Greta [Arbeitstitel]

Es gibt 93 Antworten in diesem Thema, welches 27.934 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. November 2019 um 21:18) ist von Mad Bull.

  • Wow, ich habe es tatsächlich geschafft, aufzuholen...Jetzt werde ich mich wohl oder übel gedulden müssen, bis es weitergeht. :( Ich hoffe, du lässt uns nicht zu lange warten.

    Die letzten beiden Teile fand ich ziemlich gut. Ich finde es herrlich, wie du Noah schilderst. Ich kann mir ihn und sein verrücktes Büro mit dem ganzen Krimskrams total gut vorstellen. Bin schon gespannt, was ein Homunkulus ist. :rofl:

    Heute habe ich ansonsten gar keine Anmerkungen für dich...gar nicht so unpraktisch, erst die anderen drübergucken zu lassen...Ich hab tatsächlich nix mehr gefunden.

    LG,
    Rainbow

  • So, neues Jahr, neues Glück. Frohes Neues, meine Lieben.
    Dabei muss ich euch heute etwas gestehen: Mir geht mein Material aus. Die Geschichte neigt sich dem Ende zu. Es gibt noch eine Kleinigkeit, die ich bisher nur im Kopf, aber noch nicht abgetippt/geschrieben habe. Das wird aber in absehbarer Zeit dann endlich mal in Angriff genommen. Ich will hier ja niemanden dumm sterben lassen. Oder doch?

    Eh, wie dem auch sei:

    Spoiler anzeigen

    Aber ist es nicht "vom" statt "von"

    Öhm, mein Hirn sagt ja, mein Gefühl will das so aber nicht stehenlassen.

    Aber sonst ... Homunkuli also? Jetzt muss ich wieder an Bartimäus und das Auge des Golems denken ... Vielleicht ist der gesuchte Zauberer ja Tscheche und kommt aus Prag?

    Pscht, den Band hab ich noch nicht gelesen! D:
    :D Wer weiß.

    okay, Noah ist wirklich strange.

    Das will ich doch hoffen. :D Noah war gar nicht geplant, der tauchte einfach urplötzlich auf und wollte nicht mehr weg.

    Ich finde es herrlich, wie du Noah schilderst.

    Noah hat einen amtlich bestätigten Knall und wenn er so herüberkommt, dann hab ich meinen Soll erfüllt. =]


    »Homunkulus?«, fragte Schmitti naserümpfend.
    »Ein künstlich erschaffener Mensch«, antwortete Klager, der sich hinter uns stellte. »Bisher habe ich nur in Theorien davon gelesen. Es hatte auch kein Hexer oder Alchemist bisher wirklich belegbaren Erfolg.«
    »Soweit wir wissen«, murmelte Noah und warf einen Blick zurück.
    »So was wie ein Klon?« Schmitti lehnte sich auf der Unterlippe kauend zurück.
    »So ähnlich, ja«, sagte Klager und nickte zum Bildschirm. Selbst dort schien die abgebildete Seite von der Zeit gezeichnet: vergilbt und am Rand deutlich eingerissen, bevor sie in der digitalen Datenbank gelandet war. Neben dem Text war eine skizzenhafte Zeichnung abgebildet. Ein menschenähnliches Geschöpf mit überdimensional großem Kopf und langen, dünnen Gliedmaßen. Zumindest von der Statur her ähnelte es Hans.
    Noah schaltete den zweiten Monitor an; weitere Zeichnungen platzten wie Seifenblasen auf. Eine davon zeigte etwas, das nur im Entferntesten an einen Menschen denken ließ. Es besaß die Form eines Tropfens, dessen Ende zu einem langen Fortsatz, einem Schwanz gleich, verzerrt war. Ein einziges Auge nahm die gesamte obere Hälfte des Kopfes ein. Das Wesen selbst besaß kindliche Glieder, hatte dabei die Arme um die Beinchen geschlungen. Es erinnerte mich mehr an eine Assel als einen Menschen.
    Weitere Bilder sprangen auf; jedes schien die anderen an Absurdität übertreffen zu wollen.
    »Und wie erschafft man so einen Homunkulus?«, fragte Schmitti. Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt und seine Augen huschten über die Abbildungen. »Besonders ähnlich sehen die sich ja alle nicht.«
    »Viele Theorien«, bemerkte Noah, der seine Hände kreisen ließ. »Die meisten reden von menschlichen Zellen, Blut oder Wasser und Blut ... Nichts bewiesen, alles nur Gelaber.« Dennoch leuchteten seine Augen.
    »Und du meinst, Hans ist einer?«, fragte ich und konnte mich von dem ersten Bild nicht losreißen. Das Wesen dort war haarlos und man konnte nichts über Haut- oder Augenfarbe sagen.
    »Es wäre eine Erklärung. Aber auch nur eine Vermutung. Woher soll ich auch wissen, aus was ein Homunkulus zusammengesetzt ist?« Noah schnaubte laut. »Mir ist noch keiner begegnet und Gott bin ich auch nicht.«
    »Aber jemand hat versucht, Gott zu spielen«, raunte ich, spürte dabei den stechenden Blick von Hans im Nacken, der mein Herz rasen ließ.
    »Unser Hexer?« Klager legte die Stirn in Falten. »Das würde zu dem Brief passen.«
    »Erklärt aber immer noch nicht, wie er sich das mit seinem Sohn vorgestellt hat.«
    Noah schloss einige Bilder, nur um in rascher Folge neue zu öffnen. Mir tränten die Augen, sodass ich einen Moment beiseite sah. Unvermittelt fauchte es hinter uns.
    Erschrocken wandten wir uns herum; Noah klappte kurz die Kinnlade herunter. Hans gesamte Haltung war angespannt, die Schultern gestrafft. Er starrte direkt auf den Bildschirm, auf dem inzwischen einige Zeitungsartikel prangten, die Noah gerade unbeachtet hatte schließen wollen.
    Mit dem nächsten Herzschlag war Hans zwischen uns. Schmitti wich mitsamt Stuhl zurück, Noah sprang quiekend zur Seite und Klager fing mich auf, als ich rücklings gegen ihn stolperte. Es wurde merklich kälter im Raum und fast meinte ich, meinen eigenen Atem als feine Wölkchen zu erkennen.
    Hans presste sein Gesicht auf den Bildschirm. Sein Fauchen wandelte sich zu einem heiseren Schrei und schließlich zu einem Wimmern. Als er begann, mit den Fingernägeln am Monitor zu kratzen, brüllte Noah auf, doch Schmitti hielt ihn an der Taille umschlungen fest.
    »Was ist das für ein Artikel?«, fragte ich bemüht ruhig, doch mein Herz wummerte noch immer. Ich versuchte Hans eine Hand auf die Schulter zu legen, doch er schüttelte sie nur mit einem Zischen ab.
    Zähneknirschend duplizierte Noah das Fenster und zog es auf den anderen Bildschirm. Er vergrößerte den Ausschnitt einer Tageszeitung, der kaum mehr als eine Randspalte war. Das Schwarzweißfoto eines Mannes beim Verlassen eines Amtsgebäudes ergänzte die Überschrift.

    Anklage gegenüber Ober fallengelassen


    »Viktor Ober, ehemaliges Mitglied der Hexervereinigung«, raunte Noah und warf einen mürrischen Blick zu Hans, der mittlerweile die Handflächen gegen den Bildschirm drückte. »War vor vierzig Jahren ein ziemlich hohes Tier in der Liga.«
    »Ich erinnere mich an den Namen«, grübelte Schmitti. »An der Akademie ging er herum wie eine Spukgeschichte.«
    »Hieß es nicht, dass er kleine Kinder fing, um aus ihnen Sera herzustellen, die ihm ein langes Leben schenken sollten?«, fragte ich und versuchte ein weiteres Mal, Hans zu beruhigen. Er stieß mich erneut beiseite, kratzte mir dabei den Handrücken auf. Mit verzogener Miene trat ich einen Schritt zurück.
    »Offiziell starb Ober vor dreißig Jahren bei einer Explosion in seinem Haus. Anscheinend ein Anschlag von seinen zahlreichen Gegnern. Leiche wurde nie gefunden«, murmelte Noah weiter. »Oder besser gesagt, man fand Jahre später eine, aber etwas kam den Spezis damals seltsam daran vor.«
    Schmitti setzte sich gerade hin. »Weißt du zufällig, was?«
    »Dafür müsste ich nach der Akte suchen.« Noah schnalzte mehrfach mit der Zunge, blies sich immer wieder das Haar aus dem Gesicht und begann auf seinen Tisch zu trommeln.
    »Das kannst du doch«, sagte ich, während ich mir die geschundene Hand rieb. Der Kratzer war wesentlich tiefer als angenommen. Ich spürte das Blut unter meinen Fingern, verbarg es aber vor den anderen.
    »Sicher kann ich das«, sagte Noah mit diesem schrillen Unterton, der sich immer bei ihm einschlich, wenn ihm etwas nicht passte. »Aber die Akte ist offiziell verschlossen. Soweit ich weiß, gibt es nicht einmal eine digitale Kopie davon.«
    Schmitti rieb sich mit einem Finger im Ohr. »Das würde bedeuten, unser hohes Tier von Hexer hatte gewaltig Dreck am Stecken. Vielleicht lebt er auch noch und die Obersten wissen davon oder ...«
    »Oder er hat etwas erschaffen, das so nicht nach draußen dringen soll«, schloss ich.
    Unsere Blicke richteten sich auf Hans. Seine Brust hob und senkte sich hektisch. Als Noah den zweiten Bildschirm verdunkelte, wich Hans vom Tisch zurück und starrte ein wenig verloren vor sich hin.
    Fahrig fischte Noah nach seinen Tüchern und wischte jammernd über den zerkratzten Monitor. »Den setze ich euch auf die Rechnung.«

  • Hey,

    auch dir ein frohes Neues :) ... wie schön, dass es weitergeht-hab`schon gewartet.
    Meine Anmerkungen findest du im Spoiler (wie immer Klugscheißerei auf hohem Niveau):

    Spoiler anzeigen

    Ein Schwarzweißfoto eines Mannes beim Verlassen eines Amtsgebäudes zierte....

