Jakob zu beruhigen und dann auch noch, dass die Stimmung der Spielleute komplett kippt. Erst waren alle aufgebracht und haben durcheinander geredet. Und dann plötzlich kehrt Ruhe ein, weil Venja sich mitten ins Zentrum des Chaos legt, in seelenruhe dort liegt.
    Dann gelingt es den Spielleuten ihre Ängste zu formulieren, anstatt in Streitereien zu verfallen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit einander zu trösten und nicht länger anzuschreien. Hari beginnt damit, sie äussert ihre Angst. In erster Linie habe ich damit die Angst vor dieser Weissagung gemeint und vor Shankars verstörendem Verhalten dabei. Aber die anderen Dinge können natürlich mit eingeflossen sein.
    Und in der Sache mit Shiv bin ich wieder einmal einer meiner unbedachten Korrekturen zum Opfer gefallen. Erst hatte ich hier geschrieben, dass Prema den Part mit dem Umarmen übernimmt, doch dann habe ich Shiv diese Rolle übernehmen lassen. Er ist feinfühlig und hat viele sonst typisch weibliche Attribute. Aber er ist ein Mann :)
    Ich hoffe, das hilft dir weiter. Ich werd den Abschnitt auf jeden Fall noch deutlicher schreiben! :thumbsup:

