Es gibt 52 Antworten in diesem Thema, welches 21.667 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. November 2019 um 09:06) ist von Alcarinque.

  • Ich hab mir gerade ne Doku über mittelalterliche Stadtlplanung angesehen. Scheint im Moment ein kontrovers diskutiertes Thema zu sein (also in den letzten 20 Jahren oder so).

    Doku auf Youtube

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    Kurzzusammenfassung:
    Bisher ging man aufgrund der Quellenlage davon aus, dass mittelalterliche Städte "natürlich" gewachsen seien, d.h. eben nicht vorher am Reißbrett geplant wurden, sondern sich eben so ergeben. Ein moderner Stadtplaner hat in Freiburg entdeckt, dass die Stadt eher nach einem relativ komplexen geometrischen Konstruktionsplan angelegt wurde. Ähnliche Konstruktionen hat er auch in vielen weiteren Städten entdeckt.

    Wirklich relevant ist es für das Worldbuilding / die Städteplanung von Fantasy-Welten natürlich nicht, aber vielleicht für geometrisch interessierte Schreiberinnen und Schreiber doch eine nette, informative Unterhaltung. Vor allem, weil es keine Rolle spielt, ob die "mittelalterliche Stadtplanung" wissenschaftlich mal anerkannt sein wird oder nicht. Man könnte die Idee irgendwie übernehmen und einbauen.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Cool, mal schauen ob ich dazu komme das Video heute Abend anzuschauen.

    Scheint grad so ein bisschen ein Trend zu sein, in Mittelalterlichen Sachen geometrische Regeln zu suchen/finden. Bei Kathedralen ist das ja, so weit ich weiß, inzwischen relativ sicher, aber auch bei Schwertern lassen sich Regeln erkennen.
    Peter Johnson, einer der der bekanntesten und besten Schwertschmiede hat sich damit recht intensiv befasst, auch wenn er, meiner Meinung nach, da teils etwas über das Ziel hinaus geschossen ist. Hier ein Beitrag von ihm wo er ein Schwert sehr detailliert analysiert, falls das jemanden interessiert. Die Idee, das Schwert mit Religiösen Verhältnissen und Geometrien zu versehen ist auf jeden Fall sehr spannend! :D
    (Zumal er sich diese ganzen Regeln nicht anhand dieses eines Schwertes sondern basierend auf einer sehr großen Zahl verschiedener Schwerter erarbeitet hat)

    Ich sehe das etwas zwiegespalten: Wie beim Goldenen Schnitt, welcher mir in der Schule als DIE Gestaltungsregel verkauft wurde die seit der Antike verwendert wird, was aber anscheinend gar nicht so klar und eindeutig ist, lassen sich ÜBERALL irgendwelche Regeln und Geometrien finden, wen man nur lange genug sucht...
    Ob das wirklich so geplant war oder nun nur nachträglich rein interpretiert wird, kann man wohl nur noch bedingt sagen.

    Falken haben doofe Ohren

  • Ich sehe das etwas zwiegespalten: Wie beim Goldenen Schnitt, welcher mir in der Schule als DIE Gestaltungsregel verkauft wurde die seit der Antike verwendert wird, was aber anscheinend gar nicht so klar und eindeutig ist, lassen sich ÜBERALL irgendwelche Regeln und Geometrien finden, wen man nur lange genug sucht...
    Ob das wirklich so geplant war oder nun nur nachträglich rein interpretiert wird, kann man wohl nur noch bedingt sagen.

    Grundsätzlich stimme ich dir da absolut zu. Allerdings muss man schon sagen, dass der Goldene Schnitt sehr häufig verwendet wird - ob bewusst oder unbewusst ist mMn dabei gar nicht so relevant. Es gab mal ne psychologische Untersuchung, die Menschen danach befragt hat, welche Rechtecke sie am angenehmsten empfinden und neben dem Quadrat war ein Rechteck, bei dem das Verhältnis der Seitenlängen den Goldenen Schnitt relativ gut annähert (ich glaube es war 8 zu 5; 8/5 =1,6; goldener Schnitt 1,618...blubb...) Gewinner. Wenn man das mal umgedreht konstruktiv interpretiert, dann klingt es nicht so unplausibel, dass ein Maler mit gutem Augenmaß ein Blatt horizontal eben im goldenen Schnitt teilt (ohne dass er das konstruiert hat). So kann dieses Verhältnis ja auch "überall" zustande kommen. Wobei meines Wissens das schon auch bewusst verwendet wurde, um Gebäude, Gemälde etc. "schön" aussehen bzw. angenehm proportioniert sein zu lassen.

