Mutant (überarbeitete Version)

Es gibt 96 Antworten in diesem Thema, welches 24.551 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. Februar 2018 um 18:33) ist von BlueRosesInMyHeart.

  • Also: Ich habe "Mutant" wirklich komplett überarbeitet und werde hier jetzt nach und nach die neuen Kapitel posten. Und einen anderen Namen habe ich meiner weiblichen Hauptperson auch verliehen.
    Hoffe, ihr lest trotzdem weiter mit.
    P.S: Die ersten Kapitel sind den Alten trotzdem noch recht ähnlich, aber in späteren Kapiteln ändert sich dann Einiges.

    1
    „Vater! Was machst du denn hier? Was mache ich hier? Wie bin ich hierhergekommen? Wie…?“ Seine große, schwielige Hand packt mich am Arm und zieht mich hinter sich her, durch unzählige Straßen und Gassen. Ich überhäufe ihn weiter mit Fragen, bis wir vor einem kleinen römisch angehauchten Haus irgendwo in der mir vollkommen unbekannten Stadt angekommen sind, aber er beantwortet mir keine Einzige. Drinnen bleibt er plötzlich stehen und sagt: „Entschuldige. Ich habe dich hierhergebracht.“ Erstaunt und mit weit aufgerissenem Mund betrachte ich den Reichtum, der sich mir im Inneren des Atriums bietet- massive, marmorne Säulen stützen die Wände des winzigen, mit bunten Mosaiken übersäten Raumes. Jeder Einzelne dieser kleinen Steine verbindet sich mit dem Nächsten und bildet ein gigantisches Bild von seltsam anmutenden Wesen, deren makellose Gesichter mich zu verfolgen scheinen, während ich mit den Fingern über die kalten, unförmigen Steinchen streiche und das Mosaik bis zu seinem Ende verfolge. Meine Fingerkuppen halten auf einer Steintafel inne, sie schweben über einem Namen. „Hierhergebracht?“, frage ich verdutzt. „Dad, die Polizei hat dich für tot erklärt. Bin ich auch tot, oder was? Wo sind wir hier?“
    Jegliche Ernsthaftigkeit verschwindet bei dem Gedanken an meine scheinbar sehr unverständliche Naivität aus seinem Gesicht, schallendes Lachen dringt aus tiefster Kehle. Um seinen Mund herum kräuseln sich zahlreiche kleine Falten, er sieht aus wie um Jahrhunderte gealtert.
    Als er verschwand, von zuhause verschwand, war ich gerade mal fünf und er ging auf die 35 zu. Ich weiß noch, wie er mich immer hoch in die Luft geworfen hat und dabei gejauchzt hat: „Flieg, mein Engel!“. Sein Lachen war das Gleiche.
    „Was hat das zu bedeuten, Papa?“
    Da wird sein Gesicht traurig, eine einzelne Träne rinnt aus seinem Auge über die schmutzige, schwielige Haut, die sich bereits in Falten legt und bleibt in einer davon stecken, staut sich auf, als warte sie auf den Sprung- so wie ich es unbewusst getan hatte. Ich wusste nicht, wie genau ich hierhergekommen war, aber ich wartete insgeheim darauf- wieder zu springen und irgendwo unter großen Schmerzen in tausend Einzelteile zu zerschellen.
    „Das ist eine lange Geschichte, mein Kind.“
    Seine Füße tragen ihn hinüber zu einer Bank, als ich mich neben ihm niederlasse, drückt sich die Kälte, die von dem starren Marmor ausgeht, durch meine dünnen Yogapants und lässt mich erzittern, kaum, dass ich mich hingesetzt habe. Als die Kälte in meine Fingerspitzen fließt, kann ich regelrecht spüren, wie meine Finger Faser für Faser einfrieren. Die Taubheit, die meine Gelenke betäubt hat, lässt meinen ganzen Körper kribbeln und macht mich bewegungsunfähig. Die grausame Kälte wandert von meinen Armen in Richtung Hand, stellt sämtliche meiner Haare senkrecht nach oben auf und führt ihren Feldzug über mein Handgelenk fort. Förmlich kann ich spüren, wie das Blut in meinen Adern stockt, ich kann es in meinen Ohren rauschen hören wie einen Wasserfall. Das Gefühl fließt recht schnell über meinen Handrücken, sanft, wie man Jemandem über die Hand streichelt, und nimmt mir die Kontrolle über meine Hand. Dann splittet es sich auf und nimmt Stück für Stück meine Finger ein. Die Kältewelle rollt über meine Fingergelenke und stoppt an den Nervenfasern in meinen Fingerkuppen, richtet meine Finger gerade, spannt jede einzelne Faser meines Körpers an, sodass ich mich nicht traue, mich zu bewegen, da ich sonst befürchte, in Millionen Scherben zu zerbrechen. Ich fürchte, dass die plötzliche Entspannung meines Körpers mich implodieren würde, vor meinem inneren Auge sehe ich Nervenfasern gefrieren, ich sehe, wie die Kälte meinen Körper von innen her auffrisst, wie sie wie eine Eisblume in mir aufblüht und sich ihren Weg an die Oberfläche bahnt, um mich für sich einzunehmen. Wie sie mein Herz zum Erstarren bringt und meine Haut leblos macht. Das Eis ist ein wunderschönes Schauspiel, aber es verheißt nichts Gutes. Wie das Eis an meinen Venen, Arterien und Fasern nach oben klettert und aus meinem Mund kriecht wie ein tödlicher Atem, ich kann es fühlen, mit jeder Faser meines jungen Körpers.
    Ich spüre die Hand meines Vaters auf meiner Schulter und bei seiner Berührung weicht die Kälte sofort zurück, sie sinkt in sich zusammen, die Eisblume verschließt sich wieder zu tausend Knospen und verbirgt sich in meinem Inneren.
    „Wow. Was war das?“, entfährt es mir, als die Wärme in meinen Körper zurückfließt und die Kälte ablöst.
    „Was denn, Shannon? Da ist nichts.“ Plötzlich sticht etwas in meine Hand. Ich verziehe das Gesicht zu einer schmerzvollen Miene und öffne langsam die Faust, die ich wohl unwillkürlich gemacht haben muss. Als ich alle meine Finger von der Berührung mit meiner Handfläche gelöst habe, entdecke ich in der Mulde in meiner Handfläche eine kleine Scherbe aus Eis, die zu vibrieren scheint.
    „Was ist das, Vater?“
    Sein leerer Blick wandert zu dem winzigen Eisrubin in meiner Hand.
    Und seine Stimme klingt seltsam verzerrt, als er spricht.

    „Der Eiskönigin ihr Gesicht wird dir nicht verborgen bleiben. Ihre Gene springen von Zeit zu Zeit- bis in alle Ewigkeit. Ihre Schönheit entgeht keinem Mann- ein Heer aus Ergebenen folgt ihr sodann. Und der schöne Prinz nie von ihrer Seite weicht, denn keiner ihm das Wasser reicht. Durch des Prinzen Mut erwacht die Königin aus der Feuerglut. Doch ihrer beider Herzen sind dem Untergang geweiht, denn im Geheimen der Hass in der Brust des Freundes gedeiht.“

