Moralität? Nix wissen! oder: Ich gut, du böse. Basta!

Es gibt 51 Antworten in diesem Thema, welches 20.561 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (29. September 2023 um 21:05) ist von IcyTrix3.

  • ... wenn es nicht das allumfassende Böse gibt, vor dem die Welt gerettet werden muss, würde das ganze Higfantasy-Genre wegbrechen. ich denke für solche Geschichten ist in Bösewicht unabdingbar. Es kommt darauf an, was man aus ihm macht. Ist er einfach böse, weil die Geschichte eben einen Bösen braucht, oder hat er triftige Gründe dafür so zu handeln?

    Ich hab das auch immer so gesehen, dass sich Highfantasy genau durch den epischen Konflikt zwischen eindeutig Gut und eindeutig Böse auszeichnet. Jetzt hab ich letztens irgendwo gelesen, dass irgendwer A Song of Ice and Fire als Highfantasy bezeichnet. Das hat mich kurz irritiert, weil dieser Konflikt nur wenig zutage tritt (überhaupt vorausgesetzt, man sieht die White Walkers als das absolut Böse). Eigentlich spielt es auch keine Rolle, ob das jetzt Highfantasy ist oder nicht, es zeigt nur schön, dass man tatsächlich komplexer schreiben kann als nur den eindimensionalen Helden, der immer das richtige für das Gute tut, und den fast schon nulldimensionalen Schurken und seine Diener, die genau das Gegenteil dessen tun, was der Held eben tut, nur mit dem Unterschied, dass sie am Ende natürlich scheitern.

    Eine weitere Hilfestellung könnte man in einem Dreieck (bzw. Vieleck mit beliebig vielen Ecken) finden. An jede Ecke setzt man einen Charakter (oder eine Fraktion). An die Seiten schreibt man jeweils, wie, warum und wozu die beiden Ecken Gegenspieler zueinander sind. Damit hat man keine Zweiteilung in Gut und Böse mehr, sondern eben drei oder mehr Gruppen mit unterschiedlichen Zielen, Ängsten, Vorurteilen, Wertvorstellungen und was nicht sonst noch alles.
    Durch die Wahl der Erzählperspektive aus nur einer Ecke hätte man dann doch so etwas wie Gut und Böse (oder eher Wir und unsere Feinde), nur dass die Gründe vielleicht weniger platt sind. Also genau das, was du mit deiner Frage auch vorschlägst :)

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Ich gebe zu, im Verlauf der Diskussion habe ich mal angesehen was ich nach meinem Umzug noch als Romane für High-Fantasy behalten habe.

    Tolkien
    Vergessene Reiche Reihe, (wobei man das auch im LowFantasy- Bereich ansiedeln kann)
    Osten Ard Saga
    den ersten Eragon-Band...
    Throne of Glass (vielleicht auch, weil die Reihe noch nicht durch ist)
    das war's.

    Das Lied von Eis und Feuer
    Buch der Schwerter
    Klingenzyklus
    Askir und Götter-Reihe von Richard Schwartz (obwohl Band 1 der Askir-Reihe habe ich behalten, weil es saugut geschrieben ist)
    und und und

    alles weggegeben, weil ich es wohl nie mehr lese.

    Gut, ich behalte das Meiste, was ich lese ohnehin (Gabe wie Fluch), aber es zeigt an, wie wenig ich von selbst den Besseren wieder lesen würde. Was ich behalten habe, hat aber eindeutige Bösewichter, obwohl ich durchaus auch Alternativen gehabt hätte.
    Schaut man die Romane an, haben sie ziemlich eindeutige Gute und eindeutige Böse. Natürlich gibt es auf beiden Seiten immer wieder Wechsler oder Spione, die sich als anders herausstellen, aber im Prinzip stehen die beiden Seiten recht schnell und unveränderlich fest.

    Bin ich also einfach gestrickt, weil gerade solche Bücher mir besser gefallen?
    Möglich, aber ich hoffe es liegt noch an etwas Anderem:
    Wenn ich High-Fantasy in die Hand nehme, was erwarte ich eigentlich?
    Gesellschaftskritik?
    Politische Verwicklungen oder Verschwörungen im Tom Clansy Stiel?
    Charaktere, die mit sich im tiefen moralischen Zwist liegen und an sich oder der Welt scheitern?

