Das Schicksal [Arbeitstitel]

Es gibt 28 Antworten in diesem Thema, welches 9.985 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. März 2018 um 12:53) ist von Kathamaus.

  • Hey Leute,

    ich meld mich (nach 2015) auch mal wieder. :D
    Diesmal wollte ich etwas Neues probieren, indem ich gemeinsam mit einer Freundin eine Geschichte aus zwei Sichten schreibe. Mal schauen, wie es so geworden ist.
    Über Kritik oder liebe Kommentare würden wir uns sehr freuen. ^^

    Um sie zu zitieren: "Kopfkino an und los geht's"

    1.Kapitel


    1.1
    Leise murmle ich ein paar Worte vor mich hin, als plötzlich die Kerze vor mir anfängt zu brennen. Ich lächel nur kurz, ist dies doch einer der einfachsten Tricks, die mir Lysander je gezeigt hat. Aber nur weil er einfach ist, heißt es noch lange nicht, dass er nicht effektiv ist, schmunzel ich in mich hinein. Schnell werfe ich die liebevoll handgemachte Tischdecke über den kleinen, aber dennoch stabilen Tisch, der das Herzstück unseres Heims ausmacht. Wie oft saßen wir schon hier, in alte Bücher und Schriften vertieft und stundenlang nur dem Wind, welcher an unserem Dach rüttelt, lauschend.
    Kurz verweilt mein Blick auf den verworrenen Mustern und geschwungen Linien, welche der Decke ihren eigenen liebreizenden Charme verpassen, bevor ich mich selbst schelte. Wieso trödel ich nur wieder so rum? Als ich höre, wie der Regen langsam anfängt, gegen die Fensterscheibe zu prasseln, hoffe ich nur, dass Lysander noch vor dem Beginn des richtigen Sturms nach Hause kommt. Um die Zeit bis zu seiner Ankunft nicht nur nichtstuend abzusitzen, schnappe ich mir eines der Bücher, die auf dem Regal liegen, und kuschel mich gemeinsam mit diesem und meiner Decke in eine Ecke des Zimmers.
    Heute ist einer der wenigen Tage, an denen wir nicht gemeinsam trainiert haben, da es laut Lysander ebenso wichtig ist, geistig auf einen Kampf vorbereitet zu sein. Aus diesem Grund wiederhole ich bereits den ganzen Tag irgendwelche magischen Formeln oder lese mich in die Geschichte der Magie ein. Denn nur, wenn man weiß, wie Magie entstanden ist, woraus sie besteht und wozu sie fähig ist, kann man sie richtig verwenden. Einer von Lysanders Lieblingssätzen, die ich schon so oft gehört habe, dass ich gar nicht mehr mitzählen kann.
    Der Regen prasselt bereits stärker gegen das Fenster und der Wind heult lauter, sodass ich mich tiefer in die warme Decke einkuschel. Wo bleibt er denn?, frage ich mich besorgt, lese aber wieder weiter. Mit einem Finger spiele ich an meinen langen Haaren, wickel eine der blonden Strähnen um meinen Finger, so wie ich es immer mache, wenn ich nervös oder ungeduldig bin. Lysander hat mich schon so oft darauf hingewiesen, dennoch schaffe ich es nie, damit aufzuhören.
    Ich blätter wieder um, merke aber, dass ich mich kaum noch konzentrieren kann. Die Sorge um Lysander plagt mich, sodass ich aufstehe und ans Fenster gehe. Ich sehe, wie der Regen langsam aufhört und mit ihm auch meine düsteren Gedanken. Wahrscheinlich hat er sich einfach nur untergestellt und wollte warten, bis der Sturm sich legt. Er ist stark genug, um auf sich selbst aufzupassen, also sollte ich mir nicht solche Sorgen machen. Ich gehe wieder vom Fenster weg und in die Küche, wo ich zwei Teller aus einem der kleinen Schränken hole und sie auf den Tisch stelle. Wie oft sind diese während eines Training zerstört und erst durch Magie wieder zusammengesetzt worden. Es mag stimmen, dass Magie das Leben um einiges erleichtert, aber man darf sie nie zu oft oder unbedacht einsetzen, da sie einem sonst in den wirklich wichtigen Momenten fehlt.
    Ich hole wieder eine Kerze, stelle sie auf den Tisch und murmel leise die richtigen Worte, um sie zu entzünden. In meinem Geist spüre ich das Feuer, welches sich um den Docht schlingt und sich langsam durch das Wachs frisst. Mit einem einzigen Gedanken schaffe ich es, sie zu vergrößern und mit ihr einige Figuren darzustellen. Meine liebste ist ein Drache, der über die Kerze hinwegtanzt und sich leicht mit dem Wind bewegt.

    Einmal editiert, zuletzt von Princess of Light (6. Juni 2017 um 16:10)

  • Hi :love:
    Ich bin besagte Freundin :D und freue mich riesig darauf, eure Kommentare zu lesen und zu erfahren, wie euch das so gefällt.