    Als er seine Lippen verschließt, verbleibt nur der leere Ausdruck in seinen Augen, sein Körper scheint nur wie eine Hülle seiner selbst. Besorgt rüttle ich an der Schulter meines Vaters, dass er aus seiner Trance erwacht. Aber die leeren Augen in dem blassen Gesicht starren nur durch mich hindurch, während sich seine Züge versteifen und sich seine Haut in eine aschfahle Lederschicht verwandelt. Die starre Hand, die ich halte, beginnt, sich zu zersetzen und die oberste Hautschicht flattert mit dem leichten Windstoß davon, hoch in die Lüfte, bis sie aus meinem Blickfeld verschwindet. Entsetzt huscht mein Blick zu dem, den ich als meinen Vater bezeichnet habe, aber so regungslos sieht er mehr wie eine Statue aus, in Szene gesetzt durch die Interaktion mit mir- dem letzten lebendigen Wesen, das er gesehen hat. Die drahtigen Finger in meiner Handfläche strecken sich, die Haut über den Knöcheln platzt auf wie eine zerkochte Wurst, Lava fließt an Stelle von Blut. Hastig ziehe ich meine Hand weg und nehme Abstand von der Veränderung meines Vaters. Die faltige Haut an den Fingern meines Vaters rollt sich nach vorne auf wie Teig, den man vom Tablett abschabt, um daraus etwas zu formen- und flattert in Form von Blättern durch die Lüfte davon. Die Grausamkeit, die hier eigentlich gerade vor sich geht, bleibt mir bei dem Schauspiel, durch das sich mein Vater aus dem Staub macht, gerade gleichgültig, zu eingenommen bin ich von seiner Verwandlung. Die Haut hinter den Fingerknöcheln blubbert, kleine Lavabäche stoßen daraus hervor an die Oberfläche und bilden einen kleinen kochenden See um das ausgedürrte lederne Skelett. Jetzt löst sich auch die letzte Starre, die den brüchigen Körper noch hält- wie in Zeitlupe sinken die Knochen meines Vaters zu einem Haufen auf dem Boden nieder, ein staubiger Dunst steigt von ihm auf, der in alle Poren meines Körpers dringt und mich husten lässt. Winzige Lavageysire tanzen auf dem staubigen Haufen Klamotten, dem Leder und den Knochen meines Vaters, immer mehr von ihm versengend. Um mich herum flüstert die Luft eine letzte Botschaft: „Finde deine Bestimmung“. Der Aschehaufen, wo vorher noch mein Vater war, glimmt ein letztes Mal auf und erstarrt dann für immer zu kaltem, klammen Lavagestein. Welche Bestimmung?

    Die Worte meines Vaters schwirren wie Geister in meinem Kopf herum. Wie kleine Sprechblasen aus Comicbüchern poppen immer wieder einzelne Wörter aus der „Prophezeiung“ auf und lassen mich grübelnd im Kreis um den Lavastein herumwandern. Wer ist diese Eiskönigin? Und der schöne Prinz? Und Zeitsprünge?
    Was ist mein Schicksal?

    Entmutigt gehe ich vor dem Lavabatzen in die Knie und lege zwei meiner Finger darauf. „Ach Dad, ich wünschte, du könntest mir jetzt sagen, was ich tun soll.“ Kalte, verzweifelte Tränen fließen über mein Gesicht wie ein tosender Wasserfall, denn keine Falte trübt meine jungen Wangen. Nur eine Zornfalte ziert meine Stirn- weil ich nicht weiß, warum mein Vater auf solche Weise vergehen musste. Ich kann einfach nicht realisieren, dass er nicht mehr da ist. Nur diese schreckliche Wut und ich- ganz allein. Irgendwann, als ich die Balance nicht mehr halten kann, plumpse ich rücklings auf den harten Steinboden und bleibe einfach auf meinem schmerzenden Hinterteil sitzen, wo ich viele Tränen um meinen Vater weine. Um mich herum bildet sich langsam eine Mauer aus glasklaren, durchsichtigen Eisperlen, die meine gehärteten Tränen sind. Sobald sie den Boden berühren, erstarren sie und verhärten sich, bis sie einen Sichtschutz zur Asche meines Vaters bilden.

    Irgendwann, als meine Tränen schon längst getrocknet sind, während der Totenwache für meinen Vater im Atrium seines Hauses, scheint es mir, als würde ein goldroter Schimmer von dem kalten Gestein ausgehen. In seiner Mitte blubbert ein kleiner, kaum eine Fingerkuppe breiter See, der sich in einem Krater bis auf den Boden des schwarzen Haufens ausdehnt und das Gebilde wie einen Vulkan kurz vor dem Ausbruch wirken lässt. Wenige goldene Spritzer ziehen einen Kreis um den Lavahaufen und brennen eine seltsame Schrift, von der eine gewisse Hitze ausgeht, wie durch unsichtbare Finger in den Marmorboden. Plötzlich beginnt die Luft um mich herum, zu flimmern, und gerät in Bewegung, bis sie zu einem tosenden Sturm wird, der den ganzen Raum erfüllt und mich mit sich reißt. Schwärze legt sich über meine Gestalt und raubt mir die Sicht.
    Als ich meine Augen wieder öffne, ist das Haus verschwunden.
    Ein großer Hof breitet sich vor mir aus und an seinem anderen Ende schwebt eine Gestalt hoch über mir auf einem Thron. Ein Feuervogel fliegt über meinen Kopf hinweg und landet auf dem Arm des Inthronisierten.

    Wie auf Federn laufe ich auf den Erhobenen zu und platziere mich vor seinem Thron, allerdings in sicherer Entfernung, denn ich möchte nicht von heißer Lava versteinert werden.
    „Shannon.“
    „Wer seid ihr?“
    Eine einzige Träne bahnt sich einen Weg über meine rechte Wange und tropft auf den heißen Boden, wo sie zischend verdampft, während ich verbissen versuche, meine Trauer zu unterdrücken.
    „Wieso weint ihr?“
    Die verständnislosen Worte des Aschewesens vertreiben meine Wut und rufen einen unglaublichen Zorn in mir hervor, sodass das Eis in meinem Herzen hervorbricht.
    „Ihr habt ihn getötet.“
    „Wen? Euren Vater? Nein. Seine Zeit war gekommen. Aber nun bist du wohl doch mein Gast, auch wenn es mich überrascht. Der Alte hielt nie seine Versprechen. Aber ein Pakt ist ein Pakt. Wachen!“ Die ganze Zeit, während er spricht, zeigt sein Gesicht auch nicht nur den Funken einer Regung.

    Chaos sagt, Halvars dunkle Seite sei harmlos gegen mich...

    As I´m an Amazone, I need a :jennagorn:

    ~~~ 100 words a day keep the doctor away. ~~~


    2 Mal editiert, zuletzt von BlueRosesInMyHeart (20. Oktober 2017 um 19:32)

  • 2

    Die kalten, glatt geschliffenen Eisenstangen des Gefängnisgitters widerstehen mühelos meinen darum geballten Fäusten, während ich versuche, mir auszumalen, was mich in diese missliche Lage gebracht hat, geschweige denn, wo ich hier überhaupt bin und wie ich hierhergekommen bin. Aber die Wache antwortet auf keine meiner Fragen, auch nicht darauf, was für einen Pakt mein Vater denn mit diesem König geschlossen haben soll. Und wieso mich dieser Pakt betrifft.
    Gerade, als ich einen neuen Versuch starten will, nehme ich Schritte auf der Treppe wahr und lasse meinen Mund wieder zuklappen.
    „Ich soll die Gefangene auf den Hof bringen.“
    Ein scheinbar ranghöherer Soldat wartet vor meiner Zelle darauf, dass meine Wache ebendiese aufschließt und ihn zu mir hereinlässt.
    Quietschend gibt das ungeölte Scharnier der Zellentür nach und lässt mich nur sehr kurz den Duft der Freiheit schnuppern. Etwas unsanft packt mich die Rechte des Soldaten und zerrt mich nach draußen. Mit Handfesseln, aus Riemen, die sich eng um mein Handgelenk wickeln, werde ich nach oben an die frische Luft geführt, das gleißende Tageslicht blendet meine Augen. Gierig sauge ich blind meine Lunge voll mit reiner, unverbrauchter Luft- es sind ein paar Augenblicke, in denen ich nur Freude und Erleichterung verspüre. Trotz meiner Gefangenschaft. Dann aber, als wir den Hof erreichen, breitet sich dennoch ein Angstgefühl in meinem Bauch aus. Was erwartet mich jetzt?
    „Achtung.“, warnt mich die tiefe, raue Stimme des Soldaten hinter mir. „Stufen.“ Seine starken Arme heben mich hoch in die Luft an seine Brust, bevor ich protestieren kann- aber kurz bevor ich mich wehre, kommt mir in den Sinn, wie viel sinnvoller es ist, mich tragen zu lassen, denn ohne ihn würde ich unweigerlich stürzen und mir das Genick brechen.
    Beim kläglichen Versuch meinerseits, mich mit gefesselten Händen an seinem Hals festzuhalten, rutscht ihm sein Helm vom Kopf und poltert uns voran die Stufen hinab. Peinlich berührt rinnt ein kalter Schweißstoß meinen Rücken hinab und sammelt sich an der Haut über meinem Steißbein zu einer nervigen, unangenehmen Masse zusammen. Ich möchte gar nicht daran denken, welche Wut er jetzt auf mich haben wird, weil sein Helm jetzt unweigerlich verbeult sein wird und hoffe einfach nur, dass er mich dafür nicht fallen lässt. Seufzend setzt mein unbekannter Träger einen Fuß auf die nächste Stufe und sieht irgendwie mitleidig auf mich hinab. Ich schlucke und versuche, ihn nicht anzustarren- aber seine Augen sind einfach zu hinreißend, als dass ich den Blick abwenden könnte. Und so wird der Weg die Stufen hinunter endlos lange für mich, ich blende alles um mich herum aus und konzentriere mich nur auf die grauen Augen, die mich aus dem Schatten so finster anstarren.

