Die Nebel von Arenor

Es gibt 94 Antworten in diesem Thema, welches 33.132 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. September 2017 um 17:19) ist von Alopex Lagopus.

  • Man, man, man da mecker ich erst rum, ich hätte nichts mehr zu lesen und dann bekomm ich es doch wieder tagelang nicht auf die Reihe hier reinzuschauen :rolleyes:

    „Ich danke dir, mein Junge. Grüß mir deine Mutter“, meinte er mit einem Zwinkern

    Au weia ... der arme Junge! Was der jetzt wohl über seine Mutter denken muss! XD

    Sollte Grungol tatsächlich vorhaben, den Brief abzufangen bevor er Löwenstein erreichte, würde er sie ihm aus den kalten, toten Händen klauben müssen. Auf dem Weg durch das Drachensteingebirge kreuzte er ab und an den Weg mit Händlern oder Reisenden, welche die Hand zum Gruße hoben und meist ein Lächeln für ihn übrig hatten. Dennoch war seine Anspannung bisher bei jeder Begegnung gestiegen. Mit Grungol war nicht zu Spaßen. Er war das Pendant zur Wächterin Gabria, Herrin über die Schatten seiner Zeit. Grungol hatte stets versucht, sie auf seine Seite zu ziehen und bei den meisten Anhängern Gabrias hatte er es auch geschafft. Die Kunst der Schatten hatte einen sehr schmalen Grat zur Teufelsmagie zu beschreiten, weshalb sie in Arenor mittlerweile auch verboten worden war. So wie die Blutmagie, welche vor unzähligen Jahrhunderten Wächter Than verkörpert hatte. Der Teufel Trolvur und der Wächter Than waren Brüder, so erzählte man sich. Während Trolvur das verderbte Blut der Toten in den Kreisen der fünften Hölle trank, tat Than alles in seiner Macht stehende, um die Sterbenden von der Verderbnis Trolvurs‘ zu befreien, um seine Macht zu schmälern und ihn in den Höllen zu halten. Untote, Blutsauger und Schattenwandler waren die Folge der höllischen Auswüchse in Arenor.

    Die kleine Anekdote klingt wirklich interessant, allerdings sind es etwas viele Namen auf einen Schlag. Eventuell könntest du das Ganze einfach etwas weiter ausführen, dabei würde es zumindest mir persönlich gar nichts ausmachen, wenn es etwas länger dauern würde. Gerade solche kleinen Nebengeschichten machen eine Welt lebendig finde ich. :thumbsup:
    Da wären wir auch schon bei meinem zweiten und letzten Kritikpunkt für heute: Ich glaube, ich hatte es schonmal erwähnt, aber irgendwie habe ich Probleme damit, mich wirklich tief in die Geschichte hinein zu versetzten. Es erinnert mich außerdem an die The Witcher - Reihe, wo ich das Gleiche Problem aus dem selben Grund habe: Die Orte wechseln etwas sehr schnell und allgemein würde ich mir etwas mehr anschauliche Beschreibungen von Orten wünschen. :golly:
    Wie sieht zum Beispiel sein Weg über den Hellweg aus? Ist er steil, wie ist die Landschaft beschaffen? Dazu würde schon ein einzelner Satz genügen und eure Geschichte, die ich wirklich grandios finde, fast perfekt abrunden!

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Orte wechseln etwas sehr schnell und allgemein würde ich mir etwas mehr anschauliche Beschreibungen von Orten wünschen.

    Ah, da gebe ich dir völlig recht, da herrscht Ausbaubedarf. Ich glaube das "Problem" besteht hauptsächlich darin, dass wir uns sehr auf die Geschehnisse konzentrieren, die innerhalb des Nebels stattfinden werden. Alles davor war ursprünglich gar nicht so ausführlich angedacht. Da müssen wir noch mal rüber. Danke für den Hinweis!


    Gruß!

  • Heute nur eine kurze Anmerkung:

    Die Fackeln der Menschen ergaben einen flammenden Lindwurm, der mehr und mehr ins Landesinnere vordrang.

    Sowas gefällt mir gut, als Beispiel für bildliche Beschreibungen :thumbsup:
    Ansonsten kann man sich Vaendur wirklich super als rasende, wilde Bestie im Kampf vorstellen und ich mag ihn immer mehr ^^