    * 1.2 *


    Ich husche über das Kopfsteinpflaster, bin so leise und unauffällig, wie nur irgend möglich. Das bedeutet jedoch auch, dass ein geducktes daherschleichen, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen zu auffällig wäre. Insbesondere im Hinblick auf meine Umgebung. Ich versuche meine Finger von dem Korbgriff zu lösen, um welchen sie sich eisern verkrampft haben. Immer wieder sehe ich mir, möglichst interessiert wirkend, die Marktstände um mich herum an. Meine Gedanken rasen jedoch unausweichlich um jenen Tag, der mein ganzes Leben zu bestimmen vermocht hat. Es war mein letzter Schultag gewesen. Ich hatte wie üblich völlig desinteressiert meinen Stift über meinen Block geschoben und nur mit halbem Ohr meiner Lehrerin zugehört. Sie hatte mit uns zum gefühlten tausendsten Mal über jenen schicksalsbestimmenden Abend geredet.
    Ich bleibe stehen und schaue mich musternd um, darauf achtend, dass mir niemand folgt. In solcher Angst leben zu müssen habe ich nicht gedacht, als ich vor dem König gekniet habe, mein Schwert zu ihm empor gestreckt. Ich war so aufgeregt, dass ich keinen klaren Gedanken habe fassen können und als ich endlich aufgerufen wurde, konnte ich nur mit zitternden Knien nach vorne gehen. Ich war eine der letzten, die sich ihren Segen holen konnte, da ich doch mit meinen 50 Jahren eine der jüngsten Absolventen meines Jahrgangs war.
    Ich schüttel den Kopf, als eine ältere Frau versucht mir ein paar Äpfel für angeblich wenig Geld anzudrehen. Ich kann mich sogar beherrschen und schaue sie nicht an, gehe ihr nicht an den Kragen. All diese Freundlichkeit um mich herum ist neu für mich, wäre wahrscheinlich neu für jeden meines Volkes. Ich war das nicht gewohnt, hatte stets die andere Art eingeflößt bekommen. Auch wurde mir stets mitgeteilt, das oberlebende Volk wäre gemein, hinterlistig und würden sie einen von uns sehen, erkennen, so wären wir so gut wie tot. Ich dränge den Gedanken von mir, der in mir aufkommt, mich zu überrollen versucht wie eine unaufhaltsame Lavawelle. Ich hatte mich zu konzentrieren. Zum wiederholten male gehe ich den Plan durch, den ich vorbereitet habe, nachdem ich von dieser Aufgabe, meiner ersten, erfahren hatte. Sie waren jede Woche am gleichen Tag hinter dem Marktplatz und übten dort. Mein Ziel war Er, ein älterer Herr, ein Zauberer und gefährlich für den König und uns, so sagt man.
    Als ich die letzten Stände langsam hinter mir lasse, fängt es an zu regnen. Kleine Tropfen fallen vom dunklen Himmel und ich muss mich schütteln, als eine meine Nasenspitze trifft. Jetzt erst ziehe ich meine Kapuze bis hinunter in meine Stirn. Das Wasser von oben ekelt mich an und so gehe ich einen Schritt schneller. Nur nicht laufen!, flüstert mir eine innere Stimme zu und ich gehe gleichmäßig weiter. So, als ob ich Regen schon immer auf meiner Haut gefühlt hätte und nicht auffällig, wie ein kleines Kind, welches noch nie Regen gesehen hatte.
    Ich schlängle mich durch die Menschenmasse, die auf dem Heimweg an mir vorbeikommt, während ich zu dem Steinplateau gehe, wo der Zauberer sich angeblich befinden soll. Der Regen nimmt immer weiter zu und immer, wenn ich hochschaue, ist der Himmel dunkler als zuvor. Für mich kein Problem, weil ich mich immer besser in der düsteren Umwelt zurechtfinde.
    Zwischen zwei großen alten Bäumen erkenne ich endlich das Steinplatteau, wohin mich meine Reise geführt hat. Ich bleibe stehen, wo ich bin. Sie hätten mich bei dieser Dunkelheit sowieso nicht erkennen können, selbst wenn sie da gewesen wären. Waren sie aber nicht! Ich lassen den Korb fallen, achtlos wo er landet. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Langsam, gefasst gehe ich auf einen dieser alten und ach so wertvollen Bäume zu. Ich bleibe stehen, atme ein, atme aus und schlage zu. Jeder weitere Tritt, jeder weitere Schlag baut meine Wut weiter ab. Und zerstört die krustige Rinde des Gewächses.
    Als es aufhört zu Regnen bin ich bis auf die Knochen durchnässt, meine Fingerknöcheln sind blutig geschlagen und die Rinde meines Kampfgegners schält sich ab und bleibt auf dem Haufen aus Ästen und Blättern liegen. Ich lächle, mir geht es gut. Suchend drehe ich mich um, finde meinen Korb wieder, hebe ihn auf und gehe auf gleichem Weg zurück, den ich gekommen war. Ich komme wieder an allerlei Marktständen vorbei, schenke ihnen kaum Beachtung, bis ein alter Mann diese auf sich zieht. Geduckt, fast so als wolle er unsichtbar sein, steht er unter einer Plane der Stände. Er wirkt nur ein wenig durchnässt. Ich bleibe stehen, sehe mir die Mäntel vor mir intensiv an und warte darauf, dass er losgeht. Ich brauchte einen ruhigeren Ort für die Ausführung meiner Mission.

    Unauffällig, so als würde ich diesen Weg täglich entlang schlendern, laufe ich hinter ihm her. Sein langer weißer Bart und seine grauen Haare, die sich in leichten Wellen über seine Schultern legen werden vom sanften Wind leicht hin und her geweht. Immer wieder schaut er sich um, doch mein Umhang verbirgt mein bleiches Gesicht und meine nachtschwarzen Haare. Er kann mich nicht als solche erkennen, welche ich bin. Für ihn sehe ich einfach wie ein normales, junges Menschenmädchen aus, die von dem Regen durchnässt worden ist und sich nun auf dem Weg nach Hause befindet. Er wird sich wohl nichts bei mir denken, nicht wissen, welch tödliche Waffen sich auf meinem Rücken und in meinem süßen Korb befinden. Meine Schritte werden schneller. Immer öfter sehe ich in seine blauen Augen, die vom Alter geschwächt bereits gräulich werden. Immer intensiver beschleicht mich das Gefühl, dass er mir die Rolle des armen jungen Dorfmädchens nicht abnimmt, mir nicht vertraut. Ob ich es hier schon wagen kann? Ist es hier abgelegen genug, um meine Mission auszuführen? Ich weiß es nicht, bin fraglos, überfordert, allein. Bevor er sich noch einmal umdrehen kann bleibe ich hinter einem Baum stehen. Tief durchatmen. Komm schon! Du schaffst das! Du MUSST das schaffen! Ich schaffe das! Ich trete hinter dem Baum hervor, suche nach dem alten Mann, sehe ihn nicht weit entfernt von mir vor einem dunklen Tor stehen. Ich hätte es in all diesem Chaos von Bäumen und Tieren übersehen, wäre er nicht davor stehen geblieben. Wieder lege ich mich hinter den Baum auf die Lauer, spähe zwischen Ästen zu ihm herüber. Er öffnet die Tür, ich kann leise und doch vorhanden ihr knarzen hören. Dann Schritte, nicht von ihm, von jemand anderem. So war das zwar nicht geplant, aber ich habe weder Zeit noch Lust meinen Plan zu ändern. Kollateralschaden gibt es immer, hab ich mir sagen lassen.

  • Hi Princess of Light :) !
    Hab mir gerade Deinen Text zu Gemüte geführt.
    Ich mag Deinen anschaulichen Stil. Du schaffst es wunderbar, das Gemüt deiner Prota rüberzubringen.
    Ebenso von Anfang an, Neugierde zu wecken. Man ist als Leser sofort "drin" und liest sich regelrecht fest.
    Super :thumbsup: !
    Zu beanstanden gibt es kaum etwas, nur dass Du für meinen Geschmack Deine Sätze zu sehr durch Kommata zerhackst. Das hat mich in meinem Lesefluss doch etwas gestört und hier oder da beinahe rausgeworfen. Die Saugwirkung Deines Stils hat mich aber immer wieder zurückgeholt :) .

    Ippons Beitrag werde ich mir wohl auch noch anschauen, aber noch nicht jetzt
    denn ich bin märchenhaft faul

    Adler erheben sich in die Lüfte
    aber Wiesel werden nicht in Flugzeugturbinen gesogen

    Einmal editiert, zuletzt von Formorian (5. Juni 2017 um 11:37)

  • Hallo @Princess of Light und @Ippon,

    zunächst mal bin ich, aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen, kein Fan von Geschichten, an der mehrere Autoren wirken. Zu signifikant waren hier jedes Mal die Unterschiede zwischen den Schreiberlingen und führte bislang immer dazu, dass ich gewisse Storyteile einfach nur hinter mich bringen mochte, da sie qualitativ einfach abfielen.

