Auf die Länge kommt es an

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 4.708 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (10. Oktober 2018 um 10:58) ist von bigbadwolf.

  • Nein, es geht nicht DARUM, aber jetzt wo du den Thread gerade geöffnet hast...

    Wie weit laufen deine Charaktere? Am Tag? Pro Stunde? Und wie lange kann ein Geübter am Tag überhaupt laufen? Bei welchem Wetter? Im Gebirge? Mit wieviel Gepäck? Auf der Flucht? Im verletzten Zustand? Wann braucht man spätestens eine Pause? Laufen sie Meilen, Fuß, halbe Tagesmärsche oder gar Kilometer (also vom Begriff her)?

    Ich habe hierzu noch keinen vergleichbaren Thread im Forum gesehen. (Hoffe, ich hab ihn nicht übersehen.) Und das Grundthema wirkt doch recht essentiell auf mich.

    Ich habe die obigen Fragen für mich immer frei Schnauze beantwortet, aber man irrt ja bekanntlich so lange man lebt. Daher: Habt ihr persönliche Richtlinien, Erfahrungen, Nachschlagemöglichkeiten oder Vermutungen zu diesen und artverwandten Fragen?

    Ich bin auf eure Ansätze und Anmerkungen gespannt!

  • Eigentlich wollte ich ja gerade ins Bett...
    Aber da sind noch ein paar Ansätze, die ich bis Morgen wohl vergessen haben werden, von daher: *Seufz und Fingerknack*

    Google sagt, ein sehr guter Marathonläufer bewältigt eine Distanz von knapp 42 Kilometern in etwas über drei Stunden, die sind dann aber auch erstmal kaputt und tagelang nicht zu gebrauchen. Für mich als Normalo natürlich absolut utopisch. Als Kinder sind wir in 3:30 Minuten glaube ich 800 Meter gerannt und ich meine mich erinnern zu können, dass man früher, wenn man zu Fuß durch's schöne Deutschland gereist ist, rund 20 bis 25 Kilometer am Tag geschafft hat.
    Ich denke, auf ebener Strecke und Wegen sind gehend 20-30 Kilometer am Tag zu schaffen, wenn man kein großartiges Gepäck mitführt und gesund ist.
    In unwegsamem Gelände definitiv weniger als 10.
    Ach... ich merke schon... das führt irgendwie zu nichts, feste Werte zu veranschlagen und sowas...

    ... meh. Gehen wir das besser anders an.

    Grundsätzlich halte ich wenig davon, Strecken zu auf diese Art zu benennen, weil ich auch als Leser immer wenig Bezug zu Distanzen in einer Welt habe, die ich nicht kenne, selbst wenn der Autor eine Karte beigefügt hat. Erst recht nicht ohne Maßstab, und selbst wenn ich den hätte, würde mir das jetzt nicht so viel weiterhelfen, oft bin ich dann auch zu faul, mir die Strecken dann in Meilen vorzustellen, um- und zusammen zurechnen usw.
    Bis aufs Letzte ausgearbeitet wäre mir dieser Detailreichtum für mich als Autor auch zu viel Arbeit, welche vermutlich den wenigsten Lesern auffallen würde. Ich gehe dann eher von meiner Sicht aus und ich persönlich überlese sowas eben in der Regel, ohne mir groß Gedanken zu machen. In den wenigstens Fällen ist es relevant genug, dass ich die genaue Distanz kennen muss. Unter ein paar hundert Metern kann man sich noch etwas vorstellen, aber ob man am ersten Tag 15 Meilen und am Zweiten dann 16 und am Dritten nur 12 geschafft hat - wen kümmern diese Zahlen?

    Entfernungen gebe ich lieber in Reisezeit an, das liest sich in meinen Augen eleganter und authentischer, schlicht etwas eingängiger. Ein Tagesritt, ein Tagesmarsch, oder einen ganzen ganzen Morgen Land durchqueren - das hat ungefähr den gleichen Informationswert, kommt aber weniger mathematisch daher. So finde ich's geschmeidiger im Text.
    Wenn ich eine kleine Reise von A nach B schreiben müsste, würde ich wohl mir wohl 2-3 Momente mit entsprechendem zeitlichen Abstand herausgreifen und die Charaktere an den entsprechenden Stellen vermuten lassen, wie viel Strecke sie wohl noch ungefähr vor sich haben oder zurückgelegt haben. Vielleicht sind sie gerade an einem Etappenziel, dass auf der Karte verzeichnet ist und das man erwähnen kann, um den Leser nicht ganz oben auf schwimmen zu lassen.
    Jedenfalls habe ich da absolut keine festen Größen, nach denen ich mich richte. Schätzungen, ja, manchmal, doch eher selten und wenn es mir passend erscheint. Aber nicht auf Teufel komm raus.

