Der Sinn des Lebens

Es gibt 460 Antworten in diesem Thema, welches 124.017 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. Januar 2020 um 15:16) ist von RenLi.

  • Hallo zusammen
    Phu, ich habs noch geschafft. Heute gehts für zwei Wochen in die Berge. Wiedermal ohne Internet und nix. Sorry für die Pause, ich hatte gerade viel um die Ohren. Da bin ich doppelt froh, hab ich diesen Teil noch hingekriegt. :) Ein schöner Ausflug, um sich von dem ganzen drohenden Unheil etwas zu erholen.


    Jakob, die Welt der Toten (564 n. Rh.)
    Als Jakob erwachte, lag er in seinem Zelt auf dem Rücken. Abertausende Sterne leuchteten ihm entgegen und es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass dies nichts Gutes bedeutete. Sofort sprang er auf, taumelte mit noch immer steifen Gliedern zum Zeltausgang und sah sich den Schaden von außen an. „Das Dach ist weg!“, rief er erstaunt und blickte sich nach dem fehlenden Stück um.
    Da erblickte er Venja, die doch tatsächlich an dem braunen Leder kauend vor ihm davonlief. „He!“, rief Jakob ihr nach und rannte hinterher. „Venja, gib das zurück!“
    Sie rannte voran und blieb vor einem riesengroßen Baum stehen. Die Äste reichten bis in den Himmel hinauf und nun sah Jakob, dass die Sterne daran hingen, so zahlreich wie Eckern an einer Buche.
    „Das muss der Weltenbaum sein“, flüsterte Jakob beeindruckt. Woher er dies wusste, war ihm zwar schleierhaft, aber er war sich sicher, dass es stimmte.
    Er ging zu den gigantischen Wurzeln, die an manchen Stellen so dick waren wie der Ducatus und Jakob sah gerade noch wie ein weißer Affe mit seinem Zeltstück im Laub des untersten Astes verschwand. Jakob begann die erste Wurzel zu erklettern und zu seiner Überraschung ging das ganz leicht. Wie eine Spinne bewegte er sich den glatten Stamm hinauf, bis auf den untersteh Ast und folgte dann dem Affen weiter nach oben. Immer weiter stiegen sie, immer höher, bald hatten sie die Höhe der ersten Sterne erreicht. Doch obwohl Jakob ein so guter Kletterer war, war der Affe immer ein Stück voraus. Und plötzlich sah er ihn nicht mehr. Ich muss zur Krone hoch, dachte Jakob. Ich bin mir sicher, dass er dort auf mich wartet.
    Also stieg er höher und höher, der Stamm wurde auf einmal dünner. Weit konnte es nicht mehr sein! Nun konnte Jakob ihn mit beiden Händen umgreifen. Hier oben gab es keine Äste mehr und Jakob blickte nach unten. Alle Äste des Baumes breiteten sich über die Erde aus wie ein Netz von Adern und unter ihm leuchteten die Sterne. Jakob hätte sich bei dem Anblick beinahe verloren, doch dann erinnerte er sich daran, dass da oben jemand auf ihn wartete. Also kletterte er weiter, hielt bald nur noch ein dünnes Seil zwischen den Händen, hangelte sich daran hoch und höher. Über ihm war alles finster, das Licht der Sterne, die er weit unter sich zurückgelassen hatte, reichte nicht mehr bis hier hinauf.
    Jakob zuckte zusammen, als ihm ein eiskalter Tropfen auf den Scheitel fiel. Er blickte nach oben und sah eine hauchdünne Schicht Wasser über sich. Vorsichtig streckte er eine Hand danach aus. Sie war kalt, aber nur ein paar Haarbreiten dick. „Nichts wie durch“, sagte er sich und kletterte weiter.
    Eine kalte aber kurze Zeit später war Jakob oberhalb der Schicht angekommen. Nass war er erstaunlicherweise nicht und was noch viel verwunderlicher war, war die Tatsache, dass sich über dem Himmel eine grüne Wiese befand. Guten Mutes überquerte Jakob die Wiese, betrachtete die hübschen Blumen, den wolkenlosen Himmel über ihm. Eine Sonne konnte er zwar nirgends entdecken, trotzdem aber war es taghell. Weshalb er eigentlich hergekommen war, hatte er inzwischen vergessen, doch er wusste, dass jemand auf ihn wartete. Also ging er zielstrebig weiter, durchquerte einen kleinen Wald, schritt über eine hölzerne Brücke, unter der ein Bächlein sich durchschlängelte und erblickte einen Hügel. Dort oben!
    Sie saß neben einer alten Linde, oben auf dem Hügel. Das blonde Haar, ebenso hell wie seins, fiel ihr in sanften Wellen über den Rücken. „Rosalie!“, rief Jakob und rannte so schnell ihn seine Beine trugen den Hügel hinauf. „Rosalie!“
    Endlich drehte sie sich ihm zu und ihr Gesicht war noch viel schöner, als er sich hatte in Erinnerung behalten können. Schluchzend schloss er sie in seine Arme. Früher hatte er ihr nur bis zur Brust gereicht, nun war er einen guten Kopf größer als sie.
    Schweigend wiegte sie ihn in ihren Armen. „Du bist es wirklich! Hätte ich gewusst, dass du hier bist, dann wäre ich viel eher gekommen!“, stammelte er.
    „Das weiß ich doch“, entgegnete sie und hielt ihn auf Armeslänge von sich weg. „Du bist groß geworden“, sagte sie schmunzelnd.
    „Ja, schau mal, ich bin so viel größer als du!“, grinste Jakob und wischte sich die Tränen weg. „Ich muss die so viel erzählen! Oder noch besser! Du kannst mit mir wieder nach unten kommen!“
    Seine Begeisterung verflog, als er ihr ernstes Gesicht sah. „Du kannst nicht mitkommen?“
    Sie nickte. „Ich bin gestorben, Jakob. Ich kann nicht wieder nach unten.“
    „Aber du bist hier! Wo sind wir überhaupt?“
    „Wir sind in der Oberen Welt“, erklärte sie. „Hierher kommen die Seelen von Verstorbenen, wenn sie sich auf die nächste Reise begeben.“
    „Die Spielleute haben also Recht!“, rief Jakob verblüfft.
    „Es geht nicht darum, wer Recht hat, Jakob.“
    „Und warum bist du noch hier? Solltest du nicht weitergehen?“
    „Ich bleibe noch ein wenig hier“, antwortete sie mit einem Lächeln. „Ich könnte dich doch nicht alleine lassen.“
    „Wirklich? Du warst immer bei mir?“
    Sie nickte. „Von hier oben habe ich dich beobachtet, manchmal durfte ich dich sogar beschützen. Erinnerst du dich an den Tag, an dem du in Caput beinahe umgebracht worden wärst? Da habe ich dir Ananda geschickt. Oder als du beinahe ertrunken wärst? Oder in der Steppe, als du beinahe verdurstet wärst? Venja ist nicht ohne Grund zu dir gekommen. Sie ist eine ganz besondere Stute und es ist eine Ehe, dass du sie überhaupt reiten darfst.“
    „Was?!“ Jakob konnte kaum glauben was er da hörte. Durch seinen Kopf tanzten gleich mindestens hundert Fragen durcheinander. „Das hast alles du gemacht? Wie hast du Ananda geschickt? Was ist das überhaupt für einer? Ist er nicht irre? Und was ist mit Venja, klar sie ist wirklich ein besonderes Pferd, aber noch besonderer als ich dachte?“
    Rosalie lachte. „Du bist noch immer so energiegeladen wie als kleiner Junge.“
    „Klar, mich kann keiner unterkriegen“, entgegnete er.
    „Da bin ich sehr froh darüber. Zuweilen dachte ich schon, du würdest deine Freude verlieren. Aber seit du bei den Anchin bist, scheinst du dich erholt zu haben“, sagte sie noch immer lächelnd.
    „Kann ich nicht bei dir bleiben, Rosalie?“, fragte Jakob nun leise. Wenn er bei ihr war, dann fühlte er sich wieder wie der kleine Junge, der er einmal gewesen war. Behütet und geborgen.
    Doch sie schüttelte den Kopf. „Du gehörst in die Mittlere Welt, in die Welt der Lebenden. Aber du kannst dir sicher sein, dass ich dich nie alleine lassen werde. Und auch Venja passt auf dich auf. Du kannst ihrem Urteil vertrauen, Jakob. Wenn sie einen Weg einschlägt, dann folge ihr, in Ordnung?“
    Jakob nickte unwillig. Er wollte sie doch so gerne mit nach unten nehmen…
    „Wolltest du mich nicht noch etwas wichtiges fragen? Du bist doch nicht nur hier, um mich zu sehen, oder?“
    „Doch!“, rief er sofort, doch gleichzeitig wusste er, dass sie recht hatte. „Nun gut, es passiert wirklich gerade sehr viel, was ich nicht verstehe. Weißt du, was wir tun sollten? Sollen wir den Menschen aus dem Dorf helfen oder sollen wir einfach weiterziehen? Das kann nicht sein, oder? Wir können sie doch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, oder?“
    „Da hast du deine Antwort.“
    „Dann sollen wir ihnen also helfen?“
    „Hör auf das, was dein Herz dir sagt.“
    „Keine Ahnung, das kann doch nicht sprechen“, murrte er.
    „Bist du sicher? Es spricht vielleicht nicht in Worten, seine Nachrichten sind aber dennoch klarer als jedes Wort.“
    „Reden alle Toten so geheimnisvoll?“, fragte er etwas verstimmt. „Du sprichst wie Ananda. Warte! Heißt das, er ist auch tot?“
    Lachend fuhr sie sich durch ihr blondes Haar. „Nein, er ist so lebendig wie du. Aber er ist nun mal so. Mach dir wegen ihm keine Sorgen. Er mag etwas eigen sein, aber er ist ein guter Mensch. Hör auf das, was er dir sagt, er ist ein weiser Mann. Aber viel wichtiger, hör auf dein Herz. Es ist der beste Kompass überhaupt.“

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey RenLi,

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    ich musste gerade erst wieder reinkommen und dachte anfangs "Hä? Was geht denn jetzt ab? Was ist das für ein Affe und was ist das für ein sonderbarer Baum?"

    Dann dämmerte es mir aber so langsam, dass es ein Traum sein musste und ich finde, das hast du ganz wunderbar beschrieben. Wirklich mit ganz viel Fantasie und Gefühl :thumbsup: Auch, dass Jakob Rosalie trifft, finde ich eine schöne Idee. Und dass sie ihm erzählt, sie habe ihn die ganze Zeit über beschützt...

    Und sein Entschluss dürfte am Ende also feststehen. Er wird sich dafür einsetzen, dass den Menschen geholfen wird. Im Grunde war das eh schon klar... aber so, wie du es geschrieben hast, macht es noch ein bisschen mehr Sinn.

    Hier nur drei Kleinigkeiten, über die ich gestolpert bin:

    Also ging er zielstrebig weiter, durchquerte einen kleinen Wald, schritt über eine hölzerne Brücke, unter der ein Bächlein sich durchschlängelte und erblickte einen Hügel. Dort oben!
    Sie saß neben einer alten Linde, oben auf dem Hügel.

    vielleicht Anhöhe (?)


    „Ich muss die so viel erzählen! Oder noch besser! Du kannst mit mir wieder nach unten kommen!“

    dir


    Sie ist eine ganz besondere Stute und es ist eine Ehe, dass du sie überhaupt reiten darfst.“