    Eine solche Tendenz kann ich bei euch beiden aktuell nicht feststellen. Natürlich bemerkt man die stilistischen Unterschiede, doch bewegt ihr euch doch etwa auf einem Niveau. Werde ich da etwa von euch eines Besseren belehrt? :D

    In beiden Kapiteln fehlen mir so ein bisschen die Informationen zu den Erzählern, sodass ich ein wenig Probleme habe, mich mit ihnen zu identifizieren, aber ich denke, das wird mir mit fortschreitendem Text noch geliefert werden.

    Ich fand' den kurzen Spannungsaufbau im letzten Abschnitt von 1.2 bemerkenswert gut. Habe mich selbst dabei ertappt, wie ich schon mit dem Scheitern des Vorhabens gerechnet habe.

    LG
    Rika

  • @Rika

    Danke für deinen Kommentar. :D
    Natürlich hoffe ich, dass wir zwei dich eines besseren belehren können und dass dir so die Geschichte, auf jeden Fall im Durchschnitt, gefallen wird :)

    Selbstverständlich werden euch Lesern noch Informationen über die beiden Charaktere preisgegeben und das erste Kapitel ist ja auch lange noch nicht vorbei :D:whistling:

    Es freut mich auf jeden Fall total, dass dir, und auch @Formorian die Story soweit durch "Spannung"elektrisiert :thumbup: , denn dann haben wir zwei zumindest soweit was richtig gemacht <3

  • Hallo Ippon!
    Nun habe ich mir Deinen Teil doch endlich mal angeschaut.
    Am Beginn war ich etwas verwirrt, wusste nicht genau um was es ging und wen ich mir unter dem Erzähler vorstellen sollte, doch das gab sich schnell als sich dessen Mission herausschälte.
    Du verstehst es wirklich einen Spannungsbogen aufzubauen und auch zu halten (bei mir wären wahrscheinlich nach halb so viel Text schon die Fetzen geflogen :D ), man kann einfach nicht anders und MUSS folgen. Ganz dickes Lob! :)
    Fehler sind mir so gut wie keine aufgefallen, außer mal hier und da eine Kleinigkeit in Sachen Groß- Kleinschreibung. Aber diese sind wirklich so wenige, dass es sich hier nicht lohnt sie dick anzukleistern.
    Ich kann Rika nur zustimmen: Ihr beide harmoniert wirklich in wunderbarer Weise. Wer es nicht weiß, der meint sicher ein Werk aus einer Feder vor sich zu haben.

    Also: Ganz prima gemacht, ihr zwei! :fan:
    (und Danke für`s Anfixen :D . Mehr! Mehr! MEHR!)

    Adler erheben sich in die Lüfte
    aber Wiesel werden nicht in Flugzeugturbinen gesogen

  • @Formorian Ich danke dir für beide deiner lieben Kommentare. :D
    Jaja... meine gute alte Groß- und Kleinschreibung, die ich schon immer nicht wirklich mochte... oder mag sie mich nicht ?(8|

    Naja... auf jeden Fall freue ich mich, dass wir zwei dich anfixen konnten.
    Und das mit "aus einer Feder" kommt daher, dass wir gegenseitig grundsätzlich noch einmal über den Text des anderen lesen, um die Fehler auszumerzen, aber auch daran, dass wir zwei recht gleich denken und auch echt gute Freundinnen sind, sonst würde das gar nicht so gut hinhauen :love:

  • @Rika und @Formorian,

    vielen lieben Dank für die netten Kommentare auch von meiner Seite aus. :love:
    Das mit den Kommata ist wohl eine angewohnt von mir, mal schauen, ob ich da ein paar, die ich für nicht so wichtig erachte, streichen kann. xD
    Aber ich merke bereits wieder, dass ich nur in dem Kommentar hier zu viele verwende. Ups. xD
    Die anderen Anmerkungen ändere ich dann noch. Vor allem, dass Gedanken in kursiv geschrieben werden, war in meinem Dokument so gedacht, hat das Forum anscheinend aber nicht übernommen.
    Noch mal danke für die Kommentare ^^