    Der Namenlose setzt mich direkt vor dem Thron ab, genau an der Stelle, wo ich gestern aufgetaucht bin, und tritt zurück hinter den Thron, da, wo die Lava einem die Füße nicht verbrennen kann, neben seine Brüder.
    „Shannon. Jetzt schmeißt ihr euch also schon an meinen ältesten Sohn heran. Was versprecht ihr euch davon? Glaubt ihr, er würde euch erhören? Es tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen, aber er ist bereits einer Anderen versprochen.“ verhöhnt der König mich und verzieht gehässig das Gesicht über meine unscheinbare Gestalt. „Und wie ihr schon gemerkt habt, sind Pakte in dieser Welt etwas sehr Mächtiges. Aber sicher fragt ihr euch, warum ihr hier seid. Nun, einer muss die Strafe eures Vaters absitzen. Und wer würde sich da besser eignen als seine jüngste Tochter? Da er für seine Schuld nicht mehr gerade stehen kann, nehmt ihr jetzt seinen Platz ein. Ihr werdet für immer in diesen Kerkern schmoren. Und für immer ist mitunter ganz schön lange für ein unsterbliches Wesen wie euch.“ Ein heiseres Lachen begleitet die Worte des Grausamen, der mir solch ein Schicksal auferlegt. Wie ein Richter schlägt er seine Hand auf die Armlehne seines Thrones und wirbelt eine riesige rote Staubwolke auf. Mein Schicksal scheint besiegelt.
    „Nein!“, dringt ein verzweifelter Schrei aus meiner Kehle bei dem Gedanken daran, dort unten zu verrotten zwischen all dem Staub und dem Dreck, umgeben von stinkenden Ratten, die um meine Füße herum wuseln.
    „Gewöhnt euch am besten schon mal daran, dass ihr jetzt zum letzten Mal für sehr lange Zeit Tageslicht sehen werdet. Arkyn, bring sie wieder nach unten.“ Der Älteste des Königs tritt hervor und zieht mich hilfloses hoffnungsloses Häufchen wieder vom erhitzten Boden vor dem Thron hoch. Ich kann schon fühlen, wie die Brandblasen auf meinen Knien aufplatzen und der ganze eitrige Saft langsam meine Beine hinab in meine Schuhe rinnt. Mit schmerzvoll verzogenem Gesicht kämpfe ich mich vorwärts, in Richtung der Treppe, während hinter mir der Prinz herläuft, ab und zu nach meinem Arm greifend, damit ich nicht falle. Hilfesuchen klammere ich mich an seinem Arm fest und weiß, wie lächerlich ich aussehen muss mit meinen geschundenen Beinen, dem schmerzvollen Blick in den Augen und Tränen, die bei jedem Schritt einen weiteren Abschnitt von abgöttisch glattem Eis auf dem Boden hinterlassen. Aber trotzdem halte ich an der Hoffnung fest, dass wenigstens er sich erbarmt und mir hilft.
    Aber er schubst mich nur die Treppen hoch und treibt mich immer schneller an, bis hinunter in die Kerker- bis in meine Zelle, wo er die Tür hinter mir zuknallt und knirschend abschließt.
    Mit von Tränen verschleierten Augen betrachte ich seinen Abgang, der von zwei anderen Soldaten begleitet wird, und wundere mich, wie ein Mensch so grausam sein kann.
    So sitze ich hier, versuche die Schmerzen durch ständigen Positionswechsel zu lindern, und bin immer noch nicht schlauer als vorher. Das Gespräch mit dem König hat mir überhaupt keinen Aufschluss über den Grund meines Hierseins gegeben. Zudem weiß ich nicht, warum die Strafe meines Vaters jetzt mich betrifft.