    Ehre

    Und jetzt viel Spaß in den Bergen. Komm gesund und heil wieder :D

    LG,
    Rainbow

  • Jakob, die Welt der Toten (564 n. Rh.), Teil II
    „Der Turbanmann, ich weiß nicht…“, murrte er, doch dann kam ihm etwas anderes in den Sinn. „Weshalb bist du eigentlich gegangen Rosalie?“, fragte er und fühlte die schmerzhafte Anklage in seiner Brust. Sie war sein einziger Anker gewesen in der Welt und sie hatte ihn verlassen, indem sie sich selbst umgebracht hatte. All die Jahre lang hatte er zwar dem Gutsherrn die Schuld in die Schuhe geschoben, um weiterhin am guten Bild seiner geliebten Schwester festhalten zu können, aber ganz hatte er den Vorwurf an sie nicht verdrängen können.
    „Das tut mir so leid, Jakob. Komm, ich erzähle es dir während wir gehen.“ Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn vom Hügel hinunter. „Ich glaube, du erinnerst dich nicht mehr an alles, was damals vorgefallen ist“, begann sie. „Der Gutsherr hat uns übel mitgespielt, das wirst du wahrscheinlich noch wissen. Glücklicherweise war da noch die Köchin, die uns ab und zu mal etwas zugesteckt hat, sonst hätten wir die harte Arbeit wohl nicht überstanden. Außerdem konnte ich ein paar Münzen stehlen und sobald ich genug zusammen hätte, so sagte ich mir, würde ich mit dir von diesem Ort verschwinden. Wir hatten beide bereits ein kleines Bündel gepackt und unter dem Bett versteckt, zusammen mit dem Geld. Doch an dem Abend, an dem wir fliehen wollten, hat der Gutsherr mich zu sich bestellt, wie er es manchmal tat. Ich hätte gleich mit dir weglaufen sollen… Er war betrunken und wurde gewalttätig, als ich bei ihm war. Als ich mich gewehrt habe, wurde es nur noch schlimmer, bis er mich von sich stieß und ich mit dem Kopf an die Wand schlug. Dadurch verlor ich das Bewusstsein. Doch er glaubte, ich sei tot. In seinem Wahn hat er keinen anderen Ausweg gewusst, als mich in meiner Kammer an einem Strick er erhängen, um meinen vermeintlichen Tod auf diese Weise wie einen Selbstmord aussehen zu lassen.“
    „Du hast dich gar nicht umgebracht?“, stammelte Jakob.
    „Nein, das hätte ich dir nicht antun können.“
    „Aber du hast gesagt, du hättest den Sinn des Lebens verloren.“
    „Das war bevor ich den Entschluss gefasst hatte, mit dir zu fliehen. Von da an wusste ich, dass es nicht so weitergehen konnte. Du hast mir immer so viel Kraft gegeben. Immer wenn ich dachte, ich müsse im Elend versinken, hat dein strahlendes Lachen mich wieder aufwachen lassen. Ich bin so froh, dass du einen Weg bis hierher gefunden hast, Jakob. Und dass du trotz allem noch immer lachen kannst.“
    Tränen schimmerten in ihren Augen und sie küsste ihn auf die Wange. „Ich werde auch weiterhin mein Möglichstes tun, um dich zu schützen. Aber werd mir bloß nicht zu wagemutig, schließlich kann ich nicht zaubern“, mahnte sie ihn mit einem Lächeln. „Streng lieber deinen Kopf etwas an.“
    „Ich und wagemutig? Niemals“, scherzte er, doch dann verging ihm das Lachen, denn er wurde gewahr, wo sie sich befanden. Rosalie hielt das Seil zum Abstieg in den Händen und hielt es ihm hin. „Muss ich schon gehen?“, fragte er betrübt.
    Sie nickte. „Du musst dich wieder um andere Dinge kümmern. Dein Leben spielt sich dort unten ab. Auch da gibt es Menschen, die dich brauchen. Aber ich bleibe immer in der Nähe. Auch wenn du mich nicht sehen kannst.“
    Stürmisch umarmte er seine Schwester, dann packte er das Seil entschlossen mit beiden Händen.
    „Ich rette diese Menschen, du wirst schon sehen. Und ich sterbe nicht dabei, das verspreche ich dir!“, rief er und begann den Abstieg. Wieder passierte er diese seltsame Wasserschicht und erreichte den Stamm des Baumes. Je weiter er kam, desto mehr blendete ihn das Licht, das von überall her zu kommen schien. Bald schon sah er nichts mehr, sodass er sich blind vorantasten musste.
    Er kletterte die Wurzeln hinunter und rannte in die Richtung, in welcher er das Zelt vermutete. Der Boden begann zu beben, Stimmen dröhnten in seinem Kopf und das Licht blendete ihn. Er strauchelte, fiel hin und als er die Augen wieder aufschlug, erblickte ein glattes Ei mit Mund, Nase und zwei Augen.
    „He, Jakob!“, rief das Ei und schüttelte ihn. „Endlich! Ich dachte schon, du bist wer weiß wo steckengeblieben.“
    Jakob starrte in das Gesicht und nun erkannte er Rahul, der bereits drauf und dran war, ihm eine Ohrfeige zu verpassen.
    „He, er braucht noch einen Moment, lass ihn mal ankommen“, hörte Jakob eine weitere Stimme und kräftige Hände packten den erhobenen Arm Rahuls.
    Jakob brauchte einen Moment, um die Szene einordnen zu können. Er fühlte sich gar nicht als Teil des Ganzen, eher wie ein Zuschauer. Doch allmählich kehrte das Gefühl in seine Glieder zurück und er erkannte, dass er in dem Zelt lag, welches er mit Rahul teilte. Er atmete geräuschvoll aus, krümmte seine Finger und setzte sich dann langsam auf. „Das war unglaublich!“, schnaufte Jakob.
    „Was ist passiert?“, wollte Rahul wissen. „Schon seit einer Ewigkeit versuche ich dich zu wecken, aber du hast kein Lebenszeichen von dir gegeben.“
    „Wenn das Tor offen ist, dann kann es schon mal vorkommen, dass jemand gleich mitgeht“, meinte Shiv. „Komm erst mal mit nach draußen, du kannst auch da noch erzählen, was du erlebt hast.“
    Also folgte Jakob Rahul aus dem Zelt hinaus, Shiv half ihm beim Gehen, denn seine Beine wollten sein Gewicht noch nicht vollständig tragen.
    Die Sonne schien bereits über die Baumwipfel und es schien als haben sich alle bereits um die erkaltete Feuerstelle versammelt. „Was macht der Verrückte hier?!“, rief Jakob aus und deutete auf Ananda, der neben Shankar saß und mit dem Alten redete.
    „Er ist zufällig hier vorbeigekommen. Unglaublich wie er es fertigbringt, immer zur richtigen Zeit an richtigen Ort zu sein“, sagte Shiv ehrfurchtsvoll. „Wir können seine Hilfe wirklich gut gebrauchen!“
    Jakob schnaubte, doch dann erinnerte er sich an die Worte seiner Schwester. Warum soll ich ihm vertrauen? Na gut, er hat mir zwei Mal das Leben gerettet. Aber er ist verrückt…. Kann er wirklich mit meiner Schwester sprechen? Warum hat er mir nie gesagt, dass sie ihn schickt? Am besten ich frage ihn direkt!
    Jakob machte sich von Shiv los und stapfte so selbstsicher wie möglich auf den Turbanmann zu, baute sich vor ihm zu voller Größe auf und fragte: „He, kennst du meine Schwester? Hat sie dich geschickt?!“
    Mit blitzenden Augen sah Ananda auf, er grinste herausfordernd. „Da ist wohl einer von seiner Reise zurück – aber ganz angekommen bist du wohl noch nicht“, setzte er hinzu, als Jakob taumelnd um sein Gleichgewicht kämpfte. „Ich bin hier, weil es an der Zeit ist, hier zu sein. Und weshalb bist du hier?“
    „Wie kann Rosalie dich nur mögen?“
    „Sie hätte dich ein bisschen besser erziehen können“, meinte Ananda schelmisch.
    „Dann kennst du sie also doch?!“
    „Ich kenne jede hübsche Frau im Umkreis von vier Welten.“
    Jakobs Gesicht wurde feuerrot und hätten seine Haare in Flammen gestanden, es hätte wohl niemanden überrascht. „Genau deshalb kann ich dich nicht leiden!“, rief er empört.
    „Komm mal wieder runter, Jakob. Und Ananda, du könntest dich auch ein bisschen rücksichtsvoller verhalten“, wies Prema die beiden zurecht.
    Ananda erhob sich und verbeugte sich elegant. „Entschuldige, Jakob. Manchmal geht es mit mir durch. Ich wollte dich nur ein bisschen auf die Schippe nehmen, aber sobald wir etwas mehr Zeit haben, beantworte ich dir all deine Fragen.“
    Jakob schnaubte. Er glaubte keine Sekunde lang, dass dieser aufgeblasene Trottel ihm auch nur eine seiner Fragen würde beantworten können. „Nichts als heiße Luft“, sagte er zerknirscht in seiner Landessprache, einen Moment vergessend, dass Ananda diese auch fließend sprach. Doch der Turbanmann ging nicht darauf ein. Stattdessen wandte er sich an die Versammelten: „Nun da wir vollzählig sind, können wir unser weiteres Vorgehen besprechen.“
    Sofort entbrannte eine hitzige Diskussion darüber, ob man nun eingreifen sollte oder nicht. Dabei spielten die Berichte von Perpetua und Prema eine wichtige Rolle. Die beiden Frauen berichteten, sich in der Mittleren Welt aufgehalten zu haben. Normalerweise hätte Jakob den Worten mit viel Skepsis gelauscht, doch nach seinem eigenen Erlebnis diese Nacht, kam er nicht umhin, ihnen mehr Bedeutung zuzumessen.
    „Die Zeichen sind unmissverständlich. Wir müssen handeln“, sagte Shankar.
    „Beide Frauen haben gesehen, wie das Pferd den Bären bezwingt. Wir werden es schaffen“, meinte Rahul.
    „Aber sowohl das Pferd wie auch der Bär haben Wunden davongetragen“, wandte Raj ein.
    „Keine tödlichen.“
    „Und das Pferd war verkleidet als Wiesel, das muss etwas zu bedeuten haben!“
    „Vielleicht müssen wir uns als Dorfbewohner verkleiden.“
    „Und was ist mit den Ungeheuern, welche den Bären erschreckt haben?“
    Ananda ergriff das Wort: „Ich habe da so eine Idee, was es bedeuten könnte. Aber als erstes würde ich sagen, sprechen wir mit den Dorfbewohnern. Sie müssen mit der Sache einverstanden sein, sonst können wir noch lange diskutieren.“
    Shankar stimmte ihm zu. „Ich denke, der erste Teil der Botschaft ist ziemlich klar. Wir mischen uns unter die Dorfbewohner, sodass die Banditen nicht merken, dass wir überhaupt hier sind – wir können nur hoffen, dass sie unser Lager noch nicht entdeckt haben.“
    „Einige von uns könnten weiterziehen, um den Eindruck zu erwecken, dass wir kein Interesse an dem Dorf haben.“
    „Das wäre eine Möglichkeit. Ananda, du kennst die Dorfbewohner. Gehst du mit Perpetua, Shiv und Jakob hin, um mit ihnen zu sprechen?“
    „Warum ich? Er spricht doch die Sprache“, wandte Jakob ein.
    „Sie haben dich und Shiv schon einmal gesehen und ihr habt ihnen nichts Schlimmes getan, sondern habt euch zurückgezogen. Vielleicht hilft dies, ihr Vertrauen zu gewinnen.“
    „Ich werde auch mitgehen“, sagte Prema. „Ich möchte Perpetua begleiten.“
    Shankar nickte. „Gut, dann geht. Länger zu warten lohnt sich nicht.“

    Spoiler anzeigen


    Hi Rainbow
    Danke dir für die Rückmeldung!

    Auch, dass Jakob Rosalie trifft, finde ich eine schöne Idee. Und dass sie ihm erzählt, sie habe ihn die ganze Zeit über beschützt...

    Jaaa, soo super! Endlich bekommt Rosalie mal die Gelegenheit mit ihm zu sprechen! Wollte sie schon lange, weil sie sieht, wie er sich quält wegen ihrem Tod und so - auch wenn er es ja schon ziemlich verarbeitet hat...

    Und sein Entschluss dürfte am Ende also feststehen. Er wird sich dafür einsetzen, dass den Menschen geholfen wird.

    Und die anderen sind nun auch ziemlich dieser Meinung nach den Erlebnissen der beiden Frauen. Es kann also losgehen! :D

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey RenLi,

    schön, dass die Zivilisation dich wieder hat :) Hier kommen meine Amerkungen zu aktuellen Teil:

    Spoiler anzeigen

    Also, für mich hat wieder eimal alles gepasst, weshalb ich nichts zu beanstanden habe. Ledglich ein bisschen Kleinkram:

    Er war betrunken und wurde gewalttätig, als ich bei ihm war. Als ich mich gewehrt habe, wurde es nur noch schlimmer, bis er mich von sich stieß und ich mit dem Kopf an die Wand schlug. Dadurch verlor ich das Bewusstsein. Doch er glaubte, ich sei tot. In seinem Wahn hat er keinen anderen Ausweg gewusst, als mich in meiner Kammer an einem Strick er erhängen, um meinen vermeintlichen Tod auf diese Weise wie einen Selbstmord aussehen zu lassen.“

    Interessant! Dann hat sie sich also gar nicht selbst getötet...(an einem Strick zu erhängen...müsste es heißen :) )


    „Muss ich schon gehen?“, fragte er betrübt.
    Sie nickte. „Du musst dich wieder um andere Dinge kümmern. Dein Leben spielt sich dort unten ab. Auch da gibt es Menschen, die dich brauchen. Aber ich bleibe immer in der Nähe. Auch wenn du mich nicht sehen kannst.“

    ;( .... so schön... und soooo traurig....


    Je weiter er kam, desto mehr blendete ihn das Licht, das von überall her zu kommen schien. Bald schon sah er nichts mehr, sodass er sich blind vorantasten musste.
    Er kletterte die Wurzeln hinunter und rannte in die Richtung, in welcher er das Zelt vermutete. Der Boden begann zu beben, Stimmen dröhnten in seinem Kopf und das Licht blendete ihn.

    da kannst du dir sicher noch eine andere Formulierung einfallen lassen....


    Er strauchelte, fiel hin und als er die Augen wieder aufschlug, erblickte ... ein glattes Ei mit Mund, Nase und zwei Augen.

    er (?)


    „Ich bin hier, weil es an der Zeit ist, hier zu sein. Und weshalb bist du hier?“
    „Wie kann Rosalie dich nur mögen?“
    „Sie hätte dich ein bisschen besser erziehen können“, meinte Ananda schelmisch.

    Hier war mir kurz nicht klar, wer da spricht. Ich weiß nicht, ob du die Absätze ungünstig gesetzt hast...oder ob ich ein Brett vorm Kopf habe. Wer spricht der satz: "Wie kann Rosalie dich nur mögen?" Wenn es Jakob ist, der das noch ergänzend hinzufügt, wären die neuen Anführungszeichen Quatsch. Aber wenn es Ananda ist, passt es auch nicht wirklich. :hmm: Also klär mich mal auf ^^

    Wir müssen handeln“, sagte Shankar.
    „Beide Frauen haben gesehen, wie das Pferd den Bären bezwingt. Wir werden es schaffen“, meinte Rahul.

    Ein schönes Bild :thumbsup:

    Bin schon gespannt auf die Konfrontation mit den Baditen...

