Passive und aktive Charaktere

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 6.095 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. April 2018 um 11:35) ist von Klimbim.

  • Der Thread soll sich ganz dem Thema "passive und aktive Charaktere" widmen, beziehungsweise deren Auswirkungen auf die Geschichte.
    Kyelia hat bereits einen Thread erstellt, der sich mit der Glaubwürdigkeit der Charaktere befasst. Das Problem hieran ist nur, dass passive Charaktere per se nicht unglaubwürdig sind, aber einer Geschichte den tödlichen Dolchstoß verpassen kann.

    Passive Charaktere agieren nicht. Vielmehr lassen sie sich von den Geschehnissen treiben. Mit anderen Worten: Ihnen fehlt das Ziel, oder ihnen fehlt der innere Antrieb ihr Ziel zu verfolgen.

    Und wenn kein Ziel existiert, gibt es auch keine/kaum Hindernisse. Zudem werden passive Chars diese (falls sie denn existieren) nicht alleine überwinden können, sondern andere das für sich machen lassen, oder sie werden per Zufall überwunden.
    Konflikten geht man ebenfalls aus dem Weg. Weshalb es kaum einen Spannungsbogen gibt.

    Die Geschichte ist also öde und unbefriedigend.

    Natürlich sind passive Charaktere trotzdem noch sinnvoll. Sie können, sparsam dosiert, einen Charakter realistischer wirken lassen. Vor allem am Anfang einer Geschichte können Sie Gegensätze herausarbeiten und man kann damit einen hervorragenden Charakter hinbekommen.
    Das berühmteste Beispiel mag der Herr der Ringe sein, wo Frodo trotz aller Gefahr lieber in seiner Höhle blieb. Dann floh er nach Bruchtal (immer noch passiv, Aragon übernimmt die Arbeit) und erst dort, wo er aus freien Stücken dem Ring annimmt (und die anderen Hobbits sich ihm anschließen), agieren sie aktiv.
    Sie haben ein Ziel, dass sie auch versuchen mit allen Mitteln zu erreichen. Sie überwinden Hindernisse, übernehmen Verantwortung, und suchen die Konfrontation. Egal ob Aragon das schwarze Tor angreifen lässt, oder sich Sam mit Riesenspinnen und Ork-Türmen anlegt. Sie versuchen alles, damit sie ihr Ziel erreichen.

    In Autoren-Blogs wird gemeint, dass das erste Drittel bis maximal die Hälfte der Geschichte passiv sein darf. Dann aber spätestens muss der Prota aktiv sein und mit allen Mitteln sein Ziel verfolgen.

    Wenn ihr hierzu Anmerkungen, Beispiele, Gegenbeispiele oder Fragen habt, so habt ihr nun die Gelegenheit.

  • @Schreibfeder

    Ich weiß noch nicht so ganz richtig, worauf du letztendlich hinauswillst mit deiner Unterteilung.

    Passive Charaktere agieren nicht. Vielmehr lassen sie sich von den Geschehnissen treiben. Mit anderen Worten: Ihnen fehlt das Ziel, oder ihnen fehlt der innere Antrieb ihr Ziel zu verfolgen.

    Und wenn kein Ziel existiert, gibt es auch keine/kaum Hindernisse. Zudem werden passive Chars diese (falls sie denn existieren) nicht alleine überwinden können, sondern andere das für sich machen lassen, oder sie werden per Zufall überwunden.
    Konflikten geht man ebenfalls aus dem Weg. Weshalb es kaum einen Spannungsbogen gibt.

    Die Geschichte ist also öde und unbefriedigend.

    Gilt das auch, wenn eine Gruppe von Charakteren agiert? Dabei sind immer welche aktiv (weil cool ) und welche eher passiv weil ruhiger. Aber ich glaub nicht, dass du das gemeint hast, oder? :huh:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Es geht nicht um die Charaktereigenschaften wie introvertiert oder kämpferisch. Eher darum, ob sie ein Ziel haben.

    Beim Herr der Ringe ging es um die Zerstörung des einen Ringes.
    Bei den Tribute von Panem geht es um das Überleben während der Hungerspiele (später auch während des Krieges) und natürlich des Liebespaares.


    Es ist eher eine Plot-Frage, ob eine (charakterbasierende) Geschichte einen guten Plot hat, denn nur wenn es ein Ziel gibt, können Hindernisse richtig Sinn machen, können Konflikte entstehen.
    Denn daraus leitet sich ab, wie spannend, fesselt oder realistisch die Geschichte ist. Wobei es hier natürlich viel mehr Stellschrauben gibt.

