Es gibt 79 Antworten in diesem Thema, welches 24.371 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (16. Oktober 2017 um 21:20) ist von Xarrot.

  • So, schließen wir das mal ab ;)

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    Die kommenden Tage, so nannte Di zumindest die gemeinsame Zeit mit Suki zwischen Aufwachen und Schlafengehen, waren nicht minder wunderbar. Er erklomm mit ihr zusammen riesige Felsen, schwang sich auf hohe Äste von Titanfäusten, die tatsächlich niemals zu enden schienen, und aß dort oben von den süßen Beeren, die sie zuvor gepflückt hatten. Suki brachte ihm in der Zwischenzeit eine Menge über ihre Pflanzenwelt bei. Di kannte mittlerweile mehr Früchte und Gewächse beim Namen, als die sechs Männer, welche ihn begleiteten, zusammen. Suki half ihm, seine Fertigkeiten mit dem Jagdspeer zu verbessern, was dazu führte, dass er recht bald sogar richtig gut darin wurde, wenn auch immer noch die Fehlwürfe überwogen. Sie badeten gemeinsam im großen See, tauchten bis zu dessen Grund und lieferten sich Wettrennen vom einen zum anderen Ufer. Selbst ihre Meinungsverschiedenheiten waren stets von einem Augenzwinkern begleitet. Einmal drückte Di ihr nach einer kleinen Kabbelei einen Kuss auf die Wange, woraufhin sie ihm so heftig vor die Brust stoß, das er rückwärts in einem Beerenstrauch landete.
    Zwar waren sie beide zunächst etwas verdutzt, doch konnten sie schließlich zusammen über jene Aktion lachen. Überhaupt lachten sie oft und viel. Neben den lustigen Geschichten, die sie sich gegenseitig zu erzählen hatten, liebte Di es ganz besonders, wenn Suki ihm von der alten Zeit erzählte, lange bevor sie beide oder ihre Väter und Großväter gelebt hatten.
    Di mochte solche Erzählungen liebend gern und natürlich ließ er auch Suki an der großen Vergangenheit seiner Welt teilhaben, was sie ebenfalls sehr interessant zu finden schien.

    Bald schon traf schließlich ein riesenhafter Mann mit pechschwarzer Haut in der Siedlung ein. Ganz eindeutig ein Kumaro, wie Di erkannte. Um seinen Hals trug er eine Art Schnur, an der unzählige Knochen kleiner Tierchen baumelten. Sein Gesicht war mit vielen ineinander verlaufenen Farben bemalt: Rot, violett, grün, gelb und orange. Er trug, wie die sechs, beinahe ebenso großen Männer der gleichen Hautfarbe, die ihn mit dicken, langen Holzstöcken bewaffnet begleiteten, einen Rock aus dünnen, geflochtenen roten Blättern um die Hüften, der ihm bis zu den Knien reichte. Die Füße der schwarzen Männer waren nackt und unglaublich stark verhornt, sodass sie schon etwas grotesk wirkten. Der riesige Mann an ihrer Spitze war unverkennbar Kaysu Komo, Oberhaupt seines Volkes. Er musste etwas in die Knie gehen, als der Kayken und er sich freudestrahlend umarmten und, wie zwei alte Freunde, die sich längere Zeit nicht mehr gesehen hatten, einige Worte in einer fremden Sprache tauschten. Diese war die ganz eigene, wilde Sprache der Kumari, wie ihm Suki zuflüsterte, doch Kaysu Komo beherrschte auch ihre Zunge nahezu perfekt, bedankte sich für die Einladung und bat höflich darum sich nach der langen Reise etwas ausruhen zu dürfen. Seine Männer sollten stattdessen mit gutem und reichlich Essen versorgt werden.
    Noch bevor der Tag sein Ende nehmen konnte, erreichte auch Kaysu Ulutur vom Volk der Lubyra die Siedlung. Im Gegensatz zu den riesigen Kumari, waren die Lubyra ein körperlich kleines Volk, stark behaart und von kupferfarbener Haut. Ulutur, der einen noch dickeren schwarzen Pelz als sein Vater am Körper trug, war ein steifer Kerl, der erhobenen Hauptes durch die Welt stolzierte und, anders als Komo, dem Kayken nur leicht zunickte, als dieser sich zur Begrüßung vor ihm verbeugte.
    „Die Lubyra sind ein eitles Volk. Sie hassen jeglichen Körperkontakt, der nicht der Vereinigung dient“, erklärte ihm Suki das Gebahren des kleinen Kaysu, der ebenfalls sechs Bewacher aus seinem Volk mitgebracht hatte, die, mit Blasrohren aus Schilf bewaffnet, ebenso steif hinter ihrem Oberhaupt standen und darauf warteten, bis man ihnen ihr vorübergehendes Quartier zuwies.
    Für Di war es, als würden all die Geschichten, die Suki ihm erzählt hatte, wahr werden. Er hatte schon viel von den Kumari und den Lubyra gehört und konnte sie sich auch sehr gut vorstellen, doch diese seltsamen Menschen dann in Echt zu sehen, war noch einmal etwas ganz anderes.
    Da jedoch insgesamt vier Völker in der Zweitwelt lebten, fehlte noch einer der einberufenen Kaysus. Und Di wusste genau, zu welcher Gruppe dieser gehörte.

    Er war noch nicht richtig ausgeschlafen, da bemerkte er den lauten Tumult, der von draußen in ihre Hütte drang. Sofort bahnte er sich zwischen den schlafenden Gekk Bauwer und Hanz Gorke hindurch, um sehen zu können, was draußen vor sich ging.
    Zum ersten Mal in seinem Leben sah Di nun einen von „Denen“ und dann noch gleich elf auf einmal. Der breitschultrige Kaysu der Tesekov besaß, wie seine Begleiter, die ihren Anführer, mit schweren Steinäxten bewaffnet, umkreisten, einen breiten, muskelbepackten Körper. Dadurch bewegten sie sich allesamt etwas schwerfälliger als die Angehörigen der anderen Völker.
    Eine weitere Gemeinsamkeit, die die Tesekov teilten, waren ihre glatten, weißhäutigen Oberkörper. Kein einziges Härchen fand sich an ihnen. Stattdessen prangten geheimnisvolle schwarze Zeichen auf ihrer Brust und ihren Unterarmen. Suki hatte ihm erklärt, dass diese Zeichen jeweils symbolisierten, welcher Familie die einzelnen Männer angehörten. Kaysu Boste, ein fast schon finster drein blickender Kerl, war demnach ein direkter Nachfahre des alten Kayken Muto, der für das Massaker von Klupingen und somit dafür verantwortlich war, dass die Zugänge der Zweitwelt nur noch von den Oberweltlern passiert werden durften. Bei den Tesekov war es Tradition, dass die erstgeborenen männlichen Nachkommen des Kaysus oder Kaykens auch dessen Nachfolger wurden. Ganz anders als bei den drei anderen Völkern, die nach dem Tod ihrer Oberhäupter deren Nachfolger bestimmten, sei es durch Abstimmung unter der gesamten Bevölkerung oder durch einen Ältestenrat, wie bei den Lubyra. Auch Boste wurde vom Kayken begrüßt, wenngleich diese Begrüßung, neben den üblichen Worten, nur aus einem einfachen Händedruck bestand, den der Kaysu teilnahmslos über sich ergehen lies.
    Kaysu Boste war Di nicht sehr geheuer. Er wirkte noch grimmiger als Hanz Gorke und das war wahrlich schwierig gewesen. Suki, die plötzlich neben ihm aufgetaucht war, riss ihn schließlich aus seiner Gedankenwelt: „Du siehst aus, als hättest du einen Hornbock gesehen. Hast du etwa Angst vor Kaysu Boste?“, fragte sie ihn grinsend. Di schüttelte energisch den Kopf.
    Sicher, die Tesekov wirkten, anders als die Kumari oder Lubyra, wahrlich ein wenig bedrohlich. Selbst sein Vater wusste, dass sie nicht sehr begeistert von dem erblühten Handel mit der Oberwelt waren. Doch musste er sie deshalb fürchten?
    „Vater meint, ich muss mich für die große Verkündung etwas hübsch machen, da ich dort an seiner Seite sein muss“, erklärte Suki ihm, während sie dabei genervt mit den Augen rollte. Schon sehr oft hatte Di sich anhören müssen, dass sie es nicht sonderlich mochte, sich hübsch herzurichten. Das wäre etwas für gackernde Hühner, hatte sie stets betont. Doch so sehr er diese Einstellung an Suki auch mochte, so neugierig war er insgeheim doch darauf, sie einmal in einem feinen Kleid zu sehen, dass die Mädchen aus seiner Welt immer trugen.
    Sie umarmte ihn zum Abschied und hüpfte zurück nach Hause.

    Auf dem großen Platz inmitten der Siedlung war speziell für die Verkündung ein hohes, hölzernes Podest errichtet worden, welches ausreichend Platz für vier Personen bot und von dem aus man einen guten Blick über das später davor versammelte Volk haben würde. In vorderster Reihe davor hatte man drei kunstvoll geflochtene Sitzgelegenheiten aus dünnen Zweigen und Farnen aufgestellt, deren Sitzflächen mit weichen Blättern ausgelegt waren und auf denen später wohl die drei Kaysus Platz nehmen durften. Es dauerte nicht mehr lange, da kamen auch schon die ersten Bewohner der buranischen Zone zusammen, die auch aus den kleineren Dörfern, die um die große Siedlung herum lagen, herbeiströmten. Der große Platz reichte nicht wirklich aus um alle Menschen unterzubringen. Aus diesem Grund kletterten hauptsächlich die jungen Buranier auf die Dächer ihrer Hütten oder nahmen auf den Schultern ihrer Mütter und Väter Platz, um besser sehen zu können.
    Di verabschiedete sich von seinem Vater, dem die besondere Ehre zuteil wurde, sich hinter dem Podest einzufinden, auf dem der Kayken und Suki später stehen würden. Er fand es ein wenig unfair, dass er sich mit einem Platz auf dem Eselkarren von Fitz Grün, der auf seinem Bock saß und vor sich hin döste, begnügen musste. Doch so hatte er immerhin die Möglichkeit die gewaltigen Menschenmassen zu überblicken, die sich wie ein Meer aus Körpern über die Siedlung verteilte und die, statt des Wellenrauschens, ein lautstarkes Stimmengewirr von sich gaben.
    Donte, der sich ächzend auf die Ladefläche seines Karrens hoch gehievt hatte, wirkte auf Di viel schwächer und fast sogar dünner als zu Beginn ihrer Reise. Der beleibte Mann hatte so seine Probleme mit dem Klima der Zweitwelt. Er schwitzte seine Körperflüssigkeit fast so schnell aus, wie er sie wieder nachfüllte. Auch jetzt nahm er wieder einen großen Schluck aus seinem hölzernen Trinkkrug. Seine Wangen waren apfelrot und er schnaufte sichtlich schwer. Der arme Kerl hoffte wohl, dass dieser ungeplant lange Aufenthalt hier unten endlich zu Ende gehen würde und sie sich wieder auf den Heimweg machen konnten. Di hingegen wollte sich nicht so recht damit anfreunden, dass er Suki schon bald wieder verlassen würde. Vielleicht sollte er einfach hier bleiben, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Das Leben hier gefiel ihm gut, auch wenn die Zweitweltler bei Weitem nicht den Luxus kannten, den man oben als selbstverständlich erachtete. Er würde bald dreizehn Jahre alt sein, fast schon ein Mann. Es wurde so langsam Zeit, dass er für sich alleine entscheiden durfte. Suki und er gehörten zusammen. Er würde einen Weg finden, sie mit in seine Welt zu nehmen.