    Die weitere Frage ist auch, was für Regeln und Geometrien man findet. Wenn sie einfach und leicht von einer Anwendung auf eine andere übertragbar sind und überall gefunden werden können, dann fragt sich schon, ob da ein System dahinter steckt (und nicht nur Zufall). Gerade bei den mittelalterlichen Städten finde ich es schon komisch, wenn man aus einer Konstruktionsvorschrift für den Stadtplan 10 Städte erklären kann, obwohl man bisher davon ausging, dass sie natürlich gewachsen sind. Das beantwortet natürlich nicht die Frage, ob dafür ein Planungskomitee oder vielleicht so etwas wie Schwarmintelligenz (bestimmt ein hier völlig falscher Begriff dafür) verantwortlich ist. Im Mittelalter kommt es mir aber schon glaubhaft vor, wenn man in bestimmte Zahlenverhältnisse und Längenmaße religiöse Bedeutung hineininterretiert. Ich meine damit nicht aus unserer jetztigen Sicht, sondern für die Menschen damals. Heilige Zahlen, Glückszahlen etc. gibt es heute noch, warum sollte es das damals nicht gegeben haben?

    Unabhängig von der spannenden historischen Diskussion finde ich die Ideen, die man daraus für den Weltenbau einer Fantasy-Welt schöpfen kann, aber viel, viel cooler, eben weil man "seine Menschen" sich diese Gedanken machen lassen kann. Ich werde sowas jedenfalls mal irgendwo einbauen.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Das müsste doch eigentlich hierher passen, dann müllen wir nicht Ladys Thread voll.

    Zitat von Thorsten

    ich glaube das war eher Mode - grade Buchillustratoren und Kopisten kannten die Werke der Antike ja oft selber.die muessen bei den ganz alten Werken in ihrer Klosterbibliothek schon gesehen haben dass die ganz anders gemacht waren. In Frankreich oder Italien hatte man wohl auch noch mehr roemische Ruinen mit Mosaiken als Anschauungsobjekt.

    Ich wuerde in den Raum stellen dass das vorherrschende Thema des Mittelalters der Fall aus der goldenen Antike war - dass alle relevanten Dinge eben schon frueher waren, dass da so Bauten wie das Colosseum stehen die heute keiner mehr machen koennte - und dass die Welt seitdem immer barbarischer und unzivilisierter geworden ist.

    Naja - faende ich interessant weiter zu diskutieren, gehoert aber nicht in den Thread :)

    Was aber im Mittelalter kopiert wurde, waren ja selten die Originale aus dem alten Rom sondern erst mal Versionen in Griechisch, wurde nach dem Fall von Byzanz ja ein großes Thema, die dann erst wieder ins Lateinisch zurück übersetzt werden musste. Später kamen dann auch noch arabische Schriften hinzu.
    Aber ob die wirklich reicht bebildert waren bezweifle ich irgendwie... oder zumindest habe ich noch nie davon gehört. :hmm:
    Historisches Interesse im heutigen Sinn entwickelte sich ja teilweise erst in der Renaissance, in der Form wie wir sie kennen aber erst im 19.Jhdt.
    Vermutlich waren es bei den Abbildungen eine Mischung aus beidem: Teils der Stil (wobei sich das mit den aktuellen Waffen ja über Jahrhunderte und diverse Stile und Kunstformen zieht), teils fehlendes Interesse und fehlendes Wissen.


    Die Einstellung im Mittelalter und der Frühen Neuzeit war wohl wie du schreibst: Sie war sehr rückwärts gewannt. Alles Alte war gut und besser als man es aktuell machen konnte. Neuerungen waren waren nichts wert und ließen sich nur dann durchbringen wenn sie mit der Vergangenheit in Verbindung gebracht werden konnten...