    In deinem Fall, Tariq: Hat deine Gruppe ein Ziel? So weit ich gelesen habe ja.
    Kann sich das Ziel ändern? Natürlich. Siehe dem Panem-Beispiel. Hauptsache die Gruppe/Charaktere verfolgen ihr Ziel aktiv. Scheuen sich deine Leute vor Konflikten? Nein. Überwinden sie Hindernisse eigenständig? Ja.
    Ergo: Aktive Charaktere.

  • @Schreibfeder

    Alles klar. :danke: !

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Vielleicht noch ein weiteres Beispiel, mit einem Film, den wohl jeder kennt: "Shrek"


    Shrek hat immer ein Ziel. Und er gönnt sich keine Minute Ruhe. Zuerst räumt er sein Zuhause auf und als er beim Abendessen die Bauern mit Mistgabeln und Fackeln bemerkt, flieht er nicht, sondern sucht direkt die Konfrontation.
    Als die ganzen Fantasywesen in seinen Wald abgeladen werden, zögert er nicht, sondern sucht den Lord auf, wobei er da keine Mühen scheut und sich selbst mit einem Drachen anlegt.
    Sein Ziel mag sich dabei ständig ändern, aber er verfolgt dies mit aller Kraft und ohne Zeit zu verschwenden.

    Anders ist Esel. Er ist ein Feigling, scheut Konflikte und die ganze Arbeit und die Hindernisse lässt er Shrek überwinden. Erst zum Ende hin, als er die Drachendame am Fluß sieht, wird er aktiv. Er legt sich sogar mit Shrek an.

    Selbstredend: Der Drache ist die ganze Zeit aktiv. Ich habe auch noch nie von einen Drachen gelesen oder einen gesehen, der passiv wäre. Das passt einfach nicht. ^^


    Und nun die goldene Frage: Welchen Charakter mochte man? Den hässlichen, übelgelaunten Shrek oder den nervigen Esel?

  • Als erstes fällt mir hier "Fabian" von Erich Kästner ein. Wenn ich mich richtig erinnere, ist der Hauptcharakter - Fabian - mehr oder weniger bis zum Schluss passiv und lässt sich durch seine Umwelt treiben. Sehr gutes Buch, wenn auch keine Fantasy.

    Und wenn kein Ziel existiert, gibt es auch keine/kaum Hindernisse. Zudem werden passive Chars diese (falls sie denn existieren) nicht alleine überwinden können, sondern andere das für sich machen lassen, oder sie werden per Zufall überwunden.
    Konflikten geht man ebenfalls aus dem Weg. Weshalb es kaum einen Spannungsbogen gibt.

    Die Geschichte ist also öde und unbefriedigend.

    Ich verstehe, dass du das hier etwas überspitzt formulierst, bin aber trotzdem der Meineung, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss. Gerade in Büchern mit mehreren POV-/Erzählcharakteren ist es leicht möglich, dass einer davon sehr lange oder vielleicht sogar in der ganzen Geschichte passiv bleibt und es trotzdem höchst spannend ist, was passiert.
    Dazu wäre mein Beispiel Joe Abercrombies The First Law-Trilogie (irgendein Klingenroman, die man leider den Titeln nach kaum auseinanderhalten kann), in der einer der Hauptcharaktere gefühlt eher die Hälfte der Zeit passiv ist (Logen, der tut, was man ihm sagt und der eigentlich nur überleben will). Die Frage ist halt: Warum ist eine Geschichte unterhaltsam? Wegen der Handlung? Dann stimme ich dir (bzw. den Autorenblogs) zu - ein passiver Charakter, der nur auf seine Umwelt reagiert, könnte langweilig wirken. Aber wenn noch mehr spannend oder interessant und liebenswert ist, z.B. die Welt an sich und die Hintergrundstory, dann könnte das auch völlig anders aussehen. Evtl. braucht es dann gar keine wirklich aktiven Charaktere. :hmm:
    Aber vielleicht liege ich damit auch falsch.

    Jedenfalls scheint es mir durchaus lohnenswert zu sein, für das eigene Schreiben und die eigene Geschichte mal darüber nachzudenken, welche Charaktere wann aktiv (aus eigenem Antrieb) und wann passiv (in Reaktion auf ihre Umwelt / andere Charktere oder Ereignisse) handeln. Ich hatte das bisher nicht so explizit auf dem Schirm.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Aber vielleicht liege ich damit auch falsch.