    Ich würde, glaube ich, schreiben: "Das Schwarzweißfoto eines Mannes....." (zweimal "ein" hintereinander klingt irgendwie nicht so schön)

    »Viktor Ober, ehemaliges Mitglied der Hexervereinigung«, raunte Noah, der immer wieder einen mürrischen Blick zu Hans warf, der mittlerweile die Handflächen gegen den Bildschirm drückte.

    das zweite "der" könntest du durch ein "welcher" ersetzen, (nur so ne Idee)

    Anscheinend ein Anschlag von seinen zahlreichen Gegnern. ... Leiche wurde nie gefunden«, murmelte Noah weiter.

    Müsste es vielleicht heißen "seine Leiche wurde nie gefunden" (?)


    »Das kannst du doch«, sagte ich, die sich noch immer die geschundene Hand rieb.

    Ist vielleicht Geschmacksache, aber mir persönlich gefällt die Formulierung nicht so gut. Ich würde eher dazu tendieren:
    »Das kannst du doch«, sagte ich und rieb weiter meine geschundene Hand....(oder so) ......»Das kannst du doch«, sagte ich, während ich nach wie vor meine geschundene Hand rieb.....


    Aber die Akte ist offiziell verschlossen. Sow

    Von Gefühl her würde ich sagen, dass Akten "geschlossen" werden und nicht "verschlossen" :hmm: .


    »Oder besser gesagt, man fand Jahre später eine, aber etwas kam den Spezis damals seltsam daran vor.«
    Schmitti setzte sich gerade hin. »Weißt du zufällig, was?«
    »Dafür müsste ich nach der Akte suchen.«

    Das wirkt mir ein bisschen aufgesetzt. Noah weiß, dass etwas auffällig war, aber nicht was? Vielleicht kann man hier zumindest schon mal eine Andeutung einbauen...zum Beispiel....es gab Abweichungen in der DNA, aber die Leiche war zu stark verkohlt....blabla ... keine Ahnung...ansonsten wirkt das so unwirklich. Denn er scheint ja ein Alleswisser zu sein. (nur so mein Empfinden ;) )


    Das würde bedeuten, dass unser hohes Tier von Hexer entweder gewaltig Dreck am Stecken hatte, noch lebt und die Obersten das wissen und dulden oder ...«

    Der satz klingt für meine Ohren etwas kompliziert und verwirrend...vielleicht kann man das irgendwie anders zusammenfassen oder irgendwas streichen?
    Zum Beispiel: "Das würde bedeuten, dass unser hohes Tier von Hexer entweder noch lebt und die Obersten davon wissen oder ...«

    Bin gespannt, wie es weitergeht....

    Ich will hier ja niemanden dumm sterben lassen. Oder doch?

    ...und ich würde sagen, das ist keine Option :)

    LG,
    Rainbow

  • Da ich gerade noch ein wenig Zeit habe ...

    @Rainbow

    Müsste es vielleicht heißen "seine Leiche wurde nie gefunden" (?)

    Das ist eine sprachliche Eigenheit (von Noah). Er verschluckt gern für ihn unwichtige Wörter, gerade wenn für ihn ersichtlich ist, was er meint.

    Von Gefühl her würde ich sagen, dass Akten "geschlossen" werden und nicht "verschlossen" .

    Eine geschlossene Akte ist für mich noch etwas anderes, als eine verschlossene. Noah weiß, dass der Fall nicht abgeschlossen ist. Verschlossen in dem Sinne, wie ich es hier meinte, ist die Tatsache, dass sie nicht öffentlich (und wie hier auch nicht intern) zugänglich ist und das ganz offiziell. Vielleicht sollte ich das genauer herausheben, wenn das so nicht rüberkommt. : )

    Das wirkt mir ein bisschen aufgesetzt. Noah weiß, dass etwas auffällig war, aber nicht was? Vielleicht kann man hier zumindest schon mal eine Andeutung einbauen...zum Beispiel....es gab Abweichungen in der DNA, aber die Leiche war zu stark verkohlt....blabla ... keine Ahnung...ansonsten wirkt das so unwirklich. Denn er scheint ja ein Alleswisser zu sein.

    Hm, wenn das zu merkwürdig ist, setze ich mich da nochmal ran, allerdings ist Noah auch kein Allwissender o.ä. Er weiß viel, er vergisst nichts, was er einmal irgendwo aufgeschnappt hat, das heißt aber nicht automatisch, dass er alles weiß oder auch nur annähernd. (Zumal: Wenn ihn etwas nicht weiter interessiert, beschäftigt er sich nicht zusätzlich noch mit. Das sollte ich dann wohl besser herausschimmern lassen.)

  • Das war Rainbow mit den Verbesserungen wohl mal wieder schneller und für mich bleibt nur noch Lob übrig, oder was? :whistling: Na dann ... schöner Teil, der den Spannungsbogen noch höher schießen lässt. Allmählich gibt es doch eine ganze Menge Fragen, die man gerne geklärt hätte und das geheimnisvolle Gefüge um Hans und den Hexer herum wurde auch sehr schön aufgebaut :D

    »Hieß es nicht, dass er kleine Kinder fing, um aus ihnen Sera herzustellen, die ihm ein langes Leben schenken sollten?«,

    Und das kann der da einfach so machen? Was`n das für ne Akademie?! :panik:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Hey @Kitsune! Ebenfalls ein frohes Neues!

    Was soll das heißen, dir geht der Stoff aus? Es geht doch gerade erst richtig los! ;(

    Naja, dann starte ich mal los:

    Spoiler anzeigen

    Ein einziges Auge nahm die gesamte obere Hälfte des – Kopfes ein.


    Soll der Bindestrich ein Stocken andeuten? Irgendwie wirkt das komisch. Vielleicht lieber mit Worten beschreiben?

    Spoiler anzeigen

    Noah klappte kurz die Kinnlade herunter


    Warum kurz? Macht er den Mund sofort wieder zu? Kann mir deine Wortwahl hier nicht so richtig erklären. ?(

    Spoiler anzeigen

    Ein Schwarzweißfoto eines Mannes beim Verlassen eines Amtsgebäudes zierte die Überschrift.


    Ist das so richtig? Bedeutet die Formulierung so, dass das Foto von der Überschrift geziert wird? Strauchle hier gerade etwas ...

    Spoiler anzeigen

    »Hieß es nicht, dass er kleine Kinder fing, um aus ihnen Sera herzustellen, die ihm ein langes Leben schenken sollten?


    Das ist jetzt die Frage eines unwissenden Lesers: Was ist Sera? Und ist es ein was oder ein wer? Je nachdem stimmt deine Wortwahl nämlich oder nicht. :D

    Spoiler anzeigen

    »Das kannst du doch«, sagte ich, die sich noch immer die geschundene Hand rieb.


    In der falschen Person gesprochen. Also aus Erzählersicht.

    Schreibtechnisch wie immer super und die wenigen Schönheitsfehler sind wie Späne beim Hobeln. Die entstehen einfach zwangsweise bei der Arbeit.
    Wieder eine super Szene, die durchgehend flüssig und interessant zu lesen ist! :thumbsup:

    Ich muss aber echt sagen, dass du mich überrascht hast mit deiner Aussage, dass dir der Stoff ausgeht. Die Geschichte liest sich wirklich so, als würde es jetzt dann so richtig losgehen mit Hexenjagt und weis Gott nicht! :D Kann mir einfach nicht vorstellen, wie du das jetzt so schnell zu Ende bringen willst. Hoffe doch, es als kurzes Projekt geplant gewesen und nicht eine Blockade dafür verantwortlich? :/

    Gruß
    Rebirz

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

    • Offizieller Beitrag

    Muss ich erstmal dem Rest zustimmen... Das könnte auch locker der Anfang einer Geschichte sein (ein guter anfang^^) deswegen verwundert es auch mich, das hier, oder bald, Schluss sein soll :huh: Aber mal schauen wie du das fort führst.

    An sich guter Part weil:

    Noah wird mir noch lieber. I mag den... Kannst mir auch net erklären^^

    Hans seine Reaktion war gut beschrieben. Erst wie er inmitten der Gruppe durch plötzliche Anspannung auf sich aufmerksam macht bis zu dem zerkratzen des Monitors. Er scheint auf jeden Fall nicht gut auf Herrn Ober zu sprechen zu sein.

    Auch frag ich mich ob der ausführlich beschriebene "Kratzer" noch eine Rolle spielen wird.

    Gut, das wars dann fürs erste^^

  • Spoiler anzeigen


    @Xarrot

    Und das kann der da einfach so machen? Was`n das für ne Akademie?!

    :D
    Um Missverständnisse vorzubeugen: Ober war nie an der Akademie. Sollte ich vielleicht bei Gelegenheit deutlicher machen.

    @Rebirz

    Warum kurz? Macht er den Mund sofort wieder zu?

    In der Tat. =] Wenn's zu sehr straucheln lässt, bearbeite ich das nochmal bei Gelegenheit.

    Das ist jetzt die Frage eines unwissenden Lesers: Was ist Sera? Und ist es ein was oder ein wer?

    Sera, die, Singular: Serum
    Auch möglich: Seren, die.
    Heilserum; eine Flüssigkeit, die zur Heilung von Krankheiten, Biss- und Stichwunden eingesetzt wurde; Immunserum

    Konnte ich helfen? xD

    Kurz noch, bevor der nächste Abschnitt kommt: Ich bin erfreut, dass ihr die Geschichte nicht gehen lassen wollt. Und das motiviert mich, erst recht weiterzuschreiben. Was im Grunde von Anfang an der Plan war, nur mit einem anderen Anfang. Und eigentlich auch nicht gerade jetzt, weil ich mich vermehrt wieder Sternenstaub widmen wollte, aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht zwei Geschichten parallel schreibe ... Irgendwie.