    Die drei Kaysus hatten währenddessen, umringt von ihren Leibgarden, ihre Plätze eingenommen. Ganz rechts, von dem Podest aus gesehen, der schwarze Riese Komo, in der Mitte der kleine, haarige Ulutur und ganz links der muskulöse, haarlose Boste. Der Kayken war zeitgleich über eine hölzerne Rampe auf das Podest getreten und überblickte sein Volk, deren Geraune und Getuschel nun nach und nach verstummte. Der Kayken trug eine vierzackige Krone, die aus Titanfaustholz geschnitzt war und deren Zacken je eines der Völker der Zweitwelt symbolisierte. Um seine Schultern hatte er einen langen Umhang gelegt, rot wie Blut, aufwändig aus den Fasern einer roten Pflanze hergestellt, den er in Höhe seines Schlüsselbeins mit einer hölzernen Brosche zusammenhielt. Zu seiner Rechten trat seine Tochter Suki auf das Podest, deren wallende Mähne in einen dicken, langen Zopf verwandelt wurde, in den unzählige der kleinen blau-weißen Blumen eingeflochten waren, die die Buranier Ahnenaugen nannten. Wie ihr Vater trug auch sie, passend zu ihrer Haarfarbe, einen roten Umhang.
    „Wie Blut auf Schnee“, dachte sich Di angesichts des Kontrasts der roten Farbe des Umhangs zu ihrer weißen Haut. Sie erschien auf diesem Podest schöner als je zuvor, dachte er sich. Desweiteren trat auch noch der Hauptmann von Kayken Pisaos Leibgarde auf das Podest, der einen langen Speer in seiner rechten Hand hielt und der sich mittig hinter Suki und ihrem Vater platzierte. Elisus Hofken, das Spitzkinn, eingehüllt in seine edelsten Tücher, trat links neben den Kayken und hatte wieder sein bestes, selbstherrliches Lächeln aufgesetzt. Man konnte förmlich den Schweiß auf seiner hohen Stirn glänzen sehen, doch hatte er es sich trotzdem nicht nehmen lassen, sich in dasselbe prächtige, aber eben völlig unpassende Gewand zu hüllen, mit dem er schon zuhause in Klupingen, am Tag des Beginns ihrer Reise, aufgekreuzt war.
    Di spitzte die Ohren, als Kayken Pisao zu sprechen begann.

    „Volk der Zweitwelt! Ich habe euch hier zusammenkommen lassen, um euch zu verkünden, was ich in den letzten Tagen ausführlich mit dem Mann zu meiner Linken besprochen habe.“
    Er blickte zu dem immer noch grinsenden Spitzkinn. „Dieser Mann ist, wie vielen von euch wohl bereits aufgefallen, keiner von uns. Dieser Mann ist Elisus Hofken, ein direkter Gesandter des Venua-Regenten Black.“
    Bei den letzten Worten brach ein aufgeregtes Getuschel unter den Zuhörern aus. Die Kaysus hingegen hielten, wenn sie denn überrascht waren, mit ihren Gefühlen hinter dem Berg, wie Di erkennen konnte. Keiner von ihnen rührte sich jedenfalls. Der Kayken fuhr fort und nach und nach verstummten auch die aufgeregten Stimmen, um den Worten Pisaos zu lauschen: „Ich weiß um den Groll, den die Meisten von euch gegen die Menschen der Oberwelt, gegen die Erdenläufer, hegen. Ich weiß, dass das Verhältnis zwischen unseren Völkern nie von Liebe geprägt war.“
    Er machte eine kurze Pause: „Der Gesandte aus Venua hat uns folgendes Angebot unterbreitet: Alle Zugänge in die obere Welt werden geöffnet. Die Wächter werden abgezogen und jedem Menschen unserer Völker wird es freistehen sich zwischen den Welten zu bewegen. Dies verknüpft ihr Regent mit einer einzigen Bedingung. Alle Männer, kampffähigen Alters, werden eine Ausbildung in der venuarischen Armee erhalten und sich dazu verpflichten, in den kommenden Kriegen an der Seite ihrer neuen, alten Brüder zu kämpfen.“
    War es anfangs nur verhaltenes Getuschel, so wurde es doch jetzt lauter unter den Versammelten. Kaysu Komo stand als Erster auf und erhob seine Stimme an den Kayken gerichtet: „Die Freiheit ist das kostbarste Gut der Kumari. Wir begrüßen absolut die Öffnung der Zugänge, aber wir verurteilen die Zwangsrekrutierung unserer Männer.“
    Elisus Hofken ergriff nun das Wort: „Dies ist nur ein Angebot, werter Herr. Sicherlich lassen sich einige Details im Nachgang noch verhandeln, aber bedenkt, dass wenn ihr ein Teil unserer Welt seid, ein Angriff auf Venua auch ein Angriff auf euch ist und es sollte für jeden Mann eine große Ehre sein, seine Heimat gegen feindliche Invasoren verteidigen zu dürfen.“
    Nun meldete sich Boste, der grimmige Kaysu der Tesekov, zu Wort, der laut hörbar ausspuckte: „Der hochfeine Gesandte kommt hierher zu uns, genießt die Gastfreundschaft unseres Kaykens und droht uns im Gegenzug mit Krieg?“ Als Hofken dem etwas entgegensetzen wollte, schnitt ihm der Tesekov das Wort ab und sprach zu dem versammelten Volk hinter ihm: „Ich sage euch, diese groteske Kröte will uns in eine Falle locken. Traue niemals einem Erdenläufer! Sie waren es, die unsere Vorfahren gejagt und ermordet haben. Sie haben unsere Brüder und Schwestern abgeschlachtet, als sie sich ein neues Leben in der anderen Welt aufbauen wollten.“
    „Ihr habt doch zuerst unzählige Unschuldige ermordet“, wollte Di am liebsten laut losschreien, doch hielt er sich damit zurück, da er wusste, dass es nicht klug wäre dies jetzt auszusprechen.

    Der Kayken sprach erneut, versuchte Boste zu beruhigen: „Ich verstehe eure Sorgen. Auch ich habe zurückgeblickt und mich daran erinnert, was zwischen uns gewesen war. Aber wir sollten nicht zurückblicken, sondern nur nach vorne schauen. Es herrscht Frieden in Venua. Der Ausbruch eines Krieges ist derzeit unwahrscheinlich. Die Öffnung der Zugänge bringt uns letztendlich nur Vorteile. Auch eine Ausbildung unserer Männer hat für Jene ihrer Vorzüge. Sie lernen die Welt kennen, erhalten Zugang zu Bildung und die Freiheit anschließend aus ihrem Leben zu machen, was immer sie sich wünschen. Natürlich kann man, wie der Gesandte bereits angemerkt hat, über die Details der Rekrutierung noch verhandeln. In erster Linie sollten wir an unsere Kinder denken und heute den Grundstein für eine bessere Zukunft für sie legen!“ – „Ich scheisse auf Details und ich scheisse auf die Worte dieses Hurensohns. Ich vertrete hiermit die Meinung des Volkes der Tesekov und werde davon nicht abrücken, ehrenwerter Kayken“, schleuderte Kaysu Boste, mit bebender Stimme, in Richtung des Podests zurück. Anschließend nahm er wieder Platz und verschränkte die Arme. Seine zehn Leibgardisten nickten einander zustimmend.

    Nun erhob sich der kleine, haarige Kaysu Ulutur von seinem Platz: „Das Volk der Lubyra steht hinter ihrem Kayken. Die Vergangenheit ist nur noch dazu da, um aus ihr zu lernen und aus dem Gelernten sollten wir unsere bestmögliche Zukunft formen. Das wir diese nicht von der Meinung der Tesekov abhängig machen sollten, hat uns der gute, alte Kayken Muto gelehrt, der dafür verantwortlich war, dass wir hier und heute überhaupt über ein Angebot bezüglich der Öffnung der Zugänge diskutieren dürfen. Der Nebel ist hier, ebenso wie all unser Glück. Doch die Freiheit liegt jenseits unserer Welt und mit ihr können wir unser Glück mehren.“
    Der Jubel im buranischen Volk wurde lauter, nachdem der Kaysu der Lubyra gesprochen hatte. Kaysu Boste warf dem kleinen Mann, der aus der Entfernung für Di wie ein kleines sprechendes Fellknäuel aussah, einen verachtenden Blick zu. Di konnte genau erkennen, wie Spitzkinn wieder seine strahlend weißen Zähne zeigte. Der Jubel der versammelten Menschen war für ihn ein Erfolg. Er wurde anscheinend mit dem Auftrag hierher geschickt die beiden Welten zu einen und es war ihm ganz offensichtlich, von den Tesekov einmal abgesehen, gelungen. Doch der Beschluss des Kaykens war ausschlaggebend. Die Kaysus brachten nur stellvertretend die Meinung ihres Volkes vor und wenn man den Applaus Komos für die Worte seines Kollegen Ulutur richtig deuten konnte, waren sie auch mehrheitlich für die Verbrüderung mit den Venuari.