    Irgendwann, nach ein paar Stunden hin und her wälzen, Schmerzen, und unruhigem Sekundenschlaf, dringt vereinzelt das Tageslicht durch eine der oberen Türen, die zu den Zellen führen und eine Silhouette schleicht sich die Treppen hinunter und vorbei an den Wachen, die etwas weiter hinten zechen. Vor meiner Tür war gerade Wachwechsel, daher ist Niemand da. Das quietschende Geräusch meiner Zellentür lässt mich aufschrecken und in die hinterste Ecke kriechen, da, wo ich gestern geschlafen habe.
    „Komm her.“, flüstert eine unbekannte Stimme mir zu.
    „Nein. Wer seid ihr?“
    „Arkyn.“ Der älteste Prinz erleuchtet sein Gesicht kurz mit einer Lampe und kriecht dann vorsichtig in der Hocke nach hinten zu mir in die Zelle hinter die Säule, hinter der ich mein Lager eingerichtet habe. „Ich wollte dir helfen. Mein Vater kann wirklich grausam sein.“
    „Ihr solltet nicht hier sein.“
    „Stimmt. Wenn sie uns erwischen, sind wir vermutlich beide tot.“ Er deutet auf meine Brandblasen. „Das wird sich hier unten ziemlich schnell entzünden und dann leidest du. Also lass mich dir helfen, bitte.“
    „Warum wollt ihr mir helfen?“, frage ich kritisch nach.
    „Das sagte ich doch bereits.“
    „Warum sollte ich mir von euch helfen lassen? Ihr sperrt mich ein wie ein wildes Tier!“, entgegne ich trotzig.
    „Hey, ich habe dich nicht einsperren lassen!“, wehrt er sich.
    „Nein, du hast mich nur in die Zelle geschubst und den Schlüssel umgedreht. Du bist nur eine Marionette, was? Ohne jeglichen Eigenwillen!“, kreische ich, während eiskaltes Wasser in mir wellenartig hochschwappt und einen Gefühlsausbruch zu verkünden droht.
    Ruckartig springt er auf. „So etwas lasse ich mir nicht bieten! Ich bin der Prinz! Ist das alles, was man als Dank dafür bekommt, dass man dir helfen will? Vorwürfe? Nein, danke.“ Er stößt die Zellentür weit auf und bauscht nach draußen. Mit dem scheppernden Geräusch der zufallenden Tür bin ich wieder allein.
    Meine schmerzenden Beine strecke ich weit von mir und schnaube entrüstet. Erst sperrt er mich ein, dann will er mir plötzlich helfen. So langsam sollte er sich mal entscheiden- aber ich glaube, nach diesem Abgang, der dem einer Diva gleich sein könnte, wird er so schnell nicht wieder kommen. Ich glaube, ich habe einen wunden Punkt getroffen- und genau ins Schwarze.
    Beim scheppernden Geräusch der Tür schossen mir die Tränen in die Augen- Tränen, die jetzt fließen und in kleinen Eiskügelchen um mich herum über den leicht schrägen Boden der Zelle davon kullern.
    Als eine der Perlen auf die Zellenwand trifft, explodiert sie mit einem leisen Knall und ziert die Wand mit einem kleinen Muster.
    Durch den Anblick des vereisten Stückes kommt mir eine Idee. Ich wische mir den Tränenschleier von den Augen und klaube ein paar Eisstücke vom Boden auf und werfe sie an die Wand. Die meisten prallen ab und lösen sich in einer Explosion ins Nichts auf, aber ein Einziges bleibt in der Steinmauer stecken.
    Ich rapple mich auf und betrachte es genauer. Es ist spitz und sieht genauso aus wie…
    Unwillkürlich fasse ich in meine Hosentasche, aber der kleine Eiskristall steckt nicht darin. Wie kommt er in die Wand?
    Vorsichtig nähere ich mich dem Objekt und will es genauer betrachten, als es plötzlich anfängt, zu vibrieren. In Sekundenschnelle breitet sich die Vibration auf die ganze Wand aus- bis die Steine sichtbar erzittern. Erst ist es nur ein leichtes Rütteln, das aber schnell zu einem bedrohlichen Schütteln mit lauten, unangenehmen Geräuschen ausartet. Ängstlich drücke ich meine Hände so fest ich kann gegen meine Ohren, denn es fühlt sich an, als würde mein Trommelfell gleich platzen- der ganze Druck staut sich in meinem Kopf auf- wie Kopfweh, nur viel viel schlimmer.
    Aus der Ferne höre ich jemanden meinen Namen rufen und sehe aus den Augenwinkeln, wie ein Schatten auf mich zugerannt kommt. Hastig ziehe ich so fest ich kann an der Eisscherbe und reiße sie aus der Wand, um sie in meine Taschen zu stopfen.
    Doch sie hört nicht auf zu vibrieren.
    Ich übe mit einem Finger etwas Druck auf die Scherbe aus und plötzlich breitet sich ein Kribbeln in meinem linken Zeh aus, das mein Bein hochwandert und ziemlich schnell meinen ganzen Körper einnimmt. Millionen von kleinen Schockwellen pulsieren über meine Haut und stellen die Haare auf meinen Armen senkrecht auf, als mich eine Explosion von den Füßen reißt. Aus meinen Fingerkuppen schlagen kleine Flammen, während das Feuer auf meiner Haut unter Schreien mit dem Eis, das mein Herz bedeckt, um die Vorherrschaft in meinem Körper kämpft. Zischende, heiße Tropfen versengen das Stroh auf meinem Lager, während ich mich unter Qualen hin und her winde, um mich nicht zu verlieren. Wieder einmal spüre ich, wie die Eisrose in meinem Inneren erblüht und sich mit scharfen Klauen an meinen Arterien und Muskeln nach oben hangelt, der tödlichen Hitze an meiner Oberfläche entgegen. Zentimeter für Zentimeter gefriert mein Körper, während Flammen von oben hin meine Schultern schon bedecken und ihren Feldzug gen der eisigen Fläche auf meinem Bauch fortsetzen, wo schon das Wasser um meine Hüften fließt und sich zu einem eisigen Mantel an mich schmiegt. Als Eis und Feuer über meinem Bauch in sich zusammenschlagen wie zwei Heere aus zehntausenden Soldaten, und sich gegenseitig bekämpfen, wird mir auf einmal so leicht ums Herz wie eine Feder. Und meine Seele fliegt auf den feinen Luftmolekülen, die unter dem großen Druck der Hitze stoßartig aus mir herausgepresst werden, aus mir heraus, und saugt die Freiheit der Körperlosigkeit in sich auf- diese ganze große Last, die mich eben noch bedrückt hat, scheint jetzt so fern, so fremd- ich wohne meinem Kampf nur noch von oben bei. Ich bin jetzt frei wie ein Adler, der sich in die Lüfte erhebt. Auf meiner körperlosen Hülle siegt jetzt das Eis über das Feuer, es wird zurückgedrängt und weicht über mein langes schwarzes Haar Stück für Stück zurück, immer kleiner werdend, bis nur noch eine kleine Flamme an meinem Kopfende brennt, im Stroh, ein paar Zentimeter von meinem Haar entfernt. Das Eis hat über das Feuer gesiegt, meine menschliche Hülle ist jetzt komplett mit Eis übersät und starr. Der Atem schmerzt in meiner Brust, zu groß sind die Verletzungen, die das Feuer in mir angerichtet hat- meine angesengten Lungenflügel brennen unter dem Kontakt mit den scharfen Blüten der Eisrose nur noch mehr, während das Eis durch meinen Körper krabbelt und die abgebrannten Körperzellen wiederherstellt, das Blut in meine Adern zurücktreibt und meinen Körper zu rehabilitieren versucht.
    Von ganz weit weg dringen Stimmen an mein Ohr, Hände greifen unter meine Arme und ziehen mich durch Geröllhaufen aus meiner Zelle, während mein Bewusstsein immer in weitere Ferne rückt.

    „Shannon.“ Eine seltsam verzerrte Stimme dringt an mein demoliertes Ohr. So, als hätte man sie durch einen Fleischwolf gedreht, kommen nur vereinzelt Wortfetzen bei mir an. Ruckartige, kreisende Bewegungen pumpen durch meinen Körper- ausgehend von einem Punkt auf meiner Brust, wo ein Paar Hände beinahe meinen instabilen Brustkorb eindrückt. Als heiße, feuchte Lippen warme, unverbrauchte Luft in meinen Mund pusten und dabei sanft meine streifen, lösen sich ein paar der Eisstückchen, die sich um meine Innereien gelegt haben, und wandern meine Speiseröhre nach oben, ein paar blutende Kratzer hinterlassend, und treten hustend aus meiner Mundhöhle aus auf den kalten Boden des Gefängnisflurs. Keuchend schlucke ich und fühle, wie ausgelaugt ich bin, wie meine Seele in die Enge meiner menschlichen Hülle zurückkehrt- wie sie verzweifelt nach Freiheit schreit und gegen meine Brust hämmert, mit jedem Schlag meines kalten Herzens. Unwillkürlich ballt sich meine rechte Hand zu einer Faust und schlägt einen kleinen Krater in den harten Boden. Ich rolle aus der stützenden Haltung der Person, die mich gerettet hat, und schüttle verwirrt den Kopf, so, als müsste ich mich wieder zur Raison rufen. „Was ist passiert?“, stammle ich, noch benommen, und blicke in die Augen einer mir nur allzu gut bekannten Person.
    Starke Arme ziehen mich an Arkyns Brust und halten mich fest, während er sein Gesicht in meinen Haaren vergräbt.

    Chaos sagt, Halvars dunkle Seite sei harmlos gegen mich...

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    ~~~ 100 words a day keep the doctor away. ~~~


    Einmal editiert, zuletzt von BlueRosesInMyHeart (7. November 2017 um 18:33)

  • :S <- Ich mag Smileys die dir Rätsel aufgeben :D:love:

    Die Geschichte ist interessant und ich freue mich schon auf die nächsten Kapitel.

    Nur die Sachen mit dem Feuer und Eis verstehe ich noch nicht ganz (Brennt die wirklich oder soll das ihre Emotionen darstellen - Ich bin bei sowas etwas langsam) :D

    Auf alle Fälle schnell weiter schreiben :stick:


  • Nur die Sachen mit dem Feuer und Eis verstehe ich noch nicht ganz (Brennt die wirklich oder soll das ihre Emotionen darstellen - Ich bin bei sowas etwas langsam) :D

    Man könnte es als emotionalen Ausbruch beschreiben- aber tatsächlich brennt sie wirklich. Also es ist so ein Mischmasch aus Emotionen und Realität- d.h. ihre ganzen Gefühle ob ihrer Gefangenschaft stauen sich quasi in ihr auf und brechen dann plötzlich unbewusst aus ihr aus- und das hat eben Auswirkungen auf ihre Umgebung (daher die Explosion und das Feuer), andererseits soll das auch ein bisschen symbolisch für ihre Gefühlslage sein. Es gibt also äußerliche und innerliche Auswirkungen. Ich hoffe, das ist verständlich- wahrscheinlich eher nicht. :D:whistling:
    Das wird- so hoffe ich- aber im Verlauf der Geschichte noch deutlicher werden.