    LG,
    Rainbow

  • Hi Rainbow

    Danke dir! Jap, bin wieder putzmunter und mit Bergluft gefüllt wie ein Ballon :)

    "He, kennst du meine Schwester? Hat sie dich geschickt?!“
    Mit blitzenden Augen sah Ananda auf, er grinste herausfordernd. „Da ist wohl einer von seiner Reise zurück – aber ganz angekommen bist du wohl noch nicht“, setzte er hinzu, als Jakob taumelnd um sein Gleichgewicht kämpfte. „Ich bin hier, weil es an der Zeit ist, hier zu sein. Und weshalb bist du hier?“ (das sagt Ananda, als Antwort auf die Frage, ob er von Rosalie geschickt wurde)

    „Wie kann Rosalie dich nur mögen?“, murrte Jakob. (hab ich jetzt noch angefügt)

    „Sie hätte dich ein bisschen besser erziehen können“, meinte Ananda schelmisch.
    „Dann kennst du sie also doch?!“
    „Ich kenne jede hübsche Frau im Umkreis von vier Welten.“

    Meinst du, das geht so?
    Ich hoffe mal, ich brauch nicht allzu lange bis zum nächsten Abschnitt. Bin auch schon gespannt, wie sie sich mit den Banditen zurechtfinden werden :)

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey!
    Ich bin auch wieder Aktuell :D
    Mensch, Ren Li. Ich mochte deine Geschichte ja schon immer, aber die neuen Entwicklungen von Jacob sind so cool!
    Ich liebe die Spielleute, mit ihren Ahnen, der toleranz gegenüber unkonventionelle Beziehungen, den Respekt vor den Tieren, die bunten Rituale und und und!
    Jacob ist da wirklich wundervoll aufgehoben.
    Als er den Monat im Tal war, befürchtete ich schon, dass wieder ein neuer Abschnitt beginnt, aber er hat zurückgefunden. Wie schön :love:
    So sehr er sich gegen "Männerliebe" streubt, und so schwierigkeiten er mit der Frauenwelt hat, würde ich es feiern wenn er mal selbst was mit dem gleichen Geschlächt anfängt :rofl: oder aber Asexuel wird, aber dafür mochte er Asha etwas zu sehr hihihi.

    Ich finde es toll, wie du immer so kleinere (und nicht so kleine) Liebesgeschichten einbaust, und wie diese si natürlich wieder auseinander gehen. Sonst sieht man das häufig, dass der Held mit der "erstbesten" auch am ende zusammenkommt. Bei dir weiß man nie, wird es Devi? doch Asha? oder kommt Emili noch mal vor? Oder doch etwas ganz anderes?

    Du trägst mit so vielen Schichten, so viel realität auf, dass man sich extrem gut in die Figuren einleben kann.

    Außerdem lässt du es nicht ausufern und zu einer tragischen Liebeskomödie werden. Immer wieder bringst du magisches mit rein, Kämpfe und spannung. Es wird nie langweilig.

    Eigentlich wollte ich nur 2 Parts heute lesen, es sind dann doch 6 geworden xD
    Bin mega gespannt, wie es mit dem Dorf weitergeht. Was die Dorfbewohner erzählen werden und wie sie die Banditen besiegen.
    Außerdem frage ich mich, ob die Gnosis wirklich so schlimm ist, in anderen Strängen sehen wir sie von einer besseren Seite.

    Danke, für diese wundervolle Geschichte.

    Genesis: Sie ist Azathoth, das amorphe Chaos in der zentralen Leere
    Josh: Meine Prophetin!

  • @Aztiluth

    Spoiler anzeigen


    Hi Az, bin gar noch nicht dazu gekommen, dich wieder hier willkommen zu heissen! :super:
    Cool, dass es dich gleich wieder reingezogen hat!

    So sehr er sich gegen "Männerliebe" streubt, und so schwierigkeiten er mit der Frauenwelt hat, würde ich es feiern wenn er mal selbst was mit dem gleichen Geschlächt anfängt oder aber Asexuel wird, aber dafür mochte er Asha etwas zu sehr hihihi.

    Hihii, ich fände es ja toll, wenn er sich in Ganesha verlieben würde. Wären sie nicht ein tolles Paar?? :D

    Ich finde es toll, wie du immer so kleinere (und nicht so kleine) Liebesgeschichten einbaust, und wie diese si natürlich wieder auseinander gehen. Sonst sieht man das häufig, dass der Held mit der "erstbesten" auch am ende zusammenkommt. Bei dir weiß man nie, wird es Devi? doch Asha? oder kommt Emili noch mal vor? Oder doch etwas ganz anderes?

    Jaaa, das find ich an vielen Geschichten nicht sooo cool. Da weiss man oft schon von Anfang an, wer mit wem und so weiter. Find ich nicht so realistisch. Irgendwie verliebt man sich im echten Leben doch auch ständig neu und vor allem in jungen Jahren haben wir Mädels uns jedenfalls ständig in einen aus der Parallelklasse verliebt, ohne überhaupt auch nur ein Wort mit dem Typen gesprochen zu haben. Einfach nur, weil er eben süss war oder so... Hach, die guten alten Zeiten...

    Außerdem frage ich mich, ob die Gnosis wirklich so schlimm ist, in anderen Strängen sehen wir sie von einer besseren Seite.

    :diablo: hahaa, damit spiel ich am liebsten. Dieselbe Sache von verschiedenen Blickwinkeln darstellen und schon sieht alles wieder anders aus. Da bin ich derselben Meinung mit Ananda - auch wenn er wirklich manchmal nervt. Es ist eben nicht alles einfach Schwarz oder Weiss. :D
    Na auf jeden Fall willkommen zurück und ich bemüh mich so regelmässig wie möglich neue Abschnitte zu posten, auch wenns im Moment nicht so gut klappt...



    Jakob, Wahnsinn oder Schicksal? (564 n. Rh.) Teil I
    Misslaunig stach Jakob mit der Nadel durch den rauen Stoff. Frauenarbeit!, schimpfte er innerlich und warf dem Mädchen neben sich einen Blick zu. Sie ging viel schneller und geschickter mit der Nadel um als er.
    „Wir können nur hoffen, dass das auch funktioniert“, murrte Jakob. Er hätte auf die Tricks der Spielleute lieber verzichtet und wäre den Banditen offen gegenübergetreten.
    „Mach dir da mal keine Sorgen. Wenn Verma sagt das klappt, dann wird es auch“, meinte Ajit, der ebenfalls zum Nähdienst verdonnert worden war.
    Jakob musste niesen. „Ah, hier ist es einfach zu staubig“, beklagte er sich.
    Es kam ihm so vor als würden sie bereits seit Stunden im Strohlager sitzen und an dem Ding rumbasteln. „Ich brauch mal ein bisschen frische Luft, kommst du mit?“, fragte er seinen Freund, doch der schüttelte den Kopf.
    „So langsam hab ich den Dreh raus, geh du ohne mich“, sagte Ajit.
    „Ist das dein Ernst?“, fragte Jakob ungläubig. „Du magst das?“
    Ajit zuckte mit den Schultern. „Ist mal was anderes“, meinte er nur und zog den Faden durch das Loch.
    „Dir hat der Staub das Hirn zerfressen“, entgegnete Jakob.
    Ajit zog eine Schnute. „Ich kann eben noch anderes als nur mit dem Stock auf Leute einzuschlagen“, sagte er beleidigt.
    Kopfschüttelnd ließ Jakob seinen Freund mit den anderen Nähenden zurück, kletterte die Leiter hinunter und trat hinaus auf den Platz vor dem Lagerhaus. Der Himmel draußen war bewölkt und ein kühler Wind strich zwischen den Hütten hindurch. Erneut musste er nießen, als er sich den Staub von den Kleidern klopfte. Nun ein kleiner Übungskampf mit Ganesha wäre gut, dachte Jakob sehnsüchtig. Oder ein Ausritt auf Venja…
    Doch da sie kein Aufsehen erregen wollten, waren die meisten Pferde nicht hier im Dorf untergebracht. Einige der Dorfbewohner und der Spielleute waren mit den kleinen Kindern ein Stück weitergezogen, um die Banditen weiter zu verwirren, falls sie ihr Lager entdeckt hatten.
    Die Dorfbewohner hatten die Anchin viel freundlicher aufgenommen, als Jakob gedacht hätte. Anscheinend dachten viele von ihnen ähnlich wie Perpetua. Konnte es doch sein, dass es ihr Schicksal war hier zu sein? Oder der Wille eines höheren Wesens?
    Jakob legte den Kopf in den Nacken und blickte zum trüben Himmel auf. Irgendwo dort oben saß seine Schwester und schaute hinunter zu ihm. Wie viel konnte sie beeinflussen? Konnte sie ihnen helfen die Banditen zu vertreiben? Und wenn sie da oben war, wie viele Verstorbene waren dann noch in dieser seltsamen Welt oberhalb des Weltenbaumes, an dessen Ästen die Sterne des Himmels hingen?
    „Vielleicht kann sie mich nicht sehen, wenn der Himmel bewölkt ist“, überlegte er und hielt vergeblich nach einem blauen Flecken in der Wolkendecke Ausschau.
    Ein raues Lachen holte ihn auf die Erde zurück. „Du stellst dir das alles zu weltlich vor“, grinste Ananda, der in gewöhnlichen Bauernkleidern neben einer Hütte saß.
    Jakob zog die Brauen zusammen. „Dich hab ich nicht gefragt“, sagte er, doch gleichzeitig beäugte er den Turbanmann neugierig.
    Er hatte Ananda in den beiden vergangenen Tagen beobachtet. Es kam ihm so vor, als hätte der seltsame Frauenheld zwei verschiedene Gesichter. Da war das eine, welches Jakob bereits vertraut war. Dann machte der Turbanmann kuriose Sprüche, grinste oft und erzählte seine fehlplatzierten Geschichten. Und da war auch seine andere Seite. Dann war er ernst und eher in sich gekehrt. Oft saß er mit geschlossenen Augen am Rande des Dorfes, ohne auch nur mit den Lidern zu zucken.
    „Kann es sein, dass zwei Menschen in einem Körper wohnen?“, frage Jakob geradeheraus.
    „Ich würde nichts ausschließen, nur weil ich es noch nicht gesehen habe“, gab Ananda zur Antwort.
    Genau diese Art von Ausreden war es, welche Jakob nicht leiden konnte. „Was machst du, wenn du dasitzt und nichts tust?“, fragte er weiter. „Wir haben viel zu tun, du könntest mithelfen.“
    Jakob war sich bewusst, dass er für eine solche freche Bemerkung von Prema bestimmt zurechtgewiesen worden wäre, doch Ananda gegenüber konnte er sich einfach nicht zusammennehmen.
    „Hinter den geschlossenen Läden eines Hauses kann so manches passieren.“
    Jakob verdrehte die Augen. „Und was machst du?“
    „Manchmal tue ich tatsächlich nichts. Manchmal beobachte ich die Welt“, rückte Ananda heraus.
    „Wie kannst du die Welt beobachten, wenn doch deine Augen geschlossen sind?“
    „Manchmal sieht man ohne Augen besser.“
    „Machst du das absichtlich?“, fragte Jakob genervt.
    „Was?“, fragte der Turbanmann mit Unschuldsmine zurück.
    Jakob setzte sich vor Ananda auf die Straße, stützte die Hände auf die Knie und schaute ihm direkt in die Augen. „Ich weiß nicht, ob du verrückt bist oder ob du mich absichtlich zur Weißglut treibst.“
    „Mir gefällt, dass du deine Anliegen so frei ausdrücken kannst“, entgegnete Ananda, woraufhin Jakob seinen Kopf hätte gegen eine Wand schlagen mögen.
    „Kein Wunder, dass du keine Freunde hast. Wer würde das aushalten?“, seufzte der Junge.
    Ananda lachte. „Ah, ich schätze deine Ehrlichkeit“, sagte er und lehnte sich an die Wand hinter sich. „Suchst du noch immer nach dem Sinn des Lebens?“
    Einen Moment war Jakob zu verdutzt, um antworten zu können. „Ich denke schon“, erwiderte er schließlich und überlegte, wann er dem Turbanmann von seiner Suche erzählt hatte.
    „Wo ist denn dein Enthusiasmus geblieben?“
    Jakob zog die Stirn kraus. „Der ist wohl irgendwo zwischen Ertrinken und Verdursten auf der Strecke geblieben“, gab er zur Antwort. „Ich bin auch kein Stück weitergekommen. Manchmal frage ich mich, ob das Ganze überhaupt einen Sinn ergibt. Aber dann…“ Jakob musterte den Turbanmann skeptisch. Rosalie hatte ihm geraten, Ananda zu vertrauen. Er gab sich einen Ruck. „Dann hatte ich diesen Traum, oder vielleicht war es auch kein Traum.“
    Jakob verstummte, doch Ananda unterbrach ihn nicht. Er schaute ihn nur aufmerksam an, lehnte entspannt an der Mauer. Ob nun der vernünftige Ananda da ist?, fragte Jakob sich.
    „Ich bin einen großen Baum hochgeklettert, an dessen Ästen alle Sterne des Himmels hingen und oben war eine andere Welt. Dort habe ich meine Schwester getroffen, obwohl sie bereits seit Jahren tot ist. Wir haben miteinander gesprochen und vielleicht kann ich wieder dorthin gehen, um sie zu sehen. Sie hat gesagt, dass sie dich geschickt hat, um mir zu helfen. Wie geht das? Wie kannst du mit ihr sprechen?“
    Angespannt wartete Jakob auf eine Antwort. Wenn er wieder mit einer Geschichte antworten würde, dann war das sein letzter Versuch gewesen, etwas Vernünftiges aus dem komischen Kauz herauszubekommen…
    „Was mich leitet ist der Pulsschlag der Erde, das Wispern des Windes und die Geister in den Baumkronen – und manchmal höre ich auch auf die Anliegen verstorbener Seelen. Getroffen habe ich deine Schwester nur einmal direkt, meist hat sie mir durch andere Wesen Warnungen zukommen lassen, wenn du in Gefahr warst. Sie ist wirklich sehr hartnäckig und hat nicht lockergelassen, bis ich nach Caput gegangen bin, um dich zu suchen. Du forderst dein Schicksal wirklich heraus, junger Krieger. Wärst du wie ein anständiges Kind in dem Waisenhaus geblieben, hätte ich nicht alle Hände voll zu tun, um dich aus misslichen Lagen zu befreien.“
    Jakob blieb der Mund offen stehen. „Warst du etwa die ganze Zeit hinter mir her?“, fragte er vollkommen perplex.
    „Werd mal nicht übermütig. Ich habe noch anderes zu tun, als immer auf dich aufzupassen. Aber deine Schwester hat ein Hänchen dafür, mich im richtigen Moment abzupassen.“
    „Hat sie dich auch jetzt geschickt?“, fragte Jakob aufgeregt.
    „Das hätte sie wahrscheinlich – schließlich bist du gerade dabei, dich heldenhaft dem Tod auszuliefern“, antwortete Ananda und fixierte Jakob mit seinen dunklen Augen. „Aber das war nicht nötig. Ich bin auch so gekommen. Die Anchin und die Menschen dieses Dorfes liegen mir am Herzen. Ich war selbst schon viele Male hier und kenne die Dorfbewohner gut, da würde ich nicht mitansehen wollen, wie sie alle niedergemetzelt werden.“
    Jakob schauderte. „Glaubst du, das mit dem Drachen wird funktionieren?“
    „Glauben kann man alles. Wie es kommt, das werden wir sehen, wenn es soweit ist.“
    Auf Jakobs Schnauben hin, lächelte Ananda und hob eine Braue. „Immer willst du fixe Antworten. Das Leben ist nicht in Stein gemeißelt, Jakob. Es gibt nicht einfach richtig oder falsch, gut oder schlecht.“
    „Jedes Kind weiß, was gut und was schlecht ist“, murrte Jakob.
    „Bist du dir da sicher? Hast du einmal über die Situation nachgedacht, in der du dich gerade befindest? Woher willst du wissen, ob du das Richtige tust? Nehmen wir einmal an, die Banditen überfallen dieses Dorf. Du hast mit eigenen Augen gesehen, was geschehen kann, wenn sie mit einem Dorf durch sind.“
    Jakobs Glieder versteiften sich. Daran wollte er bestimmt nicht denken.
    „Keine schöne Sache, nicht wahr? Stell dir also vor, der ganze Plan mit dem Drachen misslingt und nicht nur die Dorfbewohner, sondern auch deine Freunde sterben bei dem Versuch, sie zu retten. Würdest du dich dann nicht selbst dafür verfluchen, auf deine tollkühne Heldentat bestanden zu haben?“
    „Sie werden nicht sterben!“
    „Das kannst du nie wissen.“
    „Aber Prema hat gesehen, dass das Pferd siegen wird. Wir sind das Pferd, anders macht es keinen Sinn. Und die anderen sind auch dafür zu helfen!“
    „Und schon weichst du der Frage aus… Es ist nicht immer einfach zu sagen, was nun die richtige Entscheidung ist. Was zum Beispiel willst du mit den Banditen tun, wenn sie kommen. Willst du sie töten?“
    Jakob war bereits versucht einfach mit Ja zu antworten, doch dann verschränkte er mürrisch die Arme vor der Brust. „Willst du nun etwa sagen, dass es falsch ist, diese bösartigen Kreaturen zu töten? Ich meine, sind das überhaupt noch Menschen? Das sind Bestien!“
    „Wie kannst du dir da sicher sein? Du kennst sie nicht, weißt nicht, was sie dazu treibt, so zu handeln wie sie es tun.“
    „Was gäbe es für eine Rechtfertigung dafür, dass sie Menschen töten und ausrauben?“, blaffte Jakob.
    „Du bist selbst nicht weit davon entfernt, so zu werden wie sie.“
    „Was?!“
    „Du sagst, du bist bereit zu töten und gestohlen hast du schon viele Male.“
    „Aber nie von armen Menschen. Und das sind keine Menschen, die ich töten würde“, rechtfertigte sich Jakob entschieden.
    „Der Mensch ist bereit Schlimmes zu tun, wenn die Not groß genug ist. Vielleicht wirst du noch die Gelegenheit bekommen, einen von ihnen näher kennenzulernen. Womöglich verstehst du dann, was ich meine.“
    „Ich glaube nicht, dass sie eine Chance gegen uns haben. Wir haben zu viele gute Kämpfer – und du wärst sicher nicht hier, wenn wir in deinen Augen schon so gut wie tot wären“, trumpfte Jakob auf.
    Ananda grinste. „Gut kombiniert. Aber lass dir eines gesagt sein: Die Zukunft kennt niemand. Nicht einmal die Lichtwesen kennen sie. Und sollte jemand etwas anderes behaupten, dann weißt du, dass du diesem Menschen nicht trauen kannst.“
    Ananda erhob sich und knotete seine Haare im Nacken zusammen „Erst wenn du frei bist, kümmert dich die Zukunft nicht mehr“, sprach er weiter, während Jakob ebenfalls auf die Füße sprang. „Sterben können wir jederzeit. Ob heute oder morgen, oder in zehn Jahren. Erst wenn du dich damit abgefunden hast, kannst du deinem Herzen wirklich folgen. – Bist du bereit, mir zu zeigen, was du bei Chandan gelernt hast?“
    Sofort spannte sich Jakobs Körper an und seine Wahrnehmung schärfte sich. „Für einen Kampf bin ich immer bereit“, entgegnete er. Im Kampf kann man nicht lügen, da zählt nur noch Sieg oder Niederlage. Schwarz oder Weiß…