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Caspar

    Das Gut schlief im Dunkel der Nacht. Dank einer zerfaserten Wolkendecke blieben dem Mond und den Sternen der Blick darauf weitestgehend verwehrt. Es wehte ein lauer Wind, durchzogen von erster Winterskälte. Caspar schlug seinen alten Mantel enger um sich, als er über die verwaiste Straße lief.
    Der Hof tat sich einem Hufeisen gleich vor ihm auf, wobei das Haupthaus dessen Schenkelpunkt markierte. Zur Linken gesellte sich ein kleiner Anbau hinzu, in dem wohl Arbeiter während der Saison untergebracht waren. Rechterhand prunkte eine breite Scheune und an ihrer Seite duckte sich ein schmaler Schuppen.
    Schnüffelnd kroch ein Hund aus seiner Hütte, abgerichtet um Eindringlinge bellend und zähnefletschend fern zu halten. Caspar zauberte er jedoch nur ein müdes Lächeln auf die blutleeren Lippen. Der Junge stolzierte zu dem Tier, tätschelte es zwischen den Ohren und hauchte ihm: „Guter Junge. Und jetzt schlaf…“, entgegen, worauf sich der Rüde winselnd in seine Hütte zurückzog und sich die ganze Nacht und den darauffolgenden Tag nicht blicken ließ.
    Mit dem Selbstbewusstsein eines Landbesitzers schritt Caspar an den leeren Beeten und Feldern, den schlafenden Hühnern und Schweinen vorbei auf das größte Gebäude des Guts zu. Kurz bevor er es erreichte, bückte er sich um etwas Dreck vom Boden aufzuheben. Damit schmierte er sich Hände und Gesicht ein. Dann setzte er seinen Weg in einem humpelnden Gang und leicht vornüber gebeugt fort. Sein Geist flog voraus um zu erfassen, mit wie vielen Leuten er es in dieser lauen Spätsommernacht zu tun haben würde.
    Tatsächlich befanden sich in dem großen Haus nur drei Personen. Zwei ältere Semester im ersten Stock. Mann und Frau, die Herren des Hauses lagen im Bett und schliefen. Im Erdgeschoss schnarchte eine jüngere Dame, wohl eine Haushälterin. Sie brauchte nicht geweckt zu werden. Die besten Chancen rechnete sich Caspar bei der Hausherrin aus und ihr schickte er einen stummen Gruß in ihre Träume. Sie würde aufwachen und nicht wissen, weshalb. Dann wäre ihr, als käme ein Klopfen von unten und ohne ihren Mann zu wecken, würde sie aus dem Bett schlüpfen, sich eine Kerze anzünden und nach unten schleichen.
    Und so geschah es.
    Als sie vorsichtig die Türe öffnete mimte Caspar den verlotterten Waisenjungen. Frierend, hungernd, allein gelassen. Noch nie hatte jemand dem armen Jungen je die Tür vor der Nase wieder zu geschlagen.
    „Bitte, gute Frau“, stammelte er krächzend. „Nur etwas Wasser. Ich bin schon so lange unterwegs und allein und…“ Die Stimme brach ab und er sank ein wenig in sich zusammen. Sofort waren ihre helfende Hände da um ihn zu stützen.
    „Oh, bei den Göttern“, hauchte sie.
    „Es geht schon wieder, verzeiht mir. Es geht schon wieder.“ Er schluckte hart und ließ die Unterlippe zittern. „Es ist nur… ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal etwas gegessen habe. Bitte. Gute Frau. Nur etwas Wasser, wenn…“
    „Ach papperlapapp! Nichts da!“, meinte sie bestimmt. „Komm herein! Wärme dich auf. Ich werde dir etwas vom Abendbrot warm machen. Und heute Nacht bleibst du. Komm schon, komm herein.“ In ihrer Warmherzigkeit und Güte gab sie jegliche Vorsicht auf und ließ ihre mentale Deckung, wenngleich unwissentlich, fallen. Somit flog Caspar beinah spielend ein Name zu: Tanner.
    „Vielen Dank, gute Frau. Vielen Dank!“ In ihrem Arm folgte er dem schwachen Kerzenschein durch eine großzügige Diele in eine nicht minder beachtliche Küche. Tanner führte ihn an einem langen massiven Tisch entlang und bot ihm den Stuhl an der Stirnseite an. Zitternd wie Espenlaub bedankte er sich ein weiteres Mal und nahm Platz. Rasch huschte sie von einer Kerze zur anderen um ein wenig Licht in den dunklen Raum zu bringen. Dann machte sie sich am Ofen hinter ihm zu schaffen.
    „Keine Sorge, junger Mann“, plapperte Tanner drauflos, während sie mit irgendwelchem Geschirr schepperte. „Frida kocht immer viel zu viel, da bleibt genug übrig um die gesamte Garnison Klingenstadts zu versorgen. Für drei Tage!“ Sie kicherte ob ihres kleinen Scherzes und Caspar öffnete derweil seinen Geist, um den ihren zu empfangen. Es kamen kleine Bruchstücke. Eine Rauschsäule in der Ferne. Angst vor der Vergangenheit. Die Hexe…
    „Wenn du gegessen hast, werde ich dir ein Bett zurecht machen. Hätte nicht gedacht, so schnell wieder jemand fremdes zu beherbergen, wenn ich ehrlich sein soll.“
    Da war ein Name: Maven. So hieß die Feuerhexe.
    Von dem Klappern und Scheppern aufgeweckt trat ein kleines, etwas untersetztes Persönchen herein, die ihre ungekämmten Haare rasch unter eine Haube stopfte.
    „Frida“, rief Tanner halblaut. „Komm her und hilf mir mit dem Feuer. Wir wollen unseren Gast nicht verhungern lassen.“
    Caspar widmete der Haushälterin keinen Blick, doch ihr Misstrauen war deutlich zu spüren. Nur sehr zögerlich setzte sie sich in Bewegung. Bald darauf loderte ein hübsches Feuer im Ofen und der Kessel oben auf verströmte blubbernd den Geruch deftigen Eintopfs.
    „Tanner, was soll der Lärm? Haben wir etwa Gäste?“, murrte der ältere Herr, der am Stock gestützt in seinem Schlafrock hereintrat. „Oh“, machte er beim Erblicken Caspars und wurde von seiner Frau kurz und bündig aufgeklärt. „Na, wenn das so ist“, antwortete er und lächelte milde. Humpelnd bewegte er sich am Tisch entlang und ließ sich schwer atmend neben dem Jungen nieder. „Wie ist dein Name, Junge?“
    „Caspar.“
    „Sehr schön, Caspar. Ich bin Reynard. Das ist meine Frau Tanner und hinter dir am Ofen steht Frida, unsere gute Seele. Du hast Glück, den Lobholdts über den Weg gelaufen zu sein. Wo kommst du her?“
    „Alamir.“
    Der Alte machte große Augen. „Von der Insel? Unglaublich, mein Großvater hat dort seine zweite Frau kennengelernt. Tanner, hol den Wein! Und ein paar Krüge! Der Junge ist so etwas wie ein entfernter Verwandter!“ Er gluckste und alle um ihn herum verfielen in eine redselige Betriebsamkeit, die ansteckend schien. Mit ausschweifenden Gesten, sich den Schlaf austreibend, plapperte der Alte den gesamten Stammbaum seiner Familie rauf und runter. Seine Frau ergänzte, wo ihn das brüchige Gedächtnis verließ, während sie eine staubige Flasche Wein hervortat und Becher verteilte. Selbst Frida gab ab und zu eine Anekdote zum Besten und schöpfte beiläufig Eintopf ab.
    Caspar lauschte, nickte und erlaubte seiner Figur, sich zu entspannen. Währenddessen schnappte er allerhand Informationen aus den weichgespülten Hirnen seiner Gastgeber auf, die er aufsog, wie ein Schwamm. Ganz nebenbei schickte er noch eine geistige Botschaft an Storges, der draußen wartete.
    Bald saßen die beiden Älteren mit am Tisch, aßen eine Kleinigkeit und tranken noch eine Menge. Auch Caspar genehmigte sich ein paar Löffeln der heißen Pampe, schmeckte jedoch schon seit Jahren nichts mehr. Einzig der Wein konnte sein Interesse erwecken und er schüttete sich einen Becher nach dem anderen hinunter.
    „Frida, du schaust so zerknirscht“, lallte Reynard. „Geht es dir nicht gut?“
    Sie schüttelte etwas zu übereifrig den Kopf, worauf ihr der Alte einen Krug anbot. Seine Frau erfasste die Situation etwas besser und erlaubte der Haushälterin, ins Bett zu gehen.
    „Ich räume hinterher auf, keine Sorge“, versicherte Tanner.
    Die junge Frau schien sehr erleichtert, deute einen Knicks an und wollte verschwinden. Kaum war sie aus der Tür, da ertönte ein spitzer Schrei aus ihrer Kehle und sie kam rückwärts wieder in den Raum.
    „Was ist los, Frida“, wollte Rey wissen. „Hast du es dir anders über…“ Jetzt trat Storges mit gezogenem Messer aus dem Dunkeln und schlagartig verstummten alle. Erst als die Haushälterin gegen die Wand stieß und ihr erneut ein spitzer Schrei entfuhr, erwachten die Lobholdts aus ihrer Starre.
    „Wer seid Ihr?“, wollte Tanner wissen.
    „Was wollt Ihr?“, setzte Rey nach und sprang auf. „Gold? Geschmeide? Seid Ihr ein gemeiner Dieb, der sich an älteren bereichert?“ Er spuckte verachtend zu Boden. „Das könnt Ihr meinetwegen haben. Für Eure Niedertracht, Eure Boshaftigkeit. Eine arme Frau mit dem Messer bedrohen. Welcher Mann tut so etwas? Hm? Seid Ihr stumm? Was wollt Ihr?“
    „Er“, schaltete sich Caspar ein, „will überhaupt nichts. Er hat nicht einmal mehr einen eigenen Willen. Ich hingegen….“, fuhr er fort, nahm die Kapuze ab und entblößte die scharfen Zähne, die im Schein der Kerzen blitzten, „will alles.“
    „Was… was… i-ich verstehe nicht. Rey?“, stammelte Tanner und sah sich hilfesuchend nach ihrem Mann um. Dieser fiel langsam auf seinen Sitz zurück und sein entsetzter Blick spiegelte die grausame Erkenntnis wider, welche ihn in diesem Moment traf.
    „Ihr seid ein Monster.“
    „Die einen sagen so, die anderen so“, erwiderte Caspar knapp. „Lasst uns doch lieber über wichtigeres reden. Diese Hexe zum Beispiel. Und das haarige Biest, Vaendur, war der Name? Ja, genau, über solche Dinge möchte ich sprechen. Und vergessen wir dabei bitte nicht den liebreizenden Sohnemann!“ Er nahm die Weinflasche und schwenkte sie über den Kopf. „Frida, komm zu uns und schenk ein. Die Nacht ist noch jung und wir haben viel zu bereden.“