    *Gähn*
    Man möge mir das gerade Verzapfte verzeihen, sofern es dem einen oder anderen wenig hilfreich vorkommt, aber ich muss jetzt echt in die Heia :pardon:

  • Zitat von bigbadwolf

    Ich habe die obigen Fragen für mich immer frei Schnauze beantwortet, aber man irrt ja bekanntlich so lange man lebt

    So handhabe ich das meist auch immer. Ich versuche dabei aber immer feste Wegelängen zu vermeiden. Wie @Ralath schon sagte, ist es für mich als Leser schwer vorstellbar, wie weit jetzt 375,53 km vom Ausgangspunkt entfernt sind. Klar, Google Maps macht es möglich. Dies wird wohl in einer fiktiven Welt schwierig. Unter einem Tag oder einen halben kann man sich gut etwas vorstellen (sofern der Tag in einer Geschichte nicht mehr als 24 Stunden hat, aber selbst dann finde ich das noch gut gelöst)

    Zitat von bigbadwolf

    Wie weit laufen deine Charaktere? Am Tag? Pro Stunde? Und wie lange kann ein Geübter am Tag überhaupt laufen? Bei welchem Wetter? Im Gebirge? Mit wieviel Gepäck? Auf der Flucht? Im verletzten Zustand? Wann braucht man spätestens eine Pause? Laufen sie Meilen, Fuß, halbe Tagesmärsche oder gar Kilometer (also vom Begriff her)?

    Das sind gute Fragen, über die man sich zwangsläufig vor dem Schreiben einer solchen Szene Gedanken machen sollte. Klappt bei mir tatsächlich gar nicht, sowas passiert auch aus dem Bauch heraus. xD *schämt sich*
    Ich versuche mir immer vorzustellen, wie ich in einer solchen Situation handeln/reagieren würde. Haut auch nicht immer hin, aber man kann sich eben schwer was vorstellen, wenn man es selber nicht erlebt hat.
    Oft bin ich hier im Norden in den Wäldern unterwegs, daher weiß ich ungefähr, wie sich meine Charaktere fortbewegen. Dann eventuell noch mit Gepäck oder mit einer Verletzung, auf der Flucht.
    Pausen sind ja auch eher individuell. Ein älterer und kranker Mensch braucht unter Umstände mehrere Pausen, als ein gesunder junger Mensch...

    Zitat von Ralath

    Jedenfalls habe ich da absolut keine festen Größen, nach denen ich mich richte. Schätzungen, ja, manchmal, doch eher selten und wenn es mir passend erscheint. Aber nicht auf Teufel komm raus.

    Das geht mir auch so :)

    Zitat von Falkefelix

    moin
    Warum sollte sie laufen kannst doch reiten oder fahren XD

    Ähm. Ja, könnten sie. Je nach Geschichte und was der Autor will. Aber die Fragen kann man auch auf Pferde/Autos etc projizieren. Eben dann aber auf Beschaffenheit/ Zustand usw.
    Mehr weiß ich dazu nicht zu sagen...

    LG :)

  • Unter einem Tag oder einen halben kann man sich gut etwas vorstellen (sofern der Tag in einer Geschichte nicht mehr als 24 Stunden hat, aber selbst dann finde ich das noch gut gelöst)


    Wenn man sich Reisebrichte durchliest oder Dokus über die Wüste, den Urwald oder die Savanne an sieht, wird seltenüber eine genaue Kilomenteranzahl gesprochen. Es wird mehr in Stunden, halben undganzen Tagen geschrieben. Sich bei Reisen an Natur gegebenheiten zu orientieren ist seit Jahrtausenden bekannt. Zudem macht es eine Situation platischer, als eine schnöde Zahl.
    Auf Wanderwegen oder an Steigen, wird die Erreichbarkeit einer Alm oder eines Gipfesl immer in Stunden und Mituten angegeben und selbst das variert das Erbnis je nach Person.