    Auch Di selbst konnte noch nicht so recht fassen, was hier gerade passierte. Hundert Jahre lang empfanden die beiden Welten nichts als Ablehnung und Hass gegenüber den jeweils Anderen und nun wollte Regent Black, der Sohn des großen Red, die beiden Welten wieder vereinen. Frieden schließen. Er würde Suki also doch noch seine Welt zeigen können.

    Just in diesem Moment flüsterte eben jene ihrem Vater etwas ins Ohr, was diesen zum Lächeln brachte. Er fuhr ihr sanft über die rechte Wange und wandte sich erneut den versammelten Menschen zu, die noch immer ausgelassen jubelten. Er breitete seine Arme aus und binnen weniger Sekunden verstummte das Volk auch schon wieder: „Im Antlitz unserer Ahnen treffe ich folgende Entscheidung: Die Völker der Zweitwelt nehmen das Angebot der Venuari, unter Vorbehalt der Klärung weiterer Details, an. Dies besiegele ich mit meinem Blut vor den tausend Augen des alten und des gegenwärtigen Volkes.“ Suki reichte ihrem Vater eine steinerne Speerspitze, mit der sich Pisao seine linke Handfläche einritzte.

    Der kurz zuvor erneut ausgebrochene Jubel verstummte schnell wieder, als das Blut des Kaykens auf den Erdboden tropfte. Erst verstand Di nicht so recht, was geschehen war, doch als der Hauptmann der Leibgarde Pisaos seinen Arm um Suki legte, sie Richtung Boden drückte und mit ihr fluchtartig das Podest verließ, realisierte er was soeben passiert war. Der Kayken stürzte von dem Podest und landete, von einem dumpfen Schlag begleitet, auf dem braunen, matschigen Boden. Regungslos blieb sein Körper liegen. Seine hölzerne Krone landete vor den Füßen Kaysu Uluturs. Aufgebracht stürzte sich die Leibgarde Komos auf einen blutenden Mann, der aus der Menschenmenge herausgestürmt war, den Di allerdings nicht recht erkennen konnte. Ein wildes, ohrenbetäubendes Geschrei folgte auf die kurze Stille und in Panik stoben die Menschenmassen auseinander. Wie wilde Tiere stießen und schubsten sie sich gegenseitig beiseite und begruben die Schwachen unter sich. Ein Kind, welches direkt neben Dontes Karren stand, fing laut an zu weinen. Es blieb keine Zeit, das soeben Gesehene zu verarbeiten. Seine einzig präsenten Gedanken waren nun bei Suki und seinem Vater.
    Er sprang über die Seitenwand des Eselkarrens und versuchte sich durch die flüchtende Menschenmenge zu schieben. Ein Ellbogen erwischte ihn an der Schläfe und schon taumelte er wie ein, vom Wind getragenes Blatt, unkontrolliert durch den panischen Menschenstrom. Einmal, zweimal konnte er sich gerade noch so auf den Beinen halten, bis ihn plötzlich Hanz Gorke am Arm packte und zurück zu dem Karren zog. Als Di versuchte sich aus seinem Klammergriff zu befreien, eilte Gekk Bauwer an seine Seite, packte ihn an der Schulter und rief ihm zu: „Wir müssen von hier verschwinden. Schnell!“ – „Suki! Mein Vater! Wir müssen ihnen helfen“, erwiderte Di panisch.
    Der Nebel schoss auf sie herab. Das alte Volk war wild. Das alte Volk war zornig.
    „Dein Vater ist tot, Junge! Dein Vater ist tot!“

    Einmal editiert, zuletzt von Rika (4. Juni 2017 um 19:46)

  • @Rika so auch das hier ist noch zu deinem vorletzten Post und nicht zum aktuellen. Irgendwann muss ich das mal aufholen ...

    Spoiler anzeigen

    Eine Frage, die sich Di daraufhin gestellt, sie allerdings nicht laut ausgesprochen, hatte.

    Wenn du das Rote weglässt würde der Satz meiner Meinung nach flüssiger klingen und auch das letzte Komma kann weg, soweit ich weiß.

    Gegen was er die aufgeregt gackernden Tiere getauscht hatte, traute sich Di aber den Mann nicht zu fragen.

    "Gegen was er die aufgeregt gackernden Tiere aber getauscht hatte, traute sich Di den Mann nicht zu fragen." - Wäre mein Vorschlag

    verließen und sich somit in unebenes Gelände, wie etwa den ewigen Bergen,

    Mich würden mehr Informationen zu deiner Welt echt mal interessieren. Schon mal über einen Eintrag im Welten-Thread nachgedacht?

    sagte er zu ihm, wuschelte ihm dabei mit seinen kräftigen Händen durch die schwarzen Haare und fügte an

    2x mal ihm, das zweite kann daher weggelassen werden.

    hörten Di und Suki einen kleinen Jungen neben ihnen sagen, bei dem Wort „Ahnen“ mit seinem Zeigefinger in die Luft zeigend.

    "der bei dem Wort "Ahnen" mit seinem Zeigefinger in die Luft zeigte." - Sonst klingt es leicht seltsam.

    Ansonsten sind das hier ja eigentlich nur alles ein paar Formfehler. Wirklich was zum bemängeln hab ich nicht. Bitte weiter so :thumbsup:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Hallo,

    Zum genauen durchlesen hab ich jetzt nicht die Muse, wird aber nachgeholt.

    Ein paar Fragen hab ich aber. Du schriebst das die Welt diese Dorfes sehr abgeschieden ist. Das es auf einem Felsenplataeu liegt.

    Meine Fragen:
    1. Wie ist das Tal geschützt, wenn doch nur das Dorf auf dem Plateau liegt?
    2. Wenn alles so geschützt ist wie konnten dann Westleute bis dahin vordringen um die Brücke zu bauen?
    3. Warum haben die "Dämonen" erst jetzt den Weg gefunden?
    4. Der Erste wird von einem Pfeil getötet, der Zweite von Pfeilen regelrecht akkupuntiert. Doch der "tödliche" Schuß wurde von einem Bolzen gesetzt. Pfeil und Bogen ist klar! Doch gehören Bolzen nicht zu Armbrüsten, wie bekommen lausige Wüstenbewohner Armbrüste?

    Okay, vielleicht erklärst du 3. ja noch.

    Lösung zu 2. währe z.B.
    Das sie bei einem Handel eine Leiter erstanden haben und diese weiter entwickelt haben in dem sie sie waagerecht hinlegten und etwas oberhalb ein Seil spannten.

    Trotzdem tolle Geschichte!

    4 Mal editiert, zuletzt von Iridiosflames (25. Mai 2017 um 22:17)

  • @Xarrot
    Danke für die Korrekturen!
    Ob ich jemals, trotz Korrekturlesen, einen fehlerfreien Text zustande bekomme? :D

    Was ist denn der Welten-Thread?
    Ansonsten werden natürlich im weiteren Verlauf noch so einige Informationen über die jeweiligen Welten und deren Geschichte folgen.

    @Iridiosflames
    Danke für das Lob! Freut mich, dass es dir gefällt! :)

    Zu deinen Fragen:
    1. Das Tal ist nicht geschützt. Aufgrund der Tatsache, dass der Teil des Kontinents kaum bis gar nicht bevölkert ist, fürchten sie nur die Dämonen. Da diese sich, den Erzählungen nach, ja nur des Nachts zeigen, ziehen sich die Bewohner ja zu dieser Zeit in den gottgegebenen "sicheren Schoß" zurück und stellen eine Nachtwache an der Brücke auf.
    2. Im Text wird ja erwähnt, dass das Plateau ursprünglich nur über einen, in den Fels gehauenen, Pfad erreicht werden konnte. Die ersten Westmenschen bzw. Venuari (nach dem Namen des Kontinent: Venua) legten zufällig an der Krone Namuns an, als sie sich vor einem schweren Sturm an das Festland retteten. Sie entdeckten das Tal und trafen dort schließlich auf die Felsenmenschen.
    Für die Venuari war der Handel mit den, im Übermaß vorhandenen, Früchten äußerst lukrativ, auch da die Felsenmenschen nicht mit Münzen bezahlt werden mussten. Einer der Handelsherren ließ schließlich die Brücke errichten. Man munkelt nach dem übermäßigen Verzehr der Lächlerfrüchte ;)
    3. Ich will jetzt hier keine definitive Aussage treffen, da hier bewusst Raum für Spekulationen gelassen wurde, deshalb nur soviel:
    Nur Kasso spricht stets von "Dämonen". Dabei kann er sich nicht sicher sein, da er nie welche gesehen hat. Einige Indizien sprechen ja (für den Leser) dagegen, dass es sich bei den Angreifern um Dämonen handelt. Ihr Handeln hingegen passt zu den alten Geschichten, sprich Zähne rausreißen, etc.
    Es bleibt, wie du gut erkannt hast, die Frage: Weshalb ausgerechnet jetzt?
    4. Auch einer dieser, von mir, niemals bemerkten Flüchtigkeitsfehler - wie schön, das hier alle so gut aufpassen! ;)

    LG
    Rika

  • 4. Auch einer dieser, von mir, niemals bemerkten Flüchtigkeitsfehler - wie schön, das hier alle so gut aufpassen! ;)

    LG
    Rika

    Geht jedem so der Geschichten schreibt. Dabei ist das noch ne Kleinigkeit, schlimmer wirds wenn man wegen sowas die halbe Geschichte umschreiben muß weil es eine Schlüsselinformation ist.

    Doch dafür sind wir da und du hier oder nicht? :D

  • Geht jedem so der Geschichten schreibt. Dabei ist das noch ne Kleinigkeit, schlimmer wirds wenn man wegen sowas die halbe Geschichte umschreiben muß weil es eine Schlüsselinformation ist.

    Doch dafür sind wir da und du hier oder nicht?

    Wäre nach dem, praktisch ersten, Kapitel ja nicht weiter schlimm ;)
    Aber ich weiß schon, worauf du hinaus willst. Könnte ja nun sagen, dass ich kleinlich darauf achte, dass keine Plotholes entstehen, das hat aber wohl auch schon so manch anderer von sich behauptet.

