Eine Reise die ist lustig oder so

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.191 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (1. August 2017 um 20:47) ist von Zaranda.

  • Die Sonne kroch gerade erst über den Horizont und vertrieb die letzten Schwaden des Frühnebels, der sich auf die Wiesen und Wege gelegt hatte. In den meisten Häusern standen die Bewohner jetzt erst auf und bereiteten sich für ihr Tagwerk vor.
    Nur auf dem Hof des Gasthofes herrschte bereits regsame Betriebsamkeit. Zumindest wenn zwei schweigsame Menschen für diesen Eindruck reichten. Die Söldnerin Rica mit den kurzen Haaren und der Lederrüstung half dem Feldschmied Feylen, der bereits ein fortgeschrittenes Alter erreicht hatte, die letzten Vorräte auf den einspännigen leichten Wagen zu verstauen.
    Die beiden Kaltblutpferde, die je einen dieser Karren ziehen würden, standen noch im warmen Stall und knabberten an ihrem Heu. Als der letzte Sack festgezurrt war kratzte sich Feylen seinen ehemals rotbraunen, bereits grau gewordenen struppigen Bart unnd brummte zufrieden. „Nur noch anschirren.“ Rica nickte nur zustimmend und fuhr sich mit der Hand durch ihr Haar.
    Die beiden waren bereits vor dem Morgengrauen wach gewesen, hatten längst ein Frühstück zu sich genommen und sich dann an die Arbeit gemacht. Jetzt fehlten nur noch drei Leute ihrer kleinen Exkursion ins Grenzland, von denen zwei vermutlich noch tief im Reich der Träume weilten.
    Das Mädchen, dass sie als Heilkundige begleitete, war bestimmt eher daran gewöhnt früh aufzustehen. Der Herr Kartograph und der vorlaute Jungspund waren da zwei andere Kaliber. Rica ging fast davon aus, dass sie die beiden aus dem Bett würde werfen müssen.
    Ehe sie sich allerdings darüber Gedanken machen musste half die Söldnerin Feylen dabei, die Kaltblüter anzuspannen. Der eine war braun, mit schwarzer Mähne und Fußbehang, der andere schwarz-weiß gescheckt. Beides gutmütige und sanfte Tiere. Jetzt standen nur noch die Reitpferde im Stall und warteten darauf, dass es los ging.
    Ihre eigene Stute holte Rica bereits heraus und band sie hinter einem der Wagen an. Diesen würde die Söldnerin lenken, daher benötigte sie die Dienste ihres Pferdes nicht. Sacht klopfte Rica einmal kurz den Hals der Braunen und holte dann Sattel und Zaumzeug, um dieses ebenfalls zu verstauen.
    Nun war wirklich so gut wie alles vorbereitet und wenn es nach Feylen und Rica gehen würde, könnten sie bereits auf dem Weg sein. Rica überprüfte noch einmal das Geschirr des gescheckten Kaltblüters, warf Feylen einen kurzen Blick zu und machte sich dann auf den Weg in den Schankraum, um Bescheid zu sagen. Zu Pferd würden die anderen drei sie ziemlich schnell einholen, zumindest wenn sie nicht bis in den späten Vormittag schliefen.
    Auf dem Weg kam ihr der Wirt entgegen, ein großer und hagerer Mann mit nervösen Augen und noch nervöseren Händen. Sie konnten nicht einen Moment stillhalten und wenn sie auch nur die Schürze kneteten, Ruhe kannten sie nicht.
    „Richte den dreien aus, dass wir bereits aufgebrochen sind und der besprochenen Route folgen.“ Nach einer kurzen Pause fügte Rica der Höflichkeit halber noch ein „Bitte“ hinzu und verließ das Gebäude. Draußen kletterte sie ohne viel Federlesens auf den Wagen und nahm die Zügel auf.
    An Feylen gewandt deutete sie mit dem Kopf auf den Gasthof. „Die kommen nach.“ Mehr Worte brauchten die beiden nicht, stattdessen ließen sie die Zügel schnalzen und gemächlich ruckelten die beiden Wagen auf den einfachen Weg, der sich durch das kleine Dorf zog und sich außerhalb zu einem unbefestigten Trampelpfad entwickelte.

  • Einige Stunden später hatte auch Kate ihr Bündel geholt und machte sich auf dem Weg zum Gasthaus, begleitet von reichlich Selbstvorwürfen.