  • Ich persönlich habe auch keinerlei "Ahnung", wieviel eine normale Person auf einem normalen Weg mit normaler Belastung gehen könnte. Wobei jedes einzelne "normal" in diesem Satz schon mal definier-würdig ist.

    Was ich aber weiß, ist, dass ich (absolut unsportlicher Klops) durchaus in der Lage bin, 15 Kilometer zu gehen (Rucksack mit Getränk und absolute Ebene) Dafür brauch ich reichlich 4 Stunden (mit Pausen). Längere Strecken habe ich noch nicht getestet.
    Was ich auch weiß, ist, dass der gute Herr Kerkeling in seinem "Ich bin dann mal weg" davon spricht, dass er jeden Tag um die 20 bis 30 Kilometer zu gehen gedenkt, dass er einzelne Etappen zwar ausgelassen hat, aber ansonsten seine geplanten Tagesetappen geschafft hat (Rucksack: 11 Kilo, diverse Geländeformen, quer Welt). Auch Herr Kerkeling gibt an, "bekennender Couchpotatoe" zu sein.
    Laut Wikipedia sind in der Bibel Tagesmärsche von bis zu 40 Kilometer veranschlagt, militärische Tagesmärsche schwanken stark, je nach Truppengröße, Beladung und Trainingszustand.
    Die historische "Tagesreise" (ebenfalls Wikipedia) gibt Entfernungen von 20 bis etwa 40 Kilometer an...

    Das sind aber halt nur Zahlenwerte, Kilometer ist sicher eine Maßéinheit, die in Fantasy-Settings eher unpassend wirken. Allerdings kann man sich vielleicht beim Schreiben daran orientieren. Man hat ja selber ein Bild vor Augen, was wie groß und wie weit ist in seiner eigenen Welt. Und wenn ich mir jetzt vorstellte, meine Stadt Karamst ist 30 Tagesmärsche von der Stadt Leuchtenburg entfernt, meine Karte erzählt mir von ausgedehnten leicht hügeligen Ebenen, dann rechne ich mit etwa 40 Kilometer am Tag, macht 1200 Kilometer. Dazu müsste man in der Hier-und-Jetzt-Welt von Berlin nach Florenz laufen. Istn ne ganz schön lange Strecke. Aber ich habe einen Eindruck davon, was geht und was nicht, was glaubhaft ist und was nicht. (die 40 Kilometer nehme ich für einen leichtbepackten, geübten Wanderer - Ochsengespanne mit Last sind da deutlich langsamer!)

    Berechnungen ins Buch einzufügen, ist eine Entscheidung, die jeder selber treffen muss. Sich die Entfernungen beim Schreiben vor Augen zu führen und mit einzubeziehen, halte ich für wichtig, um glaubwürdig und authentisch zu bleiben...

    PS: Wie weit ein Ork zu wandern vermag, muss auch jeder Schreiber für sich entscheiden...

    Der Unterschied zwischen dem, was Du bist und dem, was Du sein möchtest, liegt in dem, was Du tust.
    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hättest?

  • Ich bin vor einigen Jahren im Teuteburger Wald (also anspruchsvolleres Gelände) über 30 Kilometer im Sommer gewandert. Hätten auch mehr sein können, aber wir waren quasi am Ziel. Dafür haben wir so grob 6 Stunden gebraucht, die Viertelstunde Pause mit eingerechnet.
    Wir waren nicht sehr gut trainiert, darum waren wir am nächsten Tag ein wenig platt, aber abends ging es uns wieder gut.

    Anderes Bild als wir mal im Bayrischen Wald gewandert sind. Auf einer schweren Route im Spätherbst. Der Boden war schlammig und stellenweise vereist, ständig von Rinnsalen überspült, rutschiges Laub lag überall und stellenweise kam man nur vorran, wenn man den Weg verlassen hat und zwischen die Bäume gekraxelt ist. Dazu kam noch starke Steigung und Gefälle.
    Wir haben für 8 Kilometer 3 Stunden gebraucht und waren anschließend platt.

    Auf dem Weg zur Arbeit brauche ich für drei Kilometer keine halbe Stunde. Anschließend bin ich topfit.