    Du liegst nicht falsch! Ich finde es immer wieder erschreckend, wie sehr, in allen Bereichen der Kunst, Dinge als "Müssen so sein" deklariert werden. Ja, wenn ich als Leser passive Chars nicht mag, wird mir dies oder jenes Buch nicht gefallen... das stimmt durchaus. Aber bin ich als Person tatsächlich das Non-Plus-Ultra der Leserschaft? DER absolute Standard, wie ein Leser zu sein, zu denken und zu fühlen hat?

    Ich meine: ich bin EIN Leser, nicht DER Leser (der die komplette Gruppe repräsentiert). Und das Geschmäcker unterschiedlich sind, sehen wir schon an den Büchern, die der Typ vor uns im Laden im Körbchen hat und die uns nur ein etwas angewiderten Gesichtsausdruck bescheren... (während der von unserer Auswahl wahrscheinlich ebensowenig hält).

    Kann man nicht einfach stehen lassen, dass der eine den Hobbit mag und der andere Rambo? Der eine trägt gern geringelte Socken, für den anderen ein No-Go. Der eine hört tecno, der andre Vivaldi und Bach... Einer isst am liebsten Chilli, weils so schön feuert und der andere macht nicht mal Pfeffer ans Essen, weil das so brennt.

    Können wir nicht dazu übergehen, zu schreiben, was wir mögen und für gut befinden, ohne den Eindruck zu erwecken, dass alles andre absolut widernatürlich, nicht regelkonform oder auch nur "hier nicht erwünscht" ist?


    Wenn Onkel Herbert einen braun-blauen Quilt mit gelben Punkten will, dann bekommt er den, egal, was Goethes Farbkreis sagt (und wie sehr der Näherin die Augen flimmern dabei).
    Wenn Oma Lina den Rührkuchen am liebsten auf gebuttertem Schwarzbrot isst, dann kriegt sie das so... (übrigens mit ner Spur Kirschenmarmelade und Schlagsahne!)
    Wenn Klein-Emma lieber das Buch vom Findus anguggen will statt das vom "Wie Hänschen aufräumen lernt", dann wird sie nicht aufmerksam Hänschens Weg verfolgen...

    Wir können nur für uns festlegen, was wir mögen und was wir nicht mögen. Und, wenn wir gut sind, kümmern wir uns darum, herauszufinden, was ein anderer mag und machen ihm dann ne Freude. Aber festlegen, was er gefälligst zu mögen hat, liegt absolut nicht in unserem Aufgabenbereich... das tun andere schon oft genug qua eigener Selbstherrlichkeit...

    Der Unterschied zwischen dem, was Du bist und dem, was Du sein möchtest, liegt in dem, was Du tust.
    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hättest?

  • Also ich muss gestehen, das ist mir alles ein wenig zu tiefgründig. Vielleicht bin ich dafür zu einfach gestrickt oder auch zu faul, mich da richtig reinzudenken. Zumal ich noch nie darüber nachgedacht habe, ob es passive und aktive Charaktere in einer Geschichte gibt und welcher mir da besser gefällt und die Spannung reinbringt. Ich glaube, ich gehe da eher nach Bauchgefühl. Mal an @Schreibfeders Beispiel festgemacht:

    Und nun die goldene Frage: Welchen Charakter mochte man? Den hässlichen, übelgelaunten Shrek oder den nervigen Esel?

    Und deshalb mochte ich auch beide, Shrek und Esel. Weil sie sich in meinen Augen perfekt ergänzt haben.
    Außerdem würde ich den Esel jetzt nicht als passiven Charakter sehen. Er war ja pausenlos präsent, bestritt endlose (nervtötende :D ) Monologe und agierte durchaus, wenn auch auf seine Art. Und mir erschien er dadurch sogar zeitweise aktiver als Shrek. Was natürlich die Frage aufwirft, was einen aktiven Charakter zum aktiven Charakter macht. Ist er es, weil er die Entscheidungen fällt, die Handlung pusht oder am Ende die Welt rettet? Auch wenn er dabei nicht halb so viel in Aktion tritt wie der passive Charakter, der allein zwei Drittel der Handlung bestreitet, auch wenn er nichts wirklich aufregendes dabei zustande bringt? Korrigiert mich, wenn ich schief liege. ^^