    Um ehrlich zu sein:
    Nein, eigentlich eher weniger.
    Wenn der Roman damit sanft gewürzt ist, super, aber als tragende Teile der Handlung, neee!
    Ich einfacher Geist erwarte Orks, Elfen, Zwerge, Werwesen, Drachen, Feuerbälle, Dungeons, epische Schlachten mit echten Helden, die den Namen auch verdienen.
    Ich erwarte Blut, Magie und Pathos, einen Schurken, den man hassen kann, einen Helden, mit dem man mitfiebert.
    Vielleicht eine Liebesgeschichte, ohne dass es schnulzig wird.
    Witzige Charaktere mit einer ordentlichen Prise schwarzem Humor, ohne dabei lächerlich zu wirken.
    Ich will herzliche Freundschaften und unversöhnliche Feindschaften.
    (Und) Weil ich weiß, dass eine gute Freundin darauf steht, kann ich sogar gut mit einzelnen Einhörnern und einer gewissen Anzahl putziger liebenswerter Helferwesen, wie Feen oder Kobolden, leben ...

    ... und - fast ist es mir peinlich es zu sagen - ich erwarte, dass am Ende die GUTEN gewinnen.

    Jetzt ist es heraus. (ein gutes Gefühl !)
    Ich lese Fantasy, weil da die Guten gewinnen.
    Weil da die Guten auch kräftig draufhauen dürfen, ohne sich moralisch zu Massenmörder zu machen, weil die Bösen eben BÖSE sind und weil das einfach so muss.
    Ich will eigentlich gar nicht, dass High-Fantasy mich zwingt mich selbst zu erkennen, oder die Welt in der ich lebe. Für die Zeit des Lesens will ich im Geiste an der Seite des Helden stehen, ihn mit Feuerball, Breitaxt oder Langbogen unterstützen, ihn für seinen Mut bewundern, wie er beinahe umgebracht wird und trotzdem weiterkämpft und ignorieren, dass jemand mit solchen Verletzungen eigentlich ein Viertel Jahr Krankenhausaufenthalt mit einer folgenden halbjährlichen Reha bräuchte (und diverse Protesen ...).

    Wenn ich den Klappentext lese und da nichts davon steht, sondern von tragischen Figuren in einer Welt, wo Gut und Böse nur eine Frage des Standpunktes ist, wo am Ende eigentlich alles ist wie zuvor und wo der Held nicht sein Mädchen bekommt ...
    ...
    ... stelle ich das Buch zurück ins Regal.
    Nicht meine Intension, wenn ich mir einen oder mehrere dicken High-Fantasy-Wälzer zulege.

    Das heißt nicht, dass ich am Ende nicht sage: Oh, die Charaktere waren aber ziemlich platt.
    Weil: Ich bin Deutscher, ich meckere IMMER ^^
    Wenn aber ein oder zwei Charaktere mir ans Herz gewachsen sind, und sei es nur wegen drolliger Schrullen, unmöglich konsequentem Gutmenschentum oder knallhart durchgezogenem Sarkasmus und wenn am Ende alles wieder gut ist (mehr oder weniger) und die Zukunft strahlend erscheint, bin ich zufrieden. Ich lege die Bücher weg im Wissen, dass die Welt wieder in Ordnung ist.
    Und wenn ich dann im Stau auf der Autobahn mir vorstelle, wie der knurrige Held aus dem Roman nun aussteigen und sich den nervigen Drängler, der mich im Rückspiegel ständig beschimpft, so richtig zur Brust nehmen würde, dann grinse ich breit in dem Wissen, dass es da eine Welt gibt, in der alles Gut werden kann.
    Weil der Gute es richtet.
    Weil das eben so muss!

    Und jetzt nennt mich naiv und anspruchslos, nur zu, ich halte es aus.
    (Halb hinter, halb neben mir mir legt nämlich der weise Magier seine Hand beruhigend auf meine Schulter und wenn ihr es übertreibt, steht er mir mit einer scharfzüngigen Bemerkung zur Seite, die mir ums Verrecken in der Situation nicht einfiele, ihm aber schon ...)


    edit:
    Musste spontan mal wieder eine alte Pur-CD Abenteuerland - der Eintritt kostet den Verstand raus suchen.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (20. Juni 2017 um 12:19)

  • Guter Einwand @Tom Stark. Tatsächlich findet sich das festgelgte Gut-Böse-Schema ja nicht nur in der Fantasy. Auch in vielen Krimis, historischen Romanen und sogar Liebesgeschichten gibt es Gut und Böse. Meist ist es dort schwächer ausgeprägt als in der Fantasy (welcher Liebesroman enthält einen größenwahnsinnigen Diktator, der die Welt unterjochen will?) aber es ist doch vorhanden.

    ignorieren, dass jemand mit solchen Verletzungen eigentlich ein Viertel Jahr Krankenhausaufenthalt mit einer folgenden halbjährlichen Reha bräuchte (und diverse Protesen ...).