    Wieso habe ich mich nur von Meister Oromis überreden lassen, an dieser komischen Exkursion teilzunehmen? Ich muss meine Patienten hier irgendeiner Stümperin überlassen und meine Hütte verlassen, um auf irgendeine gefährliche Reise zu gehen! Andererseits kann ich auch den anderen Teilnehmern helfen, wenn sie sich verletzen… was zumindest bei Jonathan sehr schnelle der Fall sein dürfte! Das war auch das Argument, wegen dem ich schließlich nachgegeben habe… Jon ist so ein leichtsinniger Jungspund, dass ich gut verstehen kann, wieso Meister Oromis will, dass ich auf ihn aufpasse. Außerdem will ich ja auch nicht, dass ihm etwas passiert… schließlich ist er für mich so etwas wie ein Lieblingsvetter… Und dann musste er sich auch noch als Soldat melden… Er lechzt ja richtig nach Verletzungen und Gefahren! Wieso konnte er nicht einfach zu Hause bleiben? Dann hätten wir beide jetzt viel weniger Probleme...

    Doch da kam sie schon am Gasthaus an. Sie band Laila an und ging hinein zum Gastwirt.
    „Seid gegrüßt! Sind die anderen schon bereit zum Aufbruch?“
    Er antwortete: „Der Kartograph ist inzwischen wach, aber der Grünschnabel schläft noch. Und die anderen beiden lassen Euch ausrichten, sie wären schon aufgebrochen und würden der besprochenen Route folgen.
    Was? dachte sie. Jon schläft immer noch? Na warte, dem werde ich helfen! Ich wusste gleich, dass es keine gute Idee von Oromis war, nachzugeben und ihn teilnehmen zu lassen!
    Laut sagte sie aber nur: „Wo ist denn das Zimmer des jungen Soldaten?“ Der Gastwirt antwortete schmunzelnd: „Ah, dann wollt Ihr ihn also endlich aus dem Bett werfen? Einfach die Treppe hoch und dann das Erste rechts.

    Als sie das Zimmer erreichte, stieß sie die Tür mit Schwung auf und brüllte: “Jonathan Imaro, bist du immer noch nicht wach??? Selbst der Kartograf ist schon aufgestanden und packt zusammen!!! Du hättest es besser wissen sollen, als am Abend vor der Abreise noch ewig in der Schänke zu sitzen!!!
    Der Angesprochene (oder eher Angeschriene) jedoch stöhnte nur: „Wer ist da? … Kate… lass mich… ich komme dann…“
    Sie meinte: „Von wegen <Lass mich>! Du stehst jetzt auf und packst zusammen, so dass wir in einer halben Stunde loskönnen! Der Feldschmied und die Söldnerin sind schon vor Stunden aufgebrochen, die müssen wir erstmal einholen.“ Etwas sanfter fügte sie hinzu: „Ich werde dir einen Tee gegen den Kater machen, auch wenn du es nicht verdient hättest. Aber so bist du ja zu gar nichts zu gebrauchen und behinderst uns eher, als uns zu beschützen!“

    Nach dem Waschen mit eiskaltem Wasser und dem Genuss von Kates Tee schien Jon halbwegs wach. So schaffte er es zumindest, sich richtig anzukleiden, sein Schwert um zu gürten und sein Pferd aus dem Stall zu holen und zu satteln. Vor dem Gasthaus trafen die Beiden dann auch auf den Kartographen, der gerade seine Satteltaschen befestigte. Kate trat auf ihn zu und meinte: „Seid gegrüßt, Herr Kartograph! Entschuldigt bitte, dass ich erst so spät komme, aber ich musste noch meiner Vertretung als Heilerin letzte Anweisungen geben. Hoffentlich ist keiner gestorben, bis ich wieder hier in Bragon bin… würde mich nicht wundern, so eine Stümperin wie das ist! Und dann musste ich auch noch den hier aus dem Bett werfen.“ Er erwiderte freundlich: „So, Ihr seid also die Heilerin? Freut mich, Euch kennenzulernen! Dass Ihr erst jetzt da seid, macht nichts. Ich bin, wie Ihr seht, auch erst jetzt fertig. Ich kenne eine Abkürzung, mit der wir die anderen bald eingeholt haben dürften, aber die hätten die beiden Fuhrwerke sowieso nicht verwenden können. Und übrigens, nennt mich Rufus oder Master Rufus. Ich mag diese übertriebenen Förmlichkeiten nicht.“