  • 1.3
    Völlig in Gedanken vertieft höre ich erst nach dem zweiten Mal das eindringliche Klopfen an der Tür. Schnell lösche ich die Kerze, springe auf und öffne sie. Vor mir steht Lysander, seine leicht gelockten grauen Haare hängen ihm über die Schultern und sein Bart sieht mal wieder ungepflegt aus, obwohl ich ihm schon so oft gesagt habe, dass er etwas daran ändern soll. Doch bei dem Thema scheint er einfach nicht auf mich hören zu wollen. Sein Hemd wird von der dicken Jacke aus Wildleder überdeckt und seine Hose, die bereits einige schlecht geflickte Löcher aufweist, ist auch schon wieder dreckig. Dennoch muss ich wie immer erleichtert lächeln, als ich ihn sehe, jedoch ändert sich dies schlagartig, als ich seinen gehetzten Gesichtsausdruck sehe.
    „Was ist passiert?“, frage ich ängstlich und lasse ihn rein. „Du siehst so besorgt aus.“ Schnellen Schrittes geht er in die Küche und stellt den Korb mit den Einkäufen auf dem Boden ab.
    „Lass uns erst mal etwas essen“, sagt er noch immer besorgt, aber ich wage es nicht, ihm zu widersprechen und nehme einige Kräuter aus dem Korb, die ich gemeinsam mit einigen anderen Zutaten in einen Topf mische. Immer wieder schaue ich unsicher zu Lysander, der unruhig durch das Haus läuft und nach einigen Dingen zu suchen scheint.
    „Was suchst du?“, frage ich neugierig und besorgt zu gleich, während ich mich weiter um das Essen kümmer. Ein süßlicher Duft nach Kräutern breitet sich in der Küche aus und lässt den Raum gleich etwas gemütlicher erscheinen. Ich gehe zum Fenster und öffne es, um etwas frische Luft nach dem Regen hereinzulassen. Kurz atme ich tief durch und genieße dabei den Geruch des Waldes und der feuchten Erde, die durch den Regen gereinigt wurde. Ich sehe noch den letzten Strahl der leuchtendhellen Sonne, die gerade hinter dem Horizont verschwindet und Platz für den Mond macht.
    Ich drehe mich wieder zur Küche um und gehe zurück an die Feuerstelle. Noch immer warte ich auf eine Antwort Lysanders, jedoch scheint er meine Frage überhört zu haben. Oder er ignoriert sie, spricht eine zynische Stimme in mir, die ich aber gekonnt unbeachtet lasse.
    Als das Essen endlich fertig ist, stelle ich den Topf auf den Tisch und fülle Lysander und mir etwas auf den Teller. Kurz rufe ich wieder seinen Namen und setze mich dann auf meinem Platz ihm gegenüber, wo ich auf ihn warte. Worüber er sich wohl solche Sorgen macht? Ob wohl irgendetwas auf dem Marktplatz passiert ist?
    Einige Momente vergehen, während denen ich weiter meinen trüben Gedanken nachhänge, bis Lysander endlich durch die Tür kommt und sich zu mir setzt. Noch immer prägen tiefe Sorgenfalten sein Gesicht und der besorgte Ausdruck in seinen Augen lässt Angst in mir aufsteigen. Fragend schaue ich ihn an und hoffe, dass er selbst das Wort ergreift. Doch zu meiner Enttäuschung murmelt er nur ein leises „Guten Appetit“, bevor er zu essen beginnt.
    Eine Weile sitzen wir schweigend voreinander, beide in Gedanken vertieft, während wir weiter essen. Dann jedoch halte ich die Unwissenheit nicht mehr aus und frage: „Was ist passiert, dass du so aufgewühlt nach Hause gekommen bist? Das passiert sonst nie!“
    Lysander sieht mich schweigend auf der Suche nach den richtigen Worten an, bevor er kurz durchatmet und sich einige Strähnen aus dem Gesicht wischt. „Es ist so“, fängt er zögerlich an, „es gibt einige Dinge, die ich dir nicht erzählt habe. Sehr gefährliche Dinge, die jeden gefährden, der von ihnen erfährt. Ich wollte dich da nicht mit hineinziehen, Amelia, daher habe ich es dir verschwiegen. Es tut mir Leid.“ Noch während er redet wird seine Stimme immer leiser, bis sie nur noch einem Flüstern gleicht. Traurig schaut er zu Boden, weicht meinem Blick dabei aus. Dennoch sehe ich den Schmerz in seinen eisgrauen Augen aufblitzen, der dafür sorgt, dass ich mich innerlich zusammenkrampfe.
    „Es ist schon in Ordnung, wenn du mir nicht alles sagen konntest“, versuche ich so aufmunternd wie möglich zu klingen, „aber wenn du wegen diesem Wissen in Gefahr schwebst, dann möchte ich dir helfen. Bitte sag mir, was du weißt, damit ich dir im Kampf helfen kann!“ Ich nehme seine Hände in meine und zwinge ihn, mir in die himmelblauen Augen zuschauen, welche ihn fordernd anblicken.
    Wieder sehe ich ein Zögern in seinem Augen, dennoch befindet sich bereits im nächsten Augenblick wieder die Kraft und Stärke in seiner dunkeln Stimme, die ich so kenne. „Du hast Recht. Vielen Dank, Amelia. Ich vergesse immer wieder, dass du bereits alt genug bist, um dich mit all diesen Dingen zu beschäftigen.“ Ein Lächeln umspielt sanft seine von Falten umgeben Mundwickel und sorgt dafür, dass sich der Knoten in meinem Magen etwas löst. „Ich verspreche dir, dass ich dir morgen alles erzählen werde, was du wissen möchtest, aber zuvor muss ich mich noch um einige wichtige Dinge kümmern. Ist das so in Ordnung für dich?“ Kurz zöger ich, bevor ich ihm durch ein leichtes Nicken meine Zustimmung zeige. Mir wäre es lieber gewesen, würde mein Wissensdurst direkt gestillt werden, dennoch verstehe ich, dass es Lysander schwer fällt und möchte ihm die Zeit gewähren, die er benötigt.
    Erleichtert atmet er aus, isst dann schnell zu Ende und geht in sein Zimmer. Na toll, jetzt darf ich wieder die ganze Arbeit machen, denke ich nur kurz genervt, doch schon schweifen meine Gedanken wieder ab. Was er mir wohl alles verheimlicht hat? Während ich das Geschirr abwasche und wieder an seinen rechtmäßigen Platz bringe, stelle ich mir die kuriosesten Geschichten vor, wegen denen mir Lysander die Wahrheit verschwiegen hat. Dabei gehen meine Einfälle vom Verrat am König bis hin zu einer geheimen Untergrundorganisation. Doch keine meiner Möglichkeiten scheinen zu dem liebenswürdigen und doch strengen Lehrer zu passen, der mich bereits als Kind zu sich genommen hat und für mich wie ein Vater ist.
    Schnell schütte ich noch etwas Wasser über die Feuerstelle, sodass sie nur noch von einem leichten Glühen erleuchtet wird, und begebe mich in Richtung meines Zimmers. Dabei nehme ich noch die Decke und das Buch mit, in das ich mich bereits vorher eingelesen habe. Als ich an Lysanders Zimmertür vorbeigehe, sehe ich, dass sie nur leicht angelehnt ist.
    Vorsichtig klopfe ich an, bevor ich meine Sachen ablege, die Tür weiter öffne und hereintrete. Lysander sitzt wie so oft an seinem schweren Eichenschreibtisch und brütet über einigen wichtigen Dokumenten. Als er das leise Knarren der Tür wahrnimmt, dreht er sich zu mir um. Der besorgte Ausdruck in seinem Gesicht macht einem Lächeln Platz, als er mich sieht.
    „Amelia, was machst du denn noch hier? Wolltest du nicht schon längst schlafen gehen? Du weißt doch, dass du für dein Training bei Kräften sein musst.“ Gekonnt überhöre ich das leichte Tadeln in seiner Stimme und freue mich, dass zumindest für diesen einen Moment alles wie sonst scheint. Lysanders große Gestalt, die sich vor mir aufbaut, das väterliche Tadeln und dennoch das Lächeln in seinem Gesicht, das seiner Worten Lügen straft.
    „Tut mir Leid, ich wollte mich gerade schlafen legen, aber dir vorher noch eine gute Nacht wünschen.“ Sein Lächeln wird breiter und sanft nimmt er mich in den Arm, drückt mich an seine breite Brust und gibt mir einen leichten Kuss auf die Stirn. „Ich hab dich lieb, Amelia, und wollte immer nur das Beste für dich. Vergiss das niemals, egal, was auch passieren mag“, flüstert er leise und für einen Moment fühlt es sich wie ein Abschied an. Widerwillig spüre ich, wie mir Tränen in die Augen steigen und sich ein Kloß in meinem Hals bildet, den ich schnell versuche wieder herunterzuschlucken.
    „Ich dich auch, Lysander“, flüstere ich ebenso leise, um die Atmosphäre nicht zu zerstören. Noch einen Moment drückt mich Lysander an sich, bevor er mich widerwillig aus der Umarmung frei gibt
    „Und jetzt geh endlich schlafen“, sagt er gespielt streng, dreht sich um und setzt sich wieder an seinen Schreibtisch, um weiterzuarbeiten.
    Ich verlasse das Zimmer, schließe sorgfältig die Tür und gehe in das meine, wo ich mich schnell ins Bett lege und mein Kopf im Kissen vergrabe. Mir bleibt nicht mal mehr die Zeit, meine Alltagskleidung gegen meine Schlafsachen zu tauschen, da eine innere Stimme mir sagt, dass etwas Schreckliches geschehen wird und ich die Befürchtung nicht los werde, dass diese Stimme wohl recht behalten wird. Im Ernstfall bin ich jetzt wohl vorbereitet, auch wenn ich mich in meinem langen Kleid wohl kaum verteidigen kann.
    Wieder steigen mir Tränen in die Augen, sodass ich mich tiefer ins Kissen grabe, um ein aufkommendes Schluchzen zu unterdrücken. Lysander soll mich nicht hören und sich unnötig Sorgen um mich machen, wenn er selbst noch genug zu tun hat.
    Ich brauche einige Momente, in denen ich weiter in meinen düsteren Gedanken gefangen bin, bevor sich unbemerkt der Schlaf in meinen Körper schleicht und mich mit sich zieht. Meine Atmung wird ruhiger, meine Glieder, die ich verkrampft zusammengehalten haben, entspannen sich etwas und ich finde die Ruhe, die ich im wachen Zustand nicht finden könnte. Noch während sich mein Bewusstsein langsam von meinem Körper löst, spüre ich noch eine einzelne Träne, die meine Wange hinunterläuft und Zeuge meiner Verzweiflung ist.