    Meiner Erfahrung nach ist es weniger die Strecke, als viel mehr das Gelände und das Wetter, was einen da bremst. Und vor allem dann Kraft und Zeit kostet.
    Natürlich fließen meine Erfahrungen in meine Geschichten mit ein, auch wenn ich meistens auf genaue Entfernungen verzichte. Das hat bei mir aber meistens mit Faulheit zu tun, da ich keine Lust habe ständig im Kopf komplizierte Rechnungen anzustellen. ^^

    • Offizieller Beitrag

    Interessantes Thema.... allerdings gebe ich dem auch nicht all zu viel Beachtung. Nur so grob, dass es nicht ganz an den Haaren herbeigezogen ist, bzw noch nachvollziehbar ist.

    In meiner Fantasy Geschichte rede ich von "Tagesritt"/"halber Tagesritt" - weil dort hauptsächlich zu Pferd gereist wird. Ein Tagesritt ist zeitlich umgerechnet ca. 5-6 Stunden (ca. 25-35km). Faktor: Schritt, mit Gepäck

    In meiner Sci-Fi Geschichte rede ich tatsächlich nur von Stunden, oder wenn >24 std, dann von Tagen.

    Zu-Fuß-Wege benenne ich ebenfalls einfach nur nach Stunden und orientiere mich dabei an meinen eigenen Wanderungen, die ich immer gemacht habe (und da ging es im Gebirge querfeldein durch Stock- und Wald).
    z.B. habe ich bei einer Tour Berg-Tal durch den Wald für 10,3km rund 3,5 Stunden gebraucht. Mit Hund, mit Pause, ohne Gepäck.
    Da ich geschlendert bin und eigentlich untrainiert, rechne ich da einfach etwas drauf, um die Differenz auszugleichen.

    Heißt also:

    Ich: untrainiert, geschlendert, hier und da fotografiert, Pausen, kein Gepäck; 10,3km => 3,5 std.
    ein Trainierter bei selben Variablen braucht evt. nur 2.75 Std. oder gar weniger

    Und jetzt rechne ich weiter, hätte ich Gepäck (ca 15kg) gehabt, hätte ich mehr Pausen gemacht, also hätte ich bestimmt 5 Std. gebraucht.
    Der Trainierte Wanderer vermutlich jetzt 3,5 std.

    Und gerade die Menschen im MA, die zu Fuß oder zu Pferd unterwegs waren, waren gezwungen viel zu laufen und entsprechend trainierter.

    Natürlich sind das alles nur Schätzwerte, da viel mehr Faktoren eine Rolle spielen. Nicht jeder hat die selbe Schrittgröße, oder Tempo, oder Gewicht zu tragen. Und natürlich kommt das Gelände ebenfalls als Faktor hinzu.

    Aber wenn ich ein Richtwert habe -> Ebene, 10km, angenehmes Wetter, kein Gepäck, kurze Pausen. Dann Addiere ich einfach pro Faktor was oben drauf.
    Natürlich recherchiere ich trotzdem, aber die Werte, die man findet sind auch nur Richtwerte, da Kondition und Trainingsstatus immer abweichend ist.
    Aber wie gesagt, so genau nehme ich es in meinen Geschichten nicht. Richtwerte reichen. Wer unbedingt präzise Zahlen möchte, soll selbst recherchieren. ^^

  • Mhh, also ich finde das Thema recht interessant...
    Meine Charaktere laufen sehr viel. Eigentlich habe ich mir sehr wenig Gedanken darüber gemacht, wie schnell oder langsam sie vorankommen, oder wie viele Kilometer oder Meilen am Ende auf dem Tacho stehen. Oft vergleiche ich das mit meinen eigenen Wandererfahrungen. Dort habe ich festgestellt, dass man gut und gerne in einem gemäßigten Tempo einen ganzen Tag lang wandern kann. Bergauf, Bergab, je nach alter natürlich unterschiedlich und glücklicherweise können sich meine Charaktere meist eher etwas "jugendlicher" nennen.
    Wichtig dabei ist natürlich die Menge der Pausen. Je länger und ausgiebiger die Pause, umso weniger geschafft ist man am Ende des Tages, da die einzelnen Etappen den Wanderer deutlich weniger entkräften, als eine ganz große Etappe.
    In meinen Geschichten mache ich es oft so, dass ich vorweg keine Entfernungen festlege... Sie wandern einfach zum Ziel. Zudem habe ich oft die Situation, dass ich Pausen einlege... Dabei lasse ich die Dauer der Pause erstmal unbeachtet, sondern lasse meine Gefährten einfach rasten. Sie Essen, Trinken und ruhen sich aus, bis sie dann eine weitere Etappe starten.
    Oft nutze ich auch die Erschöpfung einiger Charaktere um eine Pause einzubauen. So hat man ein wenig Authentizität und es wird keine "Wir laufen ununterbrochen zum Ziel"- Erzählung. Nachtlager, Pausen und kleinere Erholungstage reichen da völlig um diese Erschöpfung zu verhindern.