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey RenLi,

    hier meine Anmerkungen :)

    Spoiler anzeigen

    Wie immer war es mir ein Vergnügen weiterzulesen :) Die basteln also Drachen, um es mit den Banditen aufzunehmen? Das klingt abenteuerlich! Bin gespannt, was du dir da ausgedacht hast. Den Turbanmann finde ich ja nach wie vor sehr cool charakterisiert. Die Weisheit, die aus jeder seiner Pore strömt würde mich wahrscheinlich genau wie Jakob in den Wahnsinn treiben. Der hat so eine Art, jemandem mit wenigen Worten die eigenen Unzulänglichkeiten aufzuzeigen...

    Hier noch Kleinkram:

    Erneut musste er nießen, als er sich den Staub von den Kleidern klopfte.

    weiter oben hast du "niesen" geschrieben... ich glaube, das ist korrekt. ^^

    Einige der Dorfbewohner und der Spielleute waren mit den kleinen Kindern ein Stück weitergezogen, um die Banditen weiter zu verwirren, falls sie ihr Lager entdeckt hatten.

    das weiter würde ich an der Stell streichen


    „Vielleicht kann sie mich nicht sehen, wenn der Himmel bewölkt ist“, überlegte er und hielt vergeblich nach einem blauen Flecken in der Wolkendecke Ausschau.
    Ein raues Lachen holte ihn auf die Erde zurück. „Du stellst dir das alles zu weltlich vor“, grinste Ananda, der in gewöhnlichen Bauernkleidern neben einer Hütte saß.

    Ahhh... er kann also Jakobs Gedanken lesen (?)

    „Suchst du noch immer nach dem Sinn des Lebens?“
    Einen Moment war Jakob zu verdutzt, um antworten zu können. „Ich denke schon“, erwiderte er schließlich und überlegte, wann er dem Turbanmann von seiner Suche erzählt hatte.

    Aber ich weiß es noch ganz genau :D Das war doch ihr erstes Zusammentreffen...

    LG,
    Rainbow

  • @Rainbow

    Spoiler anzeigen


    :D hihii, cool dass dir der Part gefällt
    Ich bin auch gespannt, wie das mit dem Drachen wird. Ich glaub, das wird ein ziemliches Spektakel - wenn alles rund läuft... :)

    Ahhh... er kann also Jakobs Gedanken lesen (?)

    Nee, da hab ich mich wohl nicht ganz richtig ausgedrückt. Jakob sagt das laut. Hab ich im Skript nun etwas deutlicher gemacht...

    Aber ich weiß es noch ganz genau Das war doch ihr erstes Zusammentreffen...

    Jaa!! Juhuu! Du weisst es noch :D

    Den Turbanmann finde ich ja nach wie vor sehr cool charakterisiert. Die Weisheit, die aus jeder seiner Pore strömt würde mich wahrscheinlich genau wie Jakob in den Wahnsinn treiben. Der hat so eine Art, jemandem mit wenigen Worten die eigenen Unzulänglichkeiten aufzuzeigen...

    Oh, cool, dass er so rüberkommt. Ich dachte, er nervt nur ^^
    Dann ist er vielleicht doch nicht ganz so unerträglich, wie Jakob ihn findet :D

    Danke fürs weiterhin mitlesen!! Auf unser Geschreibsel!! Im Teamwork wird eh alles besser :beer:

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
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    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Muahahaa, ein bööser Cliffhanger :diablo:

