Kapitel 5
(Fortsetzung)
Er schleckte über Elions Gesicht und wedelte zufrieden mit dem Schwanz, als der junge Zauberer ein kleines Stück Pökelfleisch aus seiner Tasche kramte und es dem hungrigen Hund hinhielt.
„Was sollen wir denn jetzt mit dem Kläffer machen?“, fragte Thren und Dania funkelte den Zwerg böse an. Kläffer schien der jungen Elbin nicht als Beschreibung für ein so liebenswürdiges Geschöpf zu gefallen, während Elion nachdenklich über die berechtigte Frage nachdachte.
„Ich weiß es nicht, was sollen wir mit einem Hund? Wir haben Pferde und ich weiß nicht wie wir einen Hund mit uns nehmen sollen. Auf dem Pferd ist das unmöglich“, stellte Elion fest und streichelte das schwarze Hündchen. Das wenige braune Fell auf seiner Brust und seinem Bauch war nass von dem See und der sonst schwarze Hund sprang noch immer an Elion hoch und runter.
„Wir lassen ihn hier. Irgendwer wird ihn finden. Diese Rauchsäule ist gut und gerne 80 Fuß hoch“, brummte Thren und deutete auf die dunkle Rauchsäule, die sich vom Stall aus in den Himmel erhob.
Schweigend schaute Dania auf den glücklichen Junghund und Elion wusste, dass sie ebenso empfand, wie er. Sie wollten ihn behalten. Trotzdem hatte Thren Recht und Elion nickte zustimmend. Gemeinsam brachten sie den Hund an die verbrannten Stufen des Wohnhauseses und Dania kramte ein Stück Stoff aus ihrer Satteltasche. Sie legte den dünnen grauen Stoff auf die unterste Stufe und vorsichtig setzte Elion den Hund in die warmen Leinen. Noch immer in der freudigen Aufregung über seine Blitzheilung, sprang der Hund hin und her und schnell war das provisorische Körbchen für den Hund völlig zerstört.
Dania lächelte, während der Hund überglücklich hechelte und auf dem Stoff herumhüpfte. Sein Schwanz wedelte aufgeregt hin und her, als Elion den keinen Hund erneut in das Körbchen legte und ihn mit dem Stoff zudeckte.
„Bleib hier, Kleiner. Wir können dich nicht mitnehmen“, sagte er zu dem Junghund und streichelte ihn hinter den Ohren. Der Hund legte den Kopf schief und schaute Elion mit seinen braunen Augen fragend an.
Langsam erhob sich Elion und ging vorsichtig rückwärts.
„Bleib!“, sagte er dabei und hob mahnend den Finger, obwohl ihm die Worte selbst wie ein schmerzhafter Kloss im Hals stecken bleiben wollten. Unruhig zuckte der Junghund in seinem Körbchen und Dania wusste, dass er nichts lieber tun würde, als Elion hinterherzurennen, aber aus irgendeinem Grund blieb er sitzen. Immer weiter zogen sich die drei Gefährten zurück und der Hund blickte ihnen aufgeregt hinterher, als ob er auf seinen Befehl warten würde, ihnen hinterherzustürzen. Aber der Befehl blieb aus. Elion erreichte sein Pferd und stieg in Windeseile auf, während er laut „Bleib!“ schrie und seinen Finger hob.
Auch Dania und Thren hatten sich auf Thalan geschwungen, wobei der Zwerg sich widerwillig von der schönen Elbin helfen lassen musste.
„Los“, sagte Dania laut und die drei Gefährten ritten los. Elion blickte zurück, während er Mers die Sporen gab und der Junghund saß noch immer ruhig in seinem Körbchen, hob verwundert die Ohren und schaute ihnen hinterher. Auch Dania konnte einen Blick nach hinten nicht verhindern und in ihrem Gesicht spiegelte sich Trauer wieder, als sie in die kleinen Augen des Hundes schaute, der in der Ferne verschwand.
Das Haus lag inzwischen weit hinter ihnen und durch die Gruppe zog sich ein bedrückendes Schweigen. Dania und Elion ritten gedankenversunken nebeneinander und immer wieder tauchte das Bild des Junghundes vor ihnen auf, der sie mit seinen braunen Äuglein anguckte. Elion hatte das Gefühl gehabt, der kleine Hund würde tief in ihn hineinblicken und für einen Moment war der junge Zauberer dem Vierbeiner verfallen gewesen wie eine Fliege im Netz einer Spinne. Traurig fasste Elion in die Mähne von Mers und streichelte den braven Schimmel, der sich inzwischen damit abgefunden hatte, dass Elion auf ihm ritt. Thren dagegen saß zufrieden auf dem Rücken von Thalan und blickte nach vorne in Richtung seiner Heimat, der er aufgeregt entgegenfieberte. Dania spürte, dass der Zwerg seine Vorfreude nur zu gerne mit ihr und Elion teilen würde, aber Thren ließ seine Begleiter in ihrer Trauer verweilen.
Es wurde Abend und Elion schlug vor, ein letztes Nachtlager aufzuschlagen, bevor sie Helms Klamm erreichen würden und Dania stimmte ihm vollen Herzens zu. Auch Thren war inzwischen von dem Dauerritt geschunden und stimmte seinen Gefährten widerwillig zu. Thren und Dania machten sich in einem kleinen Fichtenhain in der Nähe auf die Suche nach etwas essbaren und Elion sammelte Feuerholz. Der junge Zauberer schritt leise neben den Jägern durch den, von den letzten Sonnenstrahlen durchzogenen, Wald und hob leise abgebrochene Äste vom Boden auf.
Plötzlich hob Dania die Hand und bedeutet ihren Freunden, stehen zu bleiben. Dann legte sie ihren Finger auf den Mund und nickte vorsichtig in eine Richtung im Wald. Elion und Thren folgten ihrem Nicken und entdeckten etwa 400 Meilen vor sich einen Feldhasen, der vor einem Busch auf dem Boden schnupperte.
Langsam zog Dania einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn schweigend an die Sehne, während Elion der schönen Elbin wie verzaubert bei ihrer Arbeit zusah. Auch Thren hielt aufgeregt den Atem an und schaute auf den Hasen, der in einiger Entfernung vor sich hin hoppelte. Er war etwa so groß wie eine gewöhnliche Hauskatze und würde den Dreien zumindest für den Abend genug hergeben, aber Elion bezweifelte, dass er sonderlich satt werden würde. Seelenruhig zielte Dania auf ihr bewegliches ziel und ihre grünen Augen ruhten eiskalt auf dem Hasen, der noch immer unruhig vor dem Busch hin und hersprang und den Boden beschnüffelte.
Gerade hielt Dania den Atem an, als sich ein Ast aus Elions Armen löste und mit einem dumpfen Aufprall den Waldboden berührte. Die junge Elbin war so auf ihr Ziel fixiert gewesen, dass sie bei dem Geräusch des Astes zusammenfuhr und den Pfeil losließ. Ein Sausen durchzog die Luft und der Pfeil schoss auf sein Ziel zu. Ein Einschlaggeräusch ertönte in der Ferne und der Hase hüpfte aufgeschreckt aus dem Wald hinaus. Dania hatte nicht getroffen, sondern ihr Pfeil war geradewegs in das starke Holz einer Eiche geflogen und in ihm stecken geblieben. Böse funkelte sie Elion an, der inzwischen rot angelaufen hinter ihr stand und ungelenk versuchte den Ast wieder vom Boden zu heben.
„Entschuldigung“, schluckte Elion und wurde noch röter.
Dania schnaufte erbost und rannte gemeinsam mit Thren hinter dem Hasen her.