  • Meine Güte, ihr habt eine düstere und gealttätige Welt erschaffen! Aus Interesse, habt ihr Infos, die ihr im Eigene-Welten-Unterforum posten könntet? Es würde mich interessieren, wie ihr all die Bestien, Vampire und was weiß ich so interpretiert. Jedenfalls habe ich aufgeholt und freue mich auf mehr.

    Ersparnisse. „Meine Mutter“, sagte sie nun fester. „Auch sie zeigt…

    Mutter", sagte sie nun fester, (Komma, nicht Punkt) "Auch sie...

    Was hat da solange gedauert, Mädchen?! Wo ist mein Wein? Hast du etwa den Wein vergessen?!

    Ich würde Satzzeichendopplungen lassen. Also DInge wie ?! Man kann auch ohne bemerken, dass der Typ unfreundlich ist.

    Vaendur widerstand dem Drang sich erneut in die Ketten zu legen um alles und jeden um sich herum in Stücke zur reißen nur mit Mühe.

    Meinst du "dem Drang, sich NICHT erneut in die Ketten" - warum und wie sollte er gerade wenn er in Ketten liegt, Leute in Stücke reißen?

    „Gold? Geschmeide? Seid Ihr ein gemeiner Dieb, der sich an älteren

    "an Älteren" groß

  • Hiho @Windweber, schön, dich an Bord zu wissen!


    Meine Güte, ihr habt eine düstere und gealttätige Welt erschaffen!

    Ich werte das mal als Kompliment, auch wenn es nicht explizit konnotiert ist xD


    Aus Interesse, habt ihr Infos, die ihr im Eigene-Welten-Unterforum posten könntet? Es würde mich interessieren, wie ihr all die Bestien, Vampire und was weiß ich so interpretiert.

    :hmm: Ist bislang eigentlich nicht geplant. Es gibt eine Karte, ja. Auch Hintergründe zu den Wächter, Teufeln, der Orden etc. Aber bislang ist es eher so angedacht, dass sich der Leser die nötigen Informationen aus dem Text ziehen muss. Und unsere Aufgabe ist es, ihm diese im angebrachten Umfang zu liefern.


    Ich würde Satzzeichendopplungen lassen. Also DInge wie ?! Man kann auch ohne bemerken, dass der Typ unfreundlich ist.

    Hach ja, ich habe einen Faible dafür. Dadurch wird einfach glasklar und unmissverständlich ausgedrückt, auf welche Weise der Charakter diese Aussage tätigt und wie sie gemeint ist. Hat mit unfreundlich ja nichts zu tun, geht eher um Rhetorik.


    Meinst du "dem Drang, sich NICHT erneut in die Ketten" - warum und wie sollte er gerade wenn er in Ketten liegt, Leute in Stücke reißen?

    Jetzt musste ich kurz überlegen, woher diese Stelle stammt. Haben die Zeilen drum herum nochmal gelesen und muss dir sagen, es ist genauso gemeint, wie es da steht. Er versucht zu widerstehen, sich IN die Ketten zu legen, damit diese nicht aus ihren Verankerungen gerissen werden. Dann wäre er durchaus dazu in der Lage, die Magistra und ihre Büttel zu zerreißen.
    Warum? Da verweise ich auf die vorangestellten Textzeilen. In Gedanken war er gerade auf einem Schlachtfeld der Vergangenheit und die Blutlust steckt noch in seinen Gliedern, auch wenn es nur "ein Traum" gewesen ist.


    Viel Spaß auch weiterhin und besten Dank für deine Anmerkungen!

    Gruß!

  • Haben die Zeilen drum herum nochmal gelesen und muss dir sagen, es ist genauso gemeint, wie es da steht.

    So wie ich das verstehe (wie es da steht) hat er also den Drang, sich fesseln zu lassen, da ihn das in die Lage versetzt, alle umzubringen. Er widersteht aber den Drang und lässt sich nicht fesseln und bringt folglich auch niemanden um? An der Stelle fehlen auch zwei Kommas, fällt mir gerade auf. vor "um" und nach "reißen". "Er widerstand dem Drang, sich in Ketten legen zu lassen, nur mit Mühe" wäre es ohne Nebensatz... Irgendwie bin ich gerade zu blöd, um dahinter zu steigen. :D:D:D

  • Ach jetzt verstehe ich das Problem! :rofl:

    Er will sich nicht in Ketten legen lassen, sondern sich in die Ketten legen, sprich, sich dagegen werfen. An ihren zerren, ziehen, reißen. Sich mit aller Kraft dagegen stemmen. So klarer? Schätze, wenn das Wörtchen "legen" beispielsweise durch so etwas wie "werfen" ersetzt würde, wäre die Irritation dahin, oder? ;)

  • Er will sich nicht in Ketten legen lassen, sondern sich in die Ketten legen, sprich, sich dagegen werfen. An ihren zerren, ziehen, reißen. Sich mit aller Kraft dagegen stemmen. So klarer? Schätze, wenn das Wörtchen "legen" beispielsweise durch so etwas wie "werfen" ersetzt würde, wäre die Irritation dahin, oder?