    Dafür gibt es ja Magie. Da schnippt der weise Magier hinter dir mit den Fingern und deine Verletzungen sind verheilt :D .
    Natürlich gibt es auch gerade in der Fantasy viele Klischees und festgelegte Rollen, wie die im Eingangspost erwähnten Orks.
    Aber das stört nicht unbedingt, mich jedenfalls nicht.
    Und PUR: Abenteuerland beschreibt doch gerade was die Fantasy ausmacht: Sie hat nichts mit der echten Welt zu tun, in ihr ist dem Geist keine Grenze gesetzt. Das Böse existiert als ein Wesen, anders als in unserer Welt, und kann / muss bekämpft werden. Und der Sieg des Guten passiert auch nur in der Fantasy.
    Und noch etwas: Drachen sind in manchen Geschichten böse (HdR), in anderen gut (Eragon). Sie passen also gerade nicht in das Freund-Feind-Schema.

  • In HdR sind Drachen weder gut noch böse. Sie entziehen sich eher dem Schaffen der restlichen Welt... auch Smaug ist nicht wirklich böse.

    In der Fantasy hat man eigentlich so gut wie immer gut und böse... auch wenn da manchmal die Grenzen verschwimmen.
    Mich stört es nicht wenn man bei einem Buch, Spiel oder Film einen klaren Bösewicht hat wo man weis das dieser am Ende zu 99,99999999999% getötet, gestürzt, zum guten bekehrt oder was auch immer man noch mit einem bösen Chara machen kann

  • Ohne die Ganzen vorherigen Beiträge gelesen zu haben:
    Klar hat man häufig eine sehr klare Grenzlinie wer gut und wer böse ist, wenn man Bücher liest. Aber ich denke, dass das häufig auch daran liegt, dass die allermeisten Bücher nur oder hauptsächlich aus der Sicht einer Partei geschrieben werden. Wann hat man schon ein Buch das eine nennenswerte Anzahl an Kapiteln dem Gegenspieler widmet, so dass man auch dessen Beweggründe besser versteht, dass man möglicherweise sogar eine gewisse Empathie aufbauen könnte? Ich denke das ist auch ein Grund weshalb das Lied von Eis und Feuer vielen so "grau" vorkommt, einfach weil man dort so viele Sichtweisen gezeigt bekommt.
    Und es ist ein Grund weshalb ich die Albae-Reihe mag.

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    In HdR sind Drachen weder gut noch böse. Sie entziehen sich eher dem Schaffen der restlichen Welt... auch Smaug ist nicht wirklich böse.

    Mal das Silmarillion gelesen?
    MMn sind Drachen im HdR-Universum eine der mächtigsten Waffen der "Bösen" und somit schon irgendwie auch böse. Man könnte sie vielleicht irgendwie ein bisschen mit den Ents (mit anderem Vorzeichen) vergleichen.
    Nach Melkors Fall sind sie halt im Prinzip führerlos und haben keine wirkliche Aufgabe mehr. Wäre so als würde man sagen die Balrogs sind nicht böse (wobei hier noch eher eine eigene Entscheidung zugrunde liegt :hmm: )

  • Jahaaa *händereib & fingerknack* das mit der Moral ist so eine Sache.
    Ich lasse jetzt mal die rassenspezifischen Klischees bei meiner Argumentation unter den Tisch fallen, weil ich mich eher in wenigen großen Fantasyuniversen aufhalte, die aus 10 und mehr Bänden bestehen. Aufgrund dessen sehe ich das mit den schematischen "bösen Orks" und den "guten Elfen" und den "gierigen Zwergen" nicht so eng.
    Stattdessen widme ich mich einfach mal ein paar eigenen Gedanken zum Thema "Aufbau der Moral".

    Die Moral ist für mich immer sehr sehr stark an das Motiv gekoppelt (wie hier auch einige vor mir es schon angedeutet haben) und bietet einen gewaltigen Hebel um die Weichen für einen überraschenden Plot zu stellen.

    Ein Land überfällt ein Anderes, die Angreifer metzeln alles und jeden nieder. Alle, die noch übrig sind, sind stinksauer auf die Soldaten des angreifenden Landes.
    >>>> Buuuh! Böse Soldaten! Schämt euch was!