  • * 1.4 *

    Ich warte lange, bis es dunkel wird. Nur noch vereinzelte Sonnenstrahlen scheinen zwischen den Ästen der Bäume zu mir hindurch. Ich sehe, wie eine junge Frau eines der Fenster öffnet, hinaus in den Wald sieht, wohl genüsslich den frischen Duft des Waldes einatmend da steht. Ihre blonden Haare wehen leicht und spielerisch im Wind, doch sie steht nur -wohl lächelnd- da.
    Dann bricht die dunkle Nacht hinein. Ich lasse erst noch einige Minuten vergehen, ehe ich mich auf den Weg mache.
    Leichtfüßig wandle ich zum Tor, stoße es geräuschlos auf. Sofort erblicke ich das leicht geöffnete Fenster. Wie leichtsinnig einfach ein Fenster offen stehen zu lassen. Es könnte jemand hineinsteigen. Ich schmunzel.
    Vermutlich wird mich das Fenster in die Küche führen, zumindest dringt ein süßlicher Geruch nach frischen Kräutern zu mir heraus. Ich schleiche mich zum offenen Fenster, ziehe es weiter auf. Meine kalten Finger tasten vorsichtig über den raue Fenstersims, ziehen mich daran hoch, sodass ich darauf zum Hocken komme. Dann spähe ich noch einmal in die dunkle Küche. Die Feuerstelle glüht noch leicht vor sich hin, während ich leichtfüßig, fast als würde ich schweben, auf dem Boden lande. Nur ein leises Knarzen des alten Bodens verrät meine Anwesenheit. In welches Zimmer nun? Ich überlege, gehe währenddessen auf eine der Türen zu. Durch den unteren Spalt ist noch ein Licht zu erkennen. Er MUSS in diesem Raum sein, sich bestimmt genüsslich daran erfreuend, dass er durch sein Zutun meine Welt zerstören wird. Die Wut lodert in mir auf, verbreitet sich in meinen Gedanken wie ein rasendes Feuer, lässt mich intensiver fühlen als je zuvor. Ich kann jeden seiner Atemzüge hören, wie sein Herz schlägt.
    Ich stoße die Tür auf, ergötze mich an seinem, kurzzeitig, erstaunten Gesichtsausdruck. „Ich habe dich erwartet!", sagt er und stellt sich aufrecht hin. Seine dunkle, kräftige Stimme geht mir durch Mark und Bein, doch ich darf mich nicht beirren lassen. „Wieso bist du mir gefolgt, Dunk...?" Doch ich schneide ihm das Wort ab.
    „Ihr seid es selber Schuld. Mischt euch nicht in Angelegenheiten anderer ein und ihr hättet zufrieden und lange leben können!"
    „Ihr seid hier, um mich zu töten, nicht wahr?" Seine Stimme klingt trotz seines bevorstehenden Todes klar, zuversichtlich, aber auch kampfbereit. Er ist ein starker Mann, sowohl des Körpers als auch des Verstandes kann er sich bis zu den äußersten Grenzen bedienen. Grenzen, von denen ich nicht einmal zu träumen vermag. Doch ich darf nicht scheitern!
    Ich werfe meinen Umhang ab, greife auf meinen Rücken und ziehe mein Schwert. Um das Heft ist altes, bordeaux-farbenes Leder gebunden. Die silberne Klinge spiegelt das Licht der Flammen der Kerzen, lässt die Spitze magisch erstrahlen. Den Knauf ziert das Zeichen der Parangelia. Stolz halte ich es fest in meiner rechten Hand, auf ihn gerichtet. Er hebt seine Hände. Ich muss ihn am sprechen hindern!
    Ich gehe auf ihn zu, doch zu spät. Sein Sprechgesang entfesselt die ersten Zauber. Unaufhaltsam fliegt ein blauer Blitz mir entgegen, gesteuert durch seine Hand. In letzter Sekunde kann mich ein Sprung zur Seite retten. Unsanft lande ich auf meinem Ellenbogen, schürfe ihn am Holzboden auf. Keine Zeit darauf zu achten, den stechenden Schmerz zuzulassen. Der blaue Blitz trifft die Wand und hinterlässt einen aschefarbigen Fleck inmitten eines kleinen Loches. Hindurch scheint nun die glühende Feuerstelle. Ich schlucke den Knoten hinunter, der sich in meinem Hals bildet. Schon kommt mir der nächste grellende Lichtstrahl entgegen. Feuerrot blendet er meine empfindlichen Pupillen, lässt mich die Augen unachtsam zusammenkneifen. Mit voller Wucht trifft mich der Zauber. Ein unaufhaltsames, feuerheißes Brennen frisst sich durch meine Schulter. Schmerzerfüllt keuche ich auf. „Geh. Geh und lass all das hinter dir, dann werde ich das ebenso vergessen." Eine Idee? Aber dafür war ich nicht hergekommen!
    „Angst, alter Mann?", stoße ich hassverzehrt zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er lacht, lieb, freundlich. Mich erschauert es. Ich stehe auf, lasse meine offene Schulter los, sehe mir nicht das Blut an, dass nun an meiner Hand klebt. Dann gehe ich auf ihn zu, das Schwert auf die Stelle gerichtet, wo sein Herz unaufhaltsam pocht. Meine Schritte sind leise, kaum zu hören. Weiter murmelt er Wörter vor sich hin, aus einer anderen Sprache, einer anderen Zeit. Seine Hände sind immer noch auf mich gerichtet. Weitere Blitze treten aus ihnen hervor. Siedend heiß zischen sie an mir vorbei. Dem gelben kann ich mich nur geradeso entziehen, doch dieses Mal bleibe ich aufrecht stehen, gehe stur gerade weite zu ihm. Unter lautem Knallen treffen die Blitze und Nebenschwaden die Wand, verbrennen das Holz, bis es zu schwarzer Asche wird und sich segelnd auf das andere legt. Ich schaue nicht mehr dahin, rieche nur den verbrennenden Geruch des Holzes. Die Flammen lecken am Boden, an der Decke, fressen sich durch die Schichten, ernähren sich von der Luft, werden größer.
    Trotz der steigenden Temperatur gehe ich weiter auf ihn zu. Er immer weiter von mir weg, an seinem Schreibtisch vorbei. Mit Hilfe eines flüchtigen Blickes sehe ich den Brief, den er wohl am Schreiben war, als ich in das Zimmer gekommen bin und stecke ihn mit einer schnellen, für das menschliche Auge fast unsichtbaren Bewegung ein. Die tropfende Feder liegt noch auf dem hellen Pergament. Dann stößt sein Rücken gegen die Wand. Schweißtropfen stehen ihm auf der Stirn. Seine Hand ist erhoben, die Handfläche mir zugewandt, während mein Schwert noch immer auf seine Brust gerichtet ist, doch auch mir steht langsam die Härte des Kampfes ins Gesicht geschrieben, in den Knochen und Muskeln. Mein Arm beginnt zu zittern, seine Lippen bewegen sich wieder in tranceartigem Gesang. Ein weiteres helles Licht bildet sich in seiner Handinnenfläche, auf mich gerichtet. Er lächelt leicht, nicht erfreut, aber erleichtert.
    „Es tut mir Leid.", sagt er mit ehrlicher und doch ernster Stimme, dann entfesselt er die Kraft des Fluches. Ich spüre nur den Druck auf meiner Brust, welche mein Herz zusammenzudrücken droht. Hart lande ich auf dem Boden, spüre nun jede Pore meines erschöpften Körpers. Meine Hand wird schwer, sinkt hinab, lässt jedoch nicht das Schwert los, klammert sich stattdessen am Heft fest. Meine Augenlider senken sich. Ich spüre, wie mein Herz langsamer schlägt, meine Atmung kürzer und stockender wird, der Fluch mich aufzufressen droht. Nur sein Tod konnte jetzt noch mein Leben retten. In meinem Augenwinkel sehe ich ihn humpelnd auf mich zukommen.
    Vorsichtig kniet er sich neben mich, befühlt meine Stirn, meinen Puls. Dann beugt er sich über mich drüber, hält sein vom Kampf erhitztes Ohr über meine Lippen. „Ach wärst du doch nur gegangen...", flüstert er. Ich kann die Trauer in seiner Stimme mitschwingen hören.