    Jup, das würde mein Problem lösen. :D "Jemanden in Ketten legen" ist ja ein Ausdruck für "jemanden mit Ketten fesseln". Aber du meinst, sich hineinlegen, um daran zu zerren. OK, da haben wir wohl eine doppelte Bedeutung. Mit zwei widersprüchlichen Bedeutungem. :D Ja, jetzt wird mir alles klar!

  • Hallö,

    ich als blutiger Anfänger, habe nichts daran zu meckern. Die ersten beiden "Seiten" von dir Maxwell finde ich absolut unterhaltend. Die Idee der Geschichte hat bei mir sofort Interesse geweckt, wobei ich sagen muss, dass ich nicht schnell zu begeistern bin. Der Schreibstil regt ein wenig Neid in mir, weil ich es auch gern so gut können will.

    Im Ganzen von mir 10/10 Punkten :'D

    Habe nur eine kurze Frage und zwar:

    Bei einem (oder auch mehreren) Humpen kamen die Herrschaften ins Plaudern,

    Konntest du dich hier nicht entscheiden was du schreibst oder hat das so seine Richtigkeit? Wenn ja, unter welchen Umständen wendet man dann die Klammern an?

    Gruß, Manu

    "Sie ist durch die Hölle gegangen, also glaube mir, wenn ich dir sage, dass du sie fürchten sollst, wenn sie in ein Feuer blickt und lacht."

    "Freiheit ist eine Last. Du solltest dich glücklich schätzen, dass ich sie dir genommen habe."