    Aber halt.
    Der General, der die Armee befehligt, hat gedroht, jeden lebendig zu verbrennen, der seinem Befehl nicht gehorcht. Und er kann das per Fingerschnippen bewerkstelligen. Es wäre nicht mehr als ein Klacks, denn er ist der einzige Magier weit und breit. Also MÜSSEN sich die Soldaten fügen, ob sie wollen oder nicht. Sie haben keine Wahl.
    >>>>> Buuuh! Böser Magiergeneral! Du fieser Kerl!
    Aber halt.

    Der General tut dies aber ebenfalls nicht freiwillig. Sein König hat seine Frau und sein Kind in der Gewalt und wird sie hinrichten lassen, wenn der General den grausamen Feldzug nicht ausführt. Also ist er dazu gezwungen, die Soldaten in das fremde Land zu führen, fast schon, sie einzeln über die Grenze zu knechten, wenn er seine Familie wiedersehen will.
    >>>>> Buuuh! Böser König! Es könnte alles so schön friedlich sein ohne dich!
    Aber halt.

    Der König jedoch, ist nicht mehr er selbst, sonder von einem Wesen besessen. Sein eigentlicher Verstand ist nur noch stummer Zuschauer und kann sich, gefangen in seinem eigenen Kopf, nicht gegen den Einfluss der Kreatur wehren und leidet mit jedem Befehl, der aus seinem eigenen, fremden Mund kommt, stille Qualen. Er war immer ein rechtschaffener Herrscher gewesen. Niemals hätte er solche Abscheulichkeiten zugelassen.
    >>>> Buuuh! Also ist das Wesen an allem Schuld!
    Aber halt.

    Doch dieses Wesen wird eigentlich vom Herrscher desjenigen Landes gejagt, dass es gerade attackiert und nach dessen Vernichtung es trachtet. Einst war der Geist nur eine geknechtete arme Seele, die seinem bösen Herrn entkommen ist und sich nur seiner Haut erwehren will, frei nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Und um nie wieder den unvorstellbaren Höllenqualen ausgesetzt zu sein, die sein Herr ihm angetan hat, schickt es nun seine eigene, gestohlene Streitmacht gegen den Unterdrücker.
    >>>> Buuhhh... also... sind die Guten jetzt... die Bösen? Ok. Buuuuh, nieder mit den Guten, die jetzt die Bösen sind!

    ... aber halt.


    Und hier rutscht die Moral, mit jeder weiteren Information, die der Leser bekommt, von einer Waagschale in die andere.
    Jetzt erschließt sich langsam das große Ganze und man fühlt sich als Leser... schlecht. Weil man dem Falschen Unrecht getan hat. Weil man begreift, dass sie alle nur Marionetten gewesen waren und dass man selbst den Umständen auf den Leim gegangen ist, ebenso wie der kleine dumme Fußsoldat, der es auch nicht besser wusste. Nun weiß man aber um den den Drahtzieher, den Oberbösewicht, das Böse in Person. Denjenigen, der den ganzen Hass und die Missgunst wirklich verdient hat, die bisher fälschlicherweise andere abbekommen haben! Es sei denn, uns offenbart sich wieder ein Motiv, das wir auf menschlicher Ebene nachvollziehen können und das unser Moralverständnis um den Finger wickelt, bis wir vielleicht sogar Mitleid mit dem Schlimmsten der Schlimmen haben.

  • @Ralath unterhaltsam und tatsächlich manchmal wahr, deine Analayse

    ABER, wer einen Krieg anfängt nur um einen Mann zu stürzen, oder wer sein ganzes Volk in einen Krieg stürzt nur um seine Familie zu beschützen ist nicht "gut".

    Es gibt das tolle Sprichwort, dass das Böse gedeiht, wo das Gute wegsieht. Der Punkt ist aber, dass das wirklich Gute ganz besonders in der oft überhöhten Sicht des Fantasy, nicht wegsehen kann bei so etwas. Mag es also sein, dass ein "Guter" getäuscht werden kann um gegen einen anderen "Guten" in den Kampf zu ziehen, ja sicher. Aber sobald es ihm bewusst ist, dass er zu Bösen gezwungen wird, obliegt es genau diesem "Guten" sich auch und gerade schmerzhaft weiterhin für das Gute zu entscheiden.

    Anders ausgedrückt: Einzig der besessenen König in deinem Beispiel ist weiterhin der Gute. Alle anderen entscheiden sich aus vielleicht verständlichen Gründen zu Bösewichtern zu werden.

