Hey
Nun möchte ich mit meiner Geschichte an euch heran treten und sie euch vorstellen.
Kapitel 1 - Der Anfang beschriebt, wie der Titel schon sagt, den Anfang der Geschichte. Ich möchte euch nichts vorweg nehmen und wünsch einfach nur Viel spaß beim Lesen. Feedback ist erwünscht und wird gerne von mir Gelesen
Mit der Zeit werde ich die Geschichte weiterführen, nur brauche ich dafür Zeit ^^'
Kapitel 1 - Der Anfang
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Mittwoch, 17. Mai 1954 11:30.
Gong.... Gong.... Gong...
Tiefe, dumpfe Töne hallen durch die Straßen Vexwachts. Töne die durch Mark und Bein gehen und einem die Gänsehaut über die Haut laufen lassen, wie regen der langsam den Körper hinunter perlt. Hier und dort werden sie leise von den Backsteinmauern enger Gassen zurückgeworfen und verlaufen sich auf den breiten Straßen. Wie schwere graue Schleier hängen die Wolken tief am Vormittagshimmel über der Stadt und legen sich schwer auf die Häuser nieder. Es erweckt den schein, als wenn die alten Dächer unter der Last der Regentropfen zusammenbrechen würden. Leichter Nebel von verdunsteten Wasser legt sich auf die Straßen nieder und verwandelt sie in eine unheimliche Gegend.
Eigentlich ist Vexwacht ein lebhaftes Dorf, es vergeht kaum eine Sekunde in der man kein Menschen hektisch umher laufen sieht und seiner Tätigkeit nachgeht. Die Rhythmischen klänge von Metall auf Metall gefolgt von einem dumpfen Zischen untermahlen die erregten Gespräche der Kaufmänner auf dem Marktplatz und zeichnen ein Gefühl der Gelassenheit auf den Straßen nieder.
Doch heute? Heute hört man nicht die Rhythmischen Klänge der Schmiede, man hört keine Kaufmänner um ihre wertvolle Ware Feilschen oder Marktschreier ihre rare Ware anpreisen. All die Stimmen die einst die Straßen mit Leben erfüllt haben, sind verstummt und erloschen. Ersetzt durch eine bedrückende, fast schon angespannte Stille. Keine Menschenseele wagt sich vor die Tür zu treten oder die Stimme zu erheben. Niemand versucht hektisch die letzten Einkaufe für den Tag auf dem Marktplatz zu erledigen. Die Stadt gleicht einer einzigen Geisterstadt.
Die tiefen Töne der der Kirchturmglocken werden langsam leiser, der Rhythmus wird unregelmäßiger, bis sie schließlich gänzlich verstummen und die Stadt in die Fänge der Stille übergeben. Nur noch das Plätschern der Regentropfen ist zu hören, wie sie hart auf den Boden aufschlagen.
Vor der Kirche im Dorf hat sich eine achtsame Menge von Menschen versammelt. Allesamt sind sie in schwarz gekleidet und hier und dort sieht man ein weißes Taschentuch durch die Gesichter fahren.
Leises schluchzten, gefolgt von tiefen Atemzügen sind die einzigen Geräusche die man neben den Regentropen die hart auf die Jacken aufprallen hören kann. In mitten unter ihnen steht ein Junge der Augenscheinlich nicht in die Altersklasse der anderen passt. Allgemein geht er in der Masse unter. Keiner spricht mit ihm, oder wendet sich ihm zu. Ganz im Gegenteil, leises Getuschel dringt in die Ohren des Jungens.
„Sieh mal, der Bastard Junge, das der sich wagt hier aufzutauchen.“ Gefolgt von
„Schande, das sich der Bastard an diesem traurigen Tag auch nur in die Nähe der Kirche traut...“ raunt es aus der Masse.
Seine mittellangen blonden Haarsträhnen kleben im nass im Gesicht, seine Kleidung saugt immer mehr des kalten Regenwassers auf und wird immer schwerer, bis sie schließlich durchnässt an seiner schmächtigen Gestallt herunter hängt. So mitleiderregend er auch aussieht, Beachtung wird ihm nicht geschenkt.