    ~+~+~


    Eine Weile musterte ich Hans mit gerunzelter Stirn, wusste nicht, wie ich diesen unerwarteten Ausbruch einordnen sollte. Dennoch stahl sich durch meine Verwirrung etwas anderes. Aufregung rauschte wie ein reißender Fluss durch meine Adern, während zeitgleich eine unbeschreibliche Sehnsucht mein Herz erfüllte.
    Da dämmerte mir, dass Hans mehr mit Ober verband. Wahrscheinlich mehr als mit von Hahnstein. Dies bedeutete auch, dass Hans weitaus älter sein musste als einige Monate. Himmel, ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie ein Homunkulus auf die Welt kam und wie er alterte. Ob er überhaupt alterte.
    Ich schreckte aus meinen Gedanken, als Hans‘ Blick sich auf mich richtete, seine eisblauen Augen zu meinen Händen wanderten, die vom Stoff meines Shirts im Schoß ein wenig verdeckt wurden. Ich nahm all meinen Willen zusammen, nicht vor ihm zurückzuweichen, kaum dass er näher zu mir trat. Selbst durch das Vlies des Pullovers hindurch spürte ich die unnatürliche Kühle seiner Haut.
    Mit fast schon sanftem Nachdruck zog er meine verletzte Hand unter der gesunden hervor und hob sie vor sein Gesicht. Er schielte ein wenig, während er sich auf den blutenden Kratzer konzentrierte. Die Kälte kroch mir von den Fingerspitzen bis in die Gelenke, schließlich den Unterarm hinauf, doch etwas anderes ließ mich schaudern.
    Eine gräuliche Zunge schnellte aus Hans‘ Mund hervor und leckte feucht über meinen Handrücken. Sie wirkte ein wenig kratzend, erinnerte mich ungewollt an meinen Kater Louis, den ich als Kind besessen hatte.
    »Bah!«, quiekte es aus Noahs Richtung, während Schmitti laut rief: »Pfui! Aus, Hans, aus!« Noah sah aus, als würde er sich jeden Moment übergeben wollen; unter seinem Haarschopf wirkte er verdächtig blass um die Nasenspitze. Zumindest mehr als ohnehin.
    Klager hingegen stand dicht neben mir, beobachtete ebenso erstaunt wie ich, wie die Blutung stoppte und sich eine dünne Schicht neuer Haut über der Wunde bildete.
    Schmitti stieß pfeifend die Luft zwischen den Zähnen hindurch.
    »Interessant«, murmelte Klager. Er streckte die Hand aus, zuckte jedoch zurück, als Hans ihm einen langen Blick zuwarf.
    Noah würgte und trat einige Schritte von uns zurück, holte dabei keuchend Luft, bevor er sich ganz abwandte. Ich verdrehte die Augen. Natürlich musste er sich wieder wie eine Drama Queen aufführen.
    Hans hielt meine Hand noch einige Sekunden länger fest, bis sich seine Finger langsam von meinen lösten. Fasziniert betrachtete ich die frische, leicht rosa schimmernde Haut. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich, wie Hans den Kopf herumwandte; sein Blick huschte durch den Raum auf der Suche nach etwas.
    Mit einem Schreck fiel mir die Schatulle wieder ein, die Hans nicht mehr in Händen hielt. Ich sah mich danach um, doch Klager entdeckte sie schneller. Dort, wo Hans vor wenigen Minuten noch gestanden hatte, lag sie; anscheinend hatte er sie einfach fallengelassen. Was mir wiederum zahlreiche Furchen auf die Stirn zauberte und mich nur erneut in meiner Vermutung bestärkte, dass Ober für Hans weitaus wichtiger war.
    Klager las mit einer einzig fließenden Bewegung das Kästchen auf, doch als er es Hans reichen wollte, lockerte sich etwas Holz und landete mit einem sanften Klappern zu seinen Füßen.
    Mit gehobenen Brauen betrachtete mein Kollege den herausgelösten Boden, drehte die Schatulle herum und schnaubte auf, bevor er mit zwei Fingern ein dünnes Büchlein herausfischte. Der lederne Einband wirkte rissig, während ein dunkles Lederband darum herumgewickelt war.
    »Was ist das?«, fragte ich und gesellte mich mitsamt Hans zu ihm.
    Klager drehte sein Fundstück zwischen den Händen, bevor er es aufschlug und durchblätterte, die Schatulle unter einen Arm geklemmt. »Sieht aus wie ein Tagebuch.«
    Schmitti sprang vom Stuhl auf. »Von unserem Hexer?«
    »Die Handschrift ist dieselbe wie beim Brief«, stellte ich fest, als Klager mir das Büchlein weiterreichte; die Spieluhr drückte er Hans in die Arme. Ohne großes Zaudern öffnete Klager dabei den Deckel und augenblicklich erfüllte die leiernde Spielweise den Raum. Hans senkte das Kinn bis auf seine Brust, ließ sich unvermittelt im Schneidersitz zu Boden plumpsen und hielt sich das Holz ans Ohr.
    Da war sie wieder – die Enge in meiner Brust, die mir mittlerweile so vertraut war, als wäre sie tatsächlich ein Teil von meinem Selbst. Gleichzeitig erfüllte die Melodie mich mit unendlicher Traurigkeit, so sehr, dass mir die Augen erneut brannten und ich einen dicken Kloß im Hals herunterschlucken musste.
    Schmitti lehnte sich mit der Schulter gegen meine und linste ins Büchlein, während ich versuchte, mich nicht weiter auf Hans zu konzentrieren. Auch wenn es mir schwerfiel, den Blick von ihm abzuwenden.
    »Ich glaube, wir sollten das Ding ganz genau lesen«, murmelte mein Freund. »Komisch, dass Leo das nicht gefunden hat.«
    »Verwunderlich, dass der Boden erst jetzt rausgefallen ist«, brummte Klager.
    Ich hörte beiden nur mit halbem Ohr zu, starrte stattdessen doch wieder zu Hans, bis ein Ruck durch mich hindurchging. Ich presste Schmitti das Tagebuch gegen die Brust, der es verdattert an sich nahm, kniete mich dann vor Hans, die Hände auf seine gelegt.
    Sofort sah er zu mir auf, ein Schimmern in den Augen. Während ich überrascht die Feuchtigkeit in seinen Augenwinkeln musterte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er wurde weicher, feine Linien zogen sich über die sonst glatte Stirn, seine schmalen Lippen verzogen sich zu einer schiefen Linie, die sich langsam spaltete, als er den Mund öffnete.
    »Um wen trauerst du?«, fragte ich, die Frage wie ein aufloderndes Feuer in meinem Kopf. Dieses vertraute Empfinden von nagendem Kummer, der sich von meiner Brust bis tief in mein Innerstes zog und mich dort zu zerfressen drohte, war mir jahrelang wie ein zweites Ich gefolgt, bis es mehr einem Schatten gleichkam. Es hatte mich betäubt und stumpf werden lassen. Es tat weh, es so deutlich zu spüren als wäre all die Gram nie verschwunden.
    Ich bemerkte, wie sich von tief unten Bilder an die Oberfläche zu kämpfen drohten, auf die ich vor Monaten erst ganz viel neue Erde geschüttet hatte.
    Als ich mein eigenes Schluchzen hörte, fühlte ich Schmittis Hand auf meiner Schulter, erkannte Klagers Bemühungen, mich von Hans fortzuziehen, hinter einem Schleier aus Verzweiflung. Ich zitterte am ganzen Körper, bekam einen Schluckauf und konnte doch den Blick von dem Wesen vor mir nicht abwenden, das inzwischen eine Miene zog, die ein Spiegel meiner eigenen war.
    Schmitti nannte mich immer wieder beim Namen, packte mich an den Schultern und schüttelte mich sanft, versuchte meine Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken.
    »Papa«, wimmerte ich leise, ohne es wirklich gewollt zu haben. Nur dieses eine Wort schwirrte mir noch im Kopf. Papa. Nichts anderes. Wie ein pulsierender Schmerz, auf den man sich so sehr fokussierte, alles andere ausgeblendet.

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (2. März 2018 um 11:44)

  • Hey,

    cool, dass du weitergeschrieben hast. Ich hab` schon auf deine Fortsetzung gewartet :)
    Wieder mal ganz interessante Entwicklungen, die du da schilderst, obwohl es schon ein bisschen verwunderlich ist, dass der doppelte Boden dieser Kiste nicht schon vorher gefunden wurde....gut aber, dass denen das selber auffällt...wahrscheinlich gibt es eine plausible Erklärung dafür? :hmm:
    Offensichtlich scheint es eine Verbindung zwischen Greta und Hans zu geben und das Ganze hat irgendwas mit ihrer Vergangenheit zu tun...bin gespannt, wie es weitergeht.

    Hier noch ein bisschen Kleinkram

    Spoiler anzeigen


    »Bah!«, quiekte es aus Noahs Richtung, während Schmitti laut rief: »Pfui! Aus, Hans, aus!«

    :rofl: Sehr amüsante Szene...


    Ich bemerkte, wie tief unten sich Bilder an die Oberfläche zu kämpfen drohten

    das klingt für mich irgendwie merkwürdig :hmm: vielleicht: Ich merkte, wie sich von tief unten Bilder an die Oberfläche zu kämpfen drohten...(?)


    auf die ich vor Monaten erst ganz viel neue Erde geschüttet hatte.
    Erst als ich mein eigenes Schluchzen hörte, fühlte ich Schmittis Hand auf meiner Schulter.

    Wiederholung...das zweite "erst" könntest du eigentlich weg lassen...


    Erkannte Klagers Bemühunge

    Hier fehlt ein Leerzeichen

    LG,
    Rainbow

  • hey @Kitsune

    Jeah! Es geht also doch weiter! Hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben. :D
    Hoffe nur es wird dir nicht zu viel. Ich würde derzeit auch wieder viel lieber mehr Schreiben, aber mein Zeitplan lässt das einfach nicht zu. :(

    Spoiler anzeigen


    Sera, die, Singular: Serum
    Auch möglich: Seren, die.
    Heilserum; eine Flüssigkeit, die zur Heilung von Krankheiten, Biss- und Stichwunden eingesetzt wurde; Immunserum
    Konnte ich helfen? xD


    Habs verstanden. :thumbsup:

    Interessant, was Hans so alles drauf hat. Heilende Spucke. Schlabberspaß pur. :D
    Schon irgendwie seltsam, dass die Schatulle erst jetzt aufgebrochen ist, wo sie doch schon so ausgiebig malträtiert wurde. Aber da wird schon etwas dahinter stecken.
    Gretas plötzlichen Zusammenbruch finde ich absolut gelungen. Wirklich schön geschrieben.
    Was ich immer noch super toll finde, ist die Art wie du deine Charaktere sprechen lässt. Es wirkt einfach absolut natürlich.
    Auch schreibst du wie gewohnt scheinbar Fehlerfrei. Zumindest habe ich keine gefunden.