    @Ralath Ich fürchte, du bist in eine ganz moderne (deutsche?) Falle getappt. Nur weil es "menschlich" ist zu handeln, wie man handelt, ist es noch lange nicht ok. Ich will gar nicht den großen moralischen Zeigefinger herausholen, zumal moralische Werte durchaus in der Zeit sich ebenso wandeln, wie die Zivilisationen selbst. Aber es ist eine der stillschweigend geschluckten Erklärungsversuche warum sehr, sehr viele die Augen wegen des Leids einer Minderheit und der Bosheit einer mächtigen Elite "machtlos" waren.
    Nein, waren sie eigentlich nicht. Aber es war menschlich, nicht Leib und Leben auch das ihrer Familie zu riskieren. Zu Guten oder gar Heiligen macht es sie das aber auch im Nachhinein nicht.
    Wir tendieren nur heute dazu hinzuzufügen: Ja, aber auch nicht zu den Bösen.
    Und da lügen wir uns, fürchte ich, in gewaltig die Tasche!
    Sogar Christus, den wir als einer der moralischen Stützpfeiler der "christlichen Abendlandes" selbst als nicht-hardcore-Christ ruhig bemühen dürfen, ließ seine Anhänger schon mächtig schlucken, als er ihnen alles aufgezählt hat, was es braucht um "gut" zu sein, bzw. einem Platz im Himmelreich zu haben. Entweder man ist das erduldende Opfer, oder man tut aktiv Gutes, auch und gerade wenn es wehtut.

    Heute würde er wohl twittern: #wirdieGuten? Sorry, Leute, aber wenn ihr die Guten sein wollt, dann verhaltet Euch entsprechend! Logisch ist der andere Weg bequemer, wurde nie bezweifelt!

    Daher muss der Gute in der Fantasy ganz oft reichlich persönliche Opfer bringen. Und daher erscheint er uns oft auch als nicht "real" und übermenschlich.
    Zusammengefasst: Mir tun zwar auch die Opfer in Fantasy-Romanen leid, aber so ein echter Fantasy-Guter, der muss den Druck abkönnen ohne vom "rechten Pfad" abzukommen ^^ .

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • @Ralath : Du hast jetzt nachvollziehbare Bösewichte erschaffen, aber "böse" bleiben sie dennoch.

    Jetzt nur folgene Frage: Wenn massenhaft Soldaten desertieren, was macht der Magier dann? Massenhaft den Deserteuren hinterher rennen und jeden einzelnen verbrennen? Klingt nicht schlecht, denn damit können die anderen Soldaten nicht mehr das Land verwüsten, weil ihnen ihr Kommandant fehlt. Zudem werden weitere Soldaten desertieren, weil nun ihre Führung fehlt.

    Oder was tut der Magier, wenn alle seine Soldaten gleichzeitig desertieren oder ihn gar versuchen gemeinsam umzubringen? Die Soldaten wären bei zweiteres sogar automatisch "gut". Denn auch wenn dabei alle Soldaten ausgelöscht werden, haben sie es immerhin mit ihrem Opfer die Vernichtung des Landes gestoppt, denn der Magier wird kaum in der Lage sein, dies alleine zu bewerkstelligen.

    Außerdem: Was macht der König, wenn der Magier Rückgrad beweist und den König bekämpft, weil dieser dessen Familie gefangenhält? Immerhin hat der Magier das Kommando über dessen Armee. Der König wäre damit automatisch in der Verliererposition, denn sollte der König seine Geiseln umbringen, hätte er noch immer einen rachedurstigen Magier gegen sich, der jetzt dann nur noch mehr nach königlichen Blut lechzt.

    Das der König von einem anderen Wesen beherrscht ist, was sich nur wehren will, macht besagtes Wesen auch nicht automatisch "gut". Es bleibt ein bösartiges Wesen, denn es hätte andere Möglichkeiten gegeben, als ein möglichst grausames Vernichten von Menschen.

    Wie gesagt: Jetzt ist deine Geschichte zwar nachvollziehbar, da deine Bösewichte nicht eindimensional sind, aber sie bleiben "böse". Natürlich ziehe ich eine solche Geschichte lächerlichen HdR-Abklatsch vor, aber es kommt auch darauf an, wie es umgesetzt wird. Gibt es Mordversuche gegen den General? Versucht der Magier den König zu hintergehen? Inwieweit sind auch die Motivation der einzelnen Soldaten nachvollziehbar? Einfach nur sich sagen zu hören, dass man Befehle folgt, klappt nur bedingt. Und ein übermächtiger Magier ist auch nicht unbedingt logisch, denn warum gibt es keine anderen so mächtigen Magier? Irgendwie muss er seine Macht ja so bekommen haben. Und warum greifen die anderen Magier nicht ein? Was passiert, wenn gar ein kompletter Magierzirkel den Morden ein Ende bereiten möchte?