    Sie erwiderte lächelnd seinen Handdruck und meinte: “Dann sagt Ihr aber auch Kate zu mir, Master Rufus!“ Dabei dachte sie: ein netter Mensch! er erinnert mich an Meister Pasco… Gut, dass wenigstens ein Anderer mitkommt, der nett und vernünftig ist… wer weiß wie dieser Schmied und die Söldnerin so sind…

    In der Zwischenzeit versuchte Rufus, sich mit Jon zu unterhalten: „Na, brummt der Schädel arg? Wenn Ihr dann etwas älter seid, werdet Ihr auch weise genug sein, zu wissen wann man die Nacht durchzechen kann und wann man besser schlafen sollte. Und, freut Ihr Euch schon auf ein handfestes Abenteuer?“ Doch als er nur mürrisches Brummen zur Antwort bekam, bestieg er sein Pferd und rief munter: „Kommt ihr beiden? Hier geht es lang! Wir wollen schließlich unsere Reisegruppe noch vor Mittag eingeholt haben, oder etwa nicht?

    Einmal editiert, zuletzt von TaraMara144 (7. Juni 2017 um 15:35)

  • Eine angenehme Stille lag noch über der Gegend, vereinzelt begrüßten ein paar Vögel den Morgen. Sonst hörte man nur das Knarren des Lederzeugs und die Geräusche der Pferde und Wagen. Weder Feylen noch Rica hatten Interesse daran, sich zu unterhalten. Und zumindest die Söldnerin hing ihren Gedanken nach.
    Einen ersten Eindruck hatte sie von einem Teil ihrer Gruppe ja schon gewinnen können. Der Kartograph schien ein ganz umgänglicher Mensch zu sein, mit Feylen verstand sie sich schon bestens, der Jungspund würde wahrscheinlich für so manchen Ärger sorgen und die Heilerin hatte sie noch nicht gesehen.
    Alles in allem keine schlechten Voraussetzungen und damit leicht verdientes Geld. Die beiden Kaltblüter zuckelten gemütlich voran und dachten gar nicht daran, nach rechts oder links auszuscheren. Rica wickelte sich die Zügel um den linken Unterarm und zog ihre Axt auf den Schoß, um in aller Ruhe das Blatt zu schärfen.
    Langsam wurde der Vogelgesang lauter und die Sonne stieg höher und höher. Für einen Frühsommer war es in den letzten Tagen ziemlich warm gewesen und der heutige schien da keine Ausnahme bilden zu wollen. Glücklicherweise gaben die Bäume am Rand des Trampelpfads mit ihrem Blätterdach angenehmen Schatten.
    Laut den Berichten war das Grenzland eine Mischung aus kleinen romantischen Wäldern und sanften Hügeln. Wer auch immer sich diese Beschreibung hatte einfallen lassen war entweder nie dort gewesen oder hatte einen sehr verklärten Blick für die Realität. Zumindest würde die Gruppe so mit den kleinen Wagen überall durchkommen oder jedenfalls vertretbare Umwege finden.
    Irgendwann war die Axt geschärft und wieder verstaut. Den Rest des Vormittages verbrachte auch Rica schweigend auf dem Bock des Wagens. Kurz vor Mittag suchten sich die beiden einen Rastplatz und hielten an. Gerade als sie dabei waren, die Kaltblüter auszuschirren, damit diese ein wenig grasen konnten, näherten sich ihnen drei Reiter.
    Zwei erkannten sie, Rufus und Jon, aber der dritte Reiter, einen ganzen Teil kleiner als die beiden anderen, war fremd. Vermutlich die Heilerin. Nachdem sie zu dieser Einschätzung gekommen war widmete sich Rica wieder den Pferden und ließ die anderen links liegen. Der Kartograph hatte genügend Zeit gehabt, sich an ihre Wortkargheit zu gewöhnen und den beiden anderen hatte sie schlicht nichts zu sagen.
    Feylen brummte etwas, was wie ein Gruß klang und schlug sich dann ins Unterholz, um, den Geräuschen nach zu urteilen, ein wenig Feuerholz zu sammeln. Nachdem Rica den Kaltblüter und ihre Braune angebunden hatte tat sie es ihm gleich und innerhalb weniger Minuten hatten sie genügend Holz für ein kleines Feuerchen beisammen. Feylen entzündete dieses mit seinem Feuerstein und versorgte es dann schweigend mit Nachschub, damit es nicht gleich wieder ausging.
    Rica setzte sich zu ihm und lehnte sich entspannt zurück. "Nun, Rica, Feylen. Ihr beiden seid ja früh aufgebrochen", versuchte Rufus eine Unterhaltung zu beginnen. Um nicht völlig unhöflich zu sein, antwortete die Söldnerin ihm schulterzuckend. "Ich bin es gewohnt, früh aufzustehen. Hat man mehr vom Tag und schafft auch mehr." Dabei konnte sie es sich nicht verkneifen, Jon einen kurzen beredten Seitenblick zuzuwerfen.
    Der Kerl sah alles andere als wirklich munter aus. "Ab morgen mache ich euch einfach mit wach", schlug Rica vor, ohne eine Miene zu verziehen.