    Wenn also alle Stricke reißen, kann ich ja dann auf euch zählen! :blush:

  • @Rika, so dann wollen wir mal. Gefällt mir auf jeden Fall schonmal ^^

    Spoiler anzeigen

    Zwar waren sie beide zunächst etwas verdutzt, doch konnten sie schließlich zusammen über jene Aktion lachen.

    Das klingt ein wenig steif, finde ich. Wie wäre es mit: "... , doch mussten sie schließlich zusammen über diese Aktion lachen."

    „Ein unsympathischer Mann“, dachte sich Di

    Di ist ja noch ein recht kleiner Junge nehme ich an, von daher finde ich seinen Gedankengang hier etwas zu erwachsen, vor allem, wenn man ihn mal mit Di`s restlichem Verhalten vergleicht. Besonders das "unsympathisch" klingt hier etwas unpassend.

    Suki und er würden doch ein perfektes Paar abgeben. Ganz sicher würden sie das. Und deshalb gehörten sie auch zusammen.

    Auch hier finde ich denkt Di doch schon etwas sehr erwachsen und anders als sonst. Das er jetzt sofort von sich und Suki als Paar denkt, steht meiner Meinung nach etwas sehr im Gegensatz zu seiner gewissen kindlichen Naivität. Eventuell könnte man es etwas abschwächen und lediglich schreiben, dass sie sich sehr gern haben oder dergleichen. Mir fällt da leider gerade auch nichts konkret ein und vermutlich ist es eh eher Geschmackssache :whistling:

    Suki reichte ihrem Vater eine steinerne Speerspitze, mit der sich Pisao seine linke Handfläche einritzte.

    Der kurz zuvor erneut ausgebrochene Jubel verstummte schnell wieder, als das Blut des Kaykens auf den Erdboden tropfte. Erst verstand Di nicht so recht, was geschehen war, doch als der Hauptmann der Leibgarde Pisaos seinen Arm um Suki legte, sie Richtung Boden drückte und mit ihr fluchtartig das Podest verließ, realisierte er was soeben passiert war.

    Da muss ich Di widersprechen. Ich versteh nämlich nicht so ganz, was da los war. Eventuell könnte man noch genauer erklären was denn geschieht. Immerhin hat sich Pisao ja nur ein wenig die Handfläche angeritzt, sonst ist doch nichts weiter geschehen, oder hab ich was verpennt? Ich steh gerade wirklich auf den Schlauch, sry :S

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Hallo @Xarrot ,

    wieder mal Danke für die Denkanstöße! ;)
    Wie aus dem Text hervorgeht, ist Di zwölf Jahre alt und steht kurz vor seinem 13. Geburtstag, ist also schon in der Pubertät. Es gibt ja zwei Stellen, die das einigermaßen verdeutlichen. Zum Einen, als er die barbusige Frau anstarrt (bei ihrer Ankunft) und später dann, als er bei seinem Wiedersehen mit Suki, speziell deren langen Beine und ihre Brüste realisiert.

    Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich Di ursprünglich jünger erdacht und sein Alter nachträglich etwas hochgeschraubt habe, um sein Handeln im späteren Verlauf der Geschichte glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Heißt, viele Textstellen wurden nachträglich eingeschoben bzw. verändert.
    Du hast allerdings Recht, wenn du sagst, dass der zitierte Gedankengang mit dem "Paar" (sowie der vorherige Punkt) vllt. nicht so ganz zu seiner bisherigen Darstellung passt. Werd' ich mir daher auf jeden Fall noch einmal genauer anschauen! :)

    Bezüglich des zuletzt zitierten Abschnittes:
    Auch hier war es wieder eine bewusste Entscheidung, das Geschehene vage zu halten, nicht zuviel zu "zeigen", damit der Leser sich sein eigenes Bild machen/spekulieren muss.
    Nur, wenn du jetzt sagst, das Ganze wäre zu kryptisch, muss ich mir natürlich meine Gedanken dazu machen.

    Hat dich jetzt auch der darauffolgende Text nicht erahnen lassen, was passiert sein könnte?

    Ich muss gestehen, ich habe jetzt wahrlich nicht viele Leser, aber die 5-6 Leutchen, die das Kapitel definitiv gelesen haben, sind an dieser Stelle jetzt nicht ins Stolpern geraten bzw. haben mit ihrer anschließenden Interpretation des Ereignisses voll ins Schwarze getroffen.

    LG
    Rika

  • @Rika Ok dann bin ich wohl einfach nur seltendämlich :doofy:
    Könntest du mir evtl nochmal kurz erklären, was denn geschehen ist? :sack: Jetzt im Nachhinein würde ich vermuten, er wurde vergiftet oder so etwas, aber wirklich raff ich es nicht ... keine Ahnung warum mein Gehirn sich genau an dieser Stelle derart aufhängt :dead:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • @Xarrot
    Soll ich es dir wirklich erklären oder willst du es aus der Story erfahren? :D

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    Depression

    Blue schlug die Augen auf und blickte gegen die haselnussbraun getäfelte Holzdecke ihres Zimmers. Sie hatte wieder diesen Traum von dem kleinen Mädchen geträumt, das eine Klippe hinunterstürzte. Es fiel und fiel und fiel, bis es von einer großen Dunkelheit verschluckt wurde. Wie jedes Mal stand sie selbst nur dabei und musste es mit ansehen, während der Himmel über ihr in Flammen stand. Das Feuer konnte dem kleinen Mädchen zwar nichts mehr anhaben, da es bereits in der Dunkelheit ertrunken war, doch kochte die Luft für die stumme Beobachterin stets in unerträglichem Maße. Unzählige Male hatte Blue schon versucht dem Kind zu helfen, doch brachte sie aus ihrem Mund keine warnenden Worte hervor und auch ihre Beine gehorchten nicht mehr ihrem Willen. Jedes Mal, wenn die Hitze Blue zu verzehren drohte, wachte sie, wie auch an diesem Morgen, schweißgebadet auf. Früher, als kleines Mädchen, hatte sie diesen Traum oft gehabt und war so manches Mal weinend aus dem Schlaf aufgeschreckt. Mittlerweile kehrte er nur noch selten wieder, doch war er ohnehin fast zur Normalität geworden. Der Traum war Teil ihres Lebens und sie ließ ihm nicht mehr Beachtung zuteil werden, als er ihrer Meinung nach verdiente.

    Viele Traumdeuter präsentierten ihrem Vater und ihr unzählige Interpretationen dieses nächtlichen Leidens, doch keine davon war wirklich befriedigend gewesen. So hatte sie einst ein junger Mann aus dem Osten Venuas, der ein langes Gewand aus bunten Federn trug und den Eindruck vermittelte, dass er selbst ein ziemlich schräger Vogel sein musste, aufgesucht. Dieser hatte erklärt, dass das Mädchen aus ihrem Traum ihre Zwillingsschwester darstelle, die sich einst zusammen mit ihr den Platz im Mutterschoß teilte, aber leider nie das Licht der Welt erblicken durfte. Zurück ließ der Mann einige Tränke, die Blue einen traumlosen Schlaf verschaffen sollten, für die er eine horrende Geldsumme kassierte und die sich am Ende als wirkungslos entpuppten.
    Eine alte Frau aus Rinken, im Norden der Westlande, hatte wiederum erklärt, dass Blue eine dunkle Seele habe und sie sich vor der Versuchung in Acht nehmen solle. Ihr Traum-Ego käme dem Mädchen deshalb nicht zur Hilfe, weil sie sich tief im Inneren dessen Tod wünschte, um ihren eigenen, verborgen lodernden Schmerzen zu entgehen. Ihr Vater hatte die Frau daraufhin wutentbrannt der Stadt verwiesen.
    Ein in Venuris ansässiger Arzt erklärte ihr hingegen, dass der Traum womöglich eine Rekonstruktion einer von ihr im Kindesalter aufgeschnappten Geschichte sein könnte, die nach dem ersten Träumen so verstörend auf sie gewirkt habe, dass der Traum sich in ihre Seele eingebrannt hätte und daher immer wiederkehrte.
    „Eine wenig tröstliche, aber durchaus plausible Erklärung“, hatte ihr Vater daraufhin erwidert. Ob aus Überzeugung oder nur deshalb, um endlich einen Schlussstrich ziehen zu können, konnte Blue auch Jahre später nicht sagen. Ihr Vater gab die Schuld dem mittlerweile längst verstorbenen Mann ihres alten Kindermädchens, der seiner kleinen Tochter immer wieder alte Schauergeschichten erzählt hatte. Blue liebte die Beiden, als wären sie von ihrem eigenen Blut gewesen. Sie konnte sich daran erinnern, dass sie den alten Mann mit dem freundlichen, wettergegerbten Runzelgesicht immer „Onkel Motte“ genannt hatte, wobei er nicht wirklich Motte, sondern Ruker hieß, wie ihr Vater ihr einmal erklärte. Damals war sie vier Jahre alt gewesen und nur kurze Zeit später war der alte Mann sehr krank geworden und relativ schnell gestorben. Die Augen seiner lieben Frau, Hela, hatten seit diesem Tage immer traurig ausgesehen, auch wenn sie sich nach außen hin stets so fröhlich und liebenswürdig wie eh und je gab. Manchmal erwischte sie ihr Kindermädchen dabei, wie sie in einem vermeintlich unbeobachteten Moment mit leerem Blick ins Nichts starrte. Als Blue dann nach ihr rief, war Hela jedes Mal ein wenig zusammengezuckt, hatte sie angelächelt und sich die feuchten Augen trocken gewischt. Über ihren Mann verlor Hela nach dessen Tod kein Wort mehr. Zu groß war anscheinend ihre tief im Innern verschlossene Trauer.

    Mittlerweile war auch sie verstorben. Fünf Jahre war es nun schon her. Damals hatte Blue gerade ihren zwölften Geburtstag gefeiert, als man ihr die Nachricht vom Tod Helas brachte.
    „Hela ist heute Morgen gestorben, Mädchen. Ich denke, das solltest du wissen. Du musst dich mit dem Frühstück beeilen, wenn du deinen Unterricht nicht verpassen willst“, hatte ihre Köchin Saebyl zu ihr gesagt. Eine kleine, kugelrunde Frau, die immer nach altem Essen roch und die in etwa so empathisch wie einer ihrer hölzernen Kochlöffel war. Natürlich hatte Blue zum damaligen Zeitpunkt längst kein Kindermädchen mehr gebraucht, doch hatte sie Hela in unregelmäßigen Abständen immer wieder in ihrem Zuhause, einem kleinen Häuschen aus grauen, grob gehauenem Stein errichtet, besucht. Sie lebte dort alleine, direkt an der östlichen Stadtmauer von Venuris, umringt von anderen, viel größeren Häusern, sodass ihr Zuhause beinahe ständig im Schatten verweilte.