  • @Tom Stark

    ABER, wer einen Krieg anfängt nur um einen Mann zu stürzen, oder wer sein ganzes Volk in einen Krieg stürzt nur um seine Familie zu beschützen ist nicht "gut".

    Das habe ich auch nicht behauptet, bzw. wollte ich mit dem Beispiel nicht ausdrücken.
    Bevor wir anfangen, aneinander vorbei zu diskutieren:
    Ich wollte keine allgemeine Stellungnahme zum Grundsatz Gut vs. Böse schreiben, mir ging es eigentlich eher darum, dass Charaktere oft viel zu viele Facetten haben um ausschließlich gut oder essenziell böse zu sein und dass sich die Position zwischen diesen Seiten immer wieder sehr schnell und sehr drastisch verschieben kann.
    Mag sein, dass das vielleicht anders rüber gekommen ist. War schon ziemlich spät gestern Abend :D

    Anders ausgedrückt: Einzig der besessenen König in deinem Beispiel ist weiterhin der Gute. Alle anderen entscheiden sich aus vielleicht verständlichen Gründen zu Bösewichtern zu werden.

    Aus der Perspektive des Lesers stimmt das. Der König ist in einer tragischen Situation gefangen und auf diese Weise eigentlich unschuldig. Der General in meinem Beispiel sieht das womöglich anders. Beide haben einen unterschiedlichen Wissensstand und damit eine völlig andere Wahrnehmung, beurteilen somit die Umstände völlig anders. Der General weiß nicht, was im Hintergrund geschieht und will nur seine Familie in Sicherheit wissen - können wir ihm das wirklich ankreiden, weil wir für den Moment schlauer sind? Können wir dem Mann Unwissenheit zur Last legen?

    Und das ist die Problemstellung auf die ich hinauswollte und nach der jeder für sich selbst entscheiden muss.

    Wie moralisch verwerflich ist es denn, ein Unrecht aus ehernen Gründen zu tun? Ein Kriegstreiber zu sein, weil man seine Familie beschützen will. Kann man sich wirklich ein moralisches Urteil erlauben, wenn man selbst vielleicht genauso gehandelt hätte? Vielleicht hätte man das Selbe getan. Und nun? Wie aussagekräftig wäre die moralbasierte Entscheidung von jemandem, der selber keine blütenreine Weste hat?
    Wie viele Tode wiegen auf, dass meine Familie am Leben bleibt? Wenn ich ein Unrecht aus Liebe begehe - der reinsten Emotion, die man im Stande ist zu fühlen, wie böse bin ich dann?
    Schwierige Fragen. Könnte ich selber nie beantworten.

    Oder, anders. Wie bösartig kann eine Tat sein, die man aus reiner Unwissenheit begangen hat - weil man es nicht besser wusste, weil man vielleicht in dem Glauben gehandelt hat, das Richtige zu tun - oder dazu gezwungen war?

    Oder noch ein gedanklicher Anstoß.
    Hätte jemand Hitler während seiner 12. Geburtstagsfeier erschossen, wäre derjenige ein sadistischer Verbrecher gewesen. Anderthalb Jahrzehnte später hätte man denjenigen als Volkshelden gefeiert, weil er damit vermutlich Milionen von Menschen das Leben gerettet und ein Weltkrieg verhindert hätte.
    Ab wann, ab welchem Zeitpunkt, welchem Tag zwischen diesen Ereignissen, wäre der Schuss moralisch vertretbar gewesen?
    Würden wir jemanden aus dem Jahre 193x dazu fragen können, würde dessen Antwort allein dadurch anders ausfallen, dass er im Gegensatz zu uns vielleicht noch gar nicht hätte ahnen können, was Hitler noch anrichten würde.

    Kurzum: Darüber wird es nie eine einheitliche Meinung geben, weil jeder seine moralischen Grenzen anders zieht. Das Fundament mag heutzutage einheitlich und mehr oder weniger das Gleiche sein, aber was auf diesem Fundament steht, verästelt sich und unterscheidet sich von Mensch zu Mensch in diversen Nuancen. Jede einzelne moralische Entscheidung ist in ihrer Form einzigartig.

    Ich fürchte, du bist in eine ganz moderne (deutsche?) Falle getappt. Nur weil es "menschlich" ist zu handeln, wie man handelt, ist es noch lange nicht ok.