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    Rumi

  • Jakob, Raubfeinde (564 n. Rh.) Teil I
    Die Verabschiedung zwischen dem Kleinen und seinem Vater war tränenreich, doch die Spielleute hatten beschlossen, dass Kamal zurückreiten und den Stamm über Shankars Vision informieren sollte.
    Schon bald waren er und sein Pferd nur noch als ferner Punkt am Horizont erkennbar.
    Die übrigen Anchin rüsteten sich für die weitere Reise. Da das Fortbestehen des Stammes von ihren Verdiensten als Gaukler und Künstler abhing, wagten sie es nicht, bereits wieder ins Lager zurückzukehren. „Weshalb musste Papa gehen?“, fragte der Kleine seine Mutter.
    „Weil er der schnellste Reiter ist von allen“, erklärte sie. „Und weil er ein guter Kämpfer ist. Niemand kann ihm etwas anhaben, auch wenn er alleine unterwegs ist.“
    Bereits wenige Minuten später tollte er bereits wieder sorglos mit Lal über die Weide. „Kinder haben’s gut“, bemerkte Shiv. „Man muss sie nur etwas ablenken und schon sind ihre Sorgen vergessen.“
    Jakob schwang sich auf Venjas Rücken, er war bereit zur Weiterreise. Nicht weit entfernt erblickte er die ersten Wälder von Lux. Das Klima war hier zwar noch immer relativ trocken, aber nicht zu vergleichen mit den Steppen auf der anderen Flussseite. Trotzdem hatte der Regen vom gestrigen Abend nicht ausgereicht, den Boden wirklich zu durchnässen. Nach wenigen Stunden Sonnenschein wirkte die Erde wieder so trocken wie vor dem Schauer.
    „Wir werden nachsehen, ob die Siedlung dort am Waldrand bewohnt ist“, verkündete Prema. Da sich Shankar noch immer unwohl und geschwächt fühlte, hatte sie derzeit die Führung übernommen. „Vielleicht können wir dort in Erfahrung bringen, was mit dem anderen Dorf geschehen ist.“
    Jakob maß die Entfernung mit den Augen ab. In einer Stunde sollten sie ungefähr dort sein, schätzte er. Schweigend ritten sie auf die Baumreihen zu. Jakob beschleunigte den Schritt seiner Stute, um mit Prema aufzuschließen. „Denkst du nicht, dass sich die Banditen nahe der Wälder aufhalten könnten?“, fragte er die Anführerin.
    Sie nickte. „Ich möchte keinen Streit provozieren, dafür sind wir nicht hier. Aber wir müssen die Lage besser einschätzen können. Glücklicherweise machen unsere Pferde genug Eindruck, um kleinere Rotten abzuschrecken und sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen…“ Sie nickte zu dem Stock hinüber, der an Venjas Sattel befestigt war. „Wir haben nicht umsonst ein paar gute Kämpfer aus dem Stamm bei uns.“
    Jakob strich über das lange Stück Holz. Der Ernst in ihrer Stimme ließ ihn einmal leer schlucken. „Kämpfen kann ich“, antwortete er. „Solange ich nicht auf einer Bühne tanzen muss, haut mich gar nichts um.“ Doch ganz so stark fühlte er sich nun doch nicht mehr. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wozu diese Mistkerle fähig waren…
    Er blickte nach vorne. Das Dorf rückte immer näher.
    „Shiv und Jakob“, rief Prema, als sie nicht mehr weit entfernt waren.
    Die zwei Gerufenen kamen an ihre Seite. „Ihr reitet voran. Lasst alles Gepäck hier, nehmt eure Waffen mit. Und ich sage euch, wagt es ja nicht, euren Hals zu riskieren. Es geht nur darum, einen Überblick über die Lage zu bekommen. Das Dorf liegt mir zu ruhig da. In der ganzen Zeit habe ich nicht eine Menschenseele da rumlaufen sehen…“
    Mit klopfendem Herzen schnürte Jakob die überflüssigen Lasten ab und reichte sie Raj. „Warum darf ich nicht mitgehen?“, maulte Ajit.
    „Zwei reichen“, antwortete Prema. „Außerdem neigst du zu überstürzten Handlungen. Das können wir nicht gebrauchen.“
    Er wollte bereits widersprechen, als ihn ein Blick von Khanna zum Schweigen brachte. „Vielleicht wäre es sinnvoll, wir würden uns auch bereithalten. Für den Fall, dass wir einschreiten müssen“, schlug Khanna vor. Jakob bemerkte, dass sie sich ihren Säbel bereits quer über die Beine gelegt hatte.
    „Seid vor allem bereit für einen schnellen Aufbruch. Mir ist es lieber, wir ziehen uns zurück, als dass wir einen offenen Kampf riskieren. Wir sind nicht hier, um uns zu prügeln. Wir sind hier, um Menschen zum Lachen zu bringen“, schärfte ihnen Prema mit Nachdruck ein. „Verstanden, Jakob?“
    „Ja, verstanden“, beeilte er sich zu sagen.
    Shiv nickte ihm zu, dann ritten sie Seite an Seite auf das Dorf zu. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Shiv nach.
    Jakob nickte. „Bei dir?“, fragte er zurück.
    „Den Umständen entsprechend“, war seine Antwort.
    Jakob hielt in einer Hand die Zügel, in der anderen seinen Stock. „Vermisst du Asha eigentlich?“, fragte Jakob.
    Shiv lachte trocken. „Wo kommt die Frage denn her?“
    Jakob wusste die Antwort selbst nicht. Sie war ihm einfach durch den Kopf gepurzelt. „Keine Ahnung.“
    „Manchmal, immer“, gab Shiv zur Antwort.
    Danach schwiegen sie, denn die ersten Häuser waren nicht mehr weit entfernt. Jakob versuchte zugleich den Rand des Waldes wie auch das Dorf im Blick zu halten. Bewegte sich da etwas zwischen den Büschen, oder war das nur seine Einbildung? „Lass uns links herumgehen, damit wir den Wald nicht im Rücken, sondern vor uns haben“, raunte Shiv.
    Sie lenkten die Tiere also nach links, ritten um das Dorf herum. Noch immer rührte sich nichts. Dann auf einmal zerriss ein schriller Schrei die Luft. Jakob schreckte hoch, eine Tür flog auf. „Marie!“, kreischte eine Frauenstimme.
    Jakob hob den Stock, bereit sich zu verteidigen, als ein kleines Mädchen durch den Türrahmen und mitten auf die Straße lief. „Zurück“, rief Shiv, woraufhin Venja von den Häusern zurückwich.
    Eine Frau kam hinter dem Mädchen hergelaufen und packte das Kind unter den Armen. „Sag ihr, dass wir ihnen nichts tun wollen“, wies Shiv Jakob an.