    In den ersten Jahren hatte Hela ihre kleine Blue und ihre ständig wechselnden Wachmänner, die außerhalb des Palastes stets an ihrer Seite waren, oftmals zum Essen eingeladen. Die Gerichte, die Hela ihnen auftischte, waren stets einfach und in keiner Weise mit den zauberhaften Mahlzeiten vergleichbar, die die kugelrunde Köchin ihres Vaters kredenzte. Doch selbst ein einfaches Hühnchen mit Steckrüben, Zwiebeln und Karotten schmeckte Blue ausgezeichnet, wenn Hela es zubereitet hatte.

    Als Blue älter wurde, erzählte ihr ehemaliges Kindermädchen immer wieder aus ihrem langen, ereignisreichen Leben und stieß dabei auf interessierte Ohren. So erfuhr Blue, dass Hela aus einem kleinen Dorf aus dem Norden Venuas stammte, welcher geografisch zu den Westlanden zählte. Sie war noch vor Beginn des großen Krieges geboren, als ihr Kontinent noch nicht den Namen Venua trug. Blue war bereits mit dem Wissen aufgewachsen, dass es ihr eigener Großvater, Palu Venua, der wegen seines feuerroten Bartes im Volk den Spitznamen Red trug, gewesen war, der den westlichen Kontinent damals, in der sogenannten roten Rebellion, zum Sieg geführt hatte.
    Helas Eltern waren Pferdezüchter gewesen und hatten sich auf die Zucht von Ackergäulen spezialisiert. Zu ihrem sechzehnten Namenstag machte ihr Vater ihr eine Zelterstute zum Geschenk, die er von einem befreundeten Züchter aus dem nicht weit entfernten Koken, einer kleinen Hafenstadt, erstanden hatte. Die Stute und Hela wurden unzertrennlich und bereisten zusammen die Städte und Dörfer der Umgebung. Ihre Begleiterin war es auch gewesen, die Hela nach dem Tod ihrer Eltern in die Hauptstadt brachte, wo sie Arbeit suchte und sich zuerst als Erntehelferin verdingte. Dem beinahe schneeweißen Pferd mit der langen Silbermähne hatte Hela damals den Namen Nara verpasst. Anders als ihre Namensgeberin starb Helas Stute jedoch an Altersschwäche.

    Der Legende nach, war die echte Nara eine silberhaarige Jungfrau gewesen, die vor über zweihundert Jahren gelebt haben sollte. Damals besetzte eine tausendköpfige Truppe Invasoren von den schwarzen Inseln die Hafenstädte Koken und Tjormeer. Nara stellte eigenmächtig eine Truppe aus tapferen Männern und Frauen, hauptsächlich Bauern, zusammen und eroberte die Städte zurück. Die Geschichte erzählte darüber hinaus, dass Nara für dieses Vorhaben einen Pakt mit dem Gott in der Sonne geschlossen hatte und ihre Feinde anschließend mit dessen Licht verbrannte, welches sie mit den Händen auf ihre Feinde schleuderte. Doch ihre angebliche Liaison mit dem Sonnengott sollte sie teuer zu stehen bekommen. Nur kurze Zeit nach ihrem Sieg wurde sie krank und fing an zu glühen, sodass sie bald darauf innerlich, wie äußerlich verbrannte.
    Heute, fügte Hela an, glaube sie nicht mehr, dass Nara tatsächlich mit göttlicher Kraft gegen ihre Feinde gekämpft hatte. Vielmehr, so vermutet sie, hätte Nara einfach nur eine wesentlich größere Streitmacht gegen die Männer von den schwarzen Inseln angeführt. Ihr Tod wäre darüber hinaus auch weniger eine Bestrafung für den Missbrauch göttlicher Kräfte, als mehr der Tod durch ein Fieber gewesen, dass wohl von einer Verwundung aus dem Kampf stammte.
    „Aber die Menschen erzählen sich gerne fantastische Geschichten, teilweise auch aus egoistischen Gründen“, erzählte die alte Frau.
    „Wer würde sich nicht damit brüsten, wenn er Zeuge eines vermeintlich göttlichen Akts werden würde? Doch genauso werden sich auch immer Menschen mit etwas brüsten, auch wenn sie nichts dergleichen erlebt oder errungen haben, nur um sich überhaupt mit etwas brüsten zu können. Es liegt in der Natur des Menschen nach Aufmerksamkeit und Macht zu streben.“

    Je mehr Zeit verging, desto seltener lud Hela ihre Blue zum Essen ein. Es kam der Zeitpunkt, an dem sie scheinbar rasend schnell zu altern begann und am Ende saß sie beinahe ausschließlich in ihrem völlig zerschlissenen Ohrensessel und starrte apathisch vor sich hin.
    Blue hatte über ihren Vater anordnen lassen, dass dieser eigens jemanden anstellte, der sich um die alte Hela kümmern sollte. Ein junges Mädchen, Coreija aus Bertzen, aus den Westlanden, war mit dieser Aufgabe betraut worden. Ein schüchternes, aber tüchtiges Mädchen, das sich so liebevoll um die alte Frau kümmerte, wie Blue dies ebenfalls getan hätte, wäre hierzu die Erlaubnis ihres Vaters erteilt worden. Doch Blue, deren Geburtsname eigentlich Lena lautete, war die Tochter von Black, dem Regenten des Kontinents Venua und ihre Aufgabe war es, sich auf ihre künftige Regentschaft vorzubereiten. Als Blacks einziges Kind, war sie somit auch dessen einzige Erbin und demnach zu hochgeboren um die Pflegerin ihres ehemaligen Kindermädchens zu spielen.
    Jedoch konnte Black seine Tochter nicht daran hindern, die alte Frau so oft wie möglich zu besuchen.

    Als Hela noch sprach, hatte sie Blue stets die Hand auf die Schulter gelegt, sie aus ihren traurigen Augen angeschaut, die Mundwinkel dennoch zu einem aufrichtigen Lächeln hochgezogen, und ihr gesagt, dass sie sich sicher sei, dass Blue einmal eine gute Regentin werden würde und das sie es bedauere diesen Tag nicht mehr erleben zu dürfen. Auch wenn Blue bei letzterer Behauptung jedes Mal vehement dagegen argumentierte und der alten Frau noch ein langes Leben prophezeite, so sollte Hela am Ende doch Recht behalten. So, wie sie immer Recht behielt.
    Als Blue sie das letzte Mal besuchte, erkannte Hela sie nicht einmal mehr, was dem Mädchen die Tränen ins Gesicht trieb. Sie hatte ihre Mutter bei ihrer Geburt verloren, Onkel Motte war gestorben bevor sie alt genug war ihn richtig kennenzulernen und nun war auch das letzte bisschen Leben aus ihrer geliebten Ersatzmutter gewichen.
    Blue tröstete sich mit der Vorstellung, dass der Glaube an den einen Gott womöglich doch nicht so falsch war, wie ihr Vater und Großvater es immer predigten. Sollte sie in die Glückseeligkeit eintauchen dürfen, so würde Hela nicht nur ihre längst verstorbenen Eltern und Freunde wiedersehen, sondern auch ihren geliebten Mann Ruker, nach dessen Tod sie zu Lebzeiten Trauer in sich trug.
    Kurz nachdem Blue von Helas Tod erfuhr, schwor sie sich eine gute Regentin zu werden, um ihre alte Freundin nicht zu enttäuschen.

    Sie stand aus ihrem Bett auf und rieb sich den Schlaf aus den kristallblauen Augen, denen sie ihren Rufnamen verdankte. So war der Farbenbezug zu einem Brauch in ihrer Familie geworden, seit Palu Venua alias Red von den jubelnden Menschenmassen zum Regenten und ersten Verteidiger des großen Reiches ausgerufen wurde. Er hatte einen Kontinent, der nur aus vielen freien Städten und Bezirken bestand, in der Stunde der größten Bedrohung zu einem großen Reich vereint und sie zum Sieg über den östlichen Nachbarkontinent Namun geführt. Selbst der nicht gerade kleine Teil der Ostlande, die die Eroberungspläne der Namuner zunächst unterstützten, wechselten am Ende ausnahmslos auf seine Seite und wurden schließlich auch ein Teil des neu erschaffenen Venuas.

    Einmal editiert, zuletzt von Rika (4. Juni 2017 um 20:24)

  • @Rika Hi ich bin Xarrot und habe jetzt Depressionen ... gelesen!

    Spoiler anzeigen

    , dass er selbst ein ziemlich schräger Vogel gewesen sein musste

    "... dass er selbst ein ziemlich schräger Vogel sei," - ist glaube ich sprachlich schöner. Schließlich wird ja nirgendwo gesagt, dass er tot ist.

    Mittlerweile war auch sie verstorben. Fünf Jahre ist es nun schon her.

    "war", sonst ist die Zeitform etwas verkehrt.

    dass Hela aus einem kleinen Dorf aus dem Norden Venuas stammte, welcher geografisch zu den Westlanden

    Kleiner Fehler: "Welches" müsste da hin.

    dass es ihr eigener Großvater, Palu Venua, der wegen seines feuerroten Bartes den Spitznamen Red trug,

    Wer nennt ihn so? Vermutlich nicht Leute, die gerade bei ihm vorsprechen xD Ich schätze mal, dass lediglich das Volk in seiner Abwesenheit ihn so nannte, würde ich vielleicht noch in den Satz einfügen ("der wegen seines feuerroten Bartes beim Volk den Spitznamen Red trug ...")

    dass Nara für dieses Vorhaben einen Pakt mit dem Gott in der Sonne geschlossen hatte und das sie ihre Feinde anschließend mit dessen Licht verbrannt haben soll, welches sie mit den Händen auf ihre Feinde schleuderte.

    "und ihre Feinde anschließend mit dessen Licht verbrannte ..." - klingt etwas schöner, meiner Meinung nach, da man das doppel "das" umgeht und das "verbrannt habe soll".