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  • Also, hier wäre dann mal ein Teil des nächsten Kapitels.

    Spoiler anzeigen


    Die kurze, wiederbelebende Berührung seiner Lippen brennt wie Feuer auf meiner Haut, noch Sekunden danach.
    Stumm sauge ich mit jedem Atemzug meinerseits, der einen milchigen Fleck auf seiner Rüstung hinterlässt, seinen intensiven Geruch in mich auf, als wäre er mein Lebenselixier. Seine Nähe macht mich irgendwie stärker und gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit, aber gegen meine Unsicherheit über das Geschehene kommt dieses Gefühl nicht an. Mutlos kralle ich meine Finger hinten in den tiefschwarzen Umhang des Prinzen und ziehe ihn daran von mir weg, um ihn anzusehen. Sein besorgtes Gesicht verzieht sich zu einer fragenden Miene, während ich es mustere und der Versuchung widerstehen muss, mit dem Finger sanft über die kleinen Falten auf seiner Stirn zu streichen, die ihn auf seltsame Weise unglaublich attraktiv machen. Ich will gerade den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als das Klappern von unzähligen Schwertern an mein Ohr dringt.

    Eine grobe Hand packt den Kragen meines Shirts und zerrt mich unsanft vom Boden hoch in die Luft- weg vom Prinzen- dass meine Füße den Boden nicht mehr berühren und hält so inne, während die heisere Stimme des Königs durch die Luft schneidet. Verzweifelt strecke ich meine Arme nach Arkyn aus, doch der kniet nur regungslos auf dem kalten Steinboden des Kerkers und starrt fassungslos seinen Vater an. Erschrocken japse ich auf, als sich das kalte Metall einer Schwertscheide an meinen Hals schmiegt und bin so erstarrt, dass ich nicht einmal anfange, aus Angst zu schwitzen- jeder noch so kleine Wassertropfen in meinem Körper erstarrt in Sekundenschnelle zu Eis- ich bin wie eine Statue in der Hand des Soldaten, regungslos, leblos und starr. Ich versuche, einen Blick auf meine Hände zu erhaschen und will entsetzt aufschreien, nachdem ich erkannt habe, dass von meinen Fingerkuppen aus eine eisblaue Färbung meinen Körper zu überziehen beginnt- aber ich kann nicht, meine Stimmbänder sind eingefroren. Hilflos ausgeliefert lausche ich den Worten des Königs, die mir trotz der Tatsache, dass sie nur verzerrt an mein Ohr dringen, unheilverkündend erscheinen.

    „Was ist hier passiert?“, hallt die von Wut aufgeladene Stimme durch die leeren Gänge der unterirdischen Anlage. „Ich verlange auf der Stelle eine Erklärung! Arkyn!“ Wütend fährt das Oberhaupt mit einem Ruck zu seinem ältesten Sohn herum und durchlöchert ihn mit aggressiven Blicken.
    Dieser stottert nur schwach: „I… Ich weiß es nicht. Ich habe… nur die Explosion gehört und bin sofort hergelaufen. D…Da fand ich sie leblos auf dem Boden ihrer Zelle und…“
    „Du hast sie geküsst!“, kreischt eine weibliche Stimme in hohen Tönen anstatt der brutalen, tiefen Stimme des Königs.
    „Leiya!“ Eine zierliche Gestalt tritt aus der Mitte der versammelten Soldaten hervor und stellt sich zwischen Arkyn und mich. „Ich habe sie nicht geküsst! Ich habe sie nur wiederbelebt…“
    „Du hast geschworen…“
    „Ich weiß, was ich geschworen habe. Hätte ich sie sterben lassen sollen, nur, weil ich geschworen habe, nur dich zu küssen und nur deine Lippen zu berühren? Leiya, ich habe ihr lediglich geholfen.“, verteidigt er sich.
    „Du hast sie geküsst, du hast sie umarmt… du hast mich noch nie so angesehen wie sie!“
    Tränen laufen über die roséfarbenen Wangen von Arkyns Verlobter, als sie sich auf dem Absatz umdreht und wegläuft.
    Bedrückende Stille liegt über den Köpfen aller Anwesenden, als der Prinz sich erhebt und mit einem bedauerlichen Blick auf mich seiner Freundin hinterherläuft.
    Ich will etwas rufen, aber der Soldat, der mich eben noch hochgehalten hat, schubst mich nach vorne. Ich spüre Erleichterung, weil das Schwert nicht mehr an meinem Hals klebt wie eine zweite Haut- aber die verpufft schnell, als der kalte Steinboden der Zelle mir alle Luft aus den Lungen presst- denn ich war nicht schnell genug, um meinen Fall mit den Händen abzufangen.
    „Uff.“ Keuchend drehe ich mich auf den Rücken und versuche, nach Luft schnappend, meine Lungen wieder vollzupumpen.

    Chaos sagt, Halvars dunkle Seite sei harmlos gegen mich...

    As I´m an Amazone, I need a :jennagorn:

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    2 Mal editiert, zuletzt von BlueRosesInMyHeart (8. November 2017 um 17:23)

  • Oje, das sieht gerade nicht so aus, als ob es ein gutes Ende nehme. Zu viel am Kragen hochgehoben werden, Schwerter an der Kehle (schon eines ist zu viel :D ) und etwas hysterische Frauen, die kreischen. ;) Und dann läuft der Kerl der anderen noch nach. Hoffentlich nur, um sie abzuschießen. X( Dann geht es, leider hoffentlich, wohl erstmal in eine Zelle zurück.

  • So, hier wäre der zweite Teil des dritten Kapitels. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht ein bisschen schnell geht, was darin passiert, aber das könnt ihr mir ja vielleicht sagen.