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Ehrlich gesagt, habe ich mir über dieses Thema noch nie wirklich Gedanken gemacht :huh:
    Ist das unbedingt notwendig? Für mich persönlich würde mal sagen nein. Ich entscheide/ schreibe da eher nach Bauchgefühl und ob es mir vom Zusammenhang gefällt :D (dazu natürlich Handlung, die Charaktere an sich und dessen Reaktionen, Beschreibungen etc.) und da ist es mir eigentlich egal, ob die Person gerade aktiv oder passiv handelt ;) vielleicht bin ich in der Hinsicht ja etwas... Träge?
    Und um die Ehrlichkeit einmal auszuweiten: ich habe nicht mal gewusst, dass eine solche Unterteilung existiert :whistling: ... Wieder ein bisschen schlauer! Danke @Schreibfeder :thumbsup:

    Zitat von Tariq

    Was natürlich die Frage aufwirft, was einen aktiven Charakter zum aktiven Charakter macht. Ist er es, weil er die Entscheidungen fällt, die Handlung pusht oder am Ende die Welt rettet? Auch wenn er dabei nicht halb so viel in Aktion tritt wie der passive Charakter, der allein zwei Drittel der Handlung bestreitet, auch wenn er nichts wirklich aufregendes dabei zustande bringt? Korrigiert mich, wenn ich schief liege.

    Ich glaube, dass ist Ansichtssache :D
    Ich würde eventuell jemand ganz anderen als aktiv bezeichnen als eventuell ihr/du/er/sie

    Aber auf jeden Fall cool, dass du das Thema mal in den Raum geworfen hast (weil, kannte ich noch nicht :thumbup: )

    LG

  • Was natürlich die Frage aufwirft, was einen aktiven Charakter zum aktiven Charakter macht.

    Ich ergänze mal: und was einen passiven zum passiven.
    Typisches Beispiel für einen passiven Charakter ist (überspitzt formuliert) die Prinzessin, die vom Drachen geraubt wird, damit sie der (in dem Fall dann meist männliche) Held retten, ihrem königlichen Vater zurückbringen und anschließend als Dank heiraten kann. In einer solchen Art von Geschichte kann (muss aber natürlich nicht) die Prinzessin absolut passiv sein. Im Grunde könnte sie auch völlig aus Stein sein. Das wäre zwar unlogisch, aber sonst ändert sich die Geschichte nicht viel.
    Wenn aber in der gleichen Geschichte die Prinzessin dem werten Herrn Helden, nachdem er sie gerettet hat, erstmal sagt, dass sie ihm zwar dankbar ist, aber sie ihn garantiert nicht zum Mann nehmen wird, weil er ein tumber Vollpfosten ist, der noch dazu ein vom Aussterben bedrohtes und außerdem sehr liebenswürdiges Tier hinterrücks erstochen hat, dann ist sie schon etwas aktiver. Wenn sie, nachdem sie der Held sicher und behütet bei ihrem Vater abgeliefert hat, dann ihr Bündel packt und sagt: "Leckt mich alle! Ich bin viel zu jung zum Heiraten, ich mach erstmal ne Weltreise!" und dann auf selbige aufbricht, dann ist sie tatsächlich ein aktiver Charakter. Sie will etwas für sich selbst und ordnet sich in ihrem Handeln nicht einfach den Wünschen und Vorstellungen anderer Charaktere unter.

    (Held und Drache wären meiner Ansicht nach in dieser Geschichte die aktiven Charaktere. Der König / Vater ist auch passiv, weil er den Helden ausschickt, um seine Tochter zu retten.)

    Zugegeben, in einer etwas komplexeren als dieser Geschichte (was nicht so schwer sein sollte) ist das unter Umständen nicht mehr so einfach zu sagen, welcher Charakter jetzt in welcher Hinsicht aktiv oder passiv ist. Auch würde ich die Unterteilung nicht als Gegensätze im Sinn von "Entweder... oder..." sehen, sondern als fließenden Bereich mit vielen, vielen Zwischenstufen.