  • Hallo Ihr beide! :)
    Die Spannung ist bei Euch ja mittlerweile so dick, dass man sie mit dem Messer schneiden kann!
    Euer 2-Perspektiven-Konzept geht wunderbar auf; Ihr ergänzt Euch in großartiger Weise.

    Princess of Light: Diesmal bin ich mit Deiner Kommasetzung richtig glücklich, alles liest sich angenehm flüssig und zieht einen richtig ins Geschehen hinein. Prima!

    Ippon: Ich kann mich nur wiederholen: sehr spannend und fesselnd. Actionszenen sind Dein Ding, hm?

    Bin schon gespannt wie es weitergeht!

    LG
    Formorian

    Adler erheben sich in die Lüfte
    aber Wiesel werden nicht in Flugzeugturbinen gesogen

  • Ich weiß nicht, ob man sie mein Ding nennen kann, aber ich schreibe sie wesentlich lieber, als zum Beispiel Lovestorys... :D

    Danke dir @Formorian für den wirklich lieben Kommentar-
    Ich/ Wir hoffen, dass es weiterhin für dich und natürlich andere so Spannend bleibt, sodass diese Spannung, wie schreibst du „mit dem Messer" geschnitten werden kann :D

  • 1.5
    Plötzlich höre ich einen lauten Knall, der mich aus dem Schlaf reißt. Erschrocken setze ich mich im Bett auf und sehe eine verkohlte Stelle an der Wand, die zwischen Lysanders und meinem Zimmer liegt. Weitere laute Geräusche lassen mich zusammenzucken und die Panik, die der Schlaf gerade verdrängen konnte, steigt wieder in mir auf. Ich springe aus dem Bett, greife das Schwert, welches ich unter meiner Schlafstätte versteckt halte und stürme aus dem Zimmer.
    Die Geräusche von nebenan klingen nach einem Kampf und als ich einen schmerzverzerrten Aufschrei höre, geht er mir in Mark und Bein und lässt mich wieder zusammenzucken. Ich beschleunige meine Schritte noch einmal und erblicke die offene Tür zu Lysanders Raum, die ich erst vor wenigen Momenten sorgfältig verschlossen habe. Kurz bremse ich meine Schritte ab, versuche tief durchzuatmen und mich an die Dinge zu erinnern, die mir Lysander für den Ernstfall beigebracht hat.
    Ich muss unbedingt Ruhe bewahren, rede ich mir selbst ein und spüre die Kraft der Magie, die sich in mir ausbreitet und ein Kribbeln durch meinen ganzen Körper sendet, welches mir den Mut gibt, weiterzugehen. Festen Schrittes gehe ich zu der offenen Tür, halte das Schwert fest in einer Hand und schaue in den Raum.
    Vor mir erblicke ich ein vollkommenes Chaos. Der sonst so ordentliche Raum ist vollkommen verwüstet. Die Blätter, die sich normalerweise auf dem Schreibtisch tummeln, sind durch den ganzen Raum verteilt. Einige Brandflecken befinden sich an den hölzernen Wänden und die Flammen aus diesen breiten sich langsam aber unaufhörlich immer weiter aus.
    Das Schlimmste steht mir jedoch noch bevor. Lysander, mein Lehrmeister, der Mann, der sich mein ganzes Leben um mich gekümmert hat, der für mich wie ein Vater ist, der wichtigste Mensch in meinem Leben, kniet neben einer jung aussehenden Frau mit pechschwarzen Haaren, die verletzt und blutend in der Mitte des Raumes liegt. Einzelne Strähnen hängen meinem Lehrer vom Kopf herab, als er sich hinabbeugt, um zu schauen, ob die Person unter ihm noch lebt.
    Ich bemerke die vielen Wunden, die die Frau anscheinend vom Kampf mit sich getragen hat. Dabei fällt mir besonders eine tiefe Wunde an ihrer rechten Schulter auf, aus der unaufhörlich Blut läuft. Unter der Wunde erblicke ich an ihrem Arm ein Tattoo, welches ein schwarzes Schwert umringt von Flammen zeigt. Die Kleidung der Frau ist an mehreren Stellen zerrissen, dennoch sieht sie noch immer sehr edel aus. Ein Umhang liegt wahllos in der Ecke herum, während ihre Hose an den Knien aufgerissen ist und ihre ärmellose Bluse sich mit Blut aufsaugt und eine feine Klinge in ihrer Hand liegt.
    Ich sehe Lysanders geröteten Wangen, seinen trüben vom Kampf müden Blick, als er sich über die geschwächte Frau unter ihm beugt und sein Ohr an ihre Lippen hält. Gefesselt von dem, was sich vor mir abspielt, schaue ich bewegungsunfähig zu und sehe nur in der letzten Sekunde, wie die Frau nach einem Dolch in ihrem Schuh greift. Angst lähmt meinen Körper und macht es mir unfähig, mich zu bewegen oder Lysander zu warnen. Schon sehe ich, wie der Eindringling den Dolch in Richtung seines Herzens bewegt und ihn damit durchbohrt. Ein Schrei steigt in meiner Kehle auf, die bereits im selbem Moment vor Trauer und Schmerz zugeknotet wird und den Schrei erstickt, bevor er meinen Körper verlassen kann.
    Lysander stöhnt kurz schmerzverzerrt auf, bäumt sich ein letztes Mal auf und schaut bereits mit sich trübendem Blick in meine Richtung. „Es...tut mir Leid“, bringt er schwerfällig hervor, während Blut aus seinen Mundwinkeln läuft. Eine einzelne Träne rollt seine Wange runter, vermischt sich mit dem Blut und tropft zu Boden, als mit einem letzten erstickten Atemzug das Leben seinen Körper verlässt und die Trauer in seinen Augen nur noch starr wird. Sein Körper sackt nach vorne auf seinen Mörder darauf und bleibt liegen. Sein trüber Blick ist weiterhin auf mich gerichtet und ich spüre, wie mir den Boden unter den Füßen weggezogen wird. Alles um mich herum scheint sich zu drehen, während meine Augen auf das schreckliche Schauspiel vor mir gerichtet sind.
    Lysander. Mein Lysander. Mein Lehrer. Mein Vater. Der Mensch, der immer für mich da war. Tot. Für immer. Das konnte nicht war sein – durfte nicht! Was sollte ich jetzt ohne ihn machen? Wie könnte ich weiterleben. Ich hätte etwas tun müssen, ihn warnen sollen, kämpfen, einen Zauber sprechen. Irgendetwas! Warum habe ich es nicht getan?
    Tränen sammeln sich in meinen Augen und verschleiern mir die Sicht. Ein leises Schluchzen entweicht meiner Kehle, als die schwarzhaarige Frau achtlos Lysanders Körper von sich rollt und den Dolch aus ihm zieht. Nicht nur, dass sie meinen geliebten Lehrmeister getötet hat – nein, jetzt wischt sie ihre Waffe auch noch an ihm ab. Es ist genug. Endgültig.