    LG Lehaidin

    "Es sind die kleinen Dinge. Alltägliche Taten von gewöhnlichen Leuten, die die Dunkelheit auf Abstand halten."
    - Gandalf -


  • Eigentlich wollte ich jetzt schalfen gehen, aber der Post geht bestimmt noch! :ugly:

    Daher: Habt ihr persönliche Richtlinien, Erfahrungen, Nachschlagemöglichkeiten oder Vermutungen zu diesen und artverwandten Fragen?

    Tatsächlich ja! Als ich damals an einer Alpenüberquerung teilgenommen hab, haben wir knapp 9 Tage für am Ende, glaub ich, irgendwas um die 200km gebraucht. Google sagt 238km, was wohl ungefähr hinkommen könnte (etwas weniger vermutlich, weil wir zwei Mal eine kurze Strecke mit dem Bus gefahren sind :whistling: ). Gepäck hatte dabei jeder von uns ordentlich zwischen 9 bis 15kg und bergab zu laufen war irgendwann echt die Hölle. Zumal wir eine dabei hatten, die vor kurzem ihr Kreuzband angerissen hatte und ich Vollhorst mit nem angeknacksten kleinen Zeh :doofy:
    Allerdings stimm ich @Ralath in dem Punkt zu, dass Angaben in Meilen/ Kilometern/ Tulpenfeldern pro Stunde relativ sinnlos sind. Es kommt ganz auf das Gelände drauf an, sodass auch in den Alpen selbst alles entweder in Stunden oder in Höhenmetern angegeben war.
    Aus weiterer Erfahrung kann ich sagen, dass man am Tag auf einigermaßen gnädigen Gelände auch schon mal an die 35km schafft, was dann aber auch wirklich den gesamten Tag dauert und hinterher will man sich eigentlich nur noch lang machen. Allerdings denke ich auch, dass besser trainierte Charaktere, sprich Kämpfer oder sonstwer, sowas deutlich besser wegstecken könnten.
    Nur sollte man eventuell bedenken, dass sich selbst der geübteste Reisende seine Ausdauer nicht einfach so über Wochen erhalten kann. Ganz zu schweigen davon, dass man nicht einfach endlos Essen mit sich herumschleppen kann und dadurch unweigerlich weniger essen muss, als es die Anstrengung eigentlich verlangen würde. Hinzu kommen etwaige Komplikationen unterwegs: Schwer passierbares Gelände wie Wälder oder gar völlig unpassierbare Pässe.
    Bei der Alpenüberquerung sind wir alle zwei Tage in ein Dorf gekommen, wo man sich Essen kaufen konnte und geschlafen haben wir bis auf 2 Nächte immer in recht bequemen Berghütten. Wer dagegen ganze Wochen oder Monate durch die Wildnis latschen muss, wird unweigerlich mit der Zeit immer schwächer, wenn er keine Pausen oder sonstwas einlegt.

    Meine Charaktere lass ich auf ihrer Reise deshalb gerne mal für ein Weilchen länger an einem Ort verweilen. Egal ob das jetzt ein halbwegs befestigtes Lager in der Wildnis ist oder ein friedliches Bauerndorf auf halben Weg zum Ziel. Da kann er dann ein Weilchen verschnaufen und eventuell versteht auch der Leser dadurch besser, was diese Reise für eine Belastung ist.
    Allgemein gesagt: Eine Reise sollte eingentlich nie geradlinig verlaufen. Es gibt immer einen Grund, um vom eigentlichen Weg abzuschweifen und das macht die Sache auch um einiges interessanter. Wobei ich eine Angabe der Strecke in Tagesmärschen, gepaart mit einer gut eingebauten Beschreibung des Weges (führt er über Felder, Wälder, Hügel, Sümpfe, Berge, durch Städte, etc.), stumpfen Meilen eindeutig vorziehe.