    Die Frau warf ihnen einen völlig verängstigten Blick zu, dann rannte sie geduckt zum Haus zurück. „Wir wollen euch nichts tun“, rief Jakob, der nach den richtigen Worten suchen musste. Seine Muttersprache kam ihm seltsam sperrig in seinem Mund vor.
    Doch die Mutter war bereits mit ihrem Kind wieder verschwunden, die Tür wieder fest verriegelt. Nun bemerkte Jakob, dass sich an einem Fenster eines anderen Hauses ein Vorhang bewegte. Auch dort mussten Menschen sein, anscheinend wurden sie beobachtet. „Die mögen uns nicht“, stellte Shiv fest.
    „Sie haben Angst“, fügte Jakob an.
    „Lass uns zurückgehen.“
    „Warte. Ich will wissen, was da los ist“, sagte Jakob. Als er zwei Jahre zuvor durch diese Gegend gewandert war, waren die Menschen zwar unfreundlich gewesen, aber so verschreckt hatte er sie nicht erlebt. „Fürchtet euch nicht!“, rief er nun laut und deutlich. „Wir kommen nicht, um euch etwas anzutun.“ Die Worte hallten zwischen den Wänden wieder. Nichts regte sich. Warum sollten sie auch? Wir sehen wahrscheinlich sehr seltsam aus in ihren Augen. Da ist es nur verständlich, dass sie uns nicht trauen. „Vielleicht können wir euch helfen. Wir sind Spielleute aus dem Norden. Ihr braucht keine Angst zu haben.“ Doch auch diese Worte verklangen, ohne dass die Bewohner der Siedlung sich zu erkennen gaben.
    „Komm, wir sollten zurückreiten. Keine Risiken, erinnerst du dich?“, wiederholte Shiv.
    Widerwillig gehorchte Jakob, ließ Venja umdrehen. „Nicht mit dem Rücken zum Dorf!“, rief Shiv. „Du weißt nicht, was die vorhaben!“
    Jakob schreckte zusammen, ließ Venja seitlich gehen. Langsam entfernten sie sich von den Häusern und als sie sich sicher genug fühlten, wandten sie sich ab und preschten auf den Rücken ihrer Pferde zurück zu den anderen.
    In sicherem Abstand zu dem Dorf schlugen sie ihr Lager auf. Für diese Nacht hatten sie Wachtposten eingeteilt. Jakob hätte eigentlich zu Bett gehen können, doch er konnte nicht schlafen. Also setzte er sich zu Khanna an den Rand des Lagers und schaute hinüber zum Waldrand. „Sie halten uns wohl für Banditen“, sagte die Kriegerin leise. „Kannst du mir ein paar Worte in deiner Sprache beibringen?“
    „Was willst du wissen?“, fragte Jakob.
    „Was sagt ihr denn zum Gruß?“
    „Guten Tag“, erwiderte Jakob.
    „Klingt seltsam“, grinste sie und wiederholte die Worte.
    Daraufhin musste auch Jakob lachen. Mit ihrem Akzent klang es tatsächlich seltsam. „Ich war lange nicht mehr hier“, seufzte er.
    „Ach komm schon, was sind schon zwei Jahre?“
    „Eine Ewigkeit“, erwiderte Jakob. „Ich bin mir nicht mal mehr sicher, ob ich die Sprache noch richtig sprechen kann.“
    „Das klappt schon.“
    „Denkst du, wir gehen bis nach Caput?“, fragte er und dachte an seine kleinen Freunde, die vielleicht noch immer in der großen Stadt die Straßen unsicher machten.
    „Keine Ahnung. Wir gehen, wohin der Wind uns führt – oder wo die Menschen uns am meisten Geld für unsere Auftritte geben.“
    „Da sind wir aber am falschen Ort gelandet“, meinte Jakob.
    „Ziemlich“, pflichtete Khanna ihm bei. „Ich dachte, Lux sei ein reiches Land.“
    „Kommt ganz darauf an, wo du suchst. Die Reichen horten alles für sich. Aber die meisten Menschen sind arm.“
    „Wie überall…“
    Auf einmal richtete Khanna sich auf. Alarmiert griff Jakob nach dem Stock, der neben ihm lag. „Siehst du etwas?“, fragte er flüsternd.
    Die Kriegerin war lautlos und geschmeidig wie eine Katze aufgestanden und auch wenn Jakob es nicht sah, wusste er, dass sie zumindest eine Hand auf den Knauf ihres Säbels gelegt hatte. Auch er kam wankend neben ihr auf die Beine, horchte wachsam in die Nacht hinaus. Aus dem Zelt neben ihm drang Rahuls Schnarchen, sonst war es still. Zu still! Jetzt erst fiel ihm auf, dass die Zirpen verstummt waren. Doch er sah nichts, hörte nichts, was das Näherkommen von Menschen hindeutete.
    Ohne, dass Jakob einen Grund dafür erkennen konnte, schnellte Khanna nach vorne und warf sich auf den Boden. Ein erstickter Schrei erklang, ein kurzes Gerangel folgte, dann herrschte wieder Stille. Jakob rannte zu dem dunklen Fleck, von dem er wusste, dass es sich um die Kriegerin handelte. Erst allmählich gelang es ihm zwischen Khanna und dem Eindringling zu unterscheiden. Mit festem Griff hatte die Anchin eine junge Frau an den Haaren gepackt. Sie saß auf ihrem Rücken, zog den Kopf ihres Opfers in den Nacken und hielt der Fremden die Klinge ihres Säbels an die Kehle.
    „Guten Tag“, zischte Khanna mit ihrem fürchterlichen Akzent.
    Jakob kniete sich vor die Frau, ihr Blick hüpfte panisch hin und her, fixierte Jakob. Sie winselte leise, beinahe wie ein Hund. „Frag sie, was sie will“, sagte Khanna zerknirscht.
    „Warum bist du hier?“, fragte Jakob. „Sie tut dir nichts, sag mir einfach, was du willst.“
    Dabei hoffte er inständig, dass Khanna der Frau wirklich nicht plötzlich aus Versehen die Kehle durchschnitt, so nahe hielt sie die Klinge an deren Hals.
    „Kannst du den Säbel wegnehmen?“, fragte er Khanna, woraufhin die Spielfrau die Waffe wegzog und ihren Griff etwas lockerte.
    „Sie kann sich eh nicht wehren, nur Haut und Knochen“, brummte sie.
    „Siehst du, sie tut dir nichts“, versicherte Jakob.
    „Sei bloß nicht zu nett zu ihr, vielleicht sind da noch mehr von denen. He, Rahul! Hör auf zu schnarchen und komm mal her!“, rief Khanna, doch der Anchin schnarchte in aller Ruhe weiter.
    „Wir sind Spielleute“, erklärte Jakob. „Wir sind nur hier, um unsere Stücke aufzuführen, die Leute zu unterhalten. Wir wollen euch nichts tun. Bitte sag mir, was los ist. Weshalb versteckt ihr euch in euren Häuser?“
    „Die Banditen. Sie holen die Kinder“, krächzte die Frau.

