Wo Goblins fröhlich metzeln ...
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Ich brauchte mal wieder etwas mehr rohe Gewalt in meinen Geschichten. Die Erzählung über die alte Hexen-Oma ist mir gerade etwas zu friedlich und ich brauch einfach mal wieder ein dämliches Gemetzel, wie nur Norder es veranstalten können.
Der "Held" in dieser kurzen Erzählung heißt Jukkar und ist noch nicht viel mehr wert als Dreck. Zwar wird sich das eines Tages ändern, wie ich in einer anderen Geschichte zu erzählen plane, aber zur Zeit ist er gelinde gesagt: Frontlinienfutter. Er ist ein einzelner Stammeskrieger aus dem Vorgebirge, mittendrin in einem etwas ausgearteten Streit zwischen Berggoblins und Vorgebirgsgoblins. Manch einer fragt sich vielleicht, ob es zwischen diesen beiden Gruppen denn überhaupt einen Unterschied gibt. Immerhin liegen sie ihren Bezeichnungen nach räumlich gesehen ziemlich dicht beieinander ...
Das ist natürlich korrekt und gleichzeitig auch das Problem: Sie hocken etwas zu dicht aufeinander. Da kommen recht schnell Fragen auf wie: Wem gehört denn jetzt die Eisenerzmine dort? Oder wer denn nun den halb verfallenen Turm besetzen darf? Und wer bei Loppuk ist da letzte Woche eigentlich mitten durch mein Stammesland gelatscht und hat meinWild mitsamt Jagdtrupp abgeschossen?! Solche Fragen führen freilich bald zum Streit und Streit zu Schlägereien, bewaffneten Schlägereien, die letztendlich in Toten resultieren. Eine sehr simple Rechnung also.
Der Grund warum sich aber an diesem trüben Herbsttag auf beiden Seiten fast eintausend der jeweiligen Stammesverbände versammelt hatten, war da nochmals etwas spezieller Natur. Vielleicht kann sich ja schon wer ausmalen, was geschieht, wenn ein Haufen Berggoblins dem Wachtrupp eines der mächtigsten Bosse im Vorgebirge auflauern und überfallen. Kurz gesagt: Es gibt Ärger und zwar reichlich. Das Opfer trommelt dann nämlich ziemlich rasch alles was ihm irgendwie dient zusammen, sowohl den eigenen Stamm, als auch alle, die er sich unterworfen und tributpflichtig gemacht hat. Der Rest ist in diesem Fall leider nicht nur Geschichte, sondern ein brennendes Goblindorf und jede Menge Leichen. Manchmal ist es damit auch schon wieder gut, doch wenn eben dieses abgefackelte Dorf zufälligerweise einem ähnlich mächtigen Berggoblinboss unterworfen war, dann ist die Kacke aber mal am dampfen!
"Ich will die Säcke bluuuuten sehen!", brüllte sie der Unterboss an und klang dabei für einen kurzen Moment wie eine schwangere Kuh, der man ins Euter getreten hatte.
"Hittar!"
"Schlagt denen erst die Zähne raus un dann lasst sie Dreck fressen!"
"Hittar!"
"Un wer denkt, er kann sich verpissen, den lass ichDreck fressen!"
Auf diese Drohung herrschte für einen Augenblick Schweigen, bevor jemand aus der hinteren Reihe, wo man vermutlich ohnehin nur ein Drittel verstand, erneut seine vollste Zustimmung brüllte:"Hihihittar!!!"
Zufrieden nickte der Unterboss und wandte seinem Haufen den Rücken zu, um stattdessen das baldige Schlachtfeld zu betrachten. Der Schreihals von eben namens Jukkar hingegen bekam von seinem Nachbarn einen seltsamen Blick zugeworfen.
"Glotz net so!", keifte der Grünhäutige zurück und wedelte mit seiner Nagelkeule.
Verächtlich den Kopf schüttelnd wandte er sich wieder ab und summte leise ein Liedchen vor sich hin, während er die Hänge vor sich nach verdächtigen Bewegungen absuchte.