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Wichtig dabei ist natürlich die Menge der Pausen. Je länger und ausgiebiger die Pause, umso weniger geschafft ist man am Ende des Tages, da die einzelnen Etappen den Wanderer deutlich weniger entkräften, als eine ganz große Etappe.

    Stimmt. Das war uns auch aufgefallen, als wir im Teuteburger Wald gewandert waren. Man wurde müde, man setzte sich eine Vierteltunde hin und genoß einfach nur die Landschaft. Dazu zogen wir uns noch einen Energieriegel und einen ordentlichen Schluck Wasser rein und waren dann wieder so frisch wie am Anfang.
    Allerdings brannte die innere Batterie dann sehr schnell wieder aus. Und zwar bedeutend schneller als am Anfang.

    Wer dagegen ganze Wochen oder Monate durch die Wildnis latschen muss, wird unweigerlich mit der Zeit immer schwächer, wenn er keine Pausen oder sonstwas einlegt.

    Jup. Außerdem sollte man nicht unterschätzen, dass man sich zwischendurch gerne waschen würde. Auch die Kleidung. Man ist sonst u.a. schnell ein gefundenes Fressen für allerlei Insekten. Das ist weder appetitlich noch sehr gesund.
    Wenn man sich mit Bächen/Teiche/Tümpel zum waschen begnügt, muss man dennoch einrechnen, dass so etwas viel Zeit kostet. Vor allem weil die Wäsche trocknen muss.
    Außerdem würde man sicherlich gerne etwas warmes Essen. Ständig nur Rohkost, Dörrfleisch und altes Brot wird irgendwann zermürbend. Auch das kostet Zeit. Und man benötigt Material (Töpfe etc) dafür, die man u.U. die ganze Zeit mitschleppen muss.

    Meine Charaktere lass ich auf ihrer Reise deshalb gerne mal für ein Weilchen länger an einem Ort verweilen. Egal ob das jetzt ein halbwegs befestigtes Lager in der Wildnis ist oder ein friedliches Bauerndorf auf halben Weg zum Ziel. Da kann er dann ein Weilchen verschnaufen und eventuell versteht auch der Leser dadurch besser, was diese Reise für eine Belastung ist.

    Das mache ich ganz genauso. Ist auch das Realistischste.
    Natürlich sollte auch die Ausrüstung der Gegend entsprechend. Habe ich eine gute Infrastruktur mit Straßen, Wirtshäusern und Städten, brauchen meine Chraktere kein Kochgeschier mitnehmen. Weil man zum Beispiel jeden Abend in einer Schenke/Bauernhof einkehrt und sich einen Eintopf auftischen lässt.
    Selbst wenn der Charakter vielleicht ein Geizhals ist. Ohne ordentliches Essen kommt man nicht weit.

    Sollte man durch eine reine Wildnis wandern kostet das natürlich in vielerlei Hinsicht Kraft. Man muss alles mögliche mitschleppen und regelmäßig große Pausen machen, wo man Kleidung (und sich selbst) wäscht und zugleich eventuell auch jagen gehen muss.
    Bei letzteres kann man auch schon einen halben Tag nur für die Jagd einplanen. Das Wild stöbert man nicht ohne große Mühe in einem fremden Landstrich auf. Und wenn man es erlegt hat, braucht man viel Zeit um es zu zerlegen und aufzuessen. Denn haltbar machen (pökeln, räuchern, einlegen) kann man es ohne weiteres nicht (wenn man nicht gerade eine gute Ausrede wie Magie hat).

  • Ist schon ein bisschen aelterer Thread, aber trotzdem:

    ich bin ein recht trainierter und begeisterter Wanderer (vom Trainingsstandard wuerde ich behaupten, einem mittelalterlichen Menschen etwa aehnllch).

    Ohne Gepaeck schaffe ich in etwa 8 Stunden ~50 km durch huegeliges/bergiges aber offenes Gelaende (Irland, am Ring of Kerry falls die Gegend jemand kennt). Danach brauche ich den Rest des Tages Pause, aber ich kann das am naechsten Tag nochmal machen (damals bin ich am naechsten Tag ~100 km mit dem Fahrrad gefahren). 7 km/h sind ein schneller Schritt, aber auch auf Anhoehen durchzuhalten.