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey @RenLi,

    ein paar kurze Worte, um zu zeigen, dass ich noch da bin :x

    Spoiler anzeigen


    du machst es mir irgendwie schwer auf deine Parts ein Feedback zu geben, weil ich einfach nichts aus den Fingern saugen kann D:
    und wie ich schonmal bei wem anderes geschrieben hab ein " toll gemacht, weiter so" hilft auch nicht viel xD

    Den Inhalt der letzten Parts fand ich persönlich nicht ganz so meins, das machte es für mich ein bissel langweilig :pardon:
    ich bleibe aber trotzdem weiter dran, weil ich weiß, dass sich die persönliche Spannungskurve schnell wieder heben kann, wenn du was schreibst.
    War Jakobs Unsicherheit wegen der Sprache eigentlich als Scherz gemeint? Ich mein die 13 Jahre Muttersprache vergisst man doch nicht so einfach xD ?

    Und regelrecht witzig find ich ja

    Zitat von RenLi

    „Wir sind Spielleute“, erklärte Jakob. „Wir sind nur hier, um unsere Stücke aufzuführen, die Leute zu unterhalten.


    aber bis an die Zähne bewaffnet sein xD

    lg Kramurx

  • Hi @RenLi,

    ich habe auch nichts zu meckern. Wie immer ist alles schön bildhaft beschrieben. Nun bin ich gespannt, was es ist, das die Leute in dem Dorf so sehr verunsichert und ängstigt.

    Ich fand diese Stelle irgendwie besonders schön:

    Mit festem Griff hatte die Anchin eine junge Frau an den Haaren gepackt. Sie saß auf ihrem Rücken, zog den Kopf ihres Opfers in den Nacken und hielt der Fremden die Klinge ihres Säbels an die Kehle.
    „Guten Tag“, zischte Khanna mit ihrem fürchterlichen Akzent.

    Sehr geil! :rofl: Da sieht man mal wozu das neu erworbene Vokabular dienlich ist....

    LG,
    Rainbow

  • Hallo zusammen

    Ich hoffe, ihr habt alle eine schöne Festzeit hinter euch und geniesst die ersten Tage dieses taufrischen, neuen, hoffentlich verschneiten Jahres :)