„Selbst der Himmel weint...“, denkt er sich und blickt in den grauen und regnerischen Himmel empor.
„Alles grau in grau.. trostlos... einsam...“
Ein Regentropfen fällt direkt in sein Auge und mit schmerzverzerrten Gesicht senkt er den Kopf wieder und blickt in die vom Regen und Tränen verlaufenen Gesichter der anderen.
Plötzlich öffnet sich die Kirchentür mit einem dumpfen Knall und ein, in einem schwarzen Umhang gekleideter Mann tritt aus der Kirche und baut sich vor der Masse auf. Der Umhang saugt sich sofort mit dem kalten Regenwasser voll und hängt schwer an ihm herunter. Mit finsterer Miene steht er vor der Menschengruppe und mustert einzelne Personen. Er schließt die Augen während er einmal tief durchatmet. Wortlos schreitet er an der Menschengruppe vorbei in Richtung Friedhof. Mit etwas Abstand folgen die Menschen dem Mann, von Strom mitgezerrt folgt der Junge den anderen auf den Friedhof. Der Friedhof ist einen dichten Nebelschleier gehüllt, man kann kaum 20 Meter weit sehen. Der Regen weicht den Sandboden auf und vermischt sich mit ihm zu einem schlammigen etwas. Kleine Flüsse bilden sich am Wegesrande und führen von Friedhof hinunter.
Nach einiger Zeit halten die Menschen an und versammeln sich vor einem leeren Grab, daneben ist ein kleiner Sandhaufen aufgetürmt, in ihm steckt eine kleine Schippe. Eine angespannte Stille legt sich auf die Beteiligen nieder, man hätte eine Feder fallen hören.
Als würde die Luft mit einem Schwerthieb geteilt werden, zerschneidet der Mann, der neben dem Grab steht, die Stille und erhebt das Wort.
„Wir haben uns Heute hier versammelt...“
Die Stimme hallt noch im Kopf des Jungen wieder und verliert dann immer mehr an Klang. Gedankenverloren schaut er in den Himmel, seine Gedanken überschlagen sich und er verlässt gedanklich die Welt für einen kurzen Moment...
„Du warst mein letzter lebender Verwandter, meine letzte Hoffnung... Ja du warst mein Ein und Alles, du warst wie ein Vater für mich... Du hast mir halt gegeben... Doch nun bist du fort... und zurück lässt du mich hier ganz alleine... Alleine in dieser grausamen Welt... Warum nur?! Warum jetzt... Warum überhaupt...“
Eine nasse Hand legt sich auf die Schulter des Jungen und reißt ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken dreht er seinen Kopf und erblickt ein Gesicht, was er meint, noch nie zuvor gesehen zu haben.
„Na los! Zeige mal ein wenig Respekt und erweise ihm die letzte Ehre, so wie es sich gehört!“
Spricht eine Frau in einem fast schon abfälligen Ton und drückt den Jungen unsanft in Richtung des Grabes. Hilflos schaut er zu ihr zurück und macht ihr deutlich, dass er nicht wisse, was sie von ihm verlange. Mit einer beiläufigen Geste und einem Gesichtsausdruck, der genau beschriebt wie wenig die Frau von ihm hält, deutet sie auf die kleine Schippe, die im Sandhaufen steckt und dann auf das Grab. Mit einem kaum merklichen Nicken macht er ihr deutlich, dass er wisse was zu tun sei, ohne dabei auf die Abfällige Haltung der Frau einzugehen. Es ist schon fast normal für ihn wie die Leute ihn behandeln, nach zehn Jahren härtet man ab, so spricht er sich immer Mut zu.
Er macht ein Schritt auf den Sandhaufen zu und ergreif die darin steckende Schippe, die er dann über das Grab führt. Nach einer kleinen Pause lässt er den Sand auf den Sarg fallen und steckt die Schippe wieder in den Sandhaufen. Für Sekunden verharrt er noch vor dem Grab, bevor er sich von ihm abwendet. Tausend Gedanken schießen ihm durch den Kopf, doch mag es ihm nicht gelingen auch nur ein davon für ein paar Sekunden festzuhalten. Seine Gedankenwelt fühlt sich wie ein einziger Schwamm, bevor er auch nur ein Gedanken greifen kann, hat sich der Schwamm ihn schon zu eigen gemacht.