  • "Ab morgen mache ich euch einfach mit wach!" Kate konnte sich ein kurzes Schmunzeln nicht verkneifen. "Vielen Dank, das wird bei mir zumindest nicht nötig sein." Nach einem Seitenblick zu Jon konnte sie es sich nicht verkneifen, hinzuzufügen: "Aber manche anderen könnten es vielleicht gebrauchen ..."


    Nach einer kurzen Mahlzeit sollte dann der weitere Tag samt Reitordnung geklärt werden. Kate hörte nicht mehr richtig zu, nachdem klar war, dass sie in der Mitte mitreiten würde. Doch als Rica den Vorschlag machte, dass Jon eine Vorhut bilden sollte, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Na wenn der als Vorhut dafür sorgen soll, dass uns keine unliebsamen Überraschungen begegnen, erleben wir ja noch was! Sie meinte vorsichtig: "Vielleicht wäre es klüger, wenn Jon den einen Wagen lenkt und Rica die Vorhut bildet. Oder ich bilde die Vorhut und Jon ist Begleitschutz für den Tross." Feylen meinte: "Entschuldigt bitte, aber wie soll das denn gehen? Ihr könnt nicht kämpfen! Aber ich will auch nicht dem Bengel da eines der Fuhrwerke anvertrauen... Der würde es sofort in den nächsten Graben setzen." Da erwiderte Jon wütend: "Ich bin doch kein Bengel! Und ich kann durchaus auch ein Furhwerk lenken!", doch bei sich dachte er: Wieso kann ich nicht einfach wie alle anderen auch nur mitreiten? Wieso muss ich die selbst schützen oder so ein dummes Fuhrwerk lenken? Der Kartograph jedoch meinte: "Ich sehe da keine Probleme... wenn du dir das zutraust, klappt das auch. Denn du bist nicht der Typ, der sich selbst überschätzt." Kates eigene Antwort war: "Genau. Es wird keine Probleme geben, denn es geht ja darum Ausschau zu halten. Ich habe gute Ohren und scharfe Augen, und ich kann z.B. die Vögel bitten, mir mitzuteilen, wenn sie jemanden sehen. Und was meine kämpferischen Fähigkeiten angeht... Man muss sich nicht mit jedem, den man trifft schlagen. Es gibt da so ein Wort, das nennt sich DIPLOMATIE."
    Plötzlich wurden alle aufgeschreckt: Etwas raschelte bei den Pferde ! Alle sahen sich an. Ein Räuber? Aber auf gut Glück konnte man ja nichts tun! Plötzlich war mitten in die gespannte Stille hinein ein Miauen zu hören. Erleichtert sprang Kate auf und lief auf die Pferde zu. Als sie wieder zurückkam, hatte sie ein kleines, schwarz-graues Kätzchen im Arm und plauderte leise mit ihm: "Na, wolltest du auch mal aufstehen, Miri? Hast du gut geschlafen? Du hast uns aber alle erschreckt, Hm? Hast du Hunger?" Und was noch seltsamer war: Die Katze schien zu antworten! Aber vielleicht bildeten sich das alle auch nur ein... Dann erklärte Kate: "Das ist meine Katze Samira, die und alle erschrecken wollte, so wie es aussieht. Miri, das sind Rufus der Kartograph, Rica die Söldnerin, Feylen der Feldschmied und Jonathan, der Abenteurer. Und übrigens, wollen wir noch weiter, bis wir unser Nachtlager aufschlagen oder sind jetzt auf einmal alle faul geworden?" Diese Unterstellung wollte natürlich niemand auf sich sitzen lassen, so dass man schnell zum Weiterziehen bereit war.