    Jakob, Raubfeinde (564 n. Rh.) Teil II
    Jakob übersetzte, während Lal zu ihnen stieß. Wenigstens er war bei dem Krach wachgeworden. „Weck die anderen, vielleicht sind noch mehr von denen hier“, zischte Khanna und Lal verschwand wieder im Lager.
    „Was wollen die mit den Kindern?“, fragte Jakob.
    „Ich weiß es nicht. Bisher wollten sie nur Kleider, Essen, Geld. Jetzt verlangen sie nach unseren Kindern! Die anderen aus dem Dorf wissen nicht, dass ich hier bin. Sie haben mir verboten zu kommen, aber ich musste kommen. Bitte!“ Flehend schaute die Frau zu Jakob empor. Ihr Anblick quälte ihn, sodass er sich lieber an Khanna wandte, um die Worte für sie zu übersetzen.
    „Verdammt! Und was denkt sie sich nun wie wir ihr helfen sollen? Vorausgesetzt sie spricht überhaupt die Wahrheit“, schimpfte die Kriegerin.
    „Warum sollte sie lügen? Herzukommen war bestimmt gefährlich für sie!“, verteidigte Jakob die Frau aufgebracht. Für ihn war klar, dass er ihr helfen musste.
    „Was glaubst du können wir gegen eine Horde Banditen ausrichten? Wer weiß schon wie viele das sind? Wir sind nicht hergekommen, um Schlachten zu schlagen, sondern um Menschen zum Lachen zu bringen, verdammt nochmal!“
    „Aber wir können kämpfen. Wofür habe ich so lange geübt, wenn nicht um diese Fähigkeiten nun dafür zu nutzen und anderen zu helfen?“
    Khannas Augen blitzten. „Nein, Kleiner“, sagte sie bestimmt. „Da hast du etwas gänzlich missverstanden. Wir lernen nicht zu kämpfen um zu morden. Hast du noch nicht begriffen, dass es eigentlich um den inneren Kampf geht?“
    Trotzig erhob sich Jakob aus seiner knienden Position und richtete sich zu voller Größe auf. „Ich bleibe hier“, sagte er mit bebender Stimme. „Ich kann nicht einfach abhauen und die Menschen hier zurücklassen.“
    „Jugendliche Dummheit!“, rief Khanna aus. Hätte sie ihre Gefangene nicht festhalten müssen, wäre sie wohl ebenfalls aufgestanden. „Lal, kannst du ihm mal den Kopf waschen?“
    Jakob zuckte zusammen, als der dünne, großgewachsene Anchin an ihn herantrat. „Tut mir leid, aber das liegt mir nicht besonders“, sagte er mit ernstem Gesicht.
    „Was soll der Lärm?“, fragte nun Raj, der Lal gefolgt war. „Wem soll ich den Kopf waschen? Ihr wisst, dass ich das gerne tue“, sagte er, doch sein Grinsen wirkte angespannt.
    Prema und Rahul traten hinzu, Khanna klärte sie über die Lage auf. Rahul half der Kriegerin die Fremde zu fesseln. Völlig verängstigt und mit aschfahlem Gesicht saß sie da und Jakob wagte es kaum in ihre Richtung zu blicken. Stumm schaute sie ihn an, mit einer Mischung aus Angst und Hoffnung in ihrem schmalen Gesicht.
    „Du willst dich mit einem Banditenpack anlegen?“, fragte Rahul und Jakob wusste nicht, ob er aus seinem Unterton Respekt oder eher Skepsis heraushörte. „Ist das Torheit oder Mut?“
    „Wir kennen ihn doch, er ist ebenso voreilig wie Ajit“, meinte Raj.
    „Aber er hat sein Herz am rechten Fleck“, räumte Prema ein.
    „Ihr könnt denken was ihr wollt, ich bleibe hier“, beharrte Jakob, doch seine Stimme klang schwächer als gewollt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die anderen dagegen sein würden. „Wie könnt ihr diese Menschen nur ihrem Schicksal überlassen?“
    „Genau deshalb. Weil es nicht unser Schicksal, sondern das ihrige ist“, fluchte Raj.
    „Raj!“, empörte sich Prema.
    „Ist doch die Wahrheit. Was kümmern mich ein paar Luxer? Die sollen sich an ihre eigenen Leute wenden. Gibt es in deinem Land denn keine Miliztruppen oder Soldaten, die für Ordnung sorgen?“
    „Keine Ahnung, die Gnosis kannst du ins Feuer werfen, die taugen zu nichts“, erwiderte Jakob frustriert.
    „Du kannst vergessen, dass ich meinen Hals riskiere, um ein paar Bauern zu helfen“, schob Raj nach.
    „Bitte“, stöhnte die Gefangene. „Ich bin mir sicher, dass ihr uns helfen könnt! Es kann kein Zufall sein, dass ihr gerade jetzt in unser Dorf gekommen seid.“
    „Ich will euch ja helfen“, versicherte Jakob an die Frau gewandt. „Nur haben meine Freunde ebenso Angst wie du.“
    „Aber ihr seid starke Krieger“, fuhr sie fort. „Es gibt immer einen Weg, wir müssen nicht so sehr leiden! Wir alle sind Gottes geliebte Kinder, wenn wir einander helfen, dann können wir in Frieden leben. Er hat euch zu uns geschickt, dessen bin ich mir absolut sicher!“
    „Ich weiß nicht, ob ich an einen Gott glaube“, erwiderte Jakob, dem es zunehmend unwohler wurde in seiner Haut.
    „Dies ist der Anfang“, krächzte eine Stimme hinter Jakob. Die verschiedenen Gespräche verstummten, als Shankar vor die Gefesselte trat. „Diese Frau habe ich in meiner Vision gesehen.“
    Jakob schauderte. War es möglich, dass die schaurigen Geschichten tatsächlich eintreten sollten? Er wollte nicht darüber nachdenken.
    Sofort trat Rahul einen Schritt von der Frau weg, als könne sie eine gefährliche Krankheit übertragen. „Was hast du über sie gesehen?!“
    „Ich erinnere mich nur an ihr angsterfülltes Gesicht“, erwiderte Shankar.
    „Wir sollten von hier verschwinden. In diese Sache will ich nicht hineingezogen werden“, sagte Raj sofort alarmiert.
    „Lasst uns die Geister dieses Ortes befragen“, schlug Prema vor. „Vielleicht können wir das Gesehene noch verhindern.“
    „Was können wir schon ausrichten? Feuer vom Himmel, das alles zerstört. Willst du es mit Händen auffangen?“, fragte Raj und fuchtelte in der Luft herum.
    „Halt einmal deinen übergroßen Mund, Raj, und beruhig dich wieder“, wies Prema ihn an und stemmte die Hände in die Hüften. „In solchen Situationen zeigt sich, wer ein echter Mann ist. Nun gilt es, nicht gleich die Nerven zu verlieren.“
    Shankar nickte zustimmend, während Raj die Arme verschränkte. Auch wenn er es zu verbergen versuchte, konnte man seinem Gesicht ansehen, dass ihre Zurechtweisung ihn traf. Trotzdem verzichtete er auf einen Kommentar.
    „Wir befragen die Geister dieses Ortes. Und die Ahnen ebenso. Wir können jede Hilfe gebrauchen. Macht ein Feuer!“, wies Shankar Raj und Lal an, die sich seinem Befehl ohne weitere Wiederworte fügten. „Während den Vorbereitungen kann unser Gast uns ihre Geschichte erzählen.“
    „Gast?!“, japste Raj, verstummte jedoch augenblicklich, als er Shankars Blick einfing. Wütend drehte er sich um und verschwand in einem der Zelte.
    Shankar wies Khanna an, die Frau an die Feuerstelle zu führen, an welcher sich Rahul bereits zu schaffen machte. Jakob blieb an der Seite der Frau und versuchte ihr zu erklären, was nun vor sich ging. „Werden diese Ahnen uns helfen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte Jakob. „Ich kann damit ebenso wenig anfangen wie mit vermeintlichen Gottheiten.“