    Eigentlich habe ich nur eine Stelle gefunden, die ich anmerken möchte:

    Spoiler anzeigen

    Erst als ich mein eigenes Schluchzen hörte, fühlte ich Schmittis Hand auf meiner Schulter. Erkannte Klagers Bemühungen, mich von Hans fortzuziehen, hinter einem Schleier aus Verzweiflung


    Wenn man mal verstanden hat, wie es gemeint ist, macht es natürlich Sinn, aber ich habe diese Stelle bestimmt 5x gelesen, bis ich OK sagen konnte. Vielleicht findest du noch eine etwas "bekömmlichere" Lösung.

    Immer schön weiter schreiben! Bin schon gespannt, ob du vielleicht auch irgendwann so richtig Action bringen kannst und wie das in deinem Schreibstil aussieht. :thumbsup:

    Edit @Rainbow

    Zitat von Rainbow

    Hier fehlt ein Leerzeichen

    Nein, tut es nicht. Ich bin auch an der Stelle gestolpert. :D


    Gruß
    Rebirz

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

    Einmal editiert, zuletzt von Rebirz (9. Februar 2018 um 11:22)

  • Oh Nein ... DER ARME HANS! ;(

    Ich zuckte aus meinen Gedanken, als Hans‘ Blick sich auf mich richtete,

    Vielleicht lieber "ich schreckte auf" oder so?

    »Bah!«, quiekte es aus Noahs Richtung, während Schmitti laut rief: »Pfui! Aus, Hans, aus!«

    Das ist echt herrlich wie Schmitti mit Hans manchmal spricht, als wäre der ein Hunde xD

    »Verwunderlich, dass der Boden erst jetzt rausgefallen ist«, brummte Klager.

    Aber echt he ... das kann ja wohl nicht nur Zufall sein ... wollte eine gewisse Schreiberin dadurch etwa Spannung und Drama erzeugen?! Wer weiß? Illuminati confirmed auf jeden Fall! :ninja:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Spoiler anzeigen


    @Rebirz

    Hoffe nur es wird dir nicht zu viel. Ich würde derzeit auch wieder viel lieber mehr Schreiben, aber mein Zeitplan lässt das einfach nicht zu.

    Nah, das passt schon. Wie gesagt, ich wollte hier ohnehin weiterschreiben.
    Momentan macht mir eher meine fehlende Zeit nur für mich einen Strich durch die Rechnung.

    Interessant, was Hans so alles drauf hat. Heilende Spucke. Schlabberspaß pur.

    Hans steckt voller Überraschungen, hö.

    @Rainbow @Xarrot

    Wieder mal ganz interessante Entwicklungen, die du da schilderst, obwohl es schon ein bisschen verwunderlich ist, dass der doppelte Boden dieser Kiste nicht schon vorher gefunden wurde....gut aber, dass denen das selber auffällt...wahrscheinlich gibt es eine plausible Erklärung dafür?

    Aber echt he ... das kann ja wohl nicht nur Zufall sein ... wollte eine gewisse Schreiberin dadurch etwa Spannung und Drama erzeugen?! Wer weiß? Illuminati confirmed auf jeden Fall!

    Ehrlich gesagt: Ich hab mich damit selbst etwas auf die Schippe genommen. :lol:
    Denn ich muss gestehen, dass mir das Tagebuch beim ersten Schreiben erst an dieser Stelle in den Sinn kam. Bei der Bearbeitung wollte ich das nicht ändern, das Tagebuch sollte erst später gefunden werden.
    Vielleicht ist die Schatulle auch einfach nur eigensinnig. :D


    Meine Welt verstummte; sie verblasste, verschwamm. Es schien mir wie eine Ewigkeit, bis mein Atem, der wie Feuer in der Kehle brannte, zur Ruhe kam. Äonen, bis mein Zittern verebbte und mein Schluchzen verklang.
    Mit einem tiefen Atemzug schlug ich die Augen auf und zuckte ob der Wärme an meinen Füßen zusammen. Blinzelnd drehte ich den Kopf etwas zur Seite. Nur langsam sickerte das Bild vor mir ins Bewusstsein. Einige Schritte von mir entfernt standen Schmittis und mein Schreibtisch, beide Stühle davor verwaist, umhüllt von schummrigen Sonnenlicht.
    Nur dumpf formte sich die Erkenntnis, dass ich im Büro auf dem Sofa lag. Ich blickte zurück zur Decke hinauf, einige Sekunden gefangen im Spiel wabernder Schatten – und träger Gedanken.
    »Ausgeschlafen?«, fragte Klager leise. Ich nahm erst in diesem Moment wahr, dass er direkt neben mir auf Schmittis Klapphocker saß, die Arme vor der Brust verschränkt. Stirnrunzelnd schaute ich zu ihm; trotz der Furche zwischen seinen Brauen wirkte er besorgt.
    »Was ist passiert?«, stellte ich mit belegter Zunge die Gegenfrage. Mein Mund war trocken, während es in meinem Kopf dröhnte. All das war ein solch vertrautes Gefühl, dass es mir die Galle in die Kehle steigen ließ und ich sie angewidert herunterschluckte.
    »Du hast plötzlich angefangen mit Hans im Duett zu heulen«, sagte Schmitti unvermittelt. Mein Blick glitt zu ihm, der am Fußende auf der Lehne hockte, ein Bein über das andere gelegt. »Hat sich angehört, als würde einer Katze über den Schwanz gefahren.«
    Ich hörte bereits seit der Erwähnung von Hans kaum mehr zu, fuhr stattdessen mit einem Ruck auf, der wie ein Stoß durch meinen Körper fuhr. Als sich der Raum nicht mehr um mich drehte, schwang ich die Beine vom Sofa, doch als ich aufstehen wollte, drückte Klager mich unnachgiebig wieder zurück.
    »Wo ist Hans?«, fragte ich, das Herz bereits wieder schmerzhaft in der Brust spürend.
    »Bei Noah«, erklärte Schmitti mit gerunzelter Stirn. Ich öffnete den Mund, aber bevor ich etwas sagen konnte, fuhr mein Freund fort: »Er hat hoch und heilig versprochen, ihn in Ruhe zu lassen. Abgesehen davon, dass er noch immer schmollt wegen seines Bildschirms.«
    Ich fuhr mir durch das zerzauste Haar und blieb fluchend an einem Knoten hängen.
    »Was war los?«, fragte Klager unterdessen.
    Ratlos zuckte ich mit den Schultern. »Keine Ahnung.« Was nicht gelogen war. Nur blass konnte ich mich entsinnen, mich nicht von Hans lösen zu können. Zusammen mit noch etwas: Das vertraute Gefühl von physisch schmerzendem Verlust. Das leere Pulsieren eines Herzens, welches tief vernarbt war.
    »Du hast immer wieder Papa gewimmert«, erklärte Schmitti ruhig, auch wenn seine Stimme ein wenig bebte. »Gretchen, dein Vater ist seit über zwanzig Jahren fort und ich hab dich nie nach ihm rufen hören.« Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. In diesem Moment wirkte er weitaus älter als dreißig. Selten zeigten sich die Spuren seiner Vergangenheit, die ihn so rasch aus einer unschuldigen Kindheit geworfen hatten, so tief wie im Angesicht von Sorge. Sein kindisches Verhalten, das er manchmal an den Tag warf, war wie ein Schutzmantel, den wir beide bis ins kleinste Zipfelchen kannten. In den wir uns beide gern hüllten.
    Ich atmete langsam tief ein, hielt einen Moment die Luft an, um sie schließlich schleppend wieder auszustoßen. Das spurlose Verschwinden meines Vaters war eine andere Baustelle. Schmitti wusste, dass er mir natürlich fehlte seit jenem Tag, an dem er sich wie schon so oft davor für eine Reise verabschiedet hatte.
    Am Ende war er nie wiedergekommen. Dabei hatte er mir geschworen, mich eines Tages mitzunehmen, mir zu erklären, wohin er immer so dringend und unvermittelt aufbrechen musste.
    Ich schob die Erinnerung an meinen Vater beiseite. Seit Jahren rechnete ich mit einer Todesnachricht, die nicht kam. Ich war vorbereitet, hatte mit dem Thema abgeschlossen, anders als meine Mutter, die bis zum Schluss jeden Abend hoffnungsvoll vom Fenster aus die Auffahrt hinabgestarrt hatte.
    Ich kniff die Augen zusammen, als sich ein anderer Film in meinem Inneren abspielte. Ein Pick-Up, der sich von schräg rechts so rasant näherte. Meine Mutter, wie sie panisch das Lenkrad rumriss. Eine Leitplanke und einen Überschlag später, Glassplitter und Rauch …
    Ich versuchte meinen Atem zu kontrollieren, als sich die Enge in meiner Brust breitmachte.
    Ruhig bleiben. Ich musste ruhig bleiben. Ich war weder im Fahrzeug noch im Krankenhaus, sondern in meinem Büro. Doch meine Finger verkrampften und Schweiß rann meine Schläfe hinab.
    Also konzentrierte ich mich auf die wichtigen Dinge. Auf Hans.
    »Wie geht es Hans?« Ich schwang mich erneut auf, ließ dieses Mal nicht zu, dass Klager mich zurückwies. Einen Moment zitterten mir die Knie, kaum dass ich stand. Erneut atmete ich tief durch, streckte mich, wobei meine Gelenke beunruhigend knackten.
    »Viel wichtiger ist doch die Frage, wie geht es dir? Und warum reagierst du gemeinsam mit Hans so heftig?«, erkundigte sich Klager, der sich mitsamt Hocker immer in die Richtung drehte, wo ich gerade stand.
    Ich schlang die Arme um mich selbst, auch wenn ich nicht fröstelte, und ging zum Fenster, um mich von der Sonne ein wenig wärmen zu lassen. Ich zuckte mit den Schultern, hatte keine flinke, schlaue Antwort parat. Dennoch erschien es mir notwendig, den anderen von meiner Erfahrung mit Hans‘ und meiner emotionalen Verbindung zu erzählen. Also tat ich es. Stockend, immer wieder mitten im Satz unterbrechend, beiden den Rücken zugewandt, weil ich das Gefühl hatte, so wenigstens etwas freier sprechen zu können. Die Wahrheit war, ich wollte ihnen nicht ins Gesicht blicken müssen. Ich hätte weder Klagers ruhiger, aber nachdenklicher Miene standhalten können noch Schmittis großen Hundeaugen.
    Nachdem ich endete, war es eine Weile still im Raum. Ich öffnete mein Fenster am Schreibtisch, hielt das Gesicht in eine frische Brise, die Haut nun deutlicher von der Wärme der Sonne erfüllt.
    Schmitti war der Erste, der seine Stimme wiederfand. »Und war das nun dein Ausbruch oder Hans‘?«
    Eine Weile dachte ich ratlos darüber nach. »Vielleicht war es eine Verbindung von uns beiden. Wie …«, ich suchte abermals nach der richtigen Umschreibung, »… zwei Seelen, die denselben Schmerz durchlitten haben. « In meinen Ohren klang das furchtbar kitschig, altbacken und überzogen, aber es war das Beste, was ich über die Lippen brachte.
    Schmitti stand auf, nur um anschließen im Raum auf und ab zu gehen. »Wisst ihr, was das bedeutet?«
    »Unsere Vermutung ist richtig?«, fragte Klager, ging zu Schmittis Schreibtisch und holte eine Schachtel Zigaretten aus einem Schubfach. Mein Freund rauchte nur auf Partys, weswegen ich nie verstand, warum er neuerdings immer eine Schachtel im Büro aufhob. Als ich nun Klager beobachtete, wie er das Fenster neben dem Tisch öffnete und sich den Glimmstängel anzündete, dämmerte mir, warum.
    »Welche Vermutung?«, hakte ich nach, der Kopf noch immer zu benebelt, um klar denken zu können.
    Schmitti blieb stehen. »Dass Ober es geschafft hat, künstliches Leben zu erschaffen. Mit Hans. Wahrscheinlich hat er ihn wie einen eigenen Sohn aufgezogen. Soweit ich weiß, hatte Ober keine Kinder.«
    »Soweit ich weiß«, seufzte ich, »hat er Kinder gehasst.«
    »Können wir uns da denn so sicher sein?« Schmitti kaute einen Moment auf seiner Unterlippe, eine Unart, die er schon als Kind entwickelt hatte. »Wir wissen nur das von Ober, was an der Akademie als Gerücht rumging.«
    »Das waren Spukgeschichten«, wandte ich ein. »Sachen, die wir uns nachts in den Gemeinschaftszimmern mit Taschenlampen erzählt haben. Was wissen wir schon wirklich über ihn?« Ich rieb mir die Stirn.
    »Vielleicht hilft uns ja das Tagebuch weiter.« Klager blies den letzten Rauch hinaus und drückte die Zigarette auf dem Fensterbrett aus, bevor er sie nach draußen schnippte.
    »Das von Hahnstein?« Schmitti klang mehr als skeptisch. »Wüsste nicht, inwiefern uns das mehr über Ober erzählen könnte.«
    »Hans tauchte erst auf, als wir in der Villa waren, nicht?«, bemerkte Klager. Er sah eindringlich zu Schmitti und lenkte seine ganze Aufmerksamkeit dann auf mich. »Greta hat die Schatulle in Hahnsteins Villa gefunden.«
    Mein Freund schnappte kurz nach Luft. »Und Hans ist fixiert auf sie.«
    »Was hat das mit seinem Tagebuch zu tun?«, fragte ich, spürte, wie das Pochen im Kopf einseitiger, stärker wurde. Langsam schloss ich das Fenster und setzte mich schließlich an meinen Schreibtisch.
    »Was, wenn von Hahnstein und Ober was miteinander zu tun hatten?«, überlegte Schmitti laut, der bereits wieder den Raum durchwanderte.
    »Ich gehe noch einen Schritt weiter«, murmelte Klager. Als wir beide irritiert zu ihm blicken, seufzte er. Dann griff er nach Hahnsteins Akte und zauberte im nächsten Moment ein altes Schwarzweißfoto aus seiner Hosentasche. Beides warf er zusammen zu mir herüber auf den Tisch. »Hahnstein ist Ober.«