    Völlig richtig. Der Mensch wird immer und immer wieder im Affekt handeln und dabei Fehler begehen. Und Mitgefühl mindert die Schwere dieser Tat nicht. Ich kann aber auch kein Mitgefühl für jemanden empfinden, der abgrundtief böse ist. Das kann ich (persönlich) einfach nicht. Im Umkehrschluss, ist jemand, der es schafft, sich mein Mitgefühl zu verdienen, nicht grundsätzlich ein böser Mensch, gleichzeitig aber auch kein Guter. Wo ich ihn auf der 1 (Gut) - 10 (Böse) Skala einordne, erschließt sich mir selbst erst dann, wenn ich ihn mit mir selbst vergleiche.

    Zusammengefasst: Mir tun zwar auch die Opfer in Fantasy-Romanen leid, aber so ein echter Fantasy-Guter, der muss den Druck abkönnen ohne vom "rechten Pfad" abzukommen

    Ich bin eher der Freund von Kompromissen, die auch ein bisschen die Schurkenseite des strahlenden Helden ankratzen. Macht denjenigen... menschlicher und bringt mir eher einen Bezug, mit dem ich etwas anfangen kann...

    ... wenn ich so drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich die guten Bösewichte eigentlich fast mehr mag als die Helden :D


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    @Schreibfeder

    @Ralath : Du hast jetzt nachvollziehbare Bösewichte erschaffen, aber "böse" bleiben sie dennoch.

    Würde ich persönlich nicht so sagen. Mein eigenes Moralempfinden speist sich in gewisser Weise auch dadurch, ob ich eine Handlung nachvollziehen kann und wie ich selber in dieser Situation vielleicht gehandelt hätte. Das ist der Maßstab, nach dem ich dann nach Gut und Böse unterscheiden würde.

    Jetzt nur folgene Frage: Wenn massenhaft Soldaten desertieren, was macht der Magier dann? Massenhaft den Deserteuren hinterher rennen und jeden einzelnen verbrennen? Klingt nicht schlecht, denn damit können die anderen Soldaten nicht mehr das Land verwüsten, weil ihnen ihr Kommandant fehlt. Zudem werden weitere Soldaten desertieren, weil nun ihre Führung fehlt.

    ...

    Das der König von einem anderen Wesen beherrscht ist, was sich nur wehren will, macht besagtes Wesen auch nicht automatisch "gut". Es bleibt ein bösartiges Wesen, denn es hätte andere Möglichkeiten gegeben, als ein möglichst grausames Vernichten von Menschen.

    Das ist natürlich alles Richtig und es wären wichtige Gedankengänge und Fragen, die man sich stellen sollte, wenn man daraus eine Handlung bauen wollte.
    Wie oben schon gesagt, das Fallbeispiel war in seiner Tiefe nicht sooo ausgereift und ein Schnellschuss mitten in der Nacht. Die ganzen Argumentationslücken meinerseits und die Gegenmaßnahmen um die Bösewichte zu stoppen, überfordern mich grade ein bisschen. :S
    Ich wollte damit nur kenntlich machen, dass jeder Charakter in einer Grauzone agiert, und der Farbton sich mit jedem Twist, jeder Szene, jeder Handlung eines Charakters und jeder Information und sogar durch das schlichte vergehen von Zeit, wesentlich ins hellere oder dunklere wandeln kann, ohne dass der Charakter zu 100% als schlicht gut oder schlicht böse abgestempelt werden kann.

    Wie gesagt: Jetzt ist deine Geschichte zwar nachvollziehbar, da deine Bösewichte nicht eindimensional sind, aber sie bleiben "böse". Natürlich ziehe ich eine solche Geschichte lächerlichen HdR-Abklatsch vor, aber es kommt auch darauf an, wie es umgesetzt wird. Gibt es Mordversuche gegen den General? Versucht der Magier den König zu hintergehen? Inwieweit sind auch die Motivation der einzelnen Soldaten nachvollziehbar? Einfach nur sich sagen zu hören, dass man Befehle folgt, klappt nur bedingt. Und ein übermächtiger Magier ist auch nicht unbedingt logisch, denn warum gibt es keine anderen so mächtigen Magier? Irgendwie muss er seine Macht ja so bekommen haben. Und warum greifen die anderen Magier nicht ein? Was passiert, wenn gar ein kompletter Magierzirkel den Morden ein Ende bereiten möchte?

    Puh, ich habe ehrlich nicht damit gerechnet, dass sich jemand so viel Mühe macht und dort so viel hineininterpretiert :)
    An sich wäre das alles gar keine so schlechte Idee für einen Plot :thumbsup:

  • @Ralath: Die Fragen und Möglichkeiten die ich aufgezählt habe, sind aber diejenigen, die man stellen muss. Ansonsten sieht man das ganze zu einseitig.