    Als das Feuer entfacht war, versammelten sich auch die anderen der Truppe um die wärmenden Flammen. Raj hatte sichergestellt, dass auch niemand diese Besprechung verpassen konnte. Nur den dreijährigen Sohn Haris und Kamals hatte er nicht aufgeweckt. Man konnte dem Spielmann unschwer ansehen, dass ihm der Verlauf der Ereignisse überhaupt nicht passte. Schweigend setzte er sich neben Khanna. Shankar hatte inzwischen einen Topf über dem Feuer aufgehängt und füllte Wasser hinein.
    „Lasst uns zuerst damit beginnen, unseren Gast zu befragen. Jakob, würdest du bitte übersetzen?“, eröffnete Shankar die Runde. Anscheinend hatte er sich von seinem Zusammenbruch wieder erholt und war bereit, die Führung wieder aufzunehmen.
    Jakob nickte entschlossen. Dies war seine Chance die Spielleute umzustimmen. „Wie heißt du?“, fragte er auf Shankars Anweisung.
    „Perpetua“, sagte die Frau mit erstickter Stimme. Auf weitere Fragen hin erzählte sie, was sich in den letzten Jahren in ihrem und den umliegenden Dörfern zugetragen hatte.
    „Kein Wunder haben wir das andere Dorf verlassen vorgefunden“, meinte Prema. „Wer würde nach alledem noch in einer solch unsicheren Gegend bleiben wollen?“
    „Weshalb schickt die Gnosis niemanden, der euch hilft?“, fragte Jakob weiter.
    „Sie wollen uns nicht helfen“, erwiderte Perpetua bitter.
    „Warum verwundert mich das nicht? Für die Armen hatten sie nie etwas übrig“, sagte er grimmig.
    „Darum geht es nicht. Ich bin mir sicher, dass sie uns loswerden wollen.“ Perpetua blickte Jakob mit weit geöffneten Augen an. „Sie fürchten sich vor uns.“
    Jakobs Nackenhaare stellten sich auf. „Was sagt sie?“, fragte Rahul ungeduldig, doch Jakob ignorierte ihn.
    „Warum?“, fragte er misstrauisch und war auf einmal froh, dass Khanna ihren Säbel noch immer griffbereit hatte.
    „Sie fürchten sich vor der Wahrheit“, versuchte Perpetua zu erklären. „Hast du jemals etwas von Markus Aurelius gehört?“
    „Nein“, erwiderte Jakob. „Was für eine Wahrheit?“
    „Natürlich hast du das nicht, weil sie nicht wollen, dass die Menschen davon erfahren. Sie würden ihre Macht verlieren, wenn die Sache ans Licht käme.“
    „Was sagt sie?“, wollte nun auch Prema wissen.
    „Ich weiß nicht genau. Kennt jemand von euch einen Mann namens Markus Aurelius?“, fragte Jakob unsicher, doch die Spielleute verneinten. „Sie sagt, wenn die Wahrheit über ihn ans Licht kommt, wird die Gnosis ihre Macht verlieren.“
    „Klingt doch spannend“, meinte Rahul.
    „Hör mir zu, Junge“, sagte Perpetua.
    „Jakob“, wies er sie an.
    „Jakob“, wiederholte sie ungeduldig. Inzwischen schien sie sich etwas gefasst zu haben und ihre Angst schien einer enormen Willenskraft gewichen zu sein. Eindringlich erzählte sie weiter: „Vor mehr als zwanzig Jahren tauchte ein Mann in der Nähe der Hauptstadt auf. Er hat gegen die Gnosis gesprochen, weil er ein Gesandter Gottes war. Er hat aufgedeckt, dass die Priester längst nicht mehr den wahren Glauben verkünden, sondern die Lehren von Rhamnus verdrehen und für ihre Zwecke missbrauchen. Was glaubst du, haben sie mit ihm gemacht?“, fragte sie herausfordernd.
    Jakob konnte sich nur zu gut vorstellen, was die Weißröcke mit einem Unruhestifter anstellen würden. Grimmig fuhr er sich mit dem Zeigefinger über die Gurgel und Perpetua nickte.
    „Sie haben ihn getötet, aber sie haben seine Ermordung geheim gehalten. Den Menschen haben sie erzählt, er sei aus dem Land geflohen, aus Angst vor Strafe. Was für eine schändliche Lüge! Viele die trotzdem an ihn geglaubt haben wurden hingerichtet, mit der Begründung, so würden ihre Seelen vor Schlimmerem bewahrt. Kannst du dir das vorstellen? Diese Priester sind verrückt!“
    Jakob nickte zustimmend. Diese Geschichte bestätigte alle seine Vorurteile, welche er bislang über die Gnosis gehabt hatte. Nachdem er übersetzt hatte, fragte Prema: „Bist du sicher, dass sie die Wahrheit erzählt?“
    „Bestimmt! Das passt du den Weißröcken!“, bekräftigte er Perpetuas Aussage.
    „Aber was hat das nun mit diesen Banditen zu tun?“, wollte Khanna wissen und Jakob gab die Frage an die Frau weiter.
    „Viele von uns sind aus Caput geflohen und wann immer die Priester den Verdacht haben, jemand könnte die Lehre vom Heiligen Markus weitertragen, dann wird er verbannt oder zwangsumgesiedelt. Weil die Gnosis in diesem Teil des Landes am wenigsten Macht hat, haben wir uns hier niedergelassen. Das wissen sie, oder zumindest vermuten sie es. Deshalb halten sie die Banditen nicht auf. Sie hätten schon längst einschreiten können. Aber es ist ihnen gerade recht, wenn wir so alle umkommen und sie keinen Finger dafür rühren müssen.“
    „Verdammte Scheiße“, fluchte Jakob und berichtete seinen Freunden, was Perpetua ihm erzählte. „Am liebsten würde ich mir diese arroganten Bleichlinge einmal vorknöpfen! Wir müssen ihr helfen!“
    „Damit wir dann die Gnosis am Hals haben? Du bist völlig übergeschnappt!“, empörte sich Raj. „Sag mir jetzt bloß nicht, dass du seiner Meinung bist, Prema.“
    „Das kann ich nicht entscheiden, das ist zu groß für uns“, sagte die Spielfrau. „Shankar?“
    Er nickte bedächtig. „Es ist auf jeden Fall angesagt, mit Bedacht vorzugehen. So wie es aussieht, werden wir mit etwas verbunden, das tatsächlich größer ist als wir. Jakob, halt mal die Luft an. Das heißt weder, dass wir etwas unternehmen werden, noch dass wir nichts tun.“
    Jakob, der bereits etwas hatte erwidern wollen, schloss seinen Mund wieder.
    „Die Vision, die ich hatte, zeigt eindeutig, dass wir in Zukunft mit weit größeren Problemen rechnen müssen, als nur das Überleben unseres Stammes zu sichern. Vielleicht wurden wir auf diese Reise gesandt, um genau das zu erfahren und nicht wie wir angenommen hatten, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen.“
    „Ich sage euch, wir haben eine Wahl!“, ergriff nun Raj erneut das Wort. „Wir müssen uns da nicht einmischen. Wenn die Luxer sich gegenseitig abstechen wollen, dann ist das ihre Sache. Und wenn wir zurückreiten und uns um unsere Angelegenheiten kümmern, dann können wir auch diesem Feuer entkommen. Das muss uns nicht betreffen!“
    „Das wissen wir nicht. So wie ich die Sache deute, sind wir alle von dieser Katastrophe betroffen. Da gibt es kein Verstecken“, sagte Shankar erstaunlich gelassen.
    „Was können wir dann tun?“, fragte Jakob.