  • Hey @Kitsune

    Heiler Feenpups, wie konnte mir dein neues Kapitel so lange entgehen?! Da hab ich wohl mal voreilig auf den lustigen Haken rechts oben im Forum gedrückt ...

    Jetzt aber fix nachholen! :D

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    Nur blass konnte ich mich entsinnen, mich nicht von Hans lösen zu können.


    Stimmt hier die Zeitform des zweiten Satzteils? Müsste es nicht heißen: "Nur blass konnte ich mich entsinnen, mich nicht von Hans lösen gekonnt zu haben."
    Keine Ahnung wie diese Zeitformen alle heißen, aber du schreibst ja in der Vergangenheit und der Prota erinnert sich an etwas, dass noch weiter zurückliegt.

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    Ein Pick-Up, der sich von schräg rechts so rasant näherte.


    Das würde ich weglassen. Das klingt eher so, als müsste noch was kommen. Also "So rasant näherte, dass ... bliblablub"

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    Sein kindisches Verhalten, das er manchmal an den Tag warf, war wie ein Schutzmantel, den wir beide bis ins kleinste Zipfelchen kannten. In den wir uns beide gern hüllten.


    Ich würde die Sätze verbinden. "... bis ins kleinste Zipfelchen kannten und uns liebend gerne überwarfen."
    Oder den letzten Satz irgendwie umformulieren. So steht er irgendwie so verlassen. Und du hast 2x "beide" kurz hintereinander.

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    Ich atmete langsam tief ein, hielt einen Moment die Luft an, um sie schließlich schleppend wieder auszustoßen.


    Das muss ich mir merken. Ich habe schon lange nach einer anderen Formulierung für dieses Verhalten gesucht... die meine ist schon so ausgelutscht :D

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    Schmitti wusste, dass er mir natürlich fehlte seit jenem Tag, an dem er sich wie schon so oft davor [zuvor] für eine Reise verabschiedet hatte.


    Evtl. eine Alternative.

    Wie bekannt schön geschrieben und angenehm wenige Fehler. Ich muss ja sagen, dass mich mittlerweile fast mehr die Hintergrundgeschichte deiner Protas interessiert, als Hans' Ursprung. Ist das schlecht? xD
    Auf jeden Fall finde ich die Charaktere sehr interessant. Auch weil sie schön verschieden und jeder schräg auf seine eigene Art ist.
    Vermutlich sitze ich damit zwar gerade auf der Leitung weil es noch so früh ist, aber ich kapier gerade nicht, warum Klager geraucht hat, auch wenn es Greta offenbar getan hat ... :/

    Weiterschreiben! Das nächste mal bin ich auch wieder schneller mit Lesen! :D

    Gruß
    Rebirz

    Gruß
    Rebirz

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

  • Irgendwie ist mir auch komplett entgangen, dass du einen neuen Teil hochgeladen hattest ... Klassischer Fall von "les ich morgen" xD

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    Nur blass konnte ich mich entsinnen, mich nicht von Hans lösen zu können

    Der blaue Teil fügt sich nicht so wirklich flüssig an. Vorschlag: "Ich hatte nur blasse Erinnerungen daran, wie ich mich nicht mehr von Hans lösen konnte." Eine bessere Alternative hab ich gerade irgendwie auch nicht, die Stelle ist so irgendwie schwer. Vielleicht stellst du das ganze auch einfach nochmal komplett anders auf, aber mach wie du magst :)

    Das leere Pulsieren eines Herzens, welches tief vernarbt war.

    Diese Berbildlichung gefällt mir richtig gut, aber den Satz würde ich trotzdem nochmal überarbeiten. Etas in der Art wie: "Das leere Pulsieren eines Herzens, von tiefen Narben überzogen."

    Selten zeigten sich die Spuren seiner Vergangenheit, die ihn so rasch aus einer unschuldigen Kindheit geworfen hatten, so tief wie im Angesicht von Sorge.

    Ich vermute, du greifst hier nochmal auf die Falten auf Schmittis Stirn zurück. Falls ja, müsste man das nochmal besser miteinander in Verbindung bringen. Zumindest ich hab eine Weile überlegen müssen.

    Am Ende war er nie wiedergekommen. Dabei hatte er mir geschworen, mich eines Tages mitzunehmen, mir zu erklären, wohin er immer so dringend und unvermittelt aufbrechen musste.

    "Mein Vater ist zur Tankstelle Rubbellose kaufen gegangen. Hat wohl gewonnen, ist schon 10 Jahre her ..." :whistling:

    Mein Freund rauchte nur auf Partys, weswegen ich nie verstand, warum er neuerdings immer eine Schachtel im Büro aufhob.

    Schlechte Idee sowas. Ich hatte mal eine GANZ kurze Phase in der ich den selben Blödsinn gemacht habe. Allerdings mag ich meine Lungen dann doch so funktionsfähig wie sie sind :doofy:

    »Was, wenn von Hahnstein und Ober was miteinander zu tun hatten?

    Wie wärs? :grinstare: Sobald Schmitti noch Klager rumbekommen hat, können die vier dann auf ein Doppeldate gehen :panik:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • @Rebirz @Xarrot
    Ich geh morgen auf eure Anmerkungen ein. Bin abends meistens nur noch mit dem Handy online ...


    Tante Edith:

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    Wie bekannt schön geschrieben und angenehm wenige Fehler. Ich muss ja sagen, dass mich mittlerweile fast mehr die Hintergrundgeschichte deiner Protas interessiert, als Hans' Ursprung. Ist das schlecht? xD

    Nö. :D Ich würde am liebsten immer vorwarnen, dass ich gerne sehr charakterbezogene Geschichten schreibe ...

    Vermutlich sitze ich damit zwar gerade auf der Leitung weil es noch so früh ist, aber ich kapier gerade nicht, warum Klager geraucht hat, auch wenn es Greta offenbar getan hat ...