    Waren jetzt eigentlich alles nur sehr kleine Fehler, beziehungsweise Anmerkungen, denn das Kapitel an sich gefällt mir wunderbar. Besonders den kleinen Plot am Ende, dass Blue die Tochter des Regenten Black ist finde ich sehr gut eingebaut :thumbsup:

    Rika schrieb (Zitate spinnen gerade rum):
    Soll ich es dir wirklich erklären oder willst du es aus der Story erfahren?

    Werde ich wohl so machen, auch wenn ich es mir um ehrlich zu sein, nur wage erschließen kann. Naja, hab halt auch mal meine doofen Momente :doofy:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Hi @Xarrot,

    hat etwas länger gedauert, bin aber jetzt mit der Überarbeitung fertig. :)

    Nur kurz zu deinen letzten Verbesserungen:
    Bei Punkt 3 bezog sich "welcher" auf den "Norden Venuas", nicht auf "einem kleinen Dorf". ;)

    ---

    Blue nahm ein Bad und machte sich anschließend ihr schulterlanges, brünettes Haar zurecht, welches sie stets zu einem langen Zopf zusammenband. Unverkennbar hatten ihre Haare einen leichten Rotstich, den sie zweifellos ihrem Großvater verdankte. Sie tauschte ihr Nachtgewand gegen passende Kleidung, mit der sie sich aus ihrem Zimmer wagen konnte. Eine dünne, graue Wollhose und ein weißes Wollhemd. Darüber ein, in das Rot des Morgens gefärbtes, kurzärmeliges Lederwams, auf dessen rechter Brust das schildförmige Familienwappen aufgenäht war: Drei rote Schwerter. Ein etwas größeres in der Mitte und ein jeweils kleineres rechts und links davon, die die vereinten West-, Mitt- und Ostlande darstellen sollten, auf goldenem Untergrund, welcher hingegen die goldenen Zeiten, die dieses Bündnis nach sich zog, symbolisierte.
    Und die Zeiten waren wirklich golden, wenn man dem glauben durfte, was sie in ihren regelmäßigen Unterrichtsstunden gelernt hatte. Überall fuhren die Bauern reiche Ernten ein. Das Wort Hunger existierte praktisch nicht in Venua. Die Kriminalität war niedrig, die Henker beschäftigungslos. Zwar hatte das totale Embargo, das ihr Großvater über Namun verhängt hatte den interkontinentalen Handel zum Erliegen gebracht, was speziell für die Ostlande am Anfang ein schwerer Schlag gewesen sein musste, doch hörte man auch aus besagtem Osten, das ehemals den Namen „Land der Handelsherren“ trug, kein Klagen.

    Sie schwang die beiden haselnussbraunen Doppeltüren zu ihrem Zimmer auf und grüßte die beiden Wachen Thom und Berk, die wieder einmal davor postiert waren. Berk war ein schon etwas älterer Mann, ungefähr in dem Alter ihres Vaters. Im Vergleich mit Black wirkte er aber wesentlich älter und verlebter. Auffällig an ihm war seine markante Zahnlücke, die von einem abgebrochenen oberen Schneidezahn herrührte, die, jedes Mal wenn er lachte, unter seinem buschigen, blonden Oberlippenbart zum Vorschein kam. Thom war noch ein sehr junger Bursche, gehörte erst seit rund einem Jahr zu den Männern der Palastwache. Ein blasser, sommersprossiger Rotschopf, dessen Haare beinahe orange waren, weshalb man ihm den Spitznamen „Karotte“ verpasst hatte. Thom, der ein Jahr älter als Blue war, verfärbte sich stets schweinchenrosa, wenn sie ihn ansprach und stammelte anschließend nervös eine Antwort daher. Selbst bei den banalsten Fragen, wie etwa seinem Wohlbefinden, bekam der junge Kerl Schweißausbrüche. Blue wusste, dass Thom Gefallen an ihr gefunden hatte und genoss es manchmal ihn nach einem weiteren, offensichtlich lüsternen Blick wieder erröten zu lassen, auch wenn sie manchmal Mitleid mit ihm bekam. Karotte entsprach jedenfalls nicht dem Typ Mann, der ihr Herz höher schlagen ließ.

    An diesem Morgen begrüßte sie die Beiden mit einem schlichten Morgengruß, während sie schnurstracks an ihnen vorbei in Richtung der Wendeltreppe wanderte, welche sie nach unten führte, wo sie wiederum den Weg in die kleine Halle einschlug, in der der lange Frühstückstisch aus dunklem Titanfaustholz stand. Dieses ungewöhnliche Holz stammte aus der mysteriösen Zweitwelt und war für seine außerordentliche Robustheit bekannt. Ihr Vater hatte es von einem Händler namens Wenkot oder Wenkat erstanden und viel Geld dafür bezahlt.
    Der beste Schreiner der Stadt fertigte ihm aus dem Rohholz schließlich diesen wunderbaren Tisch, der mit einer eingearbeiteten weinroten Samtfläche überzogen war.
    Sie rückte sich einen Stuhl zurecht und nahm an einem der beiden Tischenden Platz. Kaum hatte sie sich niedergesetzt, kam auch schon Saebyl zu ihr reingewatschelt und begrüßte sie so höflich und förmlich, wie es ihr nur möglich war.
    Im Handumdrehen tischten ihr die Bediensteten die unterschiedlichsten Speisen auf: Frisches Brot, gekochte Eier, eine erlesene Auswahl an saisonalem Obst und Gemüse, Schinken und Käse.
    Es war Blue unmöglich von Allem zu essen, so beschränkte sie sich auf ein hartgekochtes Ei, zwei Stück Brot mit Käse sowie einen kleinen roten Apfel zum Nachtisch. Das Essen spülte sie mit ihrem allmorgendlichen Lächler-Wasser hinunter, das aus einer sündhaft teueren Frucht aus den Ostlanden hergestellt wurde, welche so sauer war, dass sie einem ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Vor dem Embargo waren die kleinen Früchte aus Namun importiert worden, doch die findigen Handelsherren aus dem Osten Venuas hatten, laut eigenen Aussagen, eine Möglichkeit gefunden die Frucht auch auf ihrem Kontinent anzubauen. Durch das somit massiv geringere Angebot waren die Preise für die Lächler explodiert. Ihr Vater gönnte sich dennoch, pro Ernte, stets einige Kisten voll davon und ließ das Getränk von Saebyl jedes Mal frisch zubereiten.
    Blue stand von ihrem Stuhl auf, bedankte sich bei den Bediensteten und der Köchin und verließ die kleine Halle in Richtung des großen Ratssaales, wo sie ihren Vater vermutete.

    Der Ratssaal lag im hinteren Bereich des Palastes und war groß genug um rund einhundert Menschen problemlos darin unterzubringen. Die hohe Decke wurde von sechs dicken, schlichten Marmorsäulen getragen. In der Mitte des Saales stand eine runde Tafel, an der, bei Bedarf, zwanzig Männer und Frauen Platz nehmen konnten. An den weinrot gestrichenen Wänden hingen große Wandteppiche, die verschiedene Szenen aus der noch jungen Geschichte Venuas zeigten. So war zum Beispiel auf einem ihr Großvater abgebildet, der den Kopf des feindlichen Oberbefehlshabers Hernak Sek’Modun in die Lüfte hielt. Ein Bild, dass an die entscheidende Schlacht in der östlichen Hafenstadt Pirma erinnern sollte, die den Truppen des Westkontinentes den endgültigen Sieg brachte. Ein anderer Wandteppich zeigte hingegen die Rückeroberung Klupingens, durch die Truppen der drei umliegenden Bezirke, aus der Zeit vor dem großem Krieg. Klupingen war damals von einer Bande von Mördern und Plünderern aus der Zweitwelt besetzt worden. Die feindliche Horde hatte die Bewohner der Stadt regelrecht abgeschlachtet. Als das „Massaker von Klupingen“ hatte dieses Ereignis einen traurigen Eintrag in die Geschichtsbücher erfahren.
    Ein dritter Teppich am Ende der Halle zeigte ihr Familienwappen in leuchtenden Farben, ein weiterer den goldenen Sarg ihres Großvaters Red und ihren Vater Black als dessen Nachfolger mit erhobenem Schwert, umrankt von Blumen, dahinter stehend. Der fünfte und letzte Teppich zeigte den obersten Handelsherren Tai Jogoo, der ihrem Großvater Red die Hand reichte und somit die bedingungslose Unterstützung der Ostlande im Kampf gegen Namun zusicherte; der Wendepunkt im großen Krieg.