    Mit vollem Gepaeck und Verpflegung fuer ein paar Tage (25 kg Traglast) schaffe ich pro Tag etwa 35 km (ebenfalls durch huegeliges/bergiges aber offenes Gelaende - z.B. die schottischen Highlands oder Fjordlands Neuseeland). Das ist gut ueber mehrere Tage durchzuhalten, am Abend tun die Fuesse weh, aber am naechsten Tag geht's wieder.

    In offenem ebenem Gelaende wuerde ich mir ~10% mehr geben - es kostet einfach weniger Kraft.

    Durch Hochgebirge (Alpen) ist deutlich haerter - wenn es einen Weg gibt, dann mit Gepaeck wahrscheinlich um die 25 km am Tag. Wenn man klettern muss... spielen andere Faktoren eine Rolle.

    Durch Wald mit Unterholz wuerde ich mir etwa die Haelfte geben - vielleicht so 15-18 km am Tag - kommt drauf an wie dicht das Unterholz ist, durch einen alten Wald kann man normalerweise gut durch, durch eine frisch nachwachsende Flaeche wo man bei jedem Schritt Brombeeren und Schoesslinge zur Seite draengen muss ist jeder Meter ein Kampf.

    Durch Moor, Sumpf und feuchtes Gelaende wo man Fluesse ueberqueren muss... entsprechend den Umwegen, da kann's schon bei 10 km Luftlinie hart werden. Im Extremfall endet es damit dass man staendig zurueck muss...

    Zu Pferden (die Zahlen von einer Reitlehrerin die schon Wanderritte gemacht hat).

    Ein trainiertes Distanzreitpferd schafft in Wettbewerben auch mal 200 km am Tag, das geht allerdings am naechsten Tag nicht wieder. Fuer eine Gruppe von Wanderreitern auf einem Weg mit Packpferden sind 70 km am Tag ueber mehrere Tage machbar wenn sie Erfahrung haben - wenn die Pferde und Reiter das nicht gewohnt sind (sind heutzutage nicht allzu viele...) dann eher bei 35 km bleiben.

    Kavallerie mit Ruestungen und Waffen ist unterwegs eher langsamer als Fussvolk - also etwa 35 km selbst wenn sie trainiert sind.

    Ein geuebter Reiter der Pferde wechseln kann kann mehr oder weniger mit 45 km/h durchgaloppieren - wenn auch die Meldereiter wechseln koennen, dann sind in 12 Stunden schon mal ueber 500 km Distanz zu schaffen.

    Starke Steigungen sind mit Pferden schwer zu machen, da muss man absteigen und zu Fuss gehen und die Pferde fuehren, geht also langsamer als ein Wanderer (es gibt einen Grund dass man fuer sowas Esel oder Maultiere nimmt).

    • Offizieller Beitrag

    Zu Pferden (die Zahlen von einer Reitlehrerin die schon Wanderritte gemacht hat).

    *hust*

    Woher genau hast du bitte deine Zahlen?

    Entweder sind sie utopisch oder reine Tierquälerei!

    Ich möchte dir eins sagen: Ein Pferd zeigt keine Schmerzen. Ein Pferd fällt einfach tot um. Fakt.
    Die Zahlen, die du da oben genannt hast, sind Zahlen des Todes für ein Pferd.

    dann sind in 12 Stunden schon mal ueber 500 km Distanz zu schaffen.

    Ein trainiertes Distanzreitpferd schafft in Wettbewerben auch mal 200 km am Tag

    Pure Quälerei!

    das geht allerdings am naechsten Tag nicht wieder.

    vermutlich, weils dann kaputt ist :rolleyes:

  • Wikipedia gibt an dass Distanzritt-Wettbewerbe auf 160 km an einem Tag regulaer ausgetragen werden. Und ja, das ist ein Hochleistungssport, das kann nicht jedes Pferd - genausowenig wie jeder Mensch aus dem Stand einen Marathon laufen kann (der ist auch hart, aber in unter 4 Stunden moeglich).