  • * 1.6 *

    Noch ist es nicht vorbei! Kämpfe!, höre ich meine innere Stimme schreien. Mit aller letzter Kraft führe ich meine zitternde Hand in meinen Stiefel und ziehe meinen Dolch heraus. Immer langsamer schlägt mein Herz, immer schwerer fällt es mir meine Hand zu führen. Ich atme noch einmal tief ein, dann steche ich zu. Meine Klinge trifft sein altes und doch starkes Herz, lässt es aussetzten. Dann höre ich den letzten und einsamen Schlag seines Herzens, seinen letzten verzweifelten Atemzug. Ich sehe zu ihm auf, erblicke seine Augen, die zu etwas hinter mir starren. „Es... tut mir leid!", sagt er noch einmal, das letzte Mal. Dann sackt er schlaff in sich zusammen. Nun höre ich sein Herz nicht mehr schlagen. Seine Brust hebt und senkt sich nicht mehr und seine Augen verbleiben in der Position der Trauer, starr nach hinten gerichtet.
    Achtlos rolle ich ihn von mir runter, lasse ihn blutend auf dem Boden liegen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hieve ich mich hoch und bewege mich humpelnd auf den toten Magier zu. Dann beuge ich mich zu ihm herab, doch sicher, dass er wirklich tot ist. Schließlich ziehe ich meinen Dolch aus seiner Brust heraus, welcher noch fest von den Muskeln seines Herzes an Position gehalten wird. Erst nach einem schmatzenden Geräusch löst sich das Metall von seinem Fleisch und gibt es frei. Während ich nun meine blutverschmierte Klinge betrachte und beschließe sie an seinem Hemd zu säubern -schließlich ist er ja schon tot- vernehme ich einen hohen, wutverzerrten Schrei.

  • Hallo,

    dann melde ich mich auch mal. Wie ihr vielleicht bemerkt habt, habe ich die letzten Teile schon mitgelesen, aber bisher gezögert, etwas dazu zu schreiben.
    Ich muss sagen, dass ihr einen durchaus soliden Anfang geschaffen habt, der Lust auf mehr macht. Besonders die Teile von Princess of Light haben viel Spannung aufgebaut. Gerne hätte ich ja mehr von dem Lehrmeister erfahren und in welcher Beziehung er genau mit seiner Schülerin (Tochter?) stand. Am Anfang wirkten sie auf mich wie ein vertrautes Pärchen.
    Ippons Teile haben mich zunächst verwirrt - ich konnte sie nicht sofort zuordnen. In ihrem zweiten Teil bekam ich den Verdacht, dass hier ein Antagonist dargestellt wird, im dritten wurde bestätigt, dass die Figur jetzt zumindest kein besonders gutes Verhältnis zur Hauptfigur aus Princess of Lights Teil haben wird :D . Scheinbar ist sie auch schwer verwundet. Ob sie das wohl überlebt?
    Zum Schreibstil kann ich noch nicht viel sagen, außer dass ihr nur wenige Fehler macht. Ich musste mich am Anfang etwas an die Ich-Perspektive im Präsenz gewöhnen, vermutlich kam mir deshalb der erste Teil etwas holprig vor. Mittlerweise schnurrt mein Kopfkino allerdings ganz ordentlich mit.
    Ich werde auf jeden Fall erst mal ein Weilchen mitlesen. Freu mich schon :popcorn:

    Viele Grüße
    Dinteyra

  • Danke @Dinteyra
    Klar haben wir gemerkt, dass du mitgelesen hast. :D
    Voll lieb, dass du nun auch was dazu schreibst, haben uns wohl behauptet :danke:
    Ich hoffe, dass du weiterhin unter Spannung mitlesen kannst und deine Kopfkino weiterhin dabei bleibt, denn nur so macht doch Lesen Spaß, oder? :D

    Das mit dem Präsenz hab ich bzw. wir nun schon etwas öfter gehört, dennoch fanden wir es zu dieser Story irgendwie passend und irgendwann muss man ja auch mal gegen den Strom schwimmen :thumbsup:

    Also danke für deinen lieben Kommentar :love:

  • @Dinteyra
    Vielen lieben Dank für deinen lieben Kommentar. :love:
    Hoffentlich schaffen wir es weiter, dich und die anderen Leser zu überzeugen. ^^
    Jetzt geht's aber erstmal weiter. Das sind auch gleich die letzten Teile des ersten Kapitels. Mal schauen, ob die Spannung zu einem Höhepunkt kommt. :D

    1.7.
    Ein Schrei löst sich aus meiner Kehle, gefüllt von Schmerz, Trauer, Wut, Angst, und ich renne auf die Frau zu. Schnell spreche ich noch einen Fluch, der erste, der mir einfällt, bevor sich die Magie aus meinem Körper entzieht.Ich greife das Schwert mit beiden Händen und renne in einem verzweifelten selbstzerstörerischen Angriff auf sie zu. Tränen verschleiern meine Sicht, dennoch sehe ich, wie sie meinem Fluch in letzter Sekunde ausweicht und schnell auf die Beine kommt. Es ist mir ein Rätsel, wie sie trotz ihrer Verletzungen so schnell wieder stehen und sich so anmutig bewegen kann, aber in dieser Sekunde treiben mich nur meine schrecklichen Gefühle voran, die ich am liebsten vergessen würde.
    Ich renne weiter auf sie zu, flüster dabei weitere Zauber, die jedoch nicht wirken, hebe dann das Schwert an und schlage auf sie ein. Schneller, als mein Auge es wahrnehmen kann, taucht sie unter meinem Angriff hinweg und schlägt mir gegen die Stirn. Ein dumpfes Dröhnen macht sich in meinem Kopf breit. Ich spüre, wie meine Arme schwer werden, die Welt sich wieder um mich dreht. Bei dem Versuch, mich auf den Beinen zu halten, verbrauche ich meine letzten Kraftreserven. Das Schwert rutscht mir aus den Händen, fällt mit einem gedämpften Schlag auf den Boden, bevor auch meine Knie nachgeben und ich nach vorne, neben die Leiche meines Lehrmeisters falle und bewusstlos liegen bleibe.