Mit schweren Schritten entfernt er sich ein wenig von der Menschenmasse und dreht sich noch ein letztes Mal zum offenen Grab um.
„Bitte... steh mir bei... verlass mich jetzt bitte nicht völlig...“
Eine Träne perlt über seine Wange und verschwindet in seinem Mundwinkel, schnell verteilt sich ein salziger Geschmack auf seiner Zunge und reißt ihn aus seinen Gedanken. Mit verschwommenen Blick wendet er sich ab und verlässt den Friedhof.
Gerade als er wieder vor der Kirche steht und den Kirchturm emporschaut, brechen aus diesem wieder die tiefen, dumpfen Töne wie einst heute Morgen hervor. Geleitet vom Takt der Glocken macht er sich auf den Weg nach Hause. Fast schon Autonom führen ihn seine Füße durch die Straßen, die Straßen die er einst mit Freude Erkundet hat. Er kennt beinah jeden Kopfsteinpflaster, jede Ecke und jeden Winkel in und auswendig. Die Stunden vergehen und der Regen wird allmählich durch die Sonnenstrahlen der Abendsonne abgelöst. Geblendet vom gleißenden Sonnenlicht steht er mitten im Vorgarten seines Zuhauses und begutachtet den vom Regen durchnässten Rasen. Mit platschenden Schritten durchquert er ihn und schließt die Tür auf. Mit nassen Füßen betritt er das Haus und kurze Zeit später verrät weißer Rauch, welcher aus dem Schornstein empor tritt, das das Haus bewohnt ist.
Im Schein des flackernden Feuers schaut sich der Junge im Haus um, er steht mitten in der Wohnstube, ein großer Raum mit sperriger Einrichtung. In der Mitte des Raumes steht ein großer massiver Holztisch, den er damals zusammen mit seinem Vater eigenhändig gezimmert hatte. Direkt neben dem Kamin steht einsam und verlassen der Schaukelstuhl, in dem früher immer seine Mutter saß und Socken für die Familie gehäkelt hatte, bis an den grausten aller Tage des Jungen. Seine Mutter ist an einer, bislang unbekannten Krankheit gestorben, bevor er sich richtig von ihr Verabschieden konnte, war sie schon Tod. Es hat viel Zeit gekostet bis er den Tod verarbeiten konnte. Viele Stunden verbrachte er unter Tränen alleine auf seinem Zimmer.
Die Wohnzimmerwände sind geschmückt mit vielen Portraits der Familie. Lange Zeit hat seine Mutter auf diesen Portraits weitergelebt, doch jetzt? Der Junge lässt sich auf den Schaukelstuhl fallen und schaut zu seiner Lieblingsleinwand auf. Es zeigt nicht ihn mit seinen Eltern, es zeigt nur die beiden, wie sie verliebt am See sitzen.
Erst jetzt realisiert er was in den letzten Tagen passiert war... Es war spät Abends und sein Vater war lange unterwegs. Er war mit ein paar Freunden unterwegs und auf dem Heimweg geschah es dann. Ein Mann erstach ihn hinterhältig, nur um an das Gold in seinen Taschen zu kommen...
„Ein Menschenleben für ein paar Dollar... ich kann es nicht verstehen... Wer macht denn sowas... Wer erlaubt sich über den Tod zu richten...?", murmelt er in seine Hände hinein, in die er sein Gesicht vergraben hatte. Seine Atmung wird immer schneller und immer mehr Tränen dringen durch seine Hände hervor und Tropfen auf den Boden. Er stößt ein verzweifelten Schrei aus, bevor er komplett zusammenbricht. All das Leid der letzten Tage, was er versucht hatte zu unterdrücken, bricht über ihn hinein. Sein ganzer Körper fühlt sich schwer und zugleich leer an. Der Lebenswille entfährt ihn mit jeder Träne die er vergießt... und eine Reisige Wut baut sich in ihm auf.. ein unbändiger Zorn auf die Person, die seinen Vater getötet hatte, der mächtiger wird mit jedem Atemzug, denn er macht.