    Ich verstehe natürlich deine Ansichten. Obwohl ich dir auch teilweise vehement widersprechen muss. Deine These, dass mit der Zeit auch "böse Taten" weniger schlimm werden, kann ich nicht zustimmen. Eine Tötung wird zum Beispiel niemals als gute Tat interpretiert, auch wenn der schlimmste Alptraum damit vernichtet wird. Maximal ist es dann ein notwendiges Übel.

    Und was die Idee für einen Plot angeht: So ähnlich geht es schon bei Games of Thrones, Schwert und Rose, Dracyr ... wobei hier die Rolle des General dann der Sohn des Königs übernimmt, der sich nicht gegen seinen Vater stellen kann (warum auch immer) und der Vater dann von Dämonen beherrscht wird (warum auch immer).
    Sorry, das funktioniert dann doch nicht so gut. ^^

  • Ich verstehe natürlich deine Ansichten. Obwohl ich dir auch teilweise vehement widersprechen muss. Deine These, dass mit der Zeit auch "böse Taten" weniger schlimm werden, kann ich nicht zustimmen. Eine Tötung wird zum Beispiel niemals als gute Tat interpretiert, auch wenn der schlimmste Alptraum damit vernichtet wird. Maximal ist es dann ein notwendiges Übel.

    Das bewerten wir dann auf persönlicher Ebene wohl beide anders. Ein notwendiges Übel ist ja namentlich schon eine bessere Variante des schlimmsten Übels. Allerdings fehlt mir hier der Maßstab einer konkreten Situation, um dazu mehr zu sagen.

    Allerdings wäre folgendes vorstellbar:

    Nehmen wir an, wir schlachten eine Ziege.
    Für die Ziege ist das natürlich der worst case, wir sind in diesem Moment das größte Unheil, dass dem Tier überhaupt widerfahren kann.
    Allerdings... wir verhungern, wenn wir die Ziege nicht verzehrfertig machen. Also ist das Schlachten der Ziege aus unserer Sicht (eigentlich) etwas Gutes, auch wenn ein Tier dafür sterben muss. Ein einzelnes Leid sorgt so für das Gedeihen von mehreren Wohlergehen - mein Gott, was für ein Satz. *pffff*
    Und der Vegetarier steht daneben und kann sich nicht entscheiden. Er findet es schlecht, dass alle Leute die Ziege schlachten wollen, weil sie Hunger haben, aber da es nichts anderes zu essen gibt und wir die einzigen Personen sind, die kräftig genug sind, um ihn von der elenden Insel herunter zu rudern, auf der wir alle gemeinsam festsitzen, ist es für ihn ein notwendiges Übel.

    Bescheuertes Beispiel, ich weiß. :D
    Ich kriege langsam den Eindruck, dass man sich zu jeder Moralvorstellung eine Szene schneidern kann, die darauf zutrifft. Zumindest darin, dass die Moral an sich keine einheitliche Größe darstellt, sondern wandel- und formbar ist, sollten wir übereinstimmen.

    -

    Und was die Idee für einen Plot angeht: So ähnlich geht es schon bei Games of Thrones, Schwert und Rose, Dracyr...
    "..."
    Sorry, das funktioniert dann doch nicht so gut.


    Yeah, well, I'm gonna go write my own fantasy story...
    with blackjack and hookers!


    :D

  • Stört Ihr Euch auch an diesen unglaublichen Zuständen? Oder bedient Ihr sie in Euren Geschichten gar selbst? Wenn ja, aus welchem Grund?

    Weil es mich stört schaue ich mir gerne die Staffel 1-4 von der Cartoonserie Winx Club an.


    Ich weiß nicht ob ich sie bediene.

    Lass es mich so ausdrücken:

    Der Eine sagt:„Meine Charaktere sind schwarz und weiß."

    Der andere sagt:„ Meine Charakter sind grau."

    Ich sage: „Meine Charaktere sind kunterbunt."

    Die Farbe grau entsteht aus den Farben schwarz und weiß. Aussage:„Vermische das Gute mit dem Bösen und vereinige es im eine einzige Person. Denn der Mensch besteht nicht nur aus gut oder böse.

    Es mag stimmen das der Mensch nicht nur aus gut oder böse besteht aber aus einer Vereinigung von Gut und Böse besteht der Mensch auch nicht. Der Mensch ist doch viel komplexer. Also ist der Menschen kunterbunt.

    Mehr fällt mir im Moment nicht ein.