    „Wir befragen die Ahnen“, war die Antwort des Älteren.
    Jakob unterdrückte ein Schnauben. Er wusste, dass die Anchin an ihre Ahnengeschichten glaubten und wollte ihnen nicht zu nahetreten, doch er hatte auch nie verschwiegen, dass er von solchem Aberglauben nicht viel hielt.
    „Lass dich überraschen, junger Krieger“, sagte Prema an Jakob gewandt. „Es gibt Dinge, die wir kleinen, sterblichen Wesen nicht alleine meistern können.“
    Die Zuversicht in ihrer Stimme verwunderte ihn. Hoffte sie wirklich auf die Hilfe von Verstorbenen oder Geistern? Nun gut, ich werde mich überraschen lassen, dachte er.
    Shankar füllte das inzwischen kochende Wasser aus dem Kessel in zwei Becher und streute ein wenig von einem dunklen Pulver hinein. „Prema und Perpetua werden davon trinken“, wies Shankar Jakob an.
    „Warum sie? Was ist das?“
    „Es reinigt den Körper. Danach bekommen sie ein Kraut, das ihnen helfen wird, in die Welt der Geister einzutreten“, erklärte Shankar. „Prema wird mit ihr gehen und sie führen.“
    Jakob gab seine Anweisungen an die Perpetua weiter. Zu Jakobs Überraschung nickte sie mit entschlossenem Gesichtsausdruck. „Hast du keine Angst?“, fragte er.
    „Doch. Aber ich vertraue auf die höhere Macht und deren Weisheit. Ich bin mir sicher, dass dies eine Prüfung ist, die ich zu bestehen habe.“ Sie atmete tief durch. „Vielleicht kann ich euren Geistern so begreiflich machen, dass ihr uns helfen sollt.“
    Jakob war beeindruck von ihrem Mut. „Ich sorge dafür, dass dir nichts geschieht“, versprach er und setzte den Trank an ihre Lippen. In kleinen, vorsichtigen Schlucken trank sie, bis der Becher leer war.
    „Was passiert nun?“, fragte sie, doch Jakob wusste es selbst nicht.
    Auch Prema hatte ihren Becher ausgetrunken. Sie saß der Gefangenen auf der anderen Seite des Feuers gegenüber. Lal, Raj und Shankar setzten sich mit Trommeln um das Feuer und stimmten einen langsamen, eindringlichen Rhythmus an.
    „Mir ist schwindlig“, sagte die Frau und Jakob blickte unsicher zu Prema hinüber. Die Anchin hatte ihre Augen geschlossen und wippte mit ihrem Oberkörper im Takt der Trommeln leicht vor und zurück.
    „Ich denke das ist normal“, versuchte Jakob Perpetua wie auch sich selbst zu beruhigen. Auf einmal wurde ihm klar, wie viele der Bräuche seinen Stamm er noch nie hinterfragt hatte. Obwohl er schon an manchen Ritualen und Festen teilgenommen hatte, wusste er nicht, was dabei eigentlich gefeiert wurde und was die Bedeutung der einzelnen Schritte war. Wie viel Magie besitzen die Anchin eigentlich?
    „Kannst du sie nicht wenigstens von dem Strick befreien?“, fragte Jakob Khanna und auf ein Nicken Shankars hin, kam sie Jakobs Bitte nach.
    „Sie wird sich bald übergeben“, kommentierte Shankar.
    „Das hättest du mir auch früher sagen können“, meinte Jakob und informierte Perpetua.
    Kurz darauf entleerten die beiden Frauen ihren Mageninhalt am Rande des Zeltlagers. Schon hatte Shankar einen weiteren Sud vorbereitet, welchen Perpetua mit zwar bleichem, aber doch entschlossenem Gesicht trank. „Wenn ich damit fertig bin, kannst du mir ja deine Geschichte erzählen. Würde mich wundernehmen wie du in diese Gruppe geraten bist, Jakob“, sagte sie und verzog angewidert ihren Mund. „Scheußlicher Trank.“
    Jakob nickte verlegen. „Kann ich einrichten“, entgegnete er.
    Sie brachte tatsächlich ein vages Lächeln zustande.
    „Sie soll die Augen schließen“, wandte sich Shankar an Jakob, der die Worte weitergab. „Sie soll sich entspannen und sich dem Klang der Trommeln und dem Klang meiner Stimme überlassen.“
    Leichter gesagt als getan, dachte Jakob grimmig. Wie soll man sich im Lager von bewaffneten Fremden einfach so entspannen? Doch er übersetzte die Worte folgsam.
    „Die Wirkung der Kräuter werden ihr helfen, sich von diesem Körper zu lösen und die Mittlere Welt zu betreten. Dazu sollte sie sich vorstellen, ihren Körper zu verlassen. Danach wird sie imstande sein, mit Prema zu kommunizieren. Sie wird ihr dann alles Weitere erklären.“
    Perpetua nickte und schloss die Augen. „Ich bin sicher hier“, murmelte sie, es klang wie ein Gebet.
    „Wenn es funktioniert, könnte ihr Körper seine Spannung verlieren. Shiv, kümmerst du dich bitte darum?“, leitete Shankar die Reise weiter an.
    Shiv setzte sich hinter Perpetua auf den Boden, Raj hatte sich bereits hinter Prema niedergelassen. „Rahul und Ajit, ihr übernehmt die Wache. Hari, Verma, Jakob und Khanna, ihr geht in eure Zelte um zu schlafen“, ordnete Shankar an.
    „Ich bleibe hier“, protestierte Jakob sofort. „Ich muss auf sie achtgeben.“
    „Du gehst schlafen! Wir können es uns nicht leisten ohne Wachen zu sein. Deshalb ist es nötig, dass wir uns abwechseln. Du kannst nicht ewig wach bleiben und die Reise kann mehrere Stunden dauern“, erläuterte Shankar.
    „Warum kann nicht Ajit schlafen gehen?“
    „Weil du bereits die erste Wache mit Khanna geteilt hast.“
    Fluchend warf Jakob einen Blick auf Perpetua. Sie ist völlig schutzlos und ausgeliefert unter Fremden…
    „Keine Sorge, ich passe auf sie auf“, meinte Shiv.
    Jakob schaute in sein vertrautes Gesicht, schließlich nickte er. „Gut.“
    Khanna begleitete ihn, als er vom Feuer wegtrat. „Weshalb ist dir diese Frau so wichtig?“, fragte sie, als sie außer Hörweite der anderen waren.
    „Sie ist ein Mensch, jeder Mensch ist wichtig“, erwiderte er.
    „Würdest du für alle deinen Hals riskieren und das Leben deiner Freunde?“, hakte sie nach.
    Betreten schaute er an ihr vorbei ins Dunkel. Setzte er das Leben seiner Freunde aufs Spiel? Handelte es tatsächlich unvernünftig und leichtsinnig? „Ich möchte niemandes Leben leichtfertig gefährden. Aber wofür sind wir denn hier? Etwa um zuzusehen, wie andere so behandelt werden? Welchen Wert hat unser Leben noch, wenn wir diesen Menschen einfach den Rücken zukehren? Ich habe oft genug zugeschaut“, sagte er bitter. „Die Alpträume und das schlechte Gewissen verfolgen mich auch jetzt manchmal noch. Das will ich nicht wieder erleben. Wenn ich etwas für diese Menschen tun kann, dann werde ich es tun.“ Fest entschlossen blickte er ihr in die Augen. Schon erwartete er, sie würde ihn wieder ein unbedachtes Kind nennen, doch zu seiner Überraschung sah er Stolz in ihrem Gesicht.
    „Das kann ich respektieren“, sagte sie nickend. „Falls du nicht einschlafen kannst, kau das hier.“
    Sie drückte ihm ein paar getrocknete Kräuter in die Hand. „Hält auch die Alpträume fern…“
    Dann ging sie davon.