  • Maven

    Leise raschelten die trockenen Blätter unter ihren Füssen, als sie der kleinen Allee farbiger Bäume folgte, welche das letzte Wegstück zur Hohen Feste Herzog Adalrichs säumten. Die Herbstsonne auf dem welken Laub verströmte einen herrlichen Duft, der sie merklich zur Ruhe kommen ließ.
    Ihre Gedanken kreisten um das Treffen mit dem Herzog. Er hatte zwar keinen Grund, ihr nach dem Leben zu trachten, aber er hatte erst einen der besten Auroren des Landes auf sie angesetzt – Sein Name war ihr entfallen, doch hatte er einen bleibenden Eindruck hinterlassen – und daraufhin folgte ein Trupp Silberritter mit einem Wassermagier der Wächter. Es war offensichtlich, dass er alles daran setzte, sie zu finden. Nur… warum? Sie fuhr sich tief durchatmend durch die schweren Locken, wobei sie das eine oder andere Blatt ertastete und herauszupfte. Womöglich würde sie gar nicht zum Herzog vorgelassen. Um die Mittagszeit und so wie sie aussehen musste. Das graue Kleid war zerknittert und der schwere Filzumhang über ihren Schultern war übersäht mit trockenen Nadeln, Borkenresten und allerlei anderem Dreck, der bei der Reise durch den Wald und den Nächten in den Bäumen hängengeblieben waren. Zwar hatte sie ihn notdürftig ausgeschüttelt, doch sie sah noch immer aus, als hätte sie sich gerade auf dem Erdboden gewälzt.
    So kam es, dass die Wächter in glänzender Silberrüstung am Falltor zur Burg sich ihr tatsächlich schweigend und mit finsteren Blicken in den Weg stellten.
    „Ich muss zu Herzog Adalrich. Womöglich erwartet er mich bereits“, gab sie ruhig zu verstehen und stellte sich geduldig vor die beiden Herren, bis einer endlich reagierte.
    „Er erwartet heute keinen Besuch. Geht nach Hause oder aus welchem Loch Ihr auch immer gekrochen seid, Weib“, dabei glitt sein Blick abschätzig über ihre Gestalt, die wenig majestätisch vor ihm ausharrte. Sie rang sich ein Lächeln ab, um ihren aufkommenden Ärger zu dämpfen und entblößte dabei unweigerlich ihre leichten Fänge.
    „Solltet ihr mich tatsächlich fortschicken, wird er euch mit Sicherheit für den Rest Eures-“ sie schluckte das Wort erbärmlichen, „-Lebens zum Latrinendienst abkommandieren. Also seid nicht dumm und lasst mich durch.“
    Das leicht nervöse Gelächter, das Maven auf ihre Worte hin entgegenschallte, überraschte sie nicht.
    „Nun gut“, fuhr sie fort und schlug den Filzmantel über ihre rechte Schulter zurück, „Vielleicht sagt ihr ihm einfach, dass Maven Eoloras um Einlass gebeten hat und ihr sie der Burg verwiesen habt.“
    Ihr entging nicht, dass die Herren nach ihrer Offenbarung unter ihrer Rüstung verkrampften. Sie genoss die aufkeimende Angst, die sich in der Haltung der Ritter zeigte. Sie tauschten unsichere Blicke aus und als sie sich mit gehobenem Kinn abwandte und einige Schritte tat, kam Bewegung in die beiden, was ihr ein selbstgefälliges Lächeln entlockte.
    „Wartet!“, rief einer hastig und sie hielt inne, „Ich bringe Euch zu ihm, wenn das Euer Wunsch ist.“
    Der plötzliche Wandel seiner Stimmlage gefiel ihr. Von überheblich und hochnäsig zu unterwürfig und ängstlich. Er zollte ihr Respekt, auch wenn sie nicht ganz begriff, warum die Reaktion so heftig ausgefallen war. Man musste sie für ein Monster halten.
    „Gern“, sagte sie lediglich und folgte dann dem einen der beiden Rittern, während der andere einen gehörigen Schritt bei Seite machte, als sie an ihm vorbeiging.
    Die Wache führte sie durch eine schmale Gasse der Hauptmauer entlang, die mit Schießscharten gesäumt war, hinter denen man jeweils weitere Wachmänner entdecken konnte. Wahrscheinlich Bogen- oder Armbrustschützen. Sie ließ ihren Blick den Wänden entlang nach oben schweifen, wo der blaue Himmel zu erkennen war. Bald führte er sie durch ein zweites Falltor, über einen Burggraben, durch ein drittes Tor und schließlich kamen sie an eine lange Treppe, die zur Hauptburg hinaufführte. Ein Spießrutenlauf, sollte eine Armee tatsächlich vorhaben, dieses Gebäude zu stürmen. Oder sollte ein Gefangener von hier ausbrechen. Maven beschlich das ungute Gefühl, gerade den Fehler ihres Lebens zu begehen, doch nun gab es kein Zurück mehr.
    Als sie die Treppe endlich hinter sich gelassen hatten, bei denen ihre Muskeln wild protestiert hatten, standen vier silbern gerüstete Männer am Haupttor zur Festung.
    „Wartet hier“, meinte ihr Begleiter kurz angebunden und sie leistete seiner Anweisung Folge, indem sie am Kopf der Treppe inne hielt und ihn vor gehen ließ. An ihre empfindlichen Ohren drang jedes Wort, das der Ritter im eindringlichen Flüsterton an seine Gesellen weitergab.
    „Das ist Maven Eoloras. Ich hätte nicht gedacht, dass wir dieses Manöver je durchführen, aber ihr wisst was zu tun ist.“ Die Männer nickten knapp, dann lösten sich zwei der vier, öffneten rasch das Tor und verschwanden dahinter.
    Während die Hexe ihre Kampfbereitschaft unter dem hängenden Filzmantel verbarg und ihre Sinne aufs Äußerste geschärft waren, folgte sie dem Herren weiter in die Burg hinein. Hinter dem Tor öffnete sich eine riesige Halle, deren Decke ihrem Geschmack nach übertrieben mit Bildern und Ornamenten geschmückt war. Während auf der anderen Seite des Entrees ein weiteres, großes Tor auf einen kleinen Innenhof führte, säumten den Raum links und rechts jeweils eine breite, ausladende Steintreppe, die in den oberen Stock führten. Der Ritter steuerte auf die linke Treppe zu und Maven folgte. Von den beiden Männern, die zuvor die Burg betreten hatten, fehlte jede Spur.
    Durch die unendlichen Gänge über die unzähligen Treppen und an den vielen Fenstern vorbei, hatte sie längst die Orientierung verloren und plötzlich wurde zu ihrer Rechten der Blick auf den Innenhof frei, der sie erschüttert stehen bleiben ließ. Sie erkannte das Ungetüm Vaendur, der mit schweren Eisenketten an die Wände der Burg gefesselt worden war und sich unter Schmerzen krümmte, während eine Alte ihre Magie auf ihn wirkte. In ihr kroch bei dem Anblick ein unbändiger Zorn hoch, den sie im ersten Moment nicht erklären konnte. Der Gehörnte hatte sein Leben für sie riskiert, was seit Adjal niemand mehr getan hatte. Und das war Jahrzehnte her. Vielleicht schon mehr als ein Jahrhundert. Sie hatte aufgehört zu zählen.
    Glücklicherweise schaltete sich ziemlich schnell ihr Verstand ein, der sie vor einer grausamen Dummheit bewahrte. Sie führte sich vor Augen, dass sie ohne ihre Rüstung nichts ausrichten konnte. Zudem erinnerte sie sich an die ganzen Mauern und die unzähligen Soldaten mit Bögen und Armbrüsten, gegen die sie niemals hätte ankommen können. Auch nicht mit Vaendurs Hilfe. Sie wären dem Tod geweiht.
    „Mylady?“, hörte sie den Ritter vorsichtig fragen, während sie gebannt aus dem Fenster starrte, „Der Herzog wartet.“
    Langsam einatmend schloss sie die Augen und wandte sich von der Szenerie ab, um dem Gerüsteten weiter dem hohen Gang entlang zu folgen. Alle paar Meter eröffnete ein weiteres Fenster den Blick auf den Innenhof, welchen Maven nun entschieden mied.
    Endlich kamen sie nach einer weiteren Abzweigung an eine reich verzierte, doppelflügelige Holztür, die der Ritter mit Schwung öffnete und dann im Eingang stehen blieb. Er ließ ihr den Vortritt und nach ein paar Schritten wusste sie auch weshalb. An beiden Seiten des gewaltigen und trostlos leeren Raumes standen unzählige Armbrustschützen, welche ihre Waffe zwar gespannt, die Spitzen jedoch gen Boden gerichtet waren. Sollte sie sich hier einen Fehltritt leisten-
    „Mylady Eoloras!“, schallte es ihr freudig entgegen, während ein hochgewachsener, dünner Mann mittleren Alters ihr mit ausgebreiteten Armen entgegenschritt, „Endlich lernen wir uns persönlich kennen, bei Ignats Flammen! Es ist mir eine Ehre“, daraufhin verbeugte sich der Recke tief, den sie nun aus der Nähe als Herzog Adalrich erkannte. Die Tür hinter ihr schloss sich und ein Schlüssel wurde leise scharrend gedreht bis es klickte. Dieses Klicken dröhnte in ihren Ohren immer noch nach, als der Herzog ihr seinen Arm anbot, um sie irgendwo hin zu führen. Es widerstrebte ihr, mit diesem heuchlerischen, hinterhältigen Bastard gute Miene zum bösen Spiel zu spielen, doch als ihr Blick die nervösen Armbrustschützen streifte, wurde ihr klar, dass sie keine andere Wahl hatte. Etwas zerknirscht setzte sie ein ausladendes Lächeln auf, löste den verschmutzten Umhang von den Schultern und hängte ihn über seinen dargebotenen Arm. Dann schritt sie an ihm vorbei, gemächlich schlendernd die Allee der Schützen entlang, während der Herzog ihr einen Augenblick lang verdutzt nachschaute.