    Am späten Nachmittag veränderte sich die eintönige Routine plötzlich: Ein Vogel landete auf Kates Schulter und zwitscherte ihr eindringlich ins Ohr. Nur zwischendurch unterbrach sie ihn mit Fragen wie: "Tatsächlich? Wo? Wie weit ist es noch? wie viele ungefähr?" Dann sah sie die anderen Mitreisenden ernst an und berichtete: "Eine Gruppe Reiter ist ungefähr 200 Schritt vor uns, auch einige Wägen. Der Vogel konnte aber nicht erkennen, ob es Soldaten sind oder auch Kinder und Frauen. Er könnte nochmal hinfliegen, aber das wäre gefährlich, weil es sehr viel Kraft verbrauchen würde. Sollen wir oder nicht?" Der Kartograph meinte: "Es ist zwar nicht unbedingt schön, so viel von einem kleinen Piepmatz zu verlangen, aber es ist notwendig. Wir müssen wissen, wer das für Leute sind und was sie vorhaben." Rica und Feylen schienen beide der selben Meinung: "Ja. Wir müssen wissen ob diese Leute und Böses wollen, und dieser kleine Vogel ist viel unauffälliger als ein Mensch." Jon schien eine sehr arrogante Sich der Dinge zu haben, was er mit den folgenden Worten bewies: "Natürlich! Das schafft der Vogel schon irgendwie, und unser Leben ist viel wichtiger als das von einem kleinen Vogel. Das ist in Ordnung, wenn wir ihn zu unserem eigenen Wohl opfern."
    Dementsprechend erklärte Kate dem Vogel: "Bitte fliege hin und beobachte sie. Sieh dir an was sie tragen, ob es nur Männer oder auch Frauen und Kinder sind, Was sie dabeihaben und hör zu was sie sagen. Vielen, vielen Dank. Es ist sehr wichtig, obwohl es mir Persönlich nicht gefällt. Viel Glück!" Dann wandte sie sich wütend an Jon: "Unser Leben ist NICHT mehr wert als das eines Vogels! Und wieso genau hast du dich als Soldat gemeldet, wenn du keinerlei Risiken eingehen willst???"