    Die 200 km... hab' ich so aus der Konversation wo ich nach den Zahlen geforscht habe im Gedaechtnis, muss ich mal recherchieren ob es da wo anders Wettbewerbe gibt/gab oder ob das einfach 40 km zu viel sind.

    Edit: Wahrscheinlich sind die 200 km eine theoretische Obergrenze was ein Distanz-trainiertes Pferd grade noch schaffen wuerde wenn der Reiter wirklich irgendwo hin muss.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hoffe du hast aber auch gelesen, dass die meisten Pferde bei den erwähnten und bekanntesten Distanzritten verendet sind?

    Und noch dazu hat Distanzreiten NICHTS (!) mit Wanderreiten oder gar dem Zweck der Fortbewegung zu tun.
    Ein Distanzritt ist auf Zeit beschränkt, weshalb ein kontinuirlisches schnelles Tempo vorausgesetzt wird.
    D.h. im Klartext: Das Pferd ist der Dauerbelastung von Trab ausgesetzt. Und Trab ist eine Gangart, die für Pferde unglaublich anstrengend und ermüdend ist.

    Das sind Tuniere!

    Und Tuniere haben nichts mit der alltäglichen "Reise" zu tun, wie sie früher nur möglich war bevor es Fahrräder und Autos gab. Damals war das Pferd das Hauptfortbewegungsmittel (wer sich denn eins leisten konnte). Und da wurde nicht von Königreich A zu Königreich B getrabt oder galoppiert (es sei denn es musste eine eilige Botschaft übermittelt werden, oder oder oder - aber eher Seltenheitsfall).

    Hier geht es ja nicht darum, was Pferde leisten können, sondern wie man zeitlich eine Wegstrecke "messen" kann. bzw. Was so Orientierungswerte sind. Und ein Distanzritt ist kein Orientierungswert. ^^

    Sorry, aber ich bin bei gefährlichem Halbwissen in der Tierwelt etwas empfindlich :whistling:

  • Hier geht es ja nicht darum, was Pferde leisten können, sondern wie man zeitlich eine Wegstrecke "messen" kann. bzw. Was so Orientierungswerte sind. Und ein Distanzritt ist kein Orientierungswert


    Um... Oben war explizit schon auch nach 'auf der Flucht' gefragt, also denke ich die Frage wie weit ein Pferd notfalls kommen kann wenn dem Reiter das Pferd egal ist ist schon relevant fuer die Fragen in diesem Thread.

    Dass Distanzreiten ein Turnier ist weiss ich schon (deshalb hatte ich 'ein trainiertes Distanzreitpferd schafft in Wettbewerben' geschrieben :) ) .

    Ich wuerde annehmen dass die meisten Menschen im Mittelalter - wenn sie ueberhaupt zu Pferd gereist sind - aus verschiedenen Gruenden sehr viel langsamer unterwegs waren als es moeglich gewesen waere. Z.B. wuerde man eine Reise typischerweise von Unterkunft zu Unterkunft planen und nicht auf freiem Feld campen weil noch 8 km mehr von der Ausdauer her drin sind.

    Ich wuerde allerdings auch zu bedenken geben dass das Wohl der Pferde nicht zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften den gleichen Rang hatte den es heute bei uns hat - mit eingelegten Lanzen in einen Pfeilhagel galoppieren und versuchen eine Lanzenreihe zu durchbrechen ist auch nicht so wahnsinnig pferdefreundich...

    Persoenlich hilft's mir immer zu wissen wie viel maximal zu machen ist, dann kann ich mir ueberlegen wie viel zu der Situation tatsaechlich passt, die Zahlen die ich brauche nach unten abschaetzen und liege nicht unrealistisch drueber.

    P.S.: Danke fuer das attestierte Halbwissen in der Tierwelt - ich reite selber und lebe auf einem Pferdehof :)

  • @Thorsten @Ruka Ich denke, ihr habt eure Sichtweise jetzt ausreichend deutlich gemacht.
    Danke für eure jeweiligen Ansichten und Infos.
    Genaue Zahlen sind eben immer unter Vorbehalt ernst zu nehmen und jeder muss sie für die eigene Geschichte anpassen und neu durchdenken.
    Ich bin auch sehr tierlieb, aber unter Umständen wird in einer Geschichte eben keinerlei Rücksicht auf das Reittier genommen.