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    Als ich endlich wieder genügend Sauerstoff zwischen den Rippen habe, richte ich mich auf und schleppe meinen zitternden Körper zu der Wand hinüber, wo ich mich erleichtert anlehne und versuche, den Gedanken an das massive Schwert zu verdrängen, dessen Scheide beinahe über meine Haut geratscht wäre und mich ohne große Mühen hätte töten können. Ich schlinge die Arme um mich, um das Zittern zu unterdrücken, und scharre mit den Füßen das Stroh um mich herum fest, um etwas Wärme zu haben. Seufzend verharre ich eine Zeit lang in dieser Stellung und spüre, wie mich dieses seltsame Gefühl der Leere überkommt, dass die ganzen vergangenen Tage da war¬- und nur verschwunden ist, als der Prinz mich so zärtlich berührt hat. Plötzlich wünsche ich mir, er wäre hier.
    Und wie als würde mein Wunsch erfüllt, sind von der Treppe her Schritte zu hören. Sie kommen näher und stoppen abrupt vor meiner Kerkertür. Das Einzige, was ich erkennen kann- sind zierliche Finger, die am Schloss herumfummeln, und es schließlich, nach einigen Mühen, aufstoßen. Ich kneife die Augen zusammen, in der ängstlichen Erwartung des Türquietschens, aber es bleibt ruhig- wie geschmiert wippt die Kerkertür an die Wand und macht den Weg frei für meinen unbekannten Besucher. Mit schlaff herunterhängendem Umhang um die dünnen Schultern tapst die Gestalt zu mir herüber- im Halbdunkel der Zelle kann ich ihr Gesicht nicht erkennen. Panisch kreische ich, als das grelle Metall eines kurzen, spitzen Dolches im Licht eines einzelnen Sonnenstrahles, der durch die winzige Luke hoch oben in der Zelle hereinfällt, aufblitzt- und spüre ihn gleich darauf an meiner Halsschlagader- ich fühle, wie die Ader bei jedem Pulsschlag gegen das kalte Material drückt- und versuche, mich gegen die grobe Hand zu wehren, die an meinen Haaren zerrt und meinen Kopf nach hinten drückt.
    „Du wirst mir jetzt sehr gut zuhören!“, zischt die hohe Stimme meiner Peinigerin durch die Stille. „Ich werde nicht dulden, dass du dich an ihn heranmachst. Hast du das verstanden? Arkyn gehört mir- nur mir!“
    Erleuchtet gebe ich ein gehässiges Lachen von mir.
    „Glaubst du wirklich, ich würde etwas von ihm wollen? Er hat mich doch nur wieder zu den Lebenden zurück gebracht! Er hat mich nicht geküsst, du törichtes Ding!“
    Empört schlage ich den Dolch mit meiner Rechten weg von meinem Hals, sodass er kreischend über den Boden schlittert und klirrend gegen den Metallrahmen der Kerkertür stößt, wo er liegen bleibt. Überrumpelt wie sie ist, gelingt es mir, die Prinzessin von mir zu stoßen, und davonzukriechen.
    Aber ihre kleine Hand packt mich und umschließt meinen Knöchel, als ich gerade nach dem Dolch greifen und entkommen will. Sie zieht mich ein Stück zurück- und von der Stelle ihrer Berührung aus sprießt das Eis aus meiner Haut wie eine Blume aus nährreichem Boden. Erneut strecke ich meine Finger nach dem Dolch aus und schließe sie um seinen Griff. Kurz erschaudere ich unter der Berührung mit dem heißen Metall und lasse ihn fast fallen, aber die unerträgliche Hitze wird fast sofort durch das Eis, das aus meinen Fingerkuppen sprießt, unterbunden und unter bläulichem Schimmer tanzen weiße Nebelschwaden auf dem Metall in einem Reigen hin und her. Ich stoße ein erleichtertes Lachen aus und hebe die mysteriös aussehende Waffe unter das Kinn der Prinzessin an. Ihre von Todesangst erfüllten Augen spiegeln sich in dem bläulichen Licht des Dolches wieder und starren mich flehend an- aber ich drücke die Spitze leicht in die Haut der Adligen und höre ihr flehentliches Wimmern. Forschend suche ich gerade die Reue in ihrem Blick, als meine Hosentasche erneut zu vibrieren beginnt. Ich lasse die Verlobte des Prinzen nicht aus den blauen Augen, die mich für so viele Männer attraktiv machen, und krame in meiner Tasche nach der Eisscherbe. Vorsichtig ziehe ich das rautenförmige Stück Eis, das niemals zu schmelzen schien, hervor, und betrachte es auf meiner Handfläche. Als plötzlich von dem Dolch, den ich fest in meiner Hand halte, eisblaue Funken auf die Scherbe überspringen, kann ich es fühlen- ich kann fühlen, wie sich die Auren beider Gegenstände vereinen und schließe sinnlich die Augen- zu groß ist der Ansturm der Gefühle auf meine Persönlichkeit.


    Leiya


    Panisch starre ich die Gefangene, die ich eigentlich loswerden wollte, an, und hoffe, dass sie genug Verstand besitzt, um mich am Leben zu lassen- denn sie wäre ihr Leben lang eine Gejagte, wenn sie mir die Kehle durchbohren würde. Plötzlich tauchen vor meinen Augen blaue Funken auf, die zu dem Gegenstand in ihrer linken Hand wandern- nein, die in den Gegenstand wandern, und ihn größer erscheinen lassen. Am verwirrten Blick meines Gegenübers kann ich erkennen, dass sie ebenso erstaunt darüber ist wie ich es bin. Aber als ihre Augen zuklappen, und der Dolch von meinem Hals mit meiner Rivalin in eine meditative Stellung fällt, ist meine Erstauntheit unübertroffen- denn sie scheint es zu genießen- ich kann ihre tiefe Entspannung und ihre Emotionen spüren. Mit jedem ihrer Atemzüge scheint sie in eine tiefere Ebene der Entspannung zu geraten- ich glaube sogar, dass sie aufgehört hat, zu atmen- aber die Gegenstände, die sie eben noch in ihren Händen hielt, schweben in einer Art Sphäre- und die Vibration der Scherbe hat auf den Dolch übergegriffen. Sie sieht beinahe aus wie eine Göttin, wie sie so erhaben ein paar Zentimeter über dem Boden schwebt, die Hände ausgestreckt und die Gegenstände beschwörend.
    Um sie herum flimmert sichtbar die Luft, auch sie ist in der Sphäre eingeschlossen. Das Eis, das sich um ihren zugegebenermaßen schönen Körper gebildet hat, fließt nun in Strömen an ihr herunter- und ihre Kleidung, die so fremd aussieht- wie aus einer anderen Welt- schmilzt bei der Berührung mit dem kalten Wasser und offenbart ihre nackte Haut. Aber als sich die ersten Tropfen der durchsichtigen Flüssigkeit an ihren verschränkten Beinen aufstauen, stürzen sie nicht wie in einem Wasserfall nach unten- sie lösen sich von ihrer Haut und wirbeln um sie herum. Je schneller die Tropfen um sie herumwirbeln, desto mehr verschwimmt sie vor meinen Augen.
    Die ganze Kugel, in der sie über dem Boden schwebt, ist inzwischen erfüllt von Wasserteilchen. Meine Angst ist der Bewunderung über dieses fantastische Schauspiel gewichen.

    Gerade, als ich hinter mir Jemanden meinen Namen rufen höre, platzt die Sphäre und taucht die ganze Zelle und den ganzen Gang in ein gleißendes grellweißes Licht, dass ich zu Boden sinke und meine Augen schützen muss.

    Zögerlich wende ich meinen Blick wieder nach oben, während das Licht abklingt, und suche nach ihr.

    Eine wunderbare Rüstung schmiegt sich eng an ihre Kurven und betont ihre Brüste perfekt- oh, wie grausam ist es, dass sie so wunderschön ist. Sie ist viel schöner als ich!
    Die plötzliche Wut lässt mich in die Höhe schnellen wie eine Furie, aber sie zieht nur mit herablassender Miene eine Augenbraue hoch- und in den tausenden kleinen Eiskristallen auf ihrer Rüstung spiegelt sich mein verzerrtes Gesicht. Ein heiseres Lachen tönt aus ihrem Mund, als sie sich lasziv um sich selbst dreht, um mich zu beschämen. Rote Farbe schießt meine Wangen hoch- ich kann es beinahe spüren, wie mein Blut kocht, und stoße ein leises Knurren aus. Aber sie lacht nur, und steckt ihr langes, elegant geformtes Schwert in seine Scheide. Den Griff ziert sie- diese schreckliche Eisscherbe, die die wunderschöne Form eines hochkarätigen Diamanten angenommen hat und vor Prunk nur so strotzt. Schmunzelnd läuft sie an mir vorbei, ihr schwarzer Umhang bauscht um ihre Schultern, während ich meine Hände zu Fäusten balle und ihr entnervt nachstarre, wie sie den Gang hinunter marschiert.

    Arkyn steht mit weit geöffnetem Mund da- und starrt ihr mit großen, verliebten Augen hinterher.
    "Wow."


    Chaos sagt, Halvars dunkle Seite sei harmlos gegen mich...