  • Es lag Rica fern, jemandem zu sagen, was er zu tun und zu lassen hatte, aber Kate hatte eine enervierende Art an sich, die es einem schwer machte, ihr nicht über den Mund fahren zu wollen. Vermutlich würde sie irgendwann in eine Situation geraten, die ihrer Art einen gewaltigen Dämpfer verpassen würde, aber bis dahin dauerte es vermutlich noch ein Weilchen. Der Jungspund Jon war da nicht viel besser und schon war die große Diskussion im Gange. Feylen vertraute dem jungen Mann natürlich nicht wirklich, der auch keine große Begeisterung an den Tag legte.
    Dabei hatte der Tag so wunderbar ruhig angefangen... Rufus machte seiner Rolle als Schlichter alle Ehre, indem er jedem das gab, was er wollte. An seiner Stelle hätte Rica auf den Tisch geschlagen und keine Widerrede geduldet, aber er führte diese Expedition an und zumindest hatte sie so ihre Ruhe auf dem Kutschbock. Als wenn es noch nicht genug war, raschelte irgendetwas bei den Pferden. Feylen und Rica maßen dem nur geringe Beachtung bei, immerhin waren die Tiere ziemlich ruhig.
    Aber Kate, Jon und Rufus waren sofort in Alarmbereitschaft, doch es sprang nicht etwa der große böse Räuber aus den kleinen Büschen, es wand sich nur eine kleine Katze aus dem Blätterwerk heraus. Sofort war das Mädchen hellauf begeistert, sammelte das Tier auf und plauderte mit ihm. Rica bekam langsam den Eindruck, dass Kate wohl der Ansicht war, mit Tieren sprechen zu können. Und daraus keinen Hehl machte.
    In dieser Gegend nahm man so etwas vielleicht als gegeben hin, aber woanders würde sie dafür schneller auf einem Scheiterhaufen landen als sie ihre gerühmte Diplomatie anwenden konnte. Gerade überlegte die Söldnerin sich noch eine Pfeife anzustecken, als sie auch schon gedrängelt wurde, weiter zu reisen. Leise seufzend stand sie also stattdessen auf und machte zusammen mit Feylen die Wagen bereit zur Weiterreise.
    Später am Nachmittag verhärtete sich Ricas Verdacht, dass Kate über eine magische Begabung verfügte. Auf ihrer Schulter landete ein kleiner Vogel und zwitscherte ihr etwas ins Ohr, nur unterbrochen von Rückfragen des Mädchens. Weiter des Wegs waren also Leute, Reiter und Wagen. Kate gefiel es nicht, den Vogel noch einmal los zu schicken, aber Rufus und besonders Jon waren der Ansicht, dass ihre Sicherheit mehr wog als das kleine Tier.
    Feylen zuckte mehr oder minder nur mit den Schultern und Rica war es einfach egal. Kate wies den kleinen Vogel an, noch einmal hinzufliegen, was die Söldnerin als Anlass nahm, die Zügel fahren zu lassen und vom Bock zu klettern. Jon bekam derweil eine ziemliche Anfuhr für seine Äußerung zu hören. Als Rica das Mädchen passierte stupste sie kurz deren Bein an. "Ich seh mir das selber an. So ein Vogel hat keine Ahnung von Wappen und dergleichen."
    In ihrer Stimme war keinerlei Wertung zu hören, sie meinte einfach, was sie sagte. Woher sollte so ein kleines Tier schließlich die Unterschiede zwischen einem Lilienwappen und einem Neptunwappen kennen? Außerdem ging es nicht nur darum, was sie redeten, ob auch Frauen und Kinder dabei waren oder was sie dabei hatten. Auch die übelsten Räuber konnten ihre Waffen mal wegstecken und sich angeregt über das Wetter unterhalten.
    Ohne lange Umschweife schlug sich Rica in das Unterholz und schlich sich fast routiniert an die andere Gruppe an. Das Gebüsch gab nicht viel Deckung her, aber die brauchte sie auch gar nicht. Ein kurzer Rundumblick reichte ihr, das waren einfache Leute, vermutlich Bauern oder Handwerker. Nun achtete Rica nicht mehr darauf, sich leise anzunähern, stattdessen brach sie recht rigoros durchs Unterholz, um auf sich aufmerksam zu machen.
    Die Leute waren nervös und verängstigt, zumindest rotteten sich sofort die Männer vor ihr zusammen und die Frauen drückten mit angstgeweiteten Augen ihre Kinder an sich. Beruhigend hob Rica ihre Hände. "Keine Sorge, ich bin keine Banditin oder sowas. Ich gehöre zu einer kleinen Reisegruppe und wollte nur sehen, was da vor uns los ist." Ein jüngerer Mann kniff die Augen zusammen und musterte sie genauer. "Du bist eine Frau?!" Den Rest hatte er wohl gar nicht gehört.
    Ein Mann mit viel grau in den Haaren knuffte ihn auf die Schulter und wandte sich dann an Rica. "Wenn euch euer Leben lieb ist dreht ihr sofort um! Wir haben eine Tagesreise von hier auf einem Gut gelebt, aber in den letzten Wochen... Irgendetwas geht hier im Grenzland um und es tötet. Anfangs fehlte nur einmal ein Schaf oder ein Huhn, das hätten auch Füchse oder Wölfe sein können. Aber dann hat es den Schäfer erwischt..."
    Rica brauchte keine Erklärung, alleine die Art, wie der Mann den Satz ausklingen ließ, dazu das Glitzern in seinen Augen verhieß nichts Gutes. Nachdenklich krauste sie die Stirn, als sie schon das Tappen von Pferdehufen und das Knarren der Wagen hörte. Der Rest ihrer Gruppe war nachgekommen. "Können es nicht auch Räuber gewesen sein?", nahm sie die Unterhaltung wieder auf, aber der Mann schüttelte den Kopf. "Das waren keine Schnittwunden... Irgendetwas hat ihn furchtbar zugerichtet und nicht nur das, wir haben in der Nähe seltsame Spuren gefunden. Keiner von uns hat jemals so etwas gesehen."
    "Die Geräusche", murmelte da plötzlich eine der Frauen und starrte Rica mit großen Augen an. "Nachts hört man es", flüsterte sie leise und wickelte sich enger in ihr Umschlagtuch. Im ersten Moment dachte Rica, das bei der Frau die Angst etwas ausgelöst hatte, aber in den Blicken der anderen Leute konnte sie nur zu genau lesen, dass sie nicht alleine war. "Macht kehrt, wenn euch euer Leben lieb ist", riet der Mann ihr erneut, ehe er seine Leute zusammenrief und sie sich an die Weiterreise machten.
    Nachdenklich trat Rica zurück zu ihrer Gruppe und wandte dann das Wort an sie. "Sie sind auf der Flucht vor irgendetwas. Niemand hat es gesehen, aber es hat getötet. Erst Tiere und dann einen Menschen, muss kein schöner Anblick gewesen sein. Und es ist wohl um das Haus geschlichen oder sowas. Was haltet ihr davon?"