    Ihr Vater saß zusammen mit seinen beiden Beratern Perem Penthuys und Kal Zigel an der Tafel und bemerkte zunächst gar nicht, dass seine Tochter den Saal betreten hatte. Die drei Männer waren mitten in ihr Gespräch vertieft. Penthuys, ein kahlköpfiger Mann jenseits der Sechzig, mit eingefallenen Augen, einem weißstoppeligen Bartwuchs und knochigen Fingern, die unter den viel zu langen Ärmeln seines türkisfarbenen Gewands hervorlugten, hatte gerade das Wort:
    „…bekommen wir ein massives Kapazitätsproblem, wenn wir die Ausbildung der Truppen nicht dezentralisieren“, erklärte er mit seiner heiseren Stimme und vollführte seltsame Bewegungen mit seinen Händen, was wirkte, als wollte er sich selbst Luft zufächern.
    Zigel, ein kräftiger Kerl von respekteinflößender Statur und mit einem dichten dunkelbraunem Vollbart ausgestattet, sah man regelrecht an, dass er gutem Essen nicht abgeneigt war. Er unterstützte seinen Vorredner: „Perem hat Recht. Wir sollten einige unserer Ausbilder in die großen Städte aussenden, um neue Ausbilder hervorzubringen. Bis dahin können wir die Bauvorhaben der neuen Kasernen durchsetzen. In Yaznark im Osten und Willenfurt im Westen, eventuell noch Rinken im Norden. Sollten sämtliche jungen Männer zu uns in die Hauptstadt strömen, können wir sie nicht alle kasernieren. Doch brauchen wir, wie wir alle wissen, sämtliche verfügbaren jungen Männer um eine Maximalstärke unserer Armee erreichen zu können.“
    Black nickte zustimmend.
    Seine dunkelroten Haare, die von Weitem beinahe schwarz glänzten, hingen ihm wirr ins Gesicht. Ihr Vater hatte das, was viele Frauen ein hübsches Gesicht nennen würden. Eine kleine Nase, weiche Gesichtszüge und kristallblaue Augen. Der rötlich schimmernde, mit grauen Härchen durchsetzte, Stoppelbart an seinem runden Kinn machte heute hingegen einen ungepflegten Eindruck. Seine eigentlich vollen Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Allem Anschein nach hatte er wieder einmal schlecht oder gar nicht geschlafen. In letzter Zeit kam das sehr oft vor. Er litt unter Alpträumen, wie man sich erzählte. Er hatte sich von den ansässigen Medizinern mit Heilkräutern eingedeckt, aus denen Saebyl ihm Traumtee zubereitete, doch auch dieser schien allem Anschein nach kaum bis keine Wirkung zu zeigen.
    Es war noch nicht sehr lange her, dass er ohne großes Zutun, eine natürliche Autorität ausstrahlte. Viele ältere Menschen hatten ihn „den kleinen Red“ genannt, in Anlehnung an seinen berühmten Vater. Mittlerweile strahlte Reds Sohn nur noch Müdigkeit aus. Dabei zählte er erst dreiundfünfzig Lebensjahre. Nach dem Tod ihres Großvaters vor über zwanzig Jahren, also noch vor Blues Geburt, hatte Black als zweites Oberhaupt des vereinten westlichen Kontinents seine Regentschaft angetreten. So war es von den Vertretern aller großen Bezirke, bereits nach dem Sieg über Namun, beschlossen worden. Und so würde auch Blue in ferner Zukunft Regentin Venuas werden. Davor fürchtete sie sich ein wenig, auch wenn sie schon ihr Leben lang auf diesen Tag vorbereitet wurde.
    Ihr Vater konnte sich glücklich schätzen, dass er von Anfang an umgeben war von klugen Köpfen, wie etwa die besagten Penthuys und Zigel, die ihm allesamt mit ihrem großen Wissen beratend zur Seite standen.
    „Niemand kann alleine einen ganzen Kontinent führen“, hatte ihr Vater ihr stets gesagt. Man müsse sich auf seine Berater verlassen, mit ihnen gemeinsam abwägen, was das Beste für das Reich ist. Die Entscheidungen oblagen letztlich einem selbst, ebenso die daraus resultierende Verantwortung für alle Konsequenzen.
    Bislang hatte ihr Vater, wie auch dessen Vater zuvor, ausschließlich gute Entscheidungen für das Reich getroffen, wie es den Anschein hatte.

    Black löste sich aus dem Gespräch, als er aus dem Augenwinkel seine Tochter im Eingangsbereich erspähte. Ein kraftloses Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Er hatte heute Morgen beinahe ebensolche schwarzen Ringe um die Augen, wie Perem Penthuys, wie Blue nun bemerkte.
    „Kleine Lena“, rief er ihr zu und winkte sie heran, blickte anschließend seine beiden Berater an und erklärte ihnen, dass sie alles Weitere am Nachmittag besprechen werden. Penthuys und Zigel nickten ihm zu, erhoben sich von ihren Stühlen und huschten Richtung Ausgang, allerdings nicht ohne Blue vorher noch im Vorbeigehen lächelnd zuzunicken.
    Ihr Vater erhob sich ebenfalls von seinem Platz, lief ihr einige Schritte entgegen und schloss sie zur Begrüßung in die Arme. Black hatte seinen Lieblingsduft, ein Gemisch, welches an Mohnblumen erinnerte, aufgelegt, doch darunter konnte Blue förmlich seine körperliche Erschöpfung riechen.
    „Wie lange hast du nicht geschlafen?“, fragte sie ihn prompt und klang dabei wohl besorgter, als beabsichtigt, denn im Blick ihres Vaters spiegelte sich Verwunderung.
    „Ich habe dir doch schon vom Gemunkel aus den Ostlanden erzählt. Der Gedanke an einen neuerlichen Konflikt raubt mir jeden Schlaf“, erklärte er ihr.
    Blue wusste, dass diese Worte nur die halbe Wahrheit waren. Natürlich hatte auch sie gehört, dass die Spitzel Tai Fisis, dem Herren der Ostlande, zu berichten wussten, dass der namunsche Hohepriester und irgendein selbsternannter König aus dem Norden des östlichen Kontinents angeblich ein Bündnis eingegangen und im Begriff waren eine Armee aufzustellen. Die Frage nach dem Warum ließ in den Augen aller involvierten Personen nur einen Schluss zu.
    Doch sie kannte auch den anderen Grund, weshalb das Oberhaupt Venuas nur noch wie sein eigener Schatten durch den Palast streifte und so blass und ungesund aussah, dass man als Außenstehender hätte vermuten können, er wäre von einer schlimmen Krankheit befallen.
    „Ich habe gesehen, wie Saebyl dir Traumtee zubereitet hat“, log Blue und versuchte auf diese Weise ihrem Vater mehr Informationen zu entlocken. Sie wollte ihm nicht erzählen, dass die Palastwache und sämtliche Bediensteten hinter seinem Rücken über den Grund seiner Schlaflosigkeit Bescheid wussten.
    Ihr Vater zog kraftlos den rechten Mundwinkel nach oben, was wie der Versuch eines Lächelns aussah. Er ließ sich wieder auf seinen Stuhl nieder und stützte sich mit dem linken Arm auf der Tafel ab: „Der Traumtee tut mir gut. Es gibt nichts worüber du dir Sorgen machen musst, kleine Lena.“ – „Ich bin nicht blind, Vater. Du bist nur noch die Hälfte von dem, was du einst warst. Deine Augenringe sind dunkler als die von Perem Penthuys und deine Schultern hängen mittlerweile so tief, dass man denken könnte man hätte dir einen unsichtbaren Umhang aus Eisen angelegt. Ich bin deine Tochter. Wem, wenn nicht mir, kannst du deine Probleme anvertrauen?“
    Black fuhr sich nachdenklich mit Daumen und Mittelfinger seiner rechten Hand, von den Wangen bis hin zum Kinn, über die Bartstoppeln und stieß einen unterdrückten Seufzer aus.
    „Das Gerede ist wahr. Ich werde von Alpträumen geplagt“, begann er zu erzählen und Blue schämte sich plötzlich dafür, dass sie ihn für unwissend hielt und auch vorgehabt hatte ihn weiterhin in Unwissenheit zu lassen, das sie versuchte unter einem Vorwand die Wahrheit ans Licht zu bringen.
    „Ich habe mittlerweile jede Nacht denselben Traum. Ich träume von deinem toten Großvater. Nicht wie er zu Lebzeiten war, sondern wie er nun im Tode aussehen muss. Ein gelbes, brüchiges Skelett, an dem Reste verfaulenden Fleisches hängen und das meinen Namen ruft. Das mit seinen dünnen, knochigen Armen nach mir greift.“
    Black machte eine kurze Pause, während er zu Boden blickte und fuhr fort: „Dann ersticke ich. Ich ersticke und niemand kommt mir zur Hilfe. Ich höre nur Gelächter. Diese unbekannten Stimmen aus der Dunkelheit lachen über mich. Ich kann mich selbst dabei beobachten, wie ich kniend nach Luft schnappe und wie es der Arm meines Vaters ist, der mir die Kehle zudrückt.“
    Black ließ seinen Blick ins Leere wandern: „Als du klein warst und immer wieder diesen Traum mit dem kleinen Mädchen hattest, haben wir unzählige Traumdeuter kontaktiert, die dir helfen sollten. Ich gab mich mit der Erklärung zufrieden, dass dir Ruker zu viele Schauergeschichten erzählt hätte und dies der Grund für deinen wiederkehrenden Traum war. Mir hingegen hat niemand irgendetwas eingeflüstert und die Deutung unseres Arztes erscheint ebenfalls wenig hilfreich.“ – „Wie deutet er den Traum?“, hakte seine Tochter nach.
    „Er erzählt mir ich wäre rastlos und solle mich ausruhen und mir Traumtee gönnen. Doch nachdem ich anfing das Gesöff zu mir zu nehmen, wurde es nur noch schlimmer. Ich kann nur noch nach einer Flasche Wein einschlafen und wenn ich dann aufwache, fühle ich mich schlechter als vorher. Ich weiß nicht, wo das enden soll.“
    Black strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, die ihm nach dem Aufrichten seines Oberkörpers ins Gesicht gefallen waren. Jetzt konnte seine Tochter die Verzweiflung in seinen Augen sehen und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie Angst um ihn.
    Immer wenn sie traurig war oder ein Problem hatte, waren nicht nur Hela, sondern auch dieser Mann ihre Trostspender oder Problemlöser gewesen. Wer aber sollte nun die Probleme ihres Vaters lösen?

    Während sie beinahe verzweifelt nach Fassung rang und in ihrem Kopf nach den richtigen Worten stöberte, erschien ihr das Hereinplatzen des dicken Tenth Barke, dem Hauptmann der Palastwache, beinahe wie eine kleine Erlösung. Barke war ein braungebrannter, fast zwei Meter großer Hüne, der eine beachtliche Wampe vor sich her schob. Nach seiner Vorliebe für den trüben Gerstensaft der Stadttavernen, den er in seinen freien Stunden gerne genoss, nannten ihn viele seiner unterstellten Männer, hinter vorgehaltener Hand, das wandelnde Bierfass. Sein kurzes, rehbraunes Haar war von der gleichen Farbe wie seine strengen Augen. Er verbeugte sich so gut er konnte und entschuldigte sich für das ungebetene Eintreten: „Verzeiht die Störung mein Herr, meine Dame. Soeben wurden fünf Herrschaften in Empfang genommen, die vom gewaltsamen Tod des Gesandten Hofken zu berichten haben.“
    So kraftlos Black auch gewirkt hatte, so schnell verschaffte ihm dieser Satz wieder Körperspannung. Er hievte sich von seinem Stuhl hoch, wirkte überrascht: „Ich möchte mit ihnen reden“, erwiderte er prompt mit belegter Stimme. Er folgte Barke aus dem kleinen Ratssaal hinaus. Blue eilte, schnellen Schrittes, hinter den Beiden her.