    Asni: Woha, irgendwie habe ich ja gar nie geantwortet. XD
    Eben weil diese Verhältnisse sehr leicht zu "finden" sind, kann man sie halt eben auch überall finden. Wenn ich zufällig ein paar Linien auf ein Blatt klatsche wird sich da vermutlich auch was finden.
    Allerdings stimmt es schon, das es speziell im Mittelalter einfach etwas zu oft und präzise vorkommt als das es reiner Zufall sein kann. Was sich da dann auch immer wieder findet, sind ja auch "religiöse" Zahlen und Verhältnisse, allerdings scheint mir da ja was zu jeder Zahl zu existieren. XD
    Aber für den Weltenbau ist das auf jeden Fall eine spannende Möglichkeit mit ggf. anderen Zahlen zu arbeiten!
    (Und ich schau die Doku grad noch mal. ^^ )

    Falken haben doofe Ohren

  • Vermutlich waren es bei den Abbildungen eine Mischung aus beidem: Teils der Stil (wobei sich das mit den aktuellen Waffen ja über Jahrhunderte und diverse Stile und Kunstformen zieht), teils fehlendes Interesse und fehlendes Wissen

    Ich denke das fehlende Interesse war ein wichtiger Punkt - die 'innere Wahrheit' einer Geschichte war halt wichtiger als das 'wie es wirklich war' (wenn man heute eine Wagner-Oper anschaut sieht man ja ein aehnliches Thema - die sind normalerweise weniger in historischen Kostuemen inszeniert sondern halt auf das 'heute' getrimmt). Der Illustrator wollte ein Thema fuer seine Umgebung rausarbeiten - und fand es nicht schlimm dazu Motive aus seiner Umgebung zu nehmen (exotischere Settings wie das heilige Land kannten ja auch viele vom Hoerensagen und weniger aus eigener Anschauung) - da malt man den Stall dann lieber so, wie man ihn kennt - war ja nicht wichtig wie es wirklich war.

    Es ist jetzt eine Frage des 'wo' und 'wer' - finnisches Mittelalter war ja wieder ganz anders, da ist 1300 noch nicht viel im Hinterland christianisiert - aber ich denke gebildete und weit gereiste Leute (grade Moenche) hatten schon ein gutes Gefuehl dafuer wie die Antike war - und dass die anders war. Man kann nicht Xenophon 'Anabasis' lesen und auf die Idee kommen dass da ein Ritterheer wie man es kennt beschrieben wird. Wer in Rom war, hatte die Chance Statuen und Mosaiken aus der Antike zu sehen - da kommt eigentlich Kleidung und Alltag der Roemer ganz gut raus.

    Nur - ich denke die genauen Einzelheiten waren nicht so wichtig. Der Punkt an der Geschichte von Sankt Martin war, dass er seinen Mantel geteilt hat - ob der jetzt als roemischer Hauptmann oder Ritter dargestellt wird aendert den Punkt nicht, und kein Rom-gereister Moench haette seinen Kollegen dafuer kritisiert da einen Ritter zu malen weil Roemer nicht so aussahen.


    Was sich da dann auch immer wieder findet, sind ja auch "religiöse" Zahlen und Verhältnisse, allerdings scheint mir da ja was zu jeder Zahl zu existieren


    Ja - aber jede Zahl bedeutet symbolisch was anderes. Aber die 12 ist zum Beispiel fuer die Kirche wichtig das ist goettliche Ordnung - waehrend die 13 gar nicht gehen wuerde - das ist eben die Uebertretung der goettlichen Ordnung/

    Geometrie war ja eine der antiken Wissenschaften die in sehr hohem Ansehen standen - eben weil man der Ueberzeugung war, darin das goettliche Ideal zu sehen (das der Architekt dann, wenn auch unvollkommen, realisieren kann).

    Dass man Sakralbauten im Mittelalter nach Geometrie und Zahlenverhaeltnissen angelegt hat denke ich schon - nur der Rest der Stadt ist da schwieriger. Aber nachdem mittelalterliche Staedte ja oft primaer ummauerte Kirchenansammlungen waren und eigentlich (grade am Anfang) laecherlich wenig Bewohner fuer die Zahl der Kirchen hatten reicht das vermutlich oft schon, um die Geometrie des Stadtplans zu beeinflussen)

  • Wer in Rom war, hatte die Chance Statuen und Mosaiken aus der Antike zu sehen - da kommt eigentlich Kleidung und Alltag der Roemer ganz gut raus.