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    2 Mal editiert, zuletzt von BlueRosesInMyHeart (8. November 2017 um 17:27)

  • Hehe... Die Bitch kriegt, was sie verdient. Jetzt muss nur noch der Kerl begreifen, was er will und danach streben. :D Ganz schön spektakulärer Auftritt! Da schlummert ganz schön Macht. Und Größe - immerhin hätte es ihr niemand von Bedeutung übel genommen, wenn sie das Prinzeschen etwas mehr geritzt hätte - Notwehr und so. Gründe hätte sie ja gehabt. Aber gut, einfach wäre ihr Leben auch nicht geworden. Hoffentlich entwischt sie. Also ja, es geht sehr flott, aber ich denke, das macht auch deinen Stil aus. Kein unnötiges, sich ziehendes Geschwurbel. Im Grunde ähnlich wie in ganz alten Texten der Bibel, Edda, Gilgamesch-Epos... Wer sagt, dass eine gute Geschichte viele Seiten füllen muss?
    Es folgen einige stilistische Anmerkungen, die aber nur Geschmackssache sind. Irgendwie muss ich ja beweisen, dass ich aufmerksam gelesen habe ;)

    genügend Sauerstoff zwischen den Rippen

    Die Formulierung ist zwar korrekt, aber irgendwie komisch... Kennt man in der Fantasy-Welt überhaupt das chemische Element Sauerstoff? Und dann noch zwischen den Rippen... Vielleicht Luft in den Lungen stattdessen? :hmm:

    über meine Haut geratscht

    "geratscht" klingt irgendwie so plumb, eher nach einer Säge und unpassend für die Ich-Erzählerin. "Die meine Haut fast geritzt hätte" oder so?

    dünnen Schultern tapst

    Tapsen klingt eher nach einem Tierbaby. Ein kleiner Bär bei den ersten Gehversuchen. Ein Welpe, dass zum Frauchen kommt. Wenn du damit sagen willst, dass die Prinzessin sich sehr unbeholfen bewegt, ok... Aber auch dann würde ich vielleicht einfach schreiben, dass sich die Gestalt unbeholfen bewegt. Das Wort Tapsen nimmt der ganzen Situation viel zu früh jede Bedrohlichkeit in meinem Empfinden.

  • @Windweber
    Erstmal danke für den ausführlichen Kommentar. :)
    Ich bin mir dennoch nicht sicher, ob das nicht zu schnell ist- sie ist ja gerade mal zwei Tage im Kerker oder so. Aber da es mein Stil ist, komm ich eh nicht weg davon xD

    Zu deinen stilistischen Anmerkungen:
    Ich denke, dass Shannon das chem. Element Sauerstoff kennt, weil sie ja nicht in der Fantasy- Welt aufgewachsen ist.
    "geratscht": Ja, jetzt wo du´s sagst...
    Und vielleicht sollte ich "tapsen" durch "schleichen" ersetzen...?


    @Schaffe von Drag

    Ich stelle mir sie sehr gut aussehen vor- insofern ist sie heiß, auch wenn sie das Element Eis beherrscht.
    Frage: Welche Überschriften?

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  • Leiya
    Panisch starre ich die Gefangene, die ich eigentlich loswerden wollte, an, und hoffe, dass sie genug Verstand besitzt, um mich am Leben zu lassen- denn sie wäre ihr Leben lang eine Gejagte, wenn sie mir die Kehle durchbohren würde. Plötzlich tauchen vor meinen Augen blaue Funken auf, die zu dem Gegenstand in ihrer linken Hand wandern- nein, die in den Gegenstand wandern, und ihn größer erscheinen lassen.

    Dieda :D
    Ich sag einfach überschrift, auch wenn es vielleicht nur ne Kennzeichnung ist

  • Erstmal möchte ich dir sagen,ich finde es toll das du in der Gegenwart schreibst und die Ich-perspektive benutzt.Man muss nur echt darauf achten,das man dinge verwendet die dem Charakter auch zu dem Zeitpunkt bekannt ist/sein kann.
    Das schöne daran ist einfach man merkt beim schreiben das,die Geschichte ein ganz eigene Dynamik entwickelt.Der man automatisch mitfiebert,es bringt auch den Leser näher an den Charakter und an das geschehen,Besonders durch die Ich-perspektive.
    Ich finde es ist dir sehr gut gelungen,wobei ich aber das erste Kapitel als etwas Hecktisch empfand.
    Kann natürlich sein,das ich mich für einen Augenblick an die Ich Form gewöhnen musste.
    Oder eben die Tatsache das,dass gute Mädel kein blassen Schimmer hat was abgeht und dabei völlig aufgelöst und aufgeregt ist.

    Wenn du das Gefühl hast du schreitest mit der Story zu schnell voran,das kann in der Gegenwarts Form wirklich schnell passieren wenn man nicht aufpasst.Würde ich versuchen punkte zu finden wo du das ganze etwas abbremsen kannst.Am besten würde das wohl mit einem Monolog gehen,wo der Charakter inne hält und Melancholie verfällt.Kann natürlich auch was lustiges sein.Wie es halt grade passt.Du kannst es auch mit einem Ausgedehnten Kampf oder einem Dialog machen.Da muss man nur schauen in weit das Sinn macht.

    Ich kann dir nur sagen,mach weiter so!Ich finde das echt gut.(Daumen hoch)

    2 Mal editiert, zuletzt von Night Sky (8. November 2017 um 13:30)

  • @Schaffe von Drag
    Ach, die Überschrift... xD
    Okay, ich werde es dir zuliebe kennzeichnen :love::P

    @Night Sky
    Dankeschön :saint:
    Da hast du recht, es ist manchmal echt schwer, nicht etwas vorwegzunehmen, was der Prota noch gar nicht weiß!
    Ja, sie hat ja auch keine Ahnung, was passiert, daher ist das ja irgendwie die gewünschte Wirkung auch ein bisschen.
    Und danke für die Tipps- ich werde sie in Betracht ziehen, wenn etwas davon gerade passen sollte. :)

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  • So, hier habe ich dann mal den nächsten Teil der Geschichte für euch. Vielleicht ist es ganz anders, wie ihr gedacht habt, dass es weitergeht-ich hätte auf jeden Fall nicht mit dieser Entwicklung gerechnet, die durch spontane Eingebung entstanden ist. Eigentlich hatte ich echt etwas ganz anderes geplant, aber ich habe dann doch beschlossen, der Geschichte den folgenden Verlauf zu lassen. Mal schauen wie es weitergeht! :dwarf:

    Spoiler anzeigen

    Entsetzt starre ich den Feenmann von der Seite an- und setze dabei den vernichtensten Blick auf, den ich in meinem Repertoire habe.
    „Wow?“, keife ich, „Sie hat mir ein Messer an die Kehle gedrückt, das ist ein Mordversuch! Sie wollte mich umbringen, Arkyn! Und du starrst ihr auf den Hintern? Halt sie gefälligst auf!“
    Der helle weiße Schimmer, der eben noch den Gang erfüllt hat, verschwindet um die Ecke, während ihr schwarzer Mantel schwingt, als würde er die Gruft mit Dunkelheit belegen- denn tatsächlich weicht alles Licht aus den Gängen und lässt uns in völliger Schwärze zurück.
    Quietschend drücke ich meinen dünnen Körper fest gegen die nächste Wand, die ich ertasten kann, und wage nicht, mich zu rühren.
    „Arkyn?“, quietsche ich ängstlich, aber ich bekomme keine Antwort.