    Und um die Ehrlichkeit einmal auszuweiten: ich habe nicht mal gewusst, dass eine solche Unterteilung existiert

    In verschiedenen Richtungen der Literaturwissenschaft gibt's wahrscheinlich noch viel mehr an Unterteilungen und Charakteristika von Geschichten, Plots, Charakteren, Erzählern, Erzählformen, -zeiten, etc. pp. Ich denke mal, dass man die nicht alle kennen muss, aber schaden tut es wahrscheinlich auch nicht. ^^
    Bzgl. aktiv und passiv hat das unter anderem die feministische Literaturkritik und Gender Studies interessiert, weil - wie ich in meiner Minigeschichte hier anzudeuten versucht habe - es in sehr vielen Werken (Büchern, Filmen, etc.) häufig (aber nicht ausschließlich) so ist bzw. war, dass vor allem männliche Charaktere aktiv und weibliche Charaktere passiv sind. Wenn man Spaß daran hat, kann man beim nächsten Action-Film (oder was auch immer) mal darauf achten. In den letzten, grob 20 Jahren ist da allerdings einiges passiert, z.B. The Hunger Games oder auch Star Wars. Wenn man sich in Krieg der Sterne (oder heißt es jetzt Eine Neue Hoffnung?) Leia anguckt, dann sieht man schon an ihr, dass sie sehr aktiv ist. Ach, schön, dass ich jetzt darauf stoße ^^ Bei der Rettung vom Todesstern nimmt Leia dem völlig überforderten Luke den Blaster aus der Hand und schießt damit ein Loch in die Wand, durch das sie dann fliehen. Das nur so als weiteres Beispiel ^^ .

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Zitat von Asni

    In verschiedenen Richtungen der Literaturwissenschaft gibt's wahrscheinlich noch viel mehr an Unterteilungen und Charakteristika von Geschichten, Plots, Charakteren, Erzählern, Erzählformen, -zeiten, etc. pp. Ich denke mal, dass man die nicht alle kennen muss, aber schaden tut es wahrscheinlich auch nicht.

    Auf keinen Fall, das wollte ich damit auch nicht sagen :rolleyes:
    Ich denke sogar, jetzt wo ich weiß, dass es spezielle Unterteilungen gibt, werde ich mich wohl damit mal beschäftigen :thumbsup:

  • Typisches Beispiel für einen passiven Charakter ist (überspitzt formuliert) die Prinzessin, die vom Drachen geraubt wird, damit sie der (in dem Fall dann meist männliche) Held retten, ihrem königlichen Vater zurückbringen und anschließend als Dank heiraten kann. In einer solchen Art von Geschichte kann (muss aber natürlich nicht) die Prinzessin absolut passiv sein. Im Grunde könnte sie auch völlig aus Stein sein. Das wäre zwar unlogisch, aber sonst ändert sich die Geschichte nicht viel.

    Geniales Beispiel. Du hast es treffend (und noch besser als ich) auf den Punkt gebracht. Danke. ^^
    Vor allem deine letzten beiden Sätze sind fantastisch. :rofl:

    @Tariq: Esel ist die ganze Zeit zwar am quatschen, würde er schweigen, würde die Story aber genauso laufen. ^^

  • Es mag für die landläufigen Mainstream-Bücher wirklich von großer Bedeutung sein, dass der "Held" auch einer ist - also aktiv ist, Handlungen anstößt oder zumindest maßgeblich formt.
    Generell gesehen kann es aber auch spannend sein, jemand Inaktiven dabei zu beobachten, wie er an den äußeren Ereignissen leidet bzw. sich darin einrichtet, wie er durch das Nichteingreifen oder Mitmachen in die Geschehnisse seiner Umwelt mitbestimmt. Zumal das ja eines der häufigsten Probleme dieser Welt ist. Ich gebe allerdings zu, dass ich sowas nicht oft lesen wollen würde …

    Jedweder Kommentar, den ich zu einem Text abgebe, ist kein Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Autors. Ich bin weder willens noch in der Lage, dem Autor irgendwas vorzuschreiben.

  • Ich finde manchmal die passiven Charaktere sogar wichtiger. Ich habe leider kein Buchbeispiel, aber bestimmt kenne viele die Serie "Teen Wolf". Zwar ist Scott dort der "Held" und Stiles eher eine Nebenperson, doch ohne Stiles würde die Story komplett anders verlaufen, obwohl er eher passiv in der Serie unterwegs ist.

  • @MoonlightJackson ja, da hast du zweifelsfrei recht (auch wenn ich Teen Wolf nicht kenne, vierteil mich ^^ ). Es geht im wesentlichen darum, dass der PROTAGONIST aktiv sein muss. In deinem Beispiel Scott.