    Jakob, Wahnsinn oder Schicksal? (564 n. Rh.) Teil II
    Jakob lag mit geschlossenen Augen da. Da es mitten in der Nacht war, hätte er auch so nichts gesehen und seine geschlossenen Lider verhinderten wenigstens, dass ihm Dreck in die Augen rieselte. Möglichst bewegungslos lag er in der Mulde. Mit jedem Atemzug sog er den Geruch von Erde und Laub ein und hoffte, dass man ihn tatsächlich nicht sehen konnte. Höchstens zwei Armeslängen von ihm entfernt lag Ajit, doch er konnte nicht das leiseste Geräusch von ihm vernehmen. Lebendig begraben, dachte er. Was für verrückte Ideen. Na wenigstens bekomme ich noch Luft…
    Ein Tag zuvor waren zwei Abgesandte der Banditenhorde im Dorf aufgetaucht, um die verlangten Kinder mitzunehmen. Mit Leichtigkeit war es den Spielleuten gelungen, die beiden gefangen zu nehmen und seither hatten sie auf das Anrücken ihrer Gefolgsleute gewartet. Nun war es so weit. Ananda hatte Alarm geschlagen und Jakob konnte nur hoffen, dass der Turbanmann mit geschlossenen Augen tatsächlich mehr sah als mit offenen – sonst lag er hier nämlich vergeblich in dieser Grube und atmete Dreck ein. Es juckte ihn in der Nase. Jetzt nur nicht niesen!, beschwor er sich. Etwas Dümmeres könnte mir wohl kaum passieren.
    Zu gerne hätte er sich nun gekratzt, aber er zwang sich bewegungslos liegen zu bleiben und zu horchen. Es war beinahe totenstill. Irgendetwas krabbelte über sein Bein. Ungeziefer!
    Angespannt versuchte er das sich immer höher tastende, vielbeinige Wesen zu ignorieren und strich mit einem Finger über den Stock, den er zur Seite hatte. Ich bin bereit, was auch immer kommt, redete er sich zu, doch seine Hände schwitzten und sein Herzschlag war eine Spur zu schnell.
    Vielleicht hat er sich doch geirrt, überlegte Jakob, als er ein leises Wispern in der Stille vernahm. Leise, rasche Schritte im Gras, das Reiben von Stoff aufeinander. Wie erstarrt lag er da. Wie viele sind es?! Er spitzte die Ohren, versuchte ihre Anzahl abzuschätzen. Jäger auf Beutezug und wir sind ihre Opfer.
    Es hörte sich an wie eine ganze Armee, die sich seinem Versteck am Rande des Dorfes näherte. Wie unzählige Füße, unzählige Leiber. Gleich ist es soweit! Jakob hielt den Atem an, es schien ihm nun beinahe unmöglich bewegungslos zu verharren. Der Boden erzitterte kaum merklich, als die ersten an ihm vorüberkamen und Erde rieselte zu ihm in die Grube. Ein lautes Knacken ertönte, gefolgt von einem gedämpften Ausruf, dann krachte der Boden unter den Füßen der Eindringlinge mit lautem Getöse zusammen.
    Das war sein Moment. Ohne abzuwarten, ob auch Ajit aus seinem Versteck hervorkam, sprang Jakob auf. Das Laub und die Äste, welche ihn bedeckt hatten, fielen von ihm ab. Den Stock in beiden Händen versuchte er sich zu orientieren. Der Mond schien gerade hell genug, um das Chaos vor ihm schemenhaft zu beleuchten. Mehrere Gestalten drängten rückwärts auf ihn zu, weg von dem großen Loch, welches sich vor ihnen auftat. Die erste Falle hatte scheinbar ihre Wirkung gezeigt, denn Jakob konnte Schreie und Rufe aus der Grube vernehmen. Nun war es an ihm, diejenigen von hinten zu überraschen, welche nicht auf den präparierten Boden getreten waren.
    Mit so viel Kraft wie möglich schwang er seinen Stock durch die Luft und traf hart auf den Schädel eines der Banditen. Selbst einen Moment erschrocken von der Wucht des Aufpralls, taumelte Jakob zurück, der Bandit stürzte. Ein anderer drehte sich zu Jakob um und hob fluchend seine Waffe. Jakob japste erschrocken und wich der Klinge aus, stolperte zurück.
    „Ruhig bleiben“, raunte Ananda ihm zu, berührte ihn kurz an der Schulter und sprang dem Angreifer mit einem Satz entgegen.
    Jakob bemerkte, dass er zitterte. Entschlossen packte er den Stock fester und biss die Zähne aufeinander. Mit unglaublicher Eleganz und Geschwindigkeit entwaffnete Ananda den Banditen und beförderte ihn mit einem Tritt gegen die Brust in die Grube hinter ihm, wobei der Fallende gleich einen seiner herauskletternden Kameraden, mit sich in die Tiefe riss.
    Ein Schrei ließ Jakob zusammenzucken. Er sah gerade noch wie Ajit seine Waffe fallen ließ und nach hinten stürzte. „Ajit!“, brüllte Jakob und preschte auf den Bewaffneten zu, der seinen Freund gerade abstechen wollte. „Du verdammter Monsterochse!“, rief Jakob, was den Banditen von Ajit ablenkte und ihn aufblicken ließ.
    Jakob ließ den Stock von oben auf den Mann herabsausen, doch dieser parierte den Schlag mit seiner Waffe und stieß Jakob zurück. Bei seinem nächsten Schwung zielte Jakob auf die Kniegelenke, doch der Bandit sprang blitzschnell zurück, um dann sogleich zum Gegenschlag auszuholen. Nur um Haaresbreite verfehlte seine Klinge Jakobs Scheitel. Jakobs Stock hatte zwar die größere Reichweite als das rostige Schwert seines Gegenübers, doch dieser war dafür flinker mit seiner Waffe. Der Bandit stach zu und Jakob gelang es nur mit Mühe, sich die Klinge mit seinem Stock fernzuhalten. Das Metall schabte über das Holz und Jakob war klar, was letztlich standhafter sein würde.
    Ich muss ihn ausschalten!, schoss es ihm durch den Kopf, doch er hatte weder keine Zeit zu denken noch um sich um Ajit Sorgen zu machen, denn der Bandit zielte bereits auf seinen Hals.
    Jakob lehnte sich zur Seite und schoss gleichzeitig nach vorne, den Stock auf das Kinn des Gegners gerichtet. Brennender Schmerz fuhr durch sein Ohr, die Klinge musste ihn erwischt haben. Er verfehlte sein Ziel, taumelte nach vorne. Etwas prallte seitlich in ihn hinein und Jakob wurde auf den Boden geworfen. Schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen, als er wieder auf die Füße kam und sah sich von drei Männern umringt. „Ajit!“, rief er und versuchte gleich alle drei auf einmal im Blick zu haben. Wo bleibt dieser verdammte Drache?!
    Seine Glieder waren zum zerreißen gespannt, der Strom seiner Gedanken brach ab, nun gab es nur noch ihn und seine Gegner. Eine minimale Bewegung zu seiner Linken und sofort stieß er den Stock in diese Richtung. Dabei drehte er jedoch einem anderen den Rücken zu. Ob er es hörte, spürte oder einfach nur erahnte, wusste er nicht, aber Jakob ließ sich gerade noch rechtzeitig zu Boden fallen, als ein Schwert über ihm hinwegsurrte.
    Wie eine Katze sprang er augenblicklich wieder hoch und schwang den Stab in weitem Bogen durch die Luft, um die Banditen auf Abstand zu halten. Doch sein Angriff hatte keine Kraft. Scheinbar mühelos stoppte einer von ihnen den Stab und packte ihn am freien Ende. Völlig überrascht starrte Jakob den Banditen an. Damit hatte er nicht gerechnet!
    In dem Moment entflammte hinter ihnen ein Meer aus Flammen. Endlich!, stöhnte Jakob.
    Abgelenkt von der plötzlich aufwallenden Hitze verloren sie ihr Opfer einen Moment aus den Augen, wodurch Jakob sich aus ihrer Mitte retten konnte. Das Feuer zog sich rund um das Loch, in welchem noch immer einige von den Banditen gefangen waren. Ein ohrenbetäubendes Kreischen erfüllte die Luft und selbst Jakob, der auf das Kommende mehr oder weniger vorbereitet war, erschauderte bei dem zermürbenden Geräusch. Die Flammen qualmten und stinkender, schwarzer Rauch stieg hoch empor und sammelte sich in der Grube. Hustend flüchtete Jakob sich hinter einen Wagen und rieb die brennenden Augen. Mit Genugtuung beobachtete er, wie die Eindringlinge kopflos durcheinanderrannten und ihren gefangenen Freunden zu helfen versuchten. Und dann, mitten aus dem Rauch, stieg etwas empor, schob sich vor den Mond und seine riesenhafte Silhouette zeichnete sich gewaltig vor dem Himmel ab. Die Augen waren zwei glühende Punkte in der Dunkelheit und es riss sein gigantisches Maul auf. Schreie erfüllten die Luft, einige der Banditen ließen ihre Schwerter fallen und deuteten nach oben. „Es funktioniert!“, rief Jakob begeistert.
    Rote Funken stoben auf und dann ergoss sich ein Feuerstrahl aus dem Rachen des Ungeheuers. Die Banditen stoben auseinander, um dem tödlichen Angriff zu entkommen. Einige versuchten zu fliehen. Das würde euch so passen!, dachte Jakob und sprang mit neuem Mut hinter seinem Versteck hervor.
    Er wollte gerade auf seinen der Fliehenden losstürmen, als er über etwas stolperte und hinfiel. Verdammt!, fluchte er und schaute zurück.
    Ein regloser Körper lag da auf der Erde und bei dem Anblick drehte sich Jakob der Magen um. Er erbleichte, als er Ajits fahles Gesicht erkannte. „Ajit“, krächzte er und packte den Freund an den Schultern. „Ajit!“
    „Dafür hast du keine Zeit!“, rief jemand und Ananda tauchte neben ihm aus dem Nichts auf, einen Angriff auf Jakobs Rücken abwehrend.
    Er ist tot, er ist tot, er ist tot, leierte Jakobs Verstand vor sich hin. Mit starrem Blick sah er auf Ajits reglosen Körper und bemerkte nicht, dass das Haus neben ihm in Flammen aufging.
    Eine Hand packte ihn im Nacken und zog ihn hoch. Ihm entfuhr ein Schrei und er strampelte vergeblich in der Luft. „Du hast gewusst, dass das kein hübscher Mondspaziergang wird, also nimm dich zusammen. Er ist noch nicht tot“, knurrte Ananda und stellte ihn auf den Boden.
    „Er ist noch nicht tot?“, wiederholte Jakob.
    Doch Ananda hatte keine Zeit, sich weiter um ihn zu kümmern. Ein Mann mit einem brennenden Holzscheit bewaffnet stürzte sich auf ihn. Noch immer benommen verfolgte Jakob den Schlagabtausch. Es sah aus, als würde Ananda leicht mit dem Banditen fertigwerden, doch dann gesellte sich ein zweiter hinzu und attackierte den Turbanmann von hinten. „Ananda!“, rief Jakob, doch es war zu spät. Die Klinge drang durch den Körper des Kriegers.
    Jakob schrie auf, stürmte nach vorne und hieb mit seinem Stock auf den Rücken des Mannes ein. „Hinterhältiges Schwein!“, schrie er und der Mann brach zusammen.

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
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    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey RenLi,

    Wow! Was für ein Kampf. Das war richtig cool! :thumbsup:
    Meine Anmerkungen kommen hier:

    Spoiler anzeigen

    Eigentlich hatte ich mich ein bisschen darauf eingestellt, dass sich das vorherige Kapitel fortsetzt und Jakob mit dem Turban-Mann ein Spaßkämpfchen macht ....und dann kommt SOWAS! Dieser Teil hat mir extrem gut gefallen...der Spannungsaufbau direkt zu Anfang. Mein Gott, ich dachte schon, ich liege da zusammen mit Jakob in dieser Grube! Und dann der Kampf, wo alles dunter und drüber läuft....der Drache...wie auch immer die das hinbekommen haben... und am Ende die Aussicht darauf, dass es auch Verluste in den eigenen Reihen gibt... also alles in allem sehr geil! :thumbsup:

    Hier noch ein bisschen Kleinkram:

    Ich muss ihn ausschalten!, schoss es ihm durch den Kopf, doch er hatte weder keine Zeit zu denken noch um sich um Ajit Sorgen zu machen, denn der Bandit zielte bereits auf seinen Hals.

    das "keine" scheint mir hier zu viel zu sein ^^


    Seine Glieder waren zum zerreißen gespannt,

    zum Zerreißen (groß, oder?)


    Die Augen waren zwei glühende Punkte in der Dunkelheit und es riss sein gigantisches Maul auf.

    auf was bezieht sich das "es"? Vorher ist noch die Rede von einer Shilouhette

    Rote Funken stoben auf und dann ergoss sich ein Feuerstrahl aus dem Rachen des Ungeheuers. Die Banditen stoben auseinander,

    Wiederholung ^^


    Er wollte gerade auf seinen der Fliehenden losstürmen,

    einen


    Ein regloser Körper lag da auf der Erde und bei dem Anblick drehte sich Jakob der Magen um. Er erbleichte, als er Ajits fahles Gesicht erkannte. „Ajit“, krächzte er und packte den Freund an den Schultern. „Ajit!“
    „Dafür hast du keine Zeit!“, rief jemand und Ananda tauchte neben ihm aus dem Nichts auf, einen Angriff auf Jakobs Rücken abwehrend.
    Er ist tot, er ist tot, er ist tot, leierte Jakobs Verstand vor sich hin. Mit starrem Blick sah er auf Ajits reglosen Körper und bemerkte nicht, dass das Haus neben ihm in Flammen aufging.