    Da muss ich kurz aufklären: Das sind von vornherein nicht Klagers Zigaretten, sondern Schmittis. (Freund = Schmitti, Kollege = Klager bei Gretchen) Da Schmitti allerdings nur Partyraucher ist (oder er ist im Stress :whistling: ), wundert es Greta, warum er seit neuestem immer eine Schachtel in der Schreibtischlade aufhebt. (Hint: Klager. :D)

    "Mein Vater ist zur Tankstelle Rubbellose kaufen gegangen. Hat wohl gewonnen, ist schon 10 Jahre her ..."

    :rofl:
    Ich weiß, das ist so klischeehaft, aber dass Gretchens Vater verschwunden ist, ist noch von Bedeutung. ^^' Aber ja ... Er könnte auch nur kurz Zigaretten holen gegangen sein. :D

    Wie wärs? Sobald Schmitti noch Klager rumbekommen hat, können die vier dann auf ein Doppeldate gehen

    :grinstare:


    ~+~


    »Hä?«, war Schmittis äußerst schlaue Erwiderung.
    Klager nickte zur Akte, die ich mit leicht bebenden Fingern aufschlug. Von Hahnsteins Antlitz war das Erste, das mir entgegenschmollte; die Mundwinkel fast bis zum Kinn heruntergezogen, hohlwangig, die Augen trostlos und dunkel in ihren tiefen Höhlen. Über seine obere Gesichtspartie zogen sich etliche Falten, als wäre über Jahrzehnte hinweg seine einzige Tagesbeschäftigung Stirnrunzeln gewesen. Sein schwarzes Haar war von Grau durchzogen und klebte ihm vom Seitenscheitel aus fettig am Kopf. Kein schmeichelhafter Anblick.
    Schmitti neigte sich über meine Schulter. Einen Moment verlor ich mich im Duft seines Lieblingsparfüms, gespickt mit einer erdigen Note. Es erinnerte an frischen Regen, der das Erdreich aufwühlte. Sofort beruhigte sich mein Herzschlag. Als stünde mein Freund absichtlich nah bei mir. Vorsichtig lehnte ich mich gegen ihn, was er mit einem Stups gegen meine Schulter quittierte.
    »Reizendes Bild«, murmelte Schmitti, holte dann das Foto unter der Mappe hervor, was er auf der Unterlippe kauend musterte. Er hielt es neben jenes von Hahnstein und schnaubte. »Da braucht es aber viel Fantasie, Rudi.«
    Schmitti hatte nicht unrecht. Das Bild von Ober zeigte einen durch und durch gestriegelten Mann in seinen Mittdreißigern. Ich roch förmlich sein herbes Aftershave, das ich mir gut bei seinem säuberlich rasierten Wangen vorstellen konnte, während seine Oberlippe ein gezwirbelter Schnurrbart zierte. Einzig seine hohen Wangenknochen und die verborgenen Augen ließen einen Hauch von Ähnlichkeit erahnen.
    Klager straffte die Schultern, erhob sich zu seiner vollen Größe, ehe er Schmitti von oben herab musterte. »Ich weiß, worauf ich achten muss. Da ist keine Fantasie nötig.«
    »He, Anthropologenjunge, halblang«, ertönte es von der Tür aus, kaum dass Schmitti den Mund zu einer Erwiderung geöffnet hatte. Ich zuckte zusammen, als ich Noah mitsamt Hans im Türrahmen entdeckte. Geistesgegenwärtig eilte Schmitti zu ihnen, schob sie in den Raum und schloss die Tür, nachdem er sich im Flur umsah.
    Noah pustete seine Haare aus dem Gesicht. »Keine Panik, Karlchen, der Flur war leer.« Seine Augen huschten durch das Büro. »Sieht ja immer noch so unordentlich aus.« Seine Aufmerksamkeit blieb auf mir haften, wobei er die Nase hochzog.
    »Kann ja nicht jeder so einen Putzfimmel haben wie du«, murrte ich, ignorierte den giftigen Blick der kleinen Ratte und wandte mich stattdessen Hans zu. Die Augen geweitet, starrte dieser gebannt zum Fenster hinaus. Ehe ich mich versah, schritt er mit seinen schlaksigen Beinen an mir vorbei, legte die Handflächen auf die gewärmte Scheibe, nur um sich wenig später die Nase daran plattzudrücken. Aufregung und ein leiser Schwindel ließen meinen Puls höher schlagen. Ich schluckte, versuchte mich wieder auf die anderen zu konzentrieren.
    »Was willst du eigentlich hier?«, fragte Schmitti, der sich auf meinen Tisch setzte.
    »Ich hatte Sehnsucht?« Noahs feistes Grinsen in Schmittis Richtung ließ meinen Freund schaudern. Dann winkte Noah ab. »Euer Kollege hat da einen Kern getroffen.«
    »Hast du etwa wieder gelauscht?«, knurrte ich, während Klager im nächsten Atemzug brummte: »Dieser Kollege hat einen Namen.« Er kramte erneut eine Zigarette aus Schmittis Schubfach.
    Unterdes funkelte Noah angriffslustig zu ihm. »Rudi, oder?«
    Klager holte tief Luft, doch Schmitti kam ihm zuvor: »Es reicht, Pausbacke. Verrat uns lieber, wie du das eben gemeint hast.«
    Mit aufgeplusterten Wangen hielt Noah den Atem an; er erinnerte dabei an einen beleidigten Hamster, worauf ich innerlich schmunzeln musste. Mich über Noah lustig zu machen beruhigte ungemein, wie ich feststellte. Wenigstens war sein unvermitteltes Auftauchen zu etwas nutze.
    Schließlich stellte er sich gerade hin - und war dennoch nicht größer als ich im Sitzen -, bevor er mit geschwollener Brust offenbarte: »Ich hab etwas recherchiert und bin da auf was gestoßen.«
    Als er nicht weitersprach, hob ich die Brauen. »Muss man dir erst 'ne Münze einwerfen, damit du den Mund wieder aufmachst?«
    »Quatsch, Gretchen, du musst den Schlüssel auf seinem Rücken aufziehen«, frotzelte Schmitti. Der finstere Blick, den Noah ihm zuschoss, machte das Grinsen meines Freundes nur breiter.
    »Ha-ha, sehr witzig«, moserte unser Spezi, der sich noch einmal im Raum umsah, als suche er eine Sitzmöglichkeit. Als er die Nase wiederholt kräuselte, machte ich innerlich drei Kreuze, denn wenn Noah nicht sitzen konnte, blieb er selten lang. Abgesehen davon, dass er sein Heiligtum im Keller ohnehin ungern mehr als eine halbe Stunde alleinließ.
    »Kurzfassung: Von Hahnstein ist erst seit etwa siebzehn Jahren offiziell zu finden. Vorher gab es weder eine Geburtsurkunde noch sonstige Dokumente.«
    »Ach, wirklich?«, bemerkte Klager trocken und ich blickte irritiert zu ihm.
    Noah schien ebenfalls einen Moment aus dem Konzept gebracht. »Was?«
    Unser Kollege stand abermals rauchend am Fenster, zuckte nun mit den Schultern. »Die Information kostet etwas.« Dieser bissige Unterton, der durchklang, war so ungewohnt, dass mir die Spucke im Hals steckenblieb. Nur Schmitti schien das ewige Grinsen nicht entfliehen zu wollen.
    Nur zögernd fand Noah die Stimme wieder. »Witzig, Anthropologenjunge. Ich hab übrigens auch etwas über dich herausgefunden. Soll ich es den anderen erzählen?«
    Kaum hatte die Ratte die Frage ausgesprochen, war Klager in wenigen Schritte bei ihm; um ihn am Kragen zu packen. Seine Miene wirkte gelassen, auch wenn mir die pochende Stirnader nicht entging. Bevor jedoch einer der beiden einen weiteren Mucks machen konnte, ging Schmitti dazwischen. Er legte die Hand auf Klagers und mahnte Noah, seine spitze Zunge im Zaum zu halten.
    »Wenn wir hier schon dabei sind, Dinge auszuplaudern, könnte ich mich über deine eigenen auslassen bis einem die Ohren abfaulen«, sagte Schmitti in einem beschwingten Tonfall, doch innerlich brodelte er. Seine geballte Faust und sein aufrechter Körper, der Noah um gut anderthalb Kopf überragte, sprachen Bände.
    Die Anspannung lähmte die drei Männer vor mir, während Hans hinter mir noch immer vor Aufregung bebte. Mir wurde schummrig, ich hörte den Puls in meinen Ohren, was nicht zuletzt daran lag, dass Zorn einen ganz bestimmten Geruch absonderte. Kurz hielt ich den Atem an.
    »Schluss jetzt!«, rief ich, schlug mit den Händen flach auf den Tisch, um mich zu erheben. »Klärt euren Hahnenkampf woanders, aber ganz sicher nicht hier. Klager: Lass Noah los, sonst brichst du dir die Zähne an seinem Ego aus.« Ich warf einen warnenden Blick in die Richtung meines Freundes. »Schmitti: Beruhige dich und komm wieder her.« Ich wanderte weiter zu unserem Spezialisten. »Und Noah: Sag einfach was Sache ist oder verschwinde wieder.« Auf den Hacken drehte mich zu Hans und brummte: »Und du komm endlich vom Fenster zurück. Was du hast ist Höhenangst!«
    In der entstandenen Stille heftete ich das Foto von Ober neben das seines entfernten Ebenbildes, klopfte die Akte zurecht und stapfte schließlich an allen vorbei. Als ich die Tür erreichte, um mich zum Kopierer aufzumachen, wandte ich mich noch einmal um. Noah wich meinem Blick aus, Klager trat einen Schritt von der Ratte zurück und Schmitti legte den Kopf schief, während er mich eingehend beäugte. Hans stand mit dem Rücken zum Fenster, sein Herz noch immer wie ein flatterhafter Schmetterling geisterhaft in meiner Brust pumpend.
    »Wenn ich wiederkomme, habt ihr neue Infos für mich und Noah ist wieder in seiner Höhle.« Damit ließ ich die Streithähne mit einem Türknall im Raum zurück.