    „Ihr habt keine Mühen gescheut, mich hier her zu schaffen und schlussendlich ist es Euch nur durch das Zutun eines kleinen Bauern gelungen, der mir meine Habe geraubt und sie euch zugespielt hat“, sie hielt ihren Tonfall höflich, während er sich nun an ihre Seite gesellte. Den Mantel hatte er wohl irgendjemandem abgegeben, „Ich will ehrlich zu Euch sein, Herzog. Eure Belange interessieren mich nicht, aber wenn Ihr mir meine Habe ausgehändigt habt, werde ich Euch anhören.“
    Der Herzog lächelte und ließ seinen Blick über die Männer schweifen, die seine Sicherheit garantierten, ehe er ruhig aber eindringlich sprach.
    „Mylady, ich glaube Ihr seid Euch Eurer Lage nicht ganz bewusst. Euch steht es nicht zu, Forderungen zu stellen, zumal Ihr in den Tod mehrerer Ritter und einer der besten Wassermagier des Landes verwickelt seid. Es wäre ein Leichtes, Euch die Schuld für das Massaker am Gasthaus zu geben. Noch seid Ihr mein Gast, aber das kann sich schnell ändern.“
    Mavens Zorn drohte überzukochen und sie zwang sich dazu, stehen zu bleiben und erst einmal langsam durchzuatmen, ehe sie sich ihm mit glühenden Augen zuwandte. Sie hielt die Hände in den Taschen ihres Rockes und ballte sie krampfhaft zu Fäusten. Der Herzog trat zögerlich einen Schritt zurück.
    „Die einzigen, gegen welche ich meine Magie erhoben habe, waren diejenigen, die eure Ritter abgeschlachtet haben. Eure Befehlshaber kamen durch Pfeile ums Leben und ihre Leichen wurden Euch, ansonsten unversehrt, zuge-“
    „Schweigt“, fuhr er sie an, während er sie nun etwas angespannt taxierte. Das Glühen in ihren goldenen Augen machte ihn offensichtlich nervös, „Ich traue Euch nicht und das aus gutem Grund.“
    „Sagt mir einfach, was Ihr wollt“, sie hatte ihre Stimme erhoben und biss nun die Zähne aufeinander, um sich zu zügeln, doch die Antwort blieb er ihr schuldig, denn in diesem Moment flogen die verzierten Türflügel mit ohrenbetäubendem Krachen auf. Fast zeitgleich richteten sich dutzende Bolzenspitzen auf einen alten, schwarzbärtigen Mann, der in blauer, reichverzierter Robe und finsterem Blick durch die Tür gestürmt kam. Der Herzog zog scharf die Luft ein und hielt dann den Atem an. Als die Schützen den wütenden Alten erkannten, richteten sie beschämt ihre Waffen zu Boden und schienen sich in Luft auflösen zu wollen.
    „Adalrich, bei Kalans heiliger Seele, wenn du deine Soldaten nicht sofort aus dem Raum beförderst, dann erledige ichdas für dich!“, seine buschigen Brauen rauschten im Wind seines wütenden Gangs und er hielt erst inne, als er dicht vor dem Herzog angelangt war, der ihn allerdings um einen halben Kopf überragte, „Hatte ich dir nicht deutlich gesagt, dass du mich bei ihrer Ankunft umgehend zu informieren hast? Einfältiger Narr! Es ist ein Wunder, dass sie dir nicht längst die erbärmlichen Überreste deines Verstandes ausgebrannt hat!“
    Der Herzog schluckte leer und bedeutete dann mit einer beiläufigen Geste, dass seine Männer den Saal zu verlassen hatten. Maven verspürte Sympathie für den zornigen Schwarzbart, ließ sich allerdings nichts anmerken. Auch dann nicht, als dieser sich direkt an sie wandte und nach kurzer Verschnaufpause seine Worte mit gezwungener Seelenruhe an sie richtete.
    „Eure Habe, Mylady. Folgt mir doch bitte“, dann setzte er seinen Gang durch den Raum in demselben Tempo fort, wie er ihn zuvor schon betreten hatte und die Hexe folgte ihm nach kurzem Zögern. Der Herzog selbst schien es nicht eilig zu haben, sich zwei wütenden Magiern anzuschließen und schlenderte in einigem Abstand hinterher. Während sie dem Bärtigen hinterher hastete, fielen ihr die Stickereien auf seiner blauen Robe auf. Auch wenn sie mit all diesen Schnörkeln und Goldfäden viel prunkvoller wirkte, war sie doch dieselbe, wie Meriaz sie getragen hatte. Er musste ein hohes Mitglied der Silberstadtakademie sein und dem Tonfall zufolge, den er gegenüber dem Herzog angeschlagen hatte, stand die Vermutung nahe, dass es der Erzmagier persönlich war. Sein Name war ihr allerdings entfallen, weshalb sie ihre Erkenntnisse vorerst für sich behielt.
    Der Alte führte sie zu einer unscheinbaren Tür am hinteren Ende des Saals. Dahinter fand sie sich in einem kleineren Raum wieder, der an sich gemessen ebenfalls viel zu groß und prunkvoll war. Wie alles an dieser Burg. In der Mitte stand eine rußverschmierte Holztruhe mit einfachen Eisenbeschlägen, die ihr direkt vertraut vorkam. Meriaz hatte sie vor die Tür geschoben, um die Söldner daran zu hindern, in ihr Zimmer vorzudringen. Nun stand sie hier mitten in diesem Raum und wirkte schrecklich deplatziert.
    „Kleidet Euch an, dann sprechen wir darüber, was Ihr für uns tun könnt. Einverstanden?“, sein Lächeln war unter der ganzen Gesichtsbehaarung kaum zu sehen, dennoch funkelten seine braunen Augen freundlich in ihre Richtung. Ihr Herz machte einen Hüpfer.
    „Das ist hoffentlich kein Trick“, sprach sie zögerlich.
    „Nun, das werdet Ihr herausfinden müssen“, dann wandte er sich ab und schritt zu einem der Fenster, während der Herzog gerade den Raum betrat. Maven taxierte ihn kurz mit einem feindseligen Blick und stemmte dann den Deckel der Truhe auf.
    Tatsächlich.
    Darin lagen Rüstung, Waffen, Amulette und Ringe fein säuberlich zusammengefaltet und unversehrt. Ohne weitere Zeit zu verschwenden, schnürte sie das Kleid auf und ließ es kurzerhand von ihren Schultern gleiten.
    „Adalrich, wo sind deine Manieren!“, herrschte der Alte den Herzog an, der offenbar in der Tür stehengeblieben war. Dann führten seine Schritte ihn etwas zögerlich dem Bärtigen entgegen, wo er schließlich stehen blieb und mit ihm aus dem Fenster blickte.
    „Das ist ein Fehler“, hörte sie den Herzog flüstern, worauf hin ihm der Erzmagier leise antwortete.
    „Sie wird uns niemals vertrauen, wenn wir ihr das vorenthalten, was sie will. Dann wird sie jederzeit darauf aus sein, uns zu hintergehen und sich zu nehmen, was ihr zusteht. Beten wir zu Kalan, dass wir hiermit ihr Wohlwollen gewinnen. Wenn nicht, sind wir verloren, Adalrich. Nicht nur wir beide, sondern ganz Arenor.“
    Maven verdrehte auf deren Geflüster leicht die Augen. Wie oft war der Untergang des Reiches schon prophezeit worden und stellte sich am Ende als Hetzreden von armen Irren heraus? Zu oft. Sie ließ sich allerdings nicht beirren und schnallte den Gürtel mit seinen unzähligen kleinen Taschen und Beuteln um die Hüfte, nachdem sie die dunkle Bluse in ihre Lederhose gesteckt hatte. Die drei Amulette ließ sie unter den Stoff gleiten, während die dritte Halskette mit kleinem Beutel daran, seinen Platz auf dem Brustteil ihrer Rüstung fand. Zum Schluss zurrte sie ihre leichten Stiefel fest, streifte sich die verschiedenen Ringe über die Finger und band die Dolchscheide an ihrem Oberschenkel fest, ehe sie die Klinge mit einem leichten Ruck darin versenkte. Ein Aufatmen ging durch ihren Körper. Die ganzen Kräfte, die aus Ringen und Amuletten wieder durch ihren Körper strömten, kamen den ersten warmen Sonnenstrahlen nach einem harten Winter gleich.
    Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass nichts fehlte, wandte sie sich endlich den beiden Herren zu, die mit scheinbar großem Interesse den Horizont betrachteten.
    „Nun denn, mein Herr. Wie ist Euer Name und wobei braucht Ihr meine Hilfe?“
    Wie aus einer Trance erwachend, schreckte der Alte leicht zusammen und drehte sich dann zu ihr um. Der Herzog folgte seinem Beispiel, hielt sich aber zerknirscht zurück.
    „Mein Name ist Ildasar Attrik Gylling, Erzmagier der Akademie zu Silberstadt, Wächter von Arenor. Nennt mich bitte Ildasar, das tun alle“, seine Augen lächelten geduldig, „Nun, es wird etwas Zeit in Anspruch nehmen, Euch unser Anliegen darzulegen. Erlaubt uns dafür den Raum zu wechseln, damit wir uns gesittet an einem Tisch niederlassen können.“
    Nun war es Ildasar, der ihr den Arm anbot und diesmal war sie gewillt, wenigstens so zu tun, als wäre sie ihm gegenüber wohlgesonnen. Ihr war klar, dass die Anstrengungen sie zu finden, vom Alten ausgegangen sein mussten. Auroren unterstanden allein dem Befehl der Erzmagier.