    Die Nebencharaktere können gerne passiv sein, wobei man das auch nicht übertreiben sollte. Wenn die Nebencharaktere nur mitgeschleift werden, würde ich das eher ermüdent oder nervig finden. Aber das kann vielleicht Geschmackssache sein. Gut dosiert, können sie eine Geschichte dem Leser auf jeden Fall näherbringen. :)

  • Die Nebencharaktere können gerne passiv sein, wobei man das auch nicht übertreiben sollte. Wenn die Nebencharaktere nur mitgeschleift werden, würde ich das eher ermüdent oder nervig finden. Aber das kann vielleicht Geschmackssache sein. Gut dosiert, können sie eine Geschichte dem Leser auf jeden Fall näherbringen.

    Das stimmt. Der Leser kann sich auch nicht wirklich den Charakter merken, wenn er nur mal hier und da etwas sagt oder tut und ist dann immer von neuem überrascht, welcher Charakter das ist und was er in der Geschichte verloren hat.

  • Es gibt viele Beispiele für "gute" passive Charaktere (immer subjektiv :D ) Mal sehen, was Tolkien dazu sagt :hmm:

    Spoiler anzeigen

    aktiv = macht, dass Dinge passieren und der Plot rollt; passiv = der Plot passiert ihm und er reagiert darauf, ohne selbst der Initiator irgendwelcher Dinge gewesen zu sein.

    Aragorn ist mega-passiv. Sein Traum ist, Arwen zu heiraten und mit ihr happy in Bruchthal zu leben. Und dann kommen Elrond und Gandalf und das ganze Volk von Gondor, das in praktisch auf den Thron zwingt. Bäh.

    Überhaupt ist eigentlich der gesamte Herr der Ringe-Cast ein Haufen passiver Charaktere, bis auf Sauron und Gandalf (wobei Gandalf ja eigentlich auch nur auf drohende Gefahren reagiert :hmm: wahrhaft aktiv würde ich sagen, ist in diesem Fall nur Sauron).

    Ich meine - selbst im Hobbit muss Gandalf die Zwerge sowie Bilbo praktisch mit der Stirn gegen den Einsamen Berg rammen, damit sie überhaupt irgendwas tun. Wäre Sauron nicht da, sässen die Orks noch immer in ihren Löchern und würden höchstens gelegentlich Dörfer überfallen.
    Keiner der Gefährten hätte seine Heimat verlassen und aktiv etwas am Status Quo geändert (die Hobbits hätten von der Invasion Mittelerdes wohl erst erfahren, wenn die Orks an der Tür gestanden wären). Aragorn würde noch immer in den Wäldern rumgeistern, Boromir wäre inzwischen vielleicht Truchsess, Legolas hängt in Düsterwald und Gimli in seinem Berg, hätte Elronds Rat nicht stattgefunden.

    Passiv bedeutet schlicht: Du bringst den Plot nicht ins Rollen - der Plot rollt bereits und reisst dich schlicht mit und du versuchst hauptsächlich, nicht zurückzubleiben. (Wenn du einen Charakter durch einen Stein ersetzen kannst [oder eine Sexy Lampe], ist er/sie ganz einfach ein schlechter Charakter).

    Passiv zu sein bedeutet nicht, dass man rumsitzt und NICHTS tut. Es bedeutet, dass man auf Geschehnisse reagiert, statt sie zu verursachen.

    Imho gibt es da natürlich 1000 Nuancen. Ein passiver Held wird auch aktive Entscheidungen treffen müssen, um zum Ziel der Geschichte zu gelangen (wie zum Beispiel das sehr passive Ziel, dass die Welt zu bleiben hat, wie sie ist und aktive Veränderer zu besiegen). Aber wenn der arme Bauerssohn vom alten Soldatenmentor als Auserwählter rekrutiert wird, ist dieser Held passiv und tut, was ihm gesagt wird, statt sich zum Auserwähltsein zu entscheiden.
    Ein depressiver Char, der sich endlich aufrafft, um seine Krankheit zu besiegen, ist hingegen aktiv.

    Ich glaube sogar, dass Shrek im oben genannten Beispiel ziemlich passiv ist. Von selbst hätte er seinen Sumpf niemals verlassen und musste erst von Farquard genug genervt werden, um auf sein Abenteuer zu gehen. Esel ist auch passiv - mehr opportunistisch, was oft in "aktiv" mündet, aber grundsätzlich hätte ich ihn als passiv eingestuft :hmm:


    "You know what the big problem is in telling fantasy and reality apart? They're both ridiculous."

    - Twelve