    kann man vielleicht noch variieren

    LG,
    Rainbow

  • Jakob, Wahnsinn oder Schicksal? (564 n. Rh.) Teil III
    Ananda rammte den Banditen, den er vor sich hatte, mit der Schulter und beförderte auch ihn durch den Feuerring in das Loch vor dem Drachen. Dann wirbelte er herum und stellte sich dem nächsten Gegner, als hätte sich nicht gerade eben ein Schwert in seinem Rücken versenkt.
    „Steh nicht rum!“, bellte Khanna, die wie ein Wirbelwind mit ihrem Säbel an Jakob vorbeirauschte, mitten in einem wilden Schlagabtausch mit gleich zwei Banditen.
    „Verdammte Scheiße!“, brüllte Jakob. Tränen der Wut brannten in seinen Augen, als er sich auf einen ihrer Gegner stürzte. Durch seinen Angriff abgelenkt, gelang es Khanna dem einen die Schwerthand zu verletzen. Er schrie gequält auf und seine Waffe fiel mit dumpfem Geräusch zu Boden. Im Schein der Flammen hinter ihm konnte Jakob das Gesicht des Fremden nur verzerrt erkennen. Panik zeichnete sich auf den jugendlichen Zügen ab, bevor Khanna ihn in die Grube stieß. Auch dem Zweiten erging es nicht besser. Er versuchte zu fliehen, doch Ananda stellte sich ihm in den Weg.
    Der ist nicht älter als ich!, schoss es Jakob durch den Kopf.
    Der Junge ließ seine Waffe fallen, hob schützend die Arme vor sein Gesicht und schon schickte Ananda ihn zu seinen Gefährten in den Abgrund.
    „Bist du nicht verletzt?!“, rief Jakob und versuchte einen Blick auf Anandas Rücken zu erhaschen.
    „Mein Herz fühlt sich an, als würde es in Stücke geschnitten, aber das wirst du wohl kaum gemeint haben“, antwortete ihm der rätselhafte Krieger. „Khanna und Jakob, ihr kümmert euch um Ajit, ich helfe den Dorfbewohnern beim Löschen!“, wies er sie an und Jakob wurde klar, dass er seinen Freund tatsächlich für einen Moment vergessen hatte.
    Bestürzt rannte er los, um ihn wiederzufinden. Von den Banditen sah er keinen mehr, aber er hörte noch immer Schreie. Von wem, wusste er nicht, doch er hoffte, dass es die Schreie der Gefangenen in der Grube waren.
    „Ajit!“, rief er und suchte die Umgebung ab.
    „Wo ist er, Jakob?“, drängte Khanna.
    „Er war hier! Neben dem Wagen“, versicherte Jakob verzweifelt. „Er sah aus wie tot.“
    „Suchen wir ihn, vielleicht ist es ihm gelungen, sich in Sicherheit zu bringen“, vermutete Khanna.
    Sie teilten sich auf und suchten die Umgebung ab. „Ajit!“, rief Jakob erneut und plötzlich packte ihn etwas am Knöchel. Ein spitzer Schrei entfuhr ihm und er befreite seinen Fuß mit einem Ruck. Eine Hand schaute aus dem Boden heraus, dann verschwand sie zwischen Ästen und Blättern. Jakob starrte auf die Stelle, bis ihm klar wurde, dass dies das Versteck war, in welchem Ajit auf die Ankunft der Banditen gewartet hatte. „Ajit?“, fragte er nun leiser und kniete sich neben die Mulde.
    Mit zitternden Fingern schob er ein Stück des schützenden Blattwerks weg und darunter kam tatsächlich das Gesicht seines Freundes zum Vorschein. „Verdammt, du hast mich zu Tode erschreckt“, wisperte er. „Du siehst furchtbar aus.“
    Ajit stöhnte. „Khanna! Er ist hier“, rief Jakob und wandte sich dann wieder an Ajit. „Ananda sagt, wir sollen uns um dich kümmern. Ich bin sicher, dass Shankar oder Prema dich wieder zusammenflicken können“, fügte er etwas hilflos an.
    Die Kriegerin kniete sich neben ihn. „Ich weiß nicht, ob wir ihn bewegen sollten, solange wir nicht wissen, wie schwer seine Verletzungen sind“, überlegte sie. Auch sie schien etwas ratlos. Vorsichtig schob sie die Blätter von seinem Körper weg, Ajit schien wieder in Bewusstlosigkeit versunken zu sein. „Verdammte Scheiße“, knurrte die Kriegerin, als eine große Blutlache unter dem Laub zum Vorschein kam. Wie ein schwarzer See breitete sich das Blut weiter über Ajits Brust aus, sein Hemd war aufgeschlitzt.
    „Bleib du hier und pass auf ihn auf.“ Khannas Worte drangen nur verzögert zu Jakob durch, der entsetzt auf die Wunde starrte. „Hörst du?!“, rief die Spielfrau und versetzte ihm einen Klaps an den Hinterkopf.
    „Ja“, stotterte Jakob. Er fühlte sich schwindlig und schwach. Er vermochte nicht einmal die Arme zu heben, um sich gegen die aufgebrachte Kriegerin zu schützen.
    Schnell deckte sie Ajit wieder mit Laub zu. „Aber sitz hier nicht einfach so rum, Jakob! Versteck dich und komm nur raus, wenn jemand auf ihn aufmerksam wird. Ich hole Verma.“
    Noch ehe Jakob protestieren konnte, war sie bereits davongestürmt. „Wir kriegen dich wieder hin“, versprach Jakob seinem Freund, auch wenn der ihn nicht hören konnte. „Bald bist du wieder in Ordnung.“
    Taumelnd kam er auf die Füße. Er fühlte sich speiübel. Mit wackligen Schritten erreichte er das nächste Haus. Das Tuch, das einst den Eingang bedeckt hatte, war heruntergerissen worden.
    Sind sie etwa hier drin?! Panisch kämpfte Jakob gegen die Übelkeit an und versuchte etwas im Innern der Hütte zu erkennen. Nur mit Mühe konnte er sich aufrecht halten und die schwarzen Flecken vor seinen Augen wurden immer größer und zahlreicher. Ich muss Ajit beschützen, kann jetzt nicht zusammenbrechen…
    Hustend lehnte er sich gegen die Wand. Wenn jemand hier war, dann hatte er ihn spätestens jetzt gehört. Reflexartig langte er nach seinem Stock und merkte, dass er ihn nicht bei sich hatte. Er ballte die Fäuste. Notfalls verteidige ich mich eben so, dachte er und presste die Hand gegen den pochenden Schädel. Dabei langte er in das Blut, das von seinem Ohr den Hals hinunterlief. Wann hat es mich denn erwischt?, fragte er sich.
    Eine Bewegung innerhalb des Hauses lenkte ihn ab. Plötzlich wurde es taghell um ihn. Das Licht blendete Jakob, sodass er sich schützend die Hand vor die Augen halten musste. Ein Mann trat aus dem Licht heraus. Sein Leib war mit einer einfachen Rüstung gepanzert, in der Hand hielt er ein Schwert. „Hör auf dich vor mir zu verstecken!“, rief der Fremde. In seinem Gesicht konnte Jakob Zorn, Trauer, Bitterkeit erkennen.
    Beim Anblick des Mannes schnürte sich Jakobs Kehle zu. Nun konnte er ihm nicht mehr aus dem Weg gehen. „Du willst dich wohl von mir persönlich hinrichten lassen!“, schrie Jakob und versuchte das Getöse der Schlacht um sie zu übertönen.
    „Hinrichten willst du mich also? Du bist so blind wie dein Vater, wenn du dich als Richter aufspielen willst!“, rief der Andere, der sich seinen Weg auf Jakob zu bahnte. „Dass es so weit kommen konnte ist deinem Haus zu verdanken.“
    „Tu nicht so, als wäre dies meine Schuld. Du bist es, der mich verraten hat!“, schrie Jakob bebend vor Wut. Er stieß seine Lanze nach vorne und schlitzte einem Gegner die Kehle auf. „Hier siehst du, was es bedeutet den König zu hintergehen.“ Nun stand er seinem ehemaligen Freund gegenüber.
    „Komm zur Vernunft, Joachim! Du bist nicht dein Vater, du kannst dich uns noch immer anschließen“, beschwor ihn Agrippa. „Du musst deinem verrückten Vater nicht nachfolgen!“
    Joachim lachte trocken. „Wenn er verrückt ist, dann bin ich es ebenso!“, rief er und führte den ersten Schlag gegen seinen neuen Feind aus.
    „Die Macht gehört dem Volk, keinem Einzelnen!“, hielt Agrippa dagegen und wehrte den Schlag mit dem Schild ab.
    „Die Zeit des Redens ist vorbei, Agrippa!“, schrie Joachim und deckte den Anderen mit weiteren Angriffen ein. Dieser wehrte sich verbissen, doch ihnen beiden war klar, wer diesen Schlagabtausch gewinnen würde. Zu viele Stunden hatten sie mit gemeinsamen Kampfübungen verbracht.
    „Dass du dich mir freiwillig stellst, zeigt mir nur, wie töricht du bist“, knurrte Joachim. Seine Lanze fand eine Lücke in der Deckung Agrippas und sie versenkte sich in seiner Schulter.
    Sein Freund schrie und Joachim verfluchte ihn dafür, ihm nicht aus dem Weg gegangen zu sein. Doch ein Angriff von der Seite lenkte Joachim ab. Es gelang ihm, das Schwert mit seinen Armschienen abzuwehren, doch ein zweiter Streich folgte bereits von der anderen Seite. Während er sich mit Agrippa beschäftigt hatte, hatten ihn die Verräter eingekreist. Joachim schnaubte. Er hatte sich zu sehr ablenken lassen.
    „Nein!“ hörte er Agrippas Stimme. Ohne hinzusehen, ließ er seine Lanze kreisen und führte einen Streich aus. Sehnen, Fleisch, Knochen wurden durchtrennt, die Lanze fraß sich gierig durch den Hals seines Freundes. Der Kopf fiel, der Körper schien noch eine Zeit lang in der Schwebe zu sein, bevor auch er zu Boden sackte.
    „Er wollte ihn retten!“, hörte Joachim jemanden keuchen.
    Es dauerte einen Moment, bis Joachim verstand, was eben vorgefallen war. Agrippa hat sich zwischen mich und den Mann da gestellt, um mich vor seinem Angriff zu schützen! Und ich habe ihn umgebracht!
    „Er hätte sich besser nicht auf die falsche Seite stellen sollen“, knurrte Joachim und fasste sein nächstes Ziel ins Auge.

    Spoiler anzeigen


    Hi @Rainbow und @Tariq
    Habe diesen Abschnitt nochmals überarbeitet. Mit Vergangenheitseinlage von Jakob :)
    Sorry, dass ich so lange nicht geschrieben habe, musste eine Arbeit fürs Studium marathonmässig durchziehen...
    Hoffe, die Stelle mit Ajit ist nun besser...

    Spoiler anzeigen


    Hi Rainbow!
    Danke wie immer für deinen Rückmeldung! Ja endlich mal etwas Action. Nicht nur labern :D
    Aber mit diesem Abschnitt ist das Kapitel auch schon wieder zu ende...

    Eigentlich hatte ich mich ein bisschen darauf eingestellt, dass sich das vorherige Kapitel fortsetzt und Jakob mit dem Turban-Mann ein Spaßkämpfchen macht ....und dann kommt SOWAS!

    Ich hoffe, dass der Übergang nicht zu abrupt war. Aber da ich dazu neige, zu ausführlich auch Alltagszeugs zu beschreiben und es selten abgeht, hab ich da mal ein bisschen vorwärts gemacht :)
    Deine Tipps hab ich schon in meinem Skript angepasst, juhuu! Ich wünsch dir noch eine tolle Wocheee!! Hab übrigens noch etwas über gefallene Engel gehört im Studium, ich schreib dir das noch in der PN ...

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

    2 Mal editiert, zuletzt von RenLi (4. Mai 2019 um 11:47)

  • Hey @RenLi,

    was ist das? Nur so ein kurzer Abschnitt? ^^

    Also, ich muss gestehen, ich bin ein bisschen verwundert, wie Ajit es geschafft hat, in das Versteck zurückzukriechen und sich die Blätter überzuwerfen, sodass er da perfekt getarnt liegt. Hatte er Hilfe dabei? Im vorherigen Teil zumindest lag er noch reglos am Boden :hmm: Und er scheint ja auch schwer verletzt zu sein...na ja, wahrscheinlich erfährt man das noch, nehme ich an.

    Das Ende ging mit ein bisschen schnell. Hier diese Stelle:

    Noch ehe Jakob protestieren konnte, war sie bereits davongestürmt. Mit klammen Händen deckte er seinen Freund wieder zu. „Wir kriegen das wieder hin“, versprach Jakob. „Bald bist du wieder in Ordnung.“
    Dann versteckte er sich in einer Hütte und beobachtete die Straße vom Eingang aus.

    Mh...ist nur so ein Gefühl, aber der Ortswechsel von "eben noch an der Seite des verletzten Freundes" zu"dann versteckte er sich in einer Hütte" kam mir hier zu abrupt. Vielleicht könnte man zumindest noch anmerken, dass er sich schweren Herzens aufrappelte... noch einen letzten Blick über die Schulter warf.... er sich die Umgebung noch einmal angeschaut hat, bevor er zu der nahegelegenen Hütte rannte...blabla....(ist jetzt nur so eine Idee ^^ )

    Ansonsten ist natürlich wie immer alles tippi toppi :thumbsup: Dass die Banditen so jung sind, hat wohl niemand erwartet...bin mal gespannt. Eigentlich sollten sei einen am Leben lassen und was aus ihm rauszukriegen ...