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (15. März 2018 um 14:46)

  • Heute bin ich mal wieder etwas flotter

    murmelte Schmitti, holte dann das Foto unter der Mappe hervor, was er auf der Unterlippe kauend musterte. Er hielt es neben jenes von Hahnstein und schnaubte.

    Das "was" würde ich einfach durch ein "und" ersetzen. Also: "... holte dann das Foto unter der Mappe hervor und musterte es, während er sich auf er Unterlippe herumkaute."
    "Jenes" klingt dagegen etwas unpassend an dieser Stelle weshalb ich "das" als Ersatz vorschlagen würde.

    der Noah um gut anderthalb Kopf überragte, sprachen Bände.

    "Köpfe" müsste es glaub ich richtig heißen.

    Ansonsten hätte ich eigentlich nichts gegen einen Drei- ich meine Kampf zwischen Schmitti, Noah und Rudi einzuwenden gehabt. Jetzt wo meine Goblins mit ihrem Gemetzel fertig sind, können deine doch eigentlich da weitermachen, wo aufgehört wurde. xD
    Wobei zugegeben passt so ein Verhalten auch etwas besser zu garstigen, kleinen, grünen Kerlen als zu deinen Dreien ... :whistling:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Hey @Kitsune

    sorry bin wieder spät dran. Aktuell hab ich einfach zu viel um die Ohren :(


    Dieser Abschnitt war wirklich richtig super. Flüssig zu lesen, spannend und witzig. Habe wirklich nichts zu meckern. Auch habe ich nur einen einzigen Fehler gefunden.
    Hör bloß nicht auf zu Schreiben, ich will wissen, was du dir da ausgedacht hast! :)

    Spoiler anzeigen

    Auf den Hacken drehte [ich] mich zu Hans und brummte


    Fehlendes Wort.

    Zitat von Kitsune

    Da muss ich kurz aufklären: Das sind von vornherein nicht Klagers Zigaretten, sondern Schmittis.

    War das im Text gestanden oder muss man sich das zusammenreimen? Wenn Letzteres, dann bin ich wirklich auf der Leitung gesessen :D

    Gruß
    Rebirz

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

  • Spoiler anzeigen

    Es lebt!
    Es tut mir so leid, dass das Ganze hier so eingeschlafen ist. Ich kann nicht einmal fürs nächste Mal Besserung geloben, da ich nicht weiß, wie ich das Schreiben momentan packe.

    Nebenbei: Ich geh später noch auf Kommentare ein. u.u"

    Für alle, die nicht mehr wissen, worum es ging, eine kurze Zusammenfassung:

    Greta findet bei einer Untersuchung eine geheimnisvolle Schatulle. Und nicht nur das.
    Schnell stellt sich Hans, das merkwürdige, stumme Wesen als ziemlich anhänglich heraus - und knüpft eine Verbindung nicht nur zu dem vermissten Hexer von Hahnstein, sondern auch zu Ober, einem längst Totgeglaubten.
    Doch es scheint auch eine Verbindung zu Greta zu geben, denn mit einem Mal empfindet sie viel intensiver als sie je für möglich hielt. Und manchmal spürt sie ein zweites Herz.
    Gemeinsam mit ihren Freunden und Kollegen versucht sie dem Geheimnis weiter auf die Spur zu kommen.
    Ist Hans wirklich ein Homunkulus wie der Spezialist Noah behauptet? Und was steckt hinter der Ähnlichkeit von Hahnstein und Ober?

    -

    Ich bin mit dem neuen Abschnitt nicht ganz zufrieden, was vor allem daran liegt, dass ich den Teil mindestens dreimal neu- und noch viel mehr umgeschrieben habe. Mal schauen. Viel Spaß.