    Nach einem weiteren Gang durch den Irrgarten, den sie Hohe Festenannten, wurde ihnen von zwei Bediensteten schließlich eine nicht ganz so prunkvolle Tür geöffnet, die den Blick auf einen Raum frei machte, dessen Wände mit Büchern gesäumt waren. In der Mitte befanden sich ein dunkler Holztisch, der mit Pergamenten und Aufzeichnungen überhäuft war und einige passende Stühle, die allesamt fein säuberlich am Tisch standen.
    „Verzeiht die Unordnung“, setzte der Erzmagier an, als er einige Rollen bei Seite räumte und etwas Platz für die Unterredung schaffte, „Die Recherchen sind unglaublich aufwändig.“
    Maven hatte in ihren vierhundert Jahren noch nie einen solchen Raum zu Gesicht bekommen. Sie hatte Mühe, sich unbeeindruckt zu geben, denn so viel Wissen, das an einem Ort gesammelt worden war, raubte ihr den Atem.
    „Nehmt Platz, nehmt Platz“, er schaffte nochmals einen Haufen Pergament bei Seite, dann zog er für die Hexe einen der gepolsterten Holzstühle zurück, wo sie sich schließlich zögerlich niederließ, „Beeindruckend, nicht wahr?“
    Maven fühlte sich ertappt und wandte den starrenden Blick von den Bücherwänden, was ihm ein leises Lachen entlockte.
    „Es sieht tatsächlich so aus, als hätten wir Euch etwas zu bieten. Nicht wahr, Mylady? Wenn Ihr uns helft, ist Euch der Zugang zu unserem Wissen offen. Jederzeit“, mit einer ausladenden Geste deutete er festlich durch den Raum, „Aber Ihr wollt sicher wissen, wobei Ihr uns behilflich sein könnt.“
    Sie legte den Kopf schief, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und widmete ihm ihre Aufmerksamkeit, wobei sie sachte an dem kleinen Beutel zupfte, der seit kurzem wieder um ihren Hals hing. Ihr entging nicht, dass der Herzog sie misstrauisch von der anderen Seite des Tisches aus beobachtete und verkrampft auf der vordersten Kante seines Stuhls saß. Jeder Zeit bereit, die Flucht zu ergreifen.
    „Euch ist die Geschichte um Arenors Nebel bekannt? Der Nebel, den die Wächter bis zu den Nebellanden zurücktrieben und die heutigen Ländereien von den Dämonen befreiten?“
    Maven nickte sachte, doch sie hielt diese Geschichten um den Teufelsnebel für ein Schauermärchen, um kleine Kinder davon abzuhalten, sich in solchen Dunstschleiern zu verirren. Dasselbe hielt sie vom Glauben an die Wächter. Eine Erzählung, welche sich schlaue Magier ausgedacht hatten, um sich die Menschen und freien Hexer untertan zu machen.
    „Sehr gut, dann beginne ich mit den Geschehnissen des letzten Winters in Uttingen, in einem Dorf nördlich von Horknir, an der Sturmküste. Ein junges Ehepaar wurde Zeuge davon, wie ein unheimlicher Nebel ihr Dorf verschluckte. Ein undurchdringlicher Nebel, aus welchem die grausigsten Geräusche zu hören waren, die sie je wahrgenommen hatten. Es waren auch Stimmen ihrer Dorfbewohner darunter, welche um Gnade flehten, bis sie nach entsetzenden Todesschreien verstummten. Sie waren nach Horknir geflohen und hatten ihre Erlebnisse Herzog Borgan und Erzmagier Inbar berichtet, diese hielten es jedoch nicht für nötig, sich dieser Erscheinung anzunehmen. Zu unser aller Unglück. Erst als von Lesan und Bergen – zwei weiteren Dörfern im Norden – ähnliche Berichte kamen, setzten sich Horknir und die Wächter in Bewegung. Nachrichten über ihre Erfolge zur Bekämpfung dieses Phänomens blieben allerdings aus. Inbar hatte uns Erzmagiern nur darüber unterrichtet, dass dieser Nebel im Frühsommer auch von Horknir aus zu sehen gewesen war. Tag und Nacht sich langsam nähernd und alles verschluckend, was sich hineinwagte. Weiter wissen wir, dass Auroren, Wächter und Abtrünnige hineingeschickt wurden, um an Informationen zu gelangen, was es damit auf sich hatte, doch kehrten sie nie zurück. Vor einigen Wochen wurde nun auch Horknir vom Nebel verschluckt. Es muss plötzlich passiert sein, denn in den umgrenzenden Dörfern waren keine Nachrichten darüber eingetroffen. Erst als die Händler nicht wie gewohnt ihre Waren in die Ortschaften fuhren, fing man an, Nachforschungen anzustellen und fand Horknir nicht wieder. Seither breitet sich der Nebel weiter aus und laufend erreichen uns neue Berichte von Ländereien, die er sich einverleibt hat. Wir wissen nahezu nichts darüber. Woher stammt er? Was oder wer war der Auslöser? Was geht da drin vor sich? Wie werden wir ihn wieder los? Wie gesagt, wurden allerlei fähige Leute hineingeschickt, doch keiner kam zurück, also sind wir genauso schlau wie letzten Winter“, Ildasar strich sich über den wuchernden Bart und starrte auf die Tischplatte vor sich.
    „Und weshalb glaubt Ihr, dass ichmehr Erfolg haben würde?“, fragte Maven stirnrunzelnd. Für sie sah das nach Himmelfahrtskommando aus und auf so etwas wollte sie sich nicht einlassen.
    „Nun, ich werde ehrlich sein. Unsere Zauberkraft wurde durch den Verlust der Wächter und der Feuerakademie in Horknir erschreckend geschmälert. Alle – und ich betone alle– unsere Feuermagier haben ihre Kräfte komplett eingebüßt und Ihr seid abgesehen von zwei Auroren die einzige, die diese Magie noch praktizieren kann. Ihr wisst, dass dieses Element enorm wirkungsvoll gegen allerlei Gezücht ist, das sich vermutlich in diesem Nebel herumtreibt.“
    „Das da wäre?“, wollte sie wissen und taxierte den Erzmagier ernst.
    „Wir vermuten, dass es sich um einen ähnlichen Nebel handelt, wie er auch in den Geschichten von Arenor beschrieben wird. Somit haben die sieben Höllen wieder ihren Anspruch auf unser Land erhoben und wollen sich zurückholen, was die ersten Wächter für uns erkämpft hatten. Um auf Eure Frage zurückzukommen: Es dürften dort wohl allerhand Dämonen zu finden sein.“
    Sie runzelte die Stirn über diese Flut von abschreckenden Informationen und schüttelte schließlich den Kopf.
    „Wenn das alles stimmt, dann ist mir einerseits klar, dass ich mich früher oder später mit diesem Nebel befassen muss, aber was ich nicht verstehe ist, dass Ihr der Meinung seid, ich alleine könnte dieses Schicksal abwenden.“
    Der Bart des Erzmagiers kräuselte sich etwas, als er darunter schmunzelte und hob beschwichtigend die Hände. „Natürlich wird Eure Aufgabe nicht darin bestehen, den Nebel zu vernichten, das wäre Irrsinn, auch wenn ich Euren Fähigkeiten größten Respekt zolle. Ihr werdet lediglich Informationen an uns weitergeben, wie die Wächter diesem Phänomen Herr werden können. Ihr werdet außerdem nicht alleine losziehen. Diese Kreatur im Hof wird Euch zur Seite stehen.“
    Freudlos lachte sie kurz auf und verstummte, als sie den Ernst in seinem Gesicht erkannte.
    „Ihr wollt mich wohl zum Narren halten? Warum sollte ich zu so etwas einwilligen? Das ist ein Himmelfahrtskommando“, inzwischen war sie aufgestanden, hatte sich mit beiden Händen auf der Tischplatte abgestützt und blickte verständnislos zwischen den beiden Herren hin und her.
    „Mylady. Bei einem Erfolg würden Euch die Türen zu allen Bibliotheken der Wächter offen stehen. Stellt Euch vor, welches Wissen Ihr dabei erlangen könntet!“
    „Sofern ich überlebe“, meinte sie trocken.
    „Nunja, das wäre natürlich vorteilhaft“, Ildasars Augen leuchteten amüsiert, was Maven ein Schnauben entlockte.
    „Gesteht mir eine Bedenkzeit zu und erlaubt mir, Vaendur im Hof zu besuchen, bevor ich eine Entscheidung fälle. Außerdem will ich Eure Zusicherung, dass ich Bedingungen stellen kann, die erfüllt werden, sofern ich mich dazu entschließen sollte in die Nebel vorzudringen.“
    „Nur sofern Ihr keine Armee verlangt“, schaltete sich erstmals Adalrich ein, „Rilas-Tan schickte zweitausend Reiter hinein. Verschiedene Augenzeugen sagten aus, dass sie allesamt verschluckt wurden und ihre Schreie noch kilometerweit zu hören gewesen waren.“
    Maven entging der grimmige Blick nicht, welcher Ildasar seinem Herzog zuwarf, ehe er wieder das Wort ergriff.
    „Ihr werdet uns Eure Entscheidung heute beim Abendessen mitteilen, nachdem Ihr die Gelegenheit hattet, mit dem Ungetüm zu sprechen. Ihr werdet die Hohe Feste nicht verlassen und sofern Eure Bedingungen den Rahmen nicht sprengen, werden wir sie Euch gewähren.“
    Sie nickte knapp und richtete sich schließlich auf. Ihr Blick streifte nochmals die hohen Bücherwände, dann wandte sie sich ab und ging in Richtung Tür. Irgendwie würde sie den Weg zu Vaendur schon finden und dann würde er ihr einige Fragen zum Nebel und zu seiner Kampffähigkeit beantworten müssen…