  • Und nun der letzte Teil des ersten Kapitels von der Seite meiner Prota :D
    Viel Spaß <3

    * 1.8 *


    Schneller, als es für meinen schmerzenden Kopf gut ist, drehe ich um. Aus einem der Brandlöcher zu den anderen Zimmern stürmt die junge Frau auf mich zu, die zuvor hilfsbereit das Fenster für mich geöffnet hat. In ihren Händen hält sie ein altes Schwert. Es erscheint mir so, als wisse sie nicht recht damit umzugehen. Vielmehr durchströmt mich Angst, als ich ihre Mundbewegungen sehe. Sie stößt einen Fluch aus!, schießt es mir durch den Kopf. Ungezielt feuert sie ihn ab. Rechtzeitig springe ich zur Seite, sodass ich nicht von dem Fluch getroffen werden kann. Sie versucht es weiter und immer mehr Wörter finden den Weg über ihre Lippen. Wie eine ungeübte Kämpferin lässt sie sich von der Wut kontrollieren. Schnellen Schrittes fliegt sie zu mir herüber, lässt das Schwert unbeholfen und doch stark schwingen.

    Gerade noch rechtzeitig kann ich mich unter der Klinge wegducken, um meinen Kopf nicht zu verlieren. Nun stehen wir direkt voreinander. Ich kann die glänzenden Tränen in ihren Augen hören, den Schmerz fühlen, mit dem sie vor mir steht, aber auch die Wut, die sie leitet, sehen. Ihr Schwert ist erhoben, und doch zittern ihre Hände unter dem Gewicht der Waffe. Ich hebe meinen Dolch. Soll ich sie töten? Es ist nicht meine Aufgabe, aber Kollateralschaden gibt es immer... Ich überlege, nicht lange, denn das könnte meinen Tod bedeuten. Wut lässt einen zwar unkontrolliert handeln, aber macht einen stark und unberechenbar. Schließlich nehme ich meine Dolch fest in die Hand und lasse ihn auf ihre Schläfe hinab sausen. Der Knauf trifft ihre Stirn und bewusstlos sackt sie in sich zusammen. Das Schwert trifft geräuschvoll auf dem Holz auf. Ihre blonden Haare liegen ungeordnet in ihrem Gesicht, als ich mich zu ihr hinunter beuge. Mit schnellen und geübten Bewegungen Fessel und Knebel ich sie, werfe sie mir schließlich über die Schulter. Ein stechender Schmerz ausgehend von der Schulter lässt mich noch einmal zusammenzucken.

    Dann gehe ich durch die Trümmern des alten Holzhauses aus der Tür hinaus. Und womit jetzt Heim?, frage ich mich still und leise. Ich bin zu Fuß hier her gekommen, aber verletzt und mit ihr konnte ich schlecht zu Fuß wieder nach Hause gelangen. Das Wiehern des Pferdes bringt mich auf die rettende Idee. So schnell mich meine müden Füße tragen können und ich die Last der Blondine auf meinen blutigen Schultern aushalte, laufe ich in die dunkle Scheune.

    Das dunkelbraune Pferd sieht mich munter und aufgeweckt mit seinen großen dunklen Augen an und ist mir sofort sympathisch. Schnell einen Platz, um das Mädchen abzulegen. Dann das Pferd satteln. Ich sehe mich in der dunklen Scheune um und erblicke einen Heuhaufen in der Ecke. Achtlos lege ich das Mädchen darauf. Mit flinken Fingern lege ich schließlich dem Pferd den geschmeidigen Ledersattel und die -wohl selbst genähte- Decke für darunter an. Ohne sich dagegen zu wehren lässt es sich auch das Zaumzeug anlegen. Gut verschnürt und festgebunden werfe ich schließlich meine Gefangene auf die Decke vor meinen Platz und besteige dann das Pferd. „Na los!", flüstere ich ihm in seine aufgereckten Ohren. Laut wiehert es und galoppiert los. In die dunkle Nacht, in welcher nur noch der Mond unser Licht zu sein scheint.

  • So, habe nun auch die restlichen Teile durch.
    Nach gemächlichem Beginn bringt ihr ganz schön Tempo rein, ohne jedoch zu gehetzt zu wirken.
    Und in just dieser Geschwindigkeit narrt ihr mich praktisch zweimal hintereinander, Schlag auf Schlag.

    Spoiler anzeigen

    Da obsiegt in 1.4 zunächst, für mich völlig unerwartet, Lysander, nur um bereits in 1.5 doch noch das Zeitliche zu segnen. Für diese Wendungen: Chapeau!

    Und ich bleibe dabei, dass ihr euch stilistisch wirklich nur marginal unterscheidet, sodass sich die Geschichte letzten Endes sehr flüssig lesen lässt.

    Womit ich ein wenig Probleme hatte, war das Nachvollziehen von Amelias Handeln in 1.3.
    Es ist ja nicht einfach nur eine unbegründete Vermutung, die man noch als Paranoia abtun könnte, nein, sie ist sich ja bewusst, dass Lysander in großen Schwierigkeiten steckt - praktisch alles deutet ja darauf hin. So verstehe ich letztlich nicht ganz, weshalb sie das alles scheinbar so widerstandslos hinnimmt.

    Fand es anfangs in 1.4 auch ein wenig "hollywoodesk", dass es auf engem Raum so viele Fehlschüsse des Magiers gab.
    Ebenso, dass er sich ihr in 1.5 so unbedacht nähert, wo er doch, allem Anschein nach, keinen sonderlich wirksamen Zauber eingesetzt hat, wenn sie noch zu dem imstande ist, was ich bereits in Spoiler gesetzt habe.

    Spätestens in 1.7 jedoch wird klar, dass die namenlose (?) Protagonistin irgendwie doch nicht so normal zu sein scheint, wie zuerst gedacht. Oder habe ich da nur etwas reininterpretiert? ;)

    LG
    Rika

  • @Rika Nene, du interpretierst da nichts falsch hinein. Tatsächlich ist die namenlose Protagonistin ein wenig anders und konnte nur deshalb gegen Lysanders Fluch ankämpfen.
    Inwieweit sie sich jedoch von Amelia unterscheidet bleibt aber noch offen, wollen ja ein wenig Geheimnis und Mysterium um sie herum aufbauen :D