Winter in Russland
Als der Schüler nachhause kommt, sitzt der Vater alleine auf dem Sofa. In Decken gehüllt, weil draußen Winter ist.
Die Mutter findet das lächerlich. Die Mutter friert überhaupt nicht. Sie steht in der Küche und kocht, während der Schüler sich an den Ofen setzt und redet, von Herrn Kowalski. Der hat von Russland erzählt, der Herr Kowalski, von Russland im Winter und vom Krieg. Der macht spannenden Unterricht, dieser Herr Kowalski.
Der Vater war auch in Russland, meint die Mutter. Der war ein Weilchen in Russland.
Das findet der Junge toll, dass der Vater was erlebt hat. Damit hat er gar nicht gerechnet, wo der Vater doch sonst so still ist.
Im Wohnzimmer, der Fernseher. Wölfe in Sibirien. Der Vater schaltet um. Jetzt: Werbung für Sonnencreme.
Wie es denn war, in Russland?
Was er denn gelernt hat, in der Schule?
Viel über Russland und den Krieg. Wie es denn jetzt war, in Russland.
Der Vater nimmt einen Schluck Bier.
Viel geschwommen. Im Sommer mit den Aufsehern um die Wette geschwommen.
Und im Winter?
Der Winter in Russland dauert acht Monate.
Was er denn gemacht hat, in all der Zeit?
Geschwommen nicht, so viel ist sicher. Alle Flüsse zugefroren.
Der Vater schaltet den Fernseher lauter.
Ob er gehungert hat, in Russland. So wie der Herr Kowalski. Der hat gehungert in Russland.
Einmal, sagt der Vater, hat man ihm ein Brot geschenkt. Ein Stückchen Brot vom Iwan, das hat ihm gut geschmeckt.
Die Mutter aus der Küche: Von Russland will sie nichts hören; nicht vor dem Essen. Ob sie denn Hunger haben?
Der Vater hat keinen Hunger.
Die Mutter fragt, ob es sehr kalt ist, draußen.
Wie in Sibirien, meint der Junge.
Der Vater schlägt den Jungen mit der Hand, die nur drei Finger hat.
Die Mutter ruft zum Essen.