Doch der Tannenwald in einigen hundert Schritten Entfernung zeigte sich ebenso friedlich wie die Wiese davor. Sogar ein paar Vögel zwitscherten fröhlich vor sich hin, als wollten sie der Goblinstreitmacht hangabwärts nur einen Guten Tag wünschen. Selbst der Himmel war einigermaßen klar, was tatsächliche eine Seltenheit in dieser Gegend darstellte, wo der Nordwind normalerweise reichlich Wolken mit sich brachte. Lediglich die felsigen Zacken der Berge erhoben sich finster hinter Tannen und Wiesen in die Höhe und gaben damit dem ganzen Szenario immerhin etwas von seiner Bedrohlichkeit zurück.
Dabei war die Angelegenheit den meisten ohnehin nicht mehr so recht geheuer. Ein Dutzend verschiedener Stämme stand dort zusammen am Hang und starrte schon seit dem Mittag hinauf zum Waldrand. Hin und wieder kam einmal der bereits allseits bekannte Unterboss vorbei marschierte, brüllte wie eben ein wenig vor sich hin und stellte sich dann wieder neben ihren Häuptling.
Lumz war sein Name und die Bezeichnung "Häuptling" war genau genommen eigentlich sogar ein wenig Untertreibung. Immerhin hatte er ganze sieben der anwesenden Stämme eigenhändig unterworfen und beanspruchte seitdem den Titel "Kuningax" (König) für sich, was wiederum etwas übertrieben war. Genau genommen war nämlich auch Lumz nicht die Spitze der Rangordnung, da er wie viele hundert andere Häuptlinge auch dem großen Herrscher in seiner Festung in der Ebene diente. Aber diese Dinge lagen ohnehin zur Zeit nicht nur geographisch in weiter Ferne und waren für die aktuelle Situation eher unwichtig.
Allmählich begann es Jukkar nämlich ein wenig unter seiner Fellweste zu jucken, während der Schweiß ihm durch die schwarze, fettige Haarmähne rann und pinkeln musste er auch mal dringend ...
"Leutz, ich muss ma!", meinte er laut zu den Umstehenden, während er bereits den Bund seiner zerfledderten Hose aufknotete. "Macht mal Platz ..."
Etwas genervt kamen die anderen Goblins, ebenfalls in Fell und Leder gekleidet, seiner hektischen Handbewegung nach. Es war vollkommen normal für seinesgleichen sich mitten in der Schlachtformation einmal zu erleichtern, denn immerhin konnte man da mitunter eine ganze Weile stehen. Bevor man allerdings direkt angepinkelt wurde, rückten die meisten dann aber trotzdem etwas zur Seite, damit zumindest in erster Linie der Boden bewässert wurde.
Doch während es bei Jukkar noch so herrlich vor sich hin plätscherte, ging auf einmal ein Ruck durch die Streitmacht und nicht nur das!
"Na endlich! Auf geht`s!", brüllte plötzlich Lumz höchstpersönlich und ringsherum begannen Dudelsäcke und Trommeln aufzuspielen, als sei der Feind bereits ganz nahe ...
"Ach, Scheiße!" Hektisch schüttelte der junge Goblinkrieger noch kurz ab, bevor er alles wieder sicher in der Hose verstaute.
Der Feind war da! In den Schatten zwischen den Bäumen begannen sich unzählige Gestalten zu bewegen, Flaggen wehten zwischen den unteren Ästen und wie zur Antwort schallte nun auch von dort die Kriegsmusik zu ihnen herab.
"VORWÄRTS!", keifte die Stimme des Unterbosses kaum mehr hörbar durch den Lärm, während sich die Meute unter Geschrei in Bewegung setzte.