    Eine Kopie, zwei Kaffee und ein großes Stück Streuselkuchen später ging es mir besser. Der dumpfe Druck an Stirn und Schläfen ließ nach, ebenso wie das beklemmende Gefühl in der Brust. Nur meine Gedanken schwirrten weiterhin kreuz und quer. Ich befürchtete, etwas Wichtiges zu übersehen, konnte aber den Finger nicht auf die Einzelheiten legen. Seufzend beschloss ich, noch einmal nach und nach alle Fakten unseres Falls durchzugehen.
    Ich mopste mir von der Anrichte ein weiteres Stück Kuchen und bog von der Küche aus nach links in den fast leeren Flur, als ich meinen Namen hörte. Mit vollem Mund drehte ich mich um. Leo kam schnellen Schrittes auf mich zu, wobei ihr locker gebundener Zopf hin und her schwenkte.
    Ich kaute auf den Streuseln herum. Leos Anblick irritierte mich. Es dauerte einen Moment, bis mein Verstand schaltete. Ihr Anzug. Sie trug gern elegante Hosenanzüge des ganzen Farbspektrums, aber an diesem Tag erschien er mir falsch. Die Hose gerade geschnitten und dunkelblau, trug sie unter einem steifen Jackett derselben Farbe statt einer luftigen Bluse ein frisch gebügeltes Hemd. Zudem fehlte ihr geliebtes Halstuch, ohne das sie nie das Haus verließ.
    Blinzelnd betrachtete ich ihr kantiges Gesicht, studierte eingehend die hohen Wangen, die normalerweise eine leichte Röte überzog. Ungeschminkt zu sein war für Leo ein Unding. Genauso wie ihre unlackierten Fingernägel.
    Kaum stand sie vor mir, stupste ihre Hand gegen mein Kinn. »Dein Essen fällt gleich wieder hinaus.«
    Ich schluckte die letzten Bissen herunter. »Aber ... Du ... Was?«, stammelte ich, konnte den Blick nicht von ihrem Adamsapfel abwenden.
    Leo verschränkte die Arme vor der Brust. »Sehe ich so schlimm aus?«
    »Das bist nicht du!«, platzte es aus mir heraus.
    »Danke für die Blumen«, brummte sie. »Ich bin nicht freiwillig so angezogen.« Sie legte mir einen langen Zeigefinger schmerzhaft auf den Mund, als ich zu einer Frage ansetzen wollte. »Wichtigeres, Liebes.« Sie zog mich an der Schulter zur Seite, kam so dicht zu mir heran, dass ihr Atem an meiner Haut prickelte. »Ich muss dir etwas sagen, bevor ...« Weiter kam sie nicht, denn im nächsten Moment ertönte erneut mein Name.
    »Endlich erwische ich dich«, rief der Chef, der sich mit ausladenden Schritten näherte. Seine Brille war ihm bis vorn auf die fleischige Nasenspitze gerutscht. In seinem dichten Bart hatten sich Reste eines hastigen Mittags verfangen. Seine schwarzen Haare standen an diesem Tag an den Ohren besonders auffällig zu den Seiten ab.
    Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie mir das Herz in die Magengrube rutschte, als ich in sein unbewegtes Gesicht sah. Stattdessen bemühte ich mich um ein sorgloses Lächeln, das mir spürbar misslang.
    Leos Anwesenheit neben mir war mit einem Mal zu viel. Ihr herbes Parfüm stach in meiner Nase. Mich befiel der unwiderstehliche Drang, jeden einzelnen Partikel nach draußen zu niesen und mich zu schnäuzen.
    »Manchmal habe ich das Gefühl, ihr geht mir aus dem Weg«, schnaubte Dieter und schob sich das dünne Brillengestell bis zur Nasenwurzel.
    »Es ist viel zu tun. Viel liegengeblieben. Die Villa ...«, begann ich, wurde jedoch durch seine gehobene Hand unterbrochen, wobei er Leo keinerlei Beachtung schenkte. Kurz darauf winkte er mir, ihm zu folgen. Starr blieb ich stehen.
    »Ich wollte dich warnen«, flüsterte Leo. »Mir blieb keine andere Wahl.« Ihre dunkle Stimme hatte jegliche Melodie verloren.
    Ich schluckte den Klumpen in meiner Kehle herunter. Als der Chef einige Schritte den Flur hinab über die Schulter sah, schlich ich ihm allein hinterher. Leos Blick brannte in meinem Rücken, doch den konnte sie mir in diesem Moment gehörig herunterrutschen.
    Auf dem Weg zu seinem Büro schwieg Dieter beharrlich. Mein Kopf fühlte sich so schwer an, dass ich ihn kaum heben konnte; unnachgiebig hielt ich die Augen auf meine staubigen Sneaker gerichtet, die abwechselnd in mein Blickfeld gerieten.
    Kaum erreichten wir unser Ziel, hielt er mir die milchige Glastür auf. Mit gestrafften Schultern betrat ich den Raum dahinter, dessen raumhohe Fensterfront im Schatten lag. Links neben mir stand direkt der Schreibtisch, dessen ergonomisch korrekt geformter Stuhl anders als erwartet nicht verwaist war.
    Meine Gedanken überschlugen sich. Mit geweiteten Augen saß dort Hans, eine Glasmurmel in den Händen haltend. Als er mich bemerkte, fiepte er leise. Meine Brust zog sich zusammen, als sein Mund sich zu einem spitzzähnigen Lächeln verzog. Er wirkte beinahe verloren vor der Reihe hoher Regale, die sich von einer Zimmerecke zur anderen auftürmten und mit Akten, Ordnern und verstaubten Rechtsbüchern vollgestopft waren.
    »Setz dich.« Der Chef deutete zu dem runden Eichentisch rechts von uns. Hastig beschriebene Papiere lagen darauf kreuz und quer, ein alter Kaffeefleck stach dunkel auf dem Holz hervor. Mit einem tiefen Seufzen ließ sich Dieter in einen der beiden Ohrensessel fallenließ. Er lehnte sich zurück und schlug ein Bein über das andere. »Bitte.«
    Bevor ich seiner Aufforderung nachkam, wanderte mein Blick über seinen Kopf hinweg zu der schmalen Vitrine direkt hinter seinem Sessel. Fein säuberlich sortiert lag dort allerlei Firlefanz. Amulette mit tropfenförmigen, bunten Edelsteinen, Schriftrollen mit intakten Siegeln, Phiolen und Gläser, deren zähflüssiger Inhalte in allen Farben des Regenbogens schimmerten. Alles strahlte einen Funken greifbarer Magie aus, doch es war nur billiger Tand. Magie schmeckte anders, roch anders: ein wenig süßlich, manchmal bitter, ein weiteres Mal wie aufsteigender Kerzenrauch oder eine Wildblumenwiese im Sommer. Hier und da sogar wie feuchte Erde.
    Doch alles in der Vitrine verströmte nur den Geruch von Staub und schalem Schweiß, der sich in die Materialien gebrannt hatte. Kein Wesen mit einem Hauch von magischem Verständnis würde sich mit diesen Gegenständen länger befassen. Einzig seiner Sentimentalität verdankten sie eine weitere Daseinsberechtigung.
    Kurz vergaß ich den Grund, weswegen ich hier war, und schmunzelte. Dann riss mich das Räuspern meines Chefs zurück in die Realität. Zögerlich setzte ich mich, konnte nur mit Mühe verhindern, zu Hans zu schauen. Aus dem Augenwinkel heraus erkannte ich, wie er inzwischen auf der Murmel herumkaute.
    »Also?«, begann mein Gegenüber ruhig. »Hast du etwas zu sagen?«
    Ich öffnete den Mund, nur um ihn gleich darauf wieder zu schließen. Noch einmal schnappte ich nach Luft, verkrampfte dann jedoch nur die Hände im Schoß ineinander. Eindringlich, aber ohne verkniffene Miene musterte Dieter mich, wartete geduldig auf eine Erklärung, während Hans am Schreibtisch die Murmel ausspuckte und über die Tischplatte rollen ließ.
    Wo sollte ich anfangen? Wie viel wusste er? Was hatte Leo ihm erzählt und wieso war Hans hier, aber nicht die anderen?
    Mir wurde schwindlig, mein Herz klopfte vor Aufregung und ich konnte nicht einmal sagen, ob es meine eigene war.
    »Du hättest mir von eurem - deinem - Fund berichten sollen«, sprach Dieter leise. Seine Ruhe ließ meinen Mageninhalt verklumpen. Ich kaute auf meiner Unterlippe, bis ich Blut schmeckte. »Weißt du, von Schmitti erwarte ich so etwas beinahe. Aber das da«, er deutete zu Hans, der die Murmel nun mit seiner Nasenspitze anschob, »ist eine Nummer größer als ein Hausgnom.«
    »Schmitti hat damit nichts zu tun«, platzte es schließlich aus mir heraus.
    »Darum geht es nicht. Es interessiert mich wenig, wer damit zu tun hatte oder nicht. Du leitest das Team. Du bist verantwortlich, dass alles seinen Gang geht. Und was ihr dort in der Villa aufgespürt habt ...« Er stieß schwer den Atem aus und stand auf. Aus einer weiteren Vitrine neben dem Rundtisch holte er zwei Whiskeygläser heraus, die er anschließend mit einer dunkelbraunen Flüssigkeit füllte. Eines davon reichte er mir.
    Der Brandy stach scharf in meiner Nase, doch ich nahm das Glas wortlos entgegen und nippte daran. Mit geschlossenen Augen verzog ich das Gesicht.
    »Ich sollte euch von dem Fall abziehen.«
    Als ich die Lider aufschlug, saß Dieter mir erneut gegenüber. »Das kannst du nicht!«
    »Sag mir warum. Nenn mir einen Grund, warum ich euch nach dieser Aktion nicht alle nach Hause schicken soll.« Er schwenkte den Inhalt seines Glases hin und her, bevor er daran roch.
    »Weil Hans mit mir verbunden ist.« Hinter mir hörte das Rollen der Murmel abrupt auf. Mein Puls pochte in meinen Ohren.
    Langsam schielte der Chef über den Rand seiner Brille. »Hans? Ah, Leo meinte, ihr hättet es so genannt. Weißt du überhaupt, was ›Hans‹ ist?« Eisern hielt er seinen Blick auf mich gerichtet.
    »Ein Homunkulus - vermutlich.« Ich flüsterte beinahe.
    »Das ist Noahs Theorie, nicht?« In seinen fast schwarzen Augen spiegelte sich mein eigenes verdutztes Gesicht.
    »Schon«, stammelte ich.
    »Viel wichtiger ist doch«, setzte Dieter wieder an, »ob es dann nicht erst recht besser wäre, dich von dem Fall abzuziehen?« Er nahm einen kräftigen Schluck Brandy. »Ich könnte es nicht verantworten, wenn du in Gefahr gerätst.«
    »Ich gerate ständig in Gefahr«, brummte ich und wich seinem mahnenden Blick aus. Seufzend rutschte ich tiefer in den Sessel. »Es muss einen Grund geben, warum Hans so auf mich fixiert ist.« Dass ich befürchtete, dass es nur daran lag, weil ich die Schatulle zuerst gefunden hatte, behielt ich für mich. »Und warum er so mit der Spieluhr verbunden ist.« Kaum hatte ich die Worte gesprochen, hielt ich den Atem an. Die Schatulle! Ich richtete mich kerzengerade auf und schaute hastig zu Hans. Ich konnte sie nirgendwo entdecken.
    »Die Spieluhr ist bei den Spezialisten. Dort wo sie hingehört.«
    Ich biss mir auf die Zunge, schluckte die bissige Erwiderung herunter. Eine Weile beäugte der Chef mich nachdenklich, trank erneut und schnalzte schließlich mit der Zunge. Er betrachtete seine kurzen Finger, die mit alten Tintenflecken beschmiert waren.
    »Leo hat mich gebeten, euch nicht abzuziehen«, sagte er nach einer beinahe endlosen Welle des Schweigens. Hans hatte derweil von der Murmel abgelassen und starrte unnachgiebig zu Dieter herüber, den das wenig zu stören schien. »Es wäre unverantwortlich, aber ...«
    »Aber?« Ich wollte die Hoffnung in mir niederringen.
    Dieter seufzte. »Es bleibt unverantwortlich. Ab jetzt keine Geheimnisse mehr. Verstanden?«
    Ich nickte, runzelte im nächsten Moment jedoch die Stirn. »Was passiert jetzt mit Hans?«
    Das erste Mal, seit wir den Raum betreten hatten, schaute der Chef zu seinem Schreibtisch. »Noah hat Interesse an ihm angemeldet.«
    »Noah?«, rief ich mit einem entsetzten Keuchen.
    Ein flüchtiges Lächeln verbreiterte seinen schmalen Mund ein wenig. »Keine Sorge, Leo wird sich um Hans kümmern.«
    »Ich glaube nicht, dass er lang bei ihr bleiben wird«, murmelte ich, wusste jedoch im gleichen Moment, dass ich mich nur selbst belog. Dass ich hoffte, dass Hans bald wieder vor meiner eigenen Haustür stehen würde.
    Dieter betrachtete mich schweigend, ehe er seufzend den Kopf schüttelte. »Ich erwarte jeden Abend einen Bericht von euch.« Damit war ich entlassen. Mit wackligen Beinen erhob ich mich, sah aus dem Blickwinkel heraus, wie Hans ebenfalls langsam von seinem Stuhl aufstand. Mein Herz hüpfte. Als wir gemeinsam an der Tür standen, rief der Chef noch etwas hinterher. »Tu mir den Gefallen und schicke Schmitti gleich her, sobald du ihn siehst.«

  • Ja ich dreh durch! @Kitsune is back! :D
    Jetzt muss ich erst mal kurz meine grauen Zellen durchforsten, wo wir überhaupt stehen geblieben sind :huh:

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    Leos Blick brannte in meinem Rücken, doch den konnte sie mir in diesem Moment gehörig herunterrutschen.


    Ich finde es cool, wie du den Satz hier aufgebaut hast. Keine Ahnung wieso, irgendwie hat es was :D

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    unnachgiebig hielt ich die Augen auf meine staubigen Sneaker gerichtet, die abwechselnd in mein Blickfeld gerieten.


    Hier hast du dieses Detail sehr geschickt untergebracht. Viele Leute - ich selbst inbegriffen - neigen oft dazu, bei dem ersten Treffen mit einem Charakter erst mal seine gesamte Garderobe runterzuleiern. Meistens vergisst der Leser das dann sowieso gleich wieder. Wenn man zwischendurch mal wieder sowas kleines anbringt, bleibt das eher im Gedächtnis. :thumbsup:

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    Magie schmeckte anders, roch anders: ein wenig süßlich, manchmal bitter, ein weiteres Mal wie aufsteigender Kerzenrauch oder eine Wildblumenwiese im Sommer. Hier und da sogar wie feuchte Erde.


    Interessante Beschreiben. Gefällt mir :)

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    Dieter betrachtete mich schweigend, ehe er seufzend den Kopf schüttelte. »Ich erwarte jeden Abend einen Bericht von euch.« [ABSATZ] Damit war ich entlassen.


    Hier würde ich einen Absatz setzen, weil die Unterhaltung beendet ist und quasi etwas neues beginnt.

    Das man selbst gerne kritisch auf seine eigenen Texte schaut verstehe ich, aber entgegen deiner Aussage, das du noch nicht ganz mit den Teil zufrieden bist, war ich es durchaus. Mir wäre nichts negativ aufgefallen. Nach der Pause fällt mir erneut auf, was mir besonders an deinem Stil gefallen hat: Es wirkt alles so natürlich. Wie eben im echten Leben. Kein übertriebenes - sorry wenn ich damit jemandem auf den Schlips trete - High-Fantasy-Gefasel, keine überzogenen Sprüche/Witze/Reaktionen. Deine Konversationen würde so auch im echten Leben auftauchen können. Dazu bringst du dezente Infos zur Umgebung, die mir als Leser quasi blitzartige Bilder in den Kopf setzen. Im Büro z.B. erwähnst du erst das Regal mit den ganzen magischen Utensilien, dann gibt es etwas Unterhaltung, dann bringst du die Vitrine mit dem Whiskey auf. Es ist nie zu viel auf einmal und ich muss mich nicht anstrengen, mir den Raum total detailliert vorzustellen. Die gegebenen Infos genügen mir voll und ganz und ich kann mich auf die Unterhaltung konzentrieren.

    Mit genaueren Aussagen und Spekulationen zum Plot halte ich mich vorerst noch zurück, bis ich wieder ein paar mehr Teile gelesen habe.

    *Kecke im Kitsune Stil futter und auf neuen Input wart* :P

    Gruß
    Rebirz

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!