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey @RenLi,

    ein wirklich schöner Teil. Es fiel mir wie immer sehr leicht, dir zu folgen und du hast dieses "Verhör" zu Beginn und auch die Vorbereitung des Rituals klasse geschildert. Da wurden mal wieder ein paar richtig gute Ideen von dir verarbeitet :thumbsup:
    Schön finde ich auch, dass die unterschiedlichen Welten (ich nenne es jetzt mal so) der Spielleute, der Dorfbewohner und der Gnosis zusammenführst und erklärst, wie es zu der Spaltung durch Markus Aurelius gekommen ist. So macht alles einen Sinn.

    Bin gespannt, was die Ahnen sagen werden und wie sich die Spielleute positionieren werden. Mal eben gegen ein paar Banditen anzutreten, um die Dorfbewohner zu beschützen...das könnte noch spannend werden.

    Schreib`schnell weiter :)

    LG,
    Rainbow

  • Hi @RenLi

    Spoiler anzeigen


    Hachja. Der hitzköpfige Jakob, der gleich gegen eine ganze Bande Banditen kämpfen will, nur weil er ein "bisschen" kämpfen kann xD naja, wirklich gesehen haben wir ihn ja noch nicht, wie er sich nun im direkten Kampf so machen wird. bin da echt gespannt ob er mordend durch die Reihen zieht oder doch in sich zusammenfällt und hilfe brauch :P
    Ein Glück haben wir auch ein paar Vernünftige bei den Reisenden dabei. Mit deren Geisterwelt oder was die da haben kann ich nicht viel anfangen xD aber in deiner Geschichte scheint es ja soweit real zu sein, daher ist es auch plausibel, dass sie die Geister und Ahnen erstmal befragen. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was die sagen werden. "Zieht in den krrrrieg! :dwarf: "
    naja. Ich vermute mal, dass sie letztlich gegen die Banditen kämpfen werden. Möglicherweise nicht alle, aber Jakob aufjedenfall.
    Es bleibt spannend

    lg Kramurx