Nach einige Zeit klopft es schwer an die Haustür. „Aufmachen!“ ertönt es gleichzeitig mit fester Stimme, mit einer Kraft, dass die Stimme durch das ganze Haus halt und den Boden unter den Jungen zum Erbeben bringt.
„Aufmachen, sofort!“ Ertönt es erneut mit energischer Stimme. „Ich weiß das jemand zuhause ist, aus dem Schornstein steigt Rauch hinauf, also Aufmachen! Sofort! Ich möchte mich nicht noch einmal wiederhohlen müssen!“
Komplett geschockt und verängstigt tapst der Junge zur Haustür und öffnet diese ein Spalt weit. Vor ihm steht ein großer Mann in feinen Gewändern. Seine Stiefel glänzen im abendlichen Sonnenlicht und sehen ziemlich teurer aus. Um den Hals trägt der Mann eine große Kette aus Gold und an den Fingern prangen viele Ringe aus unterschiedlichen Materialien, versetzt mit großen Edelsteinen.
„Bin ich hier richtig bei der Familie...“, der Mann macht eine kurze Pause und wühlt in der Innentasche seines Jacketts, bis er ein kleinen Zettel hervorzaubert. Dann spricht er mit einem etwas abfälligen Tonfall in der Stimme weiter „Sheppard?“
Der Junge antwortet mit zitteriger Stimme: „Ja... Warum fragen sie?“
„Gut, darf ich eintreten?“ Ohne auf die Frage des Jungen zu reagieren oder auf eine Antwort von ihm zu warten, drückt er die Tür auf und betritt das Haus. Mit prüfenden Blicken durchquert er das Wohnzimmer, schaut sich alles ganz genau an und murmelt vor sich her. „Perfekt, das Haus hat Potenzial, man muss nur einiges Renovieren und ersetzten... Diesen ganzen alten Plunder kann man wohl vergessen...“, er tritt einmal prüfend gegen den Wohnzimmertisch, den der Junge zusammen mit seinem Vater gezimmert hatte.
Fassungslos über das was gerade passiert, schaut der Junge dem Mann hinterher, er ist nicht im Stande sich zu bewegen, geschweigenden ein Wort über die Lippen zu bekommen. Ein Gefühl der Wut steigt in ihm auf und übermannt ihn. Wie ein Funke, welches ein Feuer entflammt platzt es aus dem Jungen heraus, er erhebt die Stimme und brüllt dem Mann entgegen:
„Spinnen Sie? Was reden sie für Unfug?! Scheren Sie sich sofort aus meinem Haus! Betreten Sie nie wieder mein Grund und Boden!“
Der Mann werdet sich dem Junge zu, und Mustert ihn. Sein Blick verfinstert sich und formt ein Ausdruck der vollkommen Verachtung. „Weißt du eigentlich wer ich bin? Wahrscheinlich nicht, aber ich möchte dir auf die Sprünge helfen. Ich heiße Sir Rupert von Vexwacht, ich bin der Bürgermeister, wie du eigentlich wissen solltest.“
Mit noch lauterer Stimme unterbricht der Junge den Bürgermeister. „Und wenn Sie eine Heilige Person wären, es wäre mir egal, verlassen Sie sofort mein Haus, sonst...“
„Was sonst? Hat man dir nicht den gebürtigen Respekt gelehrt? Anscheint nicht, dass sieht deinem Vater ähnlich, auch er war, wie du, Abschaum für das Dorf. Er hat uns nur Schande gebracht!“, führt Sir Rupert den Satz des Jungen weiter.
Mit voller Wut und Inbrunst verteidigt der Junge sein Vater „Mein Vater war ein ehrenwerter Mann, wagen Sie es sich nicht so über ihn zu reden!“
„Dein Vater war ein Niemand! Sieh es ein! Gesindel der Armen, wertlos für das Dorf und seine Einwohner!“, spricht Sir Rupert unbeirrt weiter.
Dem Jungen laufen die Tränen die Wangen hinunter, getrieben von Wut und Verzweiflung geht er auf den Bürgermeister los, doch dieser Streckt nur ein Arm aus und hält ihn mit Leichtigkeit fern.
„Ich bin nicht gekommen um dich und dein Vater nieder zu machen, mein Besuch hat ein Grund. Ich will die Rechnungen begleichen. Dein Vater hatte Schulden, hohe Schulden. Mit seinem Tod würde sein Testament in Kraft treten, doch war er nicht mal fähig dies Notariell zu beglaubigen. Es ist ein wertloses Stück Papier. Alle Besitztümer deines Vaters, alles Land und alle Landbesitztümer gehen auf das Dorf über, ohne Ausnahme. Davon werden seine Schulden getilgt. Es tut mir leid Kleiner, aber somit hat dir dein Vater nichts Vermacht. Da ich aber kein Unmensch bin, und den Toten mit gebürtigen Respekt gegenüber trete, möchte ich deinem Vater ein letzten Wunsch erfüllen. Er wollte das du dies hier bekommst...“, mit einer gewaltigen Wucht stoßt er den Jungen von sich, so das dieser aus dem Gleichgewicht gerät und rücklings umfällt. Mit einem dumpfen Knall prallt er mit dem Hintern auf den Boden auf und schaut zu dem Mann hinauf. Dieser wühlt in der Innentasche seines Jacketts und holt ein kleinen Gegenstand heraus, begutachtet ihn kurz und wirft ihn dann den Jungen entgegen.
„Es soll wohl ein Amulett mit einem Saphir darstellen, doch ist es nur ein blauer Glasstein, ein billiges Plagiat und so wertlos für das Dorf, außerdem sollst du ja nicht gänzlich leer ausgehen.“
Verdutzt schaut sich der Junge den Gegenstand an. Es ist tatsächlich nur ein gewöhnliches Amulett mit einem Glasstein in der Mitte, der vermeidliche Saphir glitzert wunderschön in der tristen Abendsonne und bricht das Licht wild durch den Raum. Überall im Raum sind blaue Flecke zu erkennen, sie tanzen förmlich über die Wände. Wie gebannt schaut der Junge auf den Glasstein, bis seine Gedanken je von der Stimme des Mannes unterbrochen werden.
„Wie dem auch sei. Da das Haus nun dem Dorf gehört, muss ich Mieter erheben, da du sie augenscheinlich nicht zahlen kannst und niemanden mehr hast, der dich aufnehmen könnte bist du nun eine Waise und gehörst in Waisenhaus, es sei denn du möchtest gerne auf der Straße wohnen.“ Er wühlt abermals in der Innentasche seines Jacketts und holt ein kleinen Zettel heraus und reicht ihm den Jungen. „Hier, zeige dies im Waisenhaus vor und du wirst eine Unterkunft bekommen und nun komm!“
Er schaut wie gebannt auf den Zettel, denn ihm der Bürgermeister hinhält. Tausend Gedanken schießen ihm durch den Kopf und seine Gefühlswelt gleicht einer Achterbahnfahrt. Mit Trauer über sein Vater im Bauch, den Hass und Wut auf den Bürgermeister in den Händen und den drang einfach nur weg zu laufen in den Beinen sitzt er dort und schaut auf den Zettel. Seine Wut übermannt ihn und anstatt nach dem Zettel zu greifen, greift er sich den Arm des Bürgermeisters und zieht mit voller Kraft heran. Mit einem Unterdrückten und überraschten Schrei geht der Bürgermeister zu Boden. Plötzlich geht alles rasend schnell, die Haustür schwenkt schnell um und knallt mit hallenden Ton gegen die Wand.
„Ergreift diesen Taugenichts“ ist das letzte was der Junge noch hört bevor er von zwei Kräftigen Männern in die Höhe gehoben wird und über die Türschwelle getragen wird. Jeglicher Versuch zu rebellieren ist zwecklos. Die Männer tragen ihn in den Vorgarten und setzen ihn ab, mit Tränen in den Augen muss er mit ansehen wie der Bürgermeister die Haustür versiegelt und sie mit einem mächtigen Schloss versäht.
„Du hast Glück, dass ich heute ein guten Tag habe. Normalerweise würde dein Vergehen mit dem Tode bestraft werden, doch Heute möchte ich gnädig sein. Wenn ich dich hier aber noch einmal sehe, werde ich keine Gnade mehr walten lassen, also verschwinde und lass dich hier nicht mehr Blicken!“
Die drei Männer verlassen das Grundstück und lassen den Jungen mit seinem Schicksal alleine. Verzweifelt bricht der Junge zusammen, dicke Tränen laufen seine Wangen hinunter tropfen auf den matschigen Boden. Nach Momenten der Beruhigung betritt er die Veranda und versucht die Haustür zu öffnen. Er zieht und Drückt mit aller Kraft, doch hält das Schloss die Tür verschlossen. Sie bewegt sich kein Millimeter. Es wird alles zu viel für den Jungen, bin Stunden hat er alles verloren, was er einst hatte. Erst verlor er seine Mutter durch eine Krankheit, dann wurde sein Vater überfallen und rücklings Ermordet und jetzt hat er alles verloren was von ihm übrig geblieben ist... Er zittert am ganzen Körper, die Realität trifft ihn mit voller Kraft und lässt ihn zusammenbrechen. Mit dem Rücken gegen die Haustür gelehnt lässt er ein verzweifelten Schrei die Nacht schneiden. „Warum“ hallt es durch die Bäume und verläuft sich auf den Wegen. Vögel erheben sich aus den Baumkonen und fliegen panisch fort. Er sitzt noch einige Stunden auf der Veranda, bis er unter Erschöpfung einschläft.
Die ersten Sonnenstrahlen der Morgensonne erreichen Vexwacht und ziehen über die Baumkronen empor. Geweckt von der Helligkeit setzt sich der Junge auf. Seine Klamotten sind komplett durchnässt und dreckig von dem Regen der in der Nacht über die Stadt gezogen ist. Mit wackeligen Beinen steht er auf und dreht sich der Haustür zu. Mit der Augen eines naiven kleinen Jungen schaut er die Tür hinunter und hofft, dass er alles nur Geträumt hat. Doch der Anblick des Schlosses lässt seine Hoffnung wie eine Glasscheibe die auf den Boden fällt zerbrechen. Es war kein Traum! Alles war passiert war ist Realität. Mit wutgeballter Faust schlägt er gegen den Türrahmen, Blut fließt seine Hand hinunter und tropft auf den Boden. Auf seinem Gesicht zeichnet sich purer Hass ab, seine Wangen beben, für ein kurzen Moment verschwimmt alles vor seinen Augen. Er schließt sie, Bilder huschen über sein inneres Augen hinweg und vergehen so schnell wie sie gekommen waren. Mit einem tiefen Atemzug öffnet er die Augen wieder. Der schmerz in seiner Hand wird deutlicher, mit Schmerzverzerrten Gesicht lässt er von der Tür ab und begutachtet seine blutige Hand. Erst jetzt bemerkt er den Zettel, den er in der Faust hält. Er ist durchnässt, doch bis auf die Handschriftliche Eintragung in der Ecke kann man die Schrift klar und deutlich lesen:
>> Mit diesem Schrieben wird ein Platz im Waisenhaus ausgestellt. Wer dieses Dokument vorzeigt, hat das Recht diesen Platz zu besetzten, bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres. <<
‚Toll ein halbes Jahr habe ich nun eine Unterkunft bevor ich wieder auf die Straße gesetzt werde. Es wäre Naiv zu glauben das ich irgendwas an meine jetzigen Situation ändern könnte... Ich denke, ich muss meinem Schicksal ins Auge blicken... vielleicht wendet sich irgendwann wieder alles zum guten... ich werde es den alles zeigen! ‘ Trotzig macht er sich auf den Weg, schaut noch ein letztes Mal zurück auf das Haus zurück, bevor er ihm den Rücken zuwendet und im Wald verschwindet.
Nach einem kurzen Fußmarsch erreicht er den Stadtrand. Um die Wachen zu umgehen schlüpft er durch ein kleines Loch in der Stadtmauer, welches anscheint noch nie jemand entdeckt hatte. Er findet sich auf einer kleinen Gasse wieder. So dunkel, so trist. Genau das Viertel der Stadt, vor dem sein Vater ihn immer gewarnt hatte.
„Wenn du weiter Leben möchtest, betrete niemals die Gassen des Schmugglerviertels!“, hallt es in seinem Kopf wieder und gibt ihn einen Stich in sein Herz. Die Stimme seines Vaters, er wird wie wohl nie wieder hören.
Die Gasse wird immer enger, an einer Stelle muss er sogar seitlich weiterlaufen um überhaupt die Gasse durchqueren zu können. Am Ende des Viertels angekommen, mündet die Gasse in eine etwas größere Straße. Wüsste man nicht, das die Gasse, aus der er gerade gekrochen war, in ein weiteres Viertel führen würde, man würde sie Glatt übersehene oder für ein Hinterhofdurchgang halten. Er schaut die Straße hinauf und stellt sicher, dass ihn keiner bemerken würde. Die Straße mündet in den Hauptverkehrsstrom der Stadt. Reger betrieb herrscht hier, es schein so, als wenn der normale Alltag wieder über die Stadt hineingerochen wäre. Um kein Aufsehen zu erregen entschiedet er sich die Hauptstraße zu mieden und auf den Nebenstraßen zu seinem Ziel zu gelangen. Ab und an muss er sich hinter Fässern oder Kisten verstecken, damit ihm nicht die Patrouillierende Wache entdeckt. Einmal konnte er nicht wegschauen und hatte mit eigenen Augen ansehen müssen, was die Wachen für grausame Dinge mit den Bettlern anstellen und momentan sieht er aus wie einer von ihnen.
Gerade als er sich in mitten einer kleinen, gottverlassenen Gasse zwischen zwei hohen Häusern befindet, wird ihm warm um der Brust. Verdutzt bleibt er stehen und schaut an sich herunter. Da, wo sich sein Herz befindet pulsiert eine Lichtquelle im gleichen Takt wie sein Herz. Es leuchtet ab und an stärker und dann wieder schwächer. Neugierig schaut er auf seine Brust und beobachtet die Lichtquelle. Mit einemmale wird das Licht urplötzlich immer Heller, es pulsiert immer schneller und ungleichmäßiger. Die ganze Gasse wird von dem Licht erhellt. Er greift nach der Lichtquelle und ertastet das Amulett. Vom Schreck getroffen reißt er es sich vom Hals und wirft es von sich. Mit hektischen Atmen beobachtet er wie das Licht wieder an Kraft verliert und schließlich gänzlich erlischt.
„Was zum Teufel...?!“, denkt er sich, doch von einer unsichtbaren Kraft gepackt macht er ein Schritt auf das am Boden liegende Amulett zu und kniet sich neben ihn hin. Mit ausgestreckten, zittrigen Zeigefinger berührt er den Glassaphir, es passiert nichts. Kein Licht erfüllt die Gasse, kein Gefühl der Wärme ist zu verspüren. Doch war ist das? Ein kleiner schwarzer Punkt tanzt in mitten des Glassaphirs. Von neuer Neugierde Gepackt greift er nach dem Amulett und führ es an sein Gesicht heran. Der Punkt scheint verrückt zu spielen, er schwingt immer wilder in dem Saphir umher. Angestrengt versucht er den Punkt zu verfolgen, doch scheint es schier unmöglich, er schwingt immer unregelmäßiger. Von links nach rechts, von oben nach unten. Gebannt von dem Punkt führt er das Amulett näher an sein Gesicht heran. Plötzlich wird die Gasse wieder von hellem Licht erfüllt, viel stärker und viel heller als vorher. Der Punkt wird immer Größer, bis er schließlich den gesamten Saphir ausfüllt und ihn in ein tiefes Rot färbt. Das Licht wird gleißend hell und das Amulett wird immer heißer, bis es schließlich kochenden Wasser gleicht. Der Junge hat das Gefühl erblinden zu müssen, die Umrisse der Gasse verschwinden, es scheint als würde die Backsteinmauern verschwinden. So sehr er das Amulett auch hätte losgelassen, es war ihm schlichtweg nicht möglich, seine Hände verweigerten ihm die Dienste, fest umklammert er das Amulett. Das Licht wird noch eine Spur heller und erreicht sein Zenit, es gleicht der Sonne, doch dann wird es urplötzlich wieder dunkler. Doch ist es nicht das Amulett welches an Kraft verliert und erlischt, sondern der Junge selber. Sein Augenlicht wird immer schwächer, die Kraft die ihn auf den Beinen hält entweicht. Erschöpft spricht er zusammen, sein Atem wird immer schwerer und ungleichmäßiger. Das Amulett fest im Griff beugt er sich nach vorne und stützt sich mit einem Arm ab. Mit einemmale wird der Gegenstand in seiner Hand immer weicher, bis er sich schließlich verflüssigt und auf den Boden tropft. Ihm wird schwarz vor den Augen, seine ganze Kraft scheint ihn verlassen zu haben. Das letzte was er noch merkt bevor er das Bewusstsein verliert, ist wie sein Kopf hart auf den Boden aufschlägt.
Es vergehen die Stunden, der Abend hat sich bereits über das Dorf gelegt und die letzten Sonnenstrahlen des Tages laufen den hohen Kirchturm empor. Langsam kommt der Junge wieder zu sich. Dreck klebt noch in seinem Gesicht als er sein Kopf hebt uns sich versucht ein Stück aufzurappeln. Unter Schmerzen öffnet er die Augen und schaut auf das Ende der Gasse, keine Stimmen sind zu hören, keine hektisch umherlaufenden Personen beleben die Hauptstraße, es ist Totenstill.
„Mir tut alles Weh... mein Körper.... er fühlt sich so kraftlos an... was war das eben? Was zum Teufel ist passiert?“
Er nimmt all seine verbliebende Kraft zusammen und rappelt sich ein Stück auf. Auf halben Weg verlässt ihn sein Kraft wieder und er bricht mit ausgereckten Arm zusammen. Unfähig auch nur ein Finger zu krümmen liegt er auf den Boden der Gasse. Sein Blick fällt auf sein Arm, es scheint so, als hätte jemand irgendeine Flüssigkeit über sein Körper vergossen. Eine kleine Pfütze umringt sein Arm, eine Art Ausschlag hatte sich über ihn breitgemacht, er ist übersäht mit kleinen und großen roten Flecken. Sein Körper wird immer Wärmer, erst ist es eine angenehme Wärme, doch steigert sich die Hitze bis ins unermessliche. Lebendig Verbrannt zu werden, so würde es seine Schmerzen am besten Beschreiben. Jeder Knochen, jeder Muskel und jede Sehne, alles tut ihn weh. Es fühlt sich an als wenn er in die Länge gezogen werden würde. Unter Schmerzen krümmt er sich auf den Boden, nicht fähig auch nur ein Ton über die Lippen zu bekommen, nach Hilfe zu schreien, liegt er dort und lässt sein Leid über sich ergehen. Die schmerzen steigen ins unermessliche. Seine Haut fühlt sich an, als würde sie sich abschälen, als wenn sie ihm am Lebendigen Leibe abgezogen werden würde.
„Werde ich so Sterben? Wird es so mit mir zu Ende gehen? Unehrenhaft, elendig verrottet in einer Gasse? Getötet von irgendeiner Magie?“
Die Letzen Gedanken schießen ihn durch den Kopf, von Todesängsten getrieben zittert er am ganzen Leibe, seine Atmung wird immer schneller. Kurz bevor er aufgibt, die Schmerzen über sich Siegen lässt, reißt er die Augen auf. Sein Blick wird von seinem Arm eingefangen. Aber ist das noch sein Arm? Er kann es nicht mehr deuten, abertausende Haare überdecken ihn. Die Schmerzen werden immer heftiger, immer unerträglicher. Er verliert die Kontrolle über sein Körper. Seine Sinne verlassen ihn, sein Blick wird rot und das Letze was er noch hört, bevor er in Ohnmacht fällt ist ein schriller, lauter Schrei.