    Naja, die Statue von MarcAurel hat z.B. nur deshalb überlebt weil man sie für Petrus (oder einen anderen Heiligen) gehalten hat. Ich gehe davon aus das im Mittalalterlichen Rom außer den Gebäuden(bzw. deren Ruinen) nicht so viel vom alten Rom zu sehen war.

    In den Abbildungen und Darstellungen die mir so einfallen, tauchen auch nicht viele Militärische Motive auf. (Was wiederum nicht viel heißen muß, logischerweise) :hmm:

    Wie auch immer die Mönche das kopieren alter Texte rechtfertigten, ansonsten war das Interesse an alten Kulturen vor der Renaissance nicht wirklich groß, unwichtig und ggf. hat man sich darüber tatsächlich keine große Gedanken gemacht.
    Auch sind die ganzen Bilder sei das in Kirchen oder später auch auf Leinwand etc. ja eigentlich auch nie von Mönchen gemacht worden. Auch in späterer Zeit nach der Renaissance, wo eine realistische Darstellung immer wichtiger wurde, werden eigentlich immer die grad aktuellen Rüstungen und Waffen gezeigt. Kann hier natürlich auch wieder damit zusammen hängen, das es ja keine "freie" Kunst war, sondern Auftragsarbeiten und auch wenn "nur" religiöse Motive erwünscht waren, man zumindest darin dann mit modernstem Kriegsgerät prunken konnte. :hmm: *ganzwildrumspekulier*


    Speziell bei Kathedralen etc. gibt es meines Wissens ja auch immer wieder Hinweise auf deren Vorgehensweise, auf der Rückseite von Steinen geritzt etc.
    Bei anderen Sachen wie z.B. eben den Schwertern (bei meinem Link lohnt es sich übrigens alleine die Bilder anzuschauen um ein Gefühl zu bekommen was er damit meint) gibt es halt nur die die Möglichkeit des Nachzeichnens und Spekulierens. Und da scheint es mir halt sehr viel Raum nach oben zu geben.

    Bei Städten finde ich die Idee auch sehr spannend, im zeitlichen Kontext könnte es vermutlich tatsächlich auch passen. Nur wie in der Doku gesagt wird: so präzise, riesige Bögen, sind gar nicht so einfach zu ziehen, und wieso man das dann immer nur bruchstückhaft gemacht hat und nicht wie bei Kathedralen dann richtig konsequent, will sich mir nicht erschließen, das wirkt alles ein bisschen... seltsam.

    Falken haben doofe Ohren

  • Ich gehe davon aus das im Mittalalterlichen Rom außer den Gebäuden(bzw. deren Ruinen) nicht so viel vom alten Rom zu sehen war

    Naja, es war zu Goethe's Zeiten ein Reiseziel eben wegen dem was aus der Antike da war, und ich denke so wahnsinnig viel ausgegraben hatte man damals noch nicht.

    St. Paul vor den Mauern etwa wurde 324 geweiht, und es gibt einen erhaltenen Triumphbogen mit Mosaiken aus dem 5. Jahrhundert wo Personen zu sehen sind. Das ist jetzt eine der Grosskirchen Roms - die kennt ein Reisender schon.

    In den Abbildungen und Darstellungen die mir so einfallen, tauchen auch nicht viele Militärische Motive auf

    Ich wuerde nach Kreuzigungsszenen in Manuskripten fahnden - da sollte Longinus drauf sein.

    Nach 5 Minuten suchen - hIer ist eine Darstellung aus einem Florentiner Fresco von 1400 wo die Ausruestung nicht voellig abwegig ist.

    Nachdem ich grade einen Bildband ueber die Gralslegende aus der Bibliothek da habe, habe ich kurz da auch die Probe aufs Exempel gemacht was man da so sieht. Aus einem Manuskript in einer Klosterbibliothek etwa eine Darstellung des Abendmahls aus dem 5. Jahrhundert - jeder Kopist dieses Werkes muss gesehen haben dass das nicht mehr die Kleidung von heute ist.

    Zwei ganz unterschiedliche Darstellungen von Galahad der an die Tafelrunde tritt aus dem 11. Jahrhundert - eine zeigt die Ritter ganz klar in zeitgenoessischer Hofmode, aber die andere zeigt sie in roemischer (!) Kleidung (und Frisuren).