    Einmal editiert, zuletzt von Rika (7. Juni 2017 um 14:26)

  • Nachdem es jetzt schon länger auf meiner Liste stand, habe ich heute endlich mal damit angefangen hier mitzulesen.
    Habe bis jetzt leider nur den ersten Post, aber was ich dabei bisher gesehen habe, gefällt mir sehr gut. Ich mag deinen Schreibstil und auch die Ausgangsszene ist vielversprechend.

    die er sich noch kurz zuvor mit dem Handrücken aus dem Gesicht gestrichen hatte

    Das macht tatsächlich jemand wenn er die Finger benutzen kann? :D

    Der Felsengott hatte ihr Dorf in seinem sicheren Schoß, hoch oben über dem Festland, errichtet

    Haben die Götter in deiner Geschichte generell keine Namen? Denn wenn sie welche hätten, fände ich es merkwürdig sie nur mit ihrem "Beruf" zu benennen, da das zumindest meiner Meinung nach unintuitiver ist, wenn man einen entsprechenden Namen hat und es nicht verboten/Zeichen des Respekts/etc ist, ihn nicht zu verwenden.

    Seine Töchter waren sein Ein und Alles für ihn.

    für ihn da lediglich Wiederholung des "sein"

  • @Kelamith
    Vielen Dank für dein Interesse und das ich es gar auf eine Liste geschafft habe - freut mich sehr! :)

    Das macht tatsächlich jemand wenn er die Finger benutzen kann?

    Wenn man etwas in Händen hält oder schmutzige Finger hat, kann das durchaus vorkommen, ja ;)

    Haben die Götter in deiner Geschichte generell keine Namen?

    Der Großteil der Götter dieser Welt, haben tatsächlich keine (Ruf-)Namen.
    Speziell in besagtem Norden Namuns, wo der Prolog ja spielt, ist die Vielgötterei allerdings weit verbreitet und zumeist objektbezogen, wie hier bspw. der Felsengott oder der Gott der roten Felswüste (Herr der Dämonen der Nacht). Man erkennt also die unzähligen Götter an, verehrt aber in den meisten Fällen nur einen Bestimmten.

    Eine sehr wichtige Gottheit mit dem Namen "Mutter" wird dir allerdings im Laufe der Geschichte noch begegnen.

    LG
    Rika

  • zum zweiten Teil:

    Das war eine unerwartete Wendung. Mit Vögeln hätte ich trotz des ganzen Geredes über deren Anspruch jetzt nicht gerechnet. Bin sehr gespannt was im nächsten Teil kommt, auch wenn das vermutlich bis Donnerstag warten muss.

    Ein paar kleine Anmerkungen hätte ich:

    „Deine Tochter wäre damit immerhin noch um Längen besser als ihr Vater, den Vogelfreund“

    , der Vogelfreund

    Eine weitere, der bereits unzählige Male geführten Diskussion um den vermeintlich gleichen Anspruch der Wächter der Lüfte und der Felsenmenschen entbrannte zwischen Kassos beiden Freunden.

    erstes Komma weg; Diskussionen
    bisher hatte ich nicht wirklich das Gefühl, dass die drei Freunde sind, sondern eher relativ neutral zueinander stehen. Vielleicht kannst du da noch etwas an Zuneigung oder gemeinsamen Erinnerungen einfügen.

    Immer mehr ihrer gefiederten Freunde und Vettern taten es ihnen gleich und fanden sich ebenfalls auf den unzähligen langen Fingern der stummen, braunen Obstbäume ein.

    stummen würde ich rausstreichen, außer die Obstbäume deiner Geschichte neigen dazu, zu reden.

  • Hallo,

    ich muss zugeben, dass das eigentlich nicht so ganz meine Richtung ist. Also ich bin hier nicht die Zielgruppe deiner Geschichte. Das ist aber auch nicht schlimm - ich bin selten die Zielgruppe :D.
    Ich werde mich hier auf den letzten Teil beschränken, da du für den Rest schon viel Feedback bekommen hast. Im Spoiler findest du die Dinge, über die ich gestolpert bin, danach gibts ein völlig subjektives Fazit:

    Spoiler anzeigen

    in das Rot des Morgens gefärbtes, kurzärmeliges Lederwams,

    Eine schöne Umschreibung. Gefällt mir sehr!


    Ein etwas größeres in der Mitte und ein jeweils kleineres rechts und links davon, dass die vereinten West-, Mitt- und Ostlande darstellen sollten,

    eigentlich wollte ich nur schreiben, dass hier nur "das" hinkommt. Aber auch das wärde wohl falsch ... da du ja sozusagen von 3 Schwertern sprichst, müsste hier "die" hin. Weil das eine Schwert wird ja nicht alle drei Lande symbolisieren. Würde hier allerdings "welche" empfehlen.


    Zwar hatte das totale Embargo, dass ihr Großvater über Namun verhängt hatte,

    "das" und nach "hatte" kommt ein Komma


    Das Essen spülte sie mit ihrem allmorgendlichen Lächler-Wasser hinunter, dass aus einer sündhaft teueren Frucht aus den Ostlanden hergestellt wurde, welche so sauer war, dass sie einem ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

    Die Idee finde ich ziemlich cool. Dennoch auch hier wieder "das"


    Ich hatte wahrscheinlich dreimal so viele Zitate rauskopiert, als jetzt drinnstehen. Viel habe ich wieder rausgenommen, weil ich auch nicht genau wusste, was ich dazu schreiben sollte. An dem "dass" solltest du nochmal arbeiten, das häuft sich bei dir ein wenig, aber da stehst du bei Weitem nicht alleine da.

    Ich finde die beiden "Parallelen Welten" sehr interessant. Die Charaktere sind bisher leider noch nicht so zur Geltung gekommen, also gerade mit Blue und ihrem Vater kann ich absolut nichts anfangen. Vielleicht ist das aber auch so gewollt, oder es ändert sich noch.
    Von den Formulierungen finde ich es gut, teilweise sogar echt klasse. Du hast einen tollen Wortschatz, auch wenn du dich (meiner Meinung nach) manchmal etwas zu viel in Beschreibungen verlierst.
    Auch von der Rechtschreibung ist mir jetzt nicht viel aufgefallen. Ein paar Kleinigkeiten sind immer drinn, aber sonst alles gut.

    Ich werde auf jeden Fall versuchen hier dran zu bleiben.

    Manchmal flüstert der Wind eine Legende,
    bevor die Geschichte sie zu schreiben vermag.

    Hört das Flüstern:

    Der Orden der Geweihten

  • @Kelamith,

    eigentlich war das von mir jetzt gar nicht als "Wendung" gedacht, aber trotzdem schön, wenn es dir bis hierher gefällt ^^

    Würde dir ja gerne was auf deine zweite Bemerkung antworten, aber da können wir gerne noch einmal drauf zurückkommen, wenn du den letzten Prolog-Part gelesen hast, k? ;)

    Ansonsten: Danke für die Korrekturen und lass dir um Himmels Willen alle Zeit, die du brauchst. Wenn es eine Woche dauert es zu lesen, dann dauert es eben eine Woche :)

    ---

    Hallo @Geweihter,
    freut mich, dass du dich durch die Massen an Text geschaufelt hast, ohne dich sonderlich für den Stoff zu interessieren. Wie komme ich zu dieser Ehre? ^^

    Ehrlich gesagt schockiert mich die Häufung der "das/dass"-Fehler ein wenig. Da fragt man sich echt immer wieder, weshalb einem das, trotz mehrmaligen Überlesen, nicht auffällt. ?(

    Die Hauptcharaktere gewinnen im Verlauf mehr an Tiefe, da auch die innere Handlung zunehmen wird. Die ersten Kapitel sollte man somit zunächst Mal nur als Einführung in die Welt/das Geschehen ansehen. Andernfalls hätte ich wohl den Rahmen gesprengt, denn wie du ja schon richtig bemerkt hast, werde ich manchmal etwas ausschweifend.
    Ob diese Lösung jetzt sonderlich elegant ist, sei natürlich mal dahingestellt...

    LG
    Rika

  • @Rika Du schreibst echt fantastisch :thumbsup: Schonmal dran gedacht, etwas an einen Verlag schicken zu lassen? Ich würds kaufen ;)

    Überall fuhren die Bauern reiche Ernten ein. Das Wort Hunger existierte praktisch nicht in Venua.

    Tut es das wirklich, oder lebt Blue nicht eher in einer Blase? Würde mich mal interessieren, wie die tatsächliche Situation aussieht :hmm:

    Blue wusste, dass Thom Gefallen an ihr gefunden hatte und genoss es manchmal ihn nach einem weiteren, offensichtlich lüsternen Blick wieder erröten zu lassen, auch wenn sie manchmal Mitleid mit ihm bekam. Karotte entsprach jedenfalls nicht dem Typ Mann, der ihr Herz höher schlagen ließ.

    Okay, tut mir Leid Rika, aber du hast es geschafft! Wie asozial ist das denn bitte?! Jetzt kommt sie mir wirklich wie ein etwas verzogenes Adelsmädchen vor. Ihren Vater mag ich ja, aber die Tochter ... :orc: ins Gesicht!

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Du schreibst echt fantastisch :thumbsup: Schonmal dran gedacht, etwas an einen Verlag schicken zu lassen? Ich würds kaufen ;)

    Danke! Da werd' ich ja glatt rot :love:
    Aber Nein, angesichts der vielen Fehler würde ich mich da wohl eher zum Affen machen. Und vllt. empfindest du die nachfolgenden Kapitel ja auch als einen großen Haufen Mist, urteile also nicht zu früh ;)

    Okay, tut mir Leid Rika, aber du hast es geschafft! Wie asozial ist das denn bitte?! Jetzt kommt sie mir wirklich wie ein etwas verzogenes Adelsmädchen vor. Ihren Vater mag ich ja, aber die Tochter ... ins Gesicht!

    Naja, sagen wir mal, es ist nicht sonderlich nett. Bösartigkeit würde ich ihr hier allerdings nicht unterstellen wollen, eher dumm-kindisches Verhalten. Blue ist eben ein junges Mädchen und daher keineswegs perfekt. Man kann ihr eine gewisse Naivität nicht absprechen und in mancher Hinsicht erscheint sie natürlich auch etwas arrogant, trägt dies allerdings nie offen nach Außen.

    Sie wird noch ihre Entwicklung nehmen ;)

    LG
    Rika