Ein Dutzend Stämme, das waren gute eintausend Goblins! Größtenteils mit Speeren, Keulen, oder auch mal hier und da Säbeln bewaffnet, aber immerhin. Wer einen besaß, holte außerdem nun seinen Bogen hervor und spannte schon einmal den ersten Pfeil auf. Allerdings ohne ihn tatsächlich abzuschießen, denn noch waren sie nicht in Reichweite. Zum Glück ... Bis auf die Runden Schilde mit ungefähr zwei Fuß Durchmesser besaßen die meisten nämlich kaum etwas, um sich vor fliegenden, spitzen Gegenständen seitens de Feindes zu schützen. Eisen war eher rar und wurde lieber zum schmieden von Waffen benutzt, denn für Panzerungen. Aber glaubt bloß nicht, dass die Horde der Vorgebirgsgoblins deshalb ungefährlich wäre! Norder lebten für den Kampf und bei einer solchen Masse von ihnen gab es eine ganze Menge alter Haudegen, die ordentlich austeilen konnten!
Jukkar konnte sich selbst für Goblins mit seinen vier Wintern zwar noch nicht wirklich alt nennen, doch auch er war sehnig und zäh. Sonst stünde er wohl ein ganzes Stück weiter vorne, wo die ganzen jungen Winzlinge und Schwachmaten verbraten wurden. Er selbst marschierte hingegen, die Nagelkeule in der Rechten und Schild in der Linken, einigermaßen in der Mitte des kampfeswütigen Mobs seines Stammes. Ganz in der Nähe wehte zudem das Banner des blanken Totenkopfes mit den Stacheln auf der Schädeldecke, das Wappen der Suljak Karakor (Stachelschädel), sodass auch Häuptling Lumz nicht allzu weit entfernt sein durfte. Es sei denn sein Bannerträger hatte mal wieder nicht aufgepasst und hatte seinen Vorgesetzten im Gedränge verloren ...
So marschierte die Streitmacht aus dem Vorgebirge einigermaßen gleichmäßig und in breiter Front den Hang hinauf. Auf so einen Unsinn wie Reih und Glied verzichtete man dabei lieber gleich komplett. Stattdessen gab man sich damit zufrieden, wenn die eigenen Leute zumindest beisammen blieben, was vor allem bei Trollen und Morg, den großen Raubkatzen der Goblins, auf denen sie normalerweise ritten, nicht immer der Fall war. Vor allem letztere zeigten sich ohne ihre Reiter auf dem Rücken, die angesichts des Geländes lieber abgestiegen waren, sogar noch undisziplinierter als sonst. Ständig fauchten sie sich gegenseitig an und schnappten nach den Umstehenden, als ob der Hang nicht Anstrengung genug gewesen wäre.
Die nicht minder zahlreichen Berggoblins hingegen hatten sich mittlerweile vollständig am und teilweise auch noch im Wald aufgestellt, von wo aus sie nun der anrückenden Streitmacht zusahen. Allgemein wirkten sie eigentlich wie ein Ebenbild der Meute hangabwärts, sowohl was die Ausrüstung, als auch die Auswahl der Verbündeten anging. Hier und da ragten ebenfalls Trolle, auch Norderriesen genannt, zwischen den Grünhäutigen empor, wobei sie teilweise wie deplatzierte Bäume aussahen. Lediglich die Morg fehlten, aber die wären in der steinigen Heimat der Berggoblins auch mehr als nur unnütz gewesen.
Dies nun sollte also Jukkars erstes, großes Gemetzel werden ... und was für eins! Der junge Goblin hatte noch nie von einer Schlacht zwischen seinen Artgenossen gehört, bei der es irgendwie ordentlich zugegangen wäre.
Sein Volk war ein Volk von Drecksäcken, hatte mal jemand schlaues gesagt. Sie waren rabiat, nutzten jeden Vorteil und Trick, der ihnen zur Verfügung stand und gaben zudem noch im Gegensatz zu ihren Verwandten den Orks einen feuchten Dreck auf Schlachtordnung.
Zumal Jukkar und der Rest sich just in diesem Moment den Harzschnaps die Kehle runterkippten. Denn vor allem anderen waren Goblins im Kampf ganz besonders eins: Besoffen.
Nein! Das ist natürlich nicht das Ende hiervon! Es geht freilich noch weiter ... aber nicht mehr heute ...