    Also - auch nach ein bisschen mehr Recherche - ich bleibe dabei, gebildete Leute konnten schon eine Ahnung haben was die in der Antike so getragen haben und was fuer Ausruestung sie hatten - und wussten das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch - es war nur keinem besonders wichtig.


    Auch sind die ganzen Bilder sei das in Kirchen oder später auch auf Leinwand etc. ja eigentlich auch nie von Mönchen gemacht worden.

    Jo - ich meinte schon primaer Illustrationen in Manuskripten - die sind ja von Moenchen gemacht worden. Ich denke Frescos und Mosaiken waren schon der Entwurf des Kuenstlers - der musste den Auftraggeber ueberzeugen, aber dem war historische Genauigkeit eben in der Regel auch egal, und der Kuenstler hat meistens zu den Modellen gegriffen die er hatte. So stell' ich mir das jedenfalls vor.

  • Ich hätte auch mal gerne die Meinung zu einer Sache:

    In meiner Fantasywelt konzentriere ich mich hauptsächlich auf eine riesige Metropole. Und ich denke ständig über die Einwohnerzahl nach. Ein Thema der Welt bzw. der Stadt ist Vielfalt, weshalb es in der Stadt viele Rassen gibt. Nach dem was ich gehört habe ist es aber so, dass in mitteralterlichen Settings die nur die maximale Bewohneranzahl von 50.000 realistisch ist. Und hier bin ich gespalten: Auf der einen Seite möchte ich es (eingermaßen) realistisch halten, auf der anderen Seite habe ich aber, wenn ich mir die Stadt vorstelle etwas viel Größere im Kopf.
    Dazu sollte ich vielleicht noch sagen, das ich vom Worlbuilding her die Gründe habe warum sie so bewohnt ist. Es war halt so, dass nach einer Multidimensionalen Katasstrope, der Mergation diese Stadt (sie heißt Eintracht), einer der ersten ruhigen Zonen war, sodass viele dort hin kaman. Und in den letzten 500 Jahren hat sie diesen Status kaum verliren.

    Wie ist denn eure Meinung dazu? Soll ich das mit 50.000 machen oder kann ich die Zahl hochschrauben?

    Listen to wind, listen to the rain, listen to the voices in your brain.

  • Ich persönlich sehe das so:

    Erstens: Es ist DEINE Welt! DEINE Stadt! Du allein bestimmst, wieviele Füße da durch trappeln!

    Zweitens: Wenn die Anzahl Deiner Stadtbewohner aus einem "Grund" so hoch ist, dann ist das so. Wenn Du es begründen kannst, warum, ist doch alles oki. Diese Begründung musst Du nicht mal wortwörtlich dem Leser liefern. DU musst sie während des Schreibens im Kopf behalten und die Aktionen Deiner Stadtbewohner daraufhin überprüfen -> "ist es geschichten-logisch, dass XYZ jetzt das und jenes tut?".
    Wenn Du das hinkriegst, wird der Leser einfach beim Lesen erfahren und begreifen, wieso diese Stadt so aussieht wie sie aussieht, weil alles andre doch "unlogisch" wäre.

    Der Unterschied zwischen dem, was Du bist und dem, was Du sein möchtest, liegt in dem, was Du tust.
    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hättest?

  • Nach dem was ich gehört habe ist es aber so, dass in mitteralterlichen Settings die nur die maximale Bewohneranzahl von 50.000 realistisch ist.


    Staedte waren im Mittelalter historisch oft nicht viel groesser - aber das ist jetzt kein fundamentales Problem, in der Antike war Rom sehr viel groesser als das, Byzanz ebenso, die Europaeer standen staunend vor einer Stadt wie Tenochtitlan die um 1500 gut 400.000 Einwohner hatte, viel mehr als sie kannten. Eine nicht-technische Gesellschaft kann schon prinzipiell in viel groesseren Metropolen leben.