    Arkyn

    Es tut mir ja leid, dass ich meine Verlobte jetzt alleine in der feuchten Dunkelheit des Kerkers zurücklassen muss- aber ich muss herausfinden, wo Shannon hingeht- und vor allem, was sie vorhat.
    Langsam taste ich mich mit den Händen an der linken Wand nach vorne, bis ich spüre, wie sie eine Biegung macht, und erhasche einen vorsichtigen Blick auf das helle Licht, das sich weit vorne auf die Gruft der Verurteilten zubewegt. Wo um alles in der Welt will sie denn hin?
    Ein leises Dröhnen reißt mich aus meinen Gedanken und Druckwellen pressen meinen machtlosen Körper fest gegen die Wand- ein Vorwärtskommen ist unmöglich, denn sie sind zu stark. Als eine riesige blaue Welle auf mich zurollt, kämpfe ich mich panisch in einigen Sekunden hinter die Ecke zurück, und schreie auf, als ein Eissplitter meine Wange streift und tief in sie hinein ritzt. Zitternd fühle ich die Wunde und kann das Blut auf meinen Fingern erahnen- denn die Lava, die in meinen Adern fließt, glüht auf wie Kohle, bevor sie zu Asche zerfällt.
    Stille senkt sich endlich über meine Ohren, die von der ständigen Vibration noch dröhnen und schmerzen. Langsam krieche ich hinter meiner Ecke hervor auf das schwache Licht zu, denn gehen kann ich nicht mehr- der Kampf, um mich vor der Welle in Sicherheit zu bringen, hat mir die meisten meiner Kräfte abverlangt, weil ich darauf nicht gefasst war.
    Erschöpft zwinge ich mich jedoch, auf meinen Beinen zu stehen, und ihr aufrecht gegenüber zu treten, als ich in der Gruft angekommen bin. Ich schleiche mich mit gezücktem Schwert hinter eine der Säulen und beobachte sie, während ich mein innerliches Abwehrsystem hochfahre- weil ich nicht weiß, wie sie hier reingekommen ist, und woher sie von der Gruft wusste. Denn die Tatsache, dass sie bis vor ein paar Tagen noch nie in der Feenwelt war, macht es unmöglich, dass sie Bescheid weiß.
    Ein gleißender Lichtstrahl blendet meine Augen- ausgehend von ihrer Waffe- als er ihr den Weg zu einem der vielen tausend Gräber zeigt. Pochend schreitet sie den Pfad entlang, den das Licht ihr weißt, und bleibt vor dem Grab stehen. Als sie den Namen des Toten auf dem Stein liest, scheint sie für einen Moment die Kontrolle zu verlieren- das Eis, das ihre Hüften so wahnsinnig sexy umschlang, tropft- ihre Rüstung fließt vom Körper und lässt ein triefendes Mädchen mit einer viel zu schweren Waffe zurück. Anstrengung zeichnet sich in ihrem Gesicht ab, als sie versucht, das Schwert an ihre Hüfte zu heben- Perlen schlagen auf dem dunklen Boden auf und fließen in eisblauen Strömen durch die Rillen zwischen den schwarzen Steinplatten davon- wie floureszierender, neonfarbener Blütensaft, den die Frauen in der Traumnacht tragen, um das Interesse der Männer für sich zu gewinnen. Die blaue Flüssigkeit strömt in alle Rillen- ausnahmslos- auch um meine Beine herum, und drängt den Boden in eine sanfte, leichte Vibration, die mich irgendwie beruhigt.
    Ich erlaube mir ein leises Seufzen- und sofort wendet sich ihr Gesicht mir zu.
    „Arkyn.“, säuselt sie. Obwohl sie es nicht ausspricht, lockt sie mich- sie möchte, dass ich zu ihr komme- und ehe ich es mich versehe, hüpfe ich schon über die Steinplatten zu ihr hinüber- vorsichtig, um nicht mit der Flüssigkeit in Kontakt zu kommen.
    „Weißt du, Arkyn, ich fühle mich belogen.“
    Sie hebt die Hand, und sofort wandert etwas von der blauen Flüssigkeit hoch in ihre Handfläche.
    „Ist das nicht wunderschön?“ Ein grausames Lachen dringt aus ihrem wohlgeformten Mund.
    „Mein Vater- was habe ich ihn geliebt- er war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Und jetzt liegt er – DAHINTEN!“, brüllt sie und schlägt mir ihre Rechte ins Genick- was mich nach vorne taumeln lässt.
    „Ich musste zusehen, wie er stirbt- er zerfiel vor meinen Augen zu Staub und verbrannte in einem Lavahaufen. Nun, ich verstehe zwar nicht viel von dieser Welt- eigentlich gar nichts- aber ich weiß, dass eure Welt eine Grausame ist. Ich weiß auch nicht, wie ich das mache- diese Verwandlung oder dieses ständige Vibrieren- es passiert einfach. Und es macht mir schreckliche Angst. Aber weißt du was- ich mag diese Macht- diese unendliche Macht. Und ich bin überzeugt davon, dass dein Vater Schuld am Tod meines Vaters trägt, denn mein Vater- oder zumindest das, was von ihm übrig ist- ist dahinten bestattet. Oder soll ich sagen, eingescharrt?“, schnaubt sie. Sie treibt mich vorwärts, zieht mich mit sich, zurück in die Mitte des Raumes.
    „Er hat mir genommen, was ich liebe. Und jetzt nehme ich mir, was er liebt.“
    Sie tupft etwas von der blauen Flüssigkeit in ihrer Hand auf mein Gesicht und malt ein Muster auf meine silberne Haut. Verzaubert betrachte ich die Anstrengung in ihrem Gesicht, während sie die Linien auf meiner Haut verfolgt und verspüre den plötzlichen Drang, sie zu küssen- ihre Visage ist nur Millimeter von mir entfernt. Ich drücke ihre Hand zärtlich nach unten und verwebe unsere Finger miteinander- und seufze erleichtert, als ihre weichen Lippen über meine streifen.
    „Sei mein, Arkyn.“, haucht sie mit ihrer wispernden Stimme so herrlich verführerisch, dass ich ihr die Kleider vom Leib reißen will. Wie nur eine Sirene es vermag, zieht sie mich in ihren Bann.
    „Das bin ich doch.“, lache ich heiser und ziehe sie an der Hand wieder zu mir heran.

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  • Heiliges ... (gibts überhaupt was heiliges in der Welt :hmm: )

    Das ist ja mal ne Überraschung. Also nicht dass sie sich küssen, war mir von anfang an klar :whistling:
    Aber der Rest: Hammer :saint:

    nur diesen Part ...

    „Mein Vater- was habe ich ihn geliebt- er war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Und jetzt liegt er – DAHINTEN!“, brüllt sie und schlägt mir ihre Rechte ins Genick- was mich nach vorne taumeln lässt.
    „Ich musste zusehen, wie er stirbt- er zerfiel vor meinen Augen zu Staub und verbrannte in einem Lavahaufen. Nun, ich verstehe zwar nicht viel von dieser Welt- eigentlich gar nichts- aber ich weiß, dass eure Welt eine Grausame ist. Ich weiß auch nicht, wie ich das mache- diese Verwandlung oder dieses ständige Vibrieren- es passiert einfach. Und es macht mir schreckliche Angst. Aber weißt du was- ich mag diese Macht- diese unendliche Macht. Und ich bin überzeugt davon, dass dein Vater Schuld am Tod meines Vaters trägt, denn mein Vater- oder zumindest das, was von ihm übrig ist- ist dahinten bestattet. Oder soll ich sagen, eingescharrt?“,

    ... ehrlich gesagt weiß ich nicht was mich genau daran stört, aber mir kommt das ganze hier etwas zu gestellt vor.
    Sie ist wütend und traurig zugleich - Find ich gut (oder auch nicht, weil -> soll ja glücklich werden die Dame :D )
    aber dafür redet sie meiner Meinung nach zu viel, bzw. zu ausführlich :/

  • @Schaffe von Drag

    Heiliges was? xD

    Schön, wenns dir gefällt ;)


    Aber das musst du mir jetzt erklären. :D Inwiefern gestellt?

    Also, wenn ich wütend bin, rede ich ziemlich viel... Ich hab das jetzt einfach mal auf sie gemünzt. Sie einfach hinsetzen zu lassen und ihre Trauer und Wut wegweinen zulassen, schien mir zu gering- zumal sie ja vorher schon ein paar viele Tränen vergießt.
    Ich schätze, ich wollte einfach mal diese wenigen Gedanken, die sie zu diesem Thema hat zusammenfassen- denn sie kennt sich ja in dieser Welt überhaupt nicht aus, dementsprechend kann sie sich auch noch nicht viele Gedanken dazu machen.
    Ich habe das gewissermaßen auch so interpretiert, dass sie erst so verzweifelt mit ihren Gedanken herausplatzt und dann so am Ende ihrer kleinen "Rede" so total wütend wird. Und auch irgendwie wieder überrollt wird von ihrer "Eishaftigkeit".

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