    LG,
    Rainbow

  • Jakob, Wahnsinn oder Schicksal? (564 n. Rh.) Teil IV
    Jakobs Schädel pochte noch immer, als er wieder zu sich kam. Wirre Träume hatten ihn gequält und einen seltsamen Nachgeschmack in seinem Innern hinterlassen. Da war ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Brust, das ihn auch nach dem Aufwachen noch nicht loslassen wollte.
    Sollte was trinken, dachte er und stützte sich auf. Es war dunkel um ihn herum. Befand er sich in einem Zimmer?
    Wo sind die anderen? Ajit! Wie ein Pfeil bohrte sich die Erinnerung durch seine Brust. Ich war in dem Haus und bin zusammengebrochen! Der Angreifer!
    Panisch schaute Jakob sich um, doch er musste feststellen, dass er sich an einem anderen Ort befand, als wo sein Erinnerungsfaden abriss. Er konnte einen kargen Raum ausmachen, jemand hatte ihn auf ein einfaches Lager gebettet. Die Banditen, sie haben mich erwischt!, vermutete er voller Schrecken. Aber nein, dann wäre ich gefesselt, oder längst tot.
    Jakob hörte Stimmen von draußen. Ist der Kampf bereits zu Ende?, fragte er sich.
    Er tastete die Wand ab, bis er eine Tür fand. Sie war nicht verriegelt und so gelangte er einen Wohnraum und von dort nach draußen auf die Straße. Mit Erleichterung stellte er fest, dass er sich noch immer im Dorf Alea befand. Die Morgendämmerung war bereits angebrochen, es roch nach verbranntem Holz und Schwefel. Das Haus, in welchem er aufgewacht war, befand sich im Dorfkern. Die Grube konnte er von hier aus nicht sehen, doch ein Stück des Drachen ragte über die Hütten hinaus. Nun im schalen Licht der noch nicht aufgegangenen Sonne sah er die Stangen, Stricke und Stoffbahnen, aus welchen der Drache zusammengezimmert war. Im anbrechenden Morgen stand er wie die abgestreifte Haut eines Insekts zwischen den Häusern, leer und tot.
    Jakob wandte sich ab und folgte den Stimmen zu einem Haus gegenüber. „Du kannst es nicht abschneiden! Er wird nie mehr reiten können!“, kreischte Verma, als Jakob eintrat.
    Sie beugte sich schützend über einen Menschen, der auf Decken auf dem Lehmboden lag.
    „Er verliert zu viel Blut, wir müssen es amputieren“, entgegnete Shankar müde aber bestimmt. „Du hast versucht, was du konntest, nun führt kein Weg mehr daran vorbei.“
    „Nein, es ist schon gar nicht mehr so schlimm!“, beharrte Verma.
    „Das ist unvernünftig von dir. Er stirbt, wenn wir es nicht amputieren“, entgegnete Shankar.
    „Verma, lass nur“, hörte Jakob Shivs gepresste Stimme.
    Jakob getraute sich kaum an Verma vorbei auf den Mann am Boden zu blicken. Er konnte Shiv kaum wiedererkennen, so abgekämpft sah er aus. Jakobs Blick wanderte an ihm herunter, registrierte etliche Verletzungen an den Armen, am Oberkörper und blieb schließlich an seinem Bein haften. Es war kaum mehr als ein Bein zu erkennen; blutiger Klumpen traf es eher.
    „Bringen wir’s hinter uns, Shankar“, forderte Shiv den Anführer auf.
    Prema stand neben Verma und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Du musst uns helfen, Verma. Sonst verblutet er während der Amputation.“
    Verma hatte Tränen in den Augen. „Vielleicht schaffe ich es noch…“
    Doch Prema schüttelte den Kopf. „Du hast es lange genug versucht. Du vergeudest deine Kraft.“
    Jakob starrte immer noch auf den Klumpen, der einstmals Shivs Bein gewesen war.
    Es wird auf beiden Seiten Verluste geben, hallte eine Stimme in seinem Kopf nach. Wer hatte das gesagt? Er wusste es nicht mehr. Konnte es sein, dass es noch mehr von ihnen erwischt hatte?
    Wie geht es Ajit und Ananda?
    Jakob wollte die Frage laut stellen, doch er brachte kein Wort heraus. Und wie geht es all den anderen? Hier im Raum sah er nur die vier, ansonsten war niemand da.
    „Jakob, du musst das nicht mitansehen“, sprach Shankar ihn an.
    Jakob merkte, dass er immer noch auf die Wunde starrte.
    „Du kannst ins Haus nebenan gehen und nachsehen, wie es Ajit geht“, schlug Shankar vor, um ihm einen Grund zum Gehen zu geben.
    „Ajit ist nebenan?“, fragte Jakob. „Und Ananda?“
    „Keine Ahnung wo der ist“, sagte Shankar. „Aber ihm geht es gut“, fügte er hinzu, als er Jakobs schockierten Blick sah. Dann bugsierte er ihn sanft nach draußen. „Da drüben“, sagte er und deutete auf das Haus zur Linken.
    Wie in Trance ging Jakob auf die besagte Hütte zu. Was für ein Anblick erwartete ihn dort drin? War Ajit noch viel schlimmer zugerichtet als Shiv? Er schob das Tuch vor dem Eingang zur Seite. Eine kleine Kerze erhellte den kargen Raum. Khanna saß daneben, an die Wand gelehnt und polierte ihren Säbel. Sie blickte auf, als Jakob eintrat und fixierte ihn mit ihren wachen Augen. Auch ihr stand die Anstrengung der Nacht ins Gesicht geschrieben. Wortlos schaute sie ihn an. Nahm sie es ihm übel, dass er Ajit im Stich gelassen hatte? Jakobs Magen verkrampfte sich. Er schaute weg und hielt nach seinem Freund Ausschau. Er entdeckte seine schlanke Gestalt in einer Nische, die als Lager für ihn hergerichtet war. Am liebsten wäre Jakob gleich wieder gegangen, doch er zwang sich, auf Ajit zuzugehen und sich neben ihn auf den Boden zu knien. Ajits Gesicht ließ keine Regungen erkennen. Er war blass und sah aus wie tot.
    „Wie geht es ihm?“, fragte Jakob steif.
    „Er lebt, falls du das meinst“, entgegnete Khanna.
    „Gibt es…?“, begann Jakob. „Ist jemand…?“ Er wollte die Antwort auf seine Frage nicht wirklich wissen. Aber es konnte nicht sein, dass jemand von ihnen…
    „Keine Toten auf unserer Seite“, antwortete Khanna knapp.
    Jakob atmete langsam aus. Keine Toten. Aber Verletzte. Er hob die Hand, um Ajits Wange zu berühren, zog sie jedoch wieder zurück. Er wollte ihn nicht wecken.
    „Was ist passiert, nachdem ich zusammengebrochen bin?“, fragte Jakob und brachte damit die schreckliche Wahrheit über die Lippen. Khanna direkt anzusehen wagte er jedoch nicht, stattdessen blickte er weiter auf Ajits Gesicht.
    „Ich wollte Verma holen, da sie von uns die besten Tricks auf Lager hat, um Menschen zusammenzuflicken“, erzählte Khanna. „Aber ich konnte sie nicht finden und bin in ein paar der Dorfbewohner hineingerannt, die gerade dabei waren eines der brennenden Häuser zu löschen. Dort habe ich mich Shiv angeschlossen, der die Dorfbewohner zu schützen versuchte. Doch die Banditen hatten Wolfshunde bei sich. Keine schöne Sache.“
    Wie um ihre Worte zu unterstreichen, drang ein gedämpfter Schrei zu ihnen herüber. Jakob grauste bei dem Gedanken, was mit Shiv gerade im Nebenhaus passierte.
    Jakob warf einen Blick zu Khanna hinüber. Er bemerkte die dunklen Schatten, die unter ihren Augen lagen und den Verband an ihrer Schulter. Anscheinend war auch sie nicht unverletzt geblieben.
    „Es hat etwas länger gedauert als geplant, bis ich Verma schließlich herbringen konnte“, sprach sie weiter. „Ajit war noch am Leben, aber dich konnte ich nirgends finden…“
    „Es tut mir wirklich leid!“, schwor Jakob und sah Khanna endlich direkt in die Augen. „Ich wollte ihn beschützen. Ich bin in eine Hütte gegangen, um ihn von da aus zu beobachten und dann dachte ich, da sei jemand. Ich wollte mich verteidigen, doch dann bin ich zusammengeklappt.“ Er konnte sich noch immer selbst nicht genau erklären, weshalb er eigentlich das Bewusstsein verloren hatte. Außer an seinem Ohr hatte er keine Verletzungen davongetragen.
    Khanna sah ihn unbeeindruckt an, kommentierte seine Geschichte jedoch nicht. Sie fuhr mit ihrer Erzählung fort: „Ich habe dich dann in dieser Hütte auf dem Boden liegend gefunden. Du hast im Schlaf gemurmelt und um dich geschlagen, als ich dich fortschaffen wollte. Wovon hast du geträumt?“
    Jakob war überrascht, dass sie ihn danach fragte. „Ich weiß es nicht mehr genau. Aber was soll’s es war nur ein Traum.“
    „Träume sind nicht nur immer einfach Träume. Ich dachte, das hättest du bereits gelernt“, sagte eine Stimme vom Eingang her.
    Jakob sah auf und erblickte den Turbanmann. „Bist du nicht verletzt?!“, fragte Jakob und stand auf.
    Ananda hob beschwichtigend die Hände. „Kein Kratzer.“
    Tatsächlich sah der Turbanmann frisch und unversehrt aus, als hätte er gerade einen gemütlichen Morgenspaziergang und nicht einen Kampf hinter sich.
    „Aber ich habe gesehen, wie der Bandit dich von hinten erwischt hat“, setzte Jakob nach.
    „Das wäre mir bestimmt aufgefallen“, versicherte Ananda und setzte sich zu ihnen auf den Boden.
    Auch Jakob setzte sich wieder hin und beäugte den Turbanmann ungläubig. Wie konnte er noch aufrecht gehen? Oder hatte er sich wirklich getäuscht?
    „Wie geht’s den Gefangenen?“, fragte Khanna.
    „Sie sind alle gut verschnürt und wohlbehalten. Prema hat sich bereits mit ein paar Freiwilligen um sie gekümmert.“
    „Und die Toten?“
    „Die werden wir mit ein paar der Gefangenen zurückschicken. Als Warnbotschaft“, erwiderte Ananda.
    „Hast du gesehen, wie jung einige von ihnen sind?“, fragte Khanna nach und Ananda nickte.
    „Ein paar sind jünger noch als Jakob und Ajit. Aber einige haben auch schon mehr Jahre auf dem Buckel als Shankar.“
    Jakobs Aufmerksamkeit driftete ab. Er war müde, fühlte sich geradezu erschlagen. Er wollte einfach nur noch schlafen und sich nicht um all die üblen Dinge kümmern müssen.
    Mit einem Ohr hörte er Khanna sagen: „Was treibt diese Menschen dazu, so zu handeln?“
    „Ich habe mit ein paar von ihnen gesprochen. Es ist vor allem die Not in dieser Gegend, welche die Menschen zu solchen verzweifelten Taten bewegt. Aber was mir mehr Sorgen macht, sind die Berichte von diesem Drahtzieher, den sie den Maskierten nennen. Es scheint so, als sei aus einem anfänglich unkoordinierten Banditenhaufen allmählich ein größeres Netzwerk entstanden.“
    „Ein Netzwerk? Worauf haben wir uns da nur eingelassen?“, fragte Khanna erschöpft.
    Jakob erhob sich und ging zur Tür. „Wohin willst du? Läufst du davon?“, fragte Khanna scharf.
    „Lass ihn“, ging Ananda dazwischen. „Er muss das erst verdauen. Das braucht Zeit“, beschwichtigte er sie.
    Jakob ballte die Fäuste und verließ die Hütte ohne zurückzublicken.
    Ich laufe davon, ja, dachte er verzweifelt. Aber was kann ich schon tun? Hätte ich doch nicht darauf bestehen sollen, dass wir helfen?
    Am liebsten hätte er seinen Frust laut hinausgeschrien. Doch er biss sich auf die Zunge, schluckte seine Gefühle hinunter und eilte lautlos über die Straße. Dass jemand auf ihn aufmerksam wurde, wollte er vermeiden, denn geredet hatte er für den Moment genug. Viel lieber wollte er sich verstecken, in einer dunklen Höhle, in welcher ihn das Leben nicht mehr erreichen konnte.
    Warum müssen solche Dinge überhaupt geschehen? Diese vermaledeiten Banditen! Wären wir doch im Stamm geblieben und hätten weiter Schafe gehütet. Aber ich musste ja ein Abenteuer haben. Das einfache Leben da war ja nicht spannend genug.
    Jakob stürmte in das Haus, in welchem er vor Kurzem aufgewacht war. Er fand seinen Weg zurück zu seinem Lager und verkroch sich unter den Decken. „Bitte lass mich einfach schlafen“, flehte er und versuchte weder an die vergangene Nacht noch an Ajits fahles Gesicht oder Shivs Schreie zu denken.

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    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey @RenLi :)

    Spoiler anzeigen

    Noch mal zu der Überarbeitung des vorherigen Teils

    „Dass es so weit kommen konnte ist deinem Haus zu verdanken.“

    meintest du vielleicht Hass? :hmm:

    „Komm zur Vernunft, Joachim! Du bist nicht dein Vater, du kannst dich uns noch immer anschließen“, beschwor ihn Agrippa. „Du musst deinem verrückten Vater nicht nachfolgen!“

    Warum nennt ihn der andere jetzt Joachim? Und wer soll Agrippa sein? Du bezeichnest ihn als Freund von Jakob... aber meine Erinnerung ist wie leergefegt. Ich steh gerade total auf dem Schlauch...habe ich wieder wesentliche Details deiner Geschichte verdrängt? Mich verwirrt dieser Abschnitt hier total...Wenn sie Freunde sind, warum kämpfen sie dann gegeneinander? Außerdem muss ich jetzt noch mal nachdenken: Was wissen wir überhaupt überJakobs Vater? Ich kann mich erinnern, dass Edwins und Richards Vater eine besondere Rolle spielte und er der Typ aus dem Prolog war, der ja gefagengenommen worden war....aber zu Jakobs Vater fehlt mir jetzt hier an der Stelle irgendwie der Bezug. Hilf mir doch mal auf die Sprünge...


    Joachim lachte trocken. „Wenn er verrückt ist, dann bin ich es ebenso!“, rief er und führte den ersten Schlag gegen seinen neuen Feind aus.

    Hier wieder... warum nennst du Jakob nun Joachim? Oder werfe ich jetzt wirklich alles komplett durcheinander? Ist da noch jemand anwesend?

    Zum neuen Teil:

    Den fand ich wieder super stimmig. Die Sache mit Shiv und dass er nun wahrscheinlich sein Bein verlieren wird, ist krass! Andererseits ist es auch gut, dass du diesen Banditenangriff nicht als Spaziergang dargestellt hast....wahrscheinlich war es erforderlich, dass ein paar Verluste hermussten. Trotzdem tut es mir total leid für den armen Shiv ;( Und auch für Jakob, der da gerade etwas hilflos untergeht...


    LG,
    Rainbow

  • Hi @Rainbow

    Spoiler anzeigen


    Danke fürs Lesen und deine Rückmeldungen!
    Ja, das mit Shiv ist wirklich fies. Ich mag ihn, wie Jakob auch. Da ist es nicht schön sowas mitzuerleben. Aber wie du schon sagst, so ein Kampf geht nicht einfach gut aus, auch wenn man gewinnt.

    So wies aussieht, muss ich die Stelle mit Joachim und Agrippa nochmals überarbeiten. Auch Tariq hatte etwas Mühe damit. Auch wenn nicht alles auf Anhieb klar sein muss, sollte doch nicht ganz so eine grosse Verwirrung dadurch entstehen.
    Jakob ist da in eine Vergangenheitsschleife reingekommen, so wie Edwin manchmal, wenn er von Anastasia träumt oder von einer Erinnerung überwältigt wird. Da Jakob sich gerade auf einem Kampfschauplatz befindet und er dabei ist, einen Freund zu verlieren, ist diese Erinnerung in ihm wach geworden. Joachim ist Jakobs frühere Identität vor 500 Jahren und so ist auch Agrippa sein Freund vor 500 Jahren.
    Dein Haus meint an dieser Stelle der Geschichte kein Gebäude, sondern Joachims Familie. Aus dem Abschnitt kann man herauslesen, dass Joachims Vater ein Mann mit viel Macht war, Agrippa nun aber für die Unabhängigkeit des Volkes einsteht. Joachim muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht und entscheidet sich für seinen Vater, dessen Macht er irgendwann zu erben gedenkt. Dafür ist er auch - mehr oder weniger - bereit, seinen Freund zu töten, auch wenn er dem lieber aus dem Weg gegangen wäre.

    Mehr zu Jakobs Vergangenheit wird noch kommen. Irgendwann wird man auch seine Verbindung zu Edwin (Anastasia), welche zur selben Zeit gelebt haben, erkennen.

    Denkst du, das ist okay so? Ich muss mir noch überlegen, wie ich das umschreiben kann, damit es klarer wird. Der Nachteil daran, dass ich so nahe an den Figuren schreibe, ist, dass der Leser nicht mehr mitbekommt als sie selbst... Vielleicht muss ich da doch etwas weiter werden und mehr Hintergrundinfos für die Lesenden einbauen...

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    Rumi

  • Ich kann dir da keinen wirklich guten Rat geben, befürchte ich. Bei Richard war ich diese Flashbacks inzwischen gewöhnt und irgendwie war das damals von dir auch anders eingeführt worden...da hat man als Leser schon geschnallt, was Sache war, auch wenn es total abgedreht war. ^^

    Hier an der Stelle hast du mich jetzt aber eiskalt erwischt... da wäre ich niemals auf die Idee gekommen, dass diese beiden Personen etwas mit Jakobs früheren Leben zu tun haben könnten...vielleicht auch deshalb, weil der Fokus dieser Szene ganz woanders lag-keine Ahnung.

    Eventuell könnte man das auch einfach ein bisschen einleiten durch zwei oder drei Sätze: Dass sich die Umgebung verändert.... er quasi in der Zeit zurückreist.... er Bilder an sich vorbeiziehen sieht und die Realität vor seinen Augenverschwimmt...oder so. Dann ist der Leser zumindest schon mal darauf eingestimmt, dass jetzt was Verrücktes passiert...

    Musst du einfach mal ausprobieren ^^

  • Überraschung! Heute ein Teil aus Ganeshas Sicht :) Dummerweise schon wieder ein Junge. Eigentlich wollte ich ja aus der Sicht eines Mädchens schreiben...


    Ganesha, Folgenschwer (564 n. Rh.) Teil I

    Ganesha warf Kamal einen Blick zu. Der junge Vater saß wie auf heißen Kohlen. „Lasst mich zurückreiten“, verlangte er abermals. „Dieses Geschwätz macht mich verrückt!“
    „Du bleibst schön hier sitzen!“, donnerte Jagan, der Bruder Kamals. „Durch eure überstürzten Handlungen sind wir überhaupt erst in diese Lage geraten.“
    Mit hochrotem Kopf sprang Kamal auf die Füße. Ganesha konnte sich nicht erinnern, den seinen Onkel jemals so aufgebracht gesehen zu haben. Normalerweise drückte er sich vor Arbeiten und tat so, als ginge ihn die Welt nichts an, doch wenn es um seine kleine vierköpfige Familie ging, war er wie verwandelt. „Du hast mir nichts zu sagen! Nur weil du zu feige bist, bleibe ich sicher nicht untätig hier und warte darauf, dass Lal und Hari mit dem Kind umkommen!“
    Wütend standen sich die beiden Männer gegenüber. Erst sah es so aus, als würde die Sache gleich in einer Rauferei enden, als Jagan mit zitternden Nasenflügeln sagte: „Dann geh! Verfluchter Taugenichts! Dann geh und lass dich umbringen!“
    „Dich würde ich im Tod noch heimsuchen!“, schrie Kamal seinen Bruder an, dann machte er kehrt und verschwand in Richtung der Pferdeweide.
    Ganesha atmete pfeifend aus. Auch den anderen im Kreis stand die Anspannung ins Gesicht geschrieben. „Verflucht!“, rief Jagan aus und ballte die Fäuste. „Dieser Hornochse!“
    Unruhig sah er seinem jüngeren Bruder hinterher, in die Runde und wieder seinem Bruder nach.
    „Komm schon, geh ihm nach, wenn es dich so fertigmacht“, getraute sich Sheela zu sagen.
    Jagan warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Dann stieß er einen verzweifelten Fluch aus und jagte Kamal hinterher. Ganesha konnte seine beiden Onkel gut verstehen. Auch er hätte sich nur zu gerne auf den Rücken seines Pferdes geschwungen und wäre seinen Freunden in gestrecktem Galopp zu Hilfe geeilt. Aber es können nicht alle kopflos durch die Gegend preschen, sagte er sich und blieb sitzen.
    „Nun gut“, durchbrach Chandan die Stille. „Nachdem das geklärt wäre, kommen wir doch zurück zu unserer Gesprächsrunde.“
    „Wir sollten mitreiten! Kamal mag ja unüberlegt handeln, aber wir können die anderen nicht allein lassen“, nahm Ravi das Gespräch wieder auf.
    „Wir kennen die Lage nicht gut genug. Wir wissen nur, dass sie sich in einen Kampf hineinmanövriert haben. Wir sollten warten, bis wir ein Lebenszeichen hören“, hielt Sheela dagegen.
    „Wie kalt“, schnaubte Ravi. „Es ist dir wohl egal, wenn Prema und die anderen umkommen.“
    Sheela verzog bitter das Gesicht. Es war im Lager allgemein bekannt, dass Sheela und Prema eine offene Beziehung führten. Die zwei Frauen verbrachten viel Zeit miteinander und Ganesha hätte es nie auch nur in Betracht gezogen, dass sich Sheela nicht um ihre Geliebte sorgte. Wie hatten sie es fertiggebracht, dass sie einander nun gegenseitig anfeindeten?
    „Dass ich meine Gefühle etwas besser im Griff habe, sehe ich als Vorteil, nicht als Kälte“, zischte sie. „Außerdem glaube ich nicht, dass mein Mädchen sich so einfach unterkriegen lässt.“
    Der Klang einer dumpfen Trommel unterbrach die Diskussion. Alle Augen blickten zu Amma, die mit untergeschlagenen Beinen dasaß und ein Bündel Räucherkräuter in den Händen drehte. „So kommen wir nicht weiter“, stellte sie fest. „Ich schlage vor, dass wir für einen Moment tief durchatmen und uns danach weiter unterhalten.“
    Ganesha sah einige nicken. Auch er war froh um den Vorschlag. „Wie wäre es mit einem Lied?“, fragte er in die Runde.
    Sofort hob Chandan seine Rassel. „Aho!“, rief er und grinste.
    Manche schauten verärgert drein, aber die meisten griffen bereits zu ihren Instrumenten. Auch Ganesha griff nach seiner Flöte. Chandan gab einen gemächlichen Rhythmus vor, andere setzten ein. Musik ist die Stimme der Herzen, dachte Ganesha, als er seine Flöte an die Lippen setzte und ihr einen weichen Ton entlockte. Trauer erklang aus ihr. Neben sich hörte Ganesha Wut aus einer Trommel sprechen und Verwirrung und Sorge aus einer Stimme. Er stimmte in den sorgenvollen Klang mit ein, vernahm die beruhigende Sicherheit aus Ammas tiefem Trommelklang. Auch Chandan untermauerte das Lied mit seinem langsamen, unveränderten Rassellaut. Eine ganze Palette von unterschiedlichen Emotionen fand Platz in dem gemeinsamen Spiel und so gelang es ihnen, sich ohne Worte in harmonischem Klang zu verständigen, ohne jemanden zu vergessen oder übertönen zu müssen.
    Ganesha merkte, wie der Druck auf seiner Brust allmählich leichter wurde.
    Wir finden einen Weg, sagte er sich und fand Mut und Bestätigung im Spiel seiner Schwestern und Brüder.
    Als schließlich auch der letzte Trommelschlag verklungen war, blickte Amma aufmerksam in die Runde. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. „Ich würde sagen, nun können wir ernsthaft damit beginnen, nach einer Strategie zu suchen.“
    Mit sehr viel mehr Ruhe und gegenseitigem Verständnis gelang es den Spielleuten im folgenden Gespräch ihre Bedenken und Ansichten zu äußern. Ganesha verfolgte das Gespräch mit wachsender Zuversicht. Durch Ammas Gabe der Weitsicht hatten sie in Erfahrung bringen können, dass ihre Stammesmitglieder nach der Vision Shankars in einen Kampf verwickelt worden waren. Ob diese beiden Ereignisse miteinander zu tun hatten, konnten sie nicht beurteilen. Am meisten beunruhigte Ganesha, dass Amma von einem feuerspeienden Ungeheuer berichtet hatte. Wer konnte schon wissen, was sich da alles im Lande von Lux herumtrieb. In seiner Vorstellung sah er bereits, wie Jakob sich heldenhaft dem Ungeheuer entgegenstürzte. Das sähe ihm ähnlich. Er und Ajit wären bestimmt die ersten, die sich ohne viel nachzudenken in eine gefährliche Situation stürzen würden.
    Wenn ich doch nur mitgegangen wäre, dachte er und merkte, wie die Unruhe wieder in ihm aufzusteigen begann.
    Schließlich einigten sie sich darauf, ihr Zeltlager an die Grenze von Lux zu verlegen. Da dies jedoch ein großer Aufwand bedeutete, würden sie einen weiteren Reitertrupp direkt nach Lux schicken, um den Ausgezogenen zu Hilfe zu eilen. „Es mag töricht erscheinen, aber ich könnte mir selbst nicht mehr in die Augen sehen, wenn ich nicht alles Mögliche versuchen würde, um ihnen beizustehen“, sagte Ravi zum Schluss.
    „Diesmal werde ich mitreiten“, sagte Shaukat, der Schamane. „Über die Naturgeister kann ich mit Amma in Kontakt bleiben. So können wir auch über große Distanzen kommunizieren.“
    „Ich möchte auch mitreiten“, erhob Devi ihre Stimme.
    Schockiert schaute Ganesha sie an, doch Devi mied vorsorglich den Blickkontakt mit ihm. Stattdessen sah sie Amma an. „Du kannst nicht gehen“, setzte Ganesha an, doch Amma unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
    „Du hast gerade eben deine Ausbildung begonnen. Willst du das nun in den Wind schlagen?“, fragte sie mit ernster Stimme.
    „Ich breche sie nicht ab“, widersprach Devi. „Ich übe weiter während ich unterwegs bin.“
    „Sei ganz ehrlich mit dir. Glaubst du, du kannst deinen Geist unter Kontrolle behalten, wenn du in dieses Land zurückkehrst, wenn du in einen Kampf hineingezogen wirst. Und siehst, wie Menschen, die dir nahestehen verletzt oder getötet werden?“
    Devi zog eine Grimasse. „Ich bin mir sicher, dass ich in diesem Moment tue was nötig ist. Ich kann sie beschützen.“ Zur Demonstration flackerte eine Flamme über Devis Schulter auf. „Ich habe mich im Griff.“
    Fassungslos verfolgte Ganesha das Gespräch. Wie konnte sie sich nur so sehr überschätzen? Es war noch nicht lange her, dass sie Jakob völlig von Sinnen angefallen hatte. Seither hatte er sich pausenlos um sie gekümmert, hatte mit Amma und Shaukats Hilfe ihren Geist beruhigt, sie in den Schlaf gesungen. Er war so erleichtert gewesen, als sie ihm gesagt hatte, sie wolle die Ausbildung als Schamanin bei Amma antreten, um einen Weg zu finden, den bösen Geist loszuwerden oder wenigstens zu besänftigen. Und nun wollte sie das alles aufs Spiel setzen?
    „Komm nachher in mein Zelt. Ich werde testen, ob du standhaft genug bist“, beschloss Amma und Ganesha atmete erleichtert auf.
    Als sich die Anchin zerstreuten, um sich vor dem Aufbruch wenigstens ein paar Stunden Ruhe zu gönnen, fing er Devi ab. Sie wollte ihm aus dem Weg gehen, doch Ganesha stellte sich ihr entgegen.
    „Willst du mich aufhalten?“, fragte sie, bereit zum Wortgefecht.
    „Ich mache mir Sorgen.“
    „Ich habe mich im Griff.“
    Ganesha hob eine Braue. „Ich kenne dich zu gut, Devi.“
    Sie seufzte. „Wie mühsam“, meinte sie. „Warum nur machst du dir die ganze Mühe? Ich bin es nicht wert“, setzte sie mit einer Spur Bitterkeit hinzu und wandte den Blick von ihm ab.
    „Du kennst die Antwort auf diese Frage. Du bist wertvoller für mich als alle Mädchen der ganzen Erde.“
    „Wie habe ich das verdient?“, fragte sie und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht.
    Traurig blickte Ganesha sie an. „Warum bist du nur so stur? Du hast alles, was man sich wünschen kann, oder etwa nicht? Aber es liegt nicht an dir. Es liegt an diesem, diesem … Gäbe es irgendeine Möglichkeit diese Last von dir zu nehmen, dann würde ich es tun.“
    „Ganseha, es tut mir leid, dass ich so bin. Ich weiß, dass ich dir nie genug danken kann für alles was du für mich tust. Und ich möchte mich ändern. Deshalb habe ich Amma um Hilfe gebeten. Dass ich nun gehen will, heißt nicht, dass ich alle Warnungen in den Wind schlage und einfach abhaue. Im Gegenteil. Ich möchte mich meiner Vergangenheit stellen. Und auch meiner Gegenwart. Deshalb möchte ich nach Lux.“ Sie trat auf ihn zu. „Würdest du mich begleiten?“, fragte sie und die Hoffnung in ihrer Stimme zerriss ihm beinahe die Brust. „Wenn Amma mich gehen lässt, hilfst du mir dann? Wenn ich die Kontrolle verliere, dann bist du der einzige, der mich wieder zurückholen kann.“
    „Du bist wirklich unmöglich“, erwiderte Ganesha schwermütig. „Ich hoffe wirklich, dass Amma dich wieder zur Vernunft bringt. Aber falls sie dich gehen lässt, dann komme ich mit“, versprach er widerwillig.
    Ihr Gesicht leuchtete auf. „Du bist der Beste!“, rief sie und warf sich ihm um den Hals.
    Etwas überfordert tätschelte er ihren Kopf. „Sag das lieber nicht zu früh“, meinte er und schob sie wieder von sich. „Lass uns zu Amma gehen.“

    Man sagt, die Liebe öffnet eine Tür
    von einem Herzen zum andern;
    Doch wo es keine Mauer gibt,
    wo soll dann eine Türe sein?
    Rumi

  • Hey RenLi :)

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    Also, ich muss sagen, ich hatte leichte Probleme, mich anfangs wieder zu orientieren. Die Namen waren mir zum Teil doch fremd geworden und ich musste erst kurz überlegen, wie war das denn damals? Wieso haben die in dem Lager jetzt plötzlich die Info von dem Kampf, in den Jakob und die anderen hineingezogen worden sind...Aber es liegt ja wohl an Shankar und dessen Visionenen, ... das hast du hier nur in einen Nebensatz eingebaut. Eventuell könnte man das anfangs deutlicher machen. Denn von seiner Rückkehr ins Lager wissen wir, glaube ich, offiziell nichts. Oder irre ich mich jetzt? :hmm:

    Die Sache mit der Gesangseinlage hat auf mich ein bisschen lustig gewirkt. So war es bestimmt gar nicht beabsichtigt. Aber es klingt ein wenig ... mh, wie soll ich sagen?... naiv oder kindlich. So nach dem Motto: Lasst uns erst mal alle zusammen singen und dann geht`s weiter ^^
    Grundsätzlich finde ich die Idee dahinter ja ganz schön,... es ist halt ein Naturvolk und solche Rituale gehören bei denen dazu und haben garantiert ihre Daseinsberechtigung. Nur hier klang es etwas seltsam. Vielleicht, weil es zu abrupt kam.

    Nach dem Singsang war ich dann wieder voll drin. Dass Devi sich der Gruppe anschließen möchte und Ganesha sie begelieten wird, finde ich cool :thumbsup: Bin mal gespannt, ob sie ihre Dämonen im Zaum halten kann.

    Ganesha konnte sich nicht erinnern, den seinen Onkel jemals so aufgebracht gesehen zu haben.

    Hier ist was reingerutscht

    LG,
    Rainbow