    Der Schluessel (und der Punkt den Du vermutlich ausarbeiten musst) ist die Versorgung der Metropole - Rom wurde regelmaessig von Getreideschiffen angelaufen die aus den Provinzen Korn fuer die Hauptstadt herbeischafften - aus dem Umland schafft man es nicht mehr ohne weiteres, solche Staedte zu ernaehren. Das gleiche gilt fuer Feuerholz - der Bedarf des roemischen Reiches an Holz hat tatsaechlich historisch die Waelder Nordafrikas auf dem Gewissen, die wurden abgeholzt und ueber's Meer transportiert, und schon der Hunger der mittelalterlichen Staedte nach Bau- und Feuerholz haette beinahe die deutschen Waelder ruiniert - nur die Industrialisierung und der neue Fokus auf Kohle und Oel als Brennstoffe hat das zufaellig verhindert.

    Ausserdem hilft eine gute Kanalisation Seuchen zu vermeiden - Rom hatte Aquaedukte und das System der Kloaken, Tenochtitlan war in wesentlichen Teilen schwimmend und konnte Abwasser ueber den See entsorgen - eine halbe Million Leute ohne Kanalisation sitzt schnell in ihren eigenen Rueckstaenden...

  • Ich bin mal wieder über einen Artikel gestolpert, der versucht, unsere Welt aus einem anderen Blickwinkel darzustellen - in Form von Karten. Was ich daran spannend finde ist, dass eben nicht nur die Topographie oder irgendwelche politischen oder wirtschaftlichen Daten dargestellt werden, sondern eben mal andere, ungewöhnlichere Dinge.
    Hier erstmal der Link: Zett - 12 Karten über unsere Erde

    Die Karte zur "sprachlichen Vielfalt" finde ich spannend, weil sie schön zeigt, wie klein und eigentlich unrealistisch Fantasy oft denkt. Das ist natürlich völlig in Ordnung. "Energieflüsse" wäre zusammen mit so etwas wie Warenströme durchaus auch für die Fantasy-Worldbuilding-Aktivität nutzbar bzw. einfach mal ein anderer Ansatz. "Menschenströme" ist auch eine eher ungewöhnliche Darstellung unserer Welt, aber durchaus auch kreativ nutzbar.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • @Asni

    Ich bin mir nicht sicher ob 'sprachliche Vielfalt' beim Leser so gut ankommt. Ich mach' ja Linguistik als Hobby, und natuerlich sind Sprachen in dem was ich so schreibe prominent vertreten - oft das Uebersetzungsproblem (es kann unmoeglich sein einen Ausdruck in einer Sprache genau in eine andere zu uebersetzen) - mich persoenlich fasziniert das und ich haenge auch viel Zeit in konsistente Phonologie von Namen etc. rein - nur dass jemand (ausser @Katharina die ich nun ueber die Linguistik kennengelernt hatte) positiv kommentiert ist mir leider nicht untergekommen.

    Die Geschichte wird halt schwieriger wenn der Protagonist die lokale Sprache nicht kann, er wird hilfloser und distanzierter vom Geschehen, und wenn er jetzt ueber zwei, drei Brocken nachdenkt die er versteht - moegen viele nicht lesen, haelt die Action auf :)

    Warenstroeme geben natuerlich gut was her - Karawanen, Seehandel, Piraterie, Raeuberbanden, Blockaden im Krieg - das sind alles Themen die daran aufgehaengt werden koennen.

  • Sprachlich ist Europa ja auch erst in den letzten Jahrhunderten so einheitlich geworden, das war davor ja noch merklich diverser. ^^

    Apropos Sprache, ich bin gestern über diese Video gestolpert:
    Cockney
    "Level 3" fand ich da schon echt faszinierend und eine spannende Möglich der Sprache ein gewisses "Etwas" zu geben, auch wenn ich finde das es schon etwas in Absurde abdriftet. ^^


    Weltenbau =/= Roman. Nur weil man sich eine realistische und diverse Welt baut muss man damit ja nicht den Leser überfahren und alles nur darum drehen das man sich kaum verständigen kann, außer das man nutzt das bewusst als Storyelement.
    Z.B. könnte ich es mir durchaus interessant vorstellen wenn man sich auf einen Dolmetscher verlassen müsste oder man eben die Feinheiten einer Sprache nicht mitbekommt. Daraus alleine würden sich spannende bis urkomische Geschichten bauen lassen...

    (Geld wäre da übrigens ein ähnliches Thema, das war früher ja auch merklich komplexer)

    Falken haben doofe Ohren