    Einmal editiert, zuletzt von Chnorzi (28. August 2017 um 14:44)

  • Servus,

    Ziemlich schön geschriebener Geschichtsauszug, du verwendest beeindruckende Adjektive und Formulierungen um deiner Geschichte tiefe zu verleihen, das macht sie zumindest für mich sehr ansprechend. Da ich neu hier bin kam ich noch nicht dazu deine Geschichte komplett zu genießen, werde ich bei Gelegenheit aber natürlich machen!!

    LG Lehaidin

    "Es sind die kleinen Dinge. Alltägliche Taten von gewöhnlichen Leuten, die die Dunkelheit auf Abstand halten."
    - Gandalf -


  • @Chnorzi @Maxwell Also jetzt habt ihr beiden mich echt dran gekriegt! Die Geschichte gefällt mir besser denn je, es ist fast, als hätte sich euer Schreibstil etwas gewandelt und zwar eindeutig zum besseren. Ich fand die Geschichte zwar schon zuvor sehr lesenswert aber jetzt bin ich richtig dabei. Von daher hab ich auch nichts zu bemängeln außer diesen beiden, kleinen Anmerkungen hier:

    Von dem Klappern und Scheppern aufgeweckt trat ein kleines, etwas untersetztes Persönchen herein, die ihre ungekämmten Haare rasch unter eine Haube stopfte.

    Irgendwie klingt das hier, als würde ein Kind den Raum betreten. eventuell könnte man es ersetzen oder sogar einfach ganz weglassen.

    Diese Kreatur im Hof wird Euch zur Seite stehen.

    Ich würde hier nicht so direkt "diese Kreatur" schreiben, da der Erzmagier gar nicht wissen kann, dass Maven Vaendur bereits im Hof gesehen hat oder gar kennt. Ich würde lieber zu etwas neutralerem wie zB: "Euer Begleiter wartet draußen im Hof" greifen.

    Der Rest ist wie gesagt spitze und von daher sitze ich dann halt jetzt hier und warte darauf, dass es weitergeht ^^

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Ich bin auch wieder zu to date, sorry, dass ich solange nichts von mir hab hören lassen.

    Das klingt nach einem ganz schönen Meuchelnebel, er killt alles, was da reingeht und zwar ziemlich grausam, wie es aussieht :hmm: der Erzmagier ist auf alle Fälle gut darin, dick aufzutragen :D wenn da schon ein Haufen fähige Leute rein gegangen sind, macht es kaum Sinn, dass denen zu folgen x)

    Maven und vaendur scheinen schon mal ein Team zu bilden, was Caspars Rolle in dem ganzen ist, hab ich allerdings noch nicht raus, bisher sammelt er ja nur Informationen. Vermutlich ist er eine Art Bote oder Kundschafter der sieben Höllen, schließlich haben irgendwelche Teufelsanbeter was mit ihm angestellt, wenn ich das noch richtig im Kopf habe.

    Hab nichts zu meckern macht weiter so, ihr schreibt super :thumbsup: