Es gibt 323 Antworten in diesem Thema, welches 74.248 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (31. Oktober 2018 um 10:36) ist von Tariq.

  • Ich teile @Tariqs Meinung hier. Ich wollte mir noch ein paar Gedanken machen, ehe ich einen Kommentar abgebe. Aber sie trifft es eigentlich ganz gut :)

    Deine Art zu schreiben, dein Stil und dein Beschreibungen gefallen mir sehr gut, aber die Interaktion der beiden ist doch eher seltsam.

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    Jiyuu verhält sich euer wie ein zwölfjähriger, der Hausarrest hat und der Alte, als hätte man ihn aus der Schlange der Kasse heraus gedrängt 8| hier vielleicht noch ein bisschen mehr Gefühl, oder es sind einfach die Züge der Charaktere. Aber dann müssen sich anstrengen, um ihre Sympathiepunkte wieder zu bekommen.

  • @Tariq
    @LadyK

    So, ich habe dir Situation etwas entschärft (^^;
    Mir ist das nie so extrem vorgekommen... aber vielleicht wird auch später klarer, wieso sie sich so verhalten :D

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    Ich versuch das jetzt kurz zu erläutern und ihr müsst mir bitte sagen, ob das irgendwie nachvollziehbar ist.
    Also der Alte ist Gesellschaft nicht gewohnt und hatte eine - nennen wir es harte Zeit.
    Jiyuu ist wegen der Kemai-Geschichte "grundgereizt" :D Warum er auf manche andere Dinge hier so reagiert, erfährt ihr dann im nächsten Jiyuu-Teil (Falls ich mit meiner Annahme richtig liege, was euch komisch vorgekommen sein könnte) ^^

    Entschuldige mich schon im Voraus für die Länge :D
    Wenn ich das jetzt an einer geeineten Stelle unterbrochen hätte, wäre der Rest nur noch 500 Wörter lang gewesen ^^
    Lass euch einfach Zeit <3


    Kapitel 1 - Teil 7

    Schon zeitig am Morgen ertönte das Läuten einer gewaltigen Glocke über ganz Memoria. Von diesem mächtigen und schönen Klang wurden May und Zack geweckt.
    »Verdammt, es war doch kein Traum!«, murrte Zack gähnend, während er sich die Augen rieb. Er streckte sich und setzte sich auf.
    May blickte sich verschlafen um. »Haben wir etwa bis zum nächsten Tag durchgeschlafen?«, fragte sie überrascht. Sie stand auf, ging zum Fenster und blickte hinunter. »Meinst du, sie sind irgendwo dort unten?«, fragte sie Zack.
    Die Stadt wirkte richtig lebendig. Menschen drängten sich durch die Straßen und Gassen und am Marktplatz herrschte reges Treiben.
    May lehnte sich an die Fensterbank und beobachtete das Getümmel unterhalb des Schlosses.
    »Ich weiß es nicht, aber das sollten wir möglichst schnell herausfinden«, entgegnete er ernst.
    In Gedanken versunken spielte May mit einer ihrer Haarsträhnen, die sie immer wieder um ihre Finger wickelte. Sie war beunruhigt und ratlos, wie es nun weitergehen sollte. ›Ich hoffe, Susan und Kate geht es gut. Kate würde diese Stadt bestimmt gefallen – auch wenn ich nicht die geringste Ahnung habe, wo wir hier gelandet sind …‹
    Auf einmal klopfte es an der Tür, woraufhin Zack May einen erwartungsvollen Blick zuwarf, diese aber gedankenverloren am Fenster stehen blieb und das Klopfen gar nicht richtig wahrgenommen hatte.
    Seufzend kroch er aus dem Bett und öffnete.
    Aquila stand in festlichen Gewändern im Korridor und lächelte. »Ich habe gehofft, dass ihr schon munter seid!«, meinte er erfreut.
    Er war in der Begleitung von königlichen Dienern, die nun an Zack vorbei in das Zimmer eilten und zwei riesige Silbertabletts auf den Tisch stellten. Auf diesen befanden sich reichlich Früchte und ein bis oben hin gefüllter Wasserkrug.
    »Nachdem ihr euch gestärkt habt, wäre es mir eine Ehre, euch etwas in der Stadt herumführen zu dürfen. Ihr solltet unbedingt den Markt besuchen«, lud Aquila sie mit Begeisterung ein.
    »Das ist sehr freundlich …«, sagte May etwas schüchtern. »Aber eigentlich wollten wir …«
    »Es bereitet mir große Freude, eine so schöne Maid durch mein Reich führen zu dürfen«, unterbrach Aquila sie. »Euch natürlich auch, Zachary«, fügte er noch hinzu und schmunzelte, was Zack mit einem aufgesetzten Grinsen erwiderte. »Nun gut. Lasst es euch munden!«, meinte der König und deutete auf das Obst.
    Die beiden bedankten sich beim ihm und den Bediensteten und setzten sich schließlich an den üppig gedeckten Tisch.
    »Bitte genießt in aller Ruhe die frischen Früchte. Ich erwarte euch dann später am Haupttor«, meinte Aquila, befahl die Diener hinaus und verließ ebenfalls die Räumlichkeiten, um die beiden ungestört essen zu lassen.
    Zack und May staunten über die Vielfalt der Früchte. Es gab Obst wie Äpfel, Birnen, Orangen, Bananen, Trauben, Beeren und etliches, das sie noch nie zuvor gesehen hatten.
    Zack überlegte nicht lange und begann sofort, von überall zu probieren und verschlang eine Frucht nach der anderen.
    May hingegen hatte nicht viel Appetit und starrte nur in Gedanken versunken auf den Tisch.
    »May, du solltest etwas essen«, meinte Zack mit vollem Mund. »Wenn wir uns nachher auf die Suche nach den anderen machen wollen, werden wir Energie brauchen«, riet er ihr und deutete auf eine seltsam aussehende Obstsorte. »Die da sind super lecker. Versuch mal!«
    May blickte hoch und nickte dann zustimmend. Sie nahm sich eine dieser hell­blauen runden Früchte und biss einmal kräftig ab. »Mmhh! Schmeckt wirklich gut – irgendwie nach Pfirsich … oder Erdbeere? Vielleicht eine Mischung aus beidem.« Seitdem sie gestrandet waren, lächelte sie das erste Mal wieder richtig.
    »Sag ich doch!« Zack erwiderte ihr Lächeln und aß weiter.
    Nachdem die beiden satt waren, begaben sie sich hinunter in die Eingangs­halle zu den Toren des Schlosses.
    Im Vorhof stand bereits die Kutsche, die sie am Tag zuvor hierher gebracht hatte und wartete auf sie.
    »Da seid ihr ja!« Aquila blickte schmunzelnd aus dem Fenster der Kutsche. »Wenn ihr bereit seid, können wir umgehend aufbrechen.«
    Sie stiegen ein und majestätischen Vögel setzten sich in Bewegung.
    »Sagen Sie, haben Sie sonst eigentlich nichts zu tun?«
    »Zack!«, unterbrach May ihn schockiert über seine Direktheit.
    »Verzeihung – so wollte ich das jetzt eigentlich nicht formulieren«, entschuldigte sich Zack. »Ich mein’ ja nur – hat ein König nicht viel Wichtigeres zu tun, als für zwei Schiffbrüchige den Tourguide zu spielen?«, wandte er sich etwas irritiert an Aquila.
    »Gewiss«, entgegnete dieser und lächelte May zu, die immer noch völlig entsetzt dreinblickte. »Das Schöne daran, König zu sein, ist es, dass man seine Prioritäten selbst bestimmen kann. Und was würde mein Volk für einen Eindruck von seinem König haben, wenn dieser zwei hilflos verirrten Seelen nicht behilflich sein würde?«, fragte er Zack.
    Dieser sah ihn ratlos an, da er keine Antwort darauf wusste.
    »Nun, Zachary, falls Ihr darauf hinaus wolltet, dass Ihr die Befürchtung habt, eine Bürde für mich zu sein, sorgt Euch bitte nicht weiter«, sprach er mit ruhiger Stimme, lehnte sich zurück und schloss seine Augen.
    Es dauerte keine zwei Minuten mehr, bis sie auf dem Marktplatz angelangt waren. Hier tummelten sich große Menschenmassen und es ging sehr laut und hektisch zu. Man konnte allerhand interessanter Dinge entdecken.
    Die Händler schrien in die Menge und versuchten Kunden anzulocken.
    Es gab Obst- und Gemüsestände, Gewürz- und Kräuterhändler, Waffen- und Kleiderläden und noch vieles mehr. Überall duftete es nach Essbarem und sogar Bier und Wein wurde an manchen Ständen ausgeschenkt.
    May und Zack stiegen aus der Kutsche und beobachteten wie gebannt das ganze Treiben.
    Aquila, der vor ihnen ausgestiegen war, schnippte mit dem Finger, woraufhin sich die riesigen Adler wieder in Bewegung setzten und mit der Kutsche in einer der Seitengassen verschwanden. »Ich habe bedauerlicherweise noch eine Kleinigkeit zu erledigen«, wandte sich der König an die beiden. »Wenn es euch recht ist, treffe ich euch wieder hier, wenn die Uhr zehn schlägt.« Er deutete auf eine große Uhr mit goldenen Zeigern, die sich auf einem Turm zentral hoch über dem Marktplatz befand. »Seht euch in aller Ruhe um und kauft, was immer euch beliebt!« Mit diesen Worten drückte er Zack einen Beutel voller Goldmünzen in die Hand, drehte sich um und verschwand in der Menschenmenge.
    »Was zum …«, murmelte Zack und schaute ihm entgeistert hinterher. »Was stimmt mit dem nicht!? Es weiß doch genau, dass wir uns um die anderen Passagiere Sorgen machen, oder nicht!? Erwartet er jetzt ernsthaft von uns, dass wir jetzt auf dem Mark einen Einkaufsbummel machen!?«, ärgerte sich Zack.
    »Komm schon – vielleicht sind Susan und die anderen hier irgendwo«, entgegnete May und deutete ihm, leiser zu sprechen.
    »Meinetwegen, dann beginnen wir eben hier mit der Suche«, seufzte dieser, worauf sie ihm den Geldbeutel aus der Hand riss und sich ins Geschehen stürzte.
    »Großartig. Gib einer Frau deine Kreditkarte – oder in diesem Fall Münzbeutel – und sie vergisst alle Sorgen«, murmelte Zack, zuckte mit den Achseln und folgte ihr.
    May steuerte geradewegs auf einen Laden zu, der sich in der unteren Etage eines Hauses befand und Kleidung sowie Rüstungen verkaufte. Vor dem Eingang hielt sie an und wandte sich Zack zu. »Sag mal, meinst du nicht, wir sollten uns etwas an diese Stadt anpassen?«, fragte sie.
    »Anpassen?«, entgegnete er verwirrt.
    »Zack, wir stechen hier doch total aus der Menge hervor und ziehen ständig Blicke auf uns«, meinte sie unbehaglich.
    »Ja, stimmt – ist eigentlich keine schlechte Idee«, stimmte er ihr zu und musterte die Menschen ringsum, die alle eher mittelalterliche Kleidung trugen. »Moment mal – du willst doch bestimmt nur Klamotten shoppen gehen, hab’ ich recht?« Nachdem seine Frage unbeantwortet blieb, begleitete er sie alles andere als motiviert in das Geschäft.
    May sah sich in dem Laden genau um. Es gab viele Gewänder. Kleider für vornehme Damen, Umhänge, Mäntel, Rüstungen, Brustpanzer, Gürtel, ausgefallene Hüte und vieles mehr hatten sie im Sortiment.
    Schon nach wenigen Minuten hatte sie ein Kleidungsstück gefunden, das ihr sehr gefiel. Vom Schnitt ähnelte es einem knielangen Kleid, welches aus einem robusten, aber weichen dunkel­blauenStoff genäht worden war. Es war mit silbernen Stickereien verziert und hatte ein großzügig ausgeschnittenes Dekolleté.
    »Das dürfte genau Eure Größe sein. Gefällt es Euch?«, fragte die Verkäuferin, die sich ihr neugierig genähert hatte.
    »Was kostet es denn?«, fragte May interessiert und betrachtete es von allen Seiten.
    »Sagen wir sieben Pahl – und ich gebe Euch diesen purpurfarbenen Umhang mit Kapuze dazu«, handelte die Verkäuferin. »Er ist aus echtem Drachenhaar gefertigt, wodurch er sehr robust und vor allem feuerfest ist«, erklärte sie überzeugend.
    »Drachenhaar!? Tatsächlich? Ich glaub’, ich spinn’!« Zack, der May nicht aus den Augen gelassen und mitgehört hatte, schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Ja, ich weiß, mein Herr – Drachen dürfen nicht mehr getötet werden, aber ich versichere Euch, der Drache, von dem es stammt, ist auf natürliche Weise umgekommen«, beteuerte die Verkäuferin nervös.
    »Schon gut, schon gut! Ist mir doch egal.« Zack zuckte mit den Achseln und sah sich weiter um. »Ich fühl’ mich gerade irgendwie, als wär’ ich hier in einem Fantasy-Online-Game gelandet. Die Läden sehen fast genauso aus«, staunte er.
    »Nun – wollt Ihr das Kleid kaufen? Es ist wie für Euch gemacht – Ihr müsst es einfach tragen«, drängte die Verkäuferin.
    »Ein Pahl ist, ähm – eine Münze?«, fragte May zurückhaltend. »Verzeihen Sie, wir sind nicht von hier«, erklärte sie beschämt.
    »So ist es, junge Frau. Ein Pahl – eine Münze«, erwiderte die Dame freundlich und lächelte verständnisvoll.
    May gab ihr nun die sieben Münzen und die Verkäuferin packte ihr das Kleid und den Umhang in eine Jutetasche ein.
    »Und für Euch, junger Herr? Darf es auch etwas für Euch sein?«, fragte die Frau Zack zugewandt. »Die Kleidung, die Ihr tragt, ist ziemlich…« Sie musterte ihn und las die Aufschrift „I don’t care“ auf Zacks Shirt. »Sie – sie ist wirklich überaus interessant«, meinte sie dann etwas unbeholfen.
    »Ja, wäre wahrscheinlich besser, wenn ich mir auch etwas Unauffälligeres überziehe«, ließ er sich überzeugen. Er sah sich kurz um und griff sich einen Lederharnisch, der auf einem der Ladentische lag. »Hier, das muss reichen«, sagte er kurz entschlossen.
    Drei Pahl wollte die Verkäuferin dafür und nachdem er bezahlt und die Frau ihnen alles eingepackt hatte, verließen sie den Laden wieder.
    Die Verkäuferin lächelte den beiden noch zum Abschied zu und bedankte sich.
    Zufrieden mit ihrem Einkauf sah May sich weiter um. Nach einer Weile fielen ihr ein Paar kniehohe Stiefel an einem kleinen Stand ins Auge. Sie waren aus rotbraunem Leder und kosteten nur zwei Pahl.
    »Hey, wir sollten langsam zurück, es wird bald zehn«, meinte Zack schon ziemlich gelangweilt und drängte sie, sich zu beeilen.
    »Warte noch einen Moment, ich möchte sie kaufen«, entgegnete May entschlossen.
    »Von mir aus. Ich seh’ mich derweil dort hinten um. Ich glaub, die verkaufen dort Bier. Beeil dich aber bitte, ich hab’ keine Lust mehr auf Shoppen. Ich würde jetzt viel lieber nach Susan suchen und außerdem hab’ ich Hunger – hat ja nur Obst gegeben«, murrte er. »Du kommst dann einfach nach, ok?« Er ging weiter und winkte ihr, ohne sich noch einmal umzublicken, zum Abschied zu.
    May seufzte und wandte sich an den Verkäufer dieses Standes. Nachdem sie die Stiefel bezahlt hatte und diese ihr in ein Tuch eingewickelt worden waren, wollte sie noch einen Gewürzstand in Augenschein nehmen, doch plötzlich packte jemand von hinten ihren Arm.
    Es war eine alte, asiatisch aussehende Frau, die sie mit halb zugekniffenen Augen genau musterte. »Bist du’s wirklich? Oh ja, du bist es! Kind, du bist vielleicht gewachsen!«, rief die Frau aufgeregt und zerrte an ihrem Arm.
    »Was – was wollen Sie von mir? Lassen Sie mich los!«, verlangte May verwirrt.
    »Beeile dich, mein Kind – schnell! Du musst diesen schrecklichen Ort sofort verlassen! Du darfst keine Zeit mehr verlieren, es ist viel zu gefährlich hier!«, drängte die Alte sie.
    »Was – was reden Sie da!? Lassen Sie mich endlich los!«, forderte May und versuchte sich von ihrem festen Griff zu lösen.
    Verzweifelt sah die alte Frau sie an und ließ schließlich von ihr ab.
    »Bitte, May – nimm das an dich!«, flehte die Alte und drückte ihr eine Halskette in die Hand.
    Im nächsten Moment stürmten Soldaten herbei und packten die Frau an ihren Armen.
    ›Sie weiß, wie ich heiße!?‹, wunderte sich May und betrachtete wie gelähmt das Geschehen.
    »Bitte! Verliere sie nicht!«, rief die Frau ihr noch zu, bevor die Soldaten sie knebelten und daraufhin wegschleppten.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Aquila, der nun hinter May stand und seine Hand sanft auf ihre rechte Schulter legte.
    May blickte kurz zu ihm auf, sah dann aber wieder der seltsamen Frau hinterher.
    »Sie ist alt und verwirrt – weiß oft nicht, was sie spricht oder tut«, meinte Aquila und hob die verpackten Stiefel auf, die ihr bei der Aufregung hinunter­gefallen waren. »Verschwendet keinen Gedanken an sie und macht Euch keine Sorgen«, sprach er mit ruhigem Ton.
    May betrachtete die Kette, die ihr die alte Frau gegeben hatte. An ihr hing ein silberfarbener Anhänger, der die Form einer Adlerfeder hatte und im Sonnenlicht aufblitzte. »Sie hat gesagt, sie kennt mich«, meinte sie verwirrt.
    Als Aquila den Anhänger erblickte, begannen seine Augen begierig zu funkeln. »Zerbrecht Euch darüber nicht weiter den Kopf. Wie gesagt – sie redet oft wirres Zeug vor sich hin«, entgegnete er, während er den Anhänger weiterhin wie gebannt fixierte.
    Zack, der sich inzwischen noch eine Umhängetasche gekauft hatte, stieß schließlich zu ihnen.
    May warf ihm einen betrübten Blick zu.
    »Was ist? Rucksäcke hatten sie keine und Taschen sind nicht nur was für Frauen. Außerdem hab’ ich mir gedacht, die könnte vielleicht nützlich sein«, sagte er mit einem sich verteidigenden Ton und umarmte spielerisch die neue Tasche. Schließlich bemerkte er Mays Verunsicherung. »Hab’ ich was verpasst?«, fragte er ernst.
    »Ich …«, wollte sie antworten, doch der König fiel ihr ins Wort.
    »Es wird bald Mittag und ich muss noch einigen königlichen Pflichten nach­kommen. Ich würde euch beide also bitten, zunächst einmal zurück aufs Schloss zu fahren«, meinte er, sich entschuldigend.
    May und Zack wollten sich eigentlich auf die Suche nach den anderen Passagieren der Segeljacht machen, hatten aber irgendwie ein ungutes Gefühl, zu widersprechen und ließen sich daher von Aquila zur Kutsche begleiten.
    Dieser wartete, bis sie eingestiegen waren und gab den Adlern ein Zeichen, die Kutsche in Bewegung zu setzen.
    Während der Fahrt dachte May über ihre Begegnung mit der seltsamen alten Frau vom Marktplatz nach. Dass diese wusste, wie sie hieß, wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen.
    Zack spürte, dass sie etwas beschäftigte, wollte sie aber vorerst nicht drängen.
    Vor den Toren des Schlosses angekommen, wurden die beiden sofort von Hofdienern abgeholt und in ihre Zimmer geleitet. Nachdem sie sich bedankt hatten, zogen diese sich wieder zurück.
    Zack setzte sich schweigend an den Rand seines Bettes.
    »Alles okay?«, fragte May ihn.
    »Das wollte ich dich auch schon die ganze Zeit fragen. Wenn du mich fragst – ich finde das bescheuert! Ich würde jetzt viel lieber nach Susan und den anderen suchen«, rief er. »Was soll’s – warten wir ab, bis dieser komische König wieder hier ist.« Er raufte sich die Haare, stand wieder auf, ging zum Fenster und blickte nachdenklich auf die Stadt hinab.
    »Weißt du was? Ich zieh’ mich mal um«, sagte May plötzlich, ging ins Badezimmer und knallte die Türe hinter sich zu. An die Türe gelehnt blieb sie stehen. Ihre Unterlippe fing zu zittern an und über ihre Wangen liefen Tränen.
    ›Ich will nicht mehr. Was sollen wir nur tun? Wo sind Kate und Susan? Ich halte das nicht mehr aus…‹ Sie wollte wieder nach Hause und weg von diesem seltsamen Ort.
    Zack hatte den Lederharnisch einstweilen übergezogen und hantierte an den Schnallen herum, als May wieder aus dem Badezimmer kam. Er warf ihr einen überraschten Blick zu und musterte sie von oben bis unten. »Hey, das sieht ja gar nicht mal so schlecht aus!« Er grinste.
    »Was heißt hier „gar nicht mal so schlecht“?!«, fragte sie ihn herausfordernd und stemmte ihre Arme in die Hüfte.
    »Dieses Teil hier ist jedenfalls nicht gerade bequem«, versuchte er abzulenken und schloss die oberste Schnalle an seinem Harnisch. Danach blickte er sie ernst an. »Wir sollten dann wirklich bald nach den anderen suchen. Wenn Susan irgendetwas passiert ist, bringen mich meine Alten um!«
    »Ja, du hast recht. Wer weiß, ob es ihnen gut geht…« May hielt inne und warf Zack einen erwartungsvollen Blick zu. Sie hoffte auf aufmunternde Worte, doch dieser setzte sich wortlos an den Tisch.
    »Was denkst du über all das hier? Ich meine …«
    »Was soll ich schon denken!?«, fiel er ihr ins Wort. »Das macht mich total irre, nicht zu wissen, wo wir sind – wo die anderen sind und ob es ihnen gut geht. Sieh dich doch mal um!« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich hab’ noch nie von so einer Insel gehört und abgesehen davon – die leben hier wie im Mittelalter. Die haben von unserem Land genauso wenig Ahnung, wie wir von ihrem. Wenn dieser komische König hier wieder auftaucht, sollten wir ihn zur Rede stellen und irgendeine Möglichkeit finden, unsere Familien zu kontaktieren.«
    May setzte sich aufs Bett und seufzte. »Er wird uns bestimmt helfen. Bisher waren alle ja sehr freundlich und hilfsbereit.« Sie starrte auf den Anhänger mit der Halskette, die sie in ihrer Hand hielt. »Diese Frau vorhin – das war irgendwie seltsam«, murmelte sie leise vor sich hin, ließ sich zurückfallen und schloss ihre Augen.

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    Kapitel 1 (Teil 8 )

  • @kijkou gefällt mir der Teil :) trotzdem ein paar Anmerkungen im Spoiler :D

    Spoiler anzeigen
    Zitat von kijkou

    »Haben wir den kompletten restlichen Tag und die ganze Nacht durchgeschlafen?«, fragte sie überrascht.

    Zitat von kijkou

    ›Wo sind wir hier nur gelandet…?‹, fragte sie sich pausenlos.

    Viel wichtiger ist doch die Frage, wo ihre Freunde bzw. Familie sind oder nicht? Ich würde irre werden vor Sorge X/:huh:

    Zitat von kijkou

    Aquila stand in festlichen Gewändern

    :mimimi: schon wieder

    Zitat von kijkou

    Zack und May staunten über die Vielfalt der Früchte. Es gab Obst wie Äpfel, Birnen, Orangen, Bananen, Ananas, Trauben, Beeren und etliches, das sie noch nie zuvor gesehen hatten.

    Die kriegen nur Obst zum Frühstück??? Hunger lässt grüßen :rofl:

    Erstmal, was mir ins Auge gestochen ist. Auf Fehlersuche hatte ich heute keine Lust :D

    Aber ich gebe zu Bedenken, dass die beiden mir ein bisschen zu sorglos erscheinen... Die vergessen ja fast, was sie eigentlich noch machen wollten. Aber vielleicht muss das auch so. Eine Stadt, in der man vergisst, wer man ist und was man wollte... Ziemlich unwahrscheinlich :huh:

    Aquila wird mir immer undurchsichtiger... Der scheint mir nicht alle Tassen im Schrank zu haben :D

    LG

  • Danke für deine Kommis ^^
    LG kij

  • Also ich hab den Part jetzt auch gelesen, @kijkou, und ich muss @LadyK rechtgeben.

    Spoiler anzeigen

    Die beiden wirken auf mich, als hätte man ihnen eine Gehirnwäsche verpasst. Zack's Schwester ist verschwunden, und die besten Freundinnen von May. Wäre ich in ihrer Situation, wären die Leute abends mein letzter und morgens mein erster Gedanke. Ich kann nicht begreifen, wie sie an Stadt- und Einkaufbummel denken können. Sind sie wirklich so oberflächlich? Einen Beutel Gold in die Hand gedrückt zu bekommen, einfach so, würde bei mir alle Alarmglocken schrillen lassen. Auch hier stimm ich LadyK zu, Aquila ist ein seltsamer König, der zwei wildfremden Dahergelaufenen höchstselbst die Stadt zeigen will. Der sogar in der Kutsche wartet, bis seine Gäste fertig gefrühstückt haben und sich herbeibequemen :rofl:
    Unbegreiflich. Dann noch der Vorfall auf dem Markt. Selbst da wundert sich May nur. Kriegen die zwei Drogen, die sie alles vergessen lassen? 8|
    Geschrieben ist es aber auf jeden Fall wirklich gut. Schöne Beschreibungen! Auch die Dialoge zwischen den beiden jungen Leuten sind erfrischend und ihrer Zeit und ihren (bisherigen) Lebensumständen angepasst.

    Bin gespannt was du mit den beiden noch vorhast. Und vor allem, wie du die beiden Geschichtsstränge mal zusammenführen wirst. Weiter so.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • @kijkou schön, wenn ich helfen kann :D

    Zitat von kijkou

    Hm.... in der ursprünglichen Version hatte ich diese Thematik mehr hervorgehoben - da hat mich ein Freund darauf hingewiesen, dass sie nur am Jammern sind und dass sie ohnehin momentan nichts dran ändern können. Weil entweder sie sind hier irgendwo, dann finden sie sie irgendwann oder sie sind abgesoffen (^^;

    Hast du einen Vorschlag, wie ich das noch anders beschreiben könnte? Ich versuch sie ja, an die anderen denken zu lassen, aber in der Version davor kam das anscheinend wie eine Jammer-Orgie rüber :D

    Ich finde nicht, dass es dann zu viel Gejammer wäre. Das ist auch Geschmackssache. Dein Freund hat ja auch recht, es gibt ja nur diese zwei Möglichkeiten. Dennoch finde ich, dass die beiden damit viel zu locker umgehen... Du könntest hier und da noch ein paar Dinge mit einfließen lassen. Vielleicht mal ein Beispiel :
    Als May und Zack Einkaufen waren, hättest du May ja denken lassen können, dass ihren Freundinnen das gut gefallen hätten oder so... Dann dieser Gedanke, dass sie ja noch irgendwo im nirgendwo sein könnten und bumm zack! Hast du etwas, wo nicht rummgejammert wird. Aber wie du das letztendlich umsetzt, musst du ganz allein entscheiden. Der Part ist deswegen nicht schlechter, es wirft nur seltsame Fragen auf, wie du bemerkt hast ;)

    Hoffe, du hast verstanden, was ich meine :D

    Weiter so auf jeden Fall, bin gespannt wie es weiter geht :thumbsup:

    LG

  • Hi, ihr Lieben!

    @Tariq
    @LadyK

    Ich verstehe, was ihr meint, und habe mich wieder bemüht, den Part zu verbessern... Ist jetzt hoffentlich etwas besser geworden...

    Spoiler anzeigen

    Aquila ist ein seltsamer König, der zwei wildfremden Dahergelaufenen höchstselbst die Stadt zeigen will. Der sogar in der Kutsche wartet, bis seine Gäste fertig gefrühstückt haben und sich herbeibequemen :rofl:

    Kriegen die zwei Drogen, die sie alles vergessen lassen? 8|

    Ja - er ist definitiv komisch, aber das muss so sein ;) Im nächsten Part wird das vielleicht etwas klarer ^^
    Aber jetzt ist erstmal wieder Jiyuu und der Jäger an der Reihe :D


    :rofl: :rofl: Drogen :rofl: :rofl: Das nicht, aber diese seltsame Umgebung "flasht" sie schon etwas :D


    Kapitel 1 - Teil 8


    Ein wenig desorientiert erwachte Jiyuu im Bett des alten Jägers und schreckte auf, als dieser gerade dabei war, ihm eine Schale mit Pilzsuppe hinzustellen.
    »Oh, ich wollte dir keinen Schreck einjagen«, meinte der Alte etwas amüsiert. »Ich habe dir nur eine kleine Stärkung gebracht.«
    Verschlafen beobachtete Jiyuu den aufsteigenden Dampf der köstlich duftenden Suppe, die nun auf dem Tisch neben ihm stand, als sich der alte Mann zu ihm ans Bett setzte.
    »Hey, du Faulpelz! Hör auf, das Essen anzustarren – iss es, bevor es kalt wird!«, wies Filon ihn an. Er zeigte auf die Suppe und räusperte sich. »Erzähl mir etwas über deine Mutter, Junge«, sagte er direkt.
    Jiyuu sah ihn überrascht an. ›Warum fragt er nach meiner Mutter?‹, wunderte er und setzte sich schließlich auf. Seine Wunde zwickte, als er seine Muskeln anspannte, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, um sich weitere Belehrungen des Alten zu ersparen. »Nenn’ mich nicht immer Junge!«, meinte er mürrisch, nahm die Suppe vorsichtig vom Tisch und begann, in Gedanken versunken umzurühren. »Wieso soll ich dir etwas über meine Mutter erzählen?«, wollte er wissen.
    Filon lächelte. »Ich bin einfach nur neugierig, Junge.«
    Jiyuu stellte die Suppe hastig auf den Tisch zurück, sodass diese auf der Seite überschwappte. »Sag mal, hörst du alter Sack mir eigentlich zu?!«, rief er gereizt. »Du sollst mich nicht ständig Junge nennen! Ich bin …«
    »Hat sie glänzend schwarzes Haar?«, fiel Filon ihm ins Wort. »Hat sie weiche rosige Lippen und wunderschöne schwarze Augen – und wenn sie lächelt, hat sie ein kleines Grübchen auf der linken Wange!?«, fragte er immer weiter und schien aufgebracht zu sein.
    »Hey, alter Mann, was willst du damit bezwecken?!«, fragte Jiyuu ärgerlich. »Ich habe meine Mutter überhaupt nicht gekannt! Sie ist gleich nach meiner Geburt gestorben.« Langsam wurde er richtig wütend. Warum musste der Alte gerade dieses Thema ansprechen?
    Dieser deutete auf Jiyuus Brust. »Aber dieses Amulett – der Anhänger in Form einer Adlerklaue …«
    »Was ist damit!?«, unterbrach er Filon und holte die Kette hervor, an der sich der goldene Anhänger befand.
    Filon packte Jiyuus Hand, mit der er die Kette festhielt. »Ja, genau das ist es! Das war ihres!«, rief er und atmete tief durch. »Und du hast es wirklich von deiner Mutter? War ihr Name Tsuyo!?«, fragte Filon aufgeregt und blickte ihm tief in die Augen.
    ›Aber woher weiß er, wie Mutter geheißen hat?‹ Jiyuu sah ihn befangen an und nickte schließlich. »Ja. Mein Vater hat es aufbewahrt und mir gegeben, als ich fünf Jahre alt geworden bin«, meinte er ruhig. Er befreite sich auf Filons Griff und ließ die Kette wieder los, sodass das Amulett unter seinem Gewand verschwand. »Aber – aber warum – woher weißt du das alles?«, fragte er verwirrt.
    »Dann ist es also wahr«, seufzte Filon. Ihm liefen Tränen über die Wangen und er wurde ganz blass, als hätte er einen Geist gesehen.
    »Was!? Was ist wahr!? Spuck’s endlich aus!«, schrie ihn Jiyuu ungeduldig an.
    »Tsuyo ist also nicht mehr am Leben.« Der alte Mann wischte sich die Tränen weg und legte Jiyuu seine Hand auf die Schulter. »Tsuyo war – sie war meine Tochter«, seufzte er, worauf ihn Jiyuu fassungslos anblickte.
    »Aber – aber das heißt ja – das heißt, dass du …«, stammelte er.
    »Du bist mein Enkel, wie es scheint«, sagte der Alte, nun ebenfalls durcheinander.

    Beide schwiegen und blickten sich gegenseitig an, bis Jiyuu die Stille unterbrach.
    »Was ist denn mit diesem Amulett? Hat es eine bestimmte Bedeutung?«, fragte er neugierig.
    Der Alte lachte und blickte dann schwermütig auf das Foto, das auf dem Tisch stand. »Oh ja, natürlich. Es ist ein Symbol und übrig gebliebenes Artefakt des alten Volkes aus Memoria, das noch vor ungefähr zweihundert Jahren gelebt hat.
    Die Menschen vom alten Volk haben mit den Goldadlern sprechen können. Heute gibt es von ihnen nur noch eine Hand voll, denen die Gabe erhalten geblieben ist und diese leben meist zurückgezogen. Ein Bruchteil hält sich bestimmt noch in Memoria auf, von wo auch ich stamme«, er seufzte. »Doch ich lebe jetzt schon seit vielen Jahren in dieser Hütte – seit der Geburt deiner Mutter. Heute ist Memoria offen für Handel und eine der mächtigsten Städte Ignotus’. Reisende kommen von überall her, um den Markt zu besuchen.
    Damals jedoch haben wir, die in Memoria gelebt haben, keinen Kontakt zu anderen Völkern haben dürfen. Wir sind gelehrt worden, dass wir verdorben und verflucht würden, wenn wir es wagen sollten, die schützende Stadt alleine zu verlassen.
    Zur Zeit meiner Jugend haben noch einige die schwach ausgeprägte Gabe gehabt, mit den Goldadlern zu sprechen. Der hohe Rat hat befürchtet, jemand von außerhalb könne uns diese wertvolle Fähigkeit rauben …«, wieder atmete Filon tief durch. »Doch eines Tages habe ich ein wunderschönes junges Mädchen namens Junsui aus einem kleinen Nomadenvolk kennengelernt. Die Nomaden haben sich auf dem weiten Land östlich der Stadt für eine Weile niedergelassen gehabt. Ich habe natürlich gewusst, dass man sich nicht alleine von der Stadt entfernen sollte, doch ich bin so fasziniert von der Schönheit des Mädchens gewesen.
    Schließlich haben wir uns verliebt und ich habe sie immer wieder heimlich getroffen. Eines Tages hat Junsui mir gesagt, dass sie ein Kind erwartet und einige Monate später hat deine Mutter das Licht der Welt erblickt.
    Ich bin vor den königlichen Rat getreten und habe darum gebeten, meiner Frau und meiner Tochter Einlass in die Stadt zu gewähren – doch stattdessen haben sie mich und meine Familie verstoßen.« Er hielt kurz inne, sah Jiyuu schwermütig an und fuhr dann fort. »So haben wir also hier im westlichen Teil des Waldes in dieser Hütte gelebt. Es ist hier draußen sehr gefährlich ohne den Schutz der Stadtmauern. Wilde Biester und Kreaturen treiben sich im Wald herum.
    Eines Abends, als Junsui und Tsuyo nach Feuerholz gesucht haben und ich auf der Jagd gewesen bin, sind die beiden von den Kemai angegriffen worden. Sie haben unsere Tochter verschleppt und meine Frau verletzt zurückgelassen. Sie müssen Tsuyo wohl in ihr Lager gebracht haben.« Der alte Mann seufzte abermals. »Die Verletzungen meiner Frau sind zum Glück schnell verheilt, doch für die Wunden tief in ihrem Herzen hat es keine Heilung gegeben. Sie hat sich tagtäglich die Schuld an Tsuyos vermeint­lichem Tod gegeben. Sie hat es nicht verkraftet und eines Tages habe ich sie dann im Wald gefunden – sie hat sich das Leben genommen – sich an einem Baum erhängt.« Er wischte sich eine weitere Träne weg. »Aber das ist jetzt schon sehr, sehr lange her …« Filon klopfte Jiyuu, der ihm aufmerksam zugehört hatte, kräftig auf den Rücken. »An der Vergangenheit kann man leider nichts mehr ändern, also schau nicht so und iss endlich deine Suppe!«, wechselte er das Thema.
    Jiyuu starrte ihn bewegt an und wusste nicht, was es sagen sollte.
    »Na komm schon – iss endlich! Alles muss man euch jungen Leuten zweimal sagen«, meinte Filon, nahm die Suppe vom Tisch und hielt sie ihm hin.
    Dieser nahm sie wortlos, hielt den Löffel zur Seite und trank sie in einem Zug aus. »Sag mal …« Er stellte die leere Schale zurück auf den Tisch und wischte sich den Mund ab. »Memoria – wo genau liegt diese Stadt eigentlich?«, fragte er den Alten interessiert.
    »Westlich von hier – zwei bis vier Stunden Fußmarsch, würde ich sagen«, entgegnete Filon und schüttelte den Kopf. »Ich würde dir aber davon abraten …«, sprach er weiter, stand mit einem Seufzer auf und ging Richtung Tür. »Du solltest dich wieder hinlegen. Deine Wunde braucht noch Schonung«, riet er ihm und verließ darauf das Zimmer.
    Jiyuu blickte seinem Großvater hinterher. Dann holte er die Kette wieder hervor, an der das Amulett seiner Mutter hing. ›Vater hat mir davon nie etwas erzählt…‹ Nachdenklich starrte er es an. »Memoria …«, murmelte er vor sich hin, umfasste die goldene Adlerklaue und blickte aus dem Fenster.

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    Kapitel 2 (Teil 9)

  • Liebe @kijkou

    Spoiler anzeigen

    du musst nicht immer deine Texte gleich ändern, nur weil @LadyK oder ich irgendetwas seltsam oder unbegreiflich daran finden. Es spricht überhaupt nichts dagegen, ein wenig verschrobene Charaktere zu haben in der Story. Pass bitte auf, dass du DEINE Geschichte nicht völlig verbiegst, indem du dich bemühst, immer alles irgendwie an die Meinung deiner Leser anpassen zu wollen. Es ist völlig in Ordnung, wenn ein Leser sich an den Kopf greift, weil er das Handeln eines (oder mehrerer) deiner Charaktere nicht nachvollziehen kann.
    DU hast einen Plan, einen roten Faden, den du offensichtlich konsequent verfolgst. Sonst würdest du nicht immer wieder auf später verweisen. ;) Dann nimm dir doch die Freiheit und sage uns zwei Meckertanten einfach mal: NA UND? Dann ist es eben so! Ihr werdet schon noch sehen, warum. Und ich lasse es, wie ich es geschrieben habe. Basta.
    Es sind ja keine Fehler, die hier angekreidet werden (bei sowas solltest du dann schon nochmal drüberschauen). Es sind doch nur zwei Meinungen, rein subjektive. Nur weil sich deine Chars nicht verhalten wie die breite Masse (oder wie wir es von ihnen erwarten), musst du nicht gleich versuchen, ihr Verhalten unseren Erwartungen anzupassen.
    Bleib dir und deiner Geschichte treu! Dann sind die Zwei eben naiv und oberflächlich. Oder zumindest scheinen sie so. Kann ja sein, dass wir die Gründe noch erfahren.
    Warum ich dir das sage? Weil ich es am Anfang ähnlich gemacht habe. Jeder Kommi, der den leisesten Hauch von Kritik an meinem Geschriebenen oder gar an meinen Charakteren zeigte, hat mich veranlasst, meine Posts superkritisch zu beäugen, Änderungen einzupflegen, Textstellen zu streichen, Ergänzungen einzufügen. Und wenn ich die ersten Teile heute so lese, dann frage ich mich manchmal, wieviel von der eigentlichen Geschichte, also von meinem Text, noch drinsteckt. Wie viel noch von mir ist.
    Ich sag's nochmal: es ist deine Geschichte. Natürlich solltest du hellhörig werden, wenn Leser dir direkt sagen, dass sie - wäre es ein Buch - dieses jetzt nicht weiterlesen würden. Da würden auch bei mir Zweifel kommen, ob ich gut schreibe, und ich würde kritischer hinschauen auf das, was ich geschrieben habe. Aber solange LadyK und ich sagen: "Wir bleiben dran, mal sehen, wie es weitergeht" - so lange mach dein Ding! :thumbup:
    Ganz liebe Grüße
    Tari

    Edit, weil du inzwischen einen neuen Textabschnitt gepostet hast:

    zum neuen Teil


    Eine überraschende Wendung! Da hab ich gestaunt, obwohl mich die Reaktion des Alten auf das Amulett schon irgendwie drauf gebracht hat, dass er es (oder den vorherigen Besitzer) kennt.
    Und Zack - hast du den Bogen zu Memoria geschlagen. Finde ich gelungen!
    Dann können wir also davon ausgehen, dass Filons Tochter im Lager der Kemai einen Mann kennengelernt hat und Jiyuu schon dort geboren wurde. Ich muss gestehen, ich weiß gar ncht, wie alt er ist. hattest du das schon mal irgendwo erwähnt? :hmm:

    Na wie ich ihn kenne, wird er sich auf den Weg in die Stadt machen, sobald er kräftig genug ist. Oder er geht und hilft wirklich den Anderen, wie er es schon vorhatte. Wobei ich nicht genau weiß, wen speziell er nun meint. Alle, die mit ihm geflohen sind, sind umgekommen oder wurden zurückgebracht. Will er wirklich nochmal zurück zu diesem Lager??
    Spannend... 8o

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    Einmal editiert, zuletzt von Tariq (19. Mai 2018 um 13:03)

  • Hi @Tariq

    Ich ändere eh nur die Dinge, wo ihr recht habt ^^
    Sonst würde ich den irren König ja auch umschreiben, aber das passt schon so :D

    Ich tu mir manchmal bei den Charakteren schwer, ihr Handeln richtig rüberzubringen, weil ich ja auch schon das Ende und alles zukünftige im Kopf habe... Also Anfangs war das zumindest noch so, mittlerweile treiben die Charaktere die Geschichte weiter :D

    Deswegen mag ich eure Kommis so gerne <3 weil sie mir zeigen, wie es auf Leser wirkt, die den weiteren Verlauf der Geschichte nicht kennen und ich find es spannend, zu erfahren, was euch überrascht hat oder spannend war oder was auch immer - weil ich selbst ja dieses Erlebnis nicht habe :D

    LG
    kij

  • Hey @kijkou dein neuer Part gefällt mir gut :thumbsup: nicht zu kurz und nicht zu lang, genau auf den Punkt gebracht. So mag ich das ^^

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    Ich habe da ja eine Vermutung, wen er in Memoria trifft, aber ich kann mich ja irren. :rolleyes:

    Ich bin gespannt, in welcher Reihenfolge er seine Ziele abarbeitet... Mal schauen, was er nun macht...

    Und ich muss mich auf jeden Fall @Tariq anschließen, denn es ist dein Text und deine Vorstellungen, deine Ideen. Wir geben lediglich Hinweise und Anregungen :D

    LG

  • Spoiler anzeigen


    Ich habe da ja eine Vermutung, wen er in Memoria trifft, aber ich kann mich ja irren. :rolleyes:

    Ich glaube, ich weiß, wen du meinst :D

    Ich bin gespannt, in welcher Reihenfolge er seine Ziele abarbeitet... Mal schauen, was er nun macht...


    Und ich muss mich auf jeden Fall @Tariq anschließen, denn es ist dein Text und deine Vorstellungen, deine Ideen. Wir geben lediglich Hinweise und Anregungen :D
    Und das macht ihr hervorragen ^^

    Danke dir ^^

    LG kijkou

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    Der letzte Part von Kapitel 1:


    Kapitel 1 - Teil 9


    Zur späten Mittagszeit klopfte es an Mays und Zacks Zimmertür. Es war König Aquila, der nach den beiden sehen wollte. »Euch passen diese Gewänder wie angegossen!«, rief er begeistert. »Ich habe mir erlaubt eine kleine Tafel anzurichten. Ihr müsst am Verhungern sein.«
    »Können wir zuvor mit Euch sprechen? Es geht um unsere Freunde und um …«
    »Nichts würde ich lieber tun, als einer schönen jungen Maid, wie Ihr es seid, mein Gehör zu schenken«, unterbrach er May. »Lasst uns diese Angelegenheit doch gleich bei Tisch besprechen. Ich hoffe, ihr habt großen Appetit.«
    »Und wie – ich habe schon einen Bärenhunger!«, rief Zack offensichtlich erfreut.
    »Nun gut! Dann werde ich dem Küchendiener Bescheid geben, er solle die Speisen in Windeseile vorbereiten. Bitte, folgt mir!«, bat Aquila die beiden.
    Er führte sie in einen prunkvoll eingerichteten Speisesaal, welcher sich im Erdge­schoss befand. In dessen Mitte stand ein sehr großer langer Tisch, an dem bestimmt an die fünfzig Leute Platz gehabt haben mussten. Er war mit goldenen Tellern und Platten gedeckt, auf denen die köstlichsten Speisen angerichtet waren.
    Das beeindruckende Deckengewölbe des Saals wurde von Säulen getragen, die parallel zu den Wänden einen Gang bildeten. Auf einer Seite befanden sich Fenster aus buntem Glas, auf denen Bildnisse prächtiger Adler zu sehen waren.
    Aquila führte Zack und May zu den für sie vorgesehenen Plätzen und deutete ihnen, sich zu setzen. »Ich hoffe, es entspricht eurem Geschmack! Man wird euch sofort den Wein kredenzen«, kündigte er an, schritt um die gesamte Tafel herum und nahm auf der gegenüberliegenden Seite Platz. Er klatschte in die Hände und prompt kam ein Diener mit einer großen Weinkaraffe in den Saal geeilt.
    Dieser schenkte ihnen in mit Rubinen verzierten Kelche ein.
    Zack blickte sich um. Er konnte eine Vielzahl an köstlich aussehenden Speisen ausmachen und fand auch etliche ihm bisher unbekannte Gerichte.
    In der Mitte der Tafel befand sich sogar so ein Tier, das sie noch am Vortag auf dem Strand ange­griffen hatte – ein gegrilltes Viridis-Porcus, das in seinem jetzigen Zustand einem grünen, zu groß geratenen Spanferkel glich. Auch reichlich Früchte und Brot waren aufgedeckt. Der königliche Koch hatte scheinbar an alles gedacht und es fehlte wirklich an nichts.
    »Bitte, greift doch zu«, forderte sie Aquila auf.
    Zack ließ sich das nicht zweimal sagen und begann seinen Teller zu füllen. Er stand auf, um so an die Speisen besser heranzukommen und nahm sich von überall etwas, da er alles probieren wollte. »Das ist echt ein Service hier! Da habt ihr euch wirklich Mühe gegeben«, lobte Zack den Küchendiener, der ihm gerade etwas irritiert eine Stoffserviette reichte. »Nach dem Essen sollten wir unbedingt endlich nach den anderen suchen und dann langsam überlegen, wie wir wieder nach Hause kommen«, wandte er sich an May und reichte ihr das Brot.
    »Ja, unbedingt!«, entgegnete sie. »Ich frage mich, ob sie überhaupt hier in der Stadt sind – vielleicht sind sie ja ganz woanders gestrandet. Und wenn wir sie gefunden haben – was dann? Wir wissen ja nicht einmal, wo genau wir hier sind«, seufzte sie niedergeschlagen.
    Aquila sah die beiden verwundert an. »Ihr seid in Memoria – auf Ignotus, das habe ich euch doch bereits mitgeteilt«, unterrichtete er sie erneut.
    »So ein Land ist uns aber leider nicht bekannt, Eure Hoheit«, sagte May mit zurückhaltender Stimme. »Wir – wir haben weder ungefähre Koordinaten von hier, noch die leiseste Ahnung, wo wir gekentert sind. In dieser Stadt wird es vermutlich auch kein Telefon geben – oder ein Faxgerät, einen Computer mit Internetanschluss oder – oder vielleicht einen Telegraphen – oder sonst irgendwelche andere Kommunikations­mittel …?«, fragte sie den König, ohne jedoch auf eine positive Antwort zu hoffen.
    »Diese Dinge sind mir leider kein Begriff, bitte verzeiht meine Unwissenheit. Ich kann euch lediglich Vögel offerieren, die in der Lage sind, kurze Botschaften zu übermitteln, doch die werden euch mit Sicherheit nicht dienlich sein, fürchte ich«, erwiderte Aquila bedauernd.
    »Vögel!?«, rief Zack lauthals. »Nein, ernsthaft? Brieftauben – der gefällt mir! König Aquila, Ihr seid wirklich genial! Womöglich nennt Ihr sie auch noch „Briefadler“ …« Er lachte.
    Aquila warf Zack einen undefinierbaren Blick zu. »Es freut mich, dass ich solch Verzückung in Euch errege, Zachary«, meinte er ruhig und wandte sich wieder May zu. »Macht Euch nicht so viele Gedanken. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um Euch zu helfen«, versicherte er ihr.
    »Habt Ihr vielleicht ein Schiff oder Boot, mit dem wir wieder nach Hause …«, wollte Zack fragen, doch hielt inne, da Aquila bereits den Kopf schüttelte.
    »Wenn Ihr wünscht, kann ich meine besten Architekten und Baumeister bitten, euch ein Schiff anzufertigen …«, meinte Aquila. »Doch würde ich euch so in den sicheren Tod schicken. Aus gutem Grund meiden wir das offene Meer, da schon viele von uns, die es gewagt hatten, hinaus zu segeln, verschwunden und nie wiedergekehrt sind«, sprach der König.
    »Ich verstehe … Hm, wir müssen ohnehin zunächst die anderen finden, bevor wir über eine Heimreise nachdenken können. Ich hoffe wirklich, dass sie hier irgendwo in dieser Stadt gelandet sind. Ich meine, falls ja, müssen sie auch total am Durchdrehen sein und wenn sie dadurch Aufsehen erregen, würden wir das doch bestimmt irgendwie erfahren«, meinte Zack und sah Aquila erwartungsvoll an.
    »Gewiss.« Dieser lächelte und erhob sich vom Tisch. »Verzeiht, bitte. Es ist schon spät. Ich werde mich in meine Gemächer zurückziehen.« Er verneigte sich kurz. »Bitte, bleibt doch noch und genießt die Speisen und den Wein, solange ihr wollt. Es war mir eine Freude«, sprach der König, wendete sich vom Tisch ab und verließ mit leisen Schritten den Saal.
    Zack und May starrten ihm verdutzt nach.
    »Seltsam. Spät? Es ist doch erst früh am Nachmittag«, wunderte sich Zack und kratzte sich am Kopf. »Hab’ ich irgendwas Falsches gesagt?«
    »Vielleicht hat er auch nur viel zu tun. Wir sollten besser auch in unser Zimmer zurückgehen. Ich fühle mich hier nicht wohl, so allein in diesem großen Saal«, entgegnete May, rückte mit ihrem Stuhl vom Tisch weg, stand auf und zerrte an Zacks Ärmel, um diesen zum Aufstehen zu bewegen. »Und irgendwie fühle ich mich beobachtet.«
    »Aber es ist doch keiner hier«, meinte dieser und blickte das Essen an, als würde er sich nicht von ihm trennen wollen.
    »Bitte, Zack – komm!«, bat sie ihn erneut.
    »Okay, okay! Warte noch kurz – ich nehm’ mir noch ein bisschen was aufs Zimmer mit«, seufzte er nachgiebig. Unentschlossen blickte er sich auf dem Tisch um, nahm sich schließlich einen großen Teller mit Früchten und folgte May.

    »Hey, ihr beiden, ule!«, rief eine Stimme plötzlich, als sich die beiden gerade im Korridor im zweiten Stock befanden. Sie erschraken, sodass Zack beinahe den Teller fallen ließ.
    Es war der kleine Mann, der den König begrüßt hatte, als dieser mit May und Zack in der Stadt eintraf. »Seine Majestät hat mich davon in Kenntnis gesetzt, dass ihr auf der Suche nach euren Kameraden seid, ule«, meinte dieser.
    »Ja, das stimmt«, entgegnete May erwartungsvoll.
    »Nun gut, ule! Ich wurde angewiesen, euch bei der Suche zu unterstützen, ule. Ihr seid befugt in meiner Gesellschaft die königliche Kutsche zu nutzen, ule«, erklärte er stolz.
    »Und du bist …?«, fragte Zack misstrauisch.
    »Mein Name ist Jarule, ule. Ich bin des Königs rechte Hand, ule«, stellte sich der Zwerg vor.
    »Jarule-Ule?«, fragte Zack neckisch und grinste.
    »Ihr habt mich missverstanden, ule. Ich bin Jarule … ule«, erklärte sich der kleine Mann.
    »Ja – sag ich doch! Jarule-Ule«, erwiderte Zack mit unschuldiger Miene.
    »Nein, nein, nein, ule! Nicht Jarule-Ule, ule! Nur Jarule … ule!«, beanstandete Jarule unwirsch.
    »Oh, bitte um Verzeihung, Jarule-Ule-Ule. Ich hab’ es vorher nicht – Autsch!!«
    May stieß Zack mit dem Ellenbogen an, sodass diesem abermals fast der volle Teller aus den Händen glitt. »Bitte seien Sie ihm nicht böse, er findet es nur witzig, sich über andere Leute lustig zu machen«, entschuldigte sie sich bei dem Zwerg und warf Zack einen finsteren Blick zu, der den Obstteller einfach auf dem Boden abstellte.
    »Die junge Maid ist freundlich, ule. Aber Ihr, ule – Ihr seid eine garstige Person, ule«, tadelte er Zack. »Also was ist nun, ule? Lasst uns keine Zeit verlieren, ule! Kommt, ule!«, wies er die beiden an, ihm zu folgen.

    Nachdem sie draußen in die Kutsche gestiegen waren, schnippte Jarule mit den Fingern und wieder setzten sich die gigantischen Adler in Bewegung.
    »Ich würde diese schönen Tiere zu gerne einmal fliegen sehen«, meinte May beeindruckt.
    »Auf denen kann man bestimmt reiten, so groß wie die sind!«, bemerkte Zack überzeugt.
    »Wie respektlos, an so etwas überhaupt nur zu denken, ule!«, murrte der Zwerg, schüttelte den Kopf und sah angewidert aus dem Fenster.
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, der Herr!«, entgegnete Zack übertrieben und verschränkte seine Arme.
    May seufzte und blickte ebenfalls hinaus auf die Häuser hinab, während sie den Weg vom Schloss hinunter in die Stadt fuhren.
    »Wir werden uns nun im nordwestlichen Teil der Stadt nach euren Kameraden umsehen, ule!«, unterrichtete Jarule die beiden. »Sollten wir sie nicht finden, werden wir danach aufs Schloss zurückkehren, ule.«
    »Im nordwestlichen Teil?«, fragte May verwundert. »Wollen wir denn nicht überall nach ihnen suchen? Wir haben doch noch genug Zeit, um einmal durch die ganze Stadt zu fahren. Vielleicht sind sie woanders …«
    »Seine Majestät hat bereits Soldaten ausgesandt, ule«, fiel der kleine Diener ihr ins Wort. »Eine Garnison sucht den Strand ab, an dem ihr Seiner Hoheit begegnet seid, ule. Weitere Einheiten hat er in der Stadt ausgesandt, ule. Ihr könnt also unbesorgt sein, ule – wir werden in Kürze erfahren, ob eure Kameraden ebenfalls hier gestrandet sind oder nicht, ule«, erklärte er und grinste.
    »Nicht schlecht organisiert«, murmelte Zack.
    »Oh, habt vielen Dank! Ich hab’ nicht gewusst, dass der König bereits …«
    »Seine Majestät hat sich um alles gekümmert, ule«, unterbrach Jarule May erneut.
    Sie lächelte dankbar und blickte dann weiter aus dem Fenster in der Hoffnung, eine ihrer Freundinnen ausmachen zu können.
    Sie fuhren mit der Kutsche quer durch den nordwestlichen Stadtteil, das Industrie­viertel Memorias. In beinahe jeder Gasse hielten sie an und fragten Passanten, ob diese fremden oder unüblich gekleideten Leuten begegnet waren, doch alle verneinten.
    »Verdammt, sieht nicht so aus, als wär’ hier irgendjemand von unserer Segeltour«, seufzte Zack. »Warum suchen wir eigentlich im Norden? Ist der Strand nicht im Süden? Da ist es doch naheliegend, dass wir eher im südlichen Teil der Stadt auf sie treffen würden …«
    »Das hat seine Herrlichkeit so entschieden, ule!«, fauchte der Zwerg. »Seid gefälligst dankbar, dass er euch Hilfe angeboten hat, ule!«
    »Hey, falls ich dich vorhin im Schloss beleidigt haben sollte – es tut mir leid, okay!?«, versuchte sich Zack zu entschuldigen. »Deswegen musst du mich nicht gleich jedes Mal so anschnauzen …«
    »Verzeih bitte, wir wollten nicht respektlos erscheinen«, ergriff May das Wort. »Wir machen uns lediglich Sorgen.«
    »Zur Kenntnis genommen, ule. Nun gut, wir fahren jetzt wieder zurück aufs Schloss, ule. Vielleicht gibt es schon Neuigkeiten und man hat sie gefunden, ule«, murrte Jarule und ließ die Adler sich in Bewegung setzten.
    May und Zack trauten sich nicht mehr zu widersprechen, da ihnen der kleine Mann nicht sehr geheuer war.
    Nachdem die Kutsche im Schlossgarten gehalten hatte, stiegen sie aus und hielten nach dem König Ausschau, doch dieser war nirgendwo zu sehen.
    »Bitte begebt euch in eure Räumlichkeiten, ule. Ich werde sehen, ob ich etwas in Erfahrung bringen kann, ule«, meinte Jarule und drängte die beiden, sich ins Innere des Schlosses zu begeben.
    May und Zack taten vorerst, was er sagte, hatten aber ein seltsames Gefühl dabei.
    Als sie auf ihrem Zimmer angelangt waren, knallte Zack die Tür hinter sich zu. »Dieser kleine Gnom geht mir gewaltig auf die Nerven!«, rief er wütend, worauf May ihm deutete, leiser zu sprechen. »Na, ist doch wahr! Hält sich für großartig mit seinem ’ule-ule-ule’-Geschwafel!«, maulte er und setzte sich aufs Bett.
    »Ich hoffe, dass man Kate und Susan gefunden hat und dass es ihnen gut geht – und den anderen Passagieren selbstverständlich auch«, seufzte May und setzte sich an den Tisch. »Ich will endlich wissen, ob sie auch hier gestrandet sind, oder aber auch…« Sie hielt inne und legte niedergeschlagen den Kopf auf ihre verschränkten Arme.

    Unterdessen...

    Unterdessen ging Aquila in seinen Gemächern auf und ab. Nach einem dezenten Klopfen öffnete sich die Tür und Jarule trat ein und verneigte sich ehrfürchtig.
    Aquila warf ihm einen flüchtigen Blick zu und begab sich ans Fenster. »Mein lieber Jarule. Ich habe vernommen, dass keine weiteren Menschen von außerhalb in Memoria eingetroffen sind. Sobald die Einheiten die Strände vollständig abgesucht haben, werden wir Gewissheit haben.« Er öffnete die roten Vorhänge. »Wichtig ist nur, dass wir sie vor den beiden finden, um nötige Vorkehrungen zu treffen. Immer wieder werden Individuen der Außenwelt hier angespült, doch selten sind sie noch am Leben. Wir dürfen diejenigen, die Ignotus lebend betreten, niemals aus den Augen verlieren.«
    Der König sah nachdenklich aus dem großen Fenster. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Diese wunderschöne junge Maid …« Er seufzte. »Die beiden wollen unbedingt in ihre Heimat zurückkehren, doch wenn ich ihnen offenbare, dass sie diese Insel nie wieder verlassen dürfen, werden sie mit Gewissheit protestieren.« Er drehte sich wieder um und warf dem kleinen Jarule einen ernsten Blick zu. »Es ist von überaus großer Wichtigkeit, dass unser Reich unentdeckt bleibt. Sie dürfen Ignotus – nein, Memoria – niemals wieder verlassen! Ignotus darf nicht bekannt werden! Das wäre unser aller Untergang …«
    Aquila ging zu seinem Arbeitstisch, setzte sich in den bequemen Stuhl und schlug die Beine übereinander. Er nahm eine schwarze Schreibfeder zur Hand, stützte sein Kinn auf den linken Handballen und überlegte. »Du weißt doch, dass wir das um jeden Preis verhindern müssen?«
    »Aber natürlich, Eure Herrlichkeit, ule!« Jarule nickte verständnisvoll und wartete, bis der König fortfuhr.
    »Nur was können wir unternehmen? Werden sie sich davon abbringen lassen, in ihre Heimat zurückzukehren? Sollen wir ihnen Reichtümer anbieten – ein Leben in Luxus? Wird sie das überzeugen? Es bestünde auch die Möglichkeit, ihnen ein Schiff zu bauen, das mit Bestimmtheit sinken wird, doch das wäre doch wirklich zu schade um eine so wunderschöne junge Frau …« Verträumt strich er sich mit der Feder über seine Wange. »Oder sollen wir sie einfach einsperren? Gegen ihren Willen …«
    Plötzlich schlug er seine Faust mit Wucht auf den Tisch. »Nein, wir müssen einen anderen Weg finden – eine gewaltfreie Lösung – einen Weg, der kein großes Aufsehen erregt. Um das Volk mache ich mir keine Gedanken. Der Pöbel stellt kein großes Risiko dar, aber sollten sie etwas davon mitbekommen …«
    Aquila stand auf. »Eines sei jedoch gewiss …« Seine Augen funkelten.
    »Die beiden dürfen und werden Ignotus nie wieder verlassen!«


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    Kapitel 2 (Teil1)

  • Hallöchen @kijkou :)

    Spoiler anzeigen


    Mensch, Mensch... Ich wusste doch, dass Aquila nicht ganz koscher ist :huh: ist ja eine ganz schöne Geheimniskrämerei. Ich bin mal gespannt, wie der König seiner "Gäste" habhaft werden will... Und vor allem, warum genau sie die Stadt nicht verlassen dürfen :huh:

    Warte denn gespannt auf den nächsten Teil :tee:

    Auf Fehlersuche hab ich mich jetzt nicht konzentriert, dafür ist es noch zu früh :D

    LG


  • Kapitel 2 - Teil 1


    Ein Geheimnis
    Schicksalhafte Begegnung


    Im Wald bei der Hütte des alten Jägers Filon stieg Rauch aus dem Schornstein. Auf dem Herd in der Küche stand ein Topf, in dem Suppe vor sich hin köchelte. Der aufsteigende Dampf hob den Deckel immer wieder leicht hoch, was ein zischendes Geräusch erzeugte und in der ganzen Hütte duftete es wunderbar. Dieser köstliche Geruch bewegte Jiyuu schließlich dazu, aufzustehen. Sein Magen knurrte und er fragte sich, was der Alte gerade machte.
    Seine Wunde schmerzte zwar noch etwas, doch das Laufen bereitete ihm keine Probleme mehr. Dieses Murmur-Elixier, das Filon ihm verabreicht hatte, hatte ganze Arbeit geleistet und eine von ihm selbst zusammen­gemischte Salbe, linderte etwas die Schmerzen. Deren Rezeptur hatte der Jäger über die Jahre hinweg ständig überarbeitet und verbessert, da er auf der Jagd nicht selten verwundet wurde.
    »Hey, alter Mann!«, rief Jiyuu nach diesem. Als er jedoch keine Antwort bekam, begab er sich in den Raum, in dem sich die kleine Küche befand. ›Wo steckt er denn?‹ Auch dort war niemand zu sehen. »Ich mache mich jetzt langsam auf den Weg!«, rief er weiter, immer noch auf eine Reaktion wartend. »Ich nehme nicht an, dass du mitkommen willst!?« Er betrachtete den Topf auf dem Herd und kratzte sich auf dem Kopf. ›Weit kann er nicht sein …‹
    Schließlich ging er nach draußen und fand den Alten auf der Holzbank sitzend vor.
    »Großvater?«, fragte er zögerlich. Filon so zu nennen kam ihm sehr ungewohnt vor. »Hast du gehört? Ich gehe jetzt …« Er blickte ihn verwundert an, da dieser immer noch still auf der Bank saß. »Du willst mich gar nicht aufhalten?«, fragte er dann, schmunzelte und näherte sich ihm.
    Der Alte blickte zu ihm hoch und seufzte. »Ich verstehe. Ich habe dir ein paar alte Sachen zusammengesucht. Ich brauche sie nicht mehr – du kannst sie mitnehmen. Sie liegen drinnen auf dem Tisch«, meinte Filon ernst und stand auf. »Ach ja, und falls du vorhaben solltest, nach Memoria zu gehen, sei auf der Hut! Erwähne besser nicht meinen Namen und nimm dich vor allem vor dem Adel in Acht, hörst du?«, warnte er ihn.
    Jiyuu nickte. »Ich – ich danke dir«
    »Nun geh schon rein!«, ersuchte ihn der Alte, woraufhin sich Jiyuu wieder ins Haus zu besagtem Tisch begab.
    Auf diesem lagen ein Kettenhemd aus glänzendem schwarzen Metall, ein altes, doch kaum abgenutztes Großschwert, feste Stiefel aus braunem Leder, ein dunkelroter Schultergurt, an dem das Schwert befestigt werden konnte und ein kleiner Beutel, in dem sich ein paar Münzen befanden. Das alles war ihm zuvor gar nicht aufgefallen, als er an dem Tisch vorbei nach draußen gegangen war.
    Behutsam nahm Jiyuu das Schwert auf und betrachtete es. ›Das ist ja ganz schön schwer‹, dachte er. Es war unmöglich, es mit einer Hand zu führen, da es ein immenses Gewicht hatte. In der Mitte der Klinge befand sich ein eingeprägtes Bildnis eines Adlers, dessen Schwingen nach oben in Richtung Schwertspitze zusammenliefen.
    Während er sich mit den Sachen ausrüstete, stellte Filon ihm einen Teller Suppe hin und zog sich wortlos wieder zurück.
    ›Was ist denn los mit ihm? Er ist auf einmal zu still‹, wunderte sich Jiyuu und aß die Suppe auf.
    Danach ging er nach draußen und setzte sich neben den Alten, welcher ihn kurz musterte und dann wieder gedanken­verloren auf den Boden starrte.
    »Mir ist zwar immer noch nicht wohl bei dem Gedanken, dass du jetzt schon los willst, aber so hast du wenigstens ein wenig Schutz«, meinte er. »Das Kettenhemd ist robust, aber leicht – schützt dich gut vor Schwerthieben, lässt aber Pfeile durch. Die Stiefel passen?«, wollte er wissen, was Jiyuu bejahte. »Gut, wir wollen ja nicht, dass du Blasen an den Füßen bekommst. Das Großschwert ist aus Memoria und hat einst meinem Vater gehört. Er war im königlichen Rat …«
    »Dein Vater war im Rat?«, fragte Jiyuu verwundert. »Und da hat er zugelassen, dass du aus der Stadt verstoßen wirst?«
    »Mein Vater hat dagegen gestimmt, doch die Mehrheit war dafür. So ist das mit Räten …«, seufzte Filon. »Dieses Schwert ist kein gewöhnliches. Mein Vater war nicht nur im Rat, er war auch Hauptmann der königlichen Garde. Jeder Kommandant der Garde trägt eine Waffe mit dem Bildnis eines Adlers darauf. Meinen Bruder ist in unseres Vaters Fußstapfen getreten – er hat ebenfalls die königliche Garde befehligt, ist aber mittlerweile bestimmt im Ruhestand. Auch er hat ein solches Schwert gehabt, jedoch ein weitaus kleineres, das ihm ermöglicht hat, auch ein Schild zu tragen. Er hat immer viel Wert auf Defensive gelegt.« Der alte Jäger sah ihn besorgt an. »Ich will jetzt nicht noch weiter abschweifen. Versuche, mit dem Schwert so wenig wie möglich aufzufallen, ja?«
    »Ist gut.« Jiyuu bemerkte, wie niedergeschlagen sein Großvater wirkte. »Soll ich dir vielleicht irgendetwas mitbringen? Ein schönes Andenken – oder vielleicht neue Kleidung? Du stinkst nämlich furchtbar«, wollte er ihn aufheitern und grinste herausfordernd.
    »Sei gefälligst nicht so frech!«, meinte dieser und hob drohend seinen Finger. Er legte seinen Arm um Jiyuus Schultern. »Pass lieber auf, dass …«
    »Zerbrich’ dir meinetwegen nicht den Kopf – mir passiert schon nichts!«, fiel dieser ihm ins Wort, worauf ihn der Alte ernst ansah.
    »Du weißt nicht, worauf du dich einlässt. Die Bewohner Memorias …«
    »Sind sicher nicht halb so schlimm, wie die Kemai – und die hab’ ich schließlich auch überlebt!«, unterbrach ihn Jiyuu erneut.
    »Ja, und das nur um Haaresbreite«, murmelte Filon in seinen Bart hinein und schüttelte seinen Kopf.
    »Dennoch – ich muss einfach gehen! Ich muss einen Weg finden, die Menschen von den Kemai zu befreien«, entgegnete Jiyuu und blickte nachdenklich in den Himmel. »Ich darf keine Zeit verschwenden«, hauchte er leise.
    »Die Menschen von den Kemai befreien – Junge, wie stellst du dir das vor?« Filon schüttelte den Kopf. »Wie willst du gegen diese Biester ankommen? Da brauchst du eine Armee – und die wirst du bestimmt nicht in Memoria finden …«
    »Aber irgendwo muss ich doch anfangen! Ich kann nicht einfach mein Leben hier draußen unbesorgt weiterleben in dem Wissen, dass diese Monster weiterhin Menschen quälen!«, entgegnete Jiyuu ernst.
    »Das verstehe ich. Du bist ein guter Junge. Wenn du so davon überzeugt bist, dann will ich an dich glauben. Ach, wenn ich nur früher erfahren hätte, dass mein Enkel irgendwo dort tief im Wald lebt – oder wenn ich noch jünger wäre, dann würde ich dich sofort begleiten.« Filon seufzte. »Sag, willst du nicht doch erst morgen früh los? Es ist bereits spät und du wirst es vermutlich nicht vor Einbruch der Dunkelheit nach Memoria schaffen«, meinte er besorgt.
    Jiyuu lächelte. »Ich bin froh, dich getroffen zu haben und würde dich gerne noch so vieles über meine Mutter fragen, aber …« Er hielt inne und warf ihm einen bedauernden Blick zu. »Aber ich will unbedingt so schnell wie möglich einen Weg finden, die Menschen endgültig von den Kemai zu befreien! Viele meiner Freunde haben sie getötet und einige von ihnen sind bestimmt noch in ihrem Lager. Irgendjemand muss doch etwas unternehmen«, meinte er überzeugt und stand auf.
    Filon dachte kurz über seine Worte nach, erhob sich ebenfalls und nickte verständnisvoll. »Pass auf dich auf! Falls du keinen Weg finden solltest, hast du hier stets einen Ort, an den du zurückkehren kannst«, sprach der Jäger und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Ich danke dir. Halt die Ohren steif, Alter! Wir sehen uns bestimmt wieder!«, meinte Jiyuu zuversichtlich und marschierte los. Er blickte sich nicht ein einziges Mal um und bahnte sich schnellen Schrittes seinen Weg durch den Wald.
    Es war kein ungefährlicher Fußmarsch nach Memoria und Jiyuu war schon seit drei Stunden unterwegs. Da es nicht so aussah, als ob er die Stadt bald erreichen würde und es schon dämmerte, beschloss er, sich unter einem großen Baum niederzulassen. Ihm war es lieber, nicht erst bei Dunkelheit dort anzukommen, also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Nacht im Wald zu verbringen. Der Baum hatte lange, hängende Äste und der Stamm war auf einer Seite hohl, sodass er ein wenig Windschutz bot.
    Jiyuu setzte sich schließlich in die Einbuchtung und lehnte sich an den Stamm. Feuer wollte er keines machen, denn er befürchtete, dass dies nur Gefahren anlocken würde.
    Langsam war es stockdunkel geworden und er konnte seine eigene Hand vor Augen nicht mehr erkennen. »Zwei bis vier Stunden …«, murmelte er vor sich hin und schüttelte den Kopf. ›Der Alte hat mich entweder in die falsche Richtung geschickt, oder Memoria ist doch weiter weg, als er dachte.‹ Er kauerte sich in dem hohlen Baumstamm zusammen und hielt das große Schwert fest umklammert vor sich, um sich so noch besser vor dem kalten Wind schützen zu können. ›Und eine Decke hätte er mir mitgeben sollen …‹
    Überall ringsum waren Geräusche zu hören, von nachtaktiven Tieren oder anderen Wesen, die das Licht scheuten. Unbehaglich lauschte Jiyuu den Lauten und bei dem Gedanken, hier seine Augen zu schließen und somit leicht angreifbar zu werden, wurde ihm noch unwohler. Als ihn die Müdigkeit dann aber doch übermannte, fielen ihm die Augen zu und er schlief ein.


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    Kapitel 2 (Teil 2)

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    das war sehr spannend. Was sind Kemari? Und wo spielt das. Ich hoffe die Sklaven können entkommen.

    Dein schreibstiel is geheimnissvoll und sehr gut.
    Ich werde dran bleiben .

    Das wird dann alles mit der Zeit erläutert :)

    Danke für dein Kommentar ^^
    LG kij


    @LadyK hab am Ende im Spoiler die Formatierung eines einzelnen Wortes vergessen :patsch:
    Könnte dich aber noch mehr verwirren :D

  • Hay @kijkou ich hab mir deinen jüngsten Part durchgelesen ^^

    Wie immer, alles im Spoiler

    Spoiler anzeigen
    Zitat von kijkou

    Ein Geheimnis
    Schicksalhate Begegnung

    Ich glaube, da fehlt ein "F" :D

    Zitat von kijkou

    »Ach ja, und falls du vorhaben solltest, nach Memoria zu gehen, sei auf der Hut! Erwähne besser nicht meinen Namen und nimm dich vor allem vor dem Adel in Acht, hörst du?«, warnte er ihn.

    Aha :whistling: Ich kenne da einen gewissen Mann, der zum Adel gehört... ;)

    Zitat von kijkou

    Auf diesem lagen ein Kettenhemd aus einem schwarzen glänzenden Metall hier würde ich vielleicht "aus schwarz glänzenden Metall" schreiben , ein altes, doch kaum abgenutztes Großschwert, feste Stiefeln Stiefel aus braunem Leder, ein dunkelroter Schultergurt, an dem das Schwert befestigt werden konnte und ein kleiner Beutel, in dem sich ein paar Münzen befanden.

    Zitat von kijkou

    »Dein Vater war im Rat?«, fragte Jiyuu verwundert.

    Aha, das ist ja überaus interessant :huh:

    Schade, dass er nicht noch ein wenig geblieben ist. Ich wäre viel zu neugierig und allein die Wunde hätten ihn doch daran hindern müssen, schon aufzubrechen. Aber ich kann seine Motivation durchaus verstehen und bin gespannt, ob er sein Ziel erreicht :D

    Kannst bitte gleich weiter schreiben, ja?! :whistling:

    LG

  • So, @kijkou

    ich hab deinen neuen Part jetzt auch gelesen. Gefällt mir gut. Die beiden scheinen sich ja etwas zusammengerauft zu haben nach den anfänglichen Schwierigkeiten. :rofl:
    Der Großvater ist ein richtig fürsorglicher, liebevoller Mensch, der seinem Enkel anbietet, dass er jederzeit wiederkommen kann. Find ich schön. Ich mag ihn gern. Schade, dass wir uns (vorerst?) verabschieden müssen von ihm.
    Und der Enkel hat es also furchtbar eilig, die Kemai aufzuhalten und will deshalb nach Memoria gehen. Interessant!

    Kleinkrambox

    Der aufsteigenden Dampf hob den Deckel

    aufsteigende

    und eine von ihm selbst zusammen­gemischten Salbe,kein Komma linderte etwas die Schmerzen.

    zusammengemischte

    »Hast du gehört? Ich gehe jetzt…«

    Die Auslasspunkte brauchen ein Leerzeichen davor. Nur wenn sie ein Wort vervollständigen stehen sie ohne Leerzeichen. Link dazu

    als er an dem Tisch vorbei nach draußen gegenagen war.

    gegangen

    Das Großschwert ist aus Memoria und hat einst meinem Vater gehört. Er war im königlichen Rat…«

    Hier bin ich etwas stutzig geworden. Erst ermahnt Filon den Junge, niemandem zu sagen, wer sein Großvater ist. Und dann gibt er ihm ein Schwert mit, das einem Ratsmitglied gehört hat? Kann man da nicht die Spur zurückverfolgen? Solche Schwerter gab es doch nicht an jeder Ecke, oder? :hmm:

    Soll ich dir vielleicht irgendetwas mitbringen? Souvenirs?

    Ähm ... Souvenirs ist Englisch und ein Wort unserer Zeit. Bist du sicher, dass du es lassen willst?

    Ich muss einen Weg finden, die Kemai aufzuhalten«

    Das Wort "aufhalten" vermittelt hier dem Leser den Eindruck, dass die Kemai auf dem Vormarsch sind und sich beispielsweise auf dem Weg nach irgendwo befinden. Das hatte ich nicht so verstanden. Sie waren für mich Waldbewohner ohne jegliche Expansionsabsichten. Oder?

    Ich kann nicht einfach mein Leben hier draußen unbesorgt weiterleben,kein Komma in dem Wissen, dass

    , meinte Jiyuu zuversichtlich und marschierte los. Er blickte sich nicht ein einziges Mal um und bahnte sich schnellen Schrittes seinen Weg durch den Wald.

    Gepäck? Proviant? Nix dabei? Okay, die Decke vermisst er am Abend, aber nicht mal was zu Essen? Der Arme ... :D

    blau = Fehler, bitte verbessern
    grün = Vorschlag, nur mal überdenken, evtl. anpassen

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Hallo, ihr Lieben ^^

    Ihr wart wieder sehr hilfreich ^^


    Danke für eure hilfreichen Kommis :)

    LG kij


    Kapitel 2 - Teil 2


    Mit Einbruch der Nacht wurde es in Memoria ganz still. May blickte aus dem Fenster auf die Stadt hinunter. Alles war hell beleuchtet, doch nahezu alle Straßen waren leer. Die Leute hatten sich in ihre Häuser zurück­gezogen und der Wind wehte durch die verlassenen Gassen.
    May klopfte in Gedanken versunken mit ihren Fingerspitzen auf der Fensterbank herum. »Seltsam …«, murmelte sie.
    »Was ist seltsam? Ich meine, ja – was ist hier nicht seltsam? Aber was meinst du?«, fragte Zack, der ausgestreckt auf dem Bett lag und angespannt auf Neuigkeiten wartete.
    »Aquila hat sich gar nicht mehr blicken lassen und im Schloss ist es ganz still. Es hat uns auch noch keiner Bescheid gegeben, ob sie Susan, Kate und die anderen gefunden haben. Aber vermutlich nicht – sonst hätten sie es uns bestimmt schon gesagt, oder?« Sie drehte sich zu Zack um. »Es ist so leise – viel zu leise. Meinst du, es ist alles in Ordnung?«, fragte sie verwundert.
    Zack schüttelte den Kopf. »Es ist gar nichts in Ordnung, solange wir nicht wissen, wie wir wieder nach Hause kommen, oder wo die anderen sind. Und dass hier alles seltsam ist, steht ja wohl außer Frage. Wir sollten …« Er hielt inne. »Hast du das eben gehört?«, fragte er und sprang auf. »Komm mit!« Er deutete May, dass sie mit ihm an der Türe lauschen sollte.
    Draußen auf dem Gang waren Schritte zu hören. Vorsichtig öffnete Zack die Türe einen winzigen Spalt, sodass man hindurchblicken konnte.
    Jarule, der kleinwüchsige Diener schritt gerade mit zwei Palastwachen den Korridor entlang auf Mays und Zacks Zimmer zu. Vor der Tür der Gästegemächer hielten sie an.
    »Ihr bleibt hier und bewacht diesen Raum, ule. Der König hat angeordnet, dass die beiden Fremden keine Sekunde aus den Augen gelassen werden dürfen, ule. Also bewacht sie, und lasst sie auf keinen Fall ohne mein Wissen hinaus, ule.«, befahl Jarule mit gemäßigter Stimme.
    »Zu Befehl!«, erwiderten die Wachen in normaler Lautstärke.
    »Scht, ule!«, zischte Jarule, worauf sie sich entschuldigten und sich jeweils rechts und links von der Türe aufstellten. Jarule machte kehrt und verließ den Korridor wieder.
    Zack schloss behutsam und geräuschlos die Türe wieder.
    »Was hat das zu bedeuten? Wollen die uns hier festhalten?«, fragte May nervös. Ihr Herz fing an zu rasen und sie warf Zack einen besorgten Blick zu.
    »Ich hab’ dir ja gesagt, dass hier was faul ist«, meinte dieser, blickte sich hektisch im Zimmer um und begann entschlossen, seine Sachen zusammenzupacken.
    »Was – was hast du vor?«, wollte May wissen.
    »Von hier verschwinden!«, entgegnete dieser kurz und bündig.
    »Und wie?«, fragte sie durcheinander. »Denkst du, dass Aquila das wirklich angeordnet hat?«
    »Keine Ahnung, was der ach so tolle König angeordnet hat und was nicht. Ist mir aber auch eigentlich egal. Ich will jetzt endlich nach Susan suchen und dass die uns hier nicht weglassen wollen, macht mich irre!«, meinte er angespannt.
    »Ja, und wie willst du hier weg? Die Wachen da draußen …«
    »Durchs Fenster – wir klettern aus dem Fenster nach draußen!«, fiel Zack ihr, ohne lange zu überlegen, ins Wort. Er begab sich zu diesem, lehnte sich über die Fensterbank nach draußen und bemerkte dabei, dass es doch sehr riskant schien. Es ging ziemlich tief nach unten. »Wir – wir müssen es zumindest versuchen«, sagte er dann etwas verunsichert.
    »Wehe, das geht schief«, meinte May ernst, nahm ihre Sachen und kletterte aus dem Fenster hinaus auf den Sims, der sich darunter befand.
    Zack war von ihrer Entschlossenheit überrascht und folgte ihr. Sich dicht an die Wand gedrückt, schlichen sie den Sims an der Fassade entlang. Es war beängstigend hoch und außerdem sehr windig.
    Mays Haar wurde ihr ständig ins Gesicht geweht, doch sie steuerte unbeirrt auf eine Außenwand­verzierung zu, die eine gute Möglichkeit bot, an ihr ein Stockwerk nach unten zu klettern.
    Als sie in der Etage darunter zu einem Fenster gelangt waren, riskierte May einen kurzen Blick hinein.
    Sie hatten Glück, denn in diesem Raum war niemand zu sehen.
    Zack half ihr einzusteigen und folgte ihr.
    Der Raum war nur schwach beleuchtet und es roch überall nach Leder und altem Holz.
    »Wahnsinn – so viele Bücher. Das ist ja wie im Großbuchhandel«, staunte May und sah sich leise in den Gängen um, welche die großen Regale voller Bücher bildeten.
    Die meisten Bücher wirkten sehr alt und waren total verstaubt. Es war schwer, hier viel erkennen zu können, da die gesamte Beleuchtung des riesigen Raums nur aus Öllampen bestand, welche an den Wänden angebracht waren.
    Plötzlich fiel May ein kleines Buch auf, das sich ganz links in der untersten Reihe eines alten, nicht mehr standfesten Regals befand. Sie fühle sich davon wie magisch angezogen.
    Es hatte einen purpurfarbenen Einband mit goldenen Schriftzügen darauf.
    Als sie es behutsam herauszog, begann es kaum wahrnehmbar zu schimmern.
    Auf seinem Einband war ein großer Adler abgebildet, der seine Schwingen schützend über eine kleine Gestalt hielt.
    Behutsam öffnete sie es und schlug die erste Seite auf. »Zack, kannst du das lesen?«, fragte sie, ohne ihren Blick von dem Buch abzuwenden.
    Dieser nahm es ihr aus der Hand und warf einen Blick hinein. »Das ist lateinisch, aber ich muss dich enttäuschen. Mein Latein ist leider unter aller Sau«, meinte er, gab es ihr wieder zurück und sah sich auch etwas um. »Lass uns lieber sehen, wie wir hier verschwinden können!«
    »Ja, gleich – einen Moment noch.« May blätterte weiter fasziniert darin, bis sich auf einmal die Tür zur Bibliothek öffnete und ein Mann eintrat.
    Sie suchte sofort Zacks Nähe und hielt ihm das Buch vors Gesicht. »Schnell, steck’s ein«, flüsterte sie.
    Dieser blickte sie fragend an, ließ es aber dann in seiner Umhängetasche verschwinden, um weitere Diskussionen zu vermeiden.
    Die beiden verhielten sich nun ganz still, damit der Mann sie nicht bemerkte.
    Dieser stöberte in den Bücherregalen und kam ihnen dabei bedrohlich nahe.
    May hielt den Atem an und drückte angespannt Zacks Hand.
    Der Mann wollte gerade um die Ecke in den Gang abbiegen, in dem sich die beiden aufhielten, da öffnete sich erneut die Türe und ein Soldat rief den Mann herbei.
    Der Soldat flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf dieser mit ihm die Bibliothek sofort verließ.
    »Das war ganz schön knapp, was?«, bemerkte Zack und die beiden atmeten erleichtert auf.
    Nachdem die Luft rein und draußen nichts mehr zu hören war, schlichen die beiden aus dem Raum auf den Gang hinaus.
    »Hey, ihr da! Stehen geblieben!«, ertönte eine strenge Stimme. Die beiden Wachen, die vor ihrer Türe postieren sollten, kamen unerwartet um die Ecke gestürmt. »Da seid ihr ja!«, riefen sie.
    Die zwei erschraken und blieben wie erstarrt stehen.
    »Was – was wollt ihr von uns?! Lasst uns gefälligst in Ruhe!!«, rief Zack gereizt und stellte sich schützend vor May. »Wir haben nichts verbrochen! Lasst uns gefälligst gehen!«, forderte er.
    »Das wird wohl seine Herrlichkeit entscheiden, ob ihr gehen könnt oder nicht, ule!« Jarule, der kleine Diener, stand plötzlich hinter ihnen. »Los, ule! Abmarsch, ule!«, rief er und gab den Wachen ein Zeichen, die zwei zum König zu bringen.
    Sie packten Zack an beiden Armen, welcher sich aber sogleich wieder losriss und die Wachen attackieren wollte.
    »Schon gut!« May stellte sich vor Zack und hielt ihn zurück. »Wir kommen mit zum König«, wandte sich an die Soldaten.
    Die beiden ließen sich nun widerwillig, jedoch ohne Widerstand zu leisten, abführen und zu Aquila bringen.
    Jarule klopfte an die Tür der königlichen Gemächer und trat ein. »Eure Majestät, ule! Die beiden von außerhalb wollten fliehen, ule!«, berichtete er.
    »Sind wir hier etwa Gefangene?!«, fragte May völlig aufgelöst, riss sich empört von den Wachen los und stellte sich erwartungsvoll vor Aquila. »Was habt Ihr mit uns vor, Aquila?!«, fragte sie ernst und sah ihn mit ihren grünen Augen durch­dringend an.
    »Zolle dem König gefälligst gebührenden Respekt, ule!!«, fauchte der Zwerg sie drohend an.
    Aquila warf Jarule einen mahnenden Blick zu. Dieser war sofort still und trat mit gesenktem Haupt ein paar Schritte zurück.
    »Es tut mir wirklich außerordentlich leid, sollten meine Diener Euch Angst eingejagt haben, May. Es war nicht meine Absicht, eine wunderschöne Maid, wie Ihr es seid, zu verunsichern.« Der König machte eine bestimmende Hand­bewegung, woraufhin Jarule und die Wachen unverzüglich den Raum verließen.
    »Warum habt Ihr uns dann bewachen lassen? Warum dürfen wir nicht weg?!«, wollte sie ungeduldig wissen.
    »Meine Liebe, ich bitte Euch um Verzeihung, wenn es Euch so erschien. Dies galt nur Eurem Schutz. Hier auf Ignotus ist es sehr gefährlich«, versuchte sie Aquila zu beruhigen.
    »Aber es ist doch nicht nötig, dass …«
    »Es kommt nicht mehr vor, ich gebe Euch mein Wort«, unterbrach er sie und nahm sanft, aber bestimmend ihre Hand. »Ich bitte Euch dennoch, die Nacht in den sicheren Räumlichkeiten des Schlosses zu verbringen. Morgen nach Tagesanbruch sieht wieder alles ganz anders aus.« Aquila schenkte May ein freundliches Lächeln und küsste ihre Hand.
    »Ich …« May blickte ihm tief in seine glänzenden, beinahe goldfarbenen Augen.
    »Komm, lass uns schlafen gehen! Er hat recht – wir werden morgen weitersehen«, sagte Zack in einem bevormundenden Ton.
    May sah ihn zögernd an, löste sich von Aquila und trat ein paar Schritte zurück.
    »Ihr habt uns noch nicht über den Verlauf der Suche unterrichtet«, meinte sie dann vorsichtig. »Ihr habt unsere Freunde wohl nicht gefunden …«
    »In Memoria sind sie zu meinem größten Bedauern bisher nicht angekommen. Meine treuen Männer haben die gesamte umliegende Küste abgesucht, jedoch keinen Erfolg gehabt. Verzeiht«, sprach Aquila beschämt. »Wir können uns aber dennoch glücklich schätzen, dass auch von ihren leblosen Körpern keine Spur zu finden war.«
    »Ich weiß nicht, ob mich das beruhigen soll«, meinte Zack skeptisch.
    Aquila lächelte. »Nun, es bedeutet zumindest, dass sie …«
    »Schon klar – ich weiß, was das bedeutet! Egal, ich bin müde. Lass uns gehen, May!«, unterbrach ihn Zack gereizt.
    »Nun denn. Ich wünsche euch beiden eine ruhige und erholsame Nacht. Morgen werde ich sehen, was ich weiter für euch tun kann«, sagte der König mit sanfter Stimme.
    May wollte noch etwas sagen, doch Zack packte ihren Arm und machte ihr klar, dass er umgehend los wollte, also verließen sie die königlichen Gemächer und kehrten ohne ein Wort zu wechseln in ihre Zimmer zurück.
    Als Zack die Türe hinter sich geschlossen hatte, packte er May an den Schultern und blickte sie ernst an. »May – morgen verschwinden wir sofort von hier!«, sagte er überzeugt.
    Sie nickte. »Irgendetwas stimmt hier nicht. Warum bewacht man uns? Inwiefern ist es gefährlich hier? Bisher war hier einfach nichts normal.« Sie seufzte und ging zum Fenster. »Diese alte Frau auf dem Marktplatz – sie wusste irgendetwas!«, meinte sie verängstigt.
    »Welche alte Frau? Was meinst du?«, fragte Zack, der davon bisher nichts mitbekommen hatte.
    Sie setzte sich aufs Bett und blickte ihn hilflos an. »Mich hat auf dem Markt eine merkwürdige alte Frau angesprochen. Sie hat gesagt, sie kennt mich und ich soll sofort die Stadt verlassen – es sei zu gefährlich hier. Sie hat mich sicher warnen wollen – und ich könnte schwören, sie hat meinen Namen gewusst«, erzählte sie und zeigte Zack nun die Kette mit dem silbernen Amulett, das wie eine Adlerfeder aussah. »Und die hat sie mir zugesteckt …«
    Zack warf einen Blick auf den Anhänger. »Hmm, sehr seltsam. Vielleicht sollten wir die Alte suchen und uns einmal mit ihr unterhalten. Möglicherweise weiß sie noch mehr«, meinte er nachdenklich.
    May legte nun die Kette um ihren Hals. »Sie wollte ja mit mir sprechen, doch dann haben sie die Soldaten weggeschleppt«, erklärte sie.
    »Verdammt.« Zack dachte kurz nach. »Am besten ist es bestimmt, wenn wir morgen, ohne großes Aufsehen zu erregen, die Stadt verlassen. Ich habe zwar keine Ahnung, was das hier für eine Insel ist und wo wir hin sollen, aber wenn es diese eine Stadt gibt, gibt es vermutlich noch mehr. Vielleicht sind Susan und die anderen ja ganz woanders gelandet.« Er setzte sich ebenfalls.
    »Ich möchte nach Hause, Zack«, sagte May leise.
    »Ja, da bist du nicht die Einzige. Lass uns jetzt schlafen, damit wir morgen fit sind«, meinte er mit ruhiger Stimme, stand auf, setzte sich zu ihr aufs Bett und legte seinen Arm um sie. »Wir schaffen das schon«, flüsterte er und versuchte sich dabei selbst zu beruhigen. Er wollte gerade wieder aufstehen und in sein Bett hinübergehen, doch May hielt seinen Arm fest.
    »Nicht weggehen…«
    Er sah sie überrascht an.
    »Ich …«, murmelte May leise. »Du hast recht, wir sollten schlafen«, sagte sie dann.
    Zack nickte. »Willst du noch ins Bad?«
    Seufzend schüttelte sie den Kopf. »Ich bin viel zu fertig.«
    »Gut, versuch zu schlafen. Wenn irgendwas ist, weck’ mich einfach auf«, meinte er und lächelte, um ihr etwas Sicherheit zu vermitteln. Er stand auf, ging noch kurz ins Badezimmer und legte sich dann in sein Bett.
    May hielt das silberfarbene Amulett fest umklammert in ihrer Hand undmusste nun wiederan die alte Frau denken.
    Beiden wurden noch eine ganze Weile lang von ihren vielen Fragen und Gedanken, die ihnen durch die Köpfe gingen, wachgehalten, doch nach einiger Zeit schliefen sie schließlich ein.

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    Kapitel 2 (Teil 3)

  • Kapitel 2 - Teil 3

    Langsam färbte sich der Himmel in ein intensives Orange. Die Sonne kam hinter dem Horizont hervor und verdrängte die nicht enden wollende kalte Nacht. Die ersten Singvögel, die bereits erwacht waren, zwitscherten vergnügt ihre Lieder. Alles schien idyllisch, doch dann …
    ›Verschwindet! Lasst mich in Ruhe!‹, schrie Jiyuu. ›Aufhören! Ich reiß’ euch alle Federn einzeln aus! Was wollt ihr von mir!?‹, brüllte er wütend.
    Unzählige Krähen umkreisten ihn im Flug. Immer wieder griffen sie nacheinander an und hackten mit ihren spitzen Schnäbeln auf ihn ein.
    ›Nein! Aufhören!‹, rief er abermals und versuchte, mit den Armen sein Gesicht zu verdecken, um sich vor ihnen zu schützen.
    Plötzlich spürte er eine wohltuende Wärme und er nahm ein helles Licht wahr.
    Die Krähen hatten nun aufgehört, ihn anzugreifen.
    In das Licht gehüllt sah Jiyuu die Gestalt eines Mädchens. Sie streckte ihre Arme empor und die wilden Vögel landeten sanft und scharten sich um sie.
    Sie senkte ihr Haupt und blickte in seine Richtung. ›Hilf mir‹, flüsterte sie.
    Schweißgebadet wachte Jiyuu auf. Es war ein grauenvoller, aber vor allem merk­würdiger Traum gewesen. ›Was war das denn?‹, wunderte er sich. Schlaftrunken und innerlich aufgewühlt rieb er sich die Augen. Er atmete tief durch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Desorientiert blickte sich der junge Mann sich um, rappelte sich langsam auf und sah sich abermals um, als wolle er sich vergewissern, dass es auch wirklich nur ein Traum gewesen war.
    Es war ein sonniger Tag und er hatte das Ende des Waldes beinahe erreicht.
    Angestrengt streckte Jiyuu sich und gähnte, nahm das Schwert hoch und befestigte es an dem Schultergurt auf seinem Rücken. Er neigte seinen Kopf nach hinten und blickte durch die Baumkronen in den wolkenlosen Himmel hinauf. Den sanften Wind genießend, der sein dichtes schwarzes Haar erfasste, schloss er seine Augen und seufzte. Es war ein großartiges Gefühl, überall hingehen zu können, wo man wollte. Sein ganzes Leben lang hatte der ehemalige Sklave in Gefangenschaft und in der Gewalt der Kemai gelebt und jetzt war er endlich frei.
    Schon etwas hungrig machte er sich wieder auf den Weg und schon bald hatte er den Wald hinter sich gelassen. Richtung Westen marschierend kam Jiyuu an Wiesen und Feldern vorbei. Deren unendlich wirkenden, riesigen Flächen ließen ihn sich ganz klein fühlen und das Sonnenlicht war so gleißend hell, dass es eine ganze Weile dauerte, bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten.
    Schließlich erreichte er die Hügellandschaft um die Stadt Memoria. Als er die erste Anhöhe erklommen hatte und die Stadt erblickte, war er überwältigt. Noch nie zuvor hatte er eine richtige Stadt gesehen.
    Jetzt war es nicht mehr weit und bald schon würde Jiyuu endlich auf andere Menschen treffen – auf Menschen, die in Freiheit lebten. Er würde sich Hilfe suchen und einen Plan schmieden, um alle Sklaven von den Kemai zu befreien. Das hatte er sich fest vorgenommen.
    Während Jiyuu auf die nördlichen Stadtmauern zuschritt, welche hoch in die Luft ragten, überkam ihn ein Gefühl der Unsicherheit.
    ›Und was jetzt? Wie soll ich die Leute an­sprechen? Was soll ich sagen? Wie werden sie reagieren? Werden sie mir helfen? Ich kann doch nicht einfach irgendjemanden ansprechen, oder doch? Was, wenn mir keiner hilft?‹ Diese Art von Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf, doch er wollte sich nicht aufhalten lassen und ging unbeirrt weiter.
    Der junge Mann schritt durch die gewaltigen Tore und mit einem Mal waren alle Zweifel in den Hintergrund gerückt. Er war von Reizen überflutet und sein Blick schweifte unkontrolliert umher. Er musterte die Häuser und die Menschen, wie sie unbeschwert durch die Straßen schlenderten. Einfach alles erschien ihm so surreal und besonders das Schloss auf der felsigen Anhöhe inmitten der Stadt versetze ihn ins Staunen. Jiyuu war so fasziniert, dass er es nicht einmal merkte, wie ihn immer wieder Leute anrempelten, da er mitten auf der Straße stand.
    Langsam schritt er in Richtung Stadtzentrum. Immer wieder sah er, wie Kinder in den Gassen spielten, wie sie kicherten und unbeschwert herumtollten. Seine Kindheit war ganz anders verlaufen. Er und seine Freunde kannten nur ein Spiel, bei dem es sich eher um eine Mutprobe als um einen spaßigen Zeitvertreib gehandelt hatte. Wer mutig genug gewesen war, nachts ein Mal um die Sklavenquartiere herumzuschleichen, hatte sich die Essensrationen seiner Spielkameraden verdient.
    Ständig Vergleiche ziehend, durchquerte Jiyuu den nördlichen Teil der Stadt, bis er sich dem Marktplatz näherte. Dort war schon einiges los und er hatte ein wenig Bedenken, in die Menschenmenge einzutauchen.
    Die Leute lachten, sprachen ungehemmt miteinander, umarmten sich gegenseitig zur Begrüßung und freuten sich ihres Lebens. Sie wirkten so lebendig und ungezwungen, dass es fast schon unheimlich war.
    Jiyuu atmete tief durch. Er nahm all seinen Mut zusammen und stürzte sich ins Geschehen. Sein Traum war nach so vielen Jahren endlich wahr geworden. Er war nun wie diese Menschen hier und konnte jetzt über sein eigenes Leben bestimmen.


    Alte Version


    Langsam färbte sich der Himmel in ein intensives Orange. Die Sonne kam hinter dem Horizont hervor und verdrängte die nicht enden wollende kalte Nacht. Die ersten Singvögel, die bereits erwacht waren, zwitscherten vergnügt ihre Lieder. Alles schien idyllisch, doch dann …
    ›Verschwindet! Lasst mich in Ruhe!‹, schrie Jiyuu. ›Aufhören! Ich reiß’ euch alle Federn einzeln aus! Was wollt ihr von mir!?‹, brüllte er wütend.
    Unzählige Krähen umkreisten ihn. Immer wieder griffen sie nacheinander an und hackten mit ihren spitzen Schnäbeln wiederholt auf ihn ein.
    ›Nein! Aufhören!‹, rief er abermals und versuchte, mit den Armen sein Gesicht zu verdecken, um sich vor ihnen zu schützen.
    Plötzlich spürte er eine wohltuende Wärme und er nahm ein helles Licht wahr.
    Die Krähen hatten nun aufgehört, ihn anzugreifen.
    In das Licht gehüllt sah er die Gestalt eines Mädchens. Sie streckte ihre Arme empor und die wilden Vögel landeten sanft und scharten sich um sie.
    Sie senkte ihr Haupt und blickte in Jiyuus Richtung. ›Hilf mir‹, flüsterte sie.
    Schweißgebadet wachte er auf. Es war eine grauenvoller, aber vor allem merk­würdiger Traum gewesen. ›Was war das denn?‹, fragte er sich. Schlaftrunken und innerlich aufgewühlt rieb er sich die Augen. Er atmete tief durch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Desorientiert blickte er sich um, rappelte sich langsam auf und sah sich abermals um, als wolle er sich vergewissern, dass es auch wirklich nur ein Traum gewesen war.
    Es war ein sonniger Tag und er hatte das Ende des Waldes beinahe erreicht. Er streckte sich und gähnte, nahm das Schwert hoch, befestigte es an dem Schultergurt auf seinem Rücken und blickte durch die Baumkronen in den Himmel hinauf. Kaum Wolken waren zu sehen. Jiyuu neigte seinen Kopf nach hinten, schloss seine Augen und seufzte.
    Es war ein großartiges Gefühl, überall hingehen zu können, wo man wollte. Sein ganzes Leben lang hatte er in Gefangenschaft und in der Gewalt der Kemai gelebt und jetzt war er endlich frei.
    Schon etwas hungrig machte er sich wieder auf den Weg und nachdem er den Wald hinter sich gelassen hatte, kam er an Wiesen und Feldern vorbei, bis er schließlich die Hügellandschaft um die Stadt Memoria erreicht hatte. Es war nicht mehr weit und bald schon würde er endlich auf andere Menschen treffen – auf Menschen, die in Freiheit lebten. Er würde sich Hilfe suchen und einen Plan schmieden, um alle Sklaven von den Kemai zu befreien. Das hatte er sich fest vorgenommen.
    Als Jiyuu Memoria erblickte, war er überwältigt. Er hatte noch nie zuvor eine richtige Stadt gesehen. Während er auf die nördlichen Stadttore zuschritt, überkam ihn ein Gefühl der Unsicherheit. ›Und was jetzt? Wie soll ich die Leute an­sprechen? Was soll ich sagen? Wie werden sie reagieren? Werden sie mir helfen? Ich kann doch nicht einfach irgendjemanden ansprechen, oder doch? Was, wenn mir keiner hilft?‹ Diese Art von Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf, doch er wollte sich nicht aufhalten lassen und ging unbeirrt weiter.
    Jiyuu durchquerte den nördlichen Teil der Stadt. Er musterte die Häuser und die Menschen, wie sie unbeschwert durch die Straßen schlenderten. Einfach alles erschien ihm so surreal und besonders das Schloss auf der Anhöhe inmitten der Stadt versetze ihn ins Staunen.
    Auf dem Marktplatz war schon einiges los. Jiyuu sah sich um und beobachtete, wie die Leute lachten, miteinander sprachen, sich umarmten und sich ihres Lebens freuten. Sie wirkten so lebendig, friedlich und ungezwungen.
    Sein Traum war wahr geworden. Er war nun wie diese Menschen hier und konnte endlich über sein eigenes Leben bestimmen.


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    Kapitel 2 (Teil4)


    @Tariq
    @LadyK

    Habe es überarbeitet ^^ Der Markt wird im nächsten Jiyuu-Part beschrieben. Was haltet ihr davon?

  • Hallo @kijkou :) ich hab gerade festgestellt, dass ich zu dem letzten Part noch gar nichts geschrieben habe. Werde ich möglicherweise noch nachholen. Jetzt zum neuen Part :

    Spoiler anzeigen
    Zitat von kijkou

    Kaum Wolken waren zu sehen

    Der holpert irgendwie. Mag an dem Aufbau liegen. Zwei kleine Vorschläge meinerseits?
    "Wolken waren kaum zu sehen" aber irgendwie hört es sich an, als fehlt da etwas.
    "Es waren kaum Wolken zu sehen"
    ODER

    Zitat von kijkou

    Er streckte sich und gähnte, nahm das Schwert hoch, befestigte es an dem Schultergurt auf seinem Rücken und blickte durch die Baumkronen in den fast wolkenlosen Himmel hinauf. Kaum Wolken waren zu sehen.

    Du verbindest das beides. Nachteil ist hier allerdings, dass Dein vorangegangener Satz schon so lang ist. Vorschlag mach ich mal grün ^^ ist nur ein Vorschlag und muss nicht übernommen werden ;)

    An sich gefällt mir dieser Teil gut, ich mag die Parts mit Jiyuu :) aber die Ankunft in die Stadt geht mir viel zu schnell. Mit einem Schritt war er noch im Wald und plötzlich schon in Memoria :D aber ich kann mich damit arrangieren ;)
    Die Beschreibungen des Marktes waren mir persönlich zu dünn :huh: er war ja ein Sklave, das heißt, er hat nicht wirklich viel von der Außenwelt gesehen. Kennt er denn all diese Dinge, die dort verkauft werden? Oder wie würde er sie beschreiben? Fühlt er sich vielleicht doch etwas unbehaglich, weil er sich so frei bewegen kann? Verstehst du, was ich meine?
    Kann auch sein, dass ich etwas voreilig bin und du es im nächsten Part erwähnst :D

    Guter, aber ungewohnt kurzer Part :D

    LG die Lady ^^

  